Mildred Pierce - James M. Cain - E-Book

Mildred Pierce E-Book

James M. Cain

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Beschreibung

Die Geschichte einer Frau, die ihren Weg macht – gegen alle Widerstände und die bittersten Intrigen der Menschen, die sie am meisten liebt. Kalifornien, während der großen Depression. Mildred Pierce, Hausfrau und Mutter, hat alles verloren; ihr Vermögen, weil ihr Mann Bert im Immobiliengeschäft gescheitert ist, und dann auch noch Bert selbst, der eine jüngere Geliebte hat. Mildred bleibt mit ihren Töchtern, der zarten Ray und der älteren Veda, einem selbstherrlichen, kaltherzigen Mädchen zurück. Mit unerschöpflicher Zähigkeit und außerordentlicher Willensstärke baut sie nach und nach ein Restaurant-Imperium auf. Als ihr Hang zu Männern ohne Rückgrat und ihre fast toxische Liebe zu ihrer niederträchtigen Tochter Veda sie zu ruinieren drohen, setzt Mildred alles auf eine Karte.

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Seitenzahl: 520

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James M. Cain

Mildred Pierce

Roman

Aus dem amerikanischen Englisch von Peter Torberg

Kapitel 1

Im Frühjahr 1931 stand ein Mann auf einem Rasen in Glendale, Kalifornien, und stutzte Bäume. Das war eine mühsame Arbeit, denn zuerst musste er die abgestorbenen Zweige ausschneiden, dann Leinenstreifen um die schwachen Äste wickeln, Schnurschlingen über das Leinen ziehen und die Äste an den Baumstämmen festzurren, damit sie das Gewicht der Avocados tragen konnten, die im Herbst heranreifen würden. Doch obwohl es ein heißer Nachmittag war, ließ er sich Zeit dabei, war äußerst gewissenhaft und pfiff vor sich hin. Er war von schmaler Statur, Mitte dreißig, und trotz der Flecken auf seiner Hose trug er sie mit Stolz. Sein Name war Herbert Pierce. Als er mit den Bäumen fertig war, harkte er die Zweige und abgestorbenen Äste zu einem Haufen zusammen, trug sie in die Garage und warf sie in eine Kiste mit Feuerholz. Dann holte er einen Rasenmäher und stutzte den Rasen. Es war ein Rasen wie tausend andere im südlichen Kalifornien: eine kleine Grasfläche mit Avocado-, Zitronen- und Mimosenbäumen, jeder einzelne umgeben von einem kreisrunden Stückchen umgegrabener Erde. Auch das Haus war wie alle anderen dieser Art: ein Bungalow im spanischen Stil mit weißen Wänden und rotem Ziegeldach. Heutzutage sind Häuser im spanischen Stil ein wenig aus der Mode gekommen, doch in jenen Tagen waren sie der letzte Schrei, und dieses hier war so gut wie jedes andere, vielleicht ein bisschen besser.

Als er mit dem Mähen fertig war, holte er einen Gartenschlauch, schraubte ihn an einen Wasserhahn und machte sich ans Wässern. Auch dabei ging er sehr penibel vor, besprühte die Bäume von oben bis unten, die umgegrabene Erde darunter, den gepflasterten Weg und schließlich den Rasen. Als alles feucht war und nach Regen roch, drehte er das Wasser ab, zog den Schlauch durch eine Hand, um das Wasser abzustreifen, rollte ihn auf und brachte ihn in die Garage. Dann ging er zur Vorderseite des Hauses und prüfte seine Bäume, um sich zu vergewissern, dass die Schlingen sich durch das Wasser nicht zu fest zusammengezogen hatten. Dann ging er hinein.

Das Wohnzimmer, in das er trat, passte zu dem Rasen, den er gerade hinter sich gelassen hatte. Es war exakt das Standardwohnzimmer, das die Warenhäuser für einen Bungalow im spanischen Stil anpriesen, und bestand aus einem Wappenschild auf rotem Samt an der Wand, roten Samtvorhängen, die an Eisenspießen hingen, einem roten Teppich mit gemusterter Umrandung, einem Sofa vor dem Kamin, flankiert von zwei Sesseln, alle drei mit geraden Rückenlehnen und perlenbestickten Sitzen, einem langen Eichentisch, auf dem eine Lampe mit einem Buntglasschirm stand, zwei Stehlampen aus Eisen, die zu den Spießen an der Wand passten, mit Lampenschirmen aus roter Seide, einem Tisch im Grand-Rapids-Stil in der Ecke und auf diesem Tisch ein Radio mit Bakelitgehäuse. An den getönten Wänden hingen neben dem Wappenschild drei Zeichnungen: eine von einem Tafelberg bei Sonnenuntergang, mit Rinderskeletten im Vordergrund, eine von einem Cowboy, der eine Viehherde durch den Schnee trieb, und eine von einem Wagentreck, der sich mühsam über eine Salzebene schleppte. Auf dem langen Tisch lag ein Buch mit goldgeprägtem Einband – mit dem Titel Enzyklopädie des Wissenswerten –, demonstrativ diagonal platziert. Man könnte einwenden, dass dieses Wohnzimmer die bemerkenswerte Eigenschaft besaß, kühl und überladen zugleich zu wirken, und dass es recht bedrückend sein müsse, darin zu wohnen. Doch der Mann war ziemlich stolz darauf, besonders auf die Bilder, die, wie er sich eingeredet hatte, »wirklich gut« waren. Und in dem Zimmer zu wohnen wäre ihm nicht einmal im Traum eingefallen.

Heute würdigte er das Zimmer keines Blicks und verschwendete keinen Gedanken daran. Er eilte pfeifend hindurch und trat in ein Schlafzimmer, das mit einer siebenteiligen Möbelgarnitur eingerichtet war und hier und da eine weibliche Hand verriet. Er zog seine Arbeitskleidung aus, hängte sie in die Kleiderkammer, trat nackt ins Badezimmer und ließ das Wasser für ein Bad ein. Auch hier war alles geprägt von der Kultur, der der Mann entstammte, allerdings mit einem Unterschied. Diese Kultur war und ist vielleicht etwas unbedarft, wenn es um Rasenflächen, Wohnzimmer, Bilder und andere Dinge von ästhetischer Art geht, doch auf praktischem Gebiet ist sie von unbestreitbarer Genialität. Sie hat bereits mehr vergessen, als andere Kulturen je gewusst haben. Das Badezimmer, in dem er nun stand und vor sich hin pfiff, war ein Juwel des Praktischen. Alles war an seinem Platz, und alles funktionierte. Zwanzig Sekunden nachdem der Mann an den Wasserhähnen gedreht hatte, stieg er in ein Bad von exakt der gewünschten Temperatur, wusch sich, zog den Stöpsel heraus, stieg aus der Badewanne, trocknete sich mit einem sauberen Handtuch ab und betrat erneut das Schlafzimmer, ohne auch nur einen Takt lang mit der Melodie auszusetzen, die er pfiff, oder daran zu denken, dass irgendetwas Bemerkenswertes daran sei.

Nachdem er sich das Haar gekämmt hatte, zog er sich an. Weite Hosen waren noch nicht in Mode damals, aber grauer Flanell. Er zog ein sauberes Paar an, dazu ein Polohemd und ein blaues Sakko. Dann ging er in die Küche, das Pendant zum Badezimmer, in der seine Frau gerade eine Torte glasierte. Seine Frau war klein und entschieden jünger als er, doch da sie einen Schokoladenfleck im Gesicht hatte und eine weite grüne Kittelschürze trug, war nur schwer zu erkennen, wie sie aussah, abgesehen von den aufreizenden Beinen, die zwischen Schürze und Schuhen hervorlugten. Sie betrachtete die Zeichnung eines Vogels, der eine Schriftrolle im Schnabel hielt, in einem Buch voll solcher Zeichnungen und versuchte, ihn zu kopieren, mit Bleistift auf einem Blatt Notizpapier. Er schaute einen Moment zu, warf einen Blick auf die Torte und sagte, sie sähe prima aus. Das war wohl eher eine Untertreibung, denn es handelte sich um ein riesiges Exemplar, mit einem Durchmesser von fünfundvierzig Zentimetern, mit vier Schichten und einem Überzug schimmernd wie Satin. Doch nach dieser Bemerkung gähnte er und sagte: »Nun, sieht nicht so aus, als gäb’s hier noch viel für mich zu tun. Ich denke, ich geh ein bisschen spazieren.«

»Bist du zum Essen zurück?«

»Ich versuch’s, aber wenn ich um sechs nicht zu Hause bin, warte nicht auf mich. Vielleicht bleibe ich irgendwo hängen.«

»Ich möchte es nur wissen.«

»Deswegen sag ich ja, wenn ich um sechs nicht zu Hause bin …«

»Das hilft mir nicht weiter. Ich mache diese Torte für Mrs. Whitley, sie gibt mir drei Dollar dafür. Also, wenn du nach Hause kommst, kaufe ich dir davon Lammkoteletts zum Abendessen. Wenn nicht, dann kaufe ich etwas, was die Kinder lieber mögen.«

»Dann rechne nicht mit mir.«

»Mehr will ich nicht wissen.«

Ein gereizter Unterton schwang in dieser Unterhaltung mit, der offensichtlich nicht zu seiner guten Laune passte. Er stand verunsichert da, unternahm dann einen Versöhnungsversuch. »Ich hab mich um die Bäume gekümmert. Hab sie hochgebunden, damit die Äste sich nicht biegen, wenn die Avocados so groß werden wie letztes Jahr. Hab den Rasen gemäht. Sieht ziemlich gut aus draußen.«

»Sprengst du noch den Rasen?«

»Hab ich schon.«

Er sagte dies mit leiser Selbstgefälligkeit, denn er hatte ihr eine kleine Falle gestellt, und sie war hineingetappt. Doch die Stille, die darauf folgte, klang verhängnisvoll, so als sei er selbst in eine Falle getappt, die er nicht bemerkt hatte. »Hab ihn ausgiebig gewässert«, fügte er unsicher hinzu.

»Ziemlich früh, um den Rasen zu sprengen, findest du nicht?«

»Eine Uhrzeit ist wie die andere.«

»Die meisten Leute warten bis zum späten Nachmittag, bevor sie den Rasen sprengen, wenn die Sonne nicht mehr so heiß ist, wenn es auch was bringt und nicht nur Wasser verschwendet, das andere bezahlen müssen.«

»Wer zum Beispiel?«

»Außer mir seh ich hier niemanden arbeiten.«

»Siehst du hier irgendeine Arbeit, die ich tun könnte und nicht tue?«

»Nur damit du früher fertig wirst.«

»Hör schon auf, Mildred, worauf willst du hinaus?«

»Sie wartet auf dich, also geh schon.«

»Wer wartet auf mich?«

»Du weißt sehr gut, wen ich meine.«

»Wenn du Maggie Biederhof meinst, ich hab sie schon seit einer Woche nicht mehr gesehen, und sie hat mir nie was bedeutet, außer, dass ich jemanden zum Romméspielen habe, wenn es sonst nichts zu tun gibt.«

»Und das ist praktisch immer, wenn du mich fragst.«

»Ich hab dich aber nicht gefragt.«

»Was machst du mit ihr? Spielst du ein bisschen Rommé mit ihr und knöpfst ihr dann das rote Kleid auf, das sie immer trägt, ohne Büstenhalter drunter, und wirfst sie dann aufs Bett? Und dann ein kleines Nickerchen, und dann aufstehen und nachschauen, ob noch etwas kaltes Hähnchen in ihrem Kühlschrank ist, und dann wieder Rommé spielen und sie wieder aufs Bett werfen? He, muss toll sein. Ich kann mir nichts Besseres vorstellen.«

Seine angespannte Miene verriet seine zunehmende Wut, und er öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Dann überlegte er es sich anders. Schließlich sagte er: »Also schön«, auf eine Art, die hochmütig und leidgeprüft klingen sollte, und wollte die Küche verlassen.

»Möchtest du ihr nicht etwas mitbringen?«

»Mitbringen? Was meinst du?«

»Ich hab noch etwas Teig übrig gehabt und ein paar Küchlein gebacken, eigentlich für die Kinder. Aber fett, wie sie ist, mag sie doch bestimmt Süßes … hier, ich pack sie dir ein.«

»Warum fährst du nicht einfach zur Hölle.«

Sie legte die Vogelzeichnung beiseite und stellte sich direkt vor ihn. Dann legte sie los. Sie hatte wenig zu sagen über Liebe, Treue oder Moral. Dafür sprach sie über Geld und darüber, dass er keine Arbeit gefunden hatte, und als sie die Dame seines Herzens erwähnte, war diese nicht die Sirene, die seine Liebe gestohlen hatte, sondern lediglich der Grund für seine Rastlosigkeit, die ihn in letzter Zeit befallen hatte. Er unterbrach sie häufig, suchte Ausflüchte, wiederholte, dass es nun einmal keine Arbeit gebe, und er beharrte verbittert darauf, dass – auch wenn Mrs. Biederhof in sein Leben getreten sei  – er wohl ein Recht auf ein wenig Frieden habe, doch stattdessen müsse er sich dieses ewige Genörgel über Dinge anhören, an denen er nichts ändern könne. Sie sprachen schnell, als sagten sie Dinge, die ihnen den Mund verbrannten und mit Spucke gekühlt werden mussten. Die ganze Szene war auf eine althergebrachte, geradezu klassische Weise hässlich, denn sie erhoben die gleichen Vorwürfe, die seit der Erfindung der Ehe schon immer erhoben wurden, und fügten ihnen wenig Neues und nichts Erbauliches hinzu. Schließlich hörten sie auf, und er wandte sich erneut zum Gehen, doch sie hielt ihn fest. »Wo gehst du hin?«

»Warum sollte ich dir das sagen?«

»Gehst du zu Maggie Biederhof?«

»Und wenn?«

»Dann kannst du genauso gut deine Sachen packen und verschwinden, denn wenn du durch diese Tür gehst, werde ich dich nicht wieder hereinlassen. Und wenn ich das Beil nehmen muss, du kommst mir nicht mehr ins Haus.«

Sie holte das Hackbeil aus einer Schublade, hielt es hoch und legte es dann zurück, während er verächtlich zuschaute. »Mach nur so weiter, Mildred, mach nur so weiter. Lange mach ich das nicht mehr mit. Es fehlt nicht viel, und ich verlasse dich wirklich.«

»Du machst das nicht mehr mit? Ich mach das nicht mehr mit! Wenn du heute Nachmittag zu ihr gehst, dann hast du dieses Haus zum letzten Mal gesehen.«

»Ich gehe verdammt noch mal hin, wohin ich will.«

»Dann pack deine Sachen, Bert.«

Er wurde bleich, und sie starrten sich lange an. »Okay, genau das mach ich.«

»Am besten sofort. Je eher, desto besser.«

»Okay … Okay.«

Er stolzierte zur Küche hinaus. Sie füllte eine Papierspritztüte mit Glasur, schnitt das Ende mit einer Schere ab und begann, den Vogel auf die Torte zu spritzen.

 

Zu dem Zeitpunkt war er schon im Schlafzimmer, riss Reisetaschen aus den Regalen und warf sie auf den Boden. Er machte eine Menge Lärm dabei, wohl in der Hoffnung, sie würde ihn hören und hereinkommen, um ihn zu bitten, seine Meinung zu ändern. Wenn dem so war, dann wurde er enttäuscht, also blieb ihm nichts anderes übrig, als zu packen. Seine größte Sorge galt seiner Abendgarderobe, die aus Hemden, Kragen, Manschettenknöpfen, Schlipsen, Schuhen und einem schwarzen Anzug bestand, den er seinen »Smoking« nannte. All dies schlug er sorgfältig in Seidenpapier ein und legte es zuunterst in die größte Tasche. Er hatte, um ehrlich zu sein, schon bessere Zeiten gesehen. Als Jugendlicher hatte er als Stuntreiter für den Film gearbeitet, und er war immer noch stolz auf seine Reitkünste. Dann war ein Onkel gestorben und hatte ihm die Ranch am Stadtrand von Glendale vermacht. Glendale ist heute ein endloser Vorort und für Los Angeles das, was Queens für New York ist. Doch damals war es kaum mehr als eine Kleinstadt, und eine ziemlich schäbige dazu, mit einem Güterumschlagplatz am einen Ende, dem offenen Land am anderen und einer Straße in der Mitte.

Also kaufte er sich einen Cowboyhut, nahm die Ranch in Besitz und versuchte, sie zu leiten, doch ohne großen Erfolg. Mit Orangen klappte es nicht, und als er es mit Wein versuchte, begannen seine Reben gerade zu tragen, als die Prohibition kam, und er pflügte die Reben zugunsten von Walnüssen unter. Er hatte gerade die Bäume ausgesucht, als die Traubenpreise wegen der Nachfrage der Schwarzbrenner in die Höhe schossen, was ihn derart deprimierte, dass er sein Land eine Zeit lang brachliegen ließ. Er hatte Mühe, sich in einer verrückt gewordenen Welt zurechtzufinden. Doch eines Tages suchten ihn drei Männer auf, die ihm einen Vorschlag unterbreiteten. Er hatte keine Ahnung davon, doch das südliche Kalifornien und besonders Glendale standen kurz vor dem Grundstücksboom der Zwanziger, einem Boom, wie ihn die Welt bis dahin nur selten erlebt hatte.

So machten ihn seine hundertzwanzig Hektar, die exakt an der Stelle lagen, an der die Leute bauen wollten, praktisch über Nacht zum Landverkäufer, zum Gründervater, zu einem Mann mit einer Vision, zu einem hohen Tier. Er und die drei Herren gründeten eine Gesellschaft namens Pierce Homes, Inc., mit ihm als Präsidenten. Er benannte eine Straße nach sich, und nachdem er Mildred geheiratet hatte, baute er am Pierce Drive ebenjenes Haus, das er nun bewohnte, zumindest noch die nächsten zwanzig Minuten.

Obwohl er zu jener Zeit eine Menge Geld verdiente, weigerte er sich, ein protziges Haus zu bauen. Er sagte zu dem Architekten: »Die Häuser von Pierce Homes sind für die einfachen Leute, und was gut genug ist für die einfachen Leute, ist auch gut genug für mich.« Dennoch war es in einigen Dingen ein wenig besser als das, was gut genug ist für die einfachen Leute. Es hatte drei Badezimmer, für jedes Schlafzimmer eins, und bestimmte Details des Gebäudes waren nahezu luxuriös. Heute war all das nur noch eine Farce, das Haus war mehrfach hypothekarisch belastet und das Geld von den Hypotheken längst ausgegeben. Doch früher hatte es einmal etwas hergemacht, und es gefiel ihm, gegen die Wände zu klopfen, um zu demonstrieren, wie solide sie waren.

Statt sein Geld bei der Bank zu lassen, hatte er in AT&T investiert, und ein paar Jahre wurde ihm täglich bestätigt, dass seine Entscheidung die richtige war, denn die Aktien stiegen ins Unermessliche, bis er ein »Eigenkapital« von 350000 Dollar vorweisen konnte, denn dies war die Differenz zwischen dem Preis für die Aktien und dem Kurs, zu dem er sie hielt. Doch dann kam der Schwarze Donnerstag von 1929, und der Sturz in den Ruin war so rasant, dass er kaum mitbekam, wie Pierce Homes sich in Luft auflöste. Im September war er reich gewesen, und Mildred hatte sich einen Nerzmantel ausgesucht, den sie sich zulegen wollte, wenn es kühler werden würde. Im November, als das Wetter kein Stück kühler war, musste er den Zweitwagen verkaufen, um die anfallenden Rechnungen zu bezahlen. All dies nahm er gelassen hin, denn viele seiner Freunde waren in derselben Lage, er konnte Witze darüber reißen und sogar damit prahlen. Was er nicht akzeptieren konnte, war, dass seinem großen Verstand ein Armutszeugnis ausgestellt worden war. Er hatte sich daran gewöhnt, sich für besonders scharfsinnig zu halten, und konnte sich unmöglich dazu durchringen, zuzugeben, dass sein Erfolg reines Glück und abhängig von den äußeren Umständen gewesen war und nichts mit seinen persönlichen Fähigkeiten zu tun hatte. Also dachte er immer noch in den Kategorien der Großtaten, die er vollbringen würde, wenn die Dinge wieder besser stünden. Er konnte sich nicht dazu durchringen, nach Arbeit zu suchen, und trotz seiner Beteuerungen Mildred gegenüber hatte er nichts in dieser Richtung unternommen. Er sank immer tiefer, und so war es zu dieser Situation mit Mrs. Biederhof gekommen. Sie war eine Dame unbestimmten Alters und bezog ihre Einkünfte aus der Vermietung von Bruchbuden an Mexikaner. Sie verdiente also gut, wenn andere in Not waren, und hatte jede Menge Zeit. Sie lauschte den Geschichten seiner Ruhmestaten, der vergangenen und der zukünftigen, fütterte ihn, spielte Karten mit ihm und lächelte schüchtern, wenn er ihr Kleid aufknöpfte. Er lebte in einer Traumwelt, er faulenzte am Flussufer und schaute den vorbeiziehenden Wolken nach.

Er behielt weiter die Tür im Blick, so als warte er darauf, dass Mildred erschien, doch die Tür blieb geschlossen. Als die kleine Ray von der Schule nach Hause kam und zu ihrem Kuchen rannte, trat er vorsorglich vor und schloss die Tür ab. Im nächsten Augenblick stand sie draußen vor der Tür und rüttelte am Knauf, doch er gab keinen Laut von sich. Er hörte, wie Mildred ihr etwas zurief, und Ray lief nach draußen, wo andere Kinder auf sie warteten. Sie hieß eigentlich Moire, der Name war ihr, ebenso wie jener der anderen Tochter, Veda, nach den Lehren der Astrologie und nach numerologischen Prinzipien ermittelt worden. Doch die Wahrsagerin hatte vergessen, auf ihrem säuberlich getippten Zettel die richtige Aussprache zu vermerken, und Bert und Mildred wussten nicht, dass es sich um die gälische Variante von Mary handelte und wie Moyra ausgesprochen wurde. Sie hielten ihn für einen französischen Namen der etwas exklusiveren Sorte und sprachen ihn Moaray aus, was sie bald zu Ray verkürzten.

Er verschnürte die letzte Tasche, entriegelte die Tür und trat mit dramatischer Geste in die Küche. Mildred war noch immer mit der Torte beschäftigt, deren überwältigende Schönheit nun nicht mehr zu übersehen war. Der Vogel saß auf einem blättrigen grünen Zweig, hielt das Schriftband mit der Aufschrift »Happy Birthday, lieber Bob« keck im Schnabel, und ein Kranz von Rosenknospen, die säuberlich um den Rand der Torte aufgereiht waren, gab eine Art von schweigendem Gezwitscher dazu. Sie schaute nicht auf. Er befeuchtete seine Lippen und fragte: »Ist Veda zu Hause?«

»Noch nicht.«

»Ich hab mich nicht gerührt, als Ray vorhin reinkam. Ich wollte nicht, dass sie etwas davon mitkriegt. Ich will nicht, dass beide etwas davon mitkriegen. Ich möchte nicht, dass du ihnen sagst, ich hätte Auf Wiedersehen gesagt oder irgend so was. Sag einfach …«

»Ich werd mich drum kümmern.«

»Na dann, okay. Ich überlass das dir.«

Er zögerte. Dann sagte er: »Nun, auf Wiedersehen, Mildred.«

Mit zögernden Schritten ging sie zur Wand, lehnte sich dagegen und verbarg ihr Gesicht, dann schlug sie ein-, zweimal hilflos mit ihren Fäusten dagegen. »Geh schon, Bert. Es gibt nichts mehr zu sagen. Geh einfach.«

Als sie sich umdrehte, war er verschwunden, und dann kamen die Tränen, und sie trat von der Torte zurück, damit sie nicht darauffielen. Doch als sie hörte, wie der Wagen rückwärts aus der Garage setzte, gab sie einen leisen, erschrockenen Laut von sich und rannte ans Fenster. Sie fuhren so selten damit, außer sonntags, wenn sie etwas Geld hatten, um Benzin zu kaufen, dass sie den Wagen ganz vergessen hatte. Und während sie zusah, wie dieser Mann aus ihrem Leben verschwand, war der einzige klare Gedanke, den sie fassen konnte, dass sie nun keine Möglichkeit hatte, die Torte auszuliefern.

Sie hatte die letzte Rosenknospe befestigt und entfernte Glasurspritzer mit etwas Watte, die sie um einen Zahnstocher gewickelt hatte, als es an der Fliegentür klopfte und Mrs. Gessler, die Nachbarin, eintrat. Sie war eine dünne, dunkelhaarige Frau um die vierzig und hatte Falten im Gesicht, die von Sorgen stammen mochten oder vom Alkohol. Ihr Mann war im Transportgeschäft, doch ging es ihnen besser als den meisten Spediteuren damals. Es hieß jedenfalls, dass die Gessler-Lastwagen ziemlich oft runter zum Point Loma fuhren, wo gewisse Schnellboote mit wenig Tiefgang in der Bucht anlegten.

Mrs. Gessler stieß einen kleinen Schrei aus, als sie die Torte sah, und trat vor, um sie sich anzuschauen. Sie war wirklich den Blick wert, den sie mit ihren kleinen Augen daraufwarf. Alle Verzierungen waren nun angebracht, und trotz der eher konventionellen Motive zeugten das Aroma, die Konsistenz, die ganze Komposition von wahrer Meisterschaft. Jeder Krümel davon würde den unerbittlichen Konditortest bestehen: Er würde auf der Zunge zergehen.

Voller Ehrfurcht flüsterte Mrs. Gessler: »Ich begreife nicht, wie du das machst, Mildred. Sie ist wunderschön, einfach wunderschön.«

»Was man tun muss, das kann man auch.«

»Aber sie ist wunderschön!«

Erst nach einem langen letzten Blick kam Mrs. Gessler auf ihr eigentliches Anliegen zu sprechen. Sie hatte einen kleinen Teller, über den ein anderer Teller gestülpt war, in der Hand und hob jetzt den oberen davon ab. »Ich dachte, du könntest dir das vielleicht aufwärmen. Ich habe Hühnerfrikassee zum Abendessen gemacht, aber Ike muss nach Long Beach, und ich fahre mit ihm, und ich habe Angst, dass es verdirbt.«

Mildred nahm einen Teller, schob das Huhn darauf und stellte es in den Kühlschrank. Dann wusch sie Mrs. Gesslers Teller, trocknete sie ab und gab sie ihr zurück. »Ich lass nichts umkommen, Lucy. Danke.«

»Also, ich muss weiter.«

»Viel Spaß.«

»Sag Bert, ich hätte reingeschaut.«

»… Werd ich.«

Mrs. Gessler hielt inne. »Was ist los?«

»Nichts.«

»Na komm, Kleines. Irgendwas stimmt doch nicht. Was ist?«

»Bert ist weg.«

»Du meinst … für immer?«

»Gerade eben. Er ist gegangen.«

»Er hat dich verlassen, einfach so?«

»Ich habe vielleicht ein bisschen nachgeholfen. Es musste so kommen.«

»Also, was sagt man dazu? Und das wegen dieser alten Schachtel. Wie kann er sie nur eines Blickes würdigen?«

»Er findet bei ihr, was er sucht.«

»Aber sie wäscht sich nicht!«

»Ach, hat doch keinen Sinn, drüber zu reden. Wenn sie ihn mag, nun gut, dann kann sie ihn haben. Bert ist schon in Ordnung. Es ist nicht sein Fehler. Es ist einfach … alles. Ich bin ihm auf die Nerven gegangen. Ich nörgle dauernd rum, hat er gesagt, und er muss es wissen. Aber ich ertrage es nicht, wenn er die Dinge so schleifen lässt. Ist mir egal, ob wir eine Wirtschaftskrise haben oder nicht. Wenn sie das erträgt, dann werden sie wohl prima miteinander auskommen, denn das ist genau, was er braucht. Aber ich habe meine eigenen Vorstellungen, und die werde ich auch für ihn nicht ändern.«

»Was willst du jetzt machen?«

»Was mach ich denn jetzt?«

Eine Weile schwiegen beide Frauen grimmig. Dann schüttelte Mrs. Gessler den Kopf. »Nun, du hast dich der größten Armee der Welt angeschlossen. Du bist die großartige amerikanische Institution, die man am 4. Juli nie erwähnt – die Grüne Witwe, die zwei kleine Kinder zu versorgen hat. Diese dreckigen Bastarde.«

»Ach, Bert ist schon in Ordnung.«

»Er ist schon in Ordnung, aber er ist ein dreckiger Bastard, und das sind sie allesamt.«

»Wir sind auch nicht vollkommen.«

»Wir würden uns niemals rausnehmen, was die sich rausnehmen.«

Die Haustür schlug zu, und Mildred hielt einen warnenden Finger in die Höhe. Mrs. Gessler nickte und fragte, ob sie ihr irgendwie behilflich sein könnte, heute. Mildred hätte sie wahnsinnig gern gebeten, sie samt Torte im Auto mitzunehmen, doch es hatte ein oder zwei ungeduldige Signale mit der Hupe gegeben, und sie brachte nicht den Mut auf. »Im Moment nicht.«

»Wir sehen uns.«

»Vielen Dank noch mal fürs Huhn.«

 

Das Mädchen, das nun die Küche betrat, kam nicht hereingerannt wie die kleine Ray kurz zuvor. Sie trat geziert ein, schnupperte verächtlich nach dem Duft, den Mrs. Gessler zurückgelassen hatte, und legte ihre Schulbücher auf den Tisch, bevor sie ihrer Mutter einen Kuss gab. Sie war zwar erst elf, doch ihr Anblick war faszinierend. Mit ihrer Art, sich schick zu kleiden, und mit ihrer hübschen oberen Gesichtshälfte ähnelte sie mehr ihrem Vater als ihrer Mutter. Immer wieder hieß es, Veda sei »eine echte Pierce«. Doch bei ihrem Mund hörte jede Ähnlichkeit auf, denn Berts Mund wies eine nach unten hängende Schlaffheit auf, die der ihre nicht besaß. Ihr Haar, das kupferrot war, und ihre Augen, die so hellblau waren wie die ihrer Mutter, leuchteten noch kräftiger im Kontrast zu den Sommersprossen und der Bräune ihrer Haut. Doch das Faszinierendste an ihr war der Gang. Vielleicht lag es an ihrem hohen, sich vorwölbenden Brustkorb, vielleicht an ihren schmalen Hüften und den langen Beinen, jedenfalls bewegte sie sich mit einer steifen Überheblichkeit, die bei jemandem, der so jung war, unweigerlich komisch wirkte.

Sie nahm den Kuchen, den ihre Mutter ihr reichte – ein Schokoladentörtchen mit einem weißen V darauf –, zählte die restlichen und berichtete ruhig von ihrer Klavierstunde. Allen Schrecknissen der vergangenen anderthalb Jahre zum Trotz hatte Mildred immer die fünfzig Cent pro Woche für die Stunden abzweigen können, da sie der tiefen, nahezu religiösen Überzeugung war, dass Veda »talentiert« sei, und obwohl ihr nicht ganz klar war, wie, schien ihr ein Klavier, als Klangkulisse, zu einer soliden und nützlichen Vorbereitung auf das Leben einfach dazuzugehören. Veda war eine gelehrige Schülerin, denn sie übte fleißig und zeigte sich aufrichtig interessiert. Ihr Klavier, das ausgewählt worden war, als Mildred sich ihren Mantel ausgesucht hatte, traf niemals ein, also übte sie im Haus von Großvater Pierce, in dem ein altes Klavier stand, und das war auch der Grund, warum sie stets später als Ray von der Schule nach Hause kam.

Sie berichtete von ihren Fortschritten mit Chopins Grande valse brillante und wiederholte dabei den Namen des Stücks mehrere Male, worüber sich Mildred leicht amüsierte, denn Veda bemühte sich um die korrekte französische Aussprache und hatte offensichtlich Vergnügen an dem eleganten Effekt. Sie sprach mit klarer, deutlicher Stimme, wie Kinder auf der Bühne, und tatsächlich machte alles, was sie sagte, den Eindruck, als habe sie es auswendig gelernt und wiederhole es nun nach den Vorgaben eines steifen Benimmbuchs. Nachdem sie den Walzer erwähnt hatte, betrachtete sie die Torte. »Für wen ist die, Mutter?«

»Für Bob Whitley.«

»Ach, der Zeitungsjunge.«

Young Whitleys Nebenjob, der darin bestand, nach der Schule Zeitschriftenabonnements zu verkaufen, betrachtete Veda als einen großen gesellschaftlichen Fehler, und Mildred lächelte. »Er wird ein Zeitungsjunge ohne Geburtstagstorte sein, wenn ich nicht eine Möglichkeit finde, sie abzuliefern. Iss deinen Kuchen auf und geh bitte zu Großvater und frag ihn, ob es ihm was ausmacht, mich mit seinem Wagen zu Mrs. Whitley zu fahren.«

»Können wir nicht unseren Wagen nehmen?«

»Dein Vater ist damit fortgefahren und … vielleicht wird es später. Bitte geh. Nimm Ray mit, Großvater wird euch beide heimbringen.«

Veda ging gemessenen Schrittes hinaus, und Mildred hörte, wie sie Ray von der Straße hereinrief. Doch nach ein, zwei Minuten war sie wieder zurück. Sie schloss bedächtig die Tür, und als sie sprach, artikulierte sie deutlicher denn je. »Mutter, wo ist Vater?«

»Er – musste kurz weg.«

»Warum hat er seine Sachen mitgenommen?«

Als Mildred Bert versprochen hatte, »sich darum zu kümmern«, hatte sie sich vage eine Szene vorgestellt, die mit den Worten endete: »Mutter wird euch das eines Tages alles erklären.« Doch sie hatte Vedas Begeisterung für die Kleider ihres Vaters vergessen, ihre tägliche Inspektion seines Smokings, seiner Reithosen, seiner glänzenden Stiefel und Schuhe, was zu einem Ritual geworden war und von dem sie sich nicht einmal durch einen Ausflug zu ihrem Großvater abbringen ließ. Und außerdem hatte Mildred vergessen, dass es unmöglich war, Veda hinters Licht zu führen. Sie begann, imaginäre Schönheitsfehler an der Torte zu untersuchen. »Er ist fort.«

»Wohin?«

»Ich weiß es nicht.«

»Kommt er zurück …?«

»Nein.«

Sie fühlte sich elend und hoffte, Veda würde zu ihr kommen, damit sie sie in die Arme nehmen und es ihr auf irgendeine Weise erklären konnte, die nicht so kleinlaut klang. Doch Vedas Augen waren kalt, und sie rührte sich nicht. Mildred war in sie vernarrt, wegen ihres Aussehens, ihres so vielversprechenden Talents und ihres Snobismus, der darauf schließen ließ, dass in ihr Dinge schlummerten, die ihrer eigenen durchschnittlichen Natur überlegen waren. Doch Veda war in ihren Vater vernarrt, in seine guten Manieren, seine feine Art, und dass er Lohnarbeit ablehnte, erfüllte sie nur noch mehr mit Stolz. Bei den endlosen Streitereien, die die letzten Monate bestimmt hatten, hatte sie unweigerlich auf seiner Seite gestanden und bedachte ihre Mutter häufig mit vernichtenden Bemerkungen. Jetzt sagte sie: »Ich verstehe, Mutter. Ich wollte es nur wissen.«

In diesem Moment kam Ray herein, ein molliges, flachsblondes Geschöpf, vier Jahre jünger als Veda und Mildreds Ebenbild. Sie tanzte herum und tat dabei so, als wolle sie mit dem Finger in die Torte bohren, doch Mildred hielt sie davon ab und erzählte ihr, was sie gerade Veda erzählt hatte. Ray begann zu weinen, und Mildred nahm sie in den Arm und sprach zu ihr so, wie sie es von Anfang an hatte tun wollen. Sie sagte, Vater halte größte Stücke auf sie beide und dass er nicht Auf Wiedersehen gesagt habe, weil er nicht wolle, dass sie traurig seien, und dass es nicht seine Schuld sei, sondern an vielen verschiedenen Dingen liege, die sie ihnen jetzt nicht erzählen könne, aber später erklären würde. All dies sagte sie Ray, doch in Wirklichkeit sprach sie zu Veda, die immer noch dastand und ernst zuhörte. Nach ein paar Minuten hatte Veda offensichtlich das Gefühl, freundlich sein zu müssen, denn sie unterbrach sie und sagte: »Wenn du Mrs. Biederhof meinst, Mutter, gebe ich dir durchaus recht. Ich finde, sie ist eindeutig Mittelschicht.«

Mildred konnte darüber lachen, und sie nahm die Gelegenheit wahr, Veda an sich zu ziehen und sie zu küssen. Dann schickte sie beide Kinder zum Großvater. Sie war froh, dass sie kein Wort über Mrs. Biederhof gesagt hatte, und sie beschloss, dass ihr der Name in Gegenwart der Kinder niemals über die Lippen kommen sollte.

 

Mr. Pierce kam mit seinem Wagen und einer Einladung zum Abendessen, und nach einem kurzen Zögern nahm Mildred die Einladung an. Die Pierces mussten Bescheid wissen, und wenn sie es ihnen gleich sagte, nachdem sie mit ihnen gegessen hatte, würde dies zeigen, dass es zwischen ihnen kein böses Blut gab und dass sie die Beziehung wie bisher fortführen wollte. Doch nachdem sie die Torte abgeliefert hatte und sie ein paar Minuten mit ihnen zusammengesessen hatte, spürte sie, dass etwas in der Luft lag. Sie wusste nicht, ob Bert schon bei ihnen gewesen war oder ob die Kinder sich verplappert hatten, doch irgendetwas stimmte nicht. Entsprechend unwohl war ihr, als sie das Thema ansprach, nachdem das Abendessen vorüber war und die Kinder nach draußen zum Spielen gegangen waren. Mr. Pierce und Mom, beide ursprünglich aus Connecticut, wohnten in einem kleineren, aber ebenso heimeligen Haus von Pierce Homes und lebten von einer Rente, die er als ehemaliger Eisenbahner bezog. Doch es ging ihnen recht gut, und sie pflegten ihr Dämmerstündchen üblicherweise auf der kleinen Veranda hinterm Haus zu verbringen. Hier teilte ihnen Mildred die Neuigkeit mit.

Schweigen trat ein, ein missmutiges Schweigen, das eine ganze Weile anhielt. Mom saß auf der Verandaschaukel. Sie stieß sich vom Boden ab und begann hin- und herzuschwingen, und bei jedem Schwingen quietschte die Schaukel. Dann begann Mom zu sprechen, sie stieß die Worte gepresst aus und schaute weder Mildred noch Mr. Pierce an. »Es ist diese Biederhof. Das ist ihre Schuld, von Anfang bis Ende. Es ist ihre Schuld, seit Bert sich mit ihr eingelassen hat. Diese Frau ist ein Flittchen. Das wusste ich vom ersten Augenblick an. Diese Unverfrorenheit, so mit einem verheirateten Mann umzuspringen. Und ihr eigener Mann noch nicht ein Jahr tot. Und wie sie ihr Haus verkommen lässt. Und wie sie rumläuft, mit ihrem schlackernden Busen, da muss ein Mann doch hinschauen. Warum musste sie sich gerade meinen Jungen aussuchen? Gibt es nicht genug andere Männer, musste sie ausgerechnet …?«

Mildred schloss die Augen und hörte zu, und Mr. Pierce zog an seiner Pfeife und warf eigene melancholische Betrachtungen ein. Sie kreisten alle um Mrs. Biederhof, und in gewisser Hinsicht war das eine Erleichterung. Doch zugleich befiel sie eine neue Sorge. Dieser Abend, das wusste sie, war wichtig, denn an das, was jetzt gesagt wurde, würden sie sich bis an ihr Lebensende erinnern. Wenigstens den Kindern zuliebe war es nötig, dass sie nichts Falsches sagte oder etwas verschwieg, was für eine gerechte Beurteilung wichtig war. Mit wachsendem Unbehagen registrierte sie, wie alles leichtfertig auf eine Frau geschoben wurde, die eigentlich recht wenig damit zu tun hatte. Sie ließ Mom ausreden und sagte nach langem Schweigen: »Es liegt nicht an Mrs. Biederhof.«

»An wem dann?«

»An vielen Dingen, und wenn die nicht passiert wären, dann hätte er sie so wenig angeschaut wie eine Eskimofrau. Es liegt daran … was aus seinem Geschäft geworden ist. Und die fürchterlichen Zeiten, die wir hatten, um über die Runden zu kommen. Und Bert hatte einfach genug von all dem und …«

»Willst du damit sagen, dass es Berts Fehler ist?«

Mildred wartete eine Minute. Mom hatte mit belegter Stimme gesprochen, und Mildred hatte Angst, ihre eigene Stimme könnte versagen. Dann sagte sie: »Ich habe nicht gesagt, dass es der Fehler von irgendjemandem ist. Wenn überhaupt, dann ist die Wirtschaftskrise schuld, und an der konnte Bert ja nun nichts ändern.« Sie hielt inne und fuhr dann verbissen fort. Ihr graute davor, aber sie war überzeugt, dass es gesagt werden musste: »Ich sollte es euch wohl besser sagen: Bert war nicht der Einzige, der genug von all dem hatte. Ich hatte auch genug. Er hat heute nicht damit angefangen. Ich war’s.«

»Soll das heißen … du hast Bert vor die Tür gesetzt?«

Moms Stimme war nur noch ein Krächzen und ihre Weigerung, den Tatsachen ins Auge zu blicken, so empörend, dass Mildred sich nicht zu sprechen traute. Erst nachdem Mr. Pierce sich einschaltete und weitere fünf Minuten vergingen, in denen sich die Gemüter beruhigten, sagte sie: »Es musste so kommen.«

»Natürlich, wenn du den armen Jungen mir nichts, dir nichts auf die Straße setzt. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört. Wo ist er jetzt?«

»Ich weiß es nicht.«

»Und dabei ist es noch nicht mal dein Haus.«

»Es wird ziemlich bald der Bank gehören, wenn ich keinen Weg finde, die Hypothekenzinsen abzuzahlen.«

Als Mom darauf etwas erwiderte, brachte Mr. Pierce sie schnell zum Schweigen, und Mildred lächelte bitter vor sich hin – die bloße Erwähnung von Hypothekenzinsen führte zu einem sofortigen Wechsel des Gesprächsthemas. Mr. Pierce kam wieder auf Mrs. Biederhof zu sprechen, und Mildred hielt es für diplomatisch klug, sich dem anzuschließen. »Ich verteidige sie kein bisschen. Und ich gebe Bert keine Schuld. Ich versuche nur zu sagen, dass es so kommen musste, und besser heute und besser durch mich als später, wenn es noch mehr böses Blut gegeben hätte deswegen.«

Mom sagte nichts, doch die Schaukel quietschte weiter. Mr. Pierce sagte, die Wirtschaftskrise habe eine Menge Leute schwer getroffen. Mildred wartete ein oder zwei Minuten, damit ihr Aufbruch nicht zu abrupt wirkte, dann sagte sie, sie müsse die Kinder nach Hause bringen. Mr. Pierce brachte sie zur Tür, bot ihr aber nicht an, sie zu fahren. Zögernd sagte er: »Kann ich dir irgendwie behilflich sein, Mildred?«

»Nein, im Augenblick nicht, danke.«

»Es tut mir wirklich leid.«

»Es musste so kommen.«

»Gute Nacht, Mildred.«

Mildred scheuchte die Kinder vor sich her, wütend auf das Paar, das sie gerade verlassen hatte, nicht nur, weil sie in keiner Weise begriffen hatten, worum es ging, sondern auch, weil sie in ihrem Geiz die missliche Lage, in der sie steckte, und die Möglichkeit, dass ihre Enkelkinder vielleicht nichts zu beißen hatten, ignorierten. Als sie in den Pierce Drive einbogen, hatte die Nachtkälte eingesetzt, und sie fror und schluckte schnell, um das Gefühl von Hilflosigkeit loszuwerden, das ihr den Hals zuschnürte.

 

Nachdem sie die Kinder zu Bett gebracht hatte, ging sie ins Wohnzimmer, rückte einen Stuhl ans Fenster und saß dort in der Dunkelheit, schaute auf die vertraute Szenerie und versuchte, die Melancholie abzuschütteln, die über sie kam. Dann ging sie ins Schlafzimmer und schaltete das Licht ein. Das war das erste Mal, dass sie hier schlief, seit Bert angefangen hatte, seine Aufmerksamkeit Mrs. Biederhof zu schenken. Mehrere Monate lang hatte sie im Kinderzimmer geschlafen, in das sie eines der Doppelbetten gestellt hatte. Dorthin schlich sie auf Zehenspitzen, holte ihr Nachthemd, kam zurück und zog sich aus. Dann setzte sie sich vor ihren Frisiertisch und begann, sich das Haar zu kämmen. Dann hielt sie inne und betrachtete sich im Spiegel, ernst, nachdenklich.

Sie war kleiner als der Durchschnitt, und ihre geringe Größe, das aschblonde Haar und die blassblauen Augen ließen sie entschieden jünger aussehen, als sie wirklich war, nämlich achtundzwanzig. An ihrem Gesicht war nichts Bemerkenswertes. Sie wirkte eher nett als hübsch. Ihr eigenes Urteil lautete gelegentlich: »Ein unauffälliges Dutzendgesicht.« Doch damit tat sie sich unrecht. Wenn sie provoziert wurde, wenn man sich über sie lustig machte oder sie verwirrt war, begannen ihre Augen leicht zu schielen, was durchaus nicht anziehend war – es verriet eine gewisse Pedanterie oder Humorlosigkeit oder wie immer man es nennen wollte –, was aber dennoch erkennen ließ, dass hinter diesen Augen ein wacher Verstand steckte. Es war dieses Schielen, so hatte Bert später zugegeben, das seine Aufmerksamkeit zuerst erregt und ihn davon überzeugt hatte, dass sie »was Besonderes« sei. Sie begegneten sich, kurz nachdem ihr Vater gestorben war. Sie war damals im dritten Jahr auf der Highschool. Nachdem die Autowerkstatt verkauft und die Versicherung kassiert war, hatte ihre Mutter mit der Idee geliebäugelt, ein Haus von Pierce Homes zu kaufen, ihr geringes Kapital als Anzahlung zu verwenden und Untermieter zu nehmen, um den Rest abzuzahlen. Also kam Bert vorbei, und Mildred war sofort von ihm angetan, vor allem wegen seines forschen Auftretens.

Doch als der Tag der Besichtigung der Pierce-Häuser kam, konnte Mrs. Ridgely nicht mitfahren, und Bert nahm Mildred mit. Sie fuhren in seinem Roadster, der Wind spielte in ihrem Haar, und sie war wie berauscht und kam sich sehr erwachsen vor. Höhepunkt der Fahrt war der Halt am Pierce-Homes-Musterhaus, in dem sich eigentlich die Büros von Pierce Homes, Inc. befanden, das jedoch wie ein Wohnhaus gebaut worden war, um die Fantasie der Interessenten zu beflügeln. Die Sekretärinnen waren zu dem Zeitpunkt schon nach Hause gegangen, und Mildred inspizierte alles, vom großen Wohnzimmer, das nach vorn hinausging, bis zu den anheimelnden Schlafzimmern, die nach hinten gingen und wo sie sich länger aufhielt, als vielleicht ratsam gewesen wäre. Auf dem Heimweg war Bert sehr ernst, wie es wohl jemandem anstand, der gerade eine Minderjährige verführt hatte, schlug jedoch galant eine weitere Besichtigung für den nächsten Tag vor. Einen Monat später waren sie verheiratet, sie verließ die Schule zwei Tage vor den Abschlussfeierlichkeiten, und Veda kam etwas früher auf die Welt als üblich. Bert überredete Mrs. Ridgely, die Idee aufzugeben, ein Haus von Pierce Homes zum Zwecke der Untervermietung zu kaufen und möglicherweise in Schulden zu geraten, und sie zog zu Mildreds Schwester, deren Ehemann einen Schiffsbedarfshandel in San Diego hatte. Das geringe Kapital wurde auf Berts Anraten hin in AT&T investiert.

Und Mildreds Äußeres fiel bei allen möglichen Anlässen angenehm auf. Sie hatte einen runden, knabenhaften Hals, auf dem sie ihren Kopf keck geneigt hielt. Ihr Büstenhalter wölbte sich mit einer überaus verführerischen Last ziemlich vor. Ihre Hüften waren so schmal wie die von Veda und ließen eher auf ein junges Mädchen schließen, nicht auf eine Frau, die zwei Kinder zur Welt gebracht hatte. Ihre Beine waren wirklich schön, und sie war recht stolz auf sie. Nur eines störte sie an ihnen, und es hatte sie schon immer gestört, solange sie denken konnte. Im Spiegel sahen sie makellos schlank und gerade aus, doch wenn sie direkt an ihnen heruntersah, ließ irgendetwas an ihren Konturen sie gebogen erscheinen. Sie hatte es sich daher angewöhnt, im Stehen ein Knie anzuwinkeln, beim Gehen kleine Schritte zu machen und das hintere Knie schnell zu beugen, damit man die Verformung, wenn es sie denn überhaupt gab, nicht bemerkte. Dies verlieh ihr einen gezierten, femininen Gang, wie bei den jungen Mädchen in einer Broadway-Tanzgruppe. Sie wusste nichts davon, doch ihr Hintern wackelte dabei auf überaus provokante Weise.

Vielleicht wusste sie es doch.

Als sie mit dem Haar fertig war, stand sie auf, legte die Hände auf die Hüften und betrachtete sich im Spiegel. Einen Moment lang tauchte der schielende Blick in ihren Augen auf, so als wüsste sie, dass dies keine normale Nacht sei, dass sie Inventur machen müsse, um zu sehen, was sie den kommenden Ereignissen entgegenzusetzen hatte. Sie beugte sich vor, bleckte ihre Zähne, die lang und weiß waren, und suchte nach Löchern. Sie fand keine. Sie richtete sich wieder auf, legte den Kopf zur Seite und stellte sich in Pose. Fast augenblicklich folgte das Beugen des Knies. Dann seufzte sie, zog die restlichen Kleidungsstücke aus und schlüpfte in ihren Pyjama. Sie schaltete das Licht aus, und aus alter Gewohnheit blickte sie hinüber zum Haus der Gesslers, ob die wohl noch auf waren. Dann fiel ihr ein, dass sie weggefahren waren. Und dann fiel ihr ein, was Mrs. Gessler gesagt hatte: »… die großartige amerikanische Institution, die man am 4. Juli nie erwähnt – die Grüne Witwe, die zwei kleine Kinder zu versorgen hat«, und sie lachte verbittert, während sie ins Bett schlüpfte. Dann hielt sie den Atem an, als Berts Duft sie einhüllte.

Einen Moment später öffnete sich die Tür, und die kleine Ray kam weinend herein. Mildred hielt die Bettdecke hoch, deckte das kleine Ding zu, kuschelte sie an ihren Bauch und flüsterte und summte, bis das Weinen aufhörte. Nachdem sie eine Weile an die Zimmerdecke gestarrt hatte, schlief sie ein.

Kapitel 2

Ein oder zwei Tage lang nachdem Bert gegangen war, lebte Mildred in einer Art Schlaraffenland, das hieß, sie erhielt zwei Bestellungen für Torten und drei für gefüllte Kuchen. Das beanspruchte sie völlig, und sie stellte sich vor, was sie zu Bert sagen würde, wenn er vorbeikäme, um die Kinder zu sehen: »Oh, wir kommen zurecht – mach dir keine Sorgen. Ich habe mehr Arbeit, als ich bewältigen kann. Da sieht man mal, dass es immer noch Arbeit gibt, wenn man nur Arbeit finden will.« Sie spielte auch mit einer leicht abgewandelten Version für Mr. Pierce und Mom: »Mir? Mir geht’s gut. Es gibt mehr Bestellungen, als ich annehmen kann – aber trotzdem vielen Dank für euer freundliches Angebot.« Die halbherzige Nachfrage von Mr. Pierce machte sie immer noch wütend, und es bereitete ihr Vergnügen, ihnen ein paar kräftige Wespenstiche zu verpassen, sich dann zurückzulehnen und ihre Gesichter zu beobachten. Sie neigte ein wenig dazu, Szenen in Gedanken durchzuspielen und dabei imaginäre Siege über die Leute davonzutragen, über die sie sich auf die eine oder andere Weise geärgert hatte.

Doch die Sorgen kehrten zurück. Es vergingen mehrere Tage ohne Bestellungen. Dann traf ein Brief ihrer Mutter ein. Sie erging sich lang und breit über die AT&T-Aktien, die sie sofort gekauft hatte und immer noch besaß und deren Kurs nun auf einen absurd niedrigen Stand gefallen war. Sie hielt mit ihren Anschuldigungen Bert gegenüber nicht hinter dem Berg und schien das Gefühl zu haben, dass er daran etwas ändern könne und dies auch tun solle. Und der Teil des Briefes, der sich nicht mit AT&T beschäftigte, galt Mr. Engels Schiffsbedarfshandel. Im Augenblick schien es so, als ob die einzigen Kunden, die bar bezahlten, die Schwarzbrenner waren, doch die fuhren alle nur leichte Boote, und Mr. Engel handelte mit schwerem Gerät für Dampfschiffe. Also erhielt Mildred den Auftrag, nach Wilmington zu fahren, um herauszufinden, ob irgendeiner von den Schiffsausrüstern dort ihm dieses Zeug abnehmen würde, im Tausch für die leichteren Artikel, die die Schnellboote brauchten. Mildred brach in hysterisches Gelächter aus, als sie das las, denn die Vorstellung, sie solle losgehen und eine Lastwagenladung Anker an den Mann bringen, kam ihr ungeheuer komisch vor. In derselben Post fand sich eine kurze Nachricht von der Gasgesellschaft mit dem Vermerk »Dritte Mahnung«, in der es hieß, dass die Versorgung unterbrochen würde, wenn sie innerhalb der nächsten fünf Tage ihre Rechnung nicht begleiche.

Von den drei Dollar von Mrs. Whitley und den neun von den anderen Bestellungen waren noch ein paar Dollar übrig. Also ging sie in das Büro der Gesellschaft und bezahlte die Rechnung. Die Quittung steckte sie fein säuberlich in ihre Geldbörse. Dann zählte sie ihr Geld und ging in einen Supermarkt, um ein Huhn, ein Viertelpfund Hotdogs, etwas Gemüse und einen Liter Milch einzukaufen. Das Huhn, erst gekocht, dann klein gehackt und zu drei säuberlichen Bratklößchen geformt, würde ihr übers Wochenende reichen. Die Hotdogs waren Luxus. Sie mochte sie nicht, schon aus Prinzip, doch die Kinder liebten sie, und sie versuchte, immer welche im Haus zu haben, damit sie zwischen den Mahlzeiten etwas zu beißen hatten. Die Milch war heilige Pflicht. Ganz gleich, wie schlimm die Lage wurde, Mildred sorgte dafür, dass immer genug Geld da war – für Vedas Klavierunterricht und für so viel Milch, wie die Kinder nur trinken konnten.

Es war Samstagmorgen, und als sie nach Hause kam, fand sie Mr. Pierce vor. Er war vorbeigekommen, um die Kinder übers Wochenende einzuladen – »und wozu sie extra zurückbringen. Ich fahr sie Montagfrüh zur Schule, und dann können sie von da nach Hause kommen.« Mildred war klar, dass sie etwas ausgeheckt hatten, vielleicht einen Ausflug ans Meer, wo die Pierces Freunde hatten und wo ganz zufällig auch Bert auftauchen würde. Das nahm sie ihnen übel, und sie nahm ihnen übel, dass Mr. Pierce seinen Besuch so lange hinausgezögert hatte, bis sie ihr Geld für das Huhn verplempert hatte. Doch die Aussicht, die Kinder zwei volle Tage umsonst versorgt zu wissen, war eine derartige Versuchung, dass sie zustimmte, sagte, die Kinder könnten natürlich mitfahren, und eine kleine Tasche für sie packte. Doch als sie ihnen nachwinkte und zurück ins Haus ging, musste sie aus heiterem Himmel weinen und ging ins Wohnzimmer, um wieder ihren Wachposten zu beziehen, der ihr langsam zur Gewohnheit wurde. Alle Bewohner der Gegend schienen irgendwohin aufzubrechen und fuhren bedeutungsvoll die Straße entlang, mit Decken, Paddeln und sogar Booten auf den Autodächern, und hinterließen nichts als Stille. Nachdem sie sechs oder sieben solchen Abfahrten zugesehen hatte, ging Mildred ins Schlafzimmer, legte sich hin, ballte ihre Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder.

Gegen fünf Uhr nachmittags klingelte es. Sie hatte das ungute Gefühl, es könne Bert sein, mit einer Nachricht wegen der Kinder. Doch als sie an die Tür ging, war es Wally Burgan, einer der drei Herren, die Bert den Vorschlag unterbreitet hatten, der zu Pierce Homes, Inc. führte. Er war ein untersetzter Mann von etwa vierzig, mit rotblondem Haar, und arbeitete nun für den Konkursverwalter, der für die Firma bestellt worden war. Dies war ein weiterer Grund der Verärgerung zwischen Mildred und Bert, denn sie glaubte, dass ihm der Job zugestanden hätte, und wenn er sich nur stärker bemerkbar gemacht hätte, hätte er ihn bestimmt gekriegt. Doch Wally hatte ihn gekriegt, und nun stand er da, ohne Hut, und grüßte sie mit einer beiläufigen Bewegung mit der Zigarette, die all sein Tun zu begleiten schien. »Hallo, Mildred. Ist Bert zu Hause?«

»Momentan nicht.«

»Weißt du, wohin er gegangen ist?«

»Nein, keine Ahnung.«

Wally stand einen Moment nachdenklich da und wandte sich dann zum Gehen. »Na gut, ich werd ihn ja am Montag sehen. Da ist was zu klären, irgendein Ärger mit Besitzrechten, und ich dachte, er könnte uns da weiterhelfen. Sag ihm doch bitte, er möchte mal vorbeischauen, ja?«

Mildred ließ ihn bis zur Straße gehen, bevor sie ihn zurückrief. Sie hasste es, ihre dreckige Wäsche vor mehr Leuten zu waschen, als unbedingt nötig war, doch wenn die Klärung von Besitzrechten bedeutete, dass Bert Arbeit hatte oder ein paar Dollar mit irgendwelchen legalen Ansprüchen machen konnte, musste sie dafür sorgen, dass er die Chance bekam. »Ach, komm doch rein, Wally.«

Wally wirkte überrascht, kam dann zurück und trat ins Wohnzimmer. Mildred schloss die Tür. »Wenn es wichtig ist, Wally, dann solltest du besser selbst nach Bert suchen. Er … er wohnt nicht mehr hier.«

»Was?«

»Er ist fort.«

»Wohin?«

»Ich weiß nicht genau. Er hat es mir nicht gesagt. Aber ich bin sicher, der alte Mr. Pierce weiß es, und sollten sie weggefahren sein, nun – ich denke, Maggie Biederhof wird es wissen, jedenfalls wie du ihn erreichst.«

Wally schaute Mildred einen Moment lang an und sagte schließlich: »Wann … wann ist das passiert?«

»Oh – vor ein paar Tagen.«

»Du meinst, ihr habt euch getrennt?«

»So ähnlich.«

»Für immer?«

»Soweit ich weiß.«

»Nun, wenn du es nicht weißt, weiß ich nicht, wer es sonst wissen könnte.«

»Ja, für immer.«

»Und du lebst hier allein?«

»Nein, ich habe die Kinder. Sie sind übers Wochenende bei den Großeltern, aber sie leben bei mir, nicht bei Bert.«

»Also, das ist ja ein Ding.«

Wally steckte sich eine neue Zigarette an und schaute sie wieder an. Seine Augen sanken zu ihren Beinen. Sie waren nackt, denn Mildred sparte an Strümpfen, und sie zog sich verlegen ihr Kleid darüber. Er schaute umher, damit sein Blick wie zufällig erschien, und sagte dann: »Und, was treibst du so?«

»Oh, ich bin ziemlich beschäftigt.«

»So siehst du gar nicht aus.«

»Es ist Samstag. Ich nehme einen Tag frei.«

»Ich muss nicht groß überredet werden, ihn mit dir zu verbringen. Wirklich, ich bin immer gern in deiner Nähe gewesen.«

»Das hast du aber wirklich gut verbergen können.«

»Ich bin eben gewissenhaft.«

Sie lachten beide, und Mildred verspürte ein leichtes Kribbeln und war etwas verwirrt darüber, dass dieser Mann, der niemals zuvor das geringste Interesse an ihr gezeigt hatte, sich ausgerechnet in dem Augenblick an sie heranmachte, in dem er herausgefunden hat, dass sie keinen Mann mehr hatte. Er redete weiter über die guten Zeiten, die sie haben könnten, wobei seine Stimme etwas gekünstelt klang, und sie antwortete kokett darauf. Ihr war klar, dass die ganze Sache etwas anrüchig war, doch die ungewohnte Freiheit machte sie ein wenig schwindlig. Schließlich seufzte er und sagte, er habe an diesem Abend schon etwas vor. »Aber warte mal.«

»Ja?«

»Was machst du morgen Abend?«

»Nichts, soweit ich weiß.«

»Nun …«

Sie senkte ihren Blick, glättete keusch das Kleid über ihrem Knie und warf ihm einen Blick zu. »Ich wüsste nicht, was dagegenspräche.«

Die beiden standen auf. »Dann also abgemacht. Genau das werden wir tun. Wir gehen aus.«

»Wenn ich nicht vergessen habe, wie man das macht.«

»Ach, das fällt dir schon wieder ein. Wann? Halb sieben vielleicht?«

»Ist mir recht.«

»Besser um sieben.«

»Um sieben Uhr also.«

 

Gegen Mittag des nächsten Tages, während Mildred gerade die Hotdogs zum Frühstück aß, schaute Mrs. Gessler vorbei, um sie für den Abend zu einer Party einzuladen. Mildred, die ihr eine Tasse Kaffee einschenkte, sagte, sie würde gern kommen, aber da sie eine Verabredung habe, wisse sie nicht, ob sie es schaffen würde. »Eine Verabredung? Schau an, du bist aber schnell.«

»Irgendwas muss man ja tun.«

»Kenn ich ihn?«

»Wally Burgan.«

»Wally – na, bring ihn doch mit!«

»Mal sehen, was er vorhat.«

»Ich wusste nicht, dass er sich für dich interessiert hat.«

»Ich auch nicht, Lucy, und er hat es wohl auch nicht gewusst. Ich glaube nicht, dass er mich nur ein Mal angesehen hat. Doch in dem Augenblick, als er hörte, dass Bert weg ist, nun, es war fast komisch, welche Wirkung das auf ihn hatte. Du konntest richtig sehen, wie aufgeregt er wurde. Kannst du mir vielleicht verraten, weswegen?«

»Ich hätte dich vorwarnen sollen. Die unterstellen uns einen Anstand … du machst dir keine Vorstellung. Für ihn bist du einfach eine scharfe Nummer, und das von dem Moment an, wo er das über dich herausgefunden hat.«

»Was denn herausgefunden?«

»Dass du eine Grüne Witwe bist! Von jetzt an bist du eine leichtlebige Person.«

»Das meinst du nicht ernst!«

»Ich meine es ernst – und die auch.«

Mildred, die sich nicht leichtlebiger vorkam als sonst, dachte eine Weile über dieses Rätsel nach, während Mrs. Gessler an ihrem Kaffee nippte und über etwas anderes nachzudenken schien. Schließlich fragte sie: »Ist Wally verheiratet?«

»Nun – nicht dass ich wüsste. Nein, natürlich ist er nicht verheiratet. Er hat immer Witze darüber gerissen, wie glücklich die Verheirateten bei der Steuererklärung sind. Warum?«

»Ich würde ihn nicht mit zur Party bringen an deiner Stelle.«

»Nun, wie du meinst.«

»Oh, nicht … Er ist immer willkommen, so weit es das betrifft. Aber – du musst verstehen. Es kommen Geschäftsfreunde von Ike mit ihren Freundinnen. Sie sind schon in Ordnung, versuchen, über die Runden zu kommen, wie alle anderen auch, aber sie sind etwas ungehobelt und laut. Vielleicht verbringen sie zu viel Zeit auf dem Meer und spielen zu viel mit ihren Schnellbooten herum. Und die Mädchen sind von der kreischenden Sorte. Du möchtest mit niemandem von denen in Verbindung gebracht werden, besonders, wenn du einen Junggesellen an der Angel hast, das lässt deinen Anstand ohnehin schon in einem merkwürdigen Licht erscheinen, und …«

»Du glaubst doch nicht, dass ich Wally ernst nehme?«

»Das solltest du aber. Und warum auch nicht? Er ist ein netter, aufrechter, anständiger junger Mann, der zwar ein bisschen wie ein Frettchen mit Bierbauch aussieht, aber er ist nicht verheiratet und hat Arbeit, und das zählt.«

»Ich glaube nicht, dass deine Gäste ihn in Verlegenheit bringen würden.«

»Ich bin noch nicht fertig. Die Frage ist nicht, ob du deine Zeit sinnvoll nutzt. Was sind denn überhaupt deine Pläne, sofern du welche hast?«

»Nun, er kommt hierher, und …«

»Wann?«

»Um sieben.«

»Das ist schon Fehler Nummer eins. Kleines, ich würde mich von diesem Dummkopf nicht zum Essen einladen lassen. Ich würde ihn reinbitten und ihm eins von diesen Mildred-Pierce-Spezialdinners anbieten.«

»Was? Ich soll arbeiten, wenn er mir anbietet …«

»Als Investition, Kleines, eine Investition in Zeit, Mühe und Rohmaterial. Nun halt den Mund und lass mich ausreden. Die Auslagen übernehme ich, denn ich habe eine Vision, und wenn ich eine Vision habe, dann kümmere ich mich nicht um nebensächliche Dinge wie Kosten. Es wird ein perfekt grässlicher Abend.« Sie wies mit einer Hand aufs Wetter, das grau, kalt, wolkenverhangen war, wie üblich gegen Ende des kalifornischen Frühlings. »Bei dem Wetter würde man keinen Hund vor die Tür jagen. Und außerdem hast du das Essen schon zur Hälfte vorbereitet, und du brauchst nichts verderben zu lassen, nur weil er den dummen Einfall hatte, dich ausführen zu wollen.«

»Aber das war doch die Idee.«

»Nicht so schnell, Kleines. Lass uns erst mal in Ruhe über die Sache nachdenken. Warum will er dich ausführen? Warum wollen sie uns wohl ausführen? Um uns die Ehre zu erweisen, sagen sie. Damit es uns gut geht und damit sie uns zeigen können, wie sehr sie uns schätzen. Sie sind ein Haufen gottverdammter Lügner. Abgesehen davon, dass sie dreckige Mistkerle und sehr große Dummköpfe sind, sind sie auch noch gottverdammte Lügner. Es gibt praktisch nichts, was man zu ihren Gunsten sagen könnte, außer dass es keine anderen gibt. Sie führen uns aus einem Grund aus, aus einem einzigen: damit sie was trinken können. Zweitens, damit wir was trinken und auf ihre hinterhältigen Tricks reinfallen, wenn wir nach Hause kommen, aber hauptsächlich, damit sie was trinken können. Und genau da, Kleines, komme ich ins Spiel.«

Sie verschwand durch die Fliegentür, lief über den Hof und war im nächsten Augenblick wieder mit einem Korb zurück, in dem sich eine ansehnliche Zahl Flaschen befand. Sie stellte sie auf den Küchentisch und fuhr in ihrer Rede fort. »Das hier, der Gin und der Scotch, sind frisch vom Boot, besser als alles, was er in den letzten Jahren getrunken hat. In den Gin brauchst du nur etwas Orangensaft zu mischen, schon hast du einen tollen Cocktail. Pass auf, dass du ihn genügend mit Eis verdünnst. Das hier, der Wein, ist bloß ein kalifornischer, aber das weiß er nicht, und der Tropfen ist in Ordnung, verlass dich drauf. Der Trick ist folgender, Kleines. Geh mit dem Wein richtig um, und das teure Zeug wird ewig reichen. Füll ihn ab damit – so viel er will und noch ein bisschen mehr. Er kostet dreißig Cent den Liter, ein halber Cent für das schöne französische Etikett, und je mehr er davon trinkt, desto weniger Scotch will er haben. Hier hast du drei Flaschen Roten und drei Weißen, einfach, weil ich dich liebe und will, dass du wieder in Ordnung kommst. Mit Fisch, Huhn und Pute servierst du ihm Weißwein, und bei rotem Fleisch gibst du ihm Rotwein. Was gibt es denn heute Abend?«

»Wer sagt denn, dass ich was dahabe?«

»Also, müssen wir das noch mal durchkauen? Mein liebes Kleines, wenn du mit ihm ausgehst und er dich einlädt und du was trinkst und nach Hause kommst, und irgendwas passiert, was dann?«

»Mach dir keine Sorgen. Es wird nichts passieren.«

»Ach, irgendwas passiert immer. Wenn nicht heute Abend, dann irgendwann sonst. Denn wenn es nicht passiert, wird er das Interesse verlieren und kommt nicht mehr vorbei, und das willst du doch nicht. Und wenn es passiert, ist es Sünde. Es ist Sünde, weil du eine Grüne Witwe und leichtfertig bist. Und er hat schon bezahlt, denn er hat dich ausgeführt, und somit ist er quitt.«

»Muss ja einen schlimmen Charakter haben, mein Wally.«

»Den gleichen Charakter wie sie alle, nicht besser und nicht schlechter. Aber – wenn du sein Essen bezahlst und es ihm auf deine unvergleichliche Art zubereitest und du in deiner kleinen Schürze niedlich aussiehst, und irgendwas passiert, dann ist das Natur. Die gute alte Mutter Natur, Kleines, und wir alle wissen, Mutter Natur ist kein loses Ding. Denn diese Grüne Witwe ist in ihre Küche gegangen, wo alle Frauen hingehören, und schon ist alles wieder in Ordnung. Und Wally hat nicht bezahlt, nicht das kleinste bisschen. Er hat nicht mal nach dem Preis für die Fritten gefragt. Er wird es schon rausfinden. Und außerdem – so geht es schneller, und das letzte Mal, als wir gesprochen haben, hast du mit dem Rücken zur Wand gestanden, und die Zeit hat gedrängt. Wenn du es richtig anstellst, wird sich deine finanzielle Lage innerhalb einer Woche erheblich verbessert haben, und innerhalb eines Monats wird er dich anflehen, ihm eine Chance zu geben, die Scheidung zu bezahlen. Die andere Variante – erst die Tour durch seine Stammkneipen machen –, das könnte dich fünf Jahre kosten, und selbst dann kannst du dir nicht sicher sein.«

»Du glaubst, ich will mich aushalten lassen?«

»Ja.«

 

Danach dachte Mildred erst einmal nicht mehr an Wally, jedenfalls bemerkte sie nicht, dass sie an ihn dachte. Nachdem Mrs. Gessler gegangen war, ging sie in ihr Zimmer und schrieb ein paar Briefe, vor allem einen an ihre Mutter, schilderte ihr die Lage, in der sie sich jetzt befand, und erklärte ausführlich, warum sie im Augenblick keine Anker verkaufen könne. Dann flickte sie einige von den Kindersachen. Doch gegen vier Uhr, als es zu regnen begann, stellte sie den Nähkorb beiseite, ging in die Küche und schaute nach, was sie im Hause hatte, von den drei, vier Orangen für das Frühstück der Kinder bis zu dem Gemüse, das sie gestern eingekauft hatte. Sie roch lange an dem Huhn, um sicherzugehen, dass es noch gut war. Den Liter Milch nahm sie vorsichtig, ohne zu schütteln, aus dem Kühlschrank, dann schöpfte sie mit einem kleinen Löffel, der für Salz bestimmt war, den dicken Rahm ab und tat ihn in eine Glaskanne. Dann öffnete sie ein Glas Blaubeeren und machte einen Obstkuchen. Während dieser im Ofen war, füllte sie das Huhn. Gegen sechs Uhr bereitete sie den Kamin vor, mit leichten Gewissensbissen, weil das meiste Holz aus den abgestorbenen Ästen bestand, die Bert von den Avocadobäumen abgesägt hatte an dem Nachmittag, als er ging. Sie schichtete das Holz nicht im Wohnzimmer auf. Das tat sie im »Kaminzimmer«, das auf der anderen Seite des Wohnzimmerkamins lag und eine eigene kleine Feuerstelle hatte. Eigentlich war es eins von den drei Schlafzimmern und hatte ein eigenes Bad, doch Bert hatte es mit einem Sofa und bequemen Stühlen ausgestattet und mit Fotografien von den Festessen dekoriert, auf denen er gesprochen hatte. Hier pflegten sie ihre Gäste zu bewirten. Das Feuer brauchte nur noch entfacht zu werden. Sie ging ins Schlafzimmer und nahm ein gemustertes Kattunkleid aus dem Schrank, das beste, das sie hatte. Sie untersuchte eine Menge Strümpfe, fand zwei, die keine Laufmaschen hatten, und zog sie an. Ihre Schuhe waren in gutem Zustand, weil sie sorgsam mit ihnen umging, und sie zog schlichte schwarze an. Dann, nachdem sie sich im Spiegel betrachtet und ihre Beine bewundert hatte, nicht ohne im letzten Moment noch das rechte Knie anzuwinkeln, warf sie eine Jacke über und ging ins Kaminzimmer. Etwa zehn vor sieben legte sie die Jacke ab und stellte die Heizung an. Dann ließ sie die Jalousien herunter und schaltete ein paar Lampen ein.