Mit Achtsamkeit in Führung - Nadja Rosmann - E-Book

Mit Achtsamkeit in Führung E-Book

Nadja Rosmann

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Beschreibung

Die Autoren bieten einen Leitfaden, der Szenarien und Strategien für Achtsamkeit in Unternehmen entwickelt. Sie stellen Tools und erprobte Methoden vor, mit denen Unternehmen Meditation effektiv nutzen können – und zwar unter gängigen unternehmerischen Kriterien. Im Mittelpunkt des Buches steht ein umfangreicher Best- Practise-Teil mit konkreten Implementierungsstrategien für - das betriebliche Gesundheitsmanagement, - die Burnout-Prophylaxe bzw. -Behandlung, - die Führungskräfteentwicklung und - die persönliche Potentialentfaltung. Die Autoren sehen Meditation als systematisch einsetzbares Tool der Personal- und Führungskräfteentwicklung und verbinden Unternehmensinteressen mit methodischen Möglichkeiten rund um das Thema Achtsamkeit. Das Buch ist eine einzigartige Handreichung für Entscheider, Personaler und Trainer, die die Thematik auf Basis der aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse angehen wollen. Zuatzinformationen 80 Prozent der 36- bis 45-jährigen Arbeitnehmer stehen ständig unter Stress, so die Techniker Krankenkasse. Laut Zukunftsinstitut reagieren bereits viele dieser "Zermürbten" auf den wachsenden Druck, indem sie zu "Sinn-Karrieristen" werden und sich bewusst um ihre mentale Kraft und ihr gesundheitliches Wohlbefinden kümmern. Diese Entwicklung stellt Unternehmen vor die Frage, wie sie auf dieses Bedürfnis nach innerer Balance Antworten finden und dem um sich greifenden Burn-out konstruktiv begegnen können. In seinem neuen Buch "Mit Achtsamkeit in Führung" zeigt "PR-Papst" Paul J. Kohtes (Welt am Sonntag), wie Meditation zu einem strategischen Baustein für die Organisationsentwicklung werden kann. Selbst seit mehr als 30 Jahren der Meditationspraxis verbunden und heute vor allem als Führungskräfte-Berater und Zen-Lehrer engagiert, machte der erfolgreiche Unternehmer die von ihm gegründete Kommunikationsberatung Kohtes Klewes (heute Ketchum Pleon) zum Marktführer in Europa.

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Paul J. Kohtes/Nadja Rosmann

Mit Achtsamkeit in Führung

Was Meditation für Unternehmen bringt

Grundlagen, wissenschaftliche Erkenntnisse, Best Practices

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

© 2014 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag: Roland Sazinger, Stuttgart

Unter Verwendung eines Fotos von © pressmaster / fotolia

Gesetzt von Kösel Media GmbH, Krugzell

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-98387-6

E-Book: ISBN 978-3-608-10726-5

PDF-E-Book-ISBN 978-3-608-20247-2

Dieses E-Book entspricht der aktuellen Auflage der Printausgabe

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

TEIL IPerspektiven und Zugangswege

Einleitung

Meditation und Achtsamkeit: Methoden, Wirkungen, wissenschaftliche Befunde

Überblick über Hintergründe, Grundlagen und Methoden von Meditation

Formen und Wirkungen von Meditation

Wirkungen von Meditation aus Sicht der Wissenschaft

Medizinische Effekte, Gesundheitsmanagement

Konzentration, Achtsamkeit, Stressmanagement

Persönlichkeitsentfaltung

Positive Wirkungen von Meditation im berufsspezifischen Kontext

Leistungsfähigkeit, Krisenresistenz, Unabhängigkeit – berufsrelevante Fähigkeiten, die durch Meditation gefördert werden

Gesellschaftliche Bedeutung und Wirkung von Meditation, Stille und Einkehr

Perspektiven von Meditation in Unternehmen und in der Arbeitswelt

Einordnung in die betrieblichen Strukturen

Leadership, Resilienz, Potenzialentfaltung: Meditation als Entwicklungsressource für Führungskräfte und Mitarbeiter

Zugangswege zum Thema »Meditation«

Entwicklungsziele innerhalb der Mitarbeiterschaft

Unternehmenskultur und Wertehorizonte: Meditation im Spannungsfeld unternehmerischer Interessen und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen

Wertecluster im Business im Überblick

Werteherausforderungen – das Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Unternehmen und Mitarbeitern

Meditation in der Praxis: Settings im Business und Berufsleben

Szenarien für die Einführung von Meditation in Unternehmen

Systematische Integration von Meditation in den Unternehmensalltag

Strukturen und Integration: Der Wirkungsradius von Meditation in Unternehmen

Change-Management und Weiterentwicklung der Unternehmenskultur

Strukturelle Spannungsfelder und Organisationstransformation

Zwischenbilanz

Personelle Rahmenbedingungen für die Einführung von Meditation in Unternehmen

Gängige Qualifikationskriterien und Ausbildungswege

Businessspezifische Kompetenzen

TEIL IIBest Practices

Wege zur konkreten Umsetzung – Praxiserfahrungen

A. Führungskräfteentwicklung, Leadership, Potenzialentfaltung

Zen for Leadership – Ein Einstiegsprogramm für Führungskräfte

Performance, Impulsdistanz, Leadership – Internationales Programm mit Achtsamkeitsmethoden für Vertriebsmanager

»Achtsamkeit im Arbeitsalltag« – Modulares Allround-Training für Führungskräfte und Mitarbeiter

Gehmeditation als Schlüssel zu Leadership und Strategieentwicklung – Natur-Programme für Führungskräfte

Achtsamkeit im Einzelcoaching mit dem Schwerpunkt »Leadership und Potenzialentfaltung«

Förderung einer besseren Meeting-Kultur mit Achtsamkeits-Settings

Veränderungsmanagement, Kommunikation und Ethik wirksamer machen – Kurse an der Akademie für Führungskompetenz

Zen, Ethik, Leadership aus einer Haltung der Achtsamkeit heraus entwickeln – Weiterbildungen des Lassalle-Instituts

B. Gesundheitsmanagement, individuelle Prävention, Burn-out-Behandlung

Achtsamkeit durch Progressive Muskelentspannung als Pfeiler des Gesundheitsmanagements in der Öffentlichen Verwaltung

Zen-Meditation als Basis des betrieblichen Gesundheitsmanagements

Resilienz-Trainings zur Etablierung einer nachhaltigen Führungskultur bei der Sportmarke PUMA

Online-Glückstraining als Baustein der Gesundheitsvorsorge bei einer Versicherung

Gesundheitliche Prävention und Resilienz im Einzel-Coaching und für Gruppen am Beispiel des H.B.T. Human Balance Trainings

Achtsamkeit als Pfeiler bei der Behandlung von Stresserkrankungen im Rahmen des Oberberg-Therapiemodells

Ausblick

Literatur

Anmerkungen

Anhang

Meditationszentren

Ausbildungsangebote zum Thema Meditation und Achtsamkeit; Kontaktadressen

TEIL IPerspektiven und Zugangswege

Einleitung

Das hat es in der Geschichte des traditionsreichen Konzerns noch nicht gegeben: ein Explorations-Tag für die so genannte Generation Y. Das Ganze natürlich auf Englisch mit rund 100 Repräsentanten aus allen Konzernbereichen in ganz Europa. Fast die Hälfte der Teilnehmer ist unter 30 Jahre alt. Der sich verschärfende Wettbewerb um die besten Nachwuchskräfte für Führungspositionen hat den Vorstand auf die Idee eines solchen Selbstversuches gebracht. Der Konferenzbereich in der Konzernzentrale ist vollkommen auf Generation Y gestylt worden: Es gibt flippige Sessel, ein cooles Buffet, modernste Projektionstechnik und Diskussionen, ganz im Stil lockerer Talkrunden. Zwischendurch wird innegehalten und gemeinsam meditiert. Natürlich ist der Vorstandsvorsitzende mit dabei. »So etwas Lockeres und Offenes hat es bei uns noch nie gegeben«, staunt ein Bereichsleiter.

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Szenenwechsel: Börsenplatz Frankfurt. Flankiert von Bulle und Bär, rollen mehr als 200 Menschen ihre Yogamatten vor dem Eingang der Industrie- und Handelskammer aus. Inmitten der werktäglichen Geschäftigkeit erklingt sanfte Musik. Während Anzug tragende Geschäftsleute bei einem Coffee-to-go über die neuesten Marktentwicklungen debattieren, haben die Teilnehmer der Nachhaltigkeitskonferenz »KarmaKonsum« sich ihrer Jackets entledigt, die Ärmel hochgekrempelt und üben den Sonnengruß. Passanten fühlen sich angezogen von der Ruhe, die der YogaMob entfaltet, sie bleiben stehen, halten inne. In der Luft liegt ein besonderer Frieden – und ein Hauch von Selbstverständlichkeit.1

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Szenenwechsel: Ein Supermarkt in Göttingen. Kunden schieben ihre Einkaufswagen durch die Gänge, lassen ihre Blicke über das Angebot schweifen, einige wirken abwesend, andere gehetzt. Zwischen Kühltheken und Regalen mit Konservendosen bietet sich ein ungewöhnlicher Anblick: eine kleine Gruppe von Menschen, auf Papphockern sitzend, die Augen geschlossen, in Versunkenheit. »Stille ist Lebensmittel.Punkt« heißt die Aktion. Manche der Einkäufer bleiben neugierig stehen, andere setzen sich, ermutigt durch die Einladung des Meditationslehrers, auf einen der freien Hocker und probieren – vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben – aus, wie es ist, einfach mal nichts zu tun, innezuhalten, nur zu sein.

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Meditation ist offensichtlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Waren es früher eher Hippies oder exaltierte Sinnsucher, die in der Stille ihr Heil suchten, so äußern sich inzwischen selbst hochrangige Manager öffentlich darüber, dass sie an ein paar Tagen der Auszeit in klösterlicher Stille Kraft tanken, und für den Durchschnittsdeutschen gehören Yoga oder Entspannungsmethoden längst zum konventionellen Freizeitprogramm. Die wissenschaftliche Forschung der letzten Jahrzehnte illustriert eindrucksvoll, dass Meditation über ihren Entstehungskontext innerhalb der spirituellen Traditionen der Weltkulturen hinaus auch in ganz pragmatischen Kontexten bedeutsam ist und Wirkung entfaltet: als Methode des Stressmanagements oder der Entspannung, als Weg der persönlichen Entfaltung, als Möglichkeit, das gesundheitliche Wohlbefinden zu fördern.

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Von einem, der auszog, meditieren zu lernen …

Vor gerade einmal einer Generation, also vor etwa 25 Jahren, sah die Unternehmenswelt noch deutlich anders aus. Die Hierarchien waren klar und der Arbeitsstress weitgehend überschaubar. »Management by Objectives« war das durchgängige Paradigma. Da gab es keinen Platz für »Soft Skills«, und wer nach einer Vision für das Unternehmen verlangte, der wurde an den Werksarzt verwiesen, mit Verdacht auf psychische Instabilität. Selbst grundlegende Entspannungsmethoden wie das Autogene Training wurden kritisch und distanziert betrachtet, weil man sie als Privatvergnügen erachtete. Überspitzt gesagt: Die Mitarbeiter sollten gefälligst funktionieren, und wenn sie sich erholen wollten, dann gehörte das ins Wochenende oder in den Urlaub. Allmählich jedoch zeigten sich immer mehr Pioniere, die diese starre Grenze zwischen Privatem und Beruf zu durchbrechen suchten. Als erstmals in einer deutschen Großbank ein Meditationskurs für die Mitarbeiter angeboten werden sollte, musste das Anliegen dem Vorstandsvorsitzenden vorgelegt werden. Der konnte sich nicht zu einem klaren »Ja« durchringen – aber er hat den Kurs auch nicht verboten. Immerhin: So konnten die Mitarbeiter erstmals im Unternehmen mit Achtsamkeit experimentieren. Heute fahren Vorstandsmitglieder der selben Bank mit ihren engsten Mitarbeitern, begleitet von einem Meditations-Coach, in die Toskana zur Klausur.

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Inzwischen ist der Begriff »Achtsamkeit« – und als Synonym auch der Begriff »Meditation« – in der Geschäftswelt in vieler Munde. Automobilkonzerne, Versicherungen oder IT-Dienstleister holen sich Zen-Meister ins Haus, um ihre Führungskräfte dabei zu unterstützen, sich im hektischen Tagesgeschäft zu fokussieren und nicht den Überblick zu verlieren. Mitarbeiter, die bei der Volkshochschule oder in einem spirituellen Zentrum einen Meditationskurs besucht haben, nutzen ihre Mittagspause, um am Schreibtisch ein paar Minuten in die Stille zu gehen. Und Trainer oder Coaches integrieren in ihr Curriculum Achtsamkeitsmethoden, um die Wahrnehmungs- und Aufnahmefähigkeit ihrer Klienten zu stärken.

Im Prinzip ist kaum etwas einfacher als zu meditieren. Man nimmt eine sitzende, aufrechte Körperhaltung ein, schließt die Augen und tut – nichts. Doch dieses Nichts hat es in sich, besonders dann, wenn man sich fragt, wie kompatibel es mit dem Business ist, das ja erfahrungsgemäß eher mit allem anderen als dem Nichts beschäftigt ist. Dieses Buch verfolgt das Anliegen, einen Überblick darüber zu vermitteln, wie Achtsamkeit sich sinnvoll ins Unternehmen bringen lässt. Es stellt gängige Meditationsformen vor und zeigt, welche Methoden für welche Zielgruppen besonders geeignet sind. Eine Zusammenstellung aktueller wissenschaftlicher Forschungsergebnisse illustriert, welche Wirkungen sich durch die Praxis einstellen können und welche besonderen Anforderungen innerhalb der Arbeitswelt durch Achtsamkeitsmethoden angesprochen werden können.

Meditation ist eine sehr persönliche Angelegenheit, denn sie geschieht im Inneren eines Menschen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Mit dieser Innenwelt beschäftigen sich die meisten Unternehmen so gut wie gar nicht, außer wenn es darum geht, die Soft Skills von Mitarbeitern zu prüfen und sie bei der Entwicklung der benötigten Fähigkeiten zu unterstützen. Da die Übung in Achtsamkeit Menschen im Kern dessen, was sie sind, berührt und verändert, setzt der Umgang mit dem Thema im Unternehmen eine besondere Sensibilität voraus. Die Werte und persönlichen Voraussetzungen der Mitarbeiter sind hier genau so zu berücksichtigen wie die Kultur und Strategie des Unternehmens selbst. Deshalb liegt ein besonderes Augenmerk dieses Buches darauf, den Blick zu schärfen für die verschiedenen Wertesysteme, auf die sich Menschen und Firmen berufen, und welche möglichen Ziele sich daraus ergeben können. Darauf aufbauend werden geeignete Strategien entwickelt, in welchen Bereichen und unter welchen Vorzeichen Methoden der Achtsamkeit in Unternehmen hilfreich sein können.

Wenngleich Achtsamkeit in diesem Buch immer wieder als Methode bezeichnet wird, unterscheidet sie sich in einem wesentlichen Punkt vom konventionellen methodischen Verständnis. Wo der Begriff »Methode« sich im gängigen Sprachgebrauch auf Werkzeuge bezieht, die es ermöglichen, effizient bestimmte Fähigkeiten zu erwerben, trifft dies auf Meditation eher im übertragenen als im direkten Sinne zu. Wie die im Kapitel über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Achtsamkeit dargestellten Forschungsergebnisse vor allem der Neurowissenschaften zeigen, stellen sich durch regelmäßiges Meditieren nachweisbar Wirkungen ein, wie eine bessere Konzentration, eine erhöhte Aufmerksamkeit oder auch eine verringerte Stressresonanz. Diese »Ergebnisse« kann man allerdings nicht erzwingen, beispielsweise indem man sich mit dem Willen, sie zu erreichen, in die Stille begibt, denn das Meditieren selbst ist ein Akt der Absichtslosigkeit, des Loslassens. Meditation weitet den Geist und schafft eine Lücke zwischen dem alltäglichen Denken sowie den damit verbundenen Erwartungen an das Leben und dem Potenzial, das sich zeigen und entfalten kann, wenn die mit diesem Denkbaren verbundenen Grenzen sich aufzulösen beginnen.

Dieses Paradox anzuerkennen und sich darauf einzulassen, ist nicht immer einfach – vor allem im Businesskontext, wo Zeit Geld ist und greifbare Ergebnisse erwartet werden. Meditation im Unternehmen sollte man dennoch eher als ein Experiment mit tendenziell offenem Ausgang begreifen, und zwar im positiven Sinne, denn wenn Menschen achtsamer werden, wenn sie beginnen, die äußeren Zwänge, die sie sich zu eigen gemacht haben, zu durchschauen und wenn sich durch dieses Loslassen ein neues Gefühl der Freiheit einstellt, dann eröffnen sich Möglichkeiten, die vorher nicht absehbar waren. In diesem Sinne ist Meditation fast schon ein Generalschlüssel zum noch nicht verwirklichten Potenzial von Unternehmen und ihren Mitarbeitern. Wissenschaftlich nachweisbare Wirkungen wie mehr Kreativität, höhere Empathie oder bessere Gesundheit sind dann eher positive Begleiterscheinungen, die viel umfassendere Effekte nach sich ziehen können.

Damit diese Entdeckungsreise die typischerweise vorhandenen Entwicklungsbedürfnisse von Unternehmen und ihren Mitarbeitern gezielt aufgreifen kann, um pragmatische Lösungsszenarien zu entwickeln, die sich in der unternehmerischen Praxis als fruchtbar erweisen und bewähren, stellt dieses Buch ganz konkrete Anwendungskontexte von Achtsamkeit und Meditation im Business vor. Es zeigt:

wie Meditation bei der Entwicklung der businesstypischen Soft Skills, die im Rahmen der Personalentwicklung von Belang sind, einen Mehrwert schaffen kann,

wie sich der Wirkungsgrad von fachbezogenen Fortbildungen durch Achtsamkeitspraktiken erhöhen lässt,

wie Einzel-Coachings durch meditative Komponenten Veränderungspotenzial in Mitarbeitern wecken können,

wie Methoden der Achtsamkeit den Blick für Unternehmenskulturen und -strategien schärfen und damit deren Weiterentwicklung begünstigen können und

wie sich vermeintliche Unvereinbarkeiten zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und unternehmerischen Anforderungen bei Themen wie Compliance, Governance und Corporate Social Responsibility überwinden lassen.

Zahlreiche Vorschläge für praktische Umsetzungsszenarien, die den Bedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen und verschiedenen fachlichen Belangen gerecht werden, illustrieren, wie Unternehmen Achtsamkeitsprogramme realisieren können. Eine Auswahl von Best Practices zur Meditation im Kontext von Führungskräfteentwicklung, Leadership, Potenzialentfaltung, Gesundheitsmanagement, individueller Prävention und der Burn-out-Behandlung liefert Blaupausen erfolgreicher Vorgehensweisen.

Die positiven Wirkungen von Meditation sind offensichtlich, doch erschließen sie sich nicht alleine auf der Ebene der objektiven Fakten und wissenschaftlichen Beweise, sondern vor allem in der persönlichen Erfahrung. Im Zen sagt man: Der Finger, der auf den Mond zeigt, ist nicht der Mond. In diesem Sinne mag es hilfreich sein, vor der weiteren Lektüre dieses Buches vielleicht einen Moment innezuhalten, um Raum für diesen Erfahrungsaspekt der Meditation zu schaffen.

Die »Eine-Minute-Meditation«

Nehmen Sie eine aufrechte Körperhaltung ein. Die Schultern sind entspannt, das Kinn ein wenig nach unten geneigt. Schließen Sie die Augen. Atmen Sie tief ein und wieder aus. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit ganz auf den Fluss Ihres Atems. Falls Ihre Gedanken abschweifen, kehren Sie einfach zum Atem zurück. Sie können im Geiste die Atemzüge zählen (von eins bis zehn, dann wieder von vorne beginnen) oder das Ein- und Ausatmen innerlich mit einem stillen »ein« und »aus« begleiten. Eine Minute, in der Sie nichts tun – außer sich selbst zuzuschauen und wahrzunehmen, was ist. Die Wirkung könnte Sie verblüffen, wenn Sie die anfänglichen Widerstände gegen dieses »Nichts« überwunden haben.

Meditation und Achtsamkeit: Methoden, Wirkungen, wissenschaftliche Befunde

Um die mögliche Wirksamkeit von Meditation im berufspraktischen Kontext einschätzen zu können, ist es hilfreich, einen Blick auf die historische Entwicklung von Achtsamkeitspraktiken zu werfen. Die systematisch betriebene Innenschau bildet seit Jahrhunderten in den spirituellen Traditionen östlicher Kulturen und in Form der Kontemplation auch in den christlich-westlichen Kulturen eine zentrale Basis, um das, was Menschsein bedeutet, und die Verfasstheit der Welt ganzheitlich zu durchdringen. Die westliche Wissenschaft hat Meditation als Forschungsgegenstand in den 1970er Jahren verstärkt für sich entdeckt. Seitdem wurden Hunderte von neurowissenschaftlichen Untersuchungen veröffentlicht, die darauf hinweisen, dass Achtsamkeitsübungen neben spiritueller Erkenntnis auch vielfach Wirkungen nach sich ziehen, die sich für Menschen in modernen Gesellschaften als sehr hilfreich erweisen können.

Dieses Kapitel gibt einen Überblick über zentrale Formen von Meditation und deren Wirkungsweisen. Es zeigt, was während der Achtsamkeitspraxis »passiert« und wie dieses innere Geschehen die Selbstwahrnehmung von Menschen und damit ihre Befindlichkeit konstruktiv verändern kann. Neben medizinischen und psychologischen Erkenntnissen werden insbesondere typische Herausforderungen im Geschäftsleben angesprochen, für die sich aus einer Haltung der Achtsamkeit heraus neue Antworten entwickeln lassen.

Überblick über Hintergründe, Grundlagen und Methoden von Meditation

Der Begriff »Meditation« (lat. meditatio – zur Mitte hin ausrichten bzw. meditari – nachdenken, nachsinnen) beschreibt eine Praxis der Fokussierung, die bestenfalls anstrengungs- und absichtslos erfolgt. Man könnte auch sagen, die Grundhaltung von Meditation ist das Loslassen – von Gedanken, Erwartungen, möglichen Zielen, Ablenkungen, Wünschen. Ein meditativer Zustand lässt sich nicht »herbeiführen«, das mag für das westliche, lineare Denken zunächst paradox anmuten. Es lassen sich jedoch Rahmenbedingungen schaffen, die es begünstigen, dass er sich einstellt.

In den spirituellen Traditionen der großen Weltreligionen steht die meditative Ausrichtung des Geistes vor allem im Dienste des spirituellen Wachstums, der Erweiterung des Bewusstseins und der Versenkung. In der Tradition der westlichen Mystik beispielsweise ist die Kontemplation, das sich Vergegenwärtigen des Göttlichen, ein Weg, um Gott durch und in sich selbst zu erfahren. Diese Öffnung setzt voraus, dass das eigene Ego zumindest temporär in den Hintergrund tritt, oder, wie es der große Mystiker Meister Eckhart beschreibt: »Soll die Seele Gottes gewahr werden, so muss sie auch ihr Selbst vergessen und sich selber verlieren. Denn solange sie sich selbst sieht und weiß, solange gewahrt sie Gott nicht.« Über das begrenzte menschliche Ich-Bewusstsein hinauszuwachsen, ist auch ein zentrales Anliegen verschiedener buddhistischer Schulen, denn aus der Perspektive des Buddhismus ist eine übertriebene Ich-Bezogenheit die Ursache allen menschlichen Leids – und Meditation kann demnach einen Weg zu seiner Überwindung darstellen.

Dieser Aspekt des Leidens macht Meditation auch aus einer ganz pragmatischen Perspektive im Kontext westlicher Gesellschaften interessant, denn das Leben und Arbeiten in der heutigen Zeit bringt Anforderungen mit sich, die Menschen nicht immer aus sich selbst heraus zu lösen vermögen. Je komplexer die alltäglichen Lebenszusammenhänge sind, in denen Menschen sich bewegen (müssen), desto schwieriger erscheint es, als Individuum diese äußeren Umstände selbst gestalten zu können, denn viele Ursachen und Wirkungen entziehen sich schlicht dem direkten Zugriff. Meditation kann hier zu einer neuen Beziehung zwischen individuellem Ich und der Wirklichkeit, wie sie ist, führen, denn sie kultiviert innere Ressourcen, die es dem Einzelnen ermöglichen, im Außen eine neue Form der Wirksamkeit zu entfalten, die sich nicht von den äußeren Gegebenheiten abhängig macht.

Gerade diese Ermächtigung und die daraus erwachsende Freiheit entspricht dem modernen Selbstbild, das eigene Leben selbst gestalten zu wollen und zu können, im besten Sinne. Sie erwächst allerdings, und dies erscheint zunächst vielleicht ungewohnt, nicht aus den Ich-Qualitäten des Individuums (die beispielsweise durch verschiedene Methoden im Coaching und Training zielorientiert geschult werden), das eine klare Unterscheidung zwischen sich selbst und seinen Mitmenschen zieht. Im Gegenteil: Meditation lässt die Grenzen, die der Mensch gewöhnlich zwischen sich selbst und seiner Umgebung wahrnimmt, durchlässiger werden und verbindet das Individuum so auf viel substanziellere Weise mit dem, was im Außen geschieht, und dem, was den Menschen in seinem Menschsein letztlich ausmacht. Vor allem die moderne, westlich geprägte Wirtschaftswelt ist ganz darauf aus, das Ich zu stärken. Das Konzept dahinter scheint einleuchtend, denn ein starkes Ich ist durchsetzungsfähiger, konsequenter und bereit, viele Unannehmlichkeiten zu ertragen um eines persönlichen Vorteils willen. Schließlich ist eine ich-orientierte Gesellschaft auch tendenziell eher konsumfreudig, weil das Ich immer haben will: das Neueste, das Beste, das Teuerste. Diese Ich-Dominanz führt allerdings auf Dauer zu einer erheblichen Unausgeglichenheit, sowohl im persönlichen Leben als auch im sozialen Miteinander. Meditation führt dagegen zu einer stärkeren Selbst-Distanz, die Voraussetzung ist, um ein Leben in Balance zu führen.

Formen und Wirkungen von Meditation

Die wissenschaftliche Betrachtung differenziert zwischen Meditationsverfahren in und solchen ohne Bewegung. Zu den Methoden, deren Schwerpunkt auf Bewegung liegt, zählen unter anderem Tai Chi, Yoga, Qigong, Drehtanz (z.B. »Tanz der Derwische«) oder Gehmeditation, zu den Ansätzen ohne Bewegung beispielsweise die der buddhistischen Tradition entstammende Achtsamkeitsmeditation (Vipassana) und das Zazen, in der Yoga-Tradition stehende Konzentrationsübungen und die Transzendentale Meditation sowie die Exerzitien und das Herzensgebet der christlichen Tradition. Im Zuge der wissenschaftlichen Forschung und des Einsatzes von Meditationspraktiken im klinischen Kontext wurden weitere Methoden entwickelt, darunter die Relaxation Response nach Benson, die Oberstufe des Autogenen Trainings nach Schulz (»Autogene Meditation«) sowie das Training »Stressbewältigung durch Achtsamkeit« (Mindfulness-Based Stress Reduction, MBSR) nach Kabat-Zinn. Sie unterscheiden sich von den überlieferten Meditationsstilen durch ihre grundsätzliche weltanschauliche Neutralität und das Abstrahieren von religiösen und rituellen Komponenten.

Im Hinblick auf die Art der im Zuge von Meditation entwickelten Achtsamkeit lassen sich aus wissenschaftlicher Sicht zwei Kategorien unterscheiden:

Aufmerksamkeits-fokussierende Meditation: Die meditierende Person richtet ihre Aufmerksamkeit kontinuierlich auf ein Objekt (etwa auf den eigenen Atem, durch Zählen der Atemzüge, oder auf eine Imagination oder ein Wort). Im Falle von Ablenkungen, beispielsweise durch Gedanken, wird die Konzentration wieder zurück auf das Objekt gelenkt, sobald sich der Meditierende seines Abschweifens bewusst wird.

Distanziert beobachtende Meditation: Die meditierende Person übt sich in reinem Gewahrsein. Sensorische, kognitive oder emotionale Prozesse, die bei jedem Menschen automatisch ablaufen, werden anstrengungslos und bewusst wahrgenommen, ohne auf sie zu reagieren. Gefühle oder Gedanken, die aufsteigen, lässt der Meditierende so, wie sie sich ihm zeigen, einfach kommen und gehen, ohne sich auf sie zu beziehen.

Geführte Meditation: Die meditierende Person wird von einem Meditationslehrer dazu angeleitet, sich bestimmte Bilder vorzustellen, um auf diese Weise in eine entspannte oder auch die Verarbeitung von Emotionen unterstützende innere Haltung zu kommen. Der so genannte »Body Scan«, auch »Reise durch den Körper« genannt, der zu den Grundübungen der Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) gehört, zählt ebenfalls dazu. Dabei wird das Bewusstsein systematisch zur Wahrnehmung aller Bereiche des Körpers geführt.

Die regelmäßige Praxis verändert mit der Zeit das innere Erleben beziehungsweise die Wahrnehmung der Meditierenden. In zahlreichen wissenschaftlichen Studien haben sich fünf Stadien gezeigt, die auf eine wachsende Tiefe der Meditationserfahrung und eine Entwicklung des Bewusstseins der Meditierenden hindeuten. In der ersten Phase nehmen Praktizierende vor allem Unruhe und Langeweile wahr und haben häufig mit Motivations- und Konzentrationsproblemen zu kämpfen. In der zweiten Phase setzt in vielen Fällen eine Entspannung ein: Die Atmung wird ruhiger, Geduld und Ruhe nehmen zu und es stellt sich Wohlbefinden ein.

In der dritten Phase entwickeln die Meditierenden eine grundlegende Konzentration, die mit Gleichmut, Achtsamkeit und der Fähigkeit verbunden ist, den eigenen Gedanken nicht mehr anzuhaften. In der vierten Phase entfalten die Praktizierenden essenzielle Qualitäten wie Klarheit, Wachheit, Verbundenheit, Selbstakzeptanz oder Hingabe. Die fünfte Phase schließlich ist gekennzeichnet durch eine Erfahrung der Nicht-Dualität: Meditierende erschließen sich die Dimension der Gedankenstille, des Einsseins, der Leere und Grenzenlosigkeit.

Oft wird auf die Notwendigkeit jahrelanger Praxis hingewiesen, um solche Bewusstseinszustände zu erreichen – eine Einschätzung, die allerdings dem Erfahrungsraum konventionellen Leistungsdenkens entstammt. Unmittelbarer und deshalb viel wichtiger sind die körperlichen und mentalen Beruhigungszustände, die sich schon nach einigen Wochen einstellen können. Nicht immer werden diese Erfahrungen als angenehm erlebt, mitunter können sie den Übenden irritieren und auch Ängste (z.B. vor »Überfällen« aus dem Unterbewussten oder vor Kontrollverlust) hervorrufen.2 Für psychisch gesunde Menschen stellen diese bisweilen auftretenden »Irritationen« erfahrungsgemäß kein Problem dar, insbesondere dann, wenn die Möglichkeit besteht, das eigene innere Erleben mit einem kompetenten Meditationslehrer oder Coach zu reflektieren.

Die folgende Zusammenstellung gibt einen Überblick über ausgewählte Formen von Meditation, die sich im Unternehmenseinsatz als besonders praktikabel erweisen. Es steht dabei die reine Methodik des Meditierens im Mittelpunkt. Konkrete Anwendungs- und Umsetzungsmöglichkeiten im Unternehmensalltag werden im nächsten Kapitel ausführlich beschrieben.

Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) Die Mindfulness-Based Stress Reduction (Stressbewältigung durch Achtsamkeit) gehört zu den gegenwärtig wohl bekanntesten Meditationsformen, was unter anderem daran liegt, dass in den letzten Jahren besonders viele Studien zu dieser Methode erschienen sind, sie vielfach im klinisch-medizinischen Einsatz erprobt wurde und ein standardisiertes Ausbildungs-Curriculum existiert, das die Qualität von MBSR-Kursen sicherstellt.

MBSR wurde 1979 an der Universitätsklinik von Massachusetts durch Prof. Dr. Jon Kabat-Zinn entwickelt und an der dort gegründeten »Stress Reduction Clinic« angewendet und evaluiert. Das Übungsprogramm beinhaltet einfache Körperübungen aus dem Yoga, einen so genannten Body Scan, bei dem der Übende mit wacher Aufmerksamkeit systematisch alle Körperregionen und die dort auftretenden Empfindungen wahrnimmt, sowie Meditation in Stille und im Gehen. Diese Kombination aus Bewegung und Ruhe kann im Unternehmenskontext besonders geeignet sein, da die Yoga-Übungen einen Ausgleich zu überwiegend sitzenden Tätigkeiten schaffen beziehungsweise es Menschen, die stark körperlich beanspruchenden Tätigkeiten nachgehen, erleichtern, körperlichem Verschleiß vorzubeugen. Der Body Scan bietet einen guten Einstieg in das aufmerksame Wahrnehmen, da der Geist auf einen konkreten Fokus, den eigenen Körper, gerichtet wird. Zwar steht nicht die Entspannung im Vordergrund, sondern die Schulung der Achtsamkeit, doch stellt sich bei vielen Menschen im Zuge des Übens auch eine körperliche Entspannungsreaktion ein. Verschiedene Achtsamkeitsübungen schließlich führen in das Meditieren ein, das als Sitzen in Stille (beispielsweise verbunden mit einer Wahrnehmung des eigenen Atems) oder im Gehen praktiziert wird.

Ein typischer MBSR-Kurs beinhaltet acht Wochen Schulung mit zwei bis drei Unterrichtsstunden pro Woche, wobei von den Kursteilnehmern erwartet wird, dass sie während der Kursdauer kontinuierlich jeden Tag 45 Minuten in Eigenregie üben, um sich mit den Methoden vertraut zu machen. Neben der reinen Vermittlung der beschriebenen Achtsamkeits- und Meditationsübungen werden im Kurs auch Themen wie Stressmanagement und Achtsamkeit in konkreten Alltagssituationen angesprochen.

Zen-Meditation Zen ist ursprünglich eine Strömung des Buddhismus, die sich in China als Chan etwa seit dem fünften Jahrhundert entwickelt und von dort über verschiedene asiatische Länder insbesondere nach Japan verbreitet hat. Zentrale Praktiken des Zen sind Zazen, das Sitzen in Stille zur Kultivierung der Achtsamkeit, und Kinhin, das achtsame Gehen. Diese Kernmethoden lassen sich unabhängig von den religiösen Traditionen des Buddhismus praktizieren und werden heute vielfach auch in diesem weltanschaulich übergreifenden Kontext gelehrt. Die Nüchternheit und Schnörkellosigkeit des »einfach Sitzens« überzeugt vor allem Menschen, die nicht per se an spiritueller Entwicklung interessiert sind und nach einem klaren und pragmatischen Übungsweg suchen.

Zen zielt allein darauf ab, den gegenwärtigen Augenblick so zu erfahren, wie er ist. Mit zunehmender Meditationspraxis klärt sich bei den meisten Praktizierenden der Geist, so dass sie beispielsweise zwischen eigenen Gedanken oder Gefühlen und der Welt und dem Leben, wie sie eigentlich sind, unterscheiden können und die Wirklichkeit oft zum ersten Mal in ihrem tatsächlichen So-Sein wahrnehmen (vgl. die fünf Stadien der Meditation, S.15). Gerade diese Klarheit ist eine im Geschäftsleben nicht nur erwünschte, sondern eigentlich sogar notwendige Fähigkeit, denn letztlich sind unternehmerische Entscheidungen nur so gut, wie derjenige, der sie trifft, in der Lage ist, sich auf die Realität zu beziehen.

Zen-Meditation zu »lernen«, ist methodisch betrachtet vergleichsweise einfach, so dass ein Wochenend-Kurs in einem Zen-Zentrum oder einige Stunden der Unterweisung bei einem ausgebildeten Zen-Lehrer völlig ausreichen, um sich eine angemessene Sitzhaltung und das meditative Gehen anzueignen. Je nach »Schule« sitzt man einen Zyklus von 25 oder 40 Minuten ohne Unterbrechung, schließt einige Minuten – manchmal extrem langsamer, manchmal aber auch sehr schneller – Gehmeditation an, um anschließend zum nächsten Sitzzyklus überzugehen. Dieser Wechsel aus Sitzen und Bewegung ist vor allem für längere Meditationsphasen sehr hilfreich. Im Alltag werden die meisten Übenden sich aus Zeitgründen täglich auf ein bis zwei Sitzzyklen, bestenfalls morgens nach dem Aufstehen, alternativ abends, beschränken.

Wenngleich die Zen-Praxis methodisch als sehr einfach erscheint, ist es für Einsteiger dennoch hilfreich, sich zumindest über einen gewissen Zeitraum von einem erfahrenen Lehrer begleiten zu lassen, denn die sich einstellenden Erfahrungen können für Meditations-Anfänger zunächst verwirrend sein, da sie sich häufig einer Beurteilung und Einordnung durch den »alltäglichen« Verstand entziehen.

Kontemplation Kontemplation ist der Weg der christlichen Mystik, der in die Erfahrung des göttlichen Urgrundes führt. Der mystische Weg innerhalb der christlichen Religion ist annähernd so alt wie das Christentum selbst und wurde über die Jahrhunderte durch bis zum heutigen Tag geschätzte Mystiker wie Meister Eckhart, Hildegard von Bingen, Teresa von Avila, Johannes vom Kreuz oder Nikolaus von der Flüe geprägt. Da ihre mystischen Perspektiven nicht immer mit dem Dogma der römisch-katholischen Kirche übereinstimmten, waren einige von dieser zu Lebzeiten allenfalls geduldet. Bekannte zeitgenössische Kontemplationslehrer sind die Benediktinerpater Anselm Grün und Willigis Jäger, Letzterer ließ sich auch in der japanischen Zen-Tradition schulen und lehrt diese ebenfalls.

Die Praxis der Kontemplation beinhaltet üblicherweise das Sitzen in Stille, das Körpergebet (beispielsweise Schreiten, Tanzen in Lauten oder das Einnehmen spezieller Körperhaltungen), achtsames Gehen, Tönen sowie die Rezitation mystischer Texte. Diese Methoden dienen der Sammlung des Bewusstseins mit Hilfe eines Fokus, der Schulung einer reinen Aufmerksamkeit und der Kultivierung von Achtsamkeit bei allen Tätigkeiten des Alltags. Diese Erkenntnisrichtung der Praxis ist selbstverständlich auch in Kontexten relevant und wirksam, die sich nicht vordergründig auf eine lebendige Gotteserfahrung richten, so dass Elemente der kontemplativen Praxis grundsätzlich auch in den Dienst einer weltanschaulich neutralen Achtsamkeitsschulung gestellt werden können.

Kontemplation wird vielfach in kirchlichen Kontexten, in Klöstern mit öffentlichem Lehrbetrieb und in Meditationszentren gelehrt, wobei das Angebot von zweitägigen Einführungskursen bis hin zu Wochenkursen oder längeren Klosteraufenthalten reicht. Für Menschen mit christlichem Lebensbezug sowie für religiös angebundene Einrichtungen und Organisationen kann Kontemplation einen Zugang zur Praxis der Meditation eröffnen, der ihrer weltanschaulichen Verortung Rechnung trägt und dabei auch kulturelle Anknüpfungspunkte bietet.

Vipassana Vipassana, was so viel bedeutet wie Einsicht oder Klarblick, gehört historisch betrachtet zu den Klassikern der Meditation, denn ihre Herkunft lässt sich bis in die Zeiten des frühen Buddhismus zurückverfolgen. Seitdem wurde die Methode durch eine ununterbrochene Kette von Lehrern vermittelt. Gegenwärtig ist Satya Narayan Goenka, ein in Burma geborener Hindu, der heute in Indien lebt und wirkt, einer der bekanntesten Repräsentanten der Bewegung. Heute wird Vipassana als weltanschaulich neutrale Meditationsform gelehrt, seit 1983 auch systematisch in Deutschland, wo inzwischen bis zu 2500 Menschen jedes Jahr die Methode erlernen.

Vipassana ist ein Weg der Selbstveränderung durch Selbstbeobachtung. Die Methode wird in Form von zehntägigen Kursen gelehrt und beinhaltet intensive Achtsamkeitsübungen, bei denen der Geist auf Körperempfindungen gerichtet wird, beispielsweise auf den Fluss des Atems. Ferner gehört es zur Praxis, die sich während der Übung zeigenden Empfindungen oder auch Gedanken blitzlichtartig im Geist zu benennen, also zu etikettieren, um die Aufmerksamkeit möglichst unvoreingenommen auf sie zu richten und sie dann wieder loszulassen. Ziel ist es, die Wahrnehmungsfähigkeit des Übenden zu trainieren und Konzentration und Gleichmut zu entwickeln, also letztlich die Dinge so zu sehen und zu nehmen, wie sie sind. Verschiedene ethisch-moralische Grundsätze wie Ehrlichkeit oder das Vermeiden unlauterer Rede werden als essenzieller Teil der Methode betrachtet, da sie die Grundlage zur Beruhigung des Geistes schaffen. Die Einführungskurse sind mit etwa zehn Stunden reiner Meditationszeit pro Tag bewusst sehr intensiv angelegt, um es den Teilnehmenden zu ermöglichen, ein solides Fundament für ihre weitere Praxis zu legen.

Wie eigentlich für alle Meditationsformen gilt auch für Vipassana, dass die Übungspraxis sich allein darauf richtet, den Geist zu klären, und nicht darauf, konkrete Ziele zu erreichen. Die deutsche Vipassana-Vereinigung etwa warnt: »Viele Krankheiten werden durch unsere innere Unruhe verursacht. Wenn die Unruhe entfernt ist, kann die Krankheit gemildert werden oder verschwinden. Aber Vipassana mit dem Ziel zu lernen, damit eine Krankheit zu heilen, ist ein Fehler, der nie zum Erfolg führt. Wer das versucht, verschwendet nur seine Zeit, weil er sich auf das falsche Ziel konzentriert. Sie können sich sogar damit schaden. Sie werden weder die Meditation richtig verstehen, noch wird es Ihnen gelingen, die Krankheit loszuwerden.«3 Für den Einsatz der Methode in Businesskontexten gilt letztlich die gleiche Perspektive, wobei sich die grundsätzlichen geistigen Fähigkeiten, die aus der Meditation erwachsen, natürlich in den Dienst konkreter Ziele stellen lassen. Wie dies auf für Unternehmen angemessene Weise geschehen kann, wird im nächsten Kapitel ausführlich dargestellt. An dieser Stelle bleibt anzumerken, dass verschiedene Teilmethoden von Vipassana bereits seit Jahren zunehmend und mit Erfolg in Coaching- und Trainingsszenarien eingesetzt werden.

Mantra-Meditation Das Rezitieren eines Mantras – einer Phrase oder Silbe, die gesungen, gesprochen oder einfach im Geist wiederholt wird – gehört seit jeher zum Repertoire der großen spirituellen Traditionen. Mit der Transzendentalen Meditation (TM), die insbesondere seit 1957 durch eine von dem Inder Maharishi Mahesh Yogi gegründete Organisation verbreitet wird, existiert eine Form der Mantra-Meditation, die in der westlichen Welt großen Anklang gefunden hat, doch immer wieder in die Kritik gerät.

Das liegt vor allem an dem Zertifizierungssystem der TM-Organisation, bei dem ein sieben Schritte umfassender Grundkurs gelehrt wird. Auf zwei Informationsvorträge und ein Erstgespräch mit einem TM-Lehrer folgen vier zweistündige praktische Einführungen, in denen die Meditationstechnik gelehrt und dem Schüler ein Übungs-Mantra übermittelt wird.4 Die kontinuierliche Praxis sieht pro Tag ein bis zwei Übungseinheiten mit einer Dauer von jeweils 15 bis 20 Minuten vor.

Im Yoga sowie in vielen buddhistischen Traditionen gehört die Mantra-Meditation immer schon zum Repertoire der spirituellen Praxis. In diesen Kontexten wird Wert darauf gelegt, dass die rezitierten Begriffe eine spirituelle Schwingung transportieren, die den Meditierenden mit der durch die Worte ausgedrückten Qualität verbindet. Das »OM« ist beispielsweise der Klassiker der indischen Mantra-Meditation. Es wird als transzendenter Urklang betrachtet, aus dessen Vibrationen nach hinduistischem Verständnis das gesamte Universum entstand. Prinzipiell lassen sich beliebige Worte im Rahmen einer Mantra-Meditation rezitieren, wenn vor allem der zentrierende Effekt angestrebt wird, der sich durch diesen Akt einstellt.5

Wenngleich die Mantra-Meditation für westliche Meditierende möglicherweise etwas fremd oder zu religiös inspiriert anmutet, kann sie für Menschen, die stark verstandesorientiert sind, einen guten Ausgleich bilden, da das stete Wiederholen eines Klanges oder einer Wortphrase sie Abstand gewinnen lässt zu den unwillkürlich ablaufenden Denkvorgängen. Wird diese Methode behutsam und mit Respekt vor den weltanschaulichen Dispositionen der Meditierenden eingeführt, kann sie sich als Praxis im Unternehmenskontext durchaus eignen.

Tai Chi, Qigong, Yoga Wie bereits dargestellt, beziehen verschiedene Meditationsrichtungen wie die Mindfulness-Based Stress Reduction, die christliche Kontemplation oder das Zen achtsam ausgeführte Bewegungen in ihr Übungsrepertoire ein. Hierbei handelt es sich nicht alleine um eine Form des körperlichen Ausgleichs zu den meist im Sitzen ausgeführten Achtsamkeitsmethoden, sondern es geht letztlich auch darum, die eigene Aufmerksamkeit selbst in Situationen der stetigen (äußeren und körperlichen) Veränderung aufrechtzuerhalten, was nicht zuletzt die Übertragungsfähigkeit der in der Innenschau gewonnenen Einsichten auf den Lebensalltag erleichtern kann.

Bewegungsmeditationen wie Tai Chi, Qigong oder Yoga eint eine Gemeinsamkeit, die sie von rein sportlicher Betätigung unterscheidet. Sie richten das Augenmerk des Praktizierenden nicht nur auf die motorischen Bewegungsabläufe selbst, sondern auch auf die feinstofflich-energetischen Vorgänge im Körper und in der ihn umgebenden Welt – eine Perspektive, die im westlichen Denken erst allmählich Einzug hält. Das bringt für Einsteiger zunächst im Vergleich zur stillen Meditation eine erhöhte Komplexität beim Erlernen der Übungen mit sich, denn einerseits muss man sich mit den Bewegungsabfolgen selbst vertraut machen und andererseits zugleich den inneren Blick schärfen für die subtilen körperlichen Vorgänge, die mit diesen einhergehen. Die äußere Form der Bewegung trägt, ähnlich wie Gymnastik, oft spontan zu einer Verbesserung der Beweglichkeit bei, die innere Form hingegen kultiviert energetische Abläufe innerhalb des Körpers, was zu einer Verbesserung der Gesundheit beitragen kann. Dies sind jedoch eher positive Nebeneffekte. Wesentliche Basis der Übungen ist es, den eigenen Geist für die inneren Vorgänge zu sensibilisieren, so dass es zunehmend gelingt, den Energiefluss im Körper bewusst zu erfahren und schließlich zu führen, was zu einer verbesserten Balance zwischen Körper und Geist und zu wacher Aufmerksamkeit führt. Dieser Akt der Fokussierung lässt sich mit der Konzentration auf den Atemfluss bei der Meditation in Stille vergleichen.

Um ausgewählte Grundabläufe des Tai Chi, Qigong oder Yoga zu erlernen, reichen einige Übungsstunden, bestenfalls über mehrere Wochen verteilt, aus (wie etwa bei den Yoga-Übungen innerhalb des MBSR-Konzepts). Während beim Tai Chi meist längere Bewegungsabfolgen eingeübt werden, bei denen jede Einzelbewegung nur einmal ausgeführt wird und direkt in die nächste übergeht, so dass ein längerer Bewegungsfluss entsteht, gibt es im Qigong verschiedene Kurzformen (wie zum Beispiel die bekannten »Acht Brokate«), bei denen jede Einzelübung mehrfach hintereinander ausgeführt wird. Während Tai Chi und Qigong hauptsächlich stehend geübt werden (wobei verschiedene Übungsabfolgen auch im Sitzen möglich sind), gibt es im Yoga viele Übungen in bodennaher Haltung oder im Liegen. Da im Tai Chi, Qigong und Yoga genau wie bei anderen Meditationsformen nicht das Erreichen eines Ziels im Mittelpunkt steht, sondern es vor allem darum geht, den Übungsweg als Weg an sich zu beschreiten, sind körperliche Fitness oder eine besondere Beweglichkeit keine zwingenden Voraussetzungen, um die Übungen auszuführen, zumal sich ohnehin viele Bewegungen an die Konstitution der Übenden anpassen lassen.

Wenngleich die drei beschriebenen Übungsformen in diesem Kontext vor allem unter dem Aspekt der Bewegung betrachtet werden, verfügen sie alle über einen philosophisch-spirituellen Überbau und beinhalten auch Meditationsformen in Ruhe – so gibt es im Qigong beispielsweise den »Himmlischen Kreislauf«, bei dem die Lebensenergie (das Qi) durch Konzentration durch den Körper geführt wird, und im Yoga werden diverse Arten der Mantra-Meditation praktiziert.

Zwar spielt bei allen Formen der Meditation die Ausrichtung des Geistes eine wesentliche Rolle, doch steht sie nicht für sich. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) beispielsweise ist für das Gesunden und Gesundbleiben des Menschen eine typgerechte Ernährung von zentraler Bedeutung, da ein wacher, ausgeglichener Geist eines gesunden Körpers bedarf. Gleiches gilt für die indische Lehre des Ayurveda, die den Übungen des Yoga und der Meditation ebenfalls Ernährungsvorschläge zur Seite stellt und auf eine ganzheitliche Balance von Körper und Geist abzielt. Im Westen wird diese ganzheitliche Betrachtungsweise vor allem durch die Mind-Body-Medizin repräsentiert, die Achtsamkeitsübungen, sportliche Betätigung und Empfehlungen zu einer ausgewogenen Ernährung miteinander verbindet.

Wirkungen von Meditation aus Sicht der Wissenschaft

War Meditation über lange Zeit ein Thema, über das hauptsächlich aus einer Perspektive der spirituellen Entwicklung beziehungsweise aus dem Blickwinkel individueller Erfahrungen diskutiert wurde, zeichnet sich insbesondere seit der Jahrtausendwende ein stark wachsendes Interesse verschiedener Fachdisziplinen wie der Neurowissenschaften, der Psychologie und der Medizin am Forschungsgegenstand Meditation ab. Erste Studien erschienen in den 1960er Jahren und in den späten 1970er Jahren zeigte sich ein erster Höhepunkt der Meditationsforschung mit jährlich rund 50 wissenschaftlichen Publikationen. Seitdem ist der Output der Meditationsforschung kontinuierlich gewachsen. Um die Jahrtausendwende wurden bereits rund 100 Arbeiten pro Jahr zum Thema publiziert und inzwischen ist ein weiterer, deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Gegenwärtig entstehen jedes Jahr zwischen 200 und 250 neue Publikationen. Ein wichtiges Feld der Forschungstätigkeit ist das Programm »Stressbewältigung durch Achtsamkeit« (MBSR), dessen Wirkungen zur Zeit von rund 40 Studien jährlich beleuchtet werden. Auch die Wirkungen von Meditation auf der Ebene des Gehirns werden seit den vereinzelten Grundlagenstudien der 1980er Jahre inzwischen intensiv untersucht, so dass seit 2005 jedes Jahr zwischen 30 und 50 neue Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet veröffentlicht werden.

Zu den physiologischen Wirkungen der Meditation, die in verschiedenen Grundlagenstudien festgestellt werden konnten, zählen eine Verringerung des Sauerstoffverbrauchs und der Ausatmung von Kohlendioxyd während der Meditationspraxis, ein deutliches Absinken des Blutlaktats und eine Erhöhung des Hautleitwiderstands. Es lassen sich somatische Effekte im Muskeltonus, im Herz-Kreislauf-System, in den Hormonen und Neurotransmittern nachweisen. Langjährige Meditationspraxis führt darüber hinaus zu Veränderungen in der Arbeitsweise und im Aufbau des Gehirns. Kognitive Effekte zeigen sich im Hinblick auf Wahrnehmung, Konzentration und Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Kreativität, Empathie und Persönlichkeitsmerkmale (zum Beispiel Neurotizismus). Die Hirnforschung hat darüber hinaus gezeigt, dass Meditationsverfahren geeignete Methoden zur Erforschung des menschlichen Bewusstseins sind.6

Medizinische Effekte, Gesundheitsmanagement