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Als Bernhard Strobels erster Erzählband "Sackgasse" erschien, war von 'einem erstaunlichen Debüt' (Stuttgarter Zeitung) die Rede, von einem 'Autor, der findet, dass Menschen in den Randzonen der Gesellschaft interessanter sind als die Schicken und Schönen dieser Welt' (Kurier), von einer 'Meisterschaft im Weglassen, oder besser Nicht-Sagen, das etwas anderes, weil Schwierigeres ist als das kalkulierte Verschweigen' (Antonio Fian). Auch in diesem zweiten Band bleibt Strobel seinem Sujet treu: keine Wohlfühlliteratur und kein Lifestyle, nicht die mit geschickter Glätte komponierten und dem gehobenen Entertainment verpflichteten Sätze der Literaturinstitute, sondern Rauheit und Verzicht auf Eleganz, und dazu die karge Welt der Verlierer: ältere Mütter, die sich im Internet prostituieren, Alzheimer-Kranke, Aussteiger, die sich in Waldhütten weitab von Dörfern und Städten einnisten und dort mit politischen Flüchtlingen konfrontiert werden. Strobel bedient aber nicht unseren voyeuristischen Blick auf das Elend und arrangiert es nicht zu schaurig-schönen Szenarien, sondern wendet sich dem sprachlosen Umfeld dieser ›Helden‹ zu. Hier herrschen Kommunikationslosigkeit und ungerichtete, dumpfe Wut. Mit knappen, kargen Mitteln und äußerst zielsicher schildert Strobel eine Welt, die nur mehr mühsam ihre Fassade wahrt – jeden Moment kann alles unter der ausbrechenden Aggressivität implodieren. Und doch: So wie es in einer Geschichte heißt, 'Sie kannte mich gut genug, um zu wissen, dass mir dann und wann der rote Faden des Alltags abhanden kam', so heben sich diese Erzählungen alle an irgendeiner Stelle vom planen Abbildrealismus ab und ein grotesker Witz kommt zum Vorschein, eine nahezu surrealistische Überbelichtung der Szenerie, ein manchmal grausamer Humor.
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Seitenzahl: 145
Bernhard Strobel
Erzählungen
Literaturverlag Droschl
Literaturverlag Droschl Graz – Wien 2010
Umschlag: & Co www.und-co.at
eISBN: 978-3-85420-926-3
Literaturverlag Droschl Stenggstraße 33 A-8043 Graz
www.droschl.com
Ein Herr unserer Zeit
In guter Gesellschaft
Im alten Haus
Ein stilles Abkommen
Sonntagsruhe
Nichts, nichts
Das Vogelhaus
Mehr schlecht als recht
Eine flüchtige Bekanntschaft
Durch das Küchenfenster sehe ich die Türme der städtischen Klinik. Ich bin oft dort, um mir die Zeit zu vertreiben. Und wenn ich auch nicht jeden Tag hingehe, so doch fast jeden, um im Kaffeehaus nahe dem Haupteingang mein Bier zu trinken und meine Zeitung zu lesen.
Es ist nicht jedem begreiflich, dass ich ausgerechnet dort meine liebsten Stunden verbringe. Ich verlange nicht, dass man mich versteht. Der Geruch des Kranken, der andere abzustoßen pflegt, macht mir nichts aus. Im Gegenteil, ich habe mich so sehr daran gewöhnt, dass es mir schwer fällt, um nicht zu sagen unmöglich ist, darauf zu verzichten. Ich gehe auch ausschließlich dort zur Bank, um das bisschen Geld zu verwalten, das mein Sohn mir zur Monatsmitte von seinem spärlichen Gehalt als Sozialpädagoge überlässt. Außerdem gibt es einen Supermarkt, ein Postamt, eine Blumenhandlung und sogar einen Frisör, alles im Umkreis weniger Quadratmeter, wie im Einkaufszentrum. Ich genieße die Vorzüge der Nahversorgung; die große Welt ist nichts für mich.
Ich führe ein unaufregendes Leben, und solange ich nicht daran gehindert werde, meinen Gewohnheiten, oder anders gesagt, meinen Zwängen nachzugehen, bin ich ein ausgeglichener Mensch. Doch eines Tages nach all den Jahren geschah etwas, das meine Lebensgewohnheiten, die wenigen, die mir geblieben sind, wüst durcheinanderwirbelte: Ich verschlief.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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