Nach dem Schmerz - Lucas Grimm - E-Book

Nach dem Schmerz E-Book

Lucas Grimm

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Beschreibung

Die gefeierte Cellistin Hannah Gold berührt die Menschen mit ihrer Musik, doch an sie selbst kommt nichts und niemand heran: Seit sie vor 25 Jahren gefoltert wurde, kann Hannah keinen Schmerz mehr empfinden. Die damals Siebenjährige wurde vor den Augen ihres Vaters, einem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium der DDR gequält, um geheime Informationen aus ihm herauszupressen. Er schwieg - aber schwieg er mit Absicht, um den Preis ihres Lebens? Hannah hat ihren Vater nie wieder gesehen, bis er eines Abends er plötzlich in einem ihrer Konzerte sitzt. Von da an wird sie in einen Strudel aus alten und neuen Machenschaften hineingezogen. Wird verfolgt, angegriffen, gejagt. Es gibt keinen sicheren Ort mehr für sie, und sie begreift, dass es nur einen Ausweg geben kann: Sie muss hinter das Geheimnis ihres Vaters kommen.

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ISBN 978-3-492-97640-4März 2017© Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2017Covergestaltung: Zero MediaCovermotiv: FinePic®, MünchenDatenkonvertierung: psb, BerlinSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Wir weisen darauf hin, dass sich der Piper Verlag nicht die Inhalte Dritter zu eigen macht.

Am Abend des 9. November 1989, als Tausende Berliner enthusiastisch die Grenzübergänge bestürmten und das Zentralkomitee der DDR sich in die Hose schiss und betete, dass der Sozialismus noch irgendwie zu retten sei, an diesem Abend wurde im Keller der russischen Botschaft Walter Golds rechte Hand durch einen Schlag mit einem fünfhundert Gramm schweren Hammer zertrümmert.

Kurz darauf klingelten zwei Mitarbeiter des KGB am Gartentor eines Hauses in der Wandlitzer Bonzensiedlung, in dem Walter Golds Tochter Hannah im ersten Stock in ihrem Zimmer saß und seit Stunden die Cellosuite No. 1 von Johann Sebastian Bach übte. Am kommenden Sonntag sollten bei einem großen Konzert die begabtesten Nachwuchstalente aus der Welt der klassischen Musik gekürt werden, und Hannah gehörte zu den allerbegabtesten.

Wer kann das an der Tür sein, dachte das siebenjährige Mädchen. Ihre Mutter würde nicht klingeln, denn sie lag in der Berliner Charité, wo sie sich von einer schweren Operation erholte. Ihr Vater war bestimmt noch im Ministerium, und ihren Bruder Orest wollte sie nicht wecken, weil er sie dann wieder ausschimpfen würde. Also stellte sie das Cello beiseite und rannte in ihren Hausschuhen die Treppe hinunter in Richtung Haustür. Dort legte sie die Kette vor, genau so, wie ihre Mutter es ihr gepredigt hatte, öffnete die Haustür einen Spaltbreit, sah zwei Männer und hatte augenblicklich Angst. Dunkle Mäntel, die Hüte tief in die Gesichter gezogen, grimmige Mienen. Der eine groß, mit fettigen Haaren und einer Narbe über der Nase, der andere klein, nervös und kahlköpfig. Außerdem fehlte ihm ein Schneidezahn.

»Dein Vater wartet auf dich«, sagte der Zahnlose.

»Beeil dich, wir haben keine Zeit«, drängte der mit der Narbe.

»Wo ist Papa?«

»Im Ministerium, jetzt mach schon.«

»Soll Orest auch mitkommen?«

»Nein.«

Es war nicht ungewöhnlich, dass Hannah und ihr Bruder noch spätabends abgeholt wurden. Ein ums andere Mal hatte ihr Vater sie in den vergangenen Wochen, seit er im Wirtschaftsministerium so fürchterlich viel zu tun hatte und ihre Mutter im Krankenhaus war, von einem Fahrer zu sich bringen lassen, damit sie und Orest ein ordentliches Abendessen bekamen. Aber die beiden Männer vor der Haustür gehörten nicht zu den Chauffeuren, mit denen sie sonst immer fuhren. Sie waren unfreundlich, und in ihren Stimmen lag ein harter Akzent. Während Hannah in der Tür stand, den Türgriff fest in der Hand, den Blick unschlüssig auf die Männer gerichtet, beugte sich der mit der Narbe zu ihr herunter.

»Dein Papa hat gesagt, du sollst dein Cello mitnehmen.«

»Warum?«, fragte Hannah.

»Weil du was vorspielen sollst. Und jetzt beeil dich. Du willst doch nicht, dass dein Papa warten muss, oder?«

Nein, das wollte sie nicht. Obwohl es seltsam war, dass sie Papa im Ministerium etwas vorspielen sollte. Das hatte sie noch nie gemacht. Aber Papa hat bestimmt einen Grund dafür, dachte sie. Also schluckte Hannah ihre Angst herunter, zog den blauen Mantel und die roten Stiefel an, verstaute das Cello in dem schwarzen Kasten, schulterte ihn und lief nach draußen. Auf halbem Weg hielt sie inne, rannte zurück, nahm ihre gelbe Baskenmütze und setzte sie auf. Die Haustür fiel mit dem vertrauten Rumpeln ins Schloss. Auf dem Weg zu dem schwarzen Wagen, mit dem die Männer sie abholten, drehte Hannah sich noch einmal bange herum, als wüsste sie, dass sie das Haus für lange Zeit nicht mehr sehen würde.

Eins

1In der Notaufnahme der Charité war nicht viel los an diesem 3. Oktober 2016, weshalb sich der Oberarzt viel Zeit nahm und David Berkoff einmal quer durch den Fuhrpark der medizinischen Technik schob. Modernstes EKG, Belastungs-EKG, Dopplerultraschall, Blutdruckmessung.

»Der Herzschlag entsteht durch ein elektrisches Signal des Sinusknotens im rechten Vorhof des Herzens. Dieser Sinusknoten ist gewissermaßen der Schrittmacher Ihres Herzens. Das elektrische Signal überträgt sich auf die Muskulatur der beiden Vorhöfe, die wiederum durch Kontraktion das Blut durch die Herzkammern pressen, und das haben die beiden Jungs bei Ihnen eine Zeit lang vergessen«, erklärte Dr. Braun, während auf einem Computer eine Animation des beschriebenen Vorgangs ablief.

David Berkoff nickte ungeduldig. Es interessierte ihn nicht, was in seinem Körper vor sich ging. Alles, was er hören wollte, war, dass er wirklich lebte – und es sich nicht nur einbildete.

»Sie sind Reporter«, sagte der Arzt.

»Ja.«

»Ich habe Sie schon mal im Fernsehen in einer Talkshow gesehen. Ist aber schon eine Weile her.«

»Fünf Jahre.«

»Sie arbeiten für ein Magazin.«

»Die Woche.«

»Was schreiben Sie?«

»Wen interessiert das schon?«

»Vielleicht habe ich etwas von Ihnen gelesen.«

»Und wenn, haben Sie es längst vergessen.«

Obwohl Berkoff sich alle Mühe gab, das Gespräch verhungern zu lassen, wollte der Arzt den halbwegs berühmten Patienten noch nicht von der Leine lassen.

»Weil es so schlecht war?«

»Nein, weil nichts, was ich schreibe, Bedeutung hat.«

»Vielleicht nicht jetzt, aber irgendwann. Schauen Sie, Herr Berkoff, ich habe vor zehn Jahren gelernt, einen Kehlkopfschnitt zu machen. Ich habe es nie anwenden müssen. Bis vor einer Woche. Ich war bei einem Gartenfest, und ein kleiner Junge hatte eine Wespe verschluckt. Man weiß nie, wozu etwas gut ist.«

»Ich gehe nicht auf Gartenfeste.«

»Haben Sie Preise gekriegt? Pulitzer oder so was in der Art?«

»Preise sind wie Hämorrhoiden. Früher oder später bekommt sie jedes Arschloch.«

Das Gespräch war mühsam gestartet und würde sich in aller Ewigkeit nicht mehr zu einem sinnvollen Gedankenaustausch entwickeln. Jetzt bemerkte das auch der Arzt. Er nahm einen weißen DIN-A-4-Umschlag von seinem Schreibtisch.

»Na, dann. Das sind Ihre Entlassungspapiere. Zeigen Sie sie Ihrem Hausarzt. Und reduzieren Sie Ihren Alkoholkonsum. Einen zweiten Herzstillstand überleben Sie vielleicht nicht.«

David Berkoff nahm den Umschlag entgegen, schüttelte dem Arzt die Hand und verließ die Rettungsstelle. Als er durch die gläserne Eingangstür trat und frische Luft einatmete, war er noch ein wenig wacklig auf den Beinen. Aber das würde sich geben, hatte die Zahnärztin, die ihn im Zug von Warschau nach Berlin reanimiert hatte, gemeint. Er setzte sich auf eine Bank rechts neben dem Eingang. War es unverschämtes Glück gewesen, oder war das Schicksal noch nicht mit ihm fertig und weder Gott noch der Teufel wollten ihn in ihren exklusiven Luxusresorts haben? Jedenfalls hatte im Speisewagen der Polnischen Staatsbahnen AG einen Tisch hinter ihm eine Zahnärztin gesessen, die wusste, was zu tun war, als er über einem Teller Borschtsch zusammenbrach. Sie ließ den Kühlschrank leer räumen, packte kalte Bierflaschen, Wodkaflaschen, tiefgefrorenes Convenience-Food auf ihn drauf, um seine Körpertemperatur herunterzufahren, stülpte ihren roten Mund über seinen und beatmete ihn. Zwischendurch schlug sie immer wieder auf seine Brust, dorthin, wo sein Herz saß, und brach ihm dabei eine Rippe. Aber immerhin erinnerte sich der Muskel in seinem Brustkorb an seine Aufgabe und sein Herz fing wieder an zu schlagen. Als Berkoff nach der Wiederauferstehung von den Toten die Augen öffnete, applaudierten die Kellner und die übrigen Gäste. Berkoff sah die Ärztin erstaunt an. Sie war hübsch, noch keine dreißig und trug keinen Ehering. Mit einem Lächeln, das er sich als eine Art Sesam-öffne-dich für Frauenherzen hätte patentieren lassen können, hielt er ihr seine Visitenkarte hin. David Berkoff, Reporter, .

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