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Sie wollen Monster sein – in einem als Spukhaus von der Kirche hergerichteten Gebäude. Monster wie in dem Horrorfilm «Der Schrecken vom Amazonas», nur die Kostüme fehlen noch: Anzüge mit einem langen Reißverschluss hinten und einer Kopfbedeckung, die wie ein Taucherhelm aussieht. Mark und sein bester Freund Derek freuen sich schon darauf, damit Mädchen und kleine Kinder zu erschrecken. Keiner wird sie erkennen können, das steht fest. Da passiert ein Unfall nachmittags beim Spielen. Ein Schuss aus einer Waffe, mit der sie an anderen Tagen auf Dosen schießen, löst sich, und Mark hat Dereks Auge schwer verletzt. Das bevorstehende Halloween wird also noch weitaus unvergesslicher sein, als die beiden Jungen es gedacht haben. Und ihre Freundschaft ist nicht mehr dieselbe. Stewart O'Nan ist ein Meister darin, Alltagsbegebenheiten so zu beschreiben, dass etwas Unerhörtes daraus wird. Diese Geschichte zweier Jungen, die unbeaufsichtigt mit Waffen spielen, ist leise und doch eindringlich erzählt.
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Seitenzahl: 40
Veröffentlichungsjahr: 2014
Stewart O’Nan
Eine Halloween-Geschichte
Sie wollen Monster sein – in einem als Spukhaus von der Kirche hergerichteten Gebäude. Monster wie in dem Horrorfilm «Der Schrecken vom Amazonas», nur die Kostüme fehlen noch: Anzüge mit einem langen Reißverschluss hinten und einer Kopfbedeckung, die wie ein Taucherhelm aussieht. Mark und sein bester Freund Derek freuen sich schon darauf, damit Mädchen und kleine Kinder zu erschrecken. Keiner wird sie erkennen können, das steht fest. Da passiert ein Unfall nachmittags beim Spielen. Ein Schuss aus einer Waffe, mit der sie an anderen Tagen auf Dosen schießen, löst sich, und Mark hat Dereks Auge schwer verletzt. Das bevorstehende Halloween wird also noch weitaus unvergesslicher sein, als die beiden Jungen es gedacht haben. Und ihre Freundschaft ist nicht mehr dieselbe.
Stewart O’Nan ist ein Meister darin, Alltagsbegebenheiten so zu beschreiben, dass etwas Unerhörtes daraus wird. Diese Geschichte zweier Jungen, die unbeaufsichtigt mit Waffen spielen, ist leise und doch eindringlich erzählt.
Die Originalausgabe erschien 2008 unter dem Titel «Monsters» bei Lonely Road Books, Forest Hill, MD.
Deutsche Erstausgabe
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Oktober 2014
Copyright © 2014 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
«Monsters» Copyright © 2008 by Stewart O’Nan
Alle deutschen Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung any.way, Cordula Schmidt
Umsschlagabbildung plainpicture/Anna Quinn
Satz Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin
ISBN 978-3-644-04161-5
Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation
Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp
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Monster
Für die Kirche würden sie Monster sein – Ungeheuer der Schwarzen Lagune. Mark wäre lieber Dracula gewesen, doch Pater Don sagte, die Rolle sei schon vergeben, und Derek überzeugte ihn, dass es so mehr Spaß machen würde. Man musste ein Kostüm tragen, das hinten einen Reißverschluss hatte, und einen Kopf aufsetzen, der wie ein Taucherhelm saß. Sie konnten die kleinen Kinder erschrecken und den Mädchen eine Gänsehaut machen. Niemand würde wissen, wer sie waren.
«Und allein ist es langweilig», sagte Derek. «Dann steht man bloß rum.»
«Ja», sagte Mark, auch weil er insgeheim Angst hatte, dort im Dunkeln allein zu sein. «Kriegen wir auch Reißzähne?»
«Brauchen wir nicht», sagte Derek. «Am Kopf sind schon welche dran.»
Das war Marks einziger Einwand. Derek hatte eben immer das Sagen, und das war auch in Ordnung so, denn Mark schämte sich wahnsinnig für seine Schüchternheit. Und außerdem wimmelte ihn Derek nie ab wie Peter. Peter war sein Bruder; er war nur zwei Jahre älter als Mark. Von Kindesbeinen an hatten sie immer zusammen gespielt, doch seit Peter im Herbst auf die Highschool gewechselt war, kam er nach der Schule kaum noch nach Hause. Wenn Mark das beim Abendessen ansprach, seufzte sein Vater bloß. «Warum gehst du nicht nach nebenan?», sagte er. «Dir und Derek fällt bestimmt was ein, was ihr machen könnt.»
Und so trieben die beiden allen möglichen Unfug. Es war ein Donnerstag, nach der Schule, und da es nichts zu tun gab, holte Derek sein Luftgewehr, und sie schossen abwechselnd sechs Limonadenflaschen von den alten Bahnschwellen, die Dereks Stiefvater hinterm Haus gestapelt hatte. Das Gewehr war so schwach, dass die Flaschen manchmal gar nicht umfielen, sondern bloß klirrten und schwankten.
Es war Dereks Idee, «Schießbude» zu spielen. Einer von ihnen musste sich hinter den Schwellen verstecken, und wenn er sich kurz zeigte, musste der andere ihn erwischen. Man durfte nur einmal pumpen, und sie hatten ja ihre Jacken an; nur wenn eine Kugel die nackte Haut traf, stach sie. Man kroch hinter den Schwellen herum, schnellte hoch, und der andere versuchte, einen abzuschießen.
Das machten sie zehn Minuten lang, aber es war langweilig. Schließlich kam Mark auf «Bewegliches Ziel». Man sprang auf und rannte und hechtete hinter die Schwellen. Das war noch langweiliger, weil keiner von beiden getroffen wurde.
Dann wollte Derek «Hinterhalt» spielen. Der Schütze versteckte sich irgendwo hinter den Holzspänen oder den Kieshaufen, und der andere sprang auf und warf Handgranaten – runde Steine, mit denen Dereks Stiefvater die von ihm gebauten kleinen Goldfischteiche einfasste.
