Mundtot (Ein Ella-Dark-Thriller – Band 4) - Blake Pierce - E-Book

Mundtot (Ein Ella-Dark-Thriller – Band 4) E-Book

Blake Pierce

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Beschreibung

Seit sie lesen konnte, hat FBI-Agentin Ella Dark, durch den Mord an ihrem Vater am Boden zerstört, Serienmörder studiert und sich ein enzyklopädisches Wissen über Mörder angeeignet. Als Freier in ihren Autos ermordet vorgefunden werden, sind die Anklänge an vergangene Fälle eindeutig: Es scheint sich um eine verschmähte Prostituierte zu handeln, die zur Serienmörderin wurde. Aber könnte alles, was Ella gelernt hat, falsch sein? "EIN THRILLER- UND MYSTERY-MEISTERWERK. Blake Pierce hat außerordentliche Arbeit geleistet und Charaktere erschaffen, deren Gedankenwelt so detailreich beschrieben ist, dass wir uns gefühlt haben, als wären wir in ihnen, um ihre Ängste mitzuerleben und für ihren Erfolg zu hoffen. Voller Drehungen und Wendungen wird Sie dieses Buch garantiert bis zur letzten Seite wachhalten." --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (Über Verschwunden) MUNDTOT (Ein Ella-Dark-Thriller) ist der 4. Band in der lang ersehnten neuen Reihe von Blake Pierce, dessen Spitzenreiter der USA-Today-Bestsellerliste, Verschwunden (zum kostenlosen Download), mehr als 1.000 Fünf-Sterne-Bewertungen erhalten hat. FBI-Agentin Ella Dark, 29, erhält die Chance, sich ihren Lebenstraum zu erfüllen: Sie wird Teil der Verhaltensanalyseeinheit. Ellas verborgene Obsession, sich über jeden Serienmörder ein enzyklopädisches Wissen anzueignen, hat dazu geführt, dass sie aufgrund ihres brillanten Verstandes ausgewählt wurde, in der Oberliga des FBI mitzuspielen. Als ein Fall, der klar schien, eine Überraschung für sie bereithält, fragt sich Ella: Kann sie das nächste Opfer retten, bevor es zu spät ist? Und kann sie lernen, alles, was sie weiß, über Bord zu werfen und ihrem aufkeimenden Instinkt zu vertrauen? Die ELLA-DARK-Reihe ist ein fesselnder und packender Krimi mit einer brillanten und geplagten FBI-Agentin im Mittelpunkt voller Spannung, Wendungen, Enthüllungen und in einem halsbrecherischen Tempo gehalten, das Sie bis spät in die Nacht weiterlesen lässt. Der 5. Band (SPURLOS VERSCHWUNDEN) und der 6. Band (AUSGELÖSCHT) in der Reihe sind nun ebenfalls erhältlich.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2022

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M U N D T O T

(Ein Ella-Dark-Thriller – Band 4)

B L A K E   P I E R C E

Aus dem Englischen von Katharine Apostle

Blake Pierce

Blake Pierce ist Autor der erfolgreichen Mystery-Reihe RILEY PAGE, die aus siebzehn Büchern besteht. Blake Pierce ist ebenfalls Verfasser der MACKENZIE WHITE Mystery-Reihe, die vierzehn Bände umfasst; der AVERY BLACK Mystery-Reihe mit sechs Büchern; der fünfbändigen KERI LOCKE Mystery-Reihe; den sechs Büchern der MAKING OF RILEY PAIGE Mystery-Reihe; der KATE WISE Mystery-Reihe, die aus sieben Büchern besteht; der CHLOE FINE Psycho-Thriller-Reihe, die sechs Bände umfasst; der fünfzehnteiligen JESSE HUNT Psycho-Thriller-Reihe (Fortsetzung folgt); der Psycho-Thriller Reihe DAS AU-PAIR, die aus drei Bänden besteht; der ZOE PRIME Mystery-Reihe, die sechs Teile umfasst; der ADELE SHARP Mystery-Reihe mit zehn Bänden (Fortsetzung folgt); der LONDON ROSES EUROPAREISE Cosy-Krimi-Reihe, die bisher aus sechs Büchern besteht (Fortsetzung folgt); den drei Büchern des neuen LAURA FROST FBI Thrillers (Fortsetzung folgt); der neuen ELLA DARK FBI Thrillern mit bisher sechs Büchern (Fortsetzung folgt); der EIN JAHR IN EUROPA Cosy-Krimi-Reihe aus bisher drei Bänden (Fortsetzung folgt); der dreiteiligen AVA GOLD Mystery-Reihe (Fortsetzung folgt); sowie der RACHEL GIFT Mystery-Reihe, die aktuell aus drei Büchern besteht (Fortsetzung folgt).

Als treuer Leser und lebenslanger Fan des Genres rund um Mystery und Thriller, hört Blake gern von Ihnen, also besuchen Sie die Seite www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.

Copyright © 2021 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur für Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist völlig zufällig.

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

DIE FÄLLE DER AVA GOLD

BEUTESTADT (Band #1)

EIN LAURA FROST FBI-THRILLER

VOR LANGEM VERSCHWUNDEN (Band #1)

VOR LANGEM ENTDECKT (Band #2)

EIN ELLA-DARK-THRILLER

IM SCHATTEN (Band #1)

WEGGENOMMEN (Band #2)

AUF DER JAGD (Band #3)

EIN JAHR IN EUROPA

EIN MORD IN PARIS (Band #1)

TOD IN FLORENZ (Band #2)

RACHE IN WIEN (Band #3)

LONDON ROSES EUROPAREISE

MORD (UND BAKLAVA) (Band #1)

TOD (UND APFELSTRUDEL) (Band #2)

VERBRECHEN (UND BIER) (Band #3)

EIN UNGLÜCKSFALL (UND GOUDA) (Band #4)

EINE UNHEIL(UND EIN PLUNDERSTÜCK) (Band #5)

ADELE SHARP MYSTERY-SERIE

NICHTS ALS STERBEN (Band #1)

NICHTS ALS RENNEN (Band #2)

NICHTS ALS VERSTECKEN (Band #3)

NICHTS ALS TÖTEN(Band #4)

NICHTS ALS MORD (Band #5)

NICHTS ALS NEID (Band #6)

NICHTS ALS FEHLER (Band #7)

NICHTS ALS VERSCHWINDEN (Band #8)

NICHTS ALS JAGEN (Band #9)

DAS AU-PAIR

SO GUT WIE VORÜBER (Band #1)

SO GUT WIE VERLOREN (Band #2)

SO GUT WIE TOT (Band #3)

ZOE PRIME KRIMIREIHE

GESICHT DES TODES (Band #1)

GESICHT DES MORDES (Band #2)

GESICHT DER ANGST (Band #3)

GESICHT DES WAHNSINNS (Band #4)

GESICHT DES ZORNS (Band #5)

GESICHT DER FINSTERNIS (Band #6)

JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE

DIE PERFEKTE FRAU (Band #1)

DER PERFEKTE BLOCK (Band #2)

DAS PERFEKTE HAUS (Band #3)

DAS PERFEKTE LÄCHELN (Band #4)

DIE PERFEKTE LÜGE (Band #5)

DER PERFEKTE LOOK (Band #6)

DIE PERFEKTE AFFÄRE (Band #7)

DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8)

DIE PERFEKTE NACHBARIN (Band #9)

DIE PERFEKTE VERKLEIDUNG (Band #10)

DAS PERFEKTE GEHEIMNIS (Band #11)

DIE PERFEKTE FASSADE (Band #12)

DER PERFEKTE EINDRUCK (Band #13)

DIE PERFEKTE TÄUSCHUNG (Band #14)

CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE

NEBENAN (Band #1)

DIE LÜGE EINES NACHBARN (Band #2)

SACKGASSE (Band #3)

STUMMER NACHBAR (Band #4)

HEIMKEHR (Band #5)

GETÖNTE FENSTER (Band #6)

KATE WISE MYSTERY-SERIE

WENN SIE WÜSSTE (Band #1)

WENN SIE SÄHE (Band #2)

WENN SIE RENNEN WÜRDE (Band #3)

WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Band #4)

WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Band #5)

WENN SIE FÜRCHTETE (Band #6)

WENN SIE HÖRTE (Band #7)

DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

BEOBACHTET (Band #1)

WARTET (Band #2)

LOCKT (Band #3)

NIMMT (Band #4)

LAUERT (Band #5)

TÖTET (Band #6)

RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)

VERFOLGT (Band #9)

VERLOREN (Band #10)

BEGRABEN (Band #11)

ÜBERFAHREN (Band #12)

GEFANGEN (Band #13)

RUHEND (Band #14)

GEMIEDEN (Band #15)

VERMISST (Band #16)

AUSERWÄHLT (Band #17)

EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE

EINST GELÖST

MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

EHE ER FÜHLT (Band #6)

EHE ER SÜNDIGT (Band #7)

BEVOR ER JAGT (Band #8)

VORHER PLÜNDERT ER (Band #9)

VORHER SEHNT ER SICH (Band #10)

VORHER VERFÄLLT ER (Band #11)

VORHER NEIDET ER (Band #12)

VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13)

VORHER SCHADET ER (Band #14)

AVERY BLACK MYSTERY-SERIE

MORDMOTIV (Band #1)

FLUCHTMOTIV (Band #2)

TATMOTIV (Band #3)

MACHTMOTIV (Band #4)

RETTUNGSDRANG (Band #5)

SCHRECKEN (Band #6)

KERI LOCKE MYSTERY-SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

EINE SPUR VON MORD (Band #2)

 

INHALT

 

 

PROLOG

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

18. KAPITEL

19. KAPITEL

20. KAPITEL

21. KAPITEL

22. KAPITEL

23. KAPITEL

24. KAPITEL

25. KAPITEL

26. KAPITEL

27. KAPITEL

28. KAPITEL

29. KAPITEL

30. KAPITEL

31. KAPITEL

32. KAPITEL

33. KAPITEL

34. KAPITEL

35. KAPITEL

EPILOG

 

 

PROLOG

Officer Madeley fuhr mit seinem Streifenwagen auf den leeren Parkplatz vor Jan's Diner und stellte den Motor ab. Es war kurz nach Mitternacht an einem frischen Aprilabend und die Straßen von Towson wurden von dem Sternenhimmel und dem Neonlicht aus dem Inneren von Madeleys neuer Lieblingsraststätte erhellt. Er musste über sich selbst lachen. Sollte jemals eine Fernsehshow über seine Polizeikarriere gedreht werden, würde diese Nacht nicht in die Sendung aufgenommen werden.

Polizeisendungen zeigten Nächte wie diese nicht. Er hatte den Nachmittag mit Papierkram verbracht und sich anschließend auf der Suche nach einem vermissten Hund gemacht, den Madeley innerhalb von einer Stunde fröhlich trinkend an einem nahegelegenen Bach gefunden hatte. Kurz darauf hatte er ein paar Teenager beim Kiffen an einer alten Skate-Rampe in der Nähe von Middle River erwischt, und die Jugendlichen hatten geschworen, dass sie es nicht wieder tun würden, wenn er ausnahmsweise ein Auge zudrückte.

Madeley wusste, dass es ein leeres Versprechen war, aber er ließ es trotzdem dabei bewenden. Es gab weitaus schlimmere Verbrechen, über die man sich Sorgen machen musste, und überhaupt, wer hatte nicht irgendwann einmal als Jugendlicher an einem Joint gezogen?

Heute Nacht war eine dieser Schichten, die einfach ineinander übergingen. Um 2:00 Uhr morgens würde er Feierabend machen, nach Hause fahren und die Tage bis zu seiner Pensionierung zählen. Nur noch dreihundert Tage, bis er die großzügige Polizeirente kassieren würde und anfangen könnte, sein Traumhaus unten in South Carolina zu bauen. Mittlerweile war das alles zum Greifen nahe, so nah, dass er schon den Geruch von Bauholz und frisch gestrichenen Wänden riechen konnte.

Aber fürs Erste stieg Madeley aus seinem Streifenwagen aus und drehte sich eine Zigarette. Er beobachtete ein paar Lastwagen, die über die Schnellstraße sausten, von riesiger Größe, aber spärlich in der Zahl. Das Geräusch eines aufheulenden Motors in der Ferne hatte etwas Beruhigendes an sich, etwas, das er bestimmt vermissen würde, wenn er aufs Land zog. Er klemmte sich die Zigarette hinters Ohr und machte sich auf den Weg zu Jan's Diner. Es war das dritte Mal innerhalb von zwei Wochen, dass er dieses Lokal aufsuchte, und wenn er nicht bereits mit der Besitzerin befreundet gewesen wäre, hätte er vermutet, dass sie die Waffeln mit Nikotin versetzte.

Madeley öffnete mit einem Klingeln die Tür und nickte der kleinen, blonden Frau zu, die gerade die Tische abwischte.

»Guten Abend, Jan. Ja, ich bin's schon wieder«, sagte er.

Sie steckte ihr Tuch in ihre Uniform und stemmte die Hände in die Hüften. »Du schon wieder? Solltest du nicht irgendwelche Bösewichte jagen?«

Madeley hob die Hände und gab sich geschlagen. »Hey, diese Zeiten sind für mich vorbei. Außerdem wirst du mich vermissen, wenn ich weg bin.«

»Allerdings. Lass mich raten, Waffeln? Mit Sirup und Bananen dazu?«

Es waren nur zwei andere Gäste im Diner, also konnte Madeley sich aussuchen, wo er sitzen wollte. Er ging zu einem Tisch in der Nähe des Fensters, um seinen Streifenwagen im Blick zu behalten. »Ganz genau. Ich bin ein Gewohnheitstier.«

Jan stellte ihr Reinigungsspray auf dem Tisch ab und ging zu Madeley hinüber. Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Könntest du bitte zur Theke kommen, John?«, bat sie ihn. Irgendetwas in ihrem Tonfall stimmte nicht. Noch bevor Madeley reagieren konnte, hatte sich Jan bereits hinter die Theke gestellt. Er folgte ihr und nahm auf einem Hocker an der Theke Platz.

»Was ist los?«, fragte er.

Jan beugte sich von der anderen Seite aus vor. »Ich habe da ein kleines Problem.«

Madeley schaute sich um, um sicherzugehen, dass die anderen Gäste außer Hörweite waren. »Ein Problem? Worum geht's denn?«

»Hinten steht ein Geländewagen. Ein großes, schwarzes Ding. Mit getönten Scheiben und so. Das steht da schon seit fünfundvierzig Minuten.«

»Hinten?«, fragte Madeley. »Ich habe keinen Geländewagen gesehen, als ich geparkt habe.«

Jan schüttelte ihren Kopf. »Es gibt noch einen Parkplatz auf der anderen Seite. Eigentlich ist der für Mitarbeiter vorgesehen, aber hin und wieder verirrt sich jemand dorthin.«

Madeley ahnte, worauf sie hinauswollte. »Was denkst du?«

Jan hob die Augenbrauen. »Muss ich dir das wirklich sagen, mein Lieber? Ich denke, es ist eine Prostituierte, wahrscheinlich mit irgendeinem verheirateten Kerl. Die spreizt die Beine und täuscht so lange vor, bis der Typ auf seine Kosten kommt. Verstehst du, was ich meine?«

Genau wie Madeley gedacht hatte. Raststätten wie diese waren beliebte Orte für Sexarbeiterinnen, die ihrem Gewerbe nachgingen. Der ständige Strom von Lastwagenfahrern sorgte für eine leichte Beute.

»Ich gehe mal nachschauen«, sagte Madeley. »Der Wagen gehört sicher nicht einem der Kerle hier drinnen?«

»Ganz sicher nicht. Die zwei Herren sind beide Lastwagenfahrer«, sagte Jan und nickte in Richtung der beiden Gäste. »Keiner von ihnen fährt einen Geländewagen.«

Noch ein einfacher Job, dachte Madeley. Prostituierte mitten im Akt zu erwischen, passierte so gut wie jede Nacht, und sobald man sie konfrontierte, waren die beiden Parteien meist schnell wieder verschwunden. Madeley folgte Jan in den Küchenbereich und durch einen Notausgang auf den Parkplatz.

»Die Waffeln gibt es dann, wenn du fertig bist«, rief Jan ihm zu.

Madeley gab ihr einen Daumen hoch. Er ließ seinen Blick über die Gegend wandern und fand den schwarzen Geländewagen weit entfernt auf demselben Parkplatz stehen wie zwei andere Autos, von denen Madeley annahm, dass sie dem Personal des Diners gehörten. Soweit Madeley erkennen konnte, gab es keinen anderen Grund, um hier zu parken, es sei denn, die anderen Plätze vor dem Lokal waren besetzt, was nicht der Fall war.

Er näherte sich langsam und hielt Ausschau nach verräterischen Anzeichen dafür, dass die Menschen im Inneren miteinander schliefen. Ob der Wagen sich bewegte oder nackte Gliedmaßen gegen die Scheiben gepresst waren. Im Moment gab es keinerlei Anzeichen für solche Aktivitäten, aber die Nacht bot eine gute Tarnung. Madeley ging näher heran und hoffte, dass die Anwesenheit einer Polizeiuniform womöglich denjenigen, der sich im Inneren aufhielt, dazu bringen würde, sich zu zeigen. So lief das für gewöhnlich ab.

Doch diesmal hatte er damit keinen Erfolg.

Madeley klopfte mit Nachdruck an das Beifahrerfenster und wartete. Er hatte gleich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Die angenehmen Düfte des Diners drangen ihm nicht mehr in die Nase. Der beruhigende Geruch von frittiertem Gebäck war nun verschwunden. Diese Welt schien jetzt meilenweit entfernt zu sein. Man mochte es den sechsten Sinn eines Polizisten nennen, dachte er, aber etwas an dieser Situation war nicht in Ordnung. Die Nachtluft ließ sein sonst so warmes Blut zu Eis gefrieren.

Zehn Sekunden verstrichen, ohne dass sich eine Menschenseele zu erkennen gab. Madeley beugte sich herunter, legte die Hände um sein Gesicht und spähte in den Wagen hinein, doch die hochwertige Tönung der Scheiben machte jede Art von Identifizierung unmöglich. Alles, was er sah, war sein eigenes Spiegelbild.

Aber dennoch hatte er das Gefühl, dass der Innenraum nicht leer war.

»Hier spricht Officer Madeley von der Maryland State Police. Bitte geben Sie sich zu erkennen. Sie parken auf einem Privatgelände.«

Nichts. Madeley seufzte. Im besten Fall handelte es sich um einen erschöpften Fahrer, der tief und fest schlief. Im zweitbesten Fall war es bloß ein verlassenes Fahrzeug. Er zog am Türgriff und wie durch ein Wunder flog die Tür auf.

Zuerst schlug ihm der Geruch entgegen, wie er das immer tat. Dann gab es einen Moment des Unglaubens, gefolgt von der schrecklichen Erkenntnis, dass das Schlimmste noch bevorstand.

Madeley hielt den Atem an, aber der metallische Geruch von Blut drang ihm in Augen, Ohren und Geschmacksnerven. Er war unentrinnbar. Er zog seine Taschenlampe heraus und leuchtete in den Wagen hinein. Mit dreißig Jahren Erfahrung im Gepäck glaubte Madeley, dass ihn kein Anblick mehr schockieren konnte. Keine Tat war zu verwerflich, kein unmenschliches Verbrechen konnte ihn mehr erschüttern als das, was er schon gesehen hatte.

1. KAPITEL

Ella Dark wollte das Maine State Prison nie wieder sehen. Nicht nach ihrer letzten Erfahrung dort.

Und doch war sie jetzt hier, vor den schmiedeeisernen Toren eben jenes Gebäudes geparkt, und wartete darauf, dass ein Gefängniswärter die Schranke öffnete. Die ganze Fahrt war ein Wechselbad der Gefühle gewesen, und sie konnte es kaum glauben, dass sie wieder hier war, wenn auch nicht aus eigenem Antrieb.

Seit ihrem letzten Besuch vor zwei Wochen sah das Maine State Prison noch ein wenig heruntergekommener, ein wenig grimmiger aus. Die Tatsache, dass es einige der berüchtigtsten Mörder der Welt beherbergte, war für Ella weniger faszinierend als vielmehr eine verstörende Feststellung, nachdem sie selbst einem der Monster, die darin hausten, zu nahegekommen war.

»Kann ich Ihnen helfen, Miss?«, fragte ein Sicherheitsbeamter von seiner Hütte aus.

Ella hielt ihm durch das Fahrerfenster ihren Ausweis hin. »Ich bin Agent Dark vom FBI. Ich bin gekommen, um mit Insasse Nummer zwei-sieben-sechs-eins im Zusammenhang mit einem laufenden Fall zu sprechen.«

Der Wärter nahm ihren Ausweis entgegen und verschwand hinter dem winzigen Schreibtisch in seiner Hütte. Er tauchte mit einem Klemmbrett wieder auf. »Unterschreiben Sie bitte hier. Sie besuchen Tobias Campbell?«

Allein seinen Namen zu hören, reichte aus, um ihr einen Knoten im Magen zu bescheren. Seit sie sich das erste Mal mit ihm getroffen hatte, wollte sie nichts sehnlicher als ihn aus ihrem Gedächtnis zu löschen. Aber jedes Mal, wenn sie ihre Gedanken schweifen ließ, kehrten sie immer wieder zu Campbell zurück. Zu seinem schiefen Grinsen, seinen gelben Augen, seiner schwachen Statur, die selbst hinter einem gläsernen Käfig Dominanz ausstrahlte. Er schien das menschliche Verhalten so gut zu beherrschen, dass Ella ihn ebenso fürchtete wie bewunderte.

Vor einer Woche hatte Ella ein totes Tier vor ihrer Wohnungstür gefunden. Eine Katze. Sie konnte es zwar nicht beweisen, aber sie wusste, dass Tobias Campbell für dieses bizarre Schauspiel verantwortlich war. Bei ihrem letzten Treffen hatte sie erwähnt, dass sie ein Katzenmensch sei.Das musste Tobias' Interpretation eines Scherzes gewesen sein.

Vielleicht war er nicht eigenhändig dafür verantwortlich, aber er hatte bestimmt jemanden dazu angestiftet. Darum war Ella hier, um diesen Psychopathen zur Rede zu stellen und Antworten zu bekommen. Wie hatte er das angestellt? Und warum?

Sie nahm den Stift des Wärters mit zitternder Hand entgegen und unterschrieb mit ihrem Namen. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden heruntergefahren; die Schranken gingen auf, die eisernen Tore öffneten sich und die Gefängniswärter machten Platz, um Ella Zugang zum Gebäude zu gewähren. Sie ließ die Handbremse los und fuhr langsam hinein, mit dem Gefühl, in den Höllenschlund zu treten und ihn wahrscheinlich nicht in derselben Verfassung wieder zu verlassen.

Ella parkte und machte sich auf den Weg zum Eingang. Drinnen erfüllte die duftende Luft ihre Lungen, aber es fühlte sich alles künstlich an. Als wären die frischen Düfte nur da, um etwas viel Düsteres zu verwässern. Sie nannte dem Beamten hinter der Rezeption den Grund für ihr Kommen und nahm im Empfangsbereich Platz. Sie probte, was genau sie Tobias sagen wollte und wie sie es sagen sollte, und sie erinnerte sich daran, seine Beteiligung an dem letzten Fall in Kalifornien herunterzuspielen. Tobias' Erkenntnisse hatten ihr und Agent Ripley geholfen, den Fall zu lösen; aber wenn Tobias das wüsste, würde er es als Druckmittel gegen sie verwenden.

Eine Tür ging auf und ein Mann in einem eng anliegenden, schwarzen Anzug erschien. Er war groß, gebräunt und wie ein olympischer Gewichtheber gebaut. Ella erkannte ihn als Aufseher Banks, derselbe Mann, dem sie bei ihrem letzten Besuch im Gefängnis begegnet war. Er trug einen furchteinflößenden Gesichtsausdruck.

»Agent Dark. Was machen Sie hier?«, fragte er.

»Ich bin aus demselben Grund hier wie das letzte Mal. Ich muss wieder mit Campbell sprechen. Es hat mit einer laufenden Ermittlung zu tun.«

Banks hielt ihrem Blick stand. »Okay, und haben Sie die Freigabeformulare dabei? Und die Genehmigung von der Strafvollzugsbehörde?«

Das hatte Ella nicht. Sie hatte keine Zeit gehabt, das ganze Verfahren noch einmal zu durchlaufen. Außerdem war die Gefahr, dass Agent Ripley von ihren Treffen mit Campbell erfuhr, größer, je mehr Kontakt sie mit der Strafvollzugsbehörde hatte. Bis jetzt hatte sie diese Treffen geheim gehalten, um Ripleys Gefühle zu schonen. Ripley und Campbell hatten eine lange und bewegte Geschichte, die Ripley sicher nicht noch einmal durchleben wollte. Ellas Partnerin beim FBI war diejenige gewesen, die Tobias vor fünfzehn Jahren gefasst hatte, und als sie seine Hütte auf dem Land entdeckte, fand sie eine Reihe von persönlichen Gegenständen, die darauf hindeuteten, dass Tobias Campbell weitaus mehr Menschen umgebracht hatte, als das FBI annahm. Sie fand Kinderschuhe, blutige Schlingen, Schmuck, Kleidungsstücke, Ausweise. Aber das FBI konnte nichts davon beweisen, weil Tobias Agent Ripley gefangen nahm und sie dazu zwang, alles niederzubrennen. Bis zum heutigen Tag behauptete Ripley, sie habe es gesehen, aber die Behörden waren anderer Meinung. Sie sagten, sie leide unter posttraumatischen Wahnvorstellungen.

Und wenn Ripley wüsste, dass Ella sich heimlich mit der Person traf, die ihr diese Qualen zugefügt hatte, wäre sie wütend und womöglich sogar untröstlich.

»Nein. Ich brauche keine Genehmigung von der Strafvollzugsbehörde, wenn ich wegen eines laufenden Falls hier bin.« Ella war sich nicht sicher, wo die Wahrheit aufhörte und die Lügen begannen. Es stimmte zwar, dass Treffen mit Insassen ohne Beteiligung der Strafvollzugsbehörde stattfinden konnten, solange sie im Zusammenhang mit einer laufenden Ermittlung standen, aber das Problem war, dass es keinerlei solche Ermittlung gab. Ella hatte niemanden von dem toten Tier vor ihrer Wohnungstür erzählt, und es gab keinen anderen laufenden Fall in den FBI-Akten, der Campbell als potenziellen Verdächtigen oder Komplizen nannte. Sie versuchte einfach ihr Glück und hoffte, dass ihr FBI-Ausweis ausreichte, um Campbell zu Gesicht zu bekommen.

»Tut mir leid, Agent«, sagte Banks, »aber Sie sollten es besser als jeder andere wissen, dass wir strenge Vorschriften für ein Treffen mit Campbell haben. Wir können nicht einfach jeden zu ihm hereinlassen, ob FBI oder nicht.«

»Aber Sie kennen mich doch. Sie haben meinen Ausweis. Dieser Fall wird unter Verschluss gehalten.«

»Ich verstehe ja das Bedürfnis nach Verschwiegenheit, Agent, aber Vorschriften sind Vorschriften. Vielleicht könnten Sie die Strafvollzugsbehörde von hier aus anrufen und ein Schnellverfahren …«

Doch bevor Banks seinen Satz beenden konnte, ertönte ein schriller Alarm. Die Enge des kleinen Empfangsbereichs verstärkte den Lärm zu einem ohrenbetäubenden Pegel, als ob eine ganze Reihe von Hausalarmen auf einmal heulte. Ella konnte ihn nicht hören, aber sie sah, wie Banks die Worte ach du Scheiße formte. Sein sonst so gebräuntes Gesicht wurde leichenblass.

»Was ist denn los?«, rief Ella, aber Banks war verschwunden, zusammen mit dem diensthabenden Beamten hinter dem Rezeptionstisch. Plötzlich stürmten mehrere Wärter von draußen durch die Türen und gesellten sich dazu. Banks fummelte am Eingang zum Zellenblock mit seiner Schlüsselkarte und war sichtlich erschrocken über das plötzliche Eindringen.

Ella wusste nicht recht, was sie tun sollte. Den Wärtern folgen? Versuchen, sich einen Weg zu Campbell zu bahnen? Schließlich hatte sie es bis hierhin geschafft, wieso also nicht noch einen Schritt weitergehen.

Nein, sie würde es nie durch die Sicherheitstüren schaffen. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte die Rote Zone mindestens zwei Eingänge, für die man Schlüsselkarten benötigte. Plötzlich flog die Tür zum Zellenblock auf und ein weiterer Wärter erschien von der anderen Seite. Er schnappte sich Banks und brüllte ihm etwas ins Ohr. Ella konnte wegen der heulenden Sirene überhaupt nichts hören, nicht einmal die schweren Schritte der ankommenden Verstärkung.

Dann begann Ella am ganzen Körper vor Panik zu zittern. Alle Wärter, die sich vor der Tür versammelten, drehten sich zu ihr um und starrten sie verwirrt an. Der zuletzt angekommene Wärter zeigte auf Ella. Wieder las sie Banks von den Lippen ab.

Sie?

Ella ertappte sich dabei, wie sie zum Ausgang zurückwich, doch dann war Banks plötzlich bei ihr. Hatte man sie durchschaut? War ihr Betrug jetzt schon aufgeflogen?

Diesmal konnte Ella Banks über den ohrenbetäubenden Lärm hinweg ganz deutlich hören.

 

 

 

2. KAPITEL

 

 

Plötzlich fand sich Ella in den verwinkelten Gängen des Gefängnisses wieder. Sie wurde von zwei Wärtern begleitet, die sie durch die feuchten Tunnel und über zwei Treppen ins Untergeschoss hinunterführten. Durch die Glasscheiben in den Zellentüren starrten ihr Gesichter entgegen. Andere Wärter beäugten sie, als wäre sie eine neue Insassin, die eingewiesen wurde. Es passierte alles schneller als sie Zeit hatte, es zu begreifen.

»Miss, Sie kennen die Vorschriften, richtig?«, fragte sie einer der Wärter.

Auf dem Schild neben ihnen stand AB HIER ROTE ZONE. »Vorschriften?«

»Halten Sie eineinhalb Meter Abstand zur Scheibe. Reichen Sie nichts durch die Scheibe durch. Halten Sie Ihr Gespräch kurz. Sollten Sie diese Vorschriften missachten, ist die Strafvollzugsbehörde von Maine für jegliche Verletzungen oder Todesfälle nicht verantwortlich. Verstanden?«

Der Wärter öffnete mit seiner Schlüsselkarte die Stahltür. Ella starrte erneut in die Höhle des Löwen und konnte es kaum glauben, dass sie es tatsächlich bis hierher geschafft hatte. »Ja. Verstanden«, sagte sie.

Dann schloss sich die Tür und sie war allein.

Ella hatte keine Ahnung, wie er es angestellt hatte, oder warum, aber plötzlich stand sie im Sektor namens Roten Zone im Maine State Prison vor Tobias Campbells gläserner Zelle. Campbell war der einzige Insasse in diesem Sektor und wurde aus Sicherheitsgründen von allen anderen im Gebäude ferngehalten. Zum doppelten Schutz war der Glaskasten mit Eisenstangen umgeben.

Campbell saß auf dem Boden in seiner überraschend kahlen Zelle. Seine Malutensilien, Miniaturpferde und anderen Gegenstände waren verschwunden. An der Tür zur Roten Zone verabschiedeten sich zwei uniformierte Sanitäter und eine Handvoll Wärter, wenn auch zögerlich. Die Verwirrung übermannte ihre Angst, und ihr geprobter Monolog war fast gänzlich aus ihrem Kopf gelöscht.

»Was zum Teufel war das gerade?«, war alles, was sie sagen konnte.

Tobias stand auf und lächelte. Sein rasierter Kopf glänzte unter dem blendend weißen Licht seiner sterilen Kammer. Sie sah dieses kranke Grinsen, das sie unzählige Male in ihren Träumen gesehen hatte, und der bloße Anblick weckte Gefühle, die sie am liebsten nie wieder ertragen würde. Hinter ihr stand eine gläserne Zelle ohne Insassen in der Dunkelheit verhüllt. Selbst jetzt musste sie sich die Frage stellen: Wie bin ich nur wieder hier gelandet?

»Agent Dark, ich bin so froh, dass Sie zurückgekommen sind.« Campbell strich sich seitlich mit den Fingerspitzen über das Gesicht und ließ ein paar Tropfen Blut auf den Boden seiner Zelle fallen. »Übrigens, gern geschehen.«

Ella hatte keine Ahnung, was für ein Spiel dieser Irre spielte, aber aus irgendeinem seltsamen Grund hatte es wohl mit seiner eigenen Verstümmelung zu tun. »Gern geschehen? Für was denn? Was haben Sie gerade getan?«

»Ich habe heute Morgen keinen Besuch erwartet, Miss Dark, aber irgendetwas sagte mir, dass Sie irgendwann noch einmal in meiner bescheidenen Unterkunft auftauchen würden.«

»Okay. Und? Warum bin ich gerade von einem Haufen Wärtern hierher gebracht worden?«

»Hat doch funktioniert, oder?«, lachte Tobias.

»Campbell, mir reicht's mit Ihren Spielchen. Ich will nichts mit Ihnen zu tun haben, und nach diesem Treffen werden Sie nie wieder von mir hören. Ich bin hier, um Antworten zu bekommen, und sobald ich sie habe, bin ich weg. Haben Sie mich verstanden? Und jetzt erklären Sie mir, was zur Hölle gerade passiert ist.«

»Nicht so hastig«, sagte Tobias. »Erzählen Sie mir von Ihrem kleinen Fall letzte Woche draußen in Kalifornien. Ich habe gehört, Sie haben sich einen Zodiac-Killer geschnappt. Wie war das denn so?«

»Gut. Wir haben ihn innerhalb von drei Tagen gefangen. Und nun fangen Sie an zu reden.«

Tobias näherte sich der Scheibe und fuhr mit dem Finger um eines der Löcher. Ella warf einen genauen Blick auf seine Verletzung. Eine getrocknete Blutspur lief von seinem Ohr aus den Hals hinunter.

»Sehr beeindruckend. Und wie haben Sie das angestellt?«

»Was ist mit Ihrem Ohr passiert?«

»Mit meinem Ohr? Manipulierung, meine Liebe. Der Kern der conditio humana. Wenn ein Kind schreit, weil es seinen Willen nicht bekommt, ist es nicht verärgert; es erlernt bloß die Grundlagen der Verhaltensausbeutung. Das bleibt uns bis zum Erwachsenenleben erhalten, und manche von uns sind darin noch genauso geschickt, wie wir es in unserer Kindheit waren.«

Ella fügte die Teile zusammen. Sie brauchte ein paar Sekunden, und es ergab für sie nicht wirklich einen Sinn. Aber nichts, was dieses Monster tat, ergab für einen rationalen Menschen einen Sinn.

»Sie haben eine Verletzung vorgetäuscht?«

Tobias seufzte und schüttelte langsam den Kopf, als würde er von einer Maschine gesteuert werden. »Nein. Wie ich sehe, sind Sie noch immer nicht in der Lage, sich in die psychopathische Denkweise hineinzuversetzen.«

Ella fragte sich erneut: Warum bin ich hier? Tobias trieb schon wieder sein altes Spiel. Er setzte ihre Fähigkeiten herab und gab ihr das Gefühl, so klein wie eine Feldmaus zu sein. Sie hasste Tobias mit jeder Faser ihres Seins, aber in diesem Moment hasste sie sich selbst noch mehr dafür, dass sie gedacht hatte, dies sei mehr als bloß eine schreckliche Idee gewesen.

»Sehen Sie, Sie haben heute Morgen sehr früh Ihre Wohnung verlassen, Miss Dark. Und Sie sind nicht zur Arbeit erschienen. Da wusste ich sofort, dass Sie innerhalb von wenigen Stunden vor mir stehen würden.«

Ella fiel die Kinnlade herunter und ihre Augen weiteten sich so sehr, dass es schmerzte. Dieser Widerling kannte Details aus ihrem Leben, die niemand außer ihr wissen sollte. Ihre Haut begann am ganzen Körper zu jucken. »Was zur …? Für wen halten Sie sich eigentlich, mir auf diese Weise nachzustellen? Woher, in Gottes Namen, wissen Sie diese Dinge?«

»Die Leute reden mit mir. Das spricht sich schnell herum, vor allem an diesem Ort. Aber jedes Mal, wenn ein hoffnungsvoller FBI-Agent einen Besuch plant, informiert mich die Strafvollzugsbehörde im Voraus, und in letzter Zeit hat sie mich nicht kontaktiert. Das hieß also, dass Sie unangekündigt erscheinen würden.«

Ella hielt inne und dachte, dass dies alles ein einziger langer, hyperrealistischer Alptraum sein musste. Alles, von dem Tag an, an dem sie Tobias kennenlernte, bis zu diesem Moment. Das konnte nicht wirklich ihr Leben sein. Sie fühlte sich so, als wäre sie in der Mitte eines Spinnennetzes gefangen, aus dem sie sich nicht befreien konnte.

»Ich wusste, dass diese lästigen Wärter nicht gegen die Vorschriften verstoßen würden, nicht für eine Anfängerin. Also habe ich, sobald Sie hier waren, etwas List, Verstand und Heimtücke eingesetzt.«

Ella starrte wieder auf Tobias' Verletzung. Frisches Blut lief ihm über die Wange, wie trübes Wasser über ein Blatt. Schnell kam ihr alles wieder in den Sinn. Sie erinnerte sich wieder an die Vorschriften für Gefangene in den Arrestzellen aus ihrer Zeit bei der Virginia PD.

»Sie haben mit Selbstmord gedroht, um mich hier hereinzubringen?«

»Volltreffer«, lächelte Tobias. »Alles, was es dafür brauchte, war, mir einen Bleistift in den Gehörgang zu rammen. Ich sagte ihnen, ich würde mir das Gehirn mit angespitztem Grafit zerstören, wenn sie Sie nicht zu mir bringen.«

Ellas erster Gedanke war, dass die Wärter ihn hätten gewähren lassen sollen, aber sie wusste, dass für jeden Insassen, der mit Selbstmord drohte, Vorkehrungen getroffen werden mussten. »Mein Gott. Aber wieso? Woher wussten Sie, dass ich hier bin?« Die Fragen schwirrten ihr wie wildgewordene Ameisen durch den Kopf.

»Wie schon gesagt, das spricht sich schnell herum. Und ich wollte Sie wiedersehen. Sie sind für mich viel interessanter als diese anderen Idioten, die sie mir in der Vergangenheit geschickt haben.«

Ella wollte weiter nachhaken, aber Tobias das zu geben, was er wollte, war gefährlich. Sie versuchte, sich an die Worte zu erinnern, die sie sich eingeprägt hatte, aber ihr Kopf war völlig leer. »Ach ja?«, fragte sie.

Campbell steckte sich einen Finger ins Ohr und zog einen weiteren Schwall Blut heraus. »Jetzt fängt es an, weh zu tun«, sagte er mit einem Grinsen. »Aber ja. Alle anderen Agenten, die ich kennengelernt habe, waren mittleren Alters und aus der Mittelschicht, mit sehr wenig Persönlichkeit. Unternehmenszombies, die darauf warteten, ihre Rente zu kassieren. Sie sind bloß zu mir gekommen, weil sie jemand dazu verdonnert hatte.«

Ella fragte sich, wer in den Reihen des FBI noch das Vergnügen gehabt hatte, Tobias persönlich zu besuchen. Bis jetzt hatte sie geglaubt, sie sei die Einzige. »Und was macht mich da so anders?«

»Sie sind hier, weil Sie es sein wollen. Sie sind auf der Suche nach Wissen und scheuen nicht davor zurück, in die Tiefe zu graben, um es zu finden. Das finde ich bewundernswert.«

Ella spürte etwas, das an Stolz erinnerte, aber das Gefühlschaos in ihr erstickte die Regung schon nach wenigen Sekunden. Sie sammelte sich wieder und erinnerte sich daran, warum sie hier war. »Tobias, hören Sie auf mit dem Scheiß. Glauben Sie ja nicht, dass ich auf Ihre Spielchen hereinfalle. Diesmal nicht. Warum hing letzte Woche ein totes Tier vor meiner Tür?«

Tobias schnitt eine Grimasse. Sein Hals zuckte. »Was denn für ein Tier?«

Ella hob die Augenbrauen. »Das wissen Sie ganz genau. Tun Sie nicht so unschuldig.«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Miss Dark. Klingt für mich nach einem Zufall. Die Natur kann wirklich grausam sein.«

»Das halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Sie sagten selbst, dass Sie wussten, wo ich heute war. Das bedeutet, dass Sie mich beobachten lassen. Es sei denn, Sie haben gelogen, wie Sie es zu tun pflegen.«

Ella war bereit, ihn mit seinen eigenen Spielchen zu konfrontieren. Wenn sie ihm unter die Haut gehen konnte, würde er sich womöglich verraten. Das funktionierte bei Verdächtigen im Verhörraum, warum also nicht auch hier?

Tobias wippte in einem gleichmäßigen Rhythmus mit dem Fuß. »Wer weiß, ob ich lüge oder die Wahrheit sage? Vielleicht habe ich bloß geraten, dass Sie hier sein würden. Oder vielleicht ist es ein mentalistischer Trick. Ein Wärter erzählte mir, dass Sie vor den Toren standen, und ich habe einfach eins und eins zusammengezählt. Oder vielleicht lasse ich tatsächlich Sie und die gute alte Mia Ripley beobachten. Was wäre Ihnen denn lieber?«

»Das ist mir egal«, log Ella. Es war ihr gar nicht egal, aber je mehr Tobias sprach, desto mehr spürte sie, wie das Spinnennetz zu wachsen begann und zu etwas Stärkerem mutierte. Jede neue Bemerkung brachte ein neues Rätsel mit sich, und das Letzte, was sie brauchte, waren noch mehr Ungewissheiten, die in ihrem Kopf herumschwirrten.

»Tun Sie etwas für mich. Schließlich habe ich Sie mit meinem kleinen Trick hier eingeschleust. Wie ist Ihr zweiter Vorname?«

Die Frage überraschte sie. »Warum wollen Sie das wissen?«

»Sie wissen ja, was man über die Neugier sagt«, grinste er.

Verdammter Mistkerl,dachte Ella und hielt ihre Wut im Zaum. »Ich habe keinen zweiten Vornamen«, platzte es aus ihr heraus.

»Na, na, na. Wir beide wissen, dass das nicht wahr ist.«

»Warum fragen Sie dann?«

»Ich prüfe Ihre Fähigkeit, ehrlich zu sein. Wenn wir eine für uns beide vorteilhafte Beziehung haben wollen, muss ich wissen, wie gewillt Sie sind, die Wahrheit zu sagen.«

Ella musste die Augen schließen, um ihren Frust zu unterdrücken. »Ist das Ihr Ernst? Sie fragen mich, ob ich ehrlich bin? Sie sind derjenige, der die Wahrheit in dumme kleine Rätsel verpackt.«

Tobias richtete seinen Blick auf den Boden und holte tief Luft. Als er wieder aufschaute, hatte sich sein Dauergrinsen in einen durchdringenden, finsteren Blick verwandelt. Seine Augen waren so eng, dass nur seine gelblichen Pupillen sichtbar waren. Er hob die Hand und schlug mit einem erschreckenden Knall gegen die Glasscheibe. Ella musste sich zusammenreißen, um nicht vor Schreck zurückzuspringen.

»Hören Sie mir zu, Miss Dark«, knurrte Tobias, dessen Stimme einen dämonischen Tonfall annahm. »Wenn ich nicht wäre, würden Sie jetzt noch immer in Kalifornien im Kreis herumirren. Ich habe mein Leben riskiert, um Sie hier einzuschleusen, und ich habe keinen Zweifel daran, dass ich für meine Taten entsprechend bestraft werde. Und die gute alte Mia Ripley weiß noch immer nicht von unseren kleinen Gesprächen, nicht wahr? Ich hätte es ihr längst sagen können, habe ich aber nicht. Ich habe mehr für Sie getan als Sie für mich. Wenn ich Ihnen also eine Frage stelle, verlange ich, dass Sie mir antworten. Ist das klar?«

Die Stille zwischen ihnen hing schwer in der Luft. Ella konnte es nicht glauben, aber er hatte recht. Er hatte alle Karten in der Hand und sie hatte keine. Sie könnte jetzt hier rausgehen, doch dann würde Tobias sich rächen, indem er Ripley alles verriet. Erst jetzt wurde Ella vollkommen bewusst, dass sie ein Spiel spielte, das sie nicht gewinnen konnte. Die einzige Möglichkeit, besser abzuschneiden, war, Tobias' Forderungen nachzukommen.

»Mein zweiter Vorname ist April.«

Tobias machte die Augen zu und schnupperte die Luft. Er freute sich über die neue Information, als hätte er die Antwort auf ein uraltes Rätsel entdeckt. Sein Gesicht strahlte vor Stolz.

»Na bitte. Das war doch gar nicht so schwer, nicht wahr? April, der grausamste Monat. Und der jetzige Monat noch dazu. Wie passend.«

Für jeden anderen wären solche Details harmlos, aber Ella wusste, dass Tobias einen Weg finden würde, sie gegen sie zu verwenden.

»Ich habe getan, was Sie wollten. Jetzt sind Sie mir etwas schuldig.«

»Bin ich das? Also gut. Ja, die Katze vor Ihrer Tür wurde dort von einem meiner Helferlein hinterlassen«, sagte Tobias und betonte das Ende des Satzes mit einem Knacken seines Nackens.

Ella wartete auf mehr Informationen. Es kamen keine.

»Und? Ist das alles?«, fragte sie. »Wer ist diese Person? Warum haben Sie es getan?« Sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, wusste sie, dass ihre Fragen vergeblich waren, aber die Verzweiflung überlagerte alles. Sie packte die Zellengitter mit beiden Händen und schüttelte daran mit aller Kraft. Ihre Unterarme und Bizeps brannten vor Schmerz, aber die Eisenstäbe rührten sich nicht.

»Bitte, eins nach dem anderen«, sagte Tobias. »Ich fürchte, ich werde keine weiteren Details preisgeben. Nicht über meinen Komplizen. Aber ich verrate Ihnen, warum ich es getan habe, wenn Sie es unbedingt wissen möchten.«

Ella stemmte sich vom Käfig ab. Tobias blieb standfest mit den Händen hinter dem Rücken, als ob ihn eine magnetische Kraft am Platz festhalten würde. Selbst ihr Wutausbruch hatte ihn nicht aus der Fassung gebracht.

»Also gut. Ich bin ganz Ohr.«

»Nun ja, Miss Dark, jeder hat Spaß daran, den Hai zu hänseln, wenn er im Käfig sitzt. Aber nur wenige Menschen würden einen Hai in freier Wildbahn verärgern. Das ist es, was ich tue. Ich ziehe Ihnen Ihr Sicherheitsnetz weg. Sie sind zu mir gekommen, weil Sie glaubten, dass Sie mich in der sicheren freien Welt beobachten könnten, aber diese Stäbe sind nichts weiter als eine Illusion.« Er drückte sein Gesicht gegen die Scheibe. »Ich bin bei Ihnen da draußen. Ich beobachte, mische mich ein, terrorisiere. Sie wollen von mir lernen? Sie kommen zu mir und erwarten, dass ich Sie über den psychopathischen Geist belehre? Dann werden Sie es auf die harte Tour lernen.«

Ja, Ella war gekommen, um von ihm zu lernen. Sie wollte alles über Tobias' Vergangenheit wissen und Einzelheiten erfahren, die sonst niemand kannte. Aber sie wollte auch seine Einsichten in den Denkprozess eines Mörders erfassen. Bei ihrem letzten Fall war Tobias derjenige gewesen, der ihr die Information gegeben hatte, die sie brauchte, um ihn zu lösen. Es war jene Intuition, die sie erforschen wollte, aber scheinbar hatte sie dafür gesorgt, dass sich die Affenpfote einrollt.

Tobias hatte einen starren Ausdruck in den Augen, den Ella noch nie zuvor gesehen hatte, als wäre seine fleischliche Maske zum ersten Mal abgestreift worden. Doch anstelle von Knochen und Sehnen starrte ihr nichts als gnadenlose Arglist und klinischer Wahnsinn entgegen. Ella spürte, wie der Raum kalt wurde und ihre Wirbelsäule noch kälter. Die Kälte hing ihr an den Lippen und ließ sie erstarren. Sie wollte mit der Wut von tausend Sonnen schreien, aber sie hatte keine Willenskraft, das zu tun. Ihr blieb nur die Niederlage und die erdrückende Erkenntnis, dass es ihre eigenen Taten waren, die dieses Monster in ihr Leben, in ihren Kopf, hineingelassen hatten.

Einige Sekunden lang sagte keiner von beiden ein Wort. Es war Ellas piepsende Uhr, die das Schweigen brach. Sie warf einen Blick darauf. Es zeigte ihr, dass jemand ihr Handy anrief, das beschlagnahmt worden war, bevor sie die Zellenblocks betreten hatte. Sie sah den Namen des Anrufers.