Midnight Chronicles - Todeshauch - Bianca Iosivoni - E-Book

Midnight Chronicles - Todeshauch E-Book

Bianca Iosivoni

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Beschreibung

Für ihn würde sie alles riskieren. Für Sie setzt er Himmel und Hölle in Bewegung.

Die Midnight Chronicles gehen weiter

Endlich haben Roxy und Shaw ihren Gefühlen füreinander nachgegeben und sind sich nähergekommen. Da trennt das Schicksal sie auch schon wieder - und dieses Mal scheint es endgültig zu sein. Shaw würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um Roxy zurückzubekommen, doch selbst wenn ihm das gelingt, wartet immer noch der Fluch des Todesboten auf sie. Wenn es Roxy nicht schafft, alle entflohenen Seelen in die Unterwelt zu schicken, landet sie selbst dort. Und die Enthüllung von Shaws Vergangenheit stellt sie vor eine schier unmögliche Entscheidung: Kann sie den Fluch brechen, selbst wenn das bedeuten würde, Shaw für immer zu verlieren?

"Wieder einmal hat mich die Welt der Hunter vollkommen verzaubert. Mit der perfekten Mischung aus Gefühl, Magie, Spannung und Humor lassen die Autorinnen alle Fantasy-Herzen höherschlagen." LISASCREATIVEOBSESSION

TODESHAUCH erzählt die Geschichte von Roxy und Shaw weiter.

Band 5 der New-Adult-Fantasy-Reihe von Laura Kneidl und Bianca Iosivoni

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Seitenzahl: 547

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Ähnliche


Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

Playlist

Was bisher geschah …

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

Danksagung

Glossar & Personenverzeichnis

Die Autorinnen

Die Romane von Bianca Iosivoni und Laura Kneidl bei LYX

Impressum

BIANCA IOSIVONI LAURA KNEIDL

MIDNIGHT CHRONICLES

TODESHAUCH

ROMAN

Zu diesem Buch

Endlich haben Roxy und Shawn ihren Gefühlen füreinander nachgegeben und sind sich nähergekommen. Da trennt das Schicksal sie auch schon wieder – und dieses Mal scheint es endgültig zu sein. Shaw kann und will das nicht akzeptieren, wo sie doch gerade erst zueinander gefunden haben. Um Roxy zurückzubekommen, würde er Himmel und Hölle in Bewegung setzen. Mithilfe seiner wiederentdeckten Magie versucht er, ein Tor zu öffnen, um sie zu retten. Doch selbst wenn Shaw das gelingt, wartet immer noch der Fluch des Todesboten auf Roxy. Ihr bleiben gerade mal zwei Wochen, um alle entflohenen Wesen zurück in die Unterwelt zu schicken, andernfalls ist sie selbst darin gefangen – für alle Zeit. Als wäre das nicht schon schwer genug, stellt die Enthüllung von Shaws Vergangenheit sie vor eine schier unmögliche Entscheidung, denn seine Seele gehört zu jenen, die sie verbannen muss. Doch wie soll sie den Fluch brechen, wenn das bedeutet, Shaw für immer zu verlieren?

Für Nina, Tami und Laura G.

PLAYLIST

Royal Deluxe – I’m a Wanted Man

AC/DC – Hells Bells

Veigar Margeirsson – Gates of the Underworld

Barns Courtney – Hellfire

grandson – Blood // Water

The Phantoms – Rise

Royal Deluxe – Down So Low

Bon Jovi – Keep the Faith

Dorothy – Raise Hell

Ava Max – Kings & Queens

Skrizzly Adams – Dance with Darkness

Bon Jovi – Livin’ on a Prayer

The Phantoms – Unstoppable Now

OneRepublic – All This Time

The Score – Glory

Zayde Wolf – Born Ready

Elle King – Good Girls

City Wolf – Dead Man Walking

Royal Deluxe – I’m Gonna Do My Thing

Imagine Dragons – Bad Liar

Alan Walker & Ava Max – Alone, Pt. II

Muse – Time Is Running Out

Wild Wild Horses – Demon Days (Do It All Again)

Colossal Trailer Music – Sentenced to Death

The Phantoms – Warrior

WAS BISHER GESCHAH …

Die Zusammenfassungen von Schattenblick, Blutmagie und Dunkelsplitter findest du im Was bisher geschah … der vorangegangenen Bücher.

Was mit Ella und Wayne in Seelenband geschehen ist, kannst du hier nachlesen:

Am Tag des Blutbades hat Ella ihren Vater und auch ihren Kampfpartner Owen verloren, der ihr mit seinem letzten Atemzug seine Liebe gestanden hat. Voller Schuldgefühle, weil er sich für sie geopfert hat, flüchtet die Soul Huntress mit Roxy und Shaw nach Prag. In der Stadt der Geister hat sie alle Hände voll zu tun, dennoch versucht sie während der Rauhnächte immer wieder den Schleier zur Geisterwelt zu überwinden, um ein letztes Mal mit Owen und ihrem Dad zu reden – und scheitert dabei.

Doch dann taucht plötzlich Wayne – halb Blood, halb Soul Hunter – im Prager Quartier auf, den Ella ohne ein Wort des Abschieds in Edinburgh zurückgelassen hat. Er ist Ella nachgereist, um sie zur Rede zu stellen, denn was keiner ihrer Freunde ahnt und was auch Owen nicht wusste, bevor er sein Leben für Ella gab: Wayne und sie hatten eine geheime Affäre, die über das rein Körperliche hinausging.

Das erste Wiedersehen wühlt die beiden sehr auf, denn auch Wayne ist nach dem Tag des Blutbades nicht mehr derselbe. Für Wayne ist sein Körper ein Tempel. Er ernährt sich gesund, treibt viel Sport und der Kampf gegen die Vampire liegt ihm im Blut, doch eine schwere Verletzung am Bein beendete seine Blood-Hunter-Karriere. Er ist deswegen am Boden zerstört und lässt sich mehr und mehr gehen.

Obwohl Ella versucht sich von Wayne fernzuhalten, da in seiner Nähe ihre Schuldgefühle Owen gegenüber unerträglich werden, kann sie eines Tages nicht mehr wegsehen. Sie bittet Wayne darum, ihr beim Betreten der Geisterwelt zu helfen. Sie möchte ihm damit zeigen, dass er noch immer ein wertvoller Soul Hunter sein kann.

Zusammen gelingt es ihnen, den Schleier zu durchbrechen, doch in der Geisterwelt treffen sie nicht wie erhofft auf Owen und Ellas Vater, sondern auf eine Gruppe von verschollenen Huntern, Huntresses und Menschen mit den vier Blicken, darunter auch Dinah, Ripley und Niall – Roxys Bruder. Bevor Ella und Wayne sie befreien können, werden sie von den Wachen der Geisterkönigin Marjorie angegriffen und müssen fliehen.

In den kommenden Wochen suchen sie verzweifelt nach einem Weg, die Gefangenen zu befreien, aber die scheinbar unverwundbare Geisterkönigin stellt sich ihnen in den Weg. Und eine Flucht aus der Geisterwelt ist alles andere als leicht, denn zwischen Gefangenschaft und Freiheit liegt der Zeitfluss, dessen Wasser alles und jeden tötet, und der nicht leicht zu überwinden ist, weshalb die erste Rettungsmission der Hunter scheitert.

Schließlich finden sie jedoch eine Möglichkeit, Marjorie aufzuhalten: Bevor es die magischen Amulette gab, wurden mächtige Geister in Bronzefläschchen eingesperrt und darin festgehalten, allerdings werden diese nicht mehr hergestellt.

Ella und Wayne machen sich auf den Weg nach St. Petersburg, in dessen Umkreis sich ein Lager mit diesen Fläschchen befindet, und nehmen zwei davon an sich. Vor ihrer Abreise zurück nach Prag will sich Ella mit Jay treffen, einem Typen, der sie seit Wochen um Hilfe bei seinem Geisterproblem bittet. Aus Zeitmangel hat Ella versucht ihn an andere Hunter zu verweisen, aber Jay hat darauf bestanden, dass sie ihm hilft.

Bei einem Treffen stellt sich heraus, dass es sich bei Jay in Wirklichkeit um Jules handelt, der in Blutmagie auf grausame Art und Weise in einen künstlichen Vampir verwandelt wurde. Nun behauptet Jules, vom Geist des ehemaligen Vampirkönigs Isaac verfolgt zu werden, den er am Tag des Blutbades getötet hat.

Bevor Ella und Wayne ihm jedoch helfen können, werden sie in den Straßen von St. Petersburg überraschend von der Geisterkönigin und ihrem Gefolge angegriffen als Rache für ihr Eindringen in die Geisterwelt. Während Jules und Ella sie bekämpfen, rennt Wayne trotz seiner Verletzung und der anhaltenden Schmerzen zurück ins Hotel, um die Bronzefläschchen zu holen.

Mithilfe der russischen Hunter gelingt es Ella und Wayne, Marjorie in ein Bronzefläschchen einzusperren, und schließlich können sie die gefangenen Hunter, Huntresses und Menschen aus der Geisterwelt befreien. Während dieser Rettungsmission zeigen sich auch endlich Owen und Ellas Vater. Sie kann sich von den beiden verabschieden und Owen nimmt ihr ihre Schuldgefühle.

Ella und Wayne reisen mit Marjories Bronzefläschchen zurück nach Edinburgh. Von Jules fehlt erneut jede Spur, da er mitten im Kampf flüchten musste, um als Vampir nicht ebenfalls von den russischen Huntern angegriffen zu werden.

1. KAPITEL

Shaw

Noch 16 Tage …

»Ich brauche deine Hilfe, Warden.«

Das waren die Worte, die ich als Erstes zu Warden gesagt hatte, als ich ihn vor drei Tagen von einem neuen Handy mit neuer Nummer aus angerufen hatte. Dieselben Worte, die mir noch immer im Kopf herumspukten, als ich im Morgengrauen den vereinbarten Treffpunkt in Edinburgh erreichte. Genauso wie die Frage, ob das hier richtig war oder ob ich nicht einen gigantischen Fehler beging. Nicht mit meinem Plan an sich, sondern damit, Warden um seine Unterstützung zu bitten. Schließlich wusste ich nicht genau, wie er nach allem, was passiert war, zu mir stand. Wenn er so wie die meisten Hunter und Huntresses dachte, würde dieses Treffen kein gutes Ende nehmen. Für keinen von uns. Aber ich war bereit, dieses Risiko einzugehen.

Für sie.

Seit Roxys Tod waren mittlerweile zwei Monate vergangen. Zwei. Monate. Nachdem ich ihren Körper mit meiner Magie konserviert und ins Londoner Quartier gebracht hatte, war ich nach Italien an den Ort des Geschehens zurückgekehrt. Auf dem Boden der Ruine klebte noch immer ihr Blut und erinnerte mich an jede schreckliche Sekunde, die zu ihrem Tod geführt hatte. Daran, wie ich sie festgehalten und angefleht hatte, nicht aufzugeben, sondern bei mir zu bleiben. Daran, wie das Leben Stück für Stück aus ihren hellbraunen Augen gewichen war, bis es ganz verschwunden war. Wie sie leblos in meinen Armen gelegen hatte.

Nicht weit entfernt von der Ruine in der Toskana hatte ich mein Auto entdeckt. Die Tatsache, dass Roxy den dunkelblauen Chevrolet Camaro behalten hatte, obwohl ich sie einfach so zurückgelassen hatte und sie wusste, dass ich ein Hexenmeister war, schnürte mir die Kehle zu. Im Wageninneren hatte ich nicht nur Roxys und meine Sachen gefunden, darunter mein altes Handy und die vielen Schlüsselanhänger aus den Ländern, die wir auf unserer Tour durch Europa bereist hatten, sondern auch den Ghostvision. Das Gerät, das Wardens Vater entwickelt und das Warden für Roxys Jagd auf die entflohenen Seelen angepasst hatte. Und plötzlich war in meinem Kopf ein Plan aufgetaucht: Ich würde Roxy zurückholen. Irgendwie würde ich einen Weg finden, sie aus der Unterwelt zu befreien. Und bis dahin würde ich die entflohenen Seelen vernichten, um Roxys Mission fortzuführen.

Es war von Anfang an ein verrückter Plan mit kaum vorhandenen Erfolgschancen gewesen, aber ich hielt daran fest. Heute, zwei Monate später, mehr denn je.

Die St. Anthony’s Chapel in Edinburgh war nur noch die Ruine einer ehemals prächtigen Kirche mitten im Holyrood Park. Wobei Ruine noch eine nett gemeinte Umschreibung war. Genau genommen war hier nur die Ecke eines Gebäudes aus dem für die schottische Hauptstadt so typischen Sandstein übrig geblieben.

Obwohl dieser Platz bei Weitem nicht so erhöht war wie der Arthur’s Seat auf dem Gipfel, hatte man auch von hier aus einen fantastischen Ausblick auf den dunklen Loch und die Stadt. Eine Stadt, in der ich sechs Wochen lang gelebt hatte. In einem Quartier, von dem ich mir ziemlich sicher war, es nach allem, was passiert war, nie wieder von innen sehen zu dürfen. Höchstens als Gefangener.

Ich ballte die Hände zu Fäusten, stemmte mich gegen den kalten Wind und versuchte gegen die Bitterkeit anzukommen, die mir die Kehle hochkroch. So lange hatte ich nach meiner Vergangenheit gesucht. Seit ich das erste Mal die Augen auf der Krankenstation des Londoner Quartiers aufgeschlagen hatte, hatten diese Fragen meine Gedanken beherrscht. Fragen nach meinem bisherigen Leben. Nach meinem früheren Ich. Nach den Menschen, die mir etwas bedeutet hatten und die mich jetzt vermissten. Aber dann hatte ich die Wahrheit erfahren, und hatte mir in den darauffolgenden Ereignissen nicht nur Baldur und seine Anhänger zum Feind gemacht, sondern auch die Jäger und Jägerinnen. Die Leute, die ich eine ganze Weile lang für meine Verbündeten, für meine Freunde gehalten hatte.

Ein Prickeln meldete sich in meinem Nacken. Da war kein Geräusch gewesen, nicht mal ein Luftzug, der nicht hierher gehörte, dennoch spürte ich mit einem Mal ganz deutlich, dass ich nicht mehr allein war. Langsam drehte ich mich um – und fand mich Warden gegenüber. Er stand nur wenige Schritte entfernt am Rande der Ruine. In der aufgehenden Sonne blitzte die Klinge seiner Machete auf, die er so lässig in der Hand hielt, als wäre er mit einem Kaffeebecher hierher spaziert, um die Aussicht zu genießen. Stattdessen hielt er eine tödliche Waffe in der Hand, mit der er schon unzählige Vampire getötet hatte. Wobei … Mein Blick fiel auf die vielen kleinen Striche, die er sich wie eine Manschette auf den linken Unterarm tätowiert hatte. Es waren nicht unzählige, denn Warden hatte sie gezählt. Und das machte ihn in meinen Augen noch gefährlicher, vor allem wenn man nicht auf derselben Seite stand wie er.

»Danke, dass du hergekommen bist.« Ich räusperte mich. Meine Stimme klang rau, da ich sie in letzter Zeit nur selten benutzt hatte. »Ich war nicht sicher, ob du es wirklich tun würdest.«

»Und ich bin nicht sicher, ob das so eine gute Idee war.« Warden ließ mich keine Sekunde aus den Augen. Sein Blick tastete mich ab, als würde er nach versteckten Waffen oder Anzeichen von Magie suchen. »Also bitte lass mich das hier nicht bereuen.«

»Ich will keinen Ärger machen, aber ich brauche deine Hilfe.«

»Ach ja?« Wardens Brauen wanderten in die Höhe. »Bist du deswegen vor knapp zwei Monaten in meine Werkstatt eingebrochen?«

Ich biss die Zähne zusammen, stritt die Anschuldigung jedoch nicht ab. »Du hattest dort noch etwas von Roxys Blut gelagert. Ich hab es gebraucht.«

»Wofür?«

Ja, wofür? Wofür könnte ein Hexenmeister, der in seinem früheren Leben nicht nur Jagd auf Hunter gemacht, sondern sie auch noch liebend gern getötet hatte, das Blut einer kürzlich verstorbenen freien Huntress gebrauchen?

»Um weiter nach den von ihr befreiten Seelen zu suchen und sie in die Unterwelt zurückzuschicken«, presste ich hervor.

Es war das erste Mal, dass ich diese Worte laut aussprach. In den vergangenen acht Wochen hatte ich kaum etwas anderes getan, als den Ghostvision zu nutzen, um die Spirits aufzuspüren und zu vernichten, vor Hexenmeistern zu fliehen, die mich aufgrund meiner Magie aufspüren konnten, und Huntern aus dem Weg zu gehen. In dieser Sache war ich auf mich allein gestellt gewesen. Glücklicherweise hatte ich Hilfe dabei gehabt, einen Plan aufzustellen, um Roxys Seele aus der Unterwelt zu befreien. Denn dort gehörte sie nicht hin. Erst recht nicht, bevor ihre Zeit abgelaufen war. Die Zeit, die ihr dieser verdammte Todesbote gegeben hatte, um seine Mission zu erfüllen.

»Und du hättest mich nicht einfach danach fragen können?«

Bildete ich mir das ein, oder wurde Wardens Miene eine Spur weicher? Allerdings hielt er die Machete noch immer angriffsbereit in der Hand, also war ich mir da nicht so sicher.

»Hättest du mir das Blut denn einfach so überlassen?«

Finn hatte mich gewarnt, damals, als ich Roxys leblosen Körper zurück ins Quartier gebracht hatte. Seither hatte ich mich von den Huntern ferngehalten, um keine Konfrontationen zu riskieren. Ich mochte zwar ein Hexenmeister und damit so etwas wie ihr natürlicher Feind sein, aber für mich waren diese Leute noch immer die Menschen, die mich aufgenommen, mir ein Dach über dem Kopf und ein Ziel im Leben gegeben hatten, als ich nichts mehr gehabt hatte. Keine Erinnerungen, nicht einmal mehr einen Namen. Ich wusste bereits, dass sie mich jetzt als ihren Feind ansahen und Jagd auf mich machten.

So beschissen es auch sein mochte, das war jetzt mein Leben.

»Ich weiß nicht, was ich getan hätte«, gestand Warden und musterte mich genau. »Wie lange weißt du schon, was du bist? Wusstest du es die ganze Zeit und hast uns alle nur verarscht?«

»Nein, verdammt.« Ich fuhr mir mit den Fingern durchs Haar und zwang mich dazu, ruhig zu bleiben. »Ich hab euch nie etwas vorgemacht. Als Roxy mich in London gefunden hat, wusste ich wirklich nicht, wer ich war und was mit mir passiert ist. Ich wusste auch nichts über diese Kräfte«, fügte ich hinzu, entschied mich jedoch dagegen, sie ihm zu demonstrieren. Sicher war sicher. »Erst als wir in diesem Draculaschloss in Rumänien gekämpft und die Strigoi mich fast umgelegt und ausgesaugt hätten, ist meine Magie erwacht. Erst da habe ich erfahren, wer ich vorher war.«

»Ein Hexenmeister.« Er spie das Wort förmlich aus. Und sah noch immer nicht überzeugt aus – oder mir auch nur ein Fünkchen wohlgesonnener. »Was ist dann passiert? Hast du dich wieder an dein altes Leben erinnert?«

»Nein«, stieß ich mühsam beherrscht hervor und versuchte nicht an all das zu denken, was in jenen Tagen passiert war. Aber es war umsonst. Tarquins Gesicht erschien in meinen Gedanken, genauso wie die dunkle Burg und der Sarg mit dem gläsernen Deckel. Der leblose Körper des Mannes darin, der ich ihm zufolge gewesen sein sollte. Der Mann, der ich wieder werden sollte, wenn es nach Baldur und seinen Leuten ging.

Kane.

»Ich war früher ein Hexenmeister, einer von Baldurs engsten Vertrauten in seinem inneren Zirkel. Vor zwanzig Jahren bin ich im Kampf gefallen und meine Seele ist in der Unterwelt gelandet. Nicht sonderlich überraschend, wie ich mittlerweile weiß.«

Warden starrte mich mit unbewegter Miene an. Ich konnte ihm förmlich ansehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete und er die richtigen Schlüsse zog. »Roxy hat dich befreit«, stellte er fest. »Du bist eine von den Seelen, die sie wieder in die Unterwelt verbannen muss.«

Ich nickte nur. Mit diesem Schicksal hatte ich mich bereits abgefunden. Ich dürfte eigentlich gar nicht hier sein, sondern sollte für meine Taten als Kane in der Hölle schmoren. Und das würde ich. Aber erst, nachdem ich Roxy zurückgeholt hatte.

Warden fluchte leise. »Warst du es? Hast du Roxy getötet?«

Sekundenlang konnte ich ihn nur anstarren, fassungslos darüber, dass er diese Frage überhaupt stellte. »Glaubst du das wirklich?«

»Nein«, entschied er nach einem Moment und schüttelte den Kopf. »Du könntest ihr nie etwas antun.«

Erleichterung machte sich in mir breit, und das nur, weil Warden so überzeugt klang. Weil er daran glaubte. Nicht an mich, sondern an diese unumstößliche Tatsache. Völlig egal, wer oder was ich früher gewesen war, völlig egal, wer ich heute war – ich könnte Roxy niemals wehtun.

Wie um seine Worte zu unterstreichen, schob Warden die Machete zurück in ihre Halterung auf seinem Rücken.

Ich atmete langsam aus. Das war doch ein Fortschritt.

»Ich habe einen Weg gefunden, Roxys Seele aus der Unterwelt zurückzuholen«, gestand ich und kam damit zum eigentlichen Grund, aus dem ich um dieses Treffen gebeten hatte. Allerdings verschwieg ich, wer mir dabei geholfen hatte, da ich nicht wollte, dass sie Ärger bekamen. »Ihr Körper befindet sich noch im Quartier in London. Roxy könnte … sie könnte wieder leben. Sie wäre wieder ganz die Alte.«

Zumindest hoffte ich das. Und wenn sie zurück war, hatte sie nur noch eine Handvoll von entflohenen Geistern zu vernichten, weil ich den Rest für sie erledigt hatte.

Die Portale, mit denen ich mich innerhalb von Sekunden von einem Ort zum nächsten bewegen konnte, waren wirklich praktisch, allerdings konnten die mächtigsten unter den Hexenmeistern und Hexenmeisterinnen meine Magie spüren, wann immer ich sie einsetzte, genauso wie ich ihre spüren konnte. Also musste ich besonders vorsichtig sein und meine Spuren gründlich verwischen. Was auch der Grund dafür war, dass ich nicht per Portal nach Edinburgh gekommen war, sondern mit meinem Wagen, der auf einem Parkplatz am Fuße des Berges stand.

Leider bedeutete das auch, dass ich in den vergangenen zwei Monaten Mittel und Wege hatte finden müssen, um an Geld zu kommen, denn schließlich musste ich auch noch essen, schlafen und die normalen Transportmittel wie Züge und Flüge bezahlen. Ein bisschen hatte ich noch von unserer Tour durch Europa und den bezahlten Aufträgen gehabt, den Rest musste ich mir bei Gelegenheitsjobs als Automechaniker dazuverdienen.

»Wie willst du das anstellen?«, hakte Warden nach. »Wie willst du sie zurückholen?«

»Auf die gleiche Weise wie Roxy mich und die anderen Seelen befreit hat: Ich öffne ein Tor zur Unterwelt und gehe rein. Mit meiner Magie sollte ich es auch von innen wieder schließen können, ohne dass weitere Seelen entkommen.«

Zumindest in der Theorie. Aber in der gegenwärtigen Situation hatte ich nichts außer Theorien, jede Menge Recherchen und die Hoffnung, dass ich damit richtiglag. Oder wenigstens nicht völlig daneben.

»Sobald der Zugang frei ist, mache ich mich auf die Suche nach ihr und hole sie da raus«, beendete ich meine Erklärungen.

Tarquin zufolge konnte nur der Hexenmeister eine Seele zurück in den ursprünglichen Körper führen, der eben diesen Körper mit seiner Magie konserviert hatte. Ob dieser dafür in der Nähe sein musste oder das auch über größere Distanzen ging, hatte er leider vergessen zu erwähnen. Aber das würde ich noch früh genug herausfinden.

Ich hatte die Chance gehabt, mich an alles aus meiner Vergangenheit zu erinnern. Dafür hätte ich nur zulassen müssen, dass Baldur meine Seele aus diesem Körper befreite und sie zurück in meinen alten Körper schickte. Oder vielmehr: In Kanes Körper. Dann hätte ich nicht nur mein Gedächtnis zurückerhalten, sondern auch meine alte Macht. Aber das hätte auch bedeutet, alles zu vergessen, was ich erlebt hatte, seit Roxy mich in diesem Park in London aufgelesen hatte. Es hätte bedeutet, sie zu vergessen. Und diesen Preis würde ich niemals zahlen. Nicht, wenn es bedeutete, alles und jeden zu verlieren, der mir wichtig war – mich selbst, der Mann, der ich heute war, eingeschlossen. Auf keinen Fall. Der Preis, den ich für meinen alten Körper und mein früheres Leben bezahlen musste, war zu hoch.

Verständlicherweise hatten Baldur und seine Leute, die darauf gehofft hatten, den Hexenmeister Kane wieder in ihrer Mitte zu begrüßen, das nicht sonderlich gut aufgenommen. Genauso wenig wie die Tatsache, dass ich den Hexer getötet hatte, der Roxy ermordet hatte. Seither waren sie alle mehr als nur angepisst, was mich anging.

Warden sah skeptisch drein. »Glaubst du wirklich, dass das funktioniert?«

»Es muss«, erwiderte ich knapp. »Und das wird es auch.«

Nicht umsonst hatten wir die letzten zwei Monate an diesem Plan gearbeitet. Auf der ganzen Welt gab es nur eine begrenzte Anzahl an Toren zur Unterwelt. Anders als der Schleier, der die Geisterwelt von der Menschenwelt trennte und nur an wenigen Tagen im Jahr durchlässig wurde, konnte man die Unterwelt theoretisch zu jeder Tages- und Nachtzeit betreten. Allerdings musste man dafür ein solches Tor erst einmal aufspüren, es aufkriegen und an seinen Wächtern vorbeikommen: den Todesboten und ihren Höllenhunden.

»Okay.« Warden zog das Wort in die Länge und musterte mich argwöhnisch. »Ich glaube nicht, dass mir die Antwort gefallen wird, aber: Wie kann ich dir dabei helfen?«

»Du musst Kevin beschäftigen, damit ich mir eines der Tore vornehmen kann, die er bewacht.«

»Du verlangst allen Ernstes von mir, dass ich einen Todesboten ablenke, während du ein Tor zur Hölle öffnest?«

Herausfordernd zog ich die Brauen hoch. »Ist das ein Problem?«

Warden schnaubte, schüttelte dann jedoch den Kopf. »Nein. Das kriege ich hin.«

»Gut. Danke.« Ich wandte mich bereits ab, als Warden mich noch mal aufhielt.

»Hey.«

Langsam drehte ich mich wieder zu Warden um und zog fragend die Brauen hoch.

Er nickte mir zu. »Viel Glück. Ich hoffe, dein Plan funktioniert.«

Das hoffte ich auch.

2. KAPITEL

Shaw

Noch 15 Tage …

»Schön, dich zu sehen, Mann.« Finn nickte mir zur Begrüßung zu.

Nach dem Treffen mit Warden gestern war ich von Edinburgh nach London gefahren, hatte die letzten Vorbereitungen getroffen und meinen Chevrolet Camaro sicher in einem Parkhaus am Flughafen untergebracht. Von hier ging die Reise weiter Richtung Süden.

»Schön, noch am Leben zu sein«, erwiderte ich trocken.

Denn nach dem zwei Monate langen Versteckspiel mit Baldurs Leuten und allen Jägern und Jägerinnen auf der Welt war das keine Selbstverständlichkeit. Genauso wenig wie die Tatsache, dass Finn und Giselle mit gepackten Reisetaschen vor dem Londoner Flughafen auf mich warteten.

Nachdem ich mein Auto und meine Sachen in Italien wiedergefunden und die Jagd auf Roxys entflohene Wesen begonnen hatte, hatte ich ziemlich schnell gemerkt, dass ich nicht alles allein schaffen konnte. Also hatte ich Finn kontaktiert – mit neuer Nummer von einem Prepaid-Handy, das man hoffentlich nicht so leicht tracken konnte. Er hatte mir bei den Recherchen über die Unterwelt, Baldur und seine Anhänger und mein früheres Leben geholfen. Genauer gesagt hatte Linnea, die Archivarin in Ausbildung im Londoner Quartier, ein paar Fakten über Kane aufgedeckt, von denen ich mir wünschte, sie nie erfahren zu haben. Tarquin hatte nicht übertrieben, als er behauptet hatte, Kane hätte es genossen, Hunter und Huntresses zu jagen und sie zu töten.

Ich schluckte, doch das bittere Gefühl blieb, wie immer, wenn ich an mein früheres Leben zurückdachte.

»Wir sollten einchecken, non?« Giselle, die bei den Nachforschungen über die Unterwelt die größte Hilfe gewesen war und sich nicht davon hatte abbringen lassen, mitzukommen, band sich das lange rotbraune Haar zurück. Dann deutete sie hinter sich.

Ich wechselte einen Blick mit Finn, der sich mittlerweile vollständig von seinen Verletzungen vom Tag des Blutbades erholt hatte und genauso entschlossen war wie ich, diesen Plan durchzuziehen. Linnea hatte uns heimlich drei Flugtickets organisiert, und ich nutzte den gefälschten Ausweis, den ich mir vor zwei Monaten besorgt hatte, für eine weitere Reise.

Zunächst flogen wir von London über Rom nach Catania, einer Hafenstadt in Sizilien. Von dort aus ging es mit einem Mietwagen weiter.

Stunden später befanden wir uns mitten im Nationalpark Parco dell’Etna. Diverse Vulkanausbrüche hatten im Laufe der Zeit einige Täler und Krater verursacht, doch die waren nicht unser Ziel – sondern der Vulkan selbst. Ich war so weit gefahren wie möglich. Am Fuße des Ätnas mussten wir den Wagen zurücklassen und zu Fuß weitergehen. Natürlich wäre es einfacher gewesen, sich mittels eines Portals zum gewünschten Ort zu begeben, aber ich wollte nicht, dass Tarquin oder die anderen Hexenmeister und -meisterinnen auf mich aufmerksam wurden. Sie würden meine Magie schon noch früh genug wahrnehmen, wenn ich das Tor nach unserer Rückkehr wieder verschloss – nur wäre von uns dann keine Spur mehr zu finden, sobald sie hier aufkreuzten. Zumindest, wenn unser Plan aufging. Und das musste er.

Schweigend wanderten wir durch den Nationalpark und erklommen den Vulkan. Zu Beginn waren noch jede Menge Gräser, Sträucher und ein paar Bäume zu sehen gewesen, doch je höher wir kamen, desto graubrauner und kahler wurde es um uns herum. Irgendwann waren wir so weit oben, dass Nebel uns die Sicht nahm. Vielleicht waren es auch Wolken. Das würde zumindest erklären, warum mir das Atmen deutlich schwerer fiel als noch vor ein paar Metern. Könnte allerdings auch an dem schneidenden Wind gelegen haben und daran, dass es verflucht kalt war.

Kurz blieb ich stehen und sah mich um. Die Sonne ging gerade unter und tauchte alles in ein goldrotes Farbspektakel. Von hier oben konnte ich einige Gebäude am Fuße des Kraters und in der Ferne erkennen, der Rest der Insel und auch das Meer lagen jedoch unter einer dicken Wolkendecke begraben.

Als wir ganz oben ankamen, wurden wir bereits erwartet. Keine Ahnung, wie Birdie es vor uns hierher geschafft hatte … aber sie war da. Nur das zählte. Und sie hatte auch noch Unterstützung in Form von Trent mitgebracht. Bis eben war ich mir nicht sicher gewesen, ob die Magic Huntress wirklich kommen würde, nachdem ich sie um ihre Hilfe gebeten hatte, doch jetzt machte sich Erleichterung in mir breit.

Ich begrüßte die beiden mit einem Nicken, während sich Finn und Giselle vorstellten. »Danke, dass ihr alle so kurzfristig hergekommen seid.«

»Warum sind wir eigentlich hier?«, fragte Trent und ließ eine schwere schwarze Reisetasche fallen. Hoffentlich gefüllt mit Waffen aus einem der italienischen Quartiere.

»Weil sich hier ein Tor zur Unterwelt befindet.«

Birdie machte ein entsetztes Gesicht. »Mitten in einem Vulkan?!«

»Am Rande davon, aber ja.«

Die vier sahen sich um, als würde gleich ein gigantisches Tor aus dem Nichts neben uns auftauchen. So einfach war es leider nicht. Nach allem, was ich mit Giselles Hilfe in den letzten Monaten herausgefunden hatte, gab es vierundzwanzig Höllentore, die sich über die ganze Welt verteilten. Jedes davon wurde von Todesboten und ihren Höllenhunden bewacht. Da unser Vorhaben möglichst unbemerkt vonstatten gehen sollte, hatte ich eines der drei Tore finden müssen, das Kevin unterstand. Dem Todesboten, der Roxy damals verflucht hatte, nachdem sie aus Versehen ein solches Tor aufgesprengt hatte. Und ich hatte sie gefunden.

Wenn unsere Quellen korrekt waren, bewachte Kevin das Tor an der Westküste Irlands, das an der Teufelsbrücke im Osten Deutschlands und das auf dem Ätna in Sizilien. Ich hatte jeden einzelnen dieser Orte überprüft. In Irland war es zu gefährlich, da Kevin nach der Sache mit Roxy offenbar auf Nummer sicher gehen wollte und sich nun wesentlich mehr Höllenhunde dort herumtrieben als normalerweise in der Nähe eines Tores. Das wusste ich so genau, weil ich dort gewesen und um ein Haar von einem dieser verdammten Viecher erwischt worden wäre. In Deutschland befand sich das Tor direkt unter einer Brücke und damit mitten in einem See. Zu gefährlich. Also blieb nur noch das Tor auf dem Ätna. Wenigstens war ein Vulkanausbruch unwahrscheinlicher, als in einem See zu ertrinken.

Finn trat zu mir. »Ich hoffe wirklich, dass dieser Plan funktioniert.« Angespannt betrachtete er das graubraune Gestein, aus dem der ganze Boden bestand. Es war kein sonderlich schöner Anblick, und ich fragte mich, warum es tagsüber so viele Touristen hierher zog.

»Wir haben wochenlang daran gearbeitet und alles bedacht. Es wird klappen.«

»Wie genau sieht dieser Plan aus?«, fragte Trent und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hast gesagt, wir könnten Roxy zurückholen und dass du dabei Hilfe brauchst, mehr aber auch nicht.«

Ich konnte ihm sein Misstrauen nicht übel nehmen, genauso wenig wie die Zweifel in den Gesichtern der anderen. Alle, die ich gefragt hatte, waren hier: Finn, Birdie und Trent. Sogar Giselle war mitgekommen, auch wenn sie weder kämpfen noch Magie einsetzen konnte. Aber anders als alle anwesenden Hunter hier hatte sie bereits eine Begegnung mit einem Todesboten hinter sich – und überlebt. Seit sie im Londoner Quartier war, hatte sie unermüdlich alles über die Boten, ihre Flüche und die Unterwelt recherchiert, was sie finden konnte. Wahrscheinlich gab es nur wenige Archivare auf der Welt, die mehr über das Thema wussten. Außerdem wollte sie Roxy helfen, und das rechnete ich ihr hoch an. Ich rechnete es ihnen allen hoch an, dass sie den weiten Weg auf sich genommen hatten, obwohl es keine Garantie gab, dass wir es schaffen würden. Zumal sie sich ganz auf mich verlassen mussten. Den Hexenmeister.

»Birdie zerstört das Stufe-6-Amulett, das sie mitgebracht hat«, begann ich und deutete auf die zierliche Magic Huntress, deren Magie sich in Explosionen manifestierte. Genau dieses Talent brauchten wir hier.

Birdie betrachtete den tiefblauen Stein mit den goldenen Partikeln in ihrer Hand und zog die Schultern hoch. »Du traust mir ganz schön viel zu.«

Ich senkte den Blick auf die lange Halskette und deutete auf den Stein. »Als Magic Huntress hast du ein natürliches Talent für Magie«, erinnerte ich sie. »Außerdem trägst du ein Amulett der Stufe … 4?«

Sie schnaubte. »Ja. Seit zwei Tagen. Und auch nur, weil mein altes leer war und Krall darauf bestanden hat, dass ich so weit bin.«

»Hey.« Trent stupste sie von der Seite an. »Du packst das. Krall glaubt an dich. Wir glauben an dich. Und wenn du es nicht schaffst, sind wir wenigstens alle hier, um dein Versagen zu beobachten.«

»Vielen Dank auch.« Birdie funkelte ihn an. »An deinen motivierenden Reden musst du wirklich noch arbeiten.«

Er grinste nur.

»Wir werden das Tor aufsprengen, so wie Roxy es damals in Irland getan hat«, mischte ich mich wieder ein. »Entweder durch Birdies Amulettmagie oder mithilfe von meiner.«

Auch wenn ich wirklich hoffte, dass es nicht dazu kam. Wir konnten hier keine Hexen und Hexer gebrauchen, die mir nachjagten.

»Aber ohne dass dabei neue Seelen aus der Unterwelt entkommen, non?« Giselle sah sich wachsam um und rieb sich über die Arme, als wäre ihr kalt.

Ob sie an ihre eigene Erfahrung mit Todesboten denken musste? Sie konnte nur deshalb keinen anderen Menschen anfassen, weil ein Todesbote sie mit dem Todesblick verflucht hatte. Jedes Mal, wenn sie jemanden berührte – egal ob direkter Hautkontakt oder durch Kleidung –, sahen sie und ihr Gegenüber, wie besagte Person sterben würde. Es war eine grausame Strafe, genauso wie die Mission, mit der Kevin Roxy beauftragt hatte.

»Niemand wird entkommen«, beruhigte ich sie. »Sobald das Tor offen ist, gehen wir sofort rein und ich verschließe es hinter uns mit meiner Magie.«

Zugegeben, dieser Punkt war noch etwas vage. Aber wenn ich magische Energie in Form von Blitzen ebenso erzeugen konnte wie Illusionen und Portale, die mich an jeden Ort der Welt brachten, dann musste es auch möglich sein, eine Art magische Barriere zu errichten. Wie ein Energiefeld, zumindest aber eine Illusion, die die eingesperrten Seelen davon abhalten würde, durch das Tor zu fliehen. Spätestens wenn Kevin hierher zurückkehrte, würde er das Tor selbst wieder reparieren. Und hoffentlich nie herausfinden, wer es in die Luft gesprengt hatte.

Finn schnaubte. »Klar. Wir zerstören also direkt auf einem Vulkan, der noch immer aktiv ist und alle paar Jahre ausbricht, eines der mächtigsten Amulette, die es auf der Welt gibt. Was soll schon schiefgehen?«

Ich warf ihm einen schiefen Blick zu. »Hast du eine bessere Idee?«

Er öffnete den Mund, schloss ihn nach wenigen Sekunden jedoch wieder und presste die Lippen zu einer harten Linie zusammen.

»Mir gefällt das auch nicht«, gab ich zu. »Es ist ein verdammt großes Risiko und wir könnten uns enorme Schwierigkeiten einhandeln, aber ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen. Für Roxy. Bist du es auch?«

Finn nickte sofort, genau wie alle anderen.

»Gut. Warden beschäftigt Kevin, damit der nichts hiervon mitkriegt. Das ist nämlich eines von seinen Toren«, fügte ich hinzu, als Birdie bereits den Mund öffnete. Vermutlich um genau diese Frage zu stellen. »Wir müssen uns also mit keinem Todesboten anlegen.«

Bei diesen Worten atmete Giselle hörbar auf.

»Was ist mit den Höllenhunden?«, warf Trent ein und zog einen Kampfstab aus der Reisetasche, den er mit einer einzigen schnellen Bewegung aufklappte.

»Überlass die mir«, erwiderte ich grimmig.

Nach der kurzen Begegnung mit den Mistviechern in Irland wusste ich, was mich erwartete. Und ich war mir ziemlich sicher, dass meine Magie stark genug war, um uns im Zweifelsfall den Weg freizukämpfen. Zum Teufel, mein früheres Ich, Kane, war sogar einer von Baldurs engsten Vertrauten gewesen. Theoretisch besaß ich also genug Macht, um es auch mit Höllenhunden aufzunehmen, aber ich wollte es nicht drauf ankommen lassen, wenn es nicht unbedingt sein musste.

»Leg das Amulett hier hin«, wies ich Birdie an und deutete auf eine Einkerbung im Boden, die zu rund wirkte, um natürlichen Ursprungs zu sein.

Sie zögerte kurz, platzierte den dunkelblauen Stein mit den goldenen Sprenkeln aber in die Einkerbung.

»Bereit?« Ich sah von einem zum anderen. Sie traten genau wie ich ein paar Schritte zurück und überließen der Magic Huntress das Feld. Die wirkte zwar nervös, nickte mir jedoch zu.

Der Wind zerzauste ihr hellbraunes Haar mit der grünen Strähne darin und presste ihre Kleidung gegen ihre zierliche Gestalt, aber sie stemmte sich dagegen. Das Amulett an ihrem Hals leuchtete auf. Nicht in dem helllilafarbenen Schimmer, den ich aus meiner Zeit in Prag kannte, sondern im strahlenden Magenta der Stufe 4.

Aus irgendeinem Grund musste ich lächeln. Vielleicht, weil Birdie so verbissen mit Roxy und später auch mit Ella daran gearbeitet hatte, die Amulettmagie besser in den Griff zu kriegen. Vielleicht auch, weil sie das nicht nur geschafft zu haben schien, sondern mittlerweile sogar die nächste Stufe erreicht hatte. Roxy wäre verdammt stolz auf sie.

Meine Gedanken rasten, während ich Birdie beobachtete, wie sie sich konzentrierte und die Magie ihres Amuletts in ihren Händen sammelte. Meine Muskeln spannten sich an und ich spürte das Knistern meiner eigenen Magie tief in meinem Inneren.

Ab jetzt musste es verdammt schnell gehen. Amulett zerstören. Tor aufsprengen. Höllenhunde verjagen. Unterwelt betreten. Mit etwas Glück bekamen wir es gar nicht erst mit Höllenhunden zu tun, weil sie zu spät merkten, was Sache war. Und wenn sie es dann merkten, waren wir im Idealfall schon längst in den Tiefen der Unterwelt auf der Suche nach Roxy.

Es gab keine Vorwarnung. Keinen Countdown. Die Explosion war so gewaltig, dass die Druckwelle uns alle zurückwarf. In der einen Sekunde stand ich noch da und beobachtete Birdie bei ihrem Tun, in der nächsten fand ich mich auf dem Boden wieder. Hustend und mit einem Klingeln in den Ohren.

Was zur Hölle …?

Hastig rappelte ich mich auf und wischte mir Staub und Lavagestein von der Kleidung. Rauch hing in der Luft, löste sich durch den Wind aber schnell wieder auf, und was ich sah, war … Nichts. Das Amulett lag noch immer unberührt da. Obwohl Birdie ihre ganze geballte Amulettmagie eingesetzt hatte, hatte der tiefblaue Stein nicht mal einen Kratzer abbekommen. Wie war das möglich?

Birdie sank in sich zusammen und stützte sich mit den Händen auf den Oberschenkeln ab. Innerhalb von Sekunden war Trent an ihrer Seite, um sie zu stützen.

»Was ist passiert?«, rief Finn und stand ebenfalls auf.

»Es hat nicht funktioniert.« Meine Stimme klang selbst in meinen eigenen Ohren völlig fassungslos.

»Tut mir leid«, murmelte Birdie geknickt und richtete sich mit Trents Hilfe wieder auf. »Ich hab echt alles gegeben.«

»Ich weiß«, erwiderte ich automatisch. »Es ist nicht deine Schuld.«

Aber wieso hatte es nicht geklappt? Roxy hatte es vor über einem Jahr in Irland doch auch geschafft. Birdie war eine Magic Huntress mit einem Amulett der Stufe 4 und einer Affinität dafür, Dinge in die Luft zu jagen. Roxy war eine freie Huntress mit einem Amulett der Stufe 5 gewesen. Daran musste es liegen. Nicht an Birdie und ihren Fähigkeiten, sondern wie viel konzentrierte Magie ihr zur Verfügung stand.

Ich sah auf meine Hände hinab und ballte sie langsam zu Fäusten. Die ganze Zeit über war ich so vorsichtig gewesen und hatte alles daran gesetzt, meine Spuren zu verwischen, damit Tarquin und die anderen Hexenmeister mich nicht fanden. Oder erkannten, was ich vorhatte. Und jetzt würde ich sie im schlechtesten Fall geradewegs hierherlocken, wenn ich meine Magie einsetzte. Aber welche Wahl hatte ich? Aufgeben, so kurz vor dem Ziel? Nein, das kam nicht infrage.

Ich suchte Birdies Blick. »Lass es uns noch mal versuchen.«

»Aber –«

»Gemeinsam.«

Sie starrte mich einen Moment lang überrascht an, dann nickte sie aufgeregt. »Das könnte funktionieren.«

Das sollte es besser auch. Ich hatte nicht all das vorbereitet und in die Wege geleitet, nur um jetzt, so kurz vor dem Ziel zu scheitern.

»Sicher, dass du das schaffst?«, fragte Trent und drückte ihre Schulter. Seine Stirn war gerunzelt und sein Blick lag die ganze Zeit auf ihr.

Birdie verzog die Mundwinkel zu einem Lächeln. »Machst du dir etwa Sorgen um mich? Das ist neu.«

Er ließ sie sofort los und wich einen Schritt zurück. »Wir versuchen gerade, ein Höllentor aufzusprengen. Natürlich mache ich mir Sorgen. Um uns alle.«

Birdie grinste nur weiter.

»Es kann sein, dass hier gleich Hexenmeister aufkreuzen«, warnte ich, als ich neben ihr in Position ging. »Deshalb solltet ihr schleunigst verschwinden oder euch verstecken, sobald wir drin sind, okay?«

»Hexenmeister?« Trent kniff die Augen zusammen. »So wie du?«

Ich verzog das Gesicht. »Ja. Allerdings waren sie in letzter Zeit nicht gerade glücklich mit meinen Entscheidungen.«

»Sie machen Jagd auf dich«, kam es von Giselle, die sich bisher zurückgehalten hatte, jetzt aber nur noch entschlossener wirkte. »Du bist auf keiner Seite mehr zu Hause.«

Niemand sagte ein Wort. Offenbar war das neu für sie – und auch für Finn und Giselle, denen ich nie etwas davon erzählt hatte. Es betraf sie nicht und sie sollten sich ganz auf Roxy konzentrieren statt auf mich. Deshalb waren wir heute schließlich hier. Außerdem waren Baldur und meine ehemaligen Hexenkollegen ganz allein mein Problem.

»Na los«, beschwor ich Birdie, da ich mich nicht länger mit diesem Thema beschäftigen wollte. Außerdem drängte die Zeit. Wer wusste schon, wie lange Warden Kevin von hier fernhalten konnte? »Lass es uns zusammen versuchen.« Gleichzeitig warf ich Trent und Finn einen prüfenden Blick zu.

Die beiden nickten mir zu. Auf alles gefasst hielt Finn zwei Dolche in der Hand, während Trent den Kampfstab durch die Luft wirbeln ließ. Sie standen bereits wieder in Position, um uns im Zweifelsfall den Rücken zu decken. Ich hoffte nur, dass das ausreichte.

Ich atmete tief durch. Mittlerweile war es dunkel geworden. Die ersten Sterne funkelten am Himmel und der Mond tauchte den Vulkan in ein gespenstisches Licht. Vor sechs Tagen war Vollmond gewesen, also spendete er uns auch jetzt noch genug Licht, um zu erkennen, was wir hier taten.

»Bereit?«, fragte ich so leise, dass nur Birdie es hören konnte.

»Nicht wirklich.«

»Denk daran, was Roxy und Ella dir beigebracht haben. Du schaffst das.«

Ein kurzes Lächeln blitzte auf, verschwand aber genauso schnell wieder, wie es aufgetaucht war. An seine Stelle trat ein entschlossener Ausdruck.

Das war es. Das war der Moment. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Selbst wenn es nicht funktionieren würde, hätte ich den anderen Hexenmeistern mit dieser Aktion praktisch ein GPS-Signal geschickt, mit dem sie mich orten konnten. Aber mir blieb keine andere Wahl. Außerdem würde es klappen. Es musste einfach klappen.

Birdie straffte die Schultern, dann ließ sie die geballte Macht ihres Amuletts ein weiteres Mal auf den Stein los. Im selben Moment stieß ich die Hände nach vorn und schleuderte so viel von den blauen Blitzen meiner eigenen Magie auf das Ziel, wie ich konnte. Ein tiefes Dröhnen erfüllte die Luft und der Boden unter unseren Füßen begann zu beben.

Unvermittelt leuchtete es grell auf – und eine geradezu unheimliche Stille breitete sich aus. Kein Knall. Keine markerschütternde Explosion. Keine Druckwelle, die uns wegschleuderte. Nur Stille, als würde alles um uns herum den Atem anhalten.

Und dann sah ich es. Das Amulett war zerstört, dafür war da auf einmal ein Loch in der Felswand direkt neben uns, das wie schwarz schimmerndes Wasser aussah. Groß genug, um hineinzuklettern – oder daraus auszubrechen. Ich wappnete mich innerlich dafür, das Tor genauso schnell wieder zu verschließen, wie wir es geöffnet hatten.

Splitter und Steinbrocken lagen um uns herum, aber wir hatten es geschafft. Scheiße, wir hatten es wirklich geschafft!

Neben mir fiel Birdie auf die Knie. Ihre Brust hob und senkte sich schnell. Schweißperlen rannen ihr über die Stirn und sie war geisterhaft blass.

Trent trat neben sie. »Ich kümmere mich um sie. Geht ihr und holt Roxy.«

Ich nickte den beiden dankbar zu. »Gleich werden Hexenmeister auftauchen. Ich kann euch durch ein Portal wegschicken, aber sie könnten euch folgen.«

Trent legte den Arm um Birdie und half ihr auf die Beine. »Bring uns nach Florenz. Dort haben wir Unterstützung von den Huntern, wenn wir die Hexen nicht abhängen können.«

»In Ordnung. Danke.« Noch während ich die Worte aussprach, erschuf ich ein Portal, das vom Ätna geradewegs in eine ruhige Seitengasse in Florenz führte.

Ein letzter Blick in unsere Richtung, dann gingen Birdie und Trent hindurch. Ich schloss das Portal nicht sofort, sondern wandte mich an Giselle. »Noch kannst du es dir anders überlegen. Das wird kein Spaziergang werden.«

Wir erstarrten, als ein schrilles Heulen die Luft erfüllte, das direkt aus dem Vulkan unter uns zu kommen schien. Höllenhunde. Verflucht.

Giselle schüttelte entschieden den Kopf. »Roxy hat mir geholfen. Also helfe ich ihr jetzt auch.«

Ich ließ das Portal verschwinden. »Dann los.« Ich atmete tief durch, dann kletterte ich als Erster durch das Tor und betrat die Unterwelt.

3. KAPITEL

Shaw

Die schwarze Masse, die wie Teer oder Pech aussah, war nicht wirklich flüssig und hinterließ auch keine Spuren, außer einer Kälte wie von Tausenden Eiszapfen auf meiner Haut. Nur mit Mühe unterdrückte ich ein Schaudern.

Ich stand in einem grellweißen Raum. Zumindest meinte ich, dass es ein Raum war, aber sicher war ich mir da nicht. Es gab keinerlei Anzeichen für Fenster oder Türen, Boden, Decke, oder Wände. Alles war so weiß, dass es in den Augen wehtat. Es gab keinen Anfang und kein Ende, als würden wir in einem luftleeren Raum fernab der Realität schweben.

Das sollte die Hölle sein? Ein weißer Raum?

»Sind wir hier richtig?« Finn kletterte als Nächster durch das Tor. Seine Stimme hallte durch die Unendlichkeit und warf ein unheimliches Echo.

»Es war definitiv ein Tor zur Unterwelt«, bestätigte ich ihm und schauderte, als meine eigenen Worte an irgendetwas abprallten und zu mir zurückkehrten.

Giselle kam als Letzte durch das Tor, hielt jedoch genügend Abstand, um keinen von uns aus Versehen zu berühren. Ich drehte mich um und konzentrierte mich auf die Öffnung hinter uns. Wie damals, als Roxy gestorben war, ließ ich mich ganz von meiner Magie leiten. Ich spürte sie in meinen Adern, fühlte das Kribbeln in meinen Fingern und ließ sie auf das Tor los. Im ersten Moment schien nichts zu geschehen, dann hörte ich ein leises Surren, ein Zischen in der Luft. Jeder einzelne Splitter, jeder Stein von draußen raste auf das Tor zu und nahm seinen ursprünglichen Platz ein. Das halb durchsichtige schwarze Schimmern vermischte sich mit meiner Magie und verhärtete sich zu einer Barriere.

Ich atmete auf. Das Tor war geschlossen. Zumindest für den Moment. Keine Ahnung, wie lange dieses Konstrukt halten würde, also beeilten wir uns besser. Außerdem wollte ich wirklich nicht mehr Zeit als unbedingt nötig hier unten verbringen.

»Ich glaube, da ist ein Weg.« Giselle deutete nach vorn und ging voraus.

Wir folgten ihr schweigend. Der weiße Raum verwandelte sich in einen ebenso weißen Tunnel. Ich verstand nicht, woher das Licht kam, da ich keine Quelle dafür erkennen konnte, aber wenigstens hallten unsere Stimmen hier nicht mehr so wie im Eingangsbereich.

»Irgendwie hab ich mir die Unterwelt anders vorgestellt«, murmelte ich.

Finn schnaubte neben mir. »Ach ja? Wie denn?«

»Keine Ahnung.« Ich streckte die Finger aus und ballte die Hände wieder zu Fäusten. »Mehr Feuer und Dämonen? Brennende Lavaflüsse? Ascheregen und Sirenen? Schreie und Folterkammern?«

Finn warf mir einen Blick zu, mit dem er deutlich machte, dass er gerade an meinem Verstand zweifelte. Dabei hatte er überhaupt keinen Grund dazu. Ich hatte nur genug Filme und Serien geschaut, um eine ziemlich klare Vorstellung von der Hölle zu haben. Eine Vorstellung, die offenbar nichts mit der Wirklichkeit gemeinsam hatte, wie ich jetzt feststellen musste.

»Sicher, dass du dich an nichts hiervon erinnern kannst?«, hakte er nach.

»Ziemlich.«

Bis auf diesen einen wiederkehrenden Albtraum und die kurze Erinnerung, die mich durchzuckt hatte, als ich Tarquin das erste Mal gesehen hatte, war da noch immer diese endlose Leere in mir. Aber in seltenen Momenten, oder nachts in meinen Träumen, blitzte etwas aus meinem früheren Leben auf. Zu schnell, um es zu greifen. Allerdings kamen mir manche Dinge, manche Namen, Personen und Orte manchmal nicht ganz so fremd vor. Als würde sich ein Teil von mir daran erinnern können, auch wenn ich diese Erinnerungen nie ganz festhalten konnte.

Aber von meiner Zeit hier unten? Da war nichts. Nada. Und in diesem Moment spürte ich nicht mal den Hauch eines Déjà-vus. Wir mussten uns ganz auf Giselle verlassen – genauer gesagt auf das, was der Todesbote ihr über diesen Ort erzählt hatte.

Von der Unterwelt gab es keine Beschreibungen, denen man Glauben schenken konnte, weil niemand von hier zurückkehren sollte. Und die Menschen, die behaupteten, schon mal hier gewesen zu sein, konnten sich an nichts mehr erinnern. Mit Sicherheit war das auf die Magie von Ulysses, dem König der Unterwelt, zurückzuführen. Die Menschen hatten teils horrende Vorstellungen von der Hölle und den Qualen, die sie nach dem Tod erwarteten, aber sie wussten nichts davon mit absoluter Sicherheit. Und diese Unwissenheit war erschreckender als alles andere. Beinahe so, als wollte Ulysses mit den Ängsten der Menschen und Kreaturen spielen, als würde er es genießen, dass niemand so genau wusste, was sie oder ihn erwartete, wenn das eigene Leben zu Ende ging.

Allerdings hatte ich ein bisschen mehr als einen weißen Raum und ebenso weißen Gang erwartet, der ins Unendliche zu führen schien. War die Unterwelt nicht dazu da, böse Seelen für ihre Taten zu bestrafen und ewig zu quälen? Falls das durch pure Langeweile geschehen sollte, stand uns noch einiges bevor.

»Wenn wir Roxy wirklich finden«, begann Finn, während er neben mir den endlos wirkenden Gang hinunterschritt. »Wie genau schickst du ihre Seele wieder in ihren Körper?«

»So wie Baldur es mit mir machen wollte.« Ich warf ihm einen kurzen Blick zu und sah, dass er mich verwirrt musterte. Dieser Teil meiner Geschichte war ihm ebenfalls neu. Keiner der Hunter wusste, was im Schloss des Hexenkönigs passiert war. Oder vielmehr: Was beinahe passiert wäre. »Er hat Kanes … meinen alten Körper mit Magie konserviert und wollte meine Seele dahin zurückschicken. Was ich nicht zulassen konnte, weil ich sonst alles aus diesem Leben vergessen hätte. Aber daher weiß ich überhaupt erst, dass es möglich ist.«

»Deshalb hast du Roxys Körper mit deiner Magie konserviert und sie zu uns zurückgebracht«, schlussfolgerte Finn.

Ich nickte knapp. »Hexen und Hexer leben nicht ewig, nur länger als normale Menschen. Aber Baldur wandelt seit Jahrtausenden auf der Welt. Alle hundert oder zweihundert Jahre oder wenn er tödlich verwundet wird, wechselt seine Seele den Körper. Er sucht sich einfach einen neuen.«

Dieser clevere Bastard. Anfangs hatte ich mich über die vielen unterschiedlichen Porträts im Schloss gewundert, schließlich gab es seit ewigen Zeiten nur den einen Hexenkönig … Bis ich erkannt hatte, dass diese unnatürlich leuchtenden grünen Augen immer dieselben waren.

»Das ist –«

»Non …« Giselle, die uns ein paar Schritte voraus war, blieb abrupt stehen. Die Worte waren nur ein Flüstern auf ihren Lippen gewesen, aber in der endlosen Stille um uns herum deutlich hörbar. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihr Gesicht leichenblass.

»Was ist los?« Finn machte einen Schritt auf sie zu.

Giselle wich vor ihm zurück. »Non! Tout, sauf ça!«

Finn und ich wechselten einen verwirrten Blick. Doch als wir uns ihr vorsichtig näherten, die Hände beschwichtigend gehoben, wich sie nur noch weiter zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Wand stieß. Sie grub die Finger in ihre Haare und rutschte langsam an der Wand hinab. Tränen liefen ihr über die Wangen, während sie immer wieder dasselbe Wort flüsterte: Non. Nein.

»Giselle?« Finn ging neben ihr in die Hocke.

Sie sah weder ihn noch mich an, sondern starrte durch uns hindurch. Aber es war klar, dass sie etwas sah. Etwas, das sie völlig fertigmachte. Plötzlich hechtete sie nach vorn, die Arme ausgestreckt, als wollte sie jemanden packen oder wegziehen, doch da war niemand.

Was zum Teufel ging hier vor sich?

Ich wollte gerade etwas sagen, wollte Giselle beruhigen, als sich der weiße Gang, in dem wir uns befanden, zu verändern begann. Die Wände verschwammen, lösten sich auf und machten kahlen Bäumen Platz. Einzelne Schneeflocken schwebten durch die plötzlich klirrend kalte Luft und schmolzen auf meiner Haut. Dunkelheit umfing mich und ich wusste, ich müsste nur den Kopf in den Nacken legen, um den Sternenhimmel über mir zu sehen. Mein Atem kondensierte und jeder Herzschlag schmerzte ein bisschen mehr in meiner Brust. In der Ferne ertönten Kampfgeräusche und die Magie hing so schwer in der Luft, dass ich sie beinahe auf meiner Zunge schmecken konnte.

Ohne mich zu bewegen, ohne mich umsehen zu müssen, wusste ich ganz genau, wo ich war: am letzten Ort, an dem ich sein wollte. Wobei es kein Ort war, sondern eine Erinnerung. Eine Erinnerung, die mich in den letzten Monaten immer wieder heimgesucht hatte, und die jedes Mal etwas detaillierter geworden war.

Ich war wieder in diesem Wald. In der Nähe der Schlacht, in der ich Seite an Seite mit Tarquin gekämpft hatte, und jagte die beiden Hunter durch den Wald. Obwohl ich mich dagegen wehrte, setzten sich meine Beine ganz von selbst in Bewegung. Ich rannte. Schneller, immer schneller. Schnee stob auf und knirschte unter jedem meiner Schritte. Entferntes Rufen drang an mein Ohr. Das Knistern von Magie. Verzweiflung. Angst. Panik.

Ruckartig blieb ich stehen. »Das ist nicht real«, stieß ich hervor. Wieder und wieder, obwohl ich die Kälte bis in die Knochen spüren und meinen eigenen Atem in der Nacht sehen konnte. »Es ist nicht real. Ich bin nicht wirklich hier.«

Ich sah auf meine Hand hinab. Blaue Blitze sprangen zwischen meinen Fingern hin und her. Als ich den Kopf hob, blickte ich geradewegs in die Gesichter der beiden Hunter. Sie standen nur wenige Meter von mir entfernt. Ein Mann und eine Frau. Er trug ein Amulett einer höheren Stufe. Sie umklammerte ein schmales Schwert.

Lauft!, wollte ich schreien. Verschwindet! Ich kann es nicht aufhalten! Doch keine dieser Warnungen kam mir über die Lippen. Stattdessen machten sich meine Mundwinkel selbstständig und verzogen sich zu einem Lächeln. Gegen meinen Willen hob ich die Hand, um zum vernichtenden Schlag auszuholen.

Das ist nicht real. Es durfte nicht real sein, obwohl es sich echter anfühlte als jeder Traum im vergangenen halben Jahr. Ich war wieder Kane. Ich jagte, ich mordete – und ich genoss es. Ich war zu meinem schlimmsten Albtraum geworden.

»Shaw!« Etwas Hartes traf mich mitten in der Brust.

Ich strauchelte, schüttelte den Kopf – und erstarrte. Der Wald war verschwunden. Ich war wieder in dem endlos wirkenden weißen Gang.

Finn war direkt vor mir, deutlich blasser als vorher, und hatte sich schützend vor Giselle gestellt.

Langsam drehte ich den Kopf zur Seite. Ich hatte wirklich zum Angriff ausgeholt – und in meiner erhobenen Hand knisterte Magie.

»Shit!« Ich ließ das blaue Leuchten sofort verschwinden und stolperte ein paar Schritte zurück. »Was zur Hölle war das?«

»Ich glaube, du hast dir diese Frage gerade selbst beantwortet.«

Die Hölle. Kein Ort voller Feuer, Folter und grausamer Qualen, sondern ein Zustand. Eine persönliche Hölle für jede einzelne Seele, die sich durch ihre Taten selbst hierher verdammt hatte.

»Scheiße.« Ich schüttelte mich, doch das Erlebnis haftete an mir und drang mir durch die Kleidung, durch Haut und Muskeln bis in die Knochen, wie Nieselregen an einem grauen Londoner Tag. »Das war … heftig.«

Finn nickte knapp.

»Hat es dich nicht erwischt?«

»Doch.« Er biss die Zähne zusammen, führte das aber nicht weiter aus. Was auch immer er gesehen hatte, musste ihn genauso mitgenommen haben wie Giselle und mich.

»Ulysses spielt mit unseren Ängsten«, knurrte Finn und schaute sich um, als würde er damit rechnen, dass der König der Unterwelt sich jeden Moment zeigte.

»Non, nicht unsere Ängste«, widersprach Giselle leise und stand auf. Zitternd lehnte sie sich gegen die Wand. »Oder … nicht nur. Es ist schlimmer.«

Finn runzelte die Stirn. »Was könnte schlimmer sein als unsere größten Ängste?«

»Espérance …«, flüsterte sie. Ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen. »Hoffnung. Die Hoffnung, etwas verändern, etwas anders machen zu können.«

»Und zu versagen«, murmelte ich und rieb mir mit der Hand über das Gesicht. Was für ein abgefucktes Spiel war das hier? »Wir sollten weitergehen, bevor das noch mal passiert.«

Keiner der beiden widersprach. Da es nur eine Richtung gab, setzten wir uns wieder in Bewegung und folgten dem Gang.

Ich war auf alles gefasst. Auf weitere Illusionen, weitere Ängste, die plötzlich zum Leben erwachten, während wir ewig einfach nur geradeaus gingen. Nichts davon passierte. Und mit jeder Minute, die verstrich, wuchs meine Anspannung.

Das hier war ein weiteres Spiel. Denn oftmals war die Angst vor dem, was passieren könnte, unerträglicher als das gefürchtete Ereignis selbst.

Irgendwann, ich wusste nicht, wie viel Zeit inzwischen vergangen war, erreichten wir eine Abzweigung. Es gab nur zwei Möglichkeiten: rechts oder links. Beide Gänge waren in demselben in den Augen schmerzenden grellen Weiß gehalten wie der, aus dem wir kamen.

»Gib mir dein Messer«, meldete sich Giselle auf einmal zu Wort.

Finn händigte ihr ohne zu zögern einen der beiden Dolche aus. »Was hast du vor?«

»Unseren Weg zurück markieren«, erklärte sie und ritzte ein Kreuz in den Boden, anschließend zwei weitere links und rechts in die Wände. »Das, was wir sehen, ändert sich. Aber nicht dieser Ort an sich. Nicht seine … seine Struktur. Seine Essenz. Sie bleibt dieselbe.«

Clever. Spätestens jetzt war ich heilfroh, dass sie mitgekommen war – und dafür sorgte, dass wir den Weg zurück zu dem Tor fanden, durch das wir hereingekommen waren. Allerdings hatten wir noch immer keine Ahnung, wo Roxy war. Ich hatte gehofft, es würde leichter werden, sobald wir erst einmal in der Unterwelt waren. Auch wenn ich nicht mit Schildern gerechnet hatte, die uns den Weg wiesen – na gut, insgeheim schon –, dann doch zumindest mit … etwas. Einer Spur von ihr oder einer Erinnerung an meine eigenen Erfahrungen in der Unterwelt. Schließlich hatte ich Tarquin zufolge rund zwanzig Jahre hier unten verbracht.

»Und wie entscheiden wir jetzt, wohin –«

Ich hob die Hand. Finn schwieg sofort.

Da war etwas gewesen. Ein leises Geräusch. Gleichmäßig. Schnell. Ich neigte den Kopf zur Seite und versuchte zu horchen, doch das Einzige, was ich wahrnahm, waren unsere gepressten Atemzüge.

Doch dann hörte ich es. Etwas kam aus dem Gang hinter uns – und es bewegte sich in rasender Geschwindigkeit auf uns zu.

»Wir sollten uns besser sofort entscheiden!«, rief ich.

Meine Worte gingen im Heulen eines Höllenhundes unter. Oh Shit.

Finn und ich wandten uns instinktiv nach links, Giselle nach rechts. Als wir unseren Fehler bemerkten, machten wir sofort kehrt und sprinteten in ihre Richtung. Die Geräusche hinter uns wurden immer lauter.

»Hat irgendjemand eine Ahnung, wo wir hinrennen?«, zischte Finn.

»Nope. Aber wenn du nicht als Hundefutter enden willst, solltest du besser nicht stehen bleiben!«

Wir rannten, was das Zeug hielt, doch der Höllenhund holte trotzdem auf. Lange würden wir das nicht mehr durchhalten, und ich hatte keine Ahnung, was meine Magie hier drinnen auf engstem Raum anrichten würde.

Plötzlich deutete Giselle nach vorn. Der Gang endete in einem großen bogenförmigen Durchgang, etwa hundert Meter vor uns. Dunkelheit war alles, was ich dahinter ausmachen konnte. »Ist das …?«

»Eine Klippe!«

Zumindest meinte ich, einen kleinen Vorsprung zu erkennen. Uns blieb keine Zeit für einen kreativen Plan und ich wollte einen Kampf möglichst vermeiden. Aber mir kam eine Idee.

»Finn, Giselle, nach links.«

»Was …?«

»Keine Fragen! Nach links!«

Wir erreichten den Durchgang mit dem Vorsprung. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die beiden nach links hechteten, während ich mich nach rechts warf und direkt neben dem Torbogen gegen die Mauer drückte.

Die Geräusche kamen näher, das Heulen wurde lauter. Nur Sekunden nach uns raste eine große struppige Gestalt mit Fell wie flüssiger Teer an uns vorbei – und geradewegs über die Klippe. Der Höllenhund jaulte und donnerte den Abhang hinunter.

Ich wagte es erst nach ein paar Sekunden, aufzuatmen. Erst als ich sicher sein konnte, dass kein zweiter Höllenhund hinter uns her war.

Verdammt, war das knapp gewesen.

Vorsichtig trat ich an den Rand des Vorsprungs, doch es ging so tief und steil hinunter, dass nichts mehr vom Höllenhund zu sehen war.

Finn trat neben mich, das Gesicht eine grimmige Maske. Sein Blick war wie gebannt geradeaus gerichtet. »Das sieht schon deutlich mehr wie eine Unterwelt aus …«

Vor uns breitete sich eine endlos wirkende Landschaft aus – ein Tableau der Verwüstung. Rote und violette Blitze zuckten über einen mit tiefdunklen Wolken verhangenen Himmel und tauchten alles für einen Sekundenbruchteil in gleißendes, unwirkliches Licht. Verfallene, modrige Häuser aller Größen, Formen und Strukturen. Ruinen. Zerstörte Straßen und Wege mit finsteren Gassen, die ins Nichts führten. Dazwischen kleinere Wälder, die so dunkel wirkten, als könnte nichts in dieser oder irgendeiner anderen Welt sie erhellen. Es dauerte einen Moment, aber dann nahm ich Bewegungen wahr … vereinzelte Menschen, die zwischen all der Zerstörung herumirrten, rannten oder reglos auf dem Boden lagen. Entfernte Schreie, Schluchzer, das Weinen von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen erfüllten die Luft.

Doch die Landschaft blieb nicht dieselbe. Gebäude verschoben sich, tauchten auf und verschwanden wieder. Tiefe Gräben zogen sich durch Täler, die von Bergen und aktiven Vulkanen gesäumt wurden. In einem Moment waren sie da, im nächsten rückte etwas anderes an ihre Stelle. Es war ein stetiger Wandel, ein Kommen und Gehen wie das Meer, das links unter uns lag. So schwarz und schimmernd wie das Tor zur Unterwelt brandete es gegen die Klippe, an deren Fuß ich nun einen steinigen Strand ausmachen konnte. Und mit jeder weiteren Welle brachte es etwas Neues mit sich. Ertrunkene Menschen. Tote Tiere und Pflanzen. Manchmal auch nur einzelne Körperteile.

»Wenn das hier die Unterwelt ist, wo waren wir dann gerade?«, konterte ich, ohne den Blick von dem makabren Bild abwenden zu können.

»Im Wartezimmer? Oder Vorraum? Vielleicht auch in einer Art übernatürlichem Scanner, der unsere Seele bis ins Innerste durchleuchtet.«

»C’est vrai. Der messager de la mort, der Todesbote, der mich verflucht hat … Er hat mir davon berichtet«, wisperte Giselle kaum hörbar und trat neben uns an den Rand des Vorsprungs. »Er wollte mich damit quälen. Dieser Ort ist aus Ängsten gemacht. Aus zerstörten Hoffnungen und … grausamen Taten. Alles verändert sich ständig.«

Ich sah zu ihr hinüber. »Wie sollen wir Roxy hier unten finden?«

»Durch ihre schlimmsten Ängste und Fehler.«

»Was hat der Todesbote dir noch erzählt?«, hakte Finn nach.

»Dass es kein … kein Entkommen gibt. Jeder muss für seine Taten büßen.«

Für seine Taten büßen … das war ein gängiges Konzept in vielen Religionen. Dennoch blieben diese Wort in meinem Kopf hängen. Wenn jeder für seine Taten büßen musste und diese Ebene vor uns aus den Ängsten ihrer Bewohner und Bewohnerinnen gemacht war, dann …

»Bilde ich mir das ein, oder sieht das dahinten aus wie ein Steinkreis?«, meldete sich Finn zu Wort und deutete auf eine Stelle links vor uns am Horizont.

Ich folgte seinem Blick und kniff die Augen zusammen, um mehr erkennen zu können. »Da ist auch eine Klippe«, ergänzte ich tonlos. »Könnte Irland sein.«