Mutti steigt aus - Tessa Hennig - E-Book

Mutti steigt aus E-Book

Tessa Hennig

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Beschreibung

Der Bestseller von Tessa Hennig – zum Muttertag als große TV-Verfilmung im ZDF Maria, Elke und Sigrun sehen sich nicht auf der Warteliste für ein Altersheim. Die drei eingeschworenen Freundinnen haben ganz andere Pläne: Gran Canaria, das Rentnerparadies, wartet auf sie. Ausgerüstet mit ihrer Rente und dem Traum vom eigenen Haus setzen sie sich ins Flugzeug. Eines haben sich die drei dabei fest vorgenommen: Männerfreie Zone! Kein Wunder, denn Maria will ihrem verstorbenen Gatten für immer treu bleiben. Elke hat vom anderen Geschlecht die Nase voll. Und für Sigrun sind die Herren der Schöpfung die schlechteren Frauen. Doch dann hält die Insel nicht nur in Sachen Männer so manche Überraschung für sie bereit…

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Tessa Hennig

Mutti steigt aus

Roman

List Taschenbuch

Das Buch

Die drei (Früh-)Rentnerinnen Maria, Sigrun und Elke denken überhaupt nicht daran, ihren Lebensabend in einem miefigen Altersheim zu verbringen, wenn eine Wohngemeinschaft im sonnigen Süden ein viel angenehmeres Leben verspricht. Auf geht's nach Gran Canaria, der Insel des ewigen Frühlings, wo die drei den Traum vom eigenen Haus in die Tat umsetzen wollen – und das ohne männliche Hilfe. Allerdings stellt sich bald heraus, dass auch das vermeintliche Paradies seine Tücken bereithält: Beim Kauf des gemeinsamen Traumhauses werden die drei von einem geldgierigen Makler übers Ohr gehauen. Nachbar Miguel, schwul und Anwärter auf die neue »beste Freundin«, wird dabei zum Verbündeten im Kampf gegen die spanischen Behörden, nervende Rentnerkolonien und die gierige Verwandtschaft. Dass Miguel auch noch einen attraktiven und äußerst charmanten Bruder hat, bringt die Rentnerinnenclique dann ordentlich durcheinander. Die »Männerfreie Zone« wird zum Schlachtfeld …

Die Autorin

Tessa Hennig ist seit vielen Jahren als freie Journalistin, Regisseurin und Autorin tätig. Sie ist vielbeschäftigte Drehbuchautorin, unter anderem für die große Prime-Time-Frauenunterhaltung. Wenn sie vom Schreiben und ihrem Wohnort München eine Auszeit benötigt, reist sie am liebsten nach Gran Canaria.

Kapitel 1

»Wer einmal Rosinen gegessen hat, dem schmecken keine Trauben mehr.«

Edgar pflegte dies immer zu sagen, um Maria in Gesellschaft gleichaltriger Frauen ein Kompliment zu machen, obgleich ihr natürlich klar war, dass er sich damit nur selbst in ein gutes Licht rücken wollte. Ein Mann, der so etwas sagt, erweckt den Eindruck, dass er bei jüngeren Frauen noch ganz gute Karten hat. Als Maria ihn eines Abends auf dem Bäckerball in der Nürnberger Meistersingerhalle – für beide ein alljährliches Highlight – offen darauf ansprach, lächelte er nur. Ein hinreißendes Lächeln, dem Maria selbst über Edgars Tod hinaus treu geblieben war.

»Ich liebe nur dich, und das war schon immer so.« Nicht mehr und nicht weniger hatte dieses Lächeln zu sagen. Einfach entwaffnend.

»Eine wohlschmeckende Rosine«, konstatierte Maria mit bittersüßem Blick, als sie an diesem Morgen ihr Antlitz im Spiegel sah und überlegte, ob sie trotz Edgars Abneigung gegen Kosmetika etwas Make-up auflegen sollte.

»Das Zeug verklebt die natürliche Schönheit einer Frau.« Oft genug hatte ihr verstorbener Mann Werbung für Gesichtscremes in dieser Weise kommentiert. Maria musste schmunzeln. Ob sie wirklich von innen strahlte, wie er immer behauptet hatte, ein Strahlen der Zufriedenheit, das Menschen schön macht, ein Strahlen, um das man jeden beneidet?

Das unbarmherzige Licht ihres Spiegelschrankes sprach allerdings eine andere Sprache. Als sie sich näher betrachtete und ihr lockiges brünettes Haar, das wie jeden Morgen kaum zu bändigen war, zurechtzupfte, bereute sie den lebenslangen Verzicht auf diverse Cremes und Öle nun doch. Sie trat einen Schritt vor und tastete ihre Problemstellen mit kritischem Blick ab. Kleine Fältchen um die Augen und eine von den Sorgen eines harten Berufslebens gezeichnete Stirn ergaben das Porträt einer Frau, die ihre beste Zeit hinter sich gelassen hatte. Die vielen Jahre in der Bäckerei, jeden Tag um halb fünf aus den Federn und bis sechs Uhr abends am Tresen stehen. Maria begann spontan, ihre Gesichtshaut bis zu den Ohren nach hinten zu liften.

Ein straffes, aber skurril verzogenes Gesicht und unnatürlich breite Lippen machten sie im Nu zu einer zwar faltenfreien, aber urkomischen Karikatur ihrer selbst. Genug, um sich aus der zäh an ihrer Seele klebenden Melancholie zu befreien. Maria setzte sogleich ein zufriedenes Lächeln auf. Das Lächeln einer Verkäuferin, entlarvte sie sich selbst. Sie hatte es zeit ihres Lebens hinter dem Tresen bestens einstudiert. »Haben Sie sonst noch einen Wunsch?« Es wurde allerhöchste Zeit, neu anzufangen und das unsichtbare Trauergewand, das längst zu einer zweiten Haut geworden war, endlich abzustreifen. Leichter gesagt als getan, wenn einen einfach alles an Edgar erinnerte. Sein alter Nassrasierer, ein antik anmutendes Artefakt in einer Porzellanschale, die er von seinem Vater geerbt hatte, stand immer noch an seinem Platz, einer kleinen Anrichte neben dem Waschbecken, auf der Edgar immer seine Sachen abgelegt hatte. Dauermelancholie war ein äußerst beunruhigender Umstand. Da drängte sich die Frage nach Therapiebedürftigkeit auf. War es etwa normal, wenn man sich Monate nach dem Tod des Gatten immer noch nicht von seinen Sachen trennen konnte? Sicher, sie konnte sich auch einreden, dass er in diesen Dingen weiterlebte. Kein Wunder, denn Edgars Eigengeruch, der wie ein erlesenes Parfum ihre Sinne benebelt und ihr das Gefühl gegeben hatte, noch einen letzten Hauch von ihm bei sich zu haben, ließ sich nicht leugnen.

»Wirf das alte Zeug doch endlich weg.« Wenn der eigene Sohn so etwas sagt, tut das verdammt weh. Es war respektlos, auch gegenüber dem Vater, der Robert über alles geliebt hatte, zumindest so lange, bis ihm klargeworden war, dass Robert die Bäckerei nicht übernehmen würde. Maria fuhr etwas wehmütig ein letztes Mal über das weiche Haar des Rasierpinsels und legte das Utensil aus vergangenen Tagen schließlich zur Seite. Es war allerhöchste Zeit, in die Gänge zu kommen. Der Flieger würde nicht auf sie warten.

»Hilfst du mir mit dem Kleid?«

Robert, selbst noch in Unterhosen und Socken, hatte nicht die Absicht, sich von Marion aus der Ruhe bringen zu lassen. Er kramte stoisch weiter in einer Schublade. Vielleicht würde sie dann ja kapieren, dass es tierisch nervte, alle fünf Minuten für sie strammstehen zu müssen. Drei Hemden lagen bereits auf dem Boden, was den legeren Ikea-Stil des kunterbunten Billig-Wohnen-mit-Schick-Schlafzimmers noch unterstrich.

»Kommst du jetzt?«

Robert verdrehte demonstrativ die Augen, wie immer, wenn seine Frau ihm auf den Zeiger ging, und schlüpfte eilig in das nächstbeste Hemd, das sich in einem desolat zerknitterten Zustand befand.

»Hast du die Hemden nicht gebügelt?«, fragte er. »Keine Zeit.«

Marion, eine nicht mehr ganz fabrikneue, wenngleich äußerst attraktive Barbie-Puppe, tänzelte mit Unschuldslächeln herein und stellte sich demonstrativ mit dem Rücken zu ihm. »Ich war gestern mit Steffi und Sabine beim Einkaufen. Das weißt du doch.«

Richtig. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Die Einkaufstrips mit Steffi waren in letzter Zeit ja zur Routine geworden. Er musste es wohl verdrängt haben. Wer erinnert sich schon gern daran, wie viel Geld die Ehefrau im wöchentlichen Kaufrausch vernichtet? Robert fummelte am Reißverschluss ihres Kleides herum. »Und du weißt, dass ich nicht bügeln kann.«

»Da sind doch noch genug gebügelte Hemden«, erwiderte sie trotzig.

»Kurzärmlige!«

Robert zog konsequenterweise den Reißverschluss ihres Kleides mit so viel Schwung nach oben, dass Marion leicht vom Boden abhob.

»Schlechte Laune?« Sie war anscheinend nicht aus der Ruhe zu bringen.

Robert resignierte. Seine Restenergie reichte gerade noch für ein schwaches Kopfschütteln.

»Ich möchte nur wissen, wer ihr den Floh ins Ohr gesetzt hat.«

Marion war wohl immer noch fassungslos darüber, dass seine Mutter, die so gut wie nie in Urlaub fuhr, schon gar nicht allein, eine Flugreise nach Gran Canaria gebucht hatte.

»Ihr wird die Decke auf den Kopf fallen.«

»Mir fällt sie auch bald auf den Kopf.«

»Wir waren doch erst im Urlaub«, widersprach er.

»Das ist drei Monate her ... und der ganze Stress in der Agentur«, säuselte sie.

»Halbtags? Stress?« Wie konnte ausgerechnet Marion es wagen, dieses Wort überhaupt in den Mund zu nehmen?

»Ein halber Tag in einer Werbeagentur strengt mehr an als ... « Marion suchte nach Argumenten, während sie das Kleid vor einem Garderobenspiegel in die rechte Form zupfte. Sie würde keine finden, jedenfalls keine plausiblen.

»Klar. Du hast auf alle Fälle mehr Stress als ich«, kam er ihr zuvor.

Robert stellte zufrieden fest, dass sein vorwurfsvoller Tonfall sie traf. In Sachen Stress hatte er in den letzten Wochen auf seinen beruflichen Streifzügen durch ganz Bayern wahrlich genug erlebt. Das war sein wunder Punkt, und Marion wusste immer, wann sie zu weit ging. Sofort wanderte ihre Hand versöhnlich in seinen Nacken.

»Du Armer. Jeden Tag unterwegs«, schnurrte sie.

Robert sah nur noch ihre katzengleichen Smaragdaugen, ihr entwaffnendes Lächeln und spürte ihre Hand, die sich schlangengleich an seinem Rücken entlangräkelte.

»Lass uns heute Abend schön essen gehen, ja?«

»Wird aber spät. Ich muss noch ins Allgäu«, antwortete er ausweichend.

»Ins Allgäu?«, fragte sie.

»Ein neues Internetreisebüro. Stell dir vor, die haben überhaupt noch keine Buchhaltungssoftware.«

»Das schaffst du schon. Ich muss los.«

So viel Anteilnahme konnte einem wirklich Mut machen. Marion löste sich abrupt von ihm und schnappte sich eine schicke kurze Jacke, die vor ihr auf einem Korbsessel lag.

»Und vergiss nicht, deine Mutter nach der Hypothek zu fragen.«

Dies war eines der Dinge, die ihm bleischwer im Magen lagen.

»Die braucht das Haus doch eh nicht. Aber wir brauchen das Geld!«, fügte sie hinzu und zog die Jacke an.

Drei prall gefüllte Mülltüten warteten darauf, in der Tonne vor Marias Einfamilienhaus entsorgt zu werden. Wenn nur der Deckel nicht wieder klemmen würde. Der tägliche Kampf mit den Tücken des Objekts.

»Na, schon im Reisefieber?«, tönte es wie aus dem Nichts. Maria bemerkte erst jetzt ihre Nachbarin, deren Kopf über die Hecke ragte, die die beiden Grundstücke optisch trennte. »Hilde. Ich wollt eh zu dir. Der Hausschlüssel.« »Wie lange bleibst du denn?«, wollte die Nachbarin wissen. »Weiß ich noch nicht.«

Hilde in ihrem flauschigen Hausanzug aus Flanell, einem unsäglich schlabberigen Billigteil, das sie vermutlich aus der hintersten Ecke eines Schlussverkaufwühltisches hervorgezogen hatte, nahm einen von Marias Schlüsseln in Empfang. »Hast du schon von der Gruber gehört?«

»Die Gruber? Was soll denn mit der sein?«

»Autounfall. War nichts mehr zu machen.«

»Das ist ja tragisch. Gehst du zur Beerdigung?« Eigentlich war es Maria völlig egal, wer zu Angelika Grubers Beerdigung gehen würde, aber über was außer dem Wetter könnte sie sich mit Hilde um der guten Nachbarschaft willen sonst unterhalten? Immerhin würde die Frau sich in ihrer Abwesenheit um ihre Pflanzen kümmern, was ein Gespräch auf alle Fälle rechtfertigte.

Hilde zuckte mit den Schultern. »Ob überhaupt jemand hingeht?«

Im Nu wurden wieder Erinnerungen an die dicke Gruber wach, eine impertinente Frau, die am Ende ihrer Straße in einer kleinen Boutique arbeitete und ihr nimmermüde altbackene Kleidung in Grau- und Beigetönen andrehen wollte. »So eine Ironie«, sinnierte Maria vor sich hin.

»Wie meinst’n das?« Hilde war wie immer etwas schwer von Begriff.

»Erinnerst du dich noch? Letztes Jahr? Ich möchte nicht wissen, wie viele Leute die Gruber noch in dieses Wohnstift geschleppt hat.«

»Wahrscheinlich die halbe Straße«, erinnerte sich Hilde.

»Sie müssen sich rechtzeitig auf eine Warteliste setzen lassen ... Jetzt, wo Ihr Mann tot ist«, äffte Maria die Gruber nach. Unglaublich, dass sie sich von ihr tatsächlich hatte überreden lassen, einem Altersheim einen Besuch abzustatten. Ganz unverbindlich, hatte es geheißen. Aus dem geplanten »kurzen Ausflug« bei Kaffee und Kuchen war an einem sonnigen Tag, den Maria viel lieber mit einem Spaziergang im Park verbracht hätte, ein zweistündiger Aufenthalt bei einer geschäftstüchtigen Direktorin geworden, gefangen im Bürokäfig einer leidenschaftlichen Verkäuferin, die Maria gar nicht mehr gehen lassen wollte. Der Eigengeruch des Gebäudes hatte ihr an jenem Tag ein Schaudern über den Rücken gejagt. Die Luft hatte abgestanden und fahl geschmeckt, nach Krankheit und dem Duft des Sensenmannes, der, was in der Natur der Dinge lag, zu einem Stammgast geworden war. Nein, ein Altersheim kam nicht in Frage! Sie hatte nun wirklich keine Lust, sich den ganzen Tag bedienen zu lassen, um bei Brei und Pudding auf den letzten Atemzug zu warten.

»Die hat uns doch nur wegen der Provision mitgeschleppt«, platzte es empört aus Hilde heraus.

»Provision?«, fragte Maria. Was alles post mortem so herauskam. Einfach unglaublich!

»Wusstest du das denn nicht? Für jeden Interessenten gab’s zehn Euro und einen höheren Rang auf der Warteliste. Ich bin mir sicher, dass sie schon ganz oben war.«

Immerhin war die Gruber jetzt im wahrsten Sinne des Wortes »ganz oben«, nämlich im Himmel. Die Vorstellung, dass sie nun als fette Putte auf einer Wolke sitzen und sich darüber ärgern würde, das Altersheim knapp verpasst zu haben, hatte etwas Erheiterndes. Ob die Wolke sie bei ihrem Gewicht überhaupt tragen würde?

»Tragisch, wirklich tragisch«, rang sich Maria mit aufgesetzter Trauermine ab, denn noch immer ging ihr das Bild der Putte nicht aus dem Kopf.

Hilde stimmte voll und ganz zu, wenngleich aus ganz anderen Gründen. »Andererseits, wer kümmert sich mal um uns? Na ja, du hast ja wenigstens noch Robert.«

»Robert? Der gießt ja noch nicht mal meine Blumen.«

»Wenn mein Mann mal nicht mehr ist ... ich weiß nicht ... «

Maria konnte Hildes Ängste gut nachvollziehen. Den noch störte sie ihr mitleidiger Blick. »Damit muss man fertig werden, aber ins Altersheim kriegt mich niemand.«

Was für ein wunderschöner Morgen. Vor Sigrun lag die schier unendliche Weite des Meeres. Zug um Zug näherte sie sich dem verführerischen, tiefen Blau des Atlantiks, der sich nahtlos an den Pool anzuschließen schien. Am Beckenrand vor ihr tummelten sich zwei junge Mädchen in knappen Bikinis – wahre Schönheiten, die in jedem Modelwettbewerb bestehen würden und sie an ihre Jugend erinnerten, in der sie sich nebenbei auf dem Laufsteg Geld verdient hatte. Dennoch kein Grund, neidisch zu werden, denn Sigrun wusste, dass sie trotz ihrer achtundfünfzig Lebensjahre immer noch eine gute Figur abgab und sich rank und schlank, wie sie nun mal war, überhaupt nicht zu verstecken brauchte.

Ein Blick über den Rand des Pools lohnte sich. Erst jetzt konnte man eine äußerst gepflegte Uferpromenade erkennen, die sich vom Leuchtturm zu ihrer Linken bis hin nach Meloneras zu ihrer Rechten erstreckte – ein Gebiet, in dem es vor neuen Hotel- und Bungalowanlagen nur so wimmelte. Wie herrlich, sich im Wasser zu räkeln und dabei die spazierenden Touristen zu beobachten. Und erst diese gemütlichen Cafés, deren leinenfarbene Sonnenschirme nahtlos ineinander übergingen und den Spazierweg am Meer auf der Landseite kontrastreich zum satten Blau und dem Grün des Palmensaums flankierten. Wie gemalt!

»Hier könnte ich es noch eine Weile aushalten«, kommentierte Elke, die mit ihrer gelben Badekappe neben ihr wie ein übermütiger Delphin aus dem Wasser schoss.

»Auf Dauer im Hotel? Das wäre nichts für mich«, gab Sigrun ihr mit Nachdruck zu verstehen.

Elke rieb sich die Augen trocken. »Och, ich könnte mich daran gewöhnen, aber wer weiß, wenn wir Glück haben, schwimmen wir ja bald im eigenen Pool.«

Elke entdeckte eine Gruppe älterer Spaziergänger an der Uferpromenade. Eine der gebrechlich wirkenden Frauen war auf eine Gehhilfe angewiesen und kam nur im Schneckentempo voran. »Ob wir in ein paar Jahren auch mit so einem Ding daherkommen?«

»Du meinst mit einem Rollator?« So abwegig war Elkes Gedanke gar nicht. Wer wusste schon, was in ein paar Jahren sein würde. Man musste den Dingen realistisch ins Auge sehen. »Sagen wir mal so. Wir sind jetzt in einem Alter, in dem wir uns langsam rechts einordnen dürfen, und die beiden da unten, na ja, so weit sind die von der letzten Ausfahrt nicht mehr entfernt.«

Elke feixte. »Ausgerechnet du sprichst vom Altwerden. Sei ehrlich, hat dich schon jemals ein Mann auf über fünfzig geschätzt?«

Sigrun freute sich über Elkes Kompliment, auch wenn sie genau wusste, dass sie offenbar mit einem eingebauten Jungbrunnen in den Genen zur Welt gekommen war. »Wenn dich ein Mann schätzt, musst du sowieso immer zehn Jahre draufrechnen«, entgegnete sie bewusst trocken.

Elkes Miene verfinsterte sich. »Dann hat mich der Casanova da drüben wohl für noch älter gehalten, als ich bin.«

»Vielleicht hat er nur zu viel getrunken«, tröstete Sigrun ihre Freundin. »Außerdem hast du dich doch auch sehr gut gehalten.«

»Äußerlich schon, aber mein Rücken und meine Beine ...«

»Mein Gott, da muss man sich eben zusammenreißen.« »Vielleicht fahr ich ja auch schon ganz rechts, auf der Standspur«, bemerkte Elke leicht resigniert.

»Wer sagt denn, dass man auf der rechten Spur langsam fahren muss? Ein bisschen Gas zu geben, könnte dir nicht schaden – gelegentlich.«

Sigrun war davon überzeugt, Elke ab und an etwas wach rütteln zu müssen. Ihre Freundin war schon immer viel zu kopflastig, zu vernünftig, und so etwas machte nun mal alt und träge. Elkes Blick verharrte verdächtig lange auf jenem Alt-Casanova an der Poolbar, der sie angesprochen hatte. So jemanden musste Sigrun sich näher ansehen. »Dem würde ich erst gar nicht die Gelegenheit geben, mein Alter zu schätzen«, konstatierte sie mit abfälligem Unterton.

»Er hat mich doch nur zu einem Kaffee eingeladen.«

Sigrun war fassungslos und ließ sich dies auch anmerken.

Elke zappelte wie ein Fisch im Wasser.

»Was hätt ich denn tun sollen, etwa lügen?«

»Natürlich. Du hättest ihm sagen sollen, dass du schon weit über siebzig bist.«

Elke lachte befreit auf. Zuckerbrot und Peitsche. Damit ließ sie sich gut handhaben, außerdem wusste Sigrun, dass ihre Freundin sie für ihren trockenen Humor schätzte, vor allem, wenn es um Männer ging.

»Wir sollten uns langsam umziehen.«

Elke reagierte überhaupt nicht, stierte stattdessen mit glasigem Blick aufs offene Meer.

»Bleibst du etwa noch?«

Sigrun wunderte sich über Elkes Abwesenheit. War sie vorhin vielleicht doch einen Schritt zu weit gegangen? »Was machen wir, wenn Maria abspringt?«

Aha, es ging also um ihre Zukunftspläne, die natürlich von Maria abhingen. Abwarten! Rumgrübeln bringt gar nichts. So etwas macht nur alt und grau. Sigrun beschloss, angesichts des zuvor Geschehenen nun doch lieber darauf zu verzichten, Elke diese Lebensweisheit auch noch reinzudrücken.

»Jemand, der noch nicht aufgesprungen ist, kann gar nicht abspringen.«

Elkes starr auf die Weite des Meeres gerichteter Blick verriet, dass es in ihr ordentlich rumorte.

»Wir sollten es ihr so schnell wie möglich sagen«, spuckte sie endlich aus.

»Noch ist nichts unterschrieben, beruhige dich. Außer dem bekommt man so ein Angebot nicht alle Tage.« »Aber sie einfach so überrumpeln?«

»Wir zeigen ihr ein paar Alternativen«, antwortete Sigrun locker.

»Welche?«

»Eben. Es gibt keine.«

»Das ist Manipulation«, protestierte Elke vehement. »Positive und zielgerichtete externe Entscheidungsfindung und nur zu ihrem Besten.«

Elke wirkte nicht gerade überzeugt.

»Du willst das Haus doch auch?«

Na endlich! Ein Nicken, wenngleich etwas zögerlich. Um ein Haar hätte Elke es geschafft, ihr ein schlechtes Gewissen zu machen.

»Es wird alles gut!« Elke nickte ein zweites Mal, und den noch stellte sich Sigrun gerade die Frage, ob sie dieses Versprechen auch wirklich würde halten können.

Obwohl Robert wie immer eine Viertelstunde zu spät kam, wagte er es auch noch, vor ihrem Haus mehrfach zu hupen. Maria wartete bereits seit einer halben Stunde fix und fertig angezogen auf ihn. Um Punkt neun hätte er sie abholen sollen. Adrett sah der Junge ja aus – an sich ein guter Grund, stolz auf den Nachwuchs zu sein. Eigentlich – denn man konnte sich einfach nicht auf ihn verlassen. Auf so einen Sohn kann man ganz und gar nicht stolz sein, dachte Maria.

Es gab aber noch einiges mehr, was sie an ihm störte und was noch viel schlimmer war, weil es sie tief verletzte. Die regelmäßigen Besuche waren eingeschlafen, und selbst mit dem Familienritual, dem gemeinsamen Mittagessen an Sonntagen, hatte Robert gebrochen – ausgerechnet nach Edgars Tod. Ihr Sohn hatte sie verlassen, und zwar nicht wie ein junger Mann, der eine Frau heiratet, um mit ihr eine neue Familie zu gründen, sondern wie jemand, der einfach so davonläuft. Wie hatte er sich doch in den letzten Jahren zu seinem Nachteil verändert.

»Wenigstens fährt er mich zum Flughafen«, versuchte Maria sich zu beruhigen, als sie nach einem erneuten Hupen die Haustür hinter sich ins Schloss zog und Robert mit ihrem freundlichen Tresen-Lächeln begrüßte.

»Tut mir leid, ich bin nicht eher weggekommen.«

Schon wieder eine dieser abgedroschenen Floskeln. Der Junge könnte sich ruhig auch mal etwas Neues einfallen lassen.

»Dass du dich allein in einen Flieger traust.« Robert nahm ihr immerhin das Gepäck ab. »Wie lange bleibst du denn?« Ihr Sohn wunderte sich augenscheinlich über den prall gepackten, schweren Koffer.

»Weiß ich noch nicht.«

»Hast du denn kein Rückflugticket?«

Maria schüttelte nur den Kopf, was Robert sichtlich irritierte. Von ihren Plänen, sich nach einem Altersruhesitz auf Gran Canaria umzusehen, hatte sie ihm ganz bewusst noch nichts erzählt. Letztlich hing schließlich alles von den nächsten Wochen und dem ab, was auf sie zukam, und über ungelegte Eier zu reden, hatte ihr noch nie gelegen. Robert bohrte Gott sei Dank nicht nach. Stattdessen zuckte er nur etwas hilflos mit den Schultern und trug brav die Koffer zu seinem BMW, der offenbar frisch aus der Waschanlage kam.

»Habt ihr einen neuen Wagen?«

Da jammerte er unentwegt, dass die Geschäfte nicht gut liefen, kaufte sich aber einen Luxusschlitten nach dem an deren, dabei war er nach seiner Unternehmenspleite froh gewesen, überhaupt einen Job zu finden. Nun gut, vielleicht brauchte man ja ein repräsentatives Gefährt, wenn man Buchhaltungssoftware verkaufen wollte.

»Marion fand, dass ich einen vernünftigen Wagen brauche.«

Marion, natürlich. Sie hatte ihn voll unter Kontrolle. Eine Frau, die sogar bestimmte, wann der Sohn die eigene Mutter besuchen durfte.

Der alte Ärger kam in Maria hoch, obwohl ihr Robert galant die Beifahrertür öffnete.

»Dass du mal so weit wegfliegst. Und dann noch nach Gran Canaria«, wechselte Robert ziemlich plump das Thema.

»Was ist damit?«

»Ich weiß auch nicht. Einfach zu viele Neckermann-Touristen.«

»Also, ich fand es ganz schön. Und dir hat es damals auch gefallen.«

»Mama, da war ich sieben oder acht.«

Eine weitere Diskussion über die Kanaren schien aussichtslos. Lieber einsteigen und noch einmal Abschied nehmen, dachte Maria. Ein letzter Blick durch die Fensterscheibe des Beifahrersitzes auf das Haus, in dem sie so viele glückliche Jahre verbracht hatte. Das alles vielleicht für immer aufgeben? Schon die vage Möglichkeit, Deutschland den Rücken zu kehren, ließ ihr ein Schaudern direkt durchs Herz laufen. Maria seufzte wehmütig, als der Wagen sich in Bewegung setzte und das Haus, ihr gemeinsames Heim mit Edgar, ganz schnell kleiner wurde, bis es nach einer Straßenbiegung verschwand. Dann kam die Furcht vor ihrer eigenen Courage, dem Alleinreisen, dem Flug. Einfach alles machte ihr plötzlich Angst. Robert schürte ihre Unsicherheit auch noch, indem er auf dem Weg zum Flughafen unentwegt Fragen stellte. Natürlich hatte sie ihren Auslandskrankenschein dabei, aber ihr Sohn wusste aus sicheren Quellen, dass man in Spanien einfach Glück haben musste, von der richtigen Ambulanz aufgegabelt zu werden.

»Ich bin doch gar nicht krank.«

Damit gedachte Maria, Roberts Schwarzmalerei zu unterbinden, aber er setzte nach. So ganz allein in der Fremde könne sonst was passieren.

»Hast du das denn nicht in der Zeitung gelesen? Die vielen Einwanderer aus Nordafrika? Die stranden alle auf den Kanaren. Und wenn dich jemand überfällt?«

»Mich überfällt schon niemand. Außerdem bin ich ja nicht allein.«

Robert stutzte.

»Sigrun und Elke sind doch schon dort.«

»Sigrun und Elke?« Er war offenbar so überrascht, dass er das Lenkrad leicht verriss und der Wagen bedrohlich zum Mittelstreifen hinaustrieb.

»Ja, und?«

»Davon hast du mir ja gar nichts gesagt.«

»Seit wann muss ich dir alles sagen? Du sagst mir ja auch nicht alles«, sagte Maria leicht empört.

»Und ihr macht da unten einfach so Urlaub?«, setzte ihr Sohn neugierig nach.

Angesichts Roberts Miesmacherei war nicht einzusehen, dass sie ihm sofort alle Karten auf den Tisch legen sollte.

»Na ja, wir haben uns schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen.«

»Und dann trefft ihr euch auf einer Insel mitten im Atlantik?«

Roberts misstrauischer Blick sprach Bände.

»Das Klima soll sehr gesund sein.« Andere Argumente fielen ihr nicht ein. Sie hatte auch gar keine Lust mehr, sich weiter ausfragen zu lassen. Außerdem war der Terminal des Nürnberger Flughafens in Sicht.

Da war sie auch schon, die befürchtete Endlosschlange am Check-in-Schalter der Charterairline. Kein Wunder, wenn man zu spät von zu Hause wegfährt – meinem Sohn sei Dank!, dachte Maria. Kaum in die letzte Reihe eingefädelt, war Robert anzumerken, dass er immer zappeliger wurde. Sie würde es nicht ertragen, wenn er wie bei fast all seinen Besuchen gehetzt alle fünf Minuten auf seine Armbanduhr sehen würde.

»Du hast heut sicher noch jede Menge Termine. Ich schaff das schon«, sagte sie ihm mit fester Stimme.

Natürlich hätte sich Maria darüber gefreut, noch etwas Zeit mit ihm zu verbringen, aber sie hatte einfach keine Lust, seinen minütlich wachsenden Leidensdruck mit ansehen zu müssen. Auf einen Schlag wurde der Sohnemann ruhiger. Robert ließ sich sogar dazu hinreißen, sie mit einem kleinen Küsschen auf die Wange zu verabschieden. »Einen guten Flug.« Er winkte ihr noch schnell zu, bevor er das Gebäude verließ – fast schon zu viel des Guten.

Nun war sie wieder allein mit ihren Ängsten. Weitere Passagiere mit prallen Urlaubskoffern reihten sich hinter ihr ein, das Ganze fühlte sich an wie in der Warteschlange einer Achterbahn. Man hatte den Fahrchip in der Hand und wusste, dass man fahren würde, auch wenn man am liebsten wieder umkehren würde. Was, wenn ihr die Insel gar nicht gefiel?

»Das dauert immer so lange, aber Hauptsache, wir kommen mit.« Die sonore Männerstimme hinter Maria war so laut, dass sie jäh aus ihren Gedanken gerissen wurde. Man sah ihr die wachsende Unruhe und die nervösen Blicke auf die Anzeigetafel also an. Warum sonst hätte sie der ältere Herr hinter ihr ansprechen sollen? Andererseits, in solchen Situationen ist man dankbar für jede Ablenkung. Der Mann wirkte zudem auf den ersten Blick sympathisch, genau wie seine Begleiterin, offenbar seine Ehefrau. Die goldenen Ringe, zu denen sie sich einst ewige Treue geschworen hatten, waren nicht zu übersehen. »Waren Sie schon einmal auf Gran Canaria?«, wollte er von Maria wissen.

Zweifelsohne handelte es sich dabei um den Versuch einer Zwangskonversation, um sich die Zeit zu vertreiben, aber warum eigentlich nicht?

»Wir fahren jedes Jahr. Immer von Oktober bis April. Und Sie, machen Sie Urlaub?«

»Um ganz ehrlich zu sein, weiß ich das noch nicht so genau.«

»Beruflich? Touristikbranche?«, bohrte der Mitreisende nach.

So was von neugierig und unverblümt. Andererseits, die Schlange vor dem Schalter wurde und wurde nicht kürzer.

»Es kann sein, dass ich mir ein Haus kaufe.« Jetzt war es heraus. Maria wunderte sich darüber, mit welcher Leichtigkeit ihr dies über die Lippen kam.

»Die Immobilienpreise sollen ja gesunken sein. Als meine Frau und ich unseren Bungalow gekauft haben ... Charlotte, erinnerst du dich noch? Wann war das genau?«

Marias »Zeitvertreib« überlegte angestrengt. Er wirkte mit seinen bestimmt schon über siebzig Jahren zwar noch körperlich rüstig, aber gelegentlich schien er Gedächtnislücken zu haben. Ob das die Auswirkungen eines Rentnerlebens unter Palmen sind?, fragte sie sich.

»1972. Da war doch die Olympiade in München.«

»Richtig, die Olympiade«, bestätigte seine Frau.

Die Miene des Mannes hellte sich auf. »Damals haben wir gerade mal sechzigtausend Mark bezahlt. Und jetzt ist der Bungalow eine halbe Million Euro wert«, gab er etwas großspurig an.

Äußerst beeindruckend, zudem gab diese Einschätzung ihr die Gewissheit, dass eine Immobilie auf Gran Canaria eine sichere Anlage sei.

»Wir haben uns damals unsterblich in die Insel verliebt. Da gab es ja noch nicht so viele Touristen und so viele schreckliche Betonbauten.«

Betonbauten? Hatte sie richtig gehört? Wie furchtbar. Hatte sich in den letzten Jahren dort wirklich so viel verändert?

»Aber wer weiß, wie es weitergeht. Wenn wirklich eines Tages ein Teil von La Palma ins Meer fällt, dann gibt’s Gran Canaria nicht mehr. Dann müssen wir über Immobilienpreise nicht mehr reden.«

Wie? Eine Palme würde ins Meer fallen? Maria lächelte unverfänglich, in der Hoffnung, sich keine Blöße zu geben. Vielleicht hatte sie ja auch nur etwas falsch verstanden.

»Ein Tsunami mit einer hundert Meter hohen Todeswelle. Da braucht nur ein Stück der Insel abzubrechen.« Die Stimme des Mannes hatte einen beunruhigend bedeutsamen Unterton.

»Hör auf, Karl. Du machst der Frau ja Angst.« Charlotte stieß ihren Mann vorwurfsvoll in die Seite. »Du liest zu viel Bild-Zeitung.«

»Was soll ich denn sonst den ganzen Tag machen?« »Ausruhen.«

»Von was?«

Ob sie sich im Alter mit Edgar auch so gezankt hätte? Noch dazu um irgendwelche ins Meer fallende Inselstücke?

»Wissen Sie. Da unten kann’s einem schon mal langweilig werden. Deswegen verbringen wir den Frühling und den Sommer auch in Deutschland.«

»Mir ist nie langweilig«, behauptete Charlotte.

»Du sitzt doch den ganzen Tag vor dem Fernseher.« Maria amüsierte sich über Karls Konter.

»Gibt es denn im Süden der Insel nichts, was man unter nehmen kann?« Maria begann sich nun doch zu fragen, ob sie für ein Rentnerleben überhaupt geeignet war.

»Ach, es gibt immer was zu tun«, winkte Charlotte ab.

Langsam, aber sicher bereute Maria, sich überhaupt auf ein Gespräch mit den beiden eingelassen zu haben. Während sich die Schlange im Schneckentempo abbaute, referierten Charlotte und Karl nämlich weitere dreißig Minuten über die Insel und hatten dabei nichts wirklich Positives zu berichten. Auf dem Programm standen wohnstiftähnliche Rentnerkolonien in San Agustín, Arquineaguín und Playa del Inglés, in denen angeblich den ganzen Tag nur Karten gespielt wurde, Schreckensvisionen von lärmenden Touristen, die von Oktober bis März wie Heuschrecken über die Insel herfielen, Homosexuelle, die tagsüber splitternackt durch die Dünen liefen und ungeniert zu zweit im Gebüsch verschwanden, desolate administrative Zustände der spanischen Behörden und die schlechte medizinische Versorgung. Nicht zuletzt deshalb flogen die beiden wohl immer wieder gern zurück nach Deutschland. Noch vor Erreichen des Check-in-Schalters hatte die Insel plötzlich ein ganz schreckliches Gesicht. Nachdem das Ehepaar aber auch an Deutschland kein gutes Haar ließ, lag es nahe, sie in die Schublade »notorische Nörgler« zu legen. Nachdem Maria nur noch zwei Rucksacktouristen von der langersehnten Boarding-Card trennten, bot Karl ihr an, dass sie sich jederzeit bei ihnen melden könne, falls sie Hilfe oder Rat brauchte. Sie könnten zusammen auf ihrer Terrasse mit Meerblick Kaffee trinken und Karten spielen. Die Örtlichkeiten klangen durchaus verlockend, die zu erwartende Konversation weniger. Maria entschied sich dazu, das Angebot zwar zu registrieren, es aber nicht anzunehmen, zumal sie ja noch gar nicht wusste, ob sie ihr Leben in Deutschland wirklich aufgeben wollte. Die beiden waren einfach zu nervig, wenngleich ihre gelegentlichen, vermutlich altersbedingten Sprachirrungen durchaus amüsant waren.

Das Nachtleben in Playa sei wie »Soda und Gomorrha«, hatte Charlotte behauptet. Karl hatte seine Frau mit verdrehten Augen verbessert und ihr einen Vortrag über ihre Wortfindungsstörungen gehalten. Dabei hatte er wohl übersehen, seinen Koffer ein Stück weiter nach vorne zu schieben und nachzurücken, was Charlotte mit »Du schwebst schon wieder in höheren Legionen« kommentierte.

Wird man so, wenn man alt wird, erst recht auf einer Rentnerinsel, auf der man sich anscheinend mit der Bild-Zeitung die Zeit vertreiben muss?, fragte sich Maria. So blieb nur noch, sich höflich zu verabschieden und den beiden eine angenehme Zeit zu wünschen. Die Vorfreude war dennoch dahin. Immerhin gab es gute Neuigkeiten von der freundlichen Dame am Check-in, die ihr das Gepäck abnahm. Trotz zehn Kilo Übergewicht verlangte sie keinen Zuschlag. Wenn das mal kein gutes Omen war.

Kapitel 2

»Maria kommt in einer halben Stunde an«, drängelte Elke mit einer Vehemenz, als ob sie den Papst persönlich abholen würden. Dass sie dabei auch noch hektisch im Hotelzimmer herumtänzelte, machte Sigrun zusehends nervöser.

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