Karawane der Geister - Helen Perkins - E-Book

Karawane der Geister E-Book

Helen Perkins

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Beschreibung

Es ist der ganz besondere Liebesroman, der unter die Haut geht. Alles ist zugleich so unheimlich und so romantisch wie nirgendwo sonst. Werwölfe, Geisterladies, Spukschlösser, Hexen, Vampire und andere unfassbare Gestalten und Erscheinungen ziehen uns wie magisch in ihren Bann. Moonlight Romance bietet wohlige Schaudergefühle mit Gänsehauteffekt, geeignet, begeisternd für alle, deren Herz für Spannung, Spuk und Liebe schlägt. Immer wieder stellt sich die bange Frage: Gibt es für diese Phänomene eine natürliche Erklärung? Oder haben wir es wirklich mit Geistern und Gespenstern zu tun? Die Antworten darauf sind von Roman zu Roman unterschiedlich, manchmal auch mehrdeutig. Eben das macht die Lektüre so fantastisch... Als die Karawane sich Susanne näherte, wurde aus dem scheinbar friedlichen Bild im Handumdrehen das völlige Grauen. Denn die Männer auf den Reittieren hatten keine normalen Gesichter, sondern blanke Totenschädel. Und sie hielten die Zügel in ihren Knochenhänden, die weiß aus den Ärmeln ihrer Mäntel herausragten. Susanne wich angstvoll zurück, dabei stolperte sie und fiel. Der Sand fing sie weich auf, doch sie fühlte sich in dieser liegenden Position ausgeliefert und bedroht, zumal die Berber sie plötzlich umringten. Ein geschlossener Kreis von Männern, deren weiße Totenschädel auf sie herab starrten, reglos, tot und doch zugleich von einem unheimlichen Leben erfüllt. Die junge Frau schrie um Hilfe, doch der Kreis zog sich immer enger um sie. Und als sich eine knöcherne Hand um ihren Hals legte und zudrückte, da schloss sie mit dem Leben ab. Gleißende Helligkeit und große Hitze hatten den ganzen Tag über dem ockerfarbenen Sand der Wüste gebrütet. Mit dem Sinken der Sonne und der kommenden Dämmerung wurde es schlagartig kalt. Der klare Himmel, an dem sich keine einzige Wolke zeigte, wechselte seine Farbe von einem strahlenden, hellen Blau zu einem verwaschenen Grau, in dem alle Konturen zu verwischen schienen und wurde dann über ein mattes Anthrazit zu einem tiefen Schwarz. Bald flimmerten die ersten Sterne am klaren Firmament. Unendlich weit erschien die Himmelskuppel, denn hier, mitten in der Wüste, wurde sie von keinem künstlichen Licht erhellt. Nur die Sterne spendeten matte Helligkeit, die Milchstraße glänzte wie ein Band aus ungezählten Diamanten. Groß und silbern stieg der Vollmond über die Dünen. In seinem kalten Licht erwachte das nächtliche Leben der Wüste. Skorpione tänzelten über den nun noch angenehm warmen Sand, ihren Stachel steil in die Höhe gerichtet. Wüstenrennmäuse nagten an dürren Grasstängeln, immer auf der Hut vor einer lautlos heranschleichenden Viper oder einem wendigen Wüstenfuchs. Ein leichter Wind wehte, nahm mit unsichtbaren Fingern Sandkörner auf, um sie an einem anderen Ort zu neuen Dünen zu schichten. Die Wüste war stets in Bewegung und sah niemals gleich aus.

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Leseprobe: Erotische Begegnung in Irland

Vincent Graham stand in dem großzügigen Büro seines Anwesens am Rande von Cork und ließ bedächtig den Hörer seines Telefons auf die Gabel sinken. Dass nun auch noch Agatha ausfiel, glich einer mittleren Katastrophe. Eben hatte die Haushälterin angerufen und ihm unter Tränen versichert, wie leid ihr das Dilemma tat. Sie war gestern Abend über eine Stufe gestolpert und hatte sich den Arm gebrochen. Ausgerechnet jetzt. In zwei Wochen musste er aus beruflichen Gründen für ein paar Tage nach Waterford. Es war weder möglich, diesen Termin abzusagen, noch konnte er Brenda in der Zeit allein lassen. Vincent rieb sich die Schläfen. Er brauchte eine Lösung – und zwar schnell. Er ließ sich auf den Bürostuhl aus schwarzem Leder fallen, der hinter seinem stattlichen Schreibtisch stand. Wo bekam er so rasch Ersatz für Agatha her?

Moonlight Romance – 42 –

Karawane der Geister

Sie kündet mitten in der Wüste von einem unfassbar uralten Fluch

Helen Perkins

Als die Karawane sich Susanne näherte, wurde aus dem scheinbar friedlichen Bild im Handumdrehen das völlige Grauen. Denn die Männer auf den Reittieren hatten keine normalen Gesichter, sondern blanke Totenschädel. Und sie hielten die Zügel in ihren Knochenhänden, die weiß aus den Ärmeln ihrer Mäntel herausragten. Susanne wich angstvoll zurück, dabei stolperte sie und fiel. Der Sand fing sie weich auf, doch sie fühlte sich in dieser liegenden Position ausgeliefert und bedroht, zumal die Berber sie plötzlich umringten. Ein geschlossener Kreis von Männern, deren weiße Totenschädel auf sie herab starrten, reglos, tot und doch zugleich von einem unheimlichen Leben erfüllt. Die junge Frau schrie um Hilfe, doch der Kreis zog sich immer enger um sie. Und als sich eine knöcherne Hand um ihren Hals legte und zudrückte, da schloss sie mit dem Leben ab.

Gleißende Helligkeit und große Hitze hatten den ganzen Tag über dem ockerfarbenen Sand der Wüste gebrütet. Mit dem Sinken der Sonne und der kommenden Dämmerung wurde es schlagartig kalt.

Der klare Himmel, an dem sich keine einzige Wolke zeigte, wechselte seine Farbe von einem strahlenden, hellen Blau zu einem verwaschenen Grau, in dem alle Konturen zu verwischen schienen und wurde dann über ein mattes Anthrazit zu einem tiefen Schwarz.

Bald flimmerten die ersten Sterne am klaren Firmament. Unendlich weit erschien die Himmelskuppel, denn hier, mitten in der Wüste, wurde sie von keinem künstlichen Licht erhellt. Nur die Sterne spendeten matte Helligkeit, die Milchstraße glänzte wie ein Band aus ungezählten Diamanten.

Groß und silbern stieg der Vollmond über die Dünen. In seinem kalten Licht erwachte das nächtliche Leben der Wüste. Skorpione tänzelten über den nun noch angenehm warmen Sand, ihren Stachel steil in die Höhe gerichtet. Wüstenrennmäuse nagten an dürren Grasstängeln, immer auf der Hut vor einer lautlos heranschleichenden Viper oder einem wendigen Wüstenfuchs.

Ein leichter Wind wehte, nahm mit unsichtbaren Fingern Sandkörner auf, um sie an einem anderen Ort zu neuen Dünen zu schichten. Die Wüste war stets in Bewegung und sah niemals gleich aus. Sie veränderte sich so schnell, dass selbst Einheimische, die ihr ganzes Leben hier verbracht hatten, sich nicht an Landmarken orientierten, sondern stets an den Gestirnen oder der vorherrschenden Windrichtung.

Es war eine fremde Landschaft voller exotischem Zauber, auf den ersten Blick unbewohnt und lebensfeindlich, erwachte in der Dunkelheit das Leben stets aufs Neue. Die Asketen im Tierreich fristeten hier ihr Dasein und bewegten sich nur im Schutze der Nacht. In ihrem Schutz aber geschahen auch noch andere Dinge. Dinge, die nicht natürlichen Ursprungs waren. Das erlebte Susanne Althoff in dieser Nacht.

Staunend schaute sie sich um und fragte sich, wie sie hierher gekommen war und was sie hier tat. Es dauerte nicht lange, bis sie bemerkte, wie die kühle Brise ihr Nachthemd aufblähte. Und da wurde ihr auch bewusst, was dies alles zu bedeuten hatte: Sie träumte!

Die junge Frau wunderte sich trotzdem, denn sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals einen solchen Traum gehabt zu haben. Gewiss war es weder unmöglich, noch allzu weit her geholt, denn Susanne war weitgereist. Als Reisekauffrau hatte sie schon viele Länder gesehen. Nach Beendigung ihrer Ausbildung hatte sie sich ein ganzes Jahr Auszeit genommen, um einige Länder besser kennen zu lernen. Sie wollte ihren Kunden gegenüber schließlich Kompetenz zeigen. Doch in der Wüste war sie in dieser Zeit nicht gewesen. Die Landschaft erschien ihr fremd, auch wenn sie eine gewisse Faszination auf die Träumende ausübte.

Zunächst schien es, als sei Susanne in dieser geträumten Umgebung ganz allein. Sie lief ein paar Schritte, folgte einem Weg, der einzig durch die tiefen Abdrücke der Dromedarhufe in den Sand geprägt war. Dabei fragte sie sich, wohin dieser Weg wohl führte, und welcher Sinn sich hinter ihrem Traum verbarg. Noch konnte sie sich dies nicht erklären. Doch sie war bereit, sich von ihrer Phantasie leiten zu lassen und abzuwarten.

Eine ganze Weile lang geschah nichts. Susanne folgte weiter dem Weg, der offenbar ins Nirgendwo führte. Denn je weiter sie ging, desto weiter dehnte sich der Pfad, wie dies in Träumen ja oft der Fall war. Immer neue Dünen ragten vor ihr auf, die Landschaft veränderte sich, blieb aber in gewisser Weise immer gleich. Als Susanne sich bereits an diese ermüdende Gleichförmigkeit gewöhnt hatte, geschah plötzlich etwas.

Vor ihr flackerte ein goldener Schein über dem Sand. Er stammte von einem offenen Feuer. Und dies war in einem Lager der umherziehenden Wüstenstämme entfacht worden, der so genannten Berber. Susanne spähte nach vorn, denn nun sah sie auch die traditionellen Zelte und daneben, großen, dunklen Flecken im Sand gleich, die ruhenden Dromedare. Es war eine Szene wie aus einem alten Film, exotisch und fremd.

Susanne blieb stehen, um das Ganze zu betrachten. Stille lag über den Zelten, die Menschen schienen bereits zu schlafen. Womöglich war dies eine Karawane von Handelsleuten, wie sie über viele Jahrhunderte die Menschen in entlegenen Dörfern und Oasen mit wichtigen Gütern versorgt hatten. Die junge Frau hatte darüber gelesen und es faszinierte sie, dies nun beobachten zu können, wenn auch nur in einem Traum.

Als Susanne noch näher herangehen wollte, hörte sie plötzlich etwas. Reiter kamen. Sie näherten sich rasch, und bereits wenige Augenblicke später herrschten Lärm und Tumult im Lager. Menschen wurden aus ihren Zelten gezerrt, Schreien und Wehklagen erfüllte die Luft. Die Szenen, die sich nun abspielten, waren grausig.

Die Träumende wandte sich ab. Sie wollte das nicht sehen, lief in die entgegen gesetzte Richtung davon, um den Überfall nicht miterleben zu müssen.

Eine Weile rannte Susanne durch den kühlen Sand, dann änderte sich unvermittelt alles. Die Sonne stieg rasch höher, ihr Licht riss die Wüste aus ihrem Zustand dunkler Stille. Helligkeit und Wärme trafen Susanne wie ein Schock. Sie beschattete die Augen mit einer Hand, hielt Ausschau nach einem Platz, an dem sie vor der Gluthitze Schutz suchen konnte. Da sah sie das Berberlager wieder. Die Zelte standen im hellen Tageslicht, aber die Tiere waren fort und niemand ließ sich blicken. Das Lager wirkte verlassen. Zögernd ging die junge Frau näher. Hinter den Zelten, etwas abseits stand etwas. Es sah aus wie ein hohes Gestell aus Holz. Susanne hielt darauf zu. Als sie es fast erreicht hatte, blieb sie stehen, als sei sie vor eine Wand gelaufen.

Das Holzgestell, das hier offenbar über Nacht und in aller Eile aufgebaut worden war, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Galgen. Ein breiter Balken bot genug Platz für mehrere Menschen, die hier aufgehängt worden waren. Ihre Körper baumelten an Seilen, schwangen langsam hin und her, so als sei das Grauenhafte eben erst vollzogen worden. Doch das konnte nicht sein, denn bei genauerem Hinsehen stellte Susanne fest, dass ihre Gesichter bereits blanke Totenschädel waren. Aus leeren Augenhöhlen schienen sie die junge Frau anzustarren und ihre blanken Kiefer grinsten sie hämisch an.

Das war zuviel für Susanne. Sie warf sich auf dem Absatz herum, rannte, so schnell sie konnte und schrie dabei ihr Entsetzen heraus. Von diesem Schrei erwachte sie endlich...

*

Schwer atmend, mit jagendem Puls und in Schweiß gebadet starrte Susanne mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich soweit beruhigt hatte, dass ihre zitternde Hand nach dem Lichtschalter tasten konnte.

Als ein gelblicher Schein über das Bett fiel, sah sie, dass es eben auf sechs Uhr zuging. Draußen war es jetzt, Ende November, um diese Zeit noch stockdunkel. Sie tastete in die zweite Betthälfte und stieß Markus, ihren Lebensgefährten an, der tief und fest schlummerte. Susanne musste diese Aktion mehrfach wiederholen, bevor sie eine Reaktion erhielt. Markus Schuster brummte unwillig. Er schien nicht aufwachen zu wollen.

Mit einem Seufzer erhob Susanne sich und verließ das Bett. Sie konnte nicht mehr einschlafen, sie musste erst versuchen, den schrecklichen Albtraum zu vergessen. Doch das war alles andere als einfach, denn die Bilder der Gehängten hatten sich in ihrer Erinnerung eingebrannt.

Die junge Frau ging in die Küche und wärmte sich etwas Milch. Mit dem vollen Becher trat sie hinter das schmale Küchenfenster und warf einen Blick auf die nächtliche Großstadt, die nie ganz zur Ruhe kam. Susanne war in Frankfurt geboren und hatte den Großteil ihres Lebens hier verbracht. Sie liebte die Stadt und konnte sich nicht vorstellen, woanders zu leben.

Als sie nach ihrer Ausbildung auf Stellensuche gegangen war, hatte sie Markus Schuster kennen gelernt. Der hatte sich seinerzeit gerade mit einem Reisebüro selbstständig gemacht und bot ihr spontan die Teilhaberschaft an. Das war typisch Markus. Was Susanne damals für erfrischende Spontaneität gehalten hatte, ging ihr heute, mehrere Jahre später, oft auf die Nerven. Markus war sprunghaft und besaß kein Durchhaltevermögen. Dass ihr Reisebüro mittlerweile gut lief, verdankte er Susannes Fleiß. Er selbst flirtete am liebsten mit der weiblichen Kundschaft oder war als Reisescout in aller Herren Länder unterwegs, um neue Hotels zu entdecken und Geschäftskontakte zu knüpfen.

Susanne wusste, dass er darin gut war. Aber sie hätte sich eben auch einen Partner gewünscht, der ihr nicht die ganze Routinearbeit überließ und dies auch noch als selbstverständlich betrachtete. Privat lief es in letzter Zeit zwischen ihnen nicht mehr wirklich gut. Sie stritten oft, weil Markus ihr vorwarf, kleinkariert zu sein und ihn einzuengen. Und sie fühlte sich im Gegenzug von ihm vernachlässigt und ausgenutzt. Die junge Frau gab sich Mühe, toleranter zu werden, denn sie liebte Markus. Aber ob diese Liebe auf Dauer die immer tiefer werdenden Gräben zwischen ihnen füllen konnte, erschien ihr eher zweifelhaft.

»Was ist denn los? Wieso bist du schon auf?« Markus kam barfuß in die Küche getapst und blinzelte. »Stimmt was nicht?«

»Ich hatte einen Albtraum«, erwiderte sie knapp.

»Und?« Er lehnte im Türrahmen, gähnte und beschwerte sich: »Deshalb weckst du mich? Das war wohl nicht unbedingt nötig.«

»Entschuldige.« Sie stellte den leeren Becher in die Spüle und wollte an ihm vorbei, zurück ins Schlafzimmer. »Wenn ich das nächste Mal schlecht schlafe, wende ich mich an die Telefonseelsorge.«

»He, Moment mal.« Er hielt sie am Arm fest. »Nun sei nicht gleich beleidigt. Wovon handelte denn dein Traum? Spinnen, Ratten oder vielleicht vom Finanzamt?«

»Sehr lustig.« Sie machte sich von ihm los und hatte nicht zum ersten Mal das deutliche Gefühl, sich nicht mehr auf ihn verlassen zu können. Und dabei fragte sie sich, ob es überhaupt je anders gewesen war...

Beim gemeinsamen Frühstück hockte Markus dann bleich und schweigsam vor seinem Teller. Er schien immer noch beleidigt zu sein, weil sie es gewagt hatte, ihn zu wecken.

»Denk bitte daran, dass wir später noch einem Termin mit Bauer haben wegen der Konditionen für das neue Hotel auf Mallorca«, erinnerte sie ihn, als er aufstehen wollte. »Es ist wichtig, dass wir das zusammen machen, dieser Bauer ist ein Schlitzohr.«

»Und was willst du damit sagen?«, brummte er. »Mag er keine Frauen? Falls doch, kannst du deinen Charme spielen lassen.«

»Denkst du, jeder muss deine Geschäftsmethoden anwenden?«

Er musterte sie fragend. »Warum so zickig? Ich hab nachher in der Stadt zu tun. Diesen einen Termin wirst du doch wohl auch allein schaffen, oder?«

»Natürlich.« Sie lächelte schmal. »Neben allem anderen.«

»Was soll denn das nun wieder heißen? Willst du damit vielleicht andeuten, dass ich nichts tue?«

Susanne schüttelte den Kopf. »Vergiss es. Ich habe keine Lust, mich zu streiten. Ich halte nur fest, dass du mich mal wieder im Stich lässt. Es war ausgemacht, dass wir gemeinsam mit Bauer verhandeln.«

Markus sagte nichts. Er hob nur die Schultern und damit schien der Fall für ihn erledigt zu sein.

Kaum hatten sie ihr Reisebüro in der Nähe der Zeil erreicht, war der junge Mann wie ausgewechselt. Bester Laune begrüßte er die beiden jungen Mitarbeiterinnen und flirtete sogleich mit einer attraktiven Kundin. Susanne verschwand im Büro, um sich auf den Termin vorzubereiten, den sie nun allein durchstehen musste. Sie ärgerte sich und war nicht ganz bei der Sache, denn der intensive Albtraum der Nacht ging ihr noch nach. Allmählich fragte sie sich, ob dies womöglich nur eine Metapher für ihr momentan nicht besonders harmonisches Leben mit Markus gewesen war. Alles schien ihr zu entgleiten. Je mehr sie sich bemühte, die Harmonie zwischen ihnen wieder herzustellen, desto unzugänglicher wurde ihr Freund. Hatte sie ihn bereits verloren?

Herbert Bauer war pünktlich und Susanne gegenüber recht charmant. Sie erzielte eine für ihr Unternehmen vorteilhafte Abmachung und wunderte sich, wie gut alles gelaufen war. Als sie aber versuchte, Markus telefonisch zu erreichen, um ihm die gute Neuigkeit mitzuteilen, landete sie nur auf der Mailbox seines Handys. Er blieb den ganzen Tag unauffindbar und auch telefonisch nicht erreichbar. Susanne ärgerte sich. Und je mehr Zeit verging, desto größer wurde ihr Ärger.

Gegen halb zehn, die Mitarbeiter waren längst gegangen, machte Susanne schließlich Feierabend. Markus hatte sich immer noch nicht bei ihr gemeldet. Sie verspürte den dringenden Wunsch, ihm einmal in aller Deutlichkeit die Meinung zu sagen. Doch dieser Vorsatz scheiterte allein an dem Umstand, dass er nie greifbar war. Wütend und enttäuscht fuhr sie heim und fragte sich nicht zum ersten Mal, was sie tun sollte. So konnte es jedenfalls nicht weitergehen. Ihr Leben verlief völlig anders, als sie sich das vorstellte. Aber wie sollte sie es ändern? Markus ging eigene Wege und wich jeder Aussprache konsequent aus...

Kurz nach Mitternacht kam ihr Freund endlich nach Hause. Er war bester Dinge, brachte eine Flasche Champagner mit und erzählte ausführlich von dem Deal, den er heimlich unter Dach und Fach gebracht hatte. Es ging dabei um Reisepakte auf einem Luxusliner, an denen gutes Geld zu verdienen war. Susanne hörte ihm allerdings kaum zu und lehnte auch dem Champagner ab.

»Ich mag deine Alleingänge nicht«, erklärte sie kühl. »Ich habe den Eindruck, dass du dein eigenes Leben lebst, und dass ich darin keine Rolle mehr spiele.«

»So ein Quatsch«, knurrte er sauer. »Kannst du dich denn nicht mal freuen, wenn ich dich überrasche? Früher war das anders.«