Miss Bayles und der Mord am Professor - Ein Fall für China Bayles 3 - Susan Wittig Albert - E-Book
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Miss Bayles und der Mord am Professor - Ein Fall für China Bayles 3 E-Book

Susan Wittig Albert

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Beschreibung

Der Tod geht um im idyllischen Texas. Der humorvolle Krimi »Miss Bayles und der Mord am Professor« von Susan Wittig Albert als eBook bei dotbooks. Eigentlich will Miss Bayles in Pecan Springs einfach nur entspannt ihren frühzeitigen Ruhestand genießen – da wird die sonst so friedliche Kleinstadt von einem Todesfall erschüttert. Als ein Biologieprofessor der örtlichen Universität ermordet wird, präsentiert die Polizei sogleich eine Hauptverdächtige: Dottie Riddle, eine Kollegin des Toten, ist den Gesetzeshütern mit ihren militanten Tierschutzaktionen schon lange ein Dorn im Auge – und der Tote war bekannt für seine Tierversuche … Aber ist Dottie deshalb auch eine Mörderin? Miss Bayles hält den neuesten Ermittlungserfolg der eilfertigen Sheriffs für ausgemachten Humbug und beschließt einmal mehr, sich selbst auf die Suche nach dem wahren Mörder zu machen … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Cosy-Krimi »Miss Bayles und der Mord am Professor« ist der dritte Band zur amerikanischen Erfolgsserie von Susan Wittig Albert, die Fans von Laura Childs und M.C. Beaton begeistern wird. Alle Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Über dieses Buch:

Eigentlich will Miss Bayles in Pecan Springs einfach nur entspannt ihren frühzeitigen Ruhestand genießen – da wird die sonst so friedliche Kleinstadt von einem Todesfall erschüttert. Als ein Biologieprofessor der örtlichen Universität ermordet wird, präsentiert die Polizei sogleich eine Hauptverdächtige: Dottie Riddle, eine Kollegin des Toten, ist den Gesetzeshütern mit ihren militanten Tierschutzaktionen schon lange ein Dorn im Auge – und der Tote war bekannt für seine Tierversuche … Aber ist Dottie deshalb auch eine Mörderin? Miss Bayles hält den neuesten Ermittlungserfolg der eilfertigen Sheriffs für ausgemachten Humbug und beschließt einmal mehr, sich selbst auf die Suche nach dem wahren Mörder zu machen …

Über die Autorin:

Susan Wittig Albert wuchs in dem kleinen Städtchen Bismarck, Illinois auf und zog zum Studium nach Berkeley, Kalifornien. Nach einigen Jahren Lehrtätigkeit als Englischprofessorin in New Orleans und Austin konzentrierte sie sich komplett auf das Schreiben ihrer Romane. Susan Wittig Albert erreicht mit ihren Büchern regelmäßig die New York Times-Bestsellerlisten.

Bei dotbooks erscheinen die folgenden Romane aus ihrer Cosy-Krimi-Reihe »Ein Fall für China Bayles«:

»Miss Bayles und die tote Nachbarin«

»Miss Bayles und die Nacht der Toten«

»Miss Bayles und der Mord am Professor«

»Miss Bayles und die üblichen Verdächtigen«

***

Aktualisierte eBook-Neuausgabe Mai 2021

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1995 unter dem Originaltitel »Hangman's Root« bei Scribner's, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 1998 unter dem Titel »Kopf in der Schlinge« bei Knaur

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1995 by Susan Wittig Albert

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1998 Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München

Copyright © der aktualisierten Neuausgabe Mai 2021 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / f11photo / Yellowj sowie © Pixabay / DarkmoonArt_de / PubliKado / tracourt

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (CG)

ISBN 978-3-96555-449-7

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Susan Wittig Albert

Miss Bayles und der Mord am Professor

Kriminalroman

Aus dem Amerikanischen von Sibylle Schmidt

dotbooks.

Anmerkung

Dieser Roman spielt in der fiktiven Stadt Pecan Springs in Texas. Auch die Central Texas State University ist frei erfunden. Leser, die das texanische Hill Country kennen, sollten Pecan Springs nicht mit realen Städten wie San Marcos, New Braunfels, Wimberley oder Fredericksburg verwechseln und die CTSU nicht mit einer der dort ansässigen Universitäten. Die Figuren und Ereignisse in diesem Buch wurden von der Autorin zum Vergnügen der Leser geschaffen. Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Begebenheiten sind nicht beabsichtigt.

Kapitel 1

»Warum lasse ich mich bloß immer breitschlagen, bei so was mitzumachen?« Ich mußte fast brüllen, um das Festgetöse zu übertönen. »Das muß doch eine Persönlichkeitsstörung sein.«

McQuaid grinste. »Das denken die Schlangen vermutlich auch.« Er wandte sich einem breitschultrigen Texaner zu, dessen Weste, Hosenträger und Stiefel aus Klapperschlangenhaut gefertigt waren. »Macht drei Dollar.«

»Schlangen können nich denken«, sagte der Texaner. »Die habn kein Grips.«

Sein Kumpel trug eine rote Kappe mit dem Schild nach hinten. »Und keine Füße», sagte Rotkappe und blätterte drei schmuddlige Scheine hin. »Wenn was keine Füße hat, trau ich ihm nich übern Weg.«

Die beiden lachten dröhnend, als sie der Kasse den Rücken kehrten und zur Zuschauertribüne stapften. Dort hatten sich schon ein paar Hundert Leute eingefunden, um Bier zu trinken, Hot dogs zu mampfen und die Klapperschlangen anzugaffen, die in einem drei Quadratmeter großen Glaskasten in der Mitte der Arena herumwimmelten. Was hier stattfand, war die jährliche Meisterschaft im Klapperschlangeneinsacken, ein Ereignis, bei dem sich alle prächtig amüsierten – nur die Klapperschlangen nicht.

Klapperschlangeneinsacken ist eine Sportart, die in Texas erfunden wurde. Mitspieler sind ein Einsacker, ein Fänger und ein Dutzend lebende Klapperschlangen in einem gläsernen Pferch. Die Schlangen werden aus einem Sack auf den Boden geschüttet. Der Einsacker schnappt sich eine Schlange, indem er sie mit einem Eisenhaken fängt, den Kopf auf den Boden drückt, sie mit bloßen Händen packt und sie in den Sack stopft, den der Fänger bereithält. Nach drei Runden wird das Team, das seine Klapperschlangen am schnellsten eingesackt hat, zum Sieger erklärt. Es gibt fünf Sekunden Strafzeit, wenn man die Schlangen nicht richtig auf den Boden drückt oder sie nicht richtig hochreißt. Wer sich beißen läßt, kriegt zehn Strafsekunden. Fünfundsiebzig Dollar müssen für den Krankenwagen hinterlegt werden.

»Drei-sieben Komma drei-neun Sekunden!« grölte der Ansager ins Mikro. »Hey, Leute, schnallt ihr nicht, daß die Jungs und Mädels da draußen Kopf und Kragen riskieren? Laßt hören, wie super ihr sie findet!« Markerschütterndes Pfeifen, Geheule und Getrampel ließ darauf schließen, daß die Zuschauer die Jungs und Mädels ganz grandios fanden. Dieser Meinung konnte ich mich nicht anschließen.

»Sag mir noch mal, warum wir das halbe Wochenende hier herumhängen«, knurrte ich. »Ich hab's vergessen.«

McQuaid riß eine Eintrittskarte von der Rolle und reichte sie einer kleinen fetten Frau. Sie trug ein blaues T-Shirt, auf dem eine Klapperschlange abgebildet war, die sich um die roten Umrisse von Texas wand. Darunter stand »Hill Country Schlangendompteure«. Ich fragte mich, ob sie selbst Schlangendompteur war oder das T-Shirt von ihrem Mann geliehen hatte. In jedem Fall hätte es mich interessiert, ob ihre Versicherung über ihr Hobby Bescheid wußte.

»Ich weiß nicht, weshalb du das tust, China«, antwortete McQuaid, »aber ich mach es, um Geld für ein Dialysegerät aufzutreiben.« Er warf mir einen überlegenen Blick zu. »Um meinetwillen brauchst du dich nicht hier aufzuhalten.«

Es war wirklich kein Vergnügen. Schlangen sind keineswegs meine Lieblingstiere. Ich versuche nach Kräften, ihnen aus dem Weg zu gehen, und hoffe inständig, daß sie mir den Gefallen auch erweisen. Aber von meinen persönlichen Gefühlen abgesehen, finde ich es irgendwie barbarisch, wenn zwei Männer Schlangen in einen Sack stopfen und Hunderte von Leuten dazu begeistert kreischen und johlen und darauf lauern, daß endlich einer Pech hat und die Rücklage für den Krankenwagen einbüßen muß.

In Wirklichkeit haben die Schlangen Pech. Da liegen sie nach dem kalten Winter friedlich auf einem warmen Felsen und sonnen sich, und plötzlich taucht ein Klapperschlangenfänger auf. Ehe sie sich's versehen, spielen sie eine Hauptrolle in der Einsackolympiade. Doch Ruhm ist flüchtig, und in der Schlangenfabrik in Waco haben sie ihren letzten Auftritt. Für ein Pfund Lebendgewicht gibt es vier Dollar. Aus den Häuten werden Gürtel, Stiefel, Hutbänder und Brieftaschen hergestellt, aus den Rasseln, Köpfen und Knochen Schlüsselringe und Schmuck und aus dem Fleisch Gourmethappen. Nicht mal die Innereien werden weggeschmissen. Für die pulverisierte Gallenblase kriegt man im Orient dreitausend Dollar pro 3o Gramm, denn sie wird dort als Aphrodisiakum geschätzt. Nach ein paar Runden Einsacken sympathisierte ich mit den Tierschützern, die auf dem Parkplatz auf und ab marschierten und Schilder hochhielten, auf denen beispielsweise ›Die Schlangen amüsieren sich nicht‹, ›Grausamkeit ist uncool‹ und ›Eine Stimme für die Wehrlosen‹ stand. Sie hatten recht. Ich mußte entweder die Stimme erheben für die Schlangen oder verschwinden. Andrerseits war der Grund für meine Anwesenheit auch noch da – groß, dunkelhaarig und auf die richtige Art nicht zu schön. Er trug Jeans und ein blaues Arbeitshemd mit aufgerollten Ärmeln und hörte auf den Namen Mike McQuaid.

Ich habe McQuaid vor fünf oder sechs Jahren kennengelernt, als er bei der Mordkommission in Houston und ich als Verteidigerin für eine Kanzlei arbeitete, die hohe Tiere rauspaukte, wenn man sie bei krummen Dingern erwischte. Vor vier Jahren war mir die Lust vergangen. Ich ließ mir meine Lebensversicherung auszahlen, kehrte dem hektischen Leben den Rücken und fand mich unversehens in Pecan Springs wieder, einem stillen Städtchen auf halber Strecke zwischen Austin und San Antonio am Rande des texanischen Hill Country. Ich erwarb einen Kräuterladen in einem alten Haus, bezog die Räume dahinter, stellte mich bei meinen Nachbarn vor, freundete mich mit einigen Leuten an und machte mich daran, in aller Ruhe zu ergründen, ob was dran ist an dem Gerücht, daß eine Spitzenkarriere nicht der einzige Weg zu Glück und Erfolg ist.

Ungefähr ein Jahr später fand sich McQuaid ein. Er hatte seine Polizeimarke gegen einen Doktor und seine Stelle bei der Mordkommission gegen einen Job als Dozent für Kriminologie an der Central Texas State University in Pecan Springs eingetauscht. Wir brauchten nicht lange, um dahinterzukommen, daß wir uns mit einer schlichten Freundschaft nicht zufriedengeben konnten. Doch wir gehen es gelassen an – ich jedenfalls. Bis ich McQuaid begegnete, hielt keine Beziehung bei mir länger als drei Monate, und ein Ehering kam überhaupt nicht in Frage. Während andere Frauen auf die biologische Uhr starrten wie das Kaninchen auf die Schlange, gab ich meiner Karriere Gas.

McQuaid lehnte sich an den Tresen und ließ den Kronkorken von einem kalten Lone Star ploppen. »Wenn du zu Dottie willst, dann fahr doch, um Himmels willen«, sagte er. Dottie Riddle hatte mich für nachmittags eingeladen, um ihr neues Katzengehege zu besichtigen. Manche Leute retten alte Autos, andere Delphine und Wale. Dottie nimmt sich heimatloser Katzen an. In ihrem neuen Katzenhotel wohnen über hundert Katzen, und es gibt eine Warteliste. Ich kann Dotties Leidenschaft fürs Katzensammeln nur begrenzt nachvollziehen, aber das ändert nichts daran, daß ich sie als Mensch mag.

Ich schaute McQuaid an. »Es macht dir nichts aus, wenn ich gehe?«

»Herrje, nein.« McQuaid nahm einen Schluck von seinem Bier. »Es macht mir was aus, wenn du hier rumstehst wie jemand von der Tierschutzliga, der sich eine Verbrecherkartei anlegen will.«

»Ist zu offensichtlich, wie?«

»Du hast jeden, der 'ne Karte gekauft hat, angestarrt, als wolltest du ihm an die Gurgel.«

»Laß sie doch«, sagte Barry Hibler und trat ins Kartenhäuschen. »Drück ihr ein Schild in die Hand und schick sie raus auf den Parkplatz. Von diesen Leuten kann man nie genug haben.«

Ich glotzte ihn an. Mit seinem gelbrosa gestreiften Hemd und seinen violetten Shorts konnte man Barry eher für einen Cheerleader beim Schwulensportfest als für den Vorsitzenden des Klapperschlangenfanclubs und einen namhaften Immobilienmakler halten. »Sie legen Wert auf die Demonstranten?«

»Für den Werbeeffekt kannst du die nicht mit Klapperschlangen aufwiegen.« Barry zog die Geldschublade auf und legte ein Bündel Eindollarscheine hinein. »Habt ihr 'ne Ahnung, wie ich mich alljährlich ins Zeug lege, damit die auch bestimmt aufkreuzen?«

McQuaid lachte. »Sie stecken da also dahinter.«

»Darauf können Sie wetten«, sagte Barry. Er nahm einen Zehner und zwei Zwanziger aus der Schublade und steckte sie in die Tasche. »Sechs Wochen vorher telefonier ich rum, bis ich weiß, wer diesmal der Wortführer der Schlangenbeschützer ist. Ich teil ihnen das Datum mit und sag ihnen, daß die Leute vom Fernsehen da sein werden.« Er knallte die Schublade zu. »Dann ruf ich die Fernsehsender an und sag ihnen, daß sich Schlangenfänger und ‑schützer auf dem Parkplatz treffen. Letztes Jahr tauchte ein Kerl in einem schwarzen Trikot mit Leuchtknochen drauf und 'ner Spielzeugpistole auf. Auf seinem Schild stand ›Rettet die Klapperschlangen – killt die Fänger‹.« Er grinste breit. »Ich sag's euch, da war was los. Wir waren in Austin und San Antonio in den Sechsuhrnachrichten. Und in der Houston Post. Mein Cousin hat mir den Artikel geschickt.« Er seufzte bedauernd. »Schade, daß Leuchtknochen dieses Jahr nicht mit von der Partie ist. Mit dem hätten wir's ins Abendprogramm schaffen können.«

McQuaid zog eine Augenbraue hoch und warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Wie wär's, Bayles? Bißchen Leuchtfarbe werden wir schon noch auftreiben.«

Barry wurde eifrig. »He, genau, China. Wir könnten Sie mit 'nem ›Befreit die Schlangen‹- Schild ausstatten. Das bringt immer einen Lacher.«

Ich lehnte hastig ab, verabschiedete mich und überließ McQuaid und Barry ihren Schlangenwitzen. Auf dem Parkplatz marschierten ein paar Tierschützer mit Schildern in der Hand im Kreis herum und sangen. Ich erkannte Janine Nolan und Dan Matthews vom örtlichen Ableger der »Gesellschaft zur Verhinderung der Grausamkeit an Mensch und Tier«; die anderen Demonstranten schienen Studenten zu sein. Eine große Frau kam auf mich zu. Sie hatte rote Haare, die seitlich am Kopf kurz geschnitten waren und im Nacken in einem kleinen Zopf endeten, und große braune Augen. Irgendwie kam sie mir bekannt vor.

»Wir gehören zum VEUT«, sagte sie. »Verein für Ethik im Umgang mit Tieren.« Sie hätte es mir nicht mitteilen müssen. Ihr Button hatte die Ausmaße einer Untertasse. »Wir hoffen, daß Sie den Fanclub auch dazu auffordern werden, der Mißhandlung von Schlangen ein Ende zu setzen.« Sie hielt mir ein Flugblatt hin. »Und sagen Sie bitte den Fernsehsendern in Austin und San Antonio, daß sie Leute schicken sollen, die über unseren Protest berichten.«

Sie schien mir eine nette Person zu sein. Ich brachte es nicht übers Herz, ihr zu sagen, daß die Anwesenheit der VEUT-Aktivisten beim Klapperschlangenfanclub die Kasse klingeln ließ. Ich steckte das Flugblatt in meine Umhängetasche, stieg in meinen betagten blauen Datsun und fuhr los, wobei ich darüber nachsann, daß unsere Fähigkeit, anderen Lebewesen zuzusetzen, nur noch durch die Fähigkeit, unserer eigenen Art den Garaus zu machen, übertroffen wird. Wenn es nach mir ging, war ich zum allerletzten Mal bei der Klapperschlangeneinsack-Meisterschaft gewesen.

Kapitel 2

Auf dem Weg zu Dottie machte ich kurz bei »Thyme and Seasons« halt. Meine Freundin Laurel Wiley nimmt sich immer mal wieder des Ladens an, damit ich ausspannen kann. Heute war sie auch da. Und auch eine erkleckliche Anzahl Kunden, die in den Regalen stöberten und zwischen den Kräuterbeeten vor dem Geschäft herumstromerten.

»Wie läuft's?« fragte ich. Ich habe mich im Verdacht, daß ich die gleichen Schuldgefühle hege wie eine Mama, die ihr Kleinkind im Kindergarten abgibt, wenn ich meinen Laden jemand anderem überlasse.

»Prima«, sagte Laurel. Mit ganzem Namen heißt sie Laurel Walkingwater Wiley. Sie ist eine halbe Navajo und interessiert sich sehr für Kräuter und Ethnobotanik des Südwestens. »Bißchen zu prima, genaugenommen«, fügte sie hinzu und warf ihr dunkles Haar über die Schulter. »Im Moment ist es ziemlich ruhig. Aber vor ein paar Minuten war es so voll hier, daß die Leute sich kaum mehr rühren konnten. Ach ja«, sagte sie, »ungefähr vier Minuten bevor Constance Letterman kam, hatte ich das letzte Exemplar von dem neuen Kochbuch verkauft. Hast du noch welche?«

»Thyme and Seasons« ist ein kleiner Laden, und ich habe nirgendwo Platz für Lagerbestände. Das Kochbuch wurde in meinen Wohnräumen hinter dem Geschäft aufbewahrt, ebenso wie Säcke voller Kräuter und Gewürzmischungen und jede Menge Dinge, für die ich vorne keinen Platz hatte.

»Ich hol dir ein paar Exemplare«, sagte ich. »Was fehlt noch?«

Laurel reichte mir eine Liste. »Hast du dir mal überlegt, anzubauen?« fragte sie, dann lachte sie. »Vergiß es.« Sie wußte so gut wie ich, daß das Grundstück zu klein war für einen Anbau.

Ich glaube, daß alles zyklisch wiederkehrt. Als ich noch in der Kanzlei arbeitete, hatte ich nie Zeit. Die ersten Jahre, nachdem ich den Laden eröffnet hatte, fehlte es an Geld, und zwar ständig. Jetzt habe ich genug Geld, um mir ein bißchen Zeit zu erkaufen, doch nun herrscht Raumknappheit.

In dem Haus gibt es zwei Geschäfte, »Thyme and Seasons« und die »Crystal Cave« von Ruby Wilcox, der einzige Esoterik-Laden in Pecan Springs. In »Thyme and Seasons« wird jeder Quadratzentimeter genutzt. Von der Decke hängen Trockenkräuter, Knoblauch- und Chiliketten, Zwiebelzöpfe und Kränze. In den Holzregalen stehen dicht an dicht in Tüten verpackte Kräuter und Kräuterprodukte wie handgemachte Seifen, Naturkosmetika, Aromasäckchen, Ölfläschchen, schimmernde Flaschen mit Kräuteressig und Dufttees. In den Ecken und Körben findet man getrockneten Rainfarn und Schafgarbe, Hahnenkamm und Goldrute, Salbei und Jungfer im Grünen. An einer Wand steht ein Regal mit Büchern. Der Vorgarten ist ein Geflecht aus Beeten und Wegen, und die Holzregale vor dem Haus sind mit Kräutertöpfen bestückt. Es gibt keinen freien Winkel mehr, aber ich würde gern das Angebot erweitern.

Mir war schon seit einigen Monaten klar, daß der Laden an Raummangel litt, und mir fiel nur eine Lösung ein: Ruby Wilcox zu kündigen. Aber das kommt nicht in Frage. Ruby ist meine beste Freundin, und sie verdient ihren Lebensunterhalt mit dem Geschäft. Ich würde sie niemals vor die Tür setzen. Doch was bleibt mir sonst noch übrig? fragte ich mich, als ich die Bücher für Laurel hinter dem Sofa hervorkramte. Was kann ich bloß machen?

Aber heute war Sonntag, nicht der richtige Tag, um mir über dieses Problem den Kopf zu zerbrechen. Den Vormittag hatte ich beim Klapperschlangenrodeo verplempert, aber wenigstens den Nachmittag konnte ich noch teilweise mit Dottie verbringen.

»Ich komme eine halbe Stunde vor Ladenschluß wieder«, sagte ich zu Laurel, als ich die Bücher hinterm Tresen verstaute. Sie wandte sich von der Kasse ab und grinste mich kurz an. Ich verzog mich, einerseits zufrieden, weil viele Kunden in meinen Laden kamen, andrerseits unzufrieden, weil ich nicht genug Platz für sie hatte.

Als ich die schmale Asphaltstraße nach Falls Creek im Norden von Pecan Springs hinausfuhr, entspannte ich mich, vergaß die Arbeit und beglückwünschte mich dazu, daß ich die Betonwüste Houston hinter mir gelassen hatte und ins Hill Country gezogen war. In den Wäldern blühten die violetten Judasbäume und der grobblättrige Hartriegel. Die noch unbelaubten Äste der Hickorys und Ulmen zeichneten sich gegen den wasserblauen Nachmittagshimmel ah. Doch die frühen Märzregen hatten das Gras am Straßenrand sprießen lassen, und die gerüschten Wilden Karotten und flachen, silbrigen Rosetten, die bald zu blauen Lupinen erblühen würden, waren bestens gediehen. In ein paar Tagen würde der Frühling kommen und mit ihm die Monarchfalter aus Mexiko, die mit dem Südwind durch die Bäume schweifen, und die Kanadakraniche, die weit oben auf den Luftströmungen gen Norden fliegen.

Das Land, das so viel Schönheit hervorbringt, war in der Kreidezeit ein laues Meer voller Fische und Weichtiere gewesen, an dessen Ufern Dinosaurier entlangwanderten. So viel Leben, so viele Arten, von denen sich einige im gnadenlosen, rhythmischen Prozeß der Evolution verwandelt hatten und in einer unschuldigen, kosmischen Katastrophe zugrunde gegangen waren. Als ich an der großen Betonfabrik außerhalb der Stadt vorbeifuhr, kam mir der Gedanke, daß die Katastrophen, die unsere Spezies verursacht, nichts Unschuldiges an sich haben.

Die Häuser im Bezirk Falls Creek, in dem Dottie wohnt, stehen meist zurückgesetzt auf riesigen Grundstücken. Als ich in die San Gabriel einbog, sah ich links und rechts der Straße nur Briefkästen. Die Häuser selbst waren hinter Bäumen verborgen. Als ich schließlich vor Dotties Briefkasten an der Sycamore parkte, konnte ich hinter den Stechpalmen und Zedern nur die Umrisse des Hauses ausmachen. Es war eine langgezogene flache Ranch mit braunem Schindeldach, die Dottie zum Teil selbst gebaut hatte. Als ich die Veranda betrat, störte ich ein paar schlafende Katzen auf. Samantha, Dotties schwarze Lieblingskatze, erhob sich und begrüßte mich mit einem liebenswürdigen Schnüffeln. Aber Lieblinge sind bei Dottie etwas Relatives. Sie hat Hunderte von Lieblingen.

Dottie Riddle lehrt an der Central Texas State University in Pecan Springs. Sie ist dort die einzige Frau am biologischen Institut. Doch wenn man von Dottie spricht, steht nicht ihr Beruf im Vordergrund, sondern immer ihre persönliche Leidenschaft: Katzen. Schwarze, weiße, schwanzlose, Katzen mit Flöhen, Mutterkatzen mit kleinen Kätzchen, Katzen, die ein Heim brauchen. Seit fünf oder sechs Jahren hat Dottie alle Katzen gerettet, die sie in den Käfig locken konnte, den sie immer in ihrem Blazer herumfährt, zusammen mit Katzenfutter, Näpfen, einem Netz und Lederhandschuhen. Bis vor kurzem wohnten die Katzen in einem kleinen Drahtgehege hinter der Garage und im Haus, bis sie eine Familie für sie fand. Doch nicht jeder in Pecan Springs will eine Katze adoptieren, und die Ausgaben werden stetig mehr. Als Dotties Mutter starb und ihr etwas Geld hinterließ, baute sie fast im Alleingang ein schickes neues Gehege.

Ich kenne Dottie schon einige Jahre, und ich mag sie gern, doch ihre Besessenheit, was diese Tiere betrifft, ist ein großes Rätsel für mich. Sie ist eine intelligente, gebildete, emanzipierte und vernünftige Frau, die es zuläßt, daß ihr Leben von heimatlosen Katzen bestimmt wird. Ich kapier's einfach nicht.

Ruby schon. Grade erst hat sie mir gesagt, daß Dotties Leidenschaft nur eine andere Variante des Engagements ist, das Menschen lebendig macht. »Durch ihre Tiere wird sie menschlich«, sagte sie. »Versuch nicht, das zu ergründen. Freu dich doch einfach drüber.«

Und so wollte ich mich heute an Dotties nagelneuem, erstklassigem Holiday Hilton für Katzen erfreuen, in dem ihnen alle Annehmlichkeiten eines Luxushotels geboten wurden. Zu Ehren des Anlasses hatte ich Rosésekt und Limonen-Basilikum-Teekuchen für die Menschen und ein paar Katzenminzemäuse für die Vierbeiner mitgebracht.

Dottie kam in einem grauen Sweatshirt und farbverschmierten Jeans zur Tür. Sie trug ein rotes Kopftuch, unter dem einige graue Strähnen hervorsahen. Dottie ist stark gebaut und muskulös und wirkt, als könne sie richtig zupacken. Sie setzte eine orangefarbene Katze vom rechten auf den linken Arm und schüttelte mir die Hand. Ihr Händedruck war nicht von Pappe.

»Schön, daß du kommen konntest, China.« Ihre Stimme klang rauh. Sie ist eine starke Raucherin. Ihre Biologenkollegen halten sie für aggressiv und streitbar, aber ihre Studenten respektieren und verehren sie, obwohl sie kein Blatt vor den Mund nimmt. Sie wählen sie seit so vielen Jahren zur besten Lehrkraft bei den Naturwissenschaftlern, daß alle anderen am Institut sich nur noch schämen können.

Ich hielt den Sekt und die Katzenminze hoch. »Laß uns feiern.«

Dottie hat ein langes, schmales Gesicht, und ihr intensiver Blick läßt auf eine ungeduldige, kämpferische Natur schließen. Ich hatte den Eindruck, daß sie etwas beunruhigte, obwohl es sich bei ihr schwer sagen läßt, weil sie immer ziemlich skeptisch und grimmig aussieht. Sie hob die Katze hoch, die nur ein Ohr hatte. »Laß mich rasch Ariella spritzen, dann suche ich uns ein paar saubere Gläser.«

Ariella (was, wie ich mir habe sagen lassen, »Löwin Gottes« bedeutet) hatte offenbar keine Einwände gegen eine Spritze. Dottie nahm die Katze auf den Schoß und setzte ihr geschickt unter einer Hautfalte an der Schulter eine Injektion. Ariella sprang von ihrem Schoß und tappte entschlossen Richtung Küche.

»Insulin«, sagte Dottie und schwenkte die leere Spritze. »Ariella ist Diabetikerin.«

»Ist das nicht irrsinnig teuer?« fragte ich.

Dottie stand auf. »Doch, aber ich habe sie sehr gern. Sie ist mutig. Sie hat das Ohr verloren, als sie letztes Jahr ihren Wurf gegen einen Hund verteidigte. Und wenn ich das Geld nicht für sie ausgeben würde, würd ich's für die andern ausgeben.« Sie hustete. »Oder für Zigaretten.«

»Ich könnte ja jetzt behaupten, daß ich dir das schon immer gesagt habe.« Ruby und ich hatten Dottie letztes Jahr zu Weihnachten die Warnung des Gesundheitsministeriums geschenkt, gedruckt und schwarz gerahmt. Dottie hatte sie übers Klo gehängt.

Sie grinste. »Wenn du das tun würdest, würde ich dir sagen, du sollst dich um deinen eigenen Kram kümmern.«

»Deshalb sag ich's ja nicht.«

Ich folgte Dottie in die Küche, wobei ich den diversen Futternäpfen der Katzen ausweichen mußte, die im Haus wohnten und die sie ihre »Geliebten« nannte. Kann schon sein, daß sie ein bißchen spinnt. Aber wir haben alle unsere Ticks. Warum also nicht Katzen?

Kurz darauf wandelten wir mit Gläsern, Sekt und Teekuchen beladen zur Hintertür hinaus. Dottie schob eine getigerte Katze von einem Campingtisch, um Platz zu machen.

»Ich möchte dich etwas fragen«, sagte sie. Da war der Blick wieder. Etwas beunruhigte sie. »Aber erst zeige ich dir das Gelände.«

Zuerst bekam ich den neuen Anbau hinter der Garage zu sehen, der als Krankenstation und Quarantäneraum diente. Er war mit einem Edelstahlwaschbecken, einem Emailletisch und einem großen Vorratsschrank ausgestattet. In einem der Käfige, die dort standen, lag eine graue Katze auf einem Bett aus sauberem Zeitungspapier und leckte fünf Kätzchen.

»Die habe ich gestern hinter dem Wohnheim der Erstsemester gefunden.« Dotties Stimme klang hart. »Die Studenten werden ihrer Katzen überdrüssig und setzen sie aus, vor allem zum Semesterende.« Sie steckte einen Finger durchs Gitter, und die Katze leckte ihn ab. »Ich halte die neuen Katzen in diesem Raum so lange in Quarantäne, bis ich weiß, daß sie keine ansteckenden Krankheiten haben. Dann kriegen sie ihre Spritzen und ziehen ins große Gehege ein.«

»Wer ist dein Tierarzt?« fragte ich.

»Joanna Wagner in der Limekiln Road.« Dottie schloß den Schrank auf und zeigte mir die reichlich bestückten, säuberlich geordneten Regale. »Sie gibt mir immer wieder Proben umsonst und verkauft mir die Medikamente zum Selbstkostenpreis. Früher hat sie auch das Einschläfern übernommen, aber das mache ich jetzt selbst. Ich verabscheue es, aber es muß eben getan werden.«

Hinter der Krankenstation befand sich Dotties Katzenhotel. Mit Holzpfeilern und Draht hatte sie auf einer Betonplatte einen drei Meter hohen Käfig mit Blechdach gebaut. Er nahm die Hälfte des gesamten Grundstücks ein und enthielt Dutzende komfortabler Schlafkojen aus Sperrholz, einen Eßplatz mit einer Auswahl an Speisen, die auch das wählerischste Kätzchen zufriedenstellen konnte, eine Sandlatrine, die hinter einer Hecke verborgen war, um Intimität zu gewährleisten, und einen Spielplatz von der Güteklasse eines Vergnügungsparks. Und natürlich tummelten sich dort massenhaft Katzen. Sie spielten, aßen, putzten sich selbst und andere und schliefen. Einigen waren die Traumata des Lebens auf der Trebe noch anzumerken, doch die meisten wirkten gepflegt, heiter und zufrieden, weil sie endlich das Katzenparadies entdeckt hatten. Als wir das Tor öffneten und das Gehege betraten, nahmen sie Dottie mit erfreuter Lässigkeit zur Kenntnis und übersahen mich geflissentlich. Ich war nur Zaungast.

Als ich die Katzenminzemäuse auslegte, wurden sie etwas lebhafter. Auf vorsichtiges Beschnüffeln folgte ein wildes Tohuwabohu, das schließlich in eine waschechte Balgerei ausartete. Sie haschten nach den Mäusen, rieben ihre Gesichter an ihnen und rollten ausgelassen auf ihnen herum. »Ich habe mich schon immer gefragt, was es mit Katzenminze auf sich hat«, sagte Dottie und beobachtete das Treiben. »Wieso führen sie sich so närrisch auf?«

»Aufgrund der Gene«, antwortete ich. »Fast alle Katzen reagieren auf die ätherischen 01e in den Blättern, sogar die Großkatzen wie Löwen und Tiger. Aber nur zwei Drittel haben die genetische Veranlagung, dann auszurasten.«

»Vielleicht sollte ich welche anpflanzen«, sagte sie. »Ich fürchte bloß, daß die Hauskatzen sie mir zerpflücken werden.«

»Wenn du Pflanzen ziehst, ja«, sagte ich. »Aber wenn du Samen aussäst, werden sie sie wahrscheinlich nicht beachten. Du kannst welche von mir haben.«

Dottie bückte sich, um einen Wasserspender einzustellen. »Ist es noch zu irgendwas anderem gut, außer Katzen high zu machen?«

»Aus den Blättern kannst du Tee kochen, der beim Entspannen vorm Schlafengehen hilft und gegen Husten und Magenverstimmung. Früher haben die Leute die Blätter auch gegen Zahnschmerzen gekaut.« Ich grinste. »Aber du solltest zusehen, daß deine Feinde nicht an die Wurzeln rankommen.«

»Ach ja?« Dotties Lachen klang etwas gepreßt. »Was würde passieren, wenn ich sie in die Kaffeekanne bei uns auf der Etage stecke? Wären alle vergiftet?«

Ich schüttelte den Kopf. »Das nicht. Der Überlieferung nach sind die Leute dann regelrecht knülle. Angeblich soll die Wurzel aus den sanftesten Menschen Berserker machen. Deshalb haben sich die Henker im siebzehnten Jahrhundert eine Tasse Wurzeltee gebraut, bevor sie zur Tat geschritten sind. Was der Pflanze den Beinamen ›Henkerswurz‹ eingebracht hat.«

Dottie gab ein kehliges Geräusch von sich. »Die Typen bei mir im Fachbereich brauchen keine Henkerswurz. Das sind sowieso Berserker.« Ich hatte nicht den Eindruck, daß sie das witzig meinte.

Ich trat beiseite, um einer vornehm wirkenden weißen Katze Platz zu machen, die dabei war, eine der Katzenminzemäuse k.o. zu schlagen. »Nur mal so aus Neugierde: Was meinst du, wie viele Katzen du im Lauf der Jahre gerettet hast?«

»Nicht genügend.« Dottie nahm ein zerrauftes schwarzes Kätzchen hoch und drückte es ans Gesicht. »Wußtest du, daß ein Paar fortpflanzungsfähige Katzen und ihr Nachwuchs in sechs Jahren über siebzigtausend Kätzchen in die Welt setzen können?«

Ich starrte sie fassungslos an. »Siebzigtausend?«

»Ja. Die Natur ist unglaublich fruchtbar.« Sie hielt das Kätzchen grinsend hoch. »He, gäbe der Kleine hier nicht einen prima Kräuterladenkater ab?«

»Danke«, sagte ich hastig. »Mein Bedarf an Haustieren ist gedeckt.« Und zwar mit einem einzigen. Einem hochnäsigen siamesischen Kater, der es mir gestattet, in seinem Haus zu wohnen, unter der Bedingung, daß ich montags, mittwochs und freitags gehackte und leicht gekochte Hühnerleber serviere. Sein einstiger Besitzer hatte ihn Pudding genannt. Als er zu mir stieß, wurde er zu Cat. Dann wandte Ruby ein, daß der Name für Seine Hoheit zu schmucklos sei, und ich taufte ihn Khat.

»Haustiere?« Dottie klang verärgert. »Also weißt du, China. Katzen sind Gefährten, keine Haustiere.« Sie setzte den kleinen Kater vor einem Futternapf ab und öffnete mir das Tor. »Ich will dir ja nicht zu nahetreten«, fügte sie hinzu, »aber das ist auch ein anthropozentrisches Wort. Genaugenommen, sind wir ihre Gefährten.«

Ich fühlte mich zurechtgewiesen, wußte aber, daß sie recht hatte. Khats Weltsicht ist denkbar schlicht: Gott ist eine Katze, der Teufel ist ein Hund, und Menschen sind praktisch, weil wir sie kraulen können und Geld haben, mit dem man Hühnerleber kaufen kann.

Dottie schloß das Tor hinter uns. »Das neue Gehege ist zwar schön«, erklärte sie, als wir zu dem Campingtisch zurückspazierten, »aber nicht annähernd groß genug. Da ist nur Platz für hundertfünfzig Tiere. Ich habe noch etwas Geld vom Erbe meiner Mutter übrig, und damit werde ich das Grundstück nebenan kaufen. Ich habe schon ein Angebot gemacht. Aber für Bauten und Betriebskosten reicht das Geld nicht mehr. Deshalb werde ich eine Stiftung zur Rettung von Katzen ins Leben rufen – die Ariella-Stiftung.«

Ariella, Löwin Gottes, Schutzheilige heimatloser Katzen. Ich mußte lächeln. »Paßt gut«, sagte ich und schenkte uns Sekt ein. »Auf die Ariella-Stiftung.« Wir hoben unsere Gläser. Ich trank einen Schluck und blickte über den Zaun auf das Haus jenseits des unbebauten Grundstücks. »Wie steht's mit den Nachbarn? Wie ist das Gebiet aufgeteilt?«

Dottie stellte ihr Glas ab und nahm sich eine Zigarette aus einem Päckchen, das auf dem Tisch lag. »Falls Creek ist nicht eingemeindet, und es gibt keine Übertragungsrechte, die mich daran hindern könnten, anzubauen.« Sie riß ein Streichholz von einem Briefchen und zündete sich die Zigarette an, indem sie die Hand vor die Flamme hielt, wie es sonst Männer machen. »Aber damit hat auch meine Frage zu tun.«

»Mit einem Nachbarn?« mutmaßte ich.

Sie stützte sich mit den Ellenbogen auf den Tisch und stieß eine blaue Qualmwolke aus. »Ja. Miles Harwick. Da drüben.« Sie wies mit dem Kopf auf das Haus, das mir aufgefallen war. »An der Uni hat er auch noch das Büro mir gegenüber. Ich weiß nicht, was ichschlimmer finde.«

»Harwick. Hab ich nicht kürzlich was über den gelesen?« In den letzten Wochen hatte der Pecan Springs Enterprise immer wieder über die Tierversuche eines Uniprofessors berichtet. Im Austin American Statesman war auch ein Artikel erschienen, und auf Channel 7 hatten sie einen Beitrag in den Nachrichten gebracht.

»Irgendwer hat heimlich die Presse über seinen neuesten Versuch informiert.« Dottie wirkte bitter. »Er will nächste Woche hundert Meerschweinchen in einer Zugvorrichtung aufhängen, die ihren Hintern vom Boden hochreißt. Nach neunzig Tagen will er sie schlachten und messen, welche Auswirkungen das auf die Knochenstruktur hat. Damit sollen angeblich neue Erkenntnisse über die Folgen der Schwerelosigkeit gewonnen werden.«

Ich runzelte die Stirn. »Als Meerschweinchen könnte ich mir was Besseres vorstellen. Aber wenn Harwick dabei wichtige neue Einsichten gewinnt ...«

»Tut er aber nicht.« Dottie stieß heftig den Rauch aus. »Gegen notwendige und sinnvolle Tierforschung habe ich nichts einzuwenden, aber damit hat das nichts zu tun. Außerdem ist das nicht Aufgabe unserer Fakultät. Wir sollen lehren, nicht uns mit irgendwelchen exotischen Experimenten hervortun. Deshalb bin ich auch gegen das Tierlabor.«

Ich gluckste. »Castles Kastell?« Ich hatte etwas darüber in der Zeitung gelesen. Frank Castle war Direktor des biologischen Instituts und eifrigster Befürworter des geplanten Gebäudekomplexes für die Naturwissenschaften, zu dem auch ein ultramodernes Tierlabor gehören sollte, das ein paar Millionen Dollar kosten würde – was für eine kleine Universität eine gewaltige Summe war. Vor einem Jahr hatte die Verwaltung beschlossen, das alte Noah Science Building – gemeinhin bekannt als »Arche Noah« – einzureißen und auf dem Grundstück ein neues Gebäude zu errichten. Die »Gesellschaft zur Verhinderung von Grausamkeit gegen Mensch und Tier«, im Volksmund die »Humanen« genannt, begann sofort, kritische Fragen zu stellen, und das Projekt wurde aufgeschoben.

Dottie nickte. »Genau. Castles Kastell. Die Grünen und die Humanen gehen gemeinsam dagegen vor. Die Ökos vertreten den Standpunkt, daß der Komplex sich negativ auf die Umwelt auswirken wird, und die Humanen sagen, daß er nur überflüssige Experimente wie diese absurde Studie von Harwick fördern wird.«

»Was stimmt nicht mit dem Versuch? Mal abgesehen davon, daß Tiere daran beteiligt sind?«

»Er ist hirnrissig.« Dotties Gesichtsausdruck war verächtlich. »Die Hypothese ist falsch. Was kannst du denn über Schwerelosigkeit in einer Umgebung erfahren, in der du die Schwerkraft nicht ausschließen kannst? Außerdem hat die NASA bereits Langzeitstudien an Astronauten gemacht. Das Experiment ist also nicht nur im Ansatz unrichtig, sondern auch überflüssig. Kein seriöser Wissenschaftler tötet Tiere für eine nutzlose Untersuchung. Ich habe schon eine Beschwerde beim KAL eingereicht.«

KAL?« Was Akronyme betrifft, sind Universitäten so schlimm wie die Regierung.

»Das Komitee zur Aufsicht über Labortiere.« Sie schnaubte. »Ein Haufen alter Knaben mit Stempeln – der ›Segnest du mein Protokoll ab, segne ich deins ab‹-Club.« Sie zog gierig an ihrer Zigarette. »Sie untersuchen meine Beschwerde. Behaupten sie zumindest. Aber das kann man vergessen. Sie werden sich auf Harwicks Seite schlagen. Alte Knaben halten zusammen.«

Ich sah Dottie forschend an. Ärger, Frustration und Wut standen ihr ins Gesicht geschrieben. Ich fragte mich, ob noch etwas anderes dahintersteckte. »Wieso macht Harwick dann diesen Versuch?«

Sie klang trocken. »Mit Wissenschaft hat es jedenfalls nichts zu tun. Castle hat eine neue Devise ausgegeben: Jeder sollte pro Jahr eine Förderung einfahren. Diejenigen, die Gelder von außen beschaffen, kriegen auch die Vorzüge – bessere Position, Gehaltserhöhung, ein, zwei Vorlesungen weniger. Wer keines besorgt, darf weiterschuften wie bisher. Und natürlich sind Castle und Harwick gute Kumpel. Castle wird schon dafür sorgen, daß Harwick alle Extras kriegt, die er haben will.«

Ich hatte Frank Castle vor ein paar Monaten bei einem Umtrunk der Kriminologen im Haus des Fachbereichsleiters Doktor Patterson, McQuaids Boß, kennengelernt. Castle war ein gutaussehender, elegant gekleideter Mann, was ich ziemlich ungewöhnlich fand. Die meisten Wissenschaftler, die ich kenne, scheren sich nicht um ihr Äußeres. Castle schien es jedoch sehr am Herzen zu liegen. Ich hatte insgesamt den Eindruck, daß er viel Wert auf Äußerlichkeiten legte, weshalb er wohl auch sein Institut anhielt, Förderungen zu ergattern. Der Leiter des Fachbereichs, der die meisten Forschungsgelder organisiert, ist der Liebling der Verwaltung.

Dottie goß sich noch ein Glas Sekt ein. »Und weißt du, China, es ist ziemlich komisch, wie alle, die etwas gegen Castle und Harwick sagen, benachteiligt werden. Wir kriegen mehr Sitzungen, mehr Beratungsstunden, mehr Kurse aufgebrummt und sehen weniger Reisegeld.« Sie schluckte den Sekt hinunter wie Limonade. »Das macht wirklich keinen Spaß. Es ist grotesk. Da läuft nichts mehr richtig.«

Ich schenkte ihr noch ein Glas ein. »Hast du schon mal überlegt, dir eine andere Stelle zu suchen? Biologinnen sind doch dieser Tage bestimmt sehr gesucht.«

»Ich habe eher darüber nachgedacht, wie ich Harwick einen Strick drehen kann. Wie ich dafür sorgen kann, daß der Mistkerl das kriegt, was er verdient.« Sie drückte ihre Zigarette aus. »Darüber wollte ich mit dir reden, China. Ich brauche Rechtsberatung.«

Ich seufzte und nahm mir noch einen Teekuchen. Einmal Jurist, immer Jurist. Unglücklicherweise fragen mich die Leute immer nach Dingen, von denen ich nicht das geringste verstehe – Steuerrecht oder Vermögensrecht zum Beispiel. Ich mußte mir selbst einen Anwalt nehmen, als ich Immobilien verkaufen wollte, die ich von meinem Vater geerbt hatte. Aber wenn mich einer nach Strafgesetz oder Strafprozeßordnung fragt, habe ich die Antworten parat. Obwohl ich heutzutage wohl ab und an auch passen müßte. Es sind einige Jahre vergangen, seit ich die Rolle gespielt habe, und ich habe mir alle Mühe gegeben, den Text zu vergessen. Ich hatte guten Grund, hinzuschmeißen. Ich war erschöpft und ausgebrannt und hatte es satt, für nichts Zeit zu haben außer Arbeit, und am Leben vorbeizuhasten. Ich bekam Angst, daß ich nie erfahren würde, wer ich wirklich war, solange ich mich ausschließlich als Juristin definierte. Und ich glaubte nicht mehr daran, daß unser Rechtssystem wirklich so funktioniert, daß allen recht geschieht. Doch das schlimmste war, daß ich den Unterschied zwischen Recht und Unrecht nicht mehr erkennen konnte. Ich mußte jede Meinung vertreten können, ob ich sie nun für richtig oder falsch, für gut oder böse hielt. Jeder Klient, ob er schuldig oder unschuldig war, hatte die beste Verteidigung verdient, denn er bezahlte dafür. Nach einer Weile kam ich mir vor wie ein Auftragskiller, der für jeden arbeitet, der löhnt. Ich hätte mir eine andere Kanzlei suchen oder auf einen anderen Zweig umsatteln können, aber ich hatte auch den Lebensstil satt. Ich habe es nie bereut, daß ich aufgehört habe. »In welcher Hinsicht?« fragte ich.

Aber Dottie hörte nicht zu. Eine graue Katze war auf ihren Schoß gesprungen und schnurrte laut. Sie nahm sie hoch und ging um den Zaun herum. Dann bückte sie sich und inspizierte eine Stelle hinter dem Austritt, an der ein Brett locker war.

»Ach, da bist du ausgerückt«, sagte sie ärgerlich zu der Katze. Sie schob sie durch den Zaun. »Rein mit dir, und benimm dich, hörst du?« Sie hielt das Brett mit einer Hand fest und drehte sich zu mir um. »China, könntest du mir vielleicht aus dem Schuppen den Hammer und ein paar Nägel holen?«

In einem Regal entdeckte ich eine Papiertüte voll blitzblanker Nägel und den größten Zimmermannshammer, der mir je untergekommen war. Der Stiel war so lang wie mein Unterarm, und der Kopf schien doppelt so schwer zu sein wie meiner. Ich schleppte ihn raus.

»Danke«, sagte Dottie. Sie nahm ein paar Nägel aus der Tüte und steckte sie sich zwischen die Lippen. Mit der linken Hand klemmte sie das Brett fest und plazierte den Nagel an der richtigen Stelle. Sie hatte ein enorm kräftiges Handgelenk. Man mußte ziemlich viele Nägel einschlagen, um es zu so einem Handgelenk zu bringen. »Dieses Problem«, sagte sie. Mit dem Hammer in der Rechten verpaßte sie dem Nagel vier gezielte Schläge. Im selben Rhythmus sprach sie. »Harwick – schickt – mir – Drohbriefe.« Ein letzter Schlag. »Anonym.«

Warum wunderte ich mich nicht? »Wenn sie anonym sind, woher weißt du dann, daß sie von ihm sind?«

Sie lehnte den Hammer an den Zaun und richtete sich auf. »Weil er ein Schwachkopf ist. Er benutzt den Laserdrucker im Fachbereich. Die Bildtrommel ist defekt. Sie hinterläßt einen Streifen am linken Rand der Seite. Alle seine Briefe haben sie.«

»Und warum kann es nicht jemand anders aus dem Fachbereich sein?«

Sie lachte höhnisch auf. »Es ist ziemlich umständlich, Briefumschläge auszudrucken, deshalb adressiert er sie per Hand. Er muß wirklich ein Vollidiot sein, wenn er glaubt, daß ich diese miese Handschrift nicht erkenne, nachdem ich jahrelang mit ihm in irgendwelchen Ausschüssen gesessen habe.«

Ich lehnte mich an einen Pfosten. »Und was steht in den Briefen?«

»Daß ich nichts mehr gegen das Labor unternehmen soll, sonst wären meine Katzen eines Tages tot. Alle.« Sie blickte bedrückt auf das Gehege, wo die Katzen sich immer noch wie wild um die Katzenminze balgten. »Er hätte es nicht allzu schwer. Er könnte ihr Futter oder ihr Wasser vergiften. Es gibt keine Möglichkeit, das zu verhindern, es sei denn, ich sitze hier von früh bis spät mit einer Knarre.« Sie sah mich an. »Ich hatte gehofft, daß du mir helfen könntest. Was kann ich tun?«

Ich setzte meine Juristenmiene auf. »Zunächst mußt du beweisen, daß die Briefe tatsächlich von ihm kommen. Dann bringst du sie zum Sheriff. Aber du hättest bessere Chancen, wenn er nicht nur den Katzen, sondern auch dir drohen würde. Tut er das?«

Sie schürzte die Lippen und dachte nach. »Bis jetzt nicht.« Sie schaute mich an. »Und wenn er sich nun wirklich hier herüberschleicht und den Katzen was antut?«

»Dann sieht's schon anders aus. Hausfriedensbruch. Von Tierquälerei ganz zu schweigen. Wenn es sich um mehrere Fälle handelt, kann das teuer werden. Das ist eine Straftat, für die es eine Geldstrafe von zweitausend Dollar und ein Jahr für jedes ...«

Hinter mir flog mit einem Knall das Tor auf. Als Dottie sprach, klangen ihre Worte wie Knirschen. »Was wollen Sie, Harwick?«

Ich drehte mich um. Miles Harwick war ein kleiner, dünner Mann mit einer gebogenen Nase und spärlichem Haar, das er sorgfältig arrangiert hatte, um die größer werdende Lücke auf seiner Stirn zu kaschieren. Er hatte die buschigsten Augenbrauen, die ich je gesehen hatte. In seinem Eifer stellte er sich auf die Zehenspitzen, was ihm einen gockelartigen Ausdruck verlieh. Dennoch war er einen Kopf kleiner als Dottie, und seine Arme und Handgelenke waren mager wie die eines Jungen. Er gab eine Art Krächzen von sich. »Von dieser roten Katze können Sie sich verabschieden, Riddle. Ich habe sie vor ein paar Minuten auf meinem Grundstück erwischt und ...«

»Rote Katze?« Dotties rauhe Stimme klang plötzlich schrill. »Sie wissen schon. Die magere, der ein Ohr fehlt.« Harwicks Nasenspitze senkte sich bis auf seine Oberlippe herab, wenn er sprach, und die Augen unter den Haarbüscheln glitzerten. Er strahlte etwas Verklemmtes aus, als hätten sich seine unterdrückten Triebe in eine pubertäre, trotzige Gemeinheit verwandelt, wie bei einem kleinen Jungen, der den Kopf auf den Boden schlägt, wenn er seinen Willen nicht bekommt. »Sie hat sich in meinem Garten herumgetrieben und die Katzenminze zerbissen, die ich gerade ...«

»Ariella!« brüllte Dottie. »Sie haben Ariella auf Ihr Grundstück gelockt!«

Die Augenbrauen wirkten selbstgefällig. »Das verdammte Ding hat meine Kräuter ruiniert. Hat nichts anderes verdient, als gefangen zu werden.« Jetzt nahmen die Brauen einen hinterhältigen Ausdruck an. »Und im übrigen, Riddle, habe ich vor, jede einzelne Katze einzufangen, die auf meinem Gelände herumschleicht, Sie sollten also besser ...«

»Sofort lassen Sie Ariella frei, Harwick!« sagte Dottie wutentbrannt. »In dieser Sekunde, haben Sie mich verstanden? Sie hat Zucker. Sie muß jeden Tag Insulin bekommen.«

»Im Leben nicht, Riddle. Ich habe mir die Falle von der Tieraufsichtsbehörde geliehen. Sie haben mir gesagt, daß ich das Recht habe, jede Katze, die sich auf meinem Grund und Boden herumtreibt, zu fangen und mich ihrer zu entledigen.«

Ich sah nicht, wie Dottie nach dem Hammer griff. Aber ich sah, wie sie damit ausholte. Ihre Sehnen glichen Stahlkabeln, und ich trat ihr instinktiv in den Weg. Harwick zog sich zurück und überlegte sich eine Entgegnung. Ich hoffte, daß er nichts Falsches sagen würde. Sonst würde Dottie sich womöglich ganz vergessen und ihm den Schädel einschlagen. Die Anklagepunkte schossen mir durch den Kopf: Nötigung, versuchter Totschlag, Mord.

Ich packte Dotties Arme und zwang sie nach unten. Es kostete mich einige Mühe. »Wir kriegen Ariella wieder«, sagte ich. »Aber nicht so. Glaub mir, Dottie. Die Welt wird nicht besser, wenn du ...«

»Wenn ich diesen Glatzkopf zu Brei schlage?« Dottie versuchte sich zu befreien. »Und wie sie besser wird!«

Ich verstärkte meinen Griff. Ich war im Grunde ihrer Meinung, doch darüber schwieg ich mich jetzt lieber aus. Ich verpaßte Harwick meinen bösartigsten Blick. »Wenn Sie einen Funken Grips haben, lassen Sie das Tier sofort frei. Sie haben schon zwei Anzeigen am Hals, und mir fallen auch noch mehr ein.«

Die Nasenspitze bebte. »Anzeigen?«

»Wegen Diebstahl, da Sie bereits zugegeben haben, daß die Katze Doktor Riddle gehört. Und wenn Sie der Katze ihre Medikamente entziehen, kriegen Sie eine Anzeige wegen Tierquälerei.«

Die Augenbrauen zeigten keinerlei Reue. »Ihre Drohungen sind mir einerlei.«

»Dann gehen Sie nach Hause und warten Sie auf den Sheriff«, sagte ich. »Und unterdessen behandeln Sie die Katze gefälligst, als sei sie Ihre nächste Anverwandte.«