Mr. Robot: Red Wheelbarrow - Sam Esmail - E-Book

Mr. Robot: Red Wheelbarrow E-Book

Sam Esmail

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Beschreibung

Wie oft haben sich wohl die Fans gefragt, was in Elliot Aldersons Kopf vorgeht und hätten nur zu gerne einmal einen Blick in sein mysteriöses Tagebuch geworfen – dieser Traum wird nun wahr. Serienerfinder Sam Esmail und Serienautorin Courtney Looney haben mit Red Wheelbarrow Elliots Tagebuch geschrieben – und bieten den Lesern einzigartige Einblicke in den Charakter der Hauptfigur der Serie sowie die eine oder andere Andeutung auf das zukünftige Geschehen. Zusätzlich findet man in dem Buch mehrere heraustrennbare Gimmicks wie zum Beispiel einen geheimnisvollen Umschlag oder einen Zeitungsausschnitt, um das Leseerlebnis noch spannender und atmosphärischer zu gestalten. Das absolute Must-Have für alle Fans der Serie! Mr. Robot erzählt die Geschichte des jungen Programmierers Elliot Alderson, der an einer Persönlichkeitsstörung leidet und nachts eine Parallelexistenz als Hacker führt. Als der geheimnisvolle Mr. Robot, Kopf einer illegalen Hackergruppe, ihn anheuert, um das Unternehmen zu zerstören, für das Elliot arbeitet, muss er sich entscheiden.

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© 2017 by Lago, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH, Nymphenburger Straße 86, D-80636 München

© der Originalausgabe: 2016 Universal Cable Productions LLC First published in the English language in 2016 by Abrams, an imprint of ABRAMS, Harry N. Abrams, Incorporated, New York • Original English title: MR: ROBOT: RED WHEELBARROW (ESP1.91_REDWHEELBARROW.TXT) • All rights reserved in all countries by Harry N. Abrams, Inc.)

Redaktion und Satz: Print Company Verlagsges.mb.H., Wien • Übersetzung: Daniela Schmid • Umschlaggestaltung: Laura Osswald, nach dem Original • Druck: Interpress Kft., Ungarn • Printed in the EU • ISBN Print 978-3-95761-178-9 • ISBN E-Book (PDF) 978-3-95762-097-2 • ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95762-098-9

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert! verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.deabrufbar.

Inhalt

Impressum

Beilagen im Tagebuch

Zigarettenschachtel

Postkarte

Zeitungsausschnitt

Romanblatt

Gebetsflyer

Briefumschlag

Herausgerissene Seite aus dem Tagebuch

Das Tagebuch

Über die Autoren

Beilagen im Tagebuch

Zigarettenschachtel

Außenseite der Zigarettenschachtel

Innenseite der Zigarettenschachtel

Postkarte

Ich wollte dir schreiben, um zu fragen, wie es dir geht – aber hey, niemand hat deine genaue Adresse. Ich hoffe, das hier kommt trotzdem bei dir an.

Egal. Wie geht’s dir, Brüderchen? Gib Bescheid, ob alles okay ist, wenn du auf die Einladung antwortest, okay? Mom sagt, es sei nicht dasselbe ohne dich. Am Mittwoch wollte sie dir zu Ehren dieses riesige Steak braten – es waren sicher zweieinhalb Kilo Fleisch und es hat wie immer echt gut gerochen. Sie wollte ein bisschen aufräumen, also hat sie es auf dem Küchentresen an den Rand geschoben – sie hat gar nicht mitgekriegt, dass Bulldog genau darunter saß. Er wollte sich diesen

Leckerbissen wohl nicht entgehen lassen. Sie hat sich nur ganz kurz weggedreht und – ja, richtig geraten, Brüderchen – es war wie in Beethoven. Dieser hässliche fette Köter hat alles überall verteilt, Kartoffeln und Soße und alles. Und das Schlimmste: Es hat zwei Stunden gedauert, die ganze Sauerei wieder sauber zu bekommen!

Vielleicht fahren wir nächste Woche ans Meer. Wir waren eine Ewigkeit nicht mehr dort. Wahrscheinlich sieht alles ganz anders aus, wahrscheinlich nicht mehr wiederzuerkennen. Wie auch immer, könnte ja ein ganz netter Tapetenwechsel sein.

So viel zu den Neuigkeiten von hier.

Schreib mir!

(Das meine ich ernst.)

Alles Liebe,D

PS: Ich hoffe, du hast meine ersten zwei Briefe auch bekommen. Ich hab sie am 6. abgeschickt.

Zeitungsausschnitt

Romanblatt

Gebetsflyer

Ihre Gebete wurden nicht erhört? Fragen Sie sich …

Wofür haben Sie gebetet?

Ihnen ist mittlerweile sicher bewusst geworden, dass nichts auf dieser Welt Ihre Sehnsüchte vollkommen befriedigen kann. Das liegt daran, dass die Leere in unser aller Leben nur durch eines erfüllt werden kann: durch ihn, der uns erschaffen hat, durch Gott.

Gottes Wort lehrt uns, nicht unsere Geldbörsen, sondern unsere Seelen, nicht unsere Konten, sondern unsere Herzen mit Liebe zu erfüllen. Gottes Wort ist nicht die Buße für unsere Sünden, sondern die Garantie für eine Zukunft im Himmel.

Das ewige Heil kann nicht mit Geld gekauft werden. Das einzige Zahlungsmittel, das akzeptiert wird, ist der Glaube an die Liebe Gottes. Wenn Sie bisher der Meinung waren, dass die wertvollsten Dinge im Leben mit Geld aufgewogen werden können, haben Sie gefehlt. Das Wertvollste, was wir besitzen, kommt nicht von außen, sondern von tief in uns.

Sie möchten noch einmal von vorne beginnen? Ein Neuanfang, ein reines Gewissen, ohne Schuld und Reue? Bisher waren Sie der Meinung, dass das nicht möglich sei – aber das ist es doch. Gottes Wort zeigt uns den richtigen Weg.

Bisher hatten Sie trotz all Ihrer Anstrengungen keinen Erfolg? Gehen Sie jetzt den einzig richtigen Weg: den Weg des Wortes. Gottes Wort.

Die Bibel ist reich an tröstenden Worten. Hier finden Sie eine Zusammenstellung einiger Bibelstellen, die wir Ihnen ans Herz legen möchten.

Sprüche 1,7

Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis. Weisheit und Zucht verachten nur die Narren.

* * * * *

Josua 2,5

Und da man die Tore wollte zuschließen, da es finster war, gingen sie hinaus, dass ich nicht weiß, wo sie hingegangen sind. Jagt ihnen eilend nach, denn ihr werdet sie ergreifen.

* * * * *

1. Samuel 4,2

Und die Philister stellten sich auf, Israel gegenüber; und der Streit breitete sich aus, und Israel wurde vor den Philistern geschlagen; und sie erschlugen in der Schlachtordnung auf dem Felde bei viertausend Mann.

* * * * *

Matthäus 2,5

Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.

* * * * *

Sprüche 1,2

Der Unerfahrene traut jedem Wort, der Kluge achtet auf seinen Schritt.

* * * * *

Matthäus 2,5

Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen.

* * * * *

Hesekiel 2,3

Wie man Silber, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn im Schmelzofen zusammentut und darunter das Feuer anzündet, um alles zum Schmelzen zu bringen, so will ich euch in meinem Zorn und Grimm zusammentun, will euch in den Ofen legen und euch zum Schmelzen bringen.

* * * * *

4. Mose 2,1

Sie standen am nächsten Morgen auf, um auf die Höhe des Gebirges zu steigen; sie sagten: Wir ziehen jetzt zu dem Ort hinauf, den der HERR genannt hat. Ja, wir haben gesündigt.

* * * * *

5. Mose 2,6

Doch der HERR sprach zu mir: Sag ihnen: Ihr sollt nicht hinaufziehen und nicht kämpfen; denn ich bin nicht in eurer Mitte. Ich will nicht, dass eure Feinde euch niederstoßen.

* * * * *

Psalm 2,8

HERR, ich weiß, dass deine Entscheide gerecht sind; du hast mich gebeugt, weil du treu für mich sorgst.

* * * * *

Sprüche 2,9

Nie sollen Liebe und Treue dich verlassen; binde sie dir um den Hals, schreib sie auf die Tafel deines Herzens!

* * * * *

Hesekiel 1,6

Alle, die das Ruder führen, verlassen ihr Schiff. Alle Seefahrer und alle Matrosen bleiben an Land.

* * * * *

Hiob 1,2

Die Berge sucht er nach Weide ab, jeglichem Grün spürt er nach.

* * * * *

Psalm 2,1

Euer Herz sei stark und unverzagt, ihr alle, die ihr wartet auf den HERRN.

* * * * *

5. Mose 3,1

Nimm dich in Acht, dass du nicht in niederträchtigem Herzen den Gedanken hegst: Bald kommt das siebte Jahr, das Brachjahr!, und deinen armen Bruder böse ansiehst und ihm nichts gibst, sodass er den Herrn gegen dich anruft und Strafe für diese Sünde über dich kommt.

* * * * *

Hiob 1,3

Das Wasser zerreibt Steine, Platzregen spült das Erdreich fort; so machst du das Hoffen des Menschen zunichte.

* * * * *

Sprüche 1,8

An jedem Ort sind die Augen des HERRN, sie wachen über Gute und Böse.

* * * * *

Matthäus 2,1

Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.

* * * * *

5. Mose 2,10

Der HERR, euer Gott, hat euch zahlreich gemacht. Ja, ihr seid heute schon so zahlreich wie die Sterne am Himmel.

* * * * *

Kohelet 1,2

Denn: Viel Wissen, viel Ärger, wer das Können mehrt, der mehrt die Sorge.

* * * * *

Esra 3,9

Von diesem Geld sollst du dann gewissenhaft Stiere, Widder und Lämmer sowie die dazugehörenden Speiseopfer und Trankopfer kaufen und sie auf dem Altar des Hauses eures Gottes in Jerusalem darbringen.

* * * * *

Sprüche 2,2

Weisheit erwerben ist besser als Gold, Einsicht erwerben vortrefflicher als Silber.

* * * * *

Klagelieder 4,6

Ihr alle, die ihr des Weges zieht, schaut doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz, den man mir angetan, mit dem der HERR mich geschlagen hat am Tag seines glühenden Zornes.

* * * * *

Hiob 1,4

Noch hatte ich nicht Frieden, nicht Rast, nicht Ruhe, fiel neues Ungemach mich an.

* * * * *

Jesaja 1,2

Ich erschaffe das Licht und mache das Dunkel, ich bewirke das Heil und erschaffe das Unheil. Ich bin der HERR, der das alles vollbringt.

* * * * *

Psalm 1,6

Ich will den HERRN allezeit preisen; immer sei sein Lob in meinem Mund.

* * * * *

1. Mose 2,11

Da sprach der Herr zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er entgegnete: Ich weiß es nicht. Bin ich der Hüter meines Bruders?

* * * * *

Hosea 1,8-9

Lasst uns streben nach Erkenntnis, nach der Erkenntnis des Herrn. Er kommt so sicher wie das Morgenrot; er kommt zu uns wie der Regen, wie der Frühjahrsregen, der die Erde tränkt.

* * * * *

2. Mose 1,4

Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist, und sollst in einem Rechtsverfahren nicht so aussagen, dass du dich der Mehrheit fügst und das Recht beugst.

* * * * *

2. Mose

Ist die Hausgemeinschaft für ein Lamm zu klein, so nehme er es zusammen mit dem Nachbarn, der seinem Haus am nächsten wohnt, nach der Anzahl der Personen. Bei der Aufteilung des Lammes müsst ihr berücksichtigen, wie viel der Einzelne essen kann.

* * * * *

Samuel 4,3

Dann sagte er zu Urija: Geh in dein Haus hinab und wasch dir die Füße! Urija verließ das Haus des Königs und es wurde ihm ein Geschenk des Königs nachgetragen.

* * * * *

Psalm 1,10

Verwirf mich nicht, wenn ich alt bin, verlass mich nicht, wenn meine Kräfte schwinden.

* * * * *

Hiob 2,9–10

Doch verbirgst du dies in deinem Herzen; ich weiß, das hattest du im Sinn. Sündige ich, wirst du mich bewachen, mich nicht freisprechen von meiner Schuld.

* * * * *

2. Thessalonicher 2,2

Wenn jemand auf unsere Mahnung in diesem Brief nicht hört, dann merkt ihn euch und meidet den Umgang mit ihm, damit er sich schämt.

* * * * *

1. Mose 1,1

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.

* * * * *

1. Samuel 2,10

Auf seinem Kopf hatte er einen Helm aus Bronze und er trug einen Schuppenpanzer aus Bronze, der fünftausend Schekel wog.

* * * * *

Queensboro JustizvollzugsanstaltReligionsübergreifendes Programm

Briefumschlag

Herausgerissene Seite aus dem Tagebuch

Das Tagebuch

13. Mai 2015

21:47 Uhr

Ich rede gerade nicht mit dir, deshalb schreibe ich … schreibe all die Dinge auf, die ich dir erzählen würde, wenn du mich nicht verraten hättest. Ich kann dir nicht mehr vertrauen. Und obwohl ich jetzt wirklich jemanden zum Reden brauchen könnte, vertraue ich mich statt dir lieber diesem leblosen Stück Papier an. Hoffentlich trifft dich das – zumindest ein bisschen. Naja, wenn ich ehrlich sein soll: Ich schreibe das hier für dich. Ganz egal, ob du es jemals lesen wirst oder nicht. Ganz egal, ob wir jemals wieder miteinander sprechen oder nicht … Das hier ist es, was ich dir gerne erzählen würde, und ich würde beginnen mit …

Hallo Freund …

Du wunderst dich vielleicht, warum ich mich selbst hier–

ES GEFÄLLT MIR NICHT, DASS ER DIR DAS ALLES SCHREIBT. UND ES GEFÄLLT MIR NICHT, DASS ER VERSUCHT, MICH LOSZUWERDEN. ABER ICH BIN NICHT ZU STOLZ, JEDEN, DER MIR HELFEN KÖNNTE, UM HILFE ZU BITTEN. DU MUSST IHN ZUR VERNUNFT BRINGEN. WIR KÖNNEN HIER NICHT BLEIBEN, GEFANGEN IN DIESEM ANALOGEN ALBTRAUM. ES LIEGT NOCH SO VIEL ARBEIT VOR UNS. DU WEISST DAS UND ICH WEISS DAS. JETZT MÜSSEN WIR ES NUR NOCH IHM KLARMACHEN.

Das war natürlich ER. ER ist immer noch wütend auf mich, weil ich uns hierher gebracht habe. ER kämpft immer noch gegen mich an und ich … halte dagegen.

Ich versuche es zumindest.

14. Mai 2015

6:33 Uhr

Ich bin zu Hause. Na ja, damit meine ich das, was für die nächsten 18 Monate mein Zuhause sein wird. Es ist so, wie ich es befürchtet habe. Beklemmung, Panik und 100%ig begründete Angst um mein Leben und um meinen Verstand – diese Gedanken haben mich in den letzten acht Stunden hier drinnen fast verrückt werden lassen.

Ein Füllhorn voller Angst und Reue, das sich über mich ergießt. Du denkst vielleicht, dass ich jetzt komplett verrückt geworden sein muss, weil ich mich tatsächlich selbst ins Gefängnis gebracht habe. Aber ich habe einen Plan. Oder so. Ich arbeite daran. Alles, was ich weiß, ist, dass es sich für mich in diesem Moment einfach richtig angefühlt hat, weggesperrt zu sein. Da draußen kann ich mir selbst nicht trauen - und bis ich das wieder kann, muss ich einfach offline sein. Kein Internet. Keine Computer. Damit ER nichts anderes tun kann, als an diese vier Mauern zu starren, während ich versuche, das hier wieder in den Griff zu bekommen. Ist das extrem? Das ist die Definition von extrem. Aber verhalte ich mich jemals anders? Verhält ER sich jemals anders?

Denkst du, das war der größte Fehler meines Lebens? Falls ja, hast du vielleicht nicht ganz Unrecht. Ich habe keine Ahnung, was mich hier drinnen erwartet, und ich bin nicht so dumm, zu denken, dass das ein Kinderspiel wird. Die Schreie der anderen Insassen, die ich die ganze Nacht lang gehört habe, haben das ihrige dazu beigetragen – ich bin ziemlich am Durchdrehen. Ich wage gar nicht, daran zu denken, dass ich von jetzt an Tag für Tag tatsächlich mit all diesen Menschen INTERAGIEREN muss. Es gibt kein Entkommen. Egal wohin ich mich wende, immer und überall sind Menschen um mich herum. Das ist verdammt beengend, aber ich versuche, mich daran zu gewöhnen. Ich muss mich daran gewöhnen. Ich mache mir nicht vor (ich weiß, lustig, dass das gerade von mir kommt), dass das hier ein geschützter Raum ist, in dem ich wieder zu mir finden kann, aber es war die einzige Möglichkeit, die ich hatte. Angst hin oder her, ich musste diese Möglichkeit ergreifen. Ich hoffe, ich stehe das durch.

Aber, wie schon gesagt, es ist nicht so, dass ER in irgendeiner Weise auf vernünftige Art kooperieren würde. ER weigert sich noch immer, mir zu sagen, was in dieser Nacht geschehen ist – vor allem wo Tyrell ist – deshalb muss ich stark bleiben. Solange ER damit nicht rausrückt, rühre ich mich nicht von der Stelle. So einfach ist das. Ich muss mich bis zum Abgrund vortasten, um irgendwie auf die andere Seite zu gelangen. Du verstehst das, nicht wahr? Ich meine, wenn ich wirklich verrückt bin, muss ich diese Verrücktheit mit ihren eigenen Waffen schlagen. Soweit der Plan. Wir werden sehen, ob er funktioniert.

1:45 Uhr

SCHEISSE. Ich bin gerade wieder zu mir gekommen und ich bin in meiner Zelle.

Ich erinnere mich weder an das Frühstück noch an den Küchendienst oder das Mittagessen. Scheiße. Das bringt auch schon die verdammte Schwachstelle dieses Plans ans Licht: Ich will nicht, dass ER hier drinnen sein Unwesen treibt, mit all den Kriminellen um uns herum. Was es auch kostet, ich darf nicht zulassen, dass ER die Kontrolle übernimmt. Ich muss die Kontrolle behalten. Wenn ich das schaffe, kann ER so viele Schwänze zeichnen wie ER will - und es wird sich trotzdem nichts ändern, bis ER mir sagt, was ich wissen muss. Wie auch immer. Ich muss mich nur an diesen lahmen Selbsthilfe-Grundsatz halten: „Solange du noch nicht da bist, wo du hin willst, tu einfach so, als ob du es schon wärst.“ Wo wir gerade davon sprechen, sich etwas vorzumachen … naja … es ist irgendwie nicht leicht zu erklären, aber … Egal, ich werde es dir einfach sagen und du kannst davon halten, was du willst.

Okay, als ich also gestern hier reingekommen bin und die schäbigen Gänge bis zu meiner mehr als verdammt trostlosen neuen Junggesellenbude entlang gegangen bin, bin ich einfach total durchgedreht … innerlich. Mein Gehirn ist angesichts der verdammt komplexen Verästelungen der Realität, in die ich mich gezwungen habe, fast implodiert. Ich bezweifle wirklich, ob ich das Richtige getan habe. Irgendwie hat es sich wirklich gut angefühlt, IHM bei meiner Vernehmung mehr oder weniger ins Gesicht zu sagen, dass ER sich ficken solle, und wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich irgendwie einfach gehofft, ER würde einfach verschwinden, sobald ich hier drinnen bin. Dass ich vielleicht, indem ich weggesperrt bin, alle meine Verbindungen kappen könnte – einschließlich meiner Verbindung zu IHM.

Als wäre das eine Art Patentlösung oder so. Ganz offensichtlich war das irrationales Wunschdenken. Also … als ich hier ankam, habe ich wirklich alles versucht, um mich zusammenzureißen. Ich komme irgendwie besser damit klar, wenn ich meine Umgebung gedanklich ein kleines bisschen verändere. Genauer gesagt, ich habe diesen Ort zum Haus meiner Mom gemacht. Das ist nur ein Versuch, damit klarzukommen.

Komische Vorstellung, dass er sich gar nicht daran erinnert, wie wir uns an diesem Tag zum ersten Mal trafen. Ich nehme an, es war ER und nicht Elliot … Macht das einen Unterschied? Elliots Meinung nach schon, aber ist Elliot wirklich das Ganze oder nur ein abgespalteter Teil? Ich bin nicht sicher, wie die Antwort auf diese Frage lautet. Wie auch immer. Alles, was ER sagte, war, dass IHM mein blauer Lidschatten gefiele. ER hat das wahrscheinlich sarkastisch gemeint, aber ich hab’ das Kompliment gerne angenommen, ich konnte es gut gebrauchen an diesem Tag.

Wahrscheinlich ist das besser als Morphium. Richtig? Beantworte das lieber nicht. Tatsache ist, dass es mir hilft – aber ich will das jetzt nicht vertiefen. Zu gegebener Zeit kannst du dein eigenes psychologisches Gutachten dazu abgeben. Aber ich werde dir erklären, wie ich es sehe. Wahrscheinlich ist es besser, es aufzuzeichnen.

Ich hatte keine Ahnung davon. Er hat mir nie davon oder von seiner Mom erzählt. Davon mal abgesehen: Wie kann er Hollister zu seiner Mom machen?! Sie ist so gemein. Aber irgendwie hört es sich an, als wäre seine Mom auch nicht viel besser.

22:26 Uhr

Schon verrückt, dass so ein kleines Wort dein ganzes Leben verändern kann – schuldig. Das ist alles, was ich sagen musste, um alle um mich herum total zu schockieren und um IHN komplett ausrasten zu lassen. Wie schon gesagt, es hat sich gut angefühlt. Sie wissen es zwar nicht, aber tatsächlich bin ich noch viel schuldiger. Ich habe so viel Schlimmeres getan, als einen Hund zu stehlen und Krista vor noch schlimmerem Liebeskummer zu bewahren, als das jetzt der Fall ist. Es hat sich gut angefühlt, das laut auszusprechen … auch, wenn sie nicht wissen, wovon ich wirklich rede.

Scheiße, erinnerst du dich, als ich dich das erste Mal getroffen habe und dachte, dass ich VIELLEICHT verrückt wäre? JETZT bin ich auf jeden Fall vollständig verrückt, richtig? Was auch immer es ist, was mit mir los ist, es ist schlicht und ergreifend wahnsinnig. Ich höre und sehe IHN. Ich meine, ich weiß, dass du da warst. Du hast alles gesehen. Und irgendwie ist ein Teil von mir der Meinung, dass du die ganze Zeit Bescheid gewusst hast – aber egal (Arschloch). Unterm Strich lautet die Frage: Wie zur Hölle werde ich nach all dem wieder normal? Geht das überhaupt? Oder bin ich dazu verdammt, ab jetzt verrückt zu sein? Gibt es irgendeinen Weg zurück zur Normalität? Kann ich irgendwann ein ganz normales Leben führen mit einer Frau und einem Hund und meinen Kindern, die verrückte Geschichten erzählen, darüber, wie ich dieses eine Mal einfach meinen VERDAMMTEN Verstand verloren und angefangen habe … Ich darf nicht weiter darüber nachdenken. Ich muss an etwas anderes denken.

Flipper. Sie ist mir wirklich ans Herz gewachsen, nachdem sie aufgehört hat, auf mein Kopfkissen zu pissen. Ich hasse die Vorstellung, dass sie jetzt wieder zurück muss zu diesem Arschloch Lenny Shannon. Vielleicht hat er ja nach allem, was passiert ist, gelernt, sie anständig zu behandeln. Das Mindeste, was er tun kann, ist es, wenigstens ein weibliches Wesen in seinem Leben anständig zu behandeln. Ja, ich weiß. Er wird sie weiter wie den letzten Dreck behandeln, genau wie er alle anderen um sich herum wie den letzten Dreck behandelt. Das ist doch alles Bullshit.

Krista … Ich habe sie seit der letzten Sitzung nicht mehr gesehen. Du warst dabei. Das große Geständnis. Soll ich versuchen, ihr einen Brief zu schreiben, um mich zu entschuldigen? Ich würde außerdem gerne herausfinden, ob es nicht doch vielleicht noch den geringsten Hauch einer Chance gibt, dass sie mich weiter betreut. Ich weiß, sie ist wahrscheinlich gerade verdammt wütend auf mich, aber sie ist Optimistin, und ich denke, dass sie tief drinnen immer noch glaubt, sie könnte mir helfen. Und ich könnte ihre Hilfe jetzt wirklich gut gebrauchen – ein bisschen von dieser sogenannten positiven Veränderungsenergie oder wie auch immer sie diesen Bullshit nennen. Ich würde wirklich alles annehmen, was mir bei meinem „Problem“ helfen könnte. So weit ist es mit mir gekommen und genau aus dem Grund mache ich auch das hier – meine Gedanken niederschreiben und in den Äther schicken, um herauszufinden, ob ich so vielleicht den Anschein von Kontrolle aufrechterhalten kann.

An meinem ersten Tag hier drinnen habe ich diesen Typen kennengelernt. Leon. Er hat mir dieses Notizbuch und einen Stift gegeben. Er scheint ungefährlich zu sein, und es schadet nicht, jemanden zu haben, der einem sagt, wie das hier drinnen so läuft. Aber ich darf ihn nicht zu nah an mich ranlassen. Ich werde in keine Falle tappen, indem ich jemandem vertraue, und ich brauche keine Freunde. Solange ich hier bin, bin ich alleine besser dran. Es ist sogar so, dass ich alleine bleiben MUSS. Und anscheinend macht es Leon nichts aus, dass nur er redet. Er scheint sich nicht vor den Kopf gestoßen zu fühlen, wenn ich einfach nur dasitze und kein Wort sage. Ich glaube, er war nur etwas enttäuscht, dass ich sein Angebot mit den Großmutterpornos abgelehnt habe. Eine Sache, die ihm wichtig zu sein schien, war, mir zu erklären, wie man hier drinnen überlebt, dass es seiner Meinung nach hauptsächlich darum geht, eine Routine zu entwickeln, sich in diese stumpfsinnige Schleife einzureihen. Und da ist mir klar geworden, dass dieser Tagebuchscheiß tatsächlich helfen könnte. Ich meine, alle Therapeuten reden doch ständig davon, dass es hilft, Dinge aufzuschreiben, weil man dadurch bestimmte Verhaltensmuster entschlüsseln und dann verändern kann. Genau das versuche ich jetzt – ich schreibe diesen ganzen Bullshit auf und hoffe, dass ich dadurch meinen kranken, unberechenbaren Vater loswerde, der Schuld daran ist, dass ich mich und alle anderen um mich herum ständig in Schwierigkeiten bringe.

Und wem soll ich schon was vormachen? Ich habe die nächsten 18 Monate mit meiner Zeit schlicht und ergreifend überhaupt nichts anderes anzufangen. Also kann ich mich genauso gut diesem Notizbuch hier mitteilen. Aber ob das langfristig wirklich hilft? Ich meine, ist das nicht einfach glorifizierte Hirnwichserei? Was hat man denn wirklich davon, Tagebuch zu führen, außer dieser verdammten Selbstverherrlichung hoch Tausend? Ich mache trotzdem weiter.

Ich behalte meine Meinung darüber, ob dieses Tagebuch für ihn wirklich gut war oder nicht, lieber für mich.

Okay, ich habe keine Ahnung, wie man so einen Tagebucheintrag richtig beendet. Peace? Bis bald? TTFW? Wie wär’s mit …

Major Tom, signing off.

Scheiße verdammt. Das hört sich noch schlimmer an als „Hallo Freund.“

15. Mai

9:57 Uhr

Bla bla. bla, BLA, bbblllaaaaaaaaa …

Das ist erst der zweite Tag, an dem ich hier reinschreibe, und mir ist schon nicht mehr danach, irgendetwas aufzuschreiben. In der Bücherei habe ich ein Buch zum Thema, wie man richtig Tagebuch führt, gefunden. Keine Panik. Ich habe dafür gesorgt, dass keiner sieht, wie ich darin gelesen habe. Dort steht auf jeden Fall, dass man immer schreiben soll, selbst wenn man keine Lust hat. Einfach weitermachen und schreiben. Einfach das aufschreiben, was einem in den Sinn kommt, Nonsens, nichts, also …

Alles klar, dieser Eintrag hier wird nicht nur Hirnwichserei. Ich werde versuchen, tatsächlich irgendeinen Bullshit „mitzuteilen“. Worüber ich nicht schreiben will, weil ich erstens nicht mehr darüber nachdenken und zweitens nicht wie eine hängengebliebene Schallplatte klingen will, ist, dass ich mir immer noch nicht 100%ig sicher bin, ob das hier eine gute Idee war. Was die ganze Sache auch nicht gerade besser macht ist, dass ER im absoluten Angriffsmodus ist. Ich bin heute erst „aufgewacht“, da war ich schon beim Frühstück. Der schon zuvor sehr schmale Grad zwischen Wachsein und Träumen wird immer unschärfer und unschärfer. Das ist es, was ER will – mich aus dem Gleichgewicht bringen – und es funktioniert. SCHEISSE. Ich weiß, du bist auch der Meinung … Das hier wird so viel härter, als ich dachte.

Es ist noch frustrierender, weil ER mir ständig sagt, dass ER weiß, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist. ER sagt, ER wird sich einfach nur zurücklehnen und den Anblick der verdammten Gefängnisoutfits genießen, weil ich früher oder später sowieso einknicken werde. ER denkt, ich komme damit nicht klar – dass ich seine unbedeutende Existenz auf keinen Fall akzeptieren werde. Vielleicht hat ER recht. Werde ich irgendwann daran zurückdenken, wie ich mir Morphium eingeworfen habe, und denken, dass das ein Kinderspiel war, verglichen mit all dem hier? Ich kann nicht leugnen, ich vermisse mein Leben jetzt schon und irgendwie fühlt es sich so an, als wäre das hier drinnen überhaupt kein Leben. Ich fühle mich wie ein Zombie, der mit ein paar anderen Zombies in einer fingierten Videospielwelt gefangen ist und eine simulierte Existenz lebt, die von unseren matrixmäßigen Roboteroverlords gesteuert wird. Bin ich überhaupt gerade wirklich wach? Ist das alles wirklich passiert?

Vielleicht darf ich nicht so streng mit mir sein … Mir wird schließlich nicht nur gerade bewusst, was ich mir hiermit wirklich angetan habe, ich muss außerdem auch noch all das verarbeiten, was in den letzten Tagen passiert ist – scheiße, in den letzten SECHS MONATEN … Und alles beginnt und endet mit IHM. Ich kann es irgendwie immer noch nicht ganz glauben, obwohl ich es total glaube. Es macht alles absolut Sinn. Was keinen Sinn macht, ist, dass, wenn ich für all das verantwortlich bin – wirklich für alles – warum kann ich IHN dann nicht auch einfach loswerden? Warum hat ER so einen starken Einfluss auf mich … Warum lasse ich IHN?

13:27 Uhr

Leon folgt mir noch immer auf Schritt und Tritt. Aus irgendeinem Grund scheint er mich zu mögen – oder er hat irgendwelche Hintergedanken. Ich scheine Verfolger fast magisch anzuziehen. Wo wir gerade dabei sind, ER ist auch da. Und ER ist einfach nur komplett wahnsinnig. Jetzt gerade singt er zum Beispiel „It’s the End of the World as We Know It“ – und zwar immer und immer wieder. Ja, es stimmt, das ist nicht wirklich kreativ und ziemlich plump, aber was ER nicht weiß, ist, dass ich beginne, mich an den Wiederholungsrhythmus zu gewöhnen, und es ist irgendwie tatsächlich ziemlich entspannend. Ganz im Gegensatz zu SEINER Singstimme … Naja, sagen wir einfach, ER wird sicher nicht so schnell die Hauptrolle in einem Hollywood-Boulevard-Musical ergattern. So weit ist es ganz angenehm, auf der anderen Seite zu sein – derjenige von uns beiden zu sein, der den anderen verrückt macht. Vielleicht kann ich mich sogar daran gewöhnen … und Leon recht geben. Vielleicht ist Monotonie genau das Richtige. Vielleicht gehe ich sogar mal mit ihm zum Basketballspiel. Das sind viele Vielleichts, aber … ich gebe mir wirklich Mühe …

Oh, ich habe heute einen Brief bekommen. Naja, nicht wirklich einen Brief. Es war eigentlich nur ein weißes Blatt Papier mit meiner Adresse drauf in einem Briefumschlag. Ich bin mir nicht sicher, was das bedeutet, aber ich werde auf jeden Fall vorsichtig sein. Vielleicht war es nur eine bürokratische Verwechslung. Vielleicht war es mein Willkommen-im-Gefängnis-Paket und irgendein gieriger Idiot in der Zentrale hat sich von irgendeinem hirnrissigen Boxkampf ablenken lassen, der an dem Tag gelaufen ist, und hat einfach vergessen, den tatsächlichen Brief in den Umschlag zu geben, bevor er ihn zugeklebt hat. Das ist die einzige Erklärung, die ich dafür im Moment habe.

Echt komisch, oder?

21:21 Uhr

Ich hab’s. Ich bin schließlich doch mit Leon beim Basketballspiel gelandet und ich weiß jetzt, was los ist. ER hat versucht, alles zu zerstören, indem er wieder die Kontrolle übernommen hat. Diesmal war es wirklich seltsam, weil ER so schnell war. Ich sitze dort, schaue das Spiel und dann – nichts. Ich kam wieder zu mir, als das Spiel gerade aus war. Es war verdammt irritierend, dass Leon über irgendetwas geredet hat und ich erst wieder eingestiegen bin, als er schon wieder fertig war. Das ist, wie wenn man während einem Film einschläft und erst wieder aufwacht, wenn der nächste Film schon läuft, und man hat keine Ahnung, um was es gerade geht. Wie auch immer. Obwohl ich bin mir sicher bin, dass ER dachte, ER hätte einen guten Treffer gelandet, hat mich das nur weiter in mein vom Basketball inspiriertes Gedankenkonstrukt eintauchen lassen. REGELN. Ich meine, die Spielregeln sind mir absolut unklar, aber ich bin bereit, anzuerkennen, dass diese Typen wohl irgendwelchen Regeln folgen müssen, die ihnen sagen, was sie tun sollen, wenn sie da so herumlaufen. Das ist es, was ich ab jetzt auch tun werde. Ich werde meine eigenen Regeln aufstellen und ihnen folgen – streng und kontrolliert, um auf dem richtigen Weg zu bleiben, um nicht wieder von IHM abgelenkt, ausgetrickst oder benutzt zu werden. Ich werde dieses Arschloch ein für alle Mal loswerden - und du wirst mir dabei helfen.

Das hier ist der Plan und er ist echt einfach:

Ich werde jeden Tag genau die gleichen Dinge zu genau den gleichen Uhrzeiten tun. Ich werde mir ein strenges Programm auferlegen, von dem ich unter keinen Umständen abweichen darf. Jede Minute wird streng verplant und verrechnet. Das sollte hier drinnen, wo mir sowieso schon eine scheißlangweilige Routine vorgegeben wird, nicht allzu schwer sein. Und ich werde alles minutiös hier in meinem Tagebuch festhalten. Alles wird aufgezeichnet, mit der jeweiligen Uhrzeit versehen, schwarz auf weiß. ER wird keine Möglichkeit mehr haben, mir auch nur eine Minute zu stehlen, ohne dass ich es merke.

Das hier ist mein neues tägliches Programm:

6:30 Uhr Aufstehen

14:00 Uhr Freigang

8:00 Uhr Frühstück

16:30 Uhr Wäschedienst

10:00 Uhr Küchendienst

18:00 Uhr Abendessen

12:00 Uhr Mittagessen

Noch nicht festgelegt/Sonstige Aktivitäten22:30 Uhr Nachtruhe

ER lacht mich aus, aber ich kann spüren, dass ER es auch langsam mit der Angst zu tun bekommt.

16. Mai

6:30 Uhr

Jetzt geht’s los. Mein neues Tagesprogramm. Ich mag, wie sich das anhört. Das hört sich echt richtig an. Die meisten Menschen beginnen etwas Neues und hoffen, dass es das jetzt wirklich ist!! Das könnte der Moment sein, in dem sich dein Leben komplett ändert!!!! So bin ich nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich früher oder später alles in Schutt und Asche legen werde. Aber das kann mich nicht davon abhalten, es zumindest zu versuchen und jeden Anflug von Zweifel und Instinkt zu ignorieren, der mir zu verstehen geben versucht, dass ich mit dieser Scheiße sofort aufhören soll.

9:15 Uhr

Leon hat sich beim Frühstück wieder zu mir gesellt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das jetzt immer so sein wird. Wie auch immer, wir haben auf unser Essen gewartet, als ein Typ … naja, ich sage jetzt „Typ“, aber tatsächlich war es Hot Carla. Leon hat mir erzählt, dass sie ein Transgender ist. Als ich sie hier drinnen das erste Mal gesehen habe, bin ich wirklich ziemlich erschrocken. Es ist ihr wirklich kaum anzusehen, dass sie eigentlich ein Mann ist, außer man ist wirklich ganz, ganz nah an ihr dran. Auf jeden Fall hat sie einem anderen Typen in der Schlange direkt vor mir mit einem Tablett eine Platzwunde auf der Wange verpasst. Ich musste mich ducken, als sie ein zweites Mal ausholte, sonst wäre ich am Arsch gewesen. Scheiße, sogar, wenn man sich hier drinnen nur um seinen Scheiß kümmert und auf sein verdammtes Frühstück wartet, wird man in die Scheiße von anderen Leuten hineingezogen. Die anderen Insassen waren auch gleich ziemlich aufgebracht und dann kam ER direkt auf mich zu. Er hat mich angeschrien, in welche Scheiße ich uns jetzt schon wieder hineinmanövriert hätte und dass es hier drinnen so gut wie jeden Tag ein Kampf um Leben und Tod wäre, ganz egal, was ich täte. ER scheint tatsächlich Angst zu haben. ER lässt sich normalerweise nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Und das hat mich dann natürlich noch mehr ausrasten lassen. Ich denke, das war es, was ER wollte. Schließlich haben die Wachmänner wieder für Ruhe gesorgt. Sie sind das gewohnt – die Aggression. Was erwarten sie auch anderes, wenn sie einen Haufen extrem feindseliger Individuen in dieser trostlosen Institution zusammensperren?

Das ist also mein großer Auftritt in Elliots Welt. Ich kann mich nicht entscheiden – war das jetzt total peinlich oder einfach nur knallhart cool?

Irgendwann knallt es einfach. Das Komische an der ganzen Sache ist eigentlich eher, wie schnell wieder Normalität einkehrt – das Blut wird vom Boden gewischt, als wäre nichts geschehen. Alle haben weiter ihr Essen in sich gestopft und darüber gelacht. Das war verdammt surreal.