Mrs Dalloway - Virginia Woolf - E-Book

Mrs Dalloway E-Book

Virginia Woolf

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Im Juni des Jahres 1923 bereitet Clarissa Dalloway, die Ehefrau eines britischen Parlamentsabgeordneten, eine große Abendgesellschaft in ihrem Haus in London vor. Der unerwartete Besuch von Peter Walsh, den sie seit der Ablehnung seines Heiratsantrags vor mehr als 30 Jahren nicht mehr sah, bringt Mrs. Dalloway zum Nachdenken: Hat sie damals die richtige Wahl getroffen? Melancholie und tiefgründiger Witz machen den Klassiker von Virginia Woolf zu einem Lesegenuss der besonderen Art.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mrs. Dalloway

Virginia Woolf

Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Hannelore Eisenhofer

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 1925.

© 2012 Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hamburg

Alle Rechte, auch das der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Fotokopie) oder der Speicherung auf elektronischen Systemen, vorbehalten.

All rights reserved.

Satz & Layout: BuchBetrieb Peggy Stelling, Leipzig

Titelabbildung: The Advertising Archives / The Bridgeman Art Library

Umschlag: Groothuis, Lohfert, Consorten | glcons.de

Printed in the Czech Republic

ISBN: 978-3-86820-965-5

www.nikol-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

 

Einführung

Kapitel 1

Einführung

Für einen Autor ist es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, etwas über sein eigenes Werk auszusagen. Alles, was er zu sagen hat, wurde so gut es geht und er es kann, in seinem Buch bereits ausgesagt. Wenn er jedoch versagt hat seine Meinung klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, wird er wohl kaum noch Erfolg in einem Vor- oder Nachwort haben. Die Einstellung eines Autors ist noch von einer anderen Besonderheit gekennzeichnet, dadurch, dass er Einführungen gegenüber feindlich eingestellt ist. Sie ist so feindselig gegenüber dem Ergebnis, wie es ein Sperlingsweibchen gegenüber seinen Nachkommen ist. Sobald die jungen Vögel flügge sind, müssen sie fliegen, und wenn sie erst einmal das Nest verlassen haben, denkt der Muttervogel wahrscheinlich bereits über die nächste Brut nach. Mit einem Buch verhält es sich ähnlich, ist es erst einmal gedruckt und veröffentlicht, entgleitet es dem Besitz des Autors – er überlässt sein Werk anderen. Seine ganze Aufmerksamkeit ist auf ein neues Buch gerichtet, das nicht nur den Vorgänger aus dem Nest wirft, sondern dessen Charakter im Vergleich zum eigenen auf subtile Weise diffamiert.

Es ist wahr, dass ein Autor über sich selbst und sein Leben, das nicht im Roman enthalten ist, etwas sagen kann, sofern er dies wünscht, und er sollte von uns in diesem Bestreben ermuntert werden. Denn nichts ist faszinierender als die Wahrheit aufzuzeigen, die sich hinter den grenzenlosen Fassaden der Fiktion verbirgt – falls das Leben wirklich wahr ist und die Fiktion fiktiv. Die Verbindung von Wahrheit und Fiktion ist wahrscheinlich äußerst kompliziert. Bücher sind die Blumen oder Früchte, die hier und da an einem Baum hängen, der tief in der Erde unseres frühesten Lebens, unseren ersten Erfahrungen verwurzelt ist. Aber hier dem Leser etwas zu sagen, was dessen eigene Vorstellungskraft und Einsicht nicht bereits entdeckt hat, würde nicht nur eine oder zwei Seiten Vorwort erfordern, sondern ein oder zwei Bände Autobiografie. Man müsste langsam und vorsichtig dabei vorgehen, enthüllen, bloßlegen, und selbst wenn alles ans Tageslicht gebracht ist, würde es immer noch vom Leser abhängen zu entscheiden, was relevant ist und was nicht. Von Mrs. Dalloway kann man im Augenblick nur ein paar Bruchstücke ins Licht rücken, die wenig Bedeutung oder gar keine haben, da in der ersten Version Septimus, der später ihr Doppelgänger sein sollte, gar nicht existiert. Und dass Mrs. Dalloway sich ursprünglich selbst töten wollte oder am Ende der Party fast stirbt. Solche Bruchstücke werden dem Leser in bescheidener Weise dargeboten, in der Hoffnung, dass sie ihm, wie auch andere Kleinigkeiten, von Nutzen sind.

Aber wenn man vor dem Leser zu viel Respekt hat und ihn schlicht und einfach darauf hinweist, was er verpasst hat oder ihm nahebringt, wonach er suchen sollte, dann kann man expliziter mit dem Leser sprechen, der seine Unschuld abgelegt hat und zum Kritiker geworden ist. Denn Kritik, ob lobend oder tadelnd, sollte schweigsam als der legitime Kommentar, zu dem der Akt der Veröffentlichung einlädt, hingenommen werden. Hier und jetzt wird eine Erklärung abgegeben, ohne den Vorzügen oder Nachteilen des Buches Rechnung zu tragen, von der die Autorin weiß, dass sie missverstanden wurde. Eine solche Aussage wurde zur Genüge über Mrs. Dalloway gemacht, und ist es wahrscheinlich wert, dass man ihnen widerspricht. Das Buch, so wurde gesagt, sei das wohlüberlegte Ergebnis einer Methode. Der Autor, so hieß es, sei mit der Art der Fiktion, wie sie in Mode war, unzufrieden und beschloss daher eine Form zu erbitten, sie sich zu borgen, zu stehlen oder sogar selbst zu erschaffen. Aber soweit es möglich ist gegenüber dem geheimnisvollen Vorgang des Geistes aufrichtig zu sein, verhalten sich die Dinge doch anders. Mag sein, dass die Autorin unzufrieden war, aber ihre Unzufriedenheit richtete sich in erster Linie gegen die Erschaffung einer Idee, die kein Zuhause hatte, um darin zu leben. Die Romanautoren vergangener Generationen konnten nur wenig Hilfe leisten – und warum sollten sie auch? Der Roman war offensichtlich fundiert, jedoch nach einem falschen Plan. So wurde die begonnene Idee gerügt, wie die Auster oder Schnecke damit beginnen ein Sekret abzusondern, um sich ein Haus zu erschaffen. Das kleine Notizbuch, in dem der Versuch festgehalten wurde, einen Plan zu entwickeln, wurde schnell beiseitegelegt und das Buch wuchs Tag um Tag, Woche um Woche, ohne jeglichen Plan, mit Ausnahme dessen, was jeden Morgen durch den Akt des Schreibens vorbestimmt war. Die andere Vorgehensweise, also ein Haus zu bauen und es dann zu bewohnen, eine Theorie zu entwickeln und sie dann anzuwenden, wie es Wordsworth und Coleridge taten, ist, und muss nicht eigens erwähnt werden, genauso gut und viel philosophischer. Aber im vorliegenden Fall war es erforderlich, zuerst das Buch zu schreiben und danach eine Theorie zu erfinden.

Wenn man jedoch für eine Diskussion die Besonderheit der Methode dieses Buches herausgreift, dann wegen des genannten Grunds – dass es zum Gegenstand der Kommentare der Kritiker wurde, und nicht dass es an und für sich Beachtung verdiene. Im Gegenteil, je erfolgreicher die Methode, desto weniger Aufmerksamkeit wird ihr geschenkt. Es ist zu hoffen, dass der Leser keinen Gedanken daran verschwendet, ob das Buch nun eine Methode hat oder nicht. Er denkt nur über die Wirkung nach, die das Buch als Ganzes auf ihn ausübt. Und in dieser äußerst wichtigen Frage ist der Leser ein besserer Richter als der Verfasser selbst. Tatsächlich ist er, wenn ihm die Zeit und Freiheit gegeben wird seine eigene Meinung auszuformen, ein unfehlbarer Richter. Ihm legt die Autorin Mrs. Dalloway ans Herz und überlässt es voll Vertrauen dem Gericht ein Urteil zu fällen, das entweder den sofortigen Tod oder noch ein paar Jahre Leben und Freiheit bedeutet, und auf jeden Fall gerecht sein wird.

London im Juni 1928

Kapitel 1

Mrs. Dalloway sagte, sie selbst würde die Blumen kaufen.

Denn Lucy hatte ohnehin genug Arbeit vor sich. Die Türen würden aus den Angeln gehoben werden und Rumpelmayers Männer kämen. Und dann dachte Clarissa Dalloway, was für ein Morgen – frisch, wie geschaffen für Kinder an einem Strand.

Was für ein Vergnügen! Was für ein Eintauchen! So war es ihr immer vorgekommen, wenn sie mit einem leichten Quietschen der Angeln, das sie jetzt hören konnte, die Terrassentür aufgestoßen hatte und in Bourton1 ins Freie eingetaucht war. Wie frisch, wie ruhig, stiller als jetzt natürlich, war die Luft am frühen Morgen, wie das Klatschen einer Welle, der Kuss einer Welle. Kühl und wachen Sinnes und doch (für ein Mädchen von achtzehn Jahren, das sie damals war) feierlich, stand sie dort am offenen Fenster mit dem Gefühl etwas Schreckliches werde sich ereignen. Sie blickte auf die Blumen, den Dunst, der aus den Bäumen aufstieg und die Krähen, die auf und ab flogen; sie stand da und sah dem zu, bis Peter Walsh sagte: »Nachsinnen im Gemüse?« – war es das? – »Ich ziehe Menschen Blumenkohl vor.« – war es das? Er musste das einem Morgen beim Frühstück gesagt haben, als sie auf die Terrasse hinausgegangen war – Peter Walsh. In diesen Tagen würde er aus Indien zurückkehren, im Juni oder Juli, sie hatte vergessen wann, denn seine Briefe waren entsetzlich langweilig. Woran man sich erinnerte waren seine Bemerkungen, seine Augen, sein Taschenmesser, sein Lächeln, seine Verdrießlichkeit, und wenn abertausend Dinge völlig verschwunden waren – wie seltsam das doch war! –, waren es seine Bemerkungen wie die über die Kohlköpfe.

Sie erstarrte ein wenig am Bordstein bis Durtnalls Lieferwagen vorbeigefahren war. Eine bezaubernde Frau, dachte Scrope Purvis bei sich (er kannte sie, wie man eben jemanden kennt, der nebenan in Westminster wohnt), und obwohl sie über fünfzig und seit ihrer Krankheit sehr blass geworden war, lag über ihr der Hauch eines Vogels, eines Hähers, blaugrün, leicht, lebhaft. Dort verharrte sie, ohne ihn jemals zu sehen, und wartete, in aufrechter Haltung, darauf die Straße zu überqueren.

Wenn man in Westminster lebte – wie viele Jahre waren es jetzt? mehr als zwanzig –, dann fühlte man sogar inmitten des Verkehrs oder beim Aufwachen des Nachts, und davon war Clarissa überzeugt, eine besondere Stille oder Erhabenheit, ein unbeschreibliches Innehalten, einen Stillstand (aber das könnte ihr Herz sein, das, wie man sagte, durch die Grippe angegriffen war), bevor die Uhr von Big Ben schlug. Da! Sie erdröhnte. Zuerst eine musikalische Warnung, dann der Stundenschlag, unwiderruflich. Die bleiernen Kreise lösten sich in der Luft auf. Was sind wir doch für Narren, dachte sie, als sie die Victoria Street überquerte. Nur der Himmel weiß, warum man es so liebt, wieso man es so sieht, es sich ausdenkt, um sich herum aufbaut, es hinab stürzt und jeden Augenblick neu erschafft, selbst die reinsten Vogelscheuchen, die Ärmsten der Armen, die auf den Stufen sitzen (Trunksucht war ihr Niedergang), tun dasselbe, kein Parlamentsbeschluss, und davon war sie überzeugt, kann aus genau diesem Grund dagegen angehen: Sie lieben das Leben. In den Augen der Menschen, im Schwung, Stapfen und Trott, im Brüllen und Tosen, den Kutschen, Automobilen, Omnibussen, den Lieferwagen, den schlurfenden und schwankenden Plakatträgern, den Blaskapellen, den Drehorgeln, in dem Triumph und Geklimper und dem seltsam hohen Sirren eines Flugzeugs über ihrem Kopf war das, was sie liebte: Leben, London, dieser Augenblick im Juni.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!