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"Ein Meisterwerk von Thriller und Mystery! Der Autor hat einen großartigen Job gemacht, Charaktere mit einer psychologischen Seite zu entwickeln, die so gut beschrieben ist, dass wir uns in ihren Köpfen fühlen, ihren Ängsten folgen und ihren Erfolg anfeuern. Die Handlung ist sehr intelligent und wird Sie das ganze Buch hindurch unterhalten. Dieses Buch wird Sie bis zum Ende der letzten Seite wachhalten." − Bücher und Filmkritiken, Roberto Mattos (re Once Gone) NIMMT (Das Making of Riley Paige − Buch 4) ist das vierte Buch in einer neuen Psychothriller-Serie der Bestsellerautorin Blake Pierce, deren kostenloser Bestseller VERSCHWUNDEN (Buch 1) über 1.000 Fünf-Sterne-Rezensionen erhalten hat. Als ein Serienmörder im Verdacht steht, ein Wohnmobil zu benutzen, um Frauen im ganzen Land anzulocken und zu töten, muss das FBI mit seiner üblichen Vorgehensweise brechen und sich an seine brillante, 22 Jahre alte Akademie-Rekrutin Riley Paige wenden. Riley Paige wird in die mörderisch anstrengende FBI-Akademie aufgenommen und ist entschlossen, sich endlich zurückzuhalten und intensiv mit ihren Kollegen zusammenzuarbeiten. Aber dem soll nicht so sein, denn sie ist auserwählt worden, ihren Mentoren zu helfen, einen Serienmörder, der die Nation in Angst und Schrecken versetzt hat, zu identifizieren und zu jagen. Riley fragt sich, wie diabolisch der Mörder sein muss, um seine Opfer mit einem Wohnmobil anzulocken. Und wo wird er als Nächstes zuschlagen? In diesem tödlichen Katz-und-Maus-Spiel, indem sie ihre eigene Zukunft aufs Spiel setzt und mit einem Mörder zu tun hat, der vielleicht schlauer ist als sie, darf Riley keinen Fehler machen. NIMMT, ein actiongeladener Thriller mit herzzerreißender Spannung, ist das vierte Buch in einer fesselnden Serie, die Sie bis spät in die Nacht weiterblättern lässt. Diese spannende Serie führt die Leser mehr als 20 Jahre zurück − zu den Anfängen von Rileys Karriere − und ist die perfekte Ergänzung zur Riley Page-Krimireihe, die bisher 15 Bücher umfasst und fortgesetzt wird. Buch 5 in der Serie DAS MAKING OF RILEY PAIGE wird in Kürze erhältlich sein.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2019
N I M M T
(DAS MAKING OF RILEY PAIGE—BUCH 4)
B L A K E P I E R C E
Blake Pierce
Blake Pierce ist Autor der erfolgreichen Mystery-Reihe RILEY PAGE, die aus fünfzehn Bücher (Fortsetzung folgt) besteht. Blake Pierce ist ebenfalls Verfasser der MACKENZIE WHITE Mystery-Reihe, die dreizehn Bände (Fortsetzung folgt) umfasst; der AVERY BLACK Mystery-Reihe mit sechs Büchern; der fünfbändigen KERI LOCKE Mystery-Reihe; den drei Büchern der MAKING OF RILEY PAIGE Mystery-Reihe (Fortsetzung folgt); der KATE WISE Mystery-Reihe, die aus vier Büchern besteht (Fortsetzung folgt); der CLOE FINE Psycho-Thriller-Reihe, die bisher drei Bände umfasst (Fortsetzung folgt) sowie der dreiteiligen JESSE HUNT Psycho-Thriller-Reihe (Fortsetzung folgt).
Als begeisterter Leser und lebenslanger Fan der Mystery- und Thriller-Genres liebt Blake es, von seinen Lesern zu hören. Bitte besuchen Sie www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.
BÜCHER VON BLAKE PIERCE
JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE
DIE PERFEKTE EHEFRAU (Buch Nr. 1)
DER PERFEKTE BLOCK (Buch Nr. 2)
DAS PERFEKTE HAUS (Buch Nr. 3)
CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE
NEBENAN (Buch Nr. 1)
DES NACHBARS LÜGE (Buch Nr. 2)
SACKGASSE (Buch Nr. 3)
KATE WISE MYSTERY-SERIE
WENN SIE WÜSSTE (Buch Nr. 1)
WENN SIE SÄHE (Buch Nr. 2)
WENN SIE RENNEN WÜRDE (Buch Nr. 3)
WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Buch Nr. 4)
WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Buch Nr. 5)
WENN SIE SICH FÜRCHTEN WÜRDE (Buch Nr. 6)
DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE
BEOBACHTET (Buch 1)
WARTET (Buch 2)
LOCKT (Buch 3)
NIMMT (Buch 4)
LAUERT (Buch 5)
RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE
VERSCHWUNDEN (Buch 1)
GEFESSELT (Buch 2)
ERSEHNT (Buch 3)
GEKÖDERT (Buch 4)
GEJAGT (Buch 5)
VERZEHRT (Buch 6)
VERLASSEN (Buch 7)
ERKALTET (Buch 8)
VERFOLGT (Buch 9)
VERLOREN (Buch 10)
BEGRABEN (Buch 11)
ÜBERFAHREN (Buch 12)
GEFANGEN (Buch 13)
RUHEND (Buch 14)
MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE
BEVOR ER TÖTET (Buch 1)
BEVOR ER SIEHT (Buch 2)
BEVOR ER BEGEHRT (Buch 3)
BEVOR ER NIMMT (Buch 4)
BEVOR ER BRAUCHT (Buch 5)
EHE ER FÜHLT (Buch 6)
EHE ER SÜNDIGT (Buch 7)
BEVOR ER JAGT (Buch 8)
VORHER PLÜNDERT ER (Buch 9)
VORHER SEHNT ER SICH (Buch 10)
AVERY BLACK MYSTERY-SERIE
DAS MOTIV (Buch 1)
LAUF (Buch 2)
VERBORGEN (Buch 3)
GRÜNDE DER ANGST (Buch 4)
RETTE MICH (Buch 5)
ANGST (Buch 6)
KERI LOCKE MYSTERY-SERIE
EINE SPUR VON TOD (Buch 1)
EINE SPUR VON MORD (Buch 2)
EINE SPUR VON SCHWÄCHE (Buch 3)
INHALT
PROLOG
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZING
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
KAPITEL DREISSIG
KAPITEL EINUNDDREISSIG
KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG
Brett Parma zog sich nicht gleich in ihren kleinen Campingwagen zurück, als sie von ihrer Wanderung durch die karge und unwegsame Hügellandschaft Arizonas zurückkehrte. Sie lehnte sich an das Fahrzeug, warf einen Blick auf den Pfad, den sie entlang gewandert war, und atmete an der trockenen und reinen Luft tief ein. Mit jeder Minute gefiel ihr dieser Ort besser und besser.
Und sogar im Dezember! dachte sie.
Es konnte kaum gegensätzlicher zur grausigen, windigen Winterkälte von North Platte, Nebraska sein. Natürlich wusste sie, dass diese ganze Gegend höllisch heiß im Sommer sein würde, sogar zu dieser späten Uhrzeit. Das Wandern stünde dann außer Frage.
Sie hatte die perfekte Wahl für einen dreitägigen Urlaub getroffen—sowohl der Ort, als auch die Jahreszeit stimmten. Die Campingplätze waren überhaupt nicht überfüllt, wie es während der Touristensaison oft der Fall ist. Und auch stellte es sich als gute Entscheidung heraus, ihren Transportwagen in einen einfachen Campingwagen umzurüsten.
Auch brauchte sie diesen Urlaub unbedingt. Ihre Stelle als Rezeptionistin bei der Hanson Family Medical Group wurde von Tag zu Tag immer undankbarer. Fast jeder, mit dem sie es in letzter Zeit zu tun hatte, ob übers Telefon oder in Person, schien über irgend etwas verärgert zu sein—ob über die Versicherungsdeckung, die Terminvereinbarung, die Nichtverfügbarkeit bestimmter Ärzte...
Alles Probleme zu derer Lösung ich nichts beitragen kann.
All diese Sorgen schienen im Augenblick selig weit entfernt. Brett kam der Gedanke...
Was, wenn ich einfach nicht zurückkehre?
Wäre es nicht wunderbar in ihren frühen Dreißigern in den Ruhestand zu treten? Oder vielleicht könnte sie noch etwas viel Ausgefalleneres anstellen. Was, wenn sie einfach weiterfahren würde, von Campingplatz zu Campingplatz ziehend? Sie könnte vielleicht ihren eigenen abgesonderten Übernachtungsort finden oder einfach den Weg weiter in den Süden nach Mexiko einschlagen und nie mehr zurückkehren?
Sie musste zu diesen Gedanken laut lachen.
Nein, solch eine Art von Freigeist war sie nicht—sie war nicht jemand der unbekümmert Gefahren und Verantwortungen ignorieren konnte, um...
Wie war nochmal die Redensart?
Ach ja. Um meiner Glückseligkeit zu folgen.
Sie wusste, solch ein Abenteuer war ihr nun mal nicht vorherbestimmt. Einerseits würde ihr bald das Ersparte ausgehen und wo stünde sie dann? Womit würde sie ihren Unterhalt verdienen?
Stattdessen musste sie so gut es ging die Glückseligkeit der bevorstehenden Tage nutzen.
Und in Wirklichkeit erschien ihr dies als völlig in Ordnung.
Während sie den Sonnenuntergang über der felsigen, rostfarbenen Hügellandschaft betrachtete, hörte sie das Geräusch eines sich annähernden Wagens.
Es überraschte sie ein wenig. Sie hatte sich für diesen malerischen Nebenweg entschieden, da sie von der Annahme ausging, dass sie hier so gut wie niemanden antreffen würde. Besonders nicht zu dieser Jahreszeit.
Noch mehr überraschte es sie, als der Fahrer von der Straße abfuhr und seinen Wagen neben dem ihren parkte. Das viel größere Wohnmobil stellte ihren eigenen kleinen, notdürftig ausgestatteten Wagen in den Schatten. Aber, dies war auch der Fall mit den meisten anderen Fahrzeugen, die sie an den Campingplätzen antraf.
Es muss sicherlich angenehm sei—all dieser Luxus auf Rädern.
Der Fahrer kletterte aus dem Fahrzeug. Es handelte sich um einen unscheinbaren aber freundlich aussehenden Mann.
Er schaute Brett an und sagte...
»Ach! Haben wir uns nicht schon drüben beim Wren’s Nest Campingplatz getroffen?«
Jetzt, da Brett darüber nachdachte, kamen ihr sowohl der Mann als auch sein Fahrzeug bekannt vor. Wahrscheinlich vom Campingplatz, an dem sie die Nacht zuvor Halt machte. Er sah aus, wie viele der Kerle, denen sie auf dem Campingplatz begegnet war. Er war älter als sie und offensichtlich auch wohlhabender. Normalerweise war eine ganze Familie mit solchen Typen unterwegs.
»Vielleicht«, antwortete sie.
»Ich heiße Pete«, sagte der Mann.
»Ich heiße Brett.«
»Schön dich kennenzulernen Brett.«
»Ebenfalls«, antwortete Brett. »Wohin bist du unterwegs?«
»Zum Beavertail Campingplatz«, antwortete Pete.
»Ich auch«, sagte Brett. »Es scheint mir um die zehn Minuten mit dem Auto von hier entfernt zu liegen.«
Pete nickte und lächelte. »Ja, das denke ich auch.«
Er trat dem Schild mit der Überschrift WANDERPFAD näher und betrachtete einen Augenblick lang die Hügellandschaft vor ihm.
Dann schaute er zu Brett und sagte: »Du siehst aus, als ob du gerade vom Wandern zurückgekommen bist.«
Brett wusste, dass dies leicht zu erraten war, da sie immer noch ihren Rucksack auf dem Rücken trug.
»Stimmt«, sagte sie.
Pete zwinkerte ihr zu. »Ich werde mich vielleicht selber an diesem Pfad versuchen. Würdest du ihn mir empfehlen?«
Brett war von dieser Frage ein wenig überrascht.
Sie antwortete: »Also, der Pfad ist toll, nur... es ist schon ziemlich spät, meinst du nicht auch? Bald wird es schon dunkel sein.«
Pete seufzte enttäuscht.
»Du hast wahrscheinlich recht«, sagte er. »Vielleicht komme ich morgen wieder zurück.«
Er starrte wieder einige Augenblicke die Hügellandschaft an. Dann machte er sich auf zu seinem Wohnmobil.
Er drehte sich noch um und sagte zu Brett: »Möchtest du vielleicht hereinkommen und ein Bier mit mir trinken?«
Brett war von diesem Angebot sowohl überrascht als auch angetan. Sie hatte zu diesem Ausflug nichts außer Wasser und ein paar Softdrinks zu trinken mitgebracht. Ein kühles Bier hörte sich erfrischend an. Außerdem wäre es wunderbar, einen Blick ins Innere des Wohnmobils werfen zu können.
»Das wäre nett«, antwortete sie.
Als er sie nach Innen begleitete, sah das Wohnmobil noch viel geräumiger aus, als es von draußen betrachtet den Anschein erweckte. Es besaß einen ziemlich großen Küchenbereich, komplett mit Ofen ausgestattet, und genug Bettausstattung für mehr als nur eine Person—vielleicht für ein Paar mit zwei Kindern.
Trotzdem erweckte es den Anschein, als sei dieser Kerl alleine unterwegs. Brett würde sich ungeheuer verwöhnt vorkommen, wäre sie alleine in einem solchen Wohnmobil unterwegs. Ihr eigenes Fahrzeug war so ziemlich mit nichts außer einer Matratze ausgestattet.
Pete zeigte auf eine Tür und meinte: »Du bist schon seit einer Weile unterwegs. Vielleicht möchtest du von meinem Badezimmer Gebrauch machen.«
Brett verschlug es den Atem.
Ein richtiges Badezimmer!
Natürlich konnte es nicht viel größer als ein Wandschrank sein. Aber im Vergleich zu Toiletten in Gaststätte und Tankstellen und Gemeinschaftsanlagen auf Campingplätzen war es ein wahrer Luxus.
»Danke!«, sagte sie.
Sie öffnete die Tür und trat in die Kabine ein. Die Tür schloss sich hinter ihr und sie befand sich im völligen Dunkeln.
Merkwürdig, dachte sie.
Sollte das Badezimmer nicht zumindest ein Fenster haben?
Sie tastete an der Wand neben der Tür umher, im Versuch einen Lichtschalter zu finden, fand aber keinen. Wie dem auch sei, konnte sie wirklich auf Strom hoffen, ohne dass das Wohnmobil anständig ans Stromnetz angebunden war?
Sie drehte sich und wollte die Kabine verlassen, aber der Türriegel bewegte sich nicht im Geringsten.
Er muss wohl kaputt sein.
Schüchtern rief sie...
»Hey, es sieht so aus, als ob ich hier feststecken würde.«
Sie erhielt keine Antwort.
Jetzt fing sie an sich Sorgen zu machen. Sie griff in die Tasche und zog ihr Handy heraus, um es als Taschenlampe einzusetzen.
Als sie anfing den Raum zu beleuchten, wurde ihr ein wenig bange.
Dies war kein Badezimmer.
Vielleicht war er das einmal, aber jetzt war alle für ein Badezimmer üblichen Einrichtungen entfernt worden.
Sie befand sich in einem schlichten rechteckigen Raum. Sowohl Wände als auch Decke waren mit kleinen quadratischen, mit kleinen Löchern versehenen Fliesen bedeckt.
Akustikfliesen, wurde ihr bewusst.
War dies ein schalldichter Raum?
Ihre Furcht nahm zu.
Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie erkennen, dass die Fliesen eingedellt und zerkratzt waren.
Die Wände waren mit etwas rotem bespritzt und beschmiert.
Blut!
Als sie hörte wie sich der Türriegel bewegte, fing sie an zu schreien.
Aber sie wusste, es war vergebens.
Der riesige, bullige Mann trat zum Mikrofon vor und begann seine Rede.
»Es ist mir eine große Ehre...«
Aber seine dröhnende Stimme zerbrach unter der schrillen Resonanz, die durch das große Auditorium ratterte.
Riley Sweeney erschrak durch den Lärm fast zu Tode.
Der Lärm ließ aber schnell nach und ein paar Sekunden später lächelte sie nervös, zusammen mit den anderen FBI-Akademie-Absolventen. Der FBI-Direktor Bill Cormack war für seine tiefe, dröhnende, hallende und soundsystemzerstörende Stimme bekannt.
Es würde ihm besser ergehen, wenn er das Mikrofon abstellen würde, dachte Riley.
Mithilfe seiner lauten Stimme wäre er sicherlich in der Lage, das ganze Publikum ohne große Mühe zu erreichen.
Mit einem bescheidenen Grinsen begann Direktor Cormack erneut ins Mikrofon zu reden, diesmal jedoch viel sanfter als zuvor.
»Es ist mir eine große Ehre die diesjährigen Absolventen der FBI-Akademie hier in Quantico ansprechen zu dürfen. Ich gratuliere euch dazu, dass ihr alle euch in den vergangenen acht Wochen gestellten Herausforderungen zu bewältigen wusstet.«
Riley trafen diese Worte sehr.
Acht Wochen!
Wenn ich doch nur volle acht Wochen gehabt hätte!
Sie hatte fast zwei Wochen während der Jagd nach einem brutalen Mörder verpasst, statt im Unterricht und bei den Übungen hier in der Basis mitzumachen.
Ihr Mentor, Sonderagent Jake Crivaro, zog sie kurzerhand aus der Akademie heraus, um an einem Fall in West Virginia zu arbeiten—einem wahrhaft grausigen Fall, bei dem der Mörder seine Opfer ermordete, indem er sie in Stacheldraht wickelte.
Die versäumten Studienverpflichtungen nachzuholen war schwere Arbeit. Sie beneidete die anderen Studenten dafür, dass sie mehr Zeit erhielten, solch rigorose Arbeit zu verrichten. Aber Riley wusste, nicht alle der anfänglichen 200 Teilnehmer würden heute ihren Abschluss machen. Manche hatten nicht bestanden und andere waren von alleine ausgeschieden.
Sie war stolz auf ihren Erfolg, der ihr trotz aller Hindernisse gelungen war.
Riley richtete ihre Aufmerksamkeit wieder zur Rede von Direktor Cormack.
»Voller Ehrfurcht schaue ich zurück auf die Reise, die ich und so viele andere Agenten vor mir hinter uns haben und die euch heute bevorsteht. Ich kann euch aus eigener Erfahrung berichten, dass es sich um eine zutiefst lohnende Reise handelt—aber manchmal auch eine etwas undankbare Reise. Eure selbstlosen Taten werden nicht immer auf eine dankbare Öffentlichkeit stoßen.«
Er hielt einen Moment lang inne, als würde er auf persönliche Erfahrung reflektieren.
Dann fuhr er fort: »Vergesst nicht, dass nur wenige Leute außerhalb des FBI in der Lage sein werden, sich ein Bild zu euren bedeutsamen Verantwortlichkeiten zu machen. Ihr werdet für eure Arbeit Kritik erhalten, jeder kleinste Fehler wird äußerster Überprüfung standhalten müssen, oft im Rampenlicht der öffentlichen Medien. Wenn es euch nicht gelingt einen Fall zu lösen, werdet ihr euch vernachlässigt und nicht gewürdigt fühlen.«
Er lehnte sich ein wenig nach vorne und sagte fast im Flüsterton...
»Aber vergesst nicht—ihr werdet nie alleine stehen. Ihr seid jetzt Teil einer Familie – der stolzesten, loyalsten und fürsorglichsten Familie die man sich vorstellen kann. Es wird hier immer jemand für euch da sein, sowohl um euch in der Niederlage zu trösten, als auch um eure Triumphe mit euch zu feiern.«
Riley fühlte, wie sich ihr bei Erwähnung dieser Worte ein Kloß im Hals bildete...
Familie.
Eine Familie besaß sie schon seit langem nicht. Seit ihre Mutter vor ihren Augen grausam ermordet worden war, als sie noch ein kleines Mädchen war. Ihr Vater lebte zwar noch—ein verbitterter und zurückgezogener ehemaliger Marinesoldat, der in den Appalachen lebte. Aber sie hatte ihn nicht gesehen seit...
Seit wann?
Noch bevor sie ihr Studium an der Hochschule letzten Herbst beendet hatte, fiel ihr jetzt auf. Und das Treffen verlief alles andere als angenehm. Soweit Riley wusste, hatte ihr Vater nur wenig Ahnung, falls überhaupt, womit sie sich in den Monaten seit ihrem letzten Treffen beschäftigt hatte. Sie wunderte sich, ob sie es ihm jemals mitteilen würde. Eigentlich wunderte sie sich, ob sie ihn jemals wiedersehen würde.
Und hier stellte Direktor Cormack ihr etwas in Aussicht, wovon Riley nur träumen konnte und was sie entbehrt hatte.
Familie!
War es denn möglich?
Würde sie sich wirklich in den kommenden Tagen als Teil einer solch großen Familie fühlen können?
Sie sah sich um und betrachtete die Gesichter ihrer Kameraden und Kameradinnen. Viele lächelten sich gegenseitig an und manche flüsterten einander etwas zu, während Direktor Cormack seine Rede fortsetzte. Riley wusste, dass zwischen manchen von ihnen dauerhafte Freundschaften hier auf der Akademie entstanden waren.
Sie unterdrückte das Seufzen beim Gedanken, dass sie bisher keine wahre »Familie« hier gefunden hatte. Da sie sich wegen des Mordfalls sehr spät zu den anderen angeschlossen hatte, blieb nur sehr wenig Zeit zum Kontakte knüpfen und mit Freunden ausgehen. Es gelang ihr genau zwei enge Freundschaften während ihres Aufenthaltes hier zu knüpfen—eine mit ihrer Zimmergenossin Frankie Dow und die andere mit John Welch, einem idealistisch gestimmten und gutaussehenden jungen Mann, den sie während des Sommers kennenlernte, als sie noch beide im zehnwöchigen Ehren-Praktikum-Programm des FBI teilnahmen.
John und Frankie waren ebenfalls heute anwesend. Da die Abschlussklasse nach Namen alphabetisch geordnet saß, hatte Riley nicht die Gelegenheit neben ihren zwei Freunden zu sitzen, und die neben ihr sitzenden Kameraden kannte sie nicht.
Riley erinnerte sich daran, dass sie und ihr Verlobter, Ryan Paige, schon—oder fast schon—eine Familie waren. Sie würde wieder in ihre gemeinsame Wohnung in Washington DC mit ihm einziehen und ihre Hochzeit stand auch kurz bevor. Rileys erste Schwangerschaft endete zwar in einer Fehlgeburt, aber sie würden sicherlich in den bevorstehenden Jahren gemeinsam Kinder auf die Welt bringen.
Sie wunderte sich, ob sich Ryan im Publikum befand. Es war ein Samstag, was durchaus ein Arbeitstag für einen Anwalt zu Karrierebeginn bedeuten konnte. Außerdem wusste Riley, dass er ihre Karrierewahl mit gemischten Gefühlen betrachtete.
Direktor Cormacks Rede neigte sich ihrem Ende zu und es wurde Zeit alle neuen Agenten ins Amt einzuschwören. Einen nach dem anderen würde er sie aufrufen. Jeder würde aufs Podium steigen, den Amtseid des FBI ablegen, seine Dienstmarke erhalten und wieder zurück auf seinen Platz gehen.
Sie wurden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen. Und wie Cormack die Namen aus der Liste durchging, wünschte sich Riley, dass ihr Name nicht mit dem neunzehnten Buchstaben des Alphabets anfing. Die Wartezeit war lang. Natürlich kam Frankie vor ihr an die Reihe. Beim Weg zurück zu ihrem Platz winkte sie Riley zu und grinste sie an.
Als der Direktor endlich Rileys Namen aussprach, wurden ihr die Knie weich. Sie erhob sich und machte sich mit wackligen Beinen an ihren sitzenden Kollegen vorbei auf den Weg zum Podium. Als sie endlich beim Podium angelangt war, fühlte sie sich, als sei sie nicht mehr Herr über ihren eigenen Körper.
Endlich stand sie auf dem Podium, hob ihre Hand und sprach Direktor Cormack nach...
»Ich, Riley Sweeney, schwöre feierlich, die Verfassung der Vereinigten Staaten vor allen Feinden zu schützen, sowohl fremdstämmigen als auch einheimischen...«
Sie musste blinzeln, um sich die aufkommenden Tränen zurückzuhalten.
Es passiert wirklich, teilte sie sich in Gedanken mit. Es findet wahrlich statt.
Der Schwur war kurz, aber Riley kam es vor als würde sie von ihrer Stimme im Stich gelassen noch bevor sie den Schwur zu Ende aufsagen konnte.
Endlich kamen die Schlussworte...
»... und dass ich die Pflichten des mir bevorstehenden Amtes ehrlich und treu erfüllen werde. So wahr mir Gott helfe.«
Riley stand mit erhobener Hand da und wartete darauf ihre Dienstmarke von Direktor Cormack gereicht zu bekommen. Stattdessen grinste sie der große Mann etwas schelmisch an und legte die Dienstmarke aufs Podium ab.
»Jetzt warte einen Moment, junge Dame. Es gibt da noch eine kleine Angelegenheit, um die wir uns kümmern müssen.«
Riley verschlug es den Atem. War sie am Ende doch durchgefallen?
Der Direktor brachte eine kleine schwarze Schachtel aus seiner Jackentasche hervor und fuhr fort...
»Riley Sweeney, es ist mir eine große Ehre dir dieses Führungsabzeichen des Direktors für vorzügliche Leistungen verleihen zu dürfen.«
Riley stand wie betäubt da.
Der Direktor öffnete die kleine Schachtel und brachte ein Band, an dessen Ende eine Medaille hing, hervor. Ein Beifallssturm ging durch die Halle, als Cormack ihr die Medaille um den Hals legte. Cormack lobte Riley zu ihrer Initiative und Führungsqualitäten, die sie während der Wochen auf der Akademie wiederholt zur Schau gestellt hatte.
Riley versuchte sich auf seine Worte zu konzentrieren, aber ihr wurde ein wenig schwindlig.
Falle nicht in Ohnmacht, befahl sie sich selber. Bleib auf den Füßen stehen.
Sie hoffte nur, es würde jemand die Rede des Direktors aufnehmen, weil ihr alles verschwommen vorkam, da sie nicht klar denken konnte.
Cormack reichte ihr etwas.
Meine FBI-Dienstmarke, wurde ihr bewusst, als sie sie entgegennahm.
Dann streckte er ihr die Hand. Sie schüttelten sich die Hände und sie drehte sich, um zu ihrem Platz zurückzukehren.
Als Riley Sweeney, brandneue Agentin des FBI, vom Podium herunterstieg, konnte sie erkennen, dass sich nicht alle Absolventen für sie freuten. Tatsächlich konnte man offensichtliche Feindseligkeit in einigen der Gesichter erkennen. Sie konnte es ihnen kaum übelnehmen. Seit sie von ihrem Einsatz am Mordfall zurückgekehrt war, wurde sie wieder und wieder als designierte Gruppenleiterin für Aktivitäten in der Akademie gewählt. Es war kein Geheimnis, dass manche Kadetten der Meinung waren, ihre vor kurzem stattgefundene Feldarbeit hätte ihr einen ungerechten Vorteil ihnen gegenüber verliehen. Sie war sich sicher, dass es einigen, die aus dem Polizeivollzugsdienst kamen, besonders schwerfallen musste.
Riley ging zurück zu ihrem Platz, wegen der Auszeichnung überflutet von Emotionen. Etwas Ähnliches war ihr bisher im Leben noch nicht widerfahren.
Währenddessen besetzten die restlichen Rekruten einer nach dem anderen das Podium. Sie wurden vereidigt und erhielten ihre Dienstmarken. Riley lächelte und winkte John zu, als er an die Reihe kam und nach Oben stieg. Er winkte ihr scheu zurück.
Nachdem auch der letzte Kadett den Eid geleistet hatte, gratulierte Direktor Cormack wiederholt allen Absolventen zu ihren Errungenschaften und beendete dadurch die Zeremonie. Die Kadetten erhoben sich von ihren Plätzen und suchten ungeduldig nach ihren Freunden.
Riley brauchte nicht lange um John und Frankie zu finden. Beide glühten sie vor Stolz, wie sie ihre neuen Dienstmarken fest in den Händen hielten.
»Wir haben es geschafft!«, rief John Riley zu und umarmte sie.
»Jetzt sind wir wahrhaftige FBI-Agenten!«, rief Frankie und umarmte Riley ihrerseits.
»Das sind wir wirklich«, antwortete Riley.
Frankie fügte noch hinzu: »Und das Beste an allem ist, dass wir gemeinsam in der DC-Zentrale arbeiten werden. Wir bleiben beisammen!«
»Ist das nicht toll!«, stimmte Riley zu.
Sie holte tief Luft. Nach dem harten Sommer, den sie hinter sich hatte, entwickelten sich die Dinge bestens. Noch besser als sie es sich vorstellen konnte.
Sie sah sich nach Ryan um und erblickte ihn wie er sich durch das Gedränge zu ihr bewegte.
Er hat es doch geschafft zu kommen. Ein sympathisches Lächeln zierte sein Gesicht.
»Herzlichen Glückwunsch Schatz«, sagte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
»Danke«, antwortete Riley und erwiderte den Kuss.
Ryan nahm Riley an die Hand und sagte: »Jetzt können wir nach Hause gehen.«
Riley lächelte und nickte zustimmend. Ja, dies war eine der besten Nachrichten des heutigen Tages. Alle Wochen, an denen die Akademie stattfand, musste sie im Studentenwohnheim verbringen, während Ryan in ihrer gemeinsamen DC-Wohnung übernachtete. Sie haben nicht annähernd so viel Zeit miteinander verbringen können als es ihr beiderseitiger Wunsch war.
Ihre Zuweisung zur FBI-Zentrale in DC bedeutete, dass sie nur eine kurze Bahnstation weit entfernt von ihrer Wohnung arbeiten würde. Endlich konnten sie sich niederlassen und ein gemeinsames Leben führen. Und vielleicht auch bald eine Entscheidung bezüglich des geplanten Hochzeitstermins treffen.
Aber bevor Ryan und Riley sich auf den Weg machen konnten, rief ihr John zu.
»Warte einen Augenblick, Riley. Wir haben noch eine Sache zu erledigen.«
Rileys Augen wurden breit, als sie sich besann...
Ja, da gibt es noch eine Sache.
Sie und ihre Freunde gingen nach draußen an die frische Winterluft, wo die neuen Agenten sich aufstellten und sich auf den Weg zum Waffentresor des FBI machten. Riley und ihre zwei Freunde beeilten sich und schlossen sich den Anderen an, während Ryan sie begleitete.
Riley bemerkte, dass Ryan einen etwas ratlosen Eindruck machte.
Ihm ist nicht klar, was hier geschieht, dachte sie.
Aber die Zeit zum Diskutieren war gerade nicht vorhanden. Riley und ihre Freunde näherten sich dem Quartiermeister.
Als sie ihn erreichten, reichte er ihnen allen ihre Dienstwaffe—eine Kaliber .22 Glock-Pistole.
Ryans Mund öffnete sich weit vor Überraschung—und teilweise auch aus Sorge, da war sich Riley ziemlich sicher.
Er wird sich daran gewöhnen müssen, dass ich ab jetzt eine Dienstwaffe trage, dachte sie.
Riley lächelte ihm zu und sagte: »In Ordnung, jetzt können wir nach Hause gehen.«
Dass er keine Kommentare zur Waffe machte, die sie trug, beruhigte sie. Sie verabschiedeten sich von ihren Freunden und machten sich wieder auf den Weg zurück zur Halle.
Alles wird gut gehen, dachte sie.
In diesem Augenblick kam ihr ein junger Mann, mit einem Umschlag in der Hand, entgegen.
»Sind Sie Riley Sweeney?«, fragte der junge Mann.
»Ja«, antwortete Riley.
Der junge Mann reichte ihr den Umschlag mit den Worten: »Ich bin damit beauftragt worden Ihnen dies zu überreichen. Bitte unterzeichnen Sie hier.«
Riley unterzeichnete per Anweisung und öffnete hastig den Umschlag.
Überrascht über den Inhalt, taumelte sie ein paar Schritte zurück.
»Worum handelt es sich?«, fragte Ryan.
Sie schluckte mühsam und antwortete: »Es ist eine Einsatzänderung.«
»Was meinst du damit?«, forderte er.
»Ich werde doch nicht in der DC-Zentrale arbeiten. Ich wurde der Verhaltensanalyseeinheit hier in Quantico zugeteilt.«
Ryan stotterte: »Aber—aber du hast gesagt… wir wollten doch zusammen einziehen.«
»Das werden wir«, antwortete Riley hastig, um ihn zu beruhigen. »Immerhin ist es keine weite Pendelstrecke.«
Dennoch wusste sie, diese Änderung würde ihnen sicherlich das Leben schwieriger gestalten. Es machte ihnen das Zusammenleben zwar nicht unmöglich, aber leicht gemacht würde es ihnen bestimmt nicht.
Ryan verlor die Geduld: »Nein, so geht das nicht. Sie werden es umändern müssen.«
»Ich kann sie zu nichts zwingen«, antwortete Riley. »Ich bin hier nur eine Untergeordnete. So wie es bei dir in der Anwaltskanzlei der Fall ist.«
Ryan hielt einen Augenblick lang inne. Dann murrte er: »Wessen Idee war das überhaupt?«
Riley dachte nach. Sie hatte Quantico nicht einmal unter ihren drei Wahlorten angegeben. Wer konnte sie nach hier versetzt haben?
Dann wurde es ihr auf einmal klar...
Sonderagent Jake Crivaro starrte unzufrieden auf seine Rühreier.
Ich hätte zur Abschlusszeremonie gehen sollen, dachte er.
Er saß in der Kantine des Verhaltensanalyseeinheit-Gebäudes in Quantico und dachte an Riley Sweeney, seinen jungen Schützling. Ihre Abschlusszeremonie von der FBI-Akademie war vor zwei Tagen und er fühlte sich schlecht, weil er nicht anwesend gewesen war.
Natürlich hatte er eine Ausrede genannt—zu viel Papierarbeit, die dringend erledigt werden musste. Aber in Wahrheit hasste er solche Zeremonien und er konnte sich nicht dazu bringen in der Menge zu sitzen und sich dieselben Reden, derer Variationen er schon so viele zuvor gehört hatte, anzuhören.
Wäre er gegangen, dann hätte er die Gelegenheit gehabt ihr Auge in Auge mitzuteilen, dass er persönlich für ihre Überweisung von DC zur Verhaltensanalyseeinheit hier in Quantico verantwortlich war.
Stattdessen ließ es einen Boten die Nachricht überbringen.
Aber sicherlich würde sie die Versetzung zur Verhaltensanalyseeinheit als gute Nachricht auffassen. Immerhin würden ihre einzigartigen Fähigkeiten hier einen viel besseren Einsatz finden, als das es der Fall in DC sein würde.
Dann kam es Jake in den Sinn, dass Riley vielleicht noch gar nicht wusste, dass er sie als seine eigene Partnerin zuteilen ließ.
Er hoffte, es war ihr eine angenehme Überraschung zu erfahren, dass sie in Zukunft zusammenarbeiten würden. Sie bildeten schon in drei ziemlich schwierigen Fällen ein ziemlich gutes Team. Die Anfängerin zeigte sich gelegentlich als etwas unberechenbar, aber es gelang ihr immer ihn mit ihren ungewöhnlichen Einblicken zu überraschen.
Ich hätte sie zumindest anrufen sollen, tadelte er sich selber.
Jake schaute auf die Uhr und ihm wurde bewusst, dass sich Riley schon auf dem Weg hierher befinden musste, um an ihrem ersten Arbeitstag Rapport zu erstatten.
Als er einen kleinen Schluck Kaffee nahm, klingelte sein Handy.
Er nahm den Anruf an und eine Stimme rief: »Hey, Jake. Es ist Harry Carnes. Rufe ich dich zu einem guten Zeitpunkt an?«
Jake grinste beim Klang der Stimme seines alten Freundes. Harry war ein pensionierter Kriminalpolizist aus Los Angeles. Einige Jahre zuvor arbeiteten sie an einem Entführungsfall einer berühmten Person zusammen. Sie hatten sich auf Anhieb gut verstanden und blieben in Kontakt.
»Na klar, Harry«, antwortete Jake. »Super, dass du anrufst. Was gibt’s Neues?«
Er hörte, wie Harry aufatmete. Dann sagte er: »Es gibt da etwas, das mich bedrückt. Ich dachte, du könntest mir vielleicht dabei helfen.«
Jake fühlte, wie ihn die Besorgtheit überkam.
»Gerne, Kumpel«, sagte er. »Was ist das Problem?«
»Erinnerst du dich an den Mordfall in Colorado von vor einem Jahr? Die Frau die im Dyson Park ermordet wurde?«
Jake überraschte es, dass Harry den Fall zur Sprache brachte. Als Harry aus dem Los Angeles Police Department in den Ruhestand trat, zog er mit seiner Frau Jillian nach Gladwin, einem kleinen Ort in den Rocky Mountains, der an Dyson Park angrenzte. Die Leiche einer jungen Frau wurde in der Nähe auf einem Wanderpfad entdeckt. Obwohl er zurzeit den Status einer Zivilperson hatte, versuchte Harry der Polizei beim Lösen des Falles zu helfen, aber vergebens, wie es sich herausstellte.
»Klar erinnere ich mich«, antwortete Jake. »Warum fragst du?«
Es trat eine kurze Stille ein.
Dann sagte Harry: »Also... ich denke, es ist erneut passiert.«
»Was meinst du damit?«, fragte Jake.
»Ich denke, der Mörder hat wieder zugeschlagen. Eine weitere Frau wurde ermordet.«
Jake fühlte, wie ein durch Überraschung verursachter Ruck durch seinen Körper ging.
Er fragte: »Du meinst dort, im Dyson Park?«
»Nein, dieses Mal in Arizona. Lass mich erklären. Dir ist bekannt, dass Jillian und ich im Winter nach Süden ziehen? Also, wir befinden uns gerade in Arizona auf einem Campingplatz unweit von Phoenix. Heute Morgen lief in den örtlichen Nachrichten ein Beitrag, in dem gesagt wurde, dass die Leiche einer jungen Frau, nördlich von hier, unweit eines Wanderpfades, gefunden wurde. Ich rief bei der örtlichen Polizeiwache an und sie erklärten sich bereit ein paar Details mit mir zu teilen.«
Harry räusperte sich: »Jake, die Handgelenke der Frau waren völlig zerschnitten. Sie muss irgendwo ausgeblutet sein, aber nicht wo ihre Leiche aufgefunden wurde. Genau wie beim Opfer im Dyson Park. Ich wette, dass es sich um denselben Mörder handelt.«
Jake war jedoch etwas skeptisch.
»Ich weiß nicht Harry«, sagte er. »Der Mordfall in Colorado ist schon ziemlich lange her. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass jegliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Mordfällen reiner Zufall ist.«
Harrys Stimme nahm einen ernsteren Ton an.
»Ja, aber was, wenn es kein Zufall ist? Was, wenn es sich in beiden Fällen um ein und denselben Täter handelt? Was, wenn sich die Sache zu einer Mordserie entwickelt?«
Jake unterdrückte sich den Seufzer. Er konnte die Reaktion seines Freundes gut verstehen. Harry hatte ihm mitgeteilt, wie bitterlich enttäuscht er gewesen war, weil er nicht in der Lage war, seinen Kollegen aus Gladwin und der Staatspolizei von Colorado beim Fang des lokalen Mörders zu helfen. Es konnte kaum wundern, dass ein neuer Mordfall mit ähnlichen Details Harry in Aufruhr versetzte.
Aber Leute, die alleine durch die Wildnis wandern, kommen manchmal um. Und manche Leute beharren darauf sich alleine auf den Weg zu machen, trotz aller Warnungen.
Jake wollte Harry nicht geradeheraus sagen, dass er sich seiner Meinung nach irrte.
Aber was kann ich ihm sagen?
Jake wusste es nicht.
Harry fuhr fort: »Jake, ich habe mir überlegt... ob du vielleicht diesen Fall unter die Zuständigkeit der Verhaltensanalyseeinheit bringen könntest? Jetzt, da es schon zwei Mordfälle in zwei verschiedenen Staaten sind?«
Jake wurde zunehmend unruhiger.
Er antwortete: »Harry, so laufen die Dinge normalerweise nicht. Es liegt an der Polizei in Arizona, ob sie Hilfe vom FBI anfordern wollen. Und soweit ich weiß, taten sie dies bislang nicht. Bis dies der Fall sein sollte, haben wir mit der Sache nichts zu tun. Wenn du sie aber dazu bringen könntest, das FBI anzurufen...«
Harry unterbrach ihn: »Das habe ich schon versucht. Ich konnte sie aber nicht davon überzeugen, dass ein Zusammenhang zwischen den Morden besteht. Und du kennst ja die Ansichten der örtlichen Polizisten, wenn es darum geht das FBI in ihren Zuständigkeitsbereich mit einzubringen. Sie sind nicht darauf versessen.«
Jake dachte sich, Nein, das sind sie nicht.
Es fiel ihm leicht sich vorzustellen, wie die Polizei in Arizona auf den Versuch eines pensionierten Polizisten reagieren würde, der sie davon zu überzeugen versuchte, dass ihnen etwas Wichtiges entgangen sei. Aber Harry hatte in einer Sache recht. Falls ein Mörder mehrere Taten in mehr als nur einem Staat begangen haben sollte, dann brauchte das FBI keine Einladung, um sich des Falles anzunehmen. Falls Harry recht haben sollte, dass es sich um denselben Mörder handelte, dann könnte das FBI eine Untersuchung beauftragen.
Falls Harry recht haben sollte.
Jake nahm einen langen, langsamen Atemzug. »Harry, ich weiß wirklich nicht, ob ich an meinem Ende etwas zu der Sache unternehmen kann. Es ließe sich nur schwer verkaufen, die zuständigen Leute hier dazu zu bewegen, daraus einen offiziellen Fall des FBI zu machen. Einerseits bist du dir sicher bewusst, dass das FBI keinen Fall annehmen wird, bei dem die örtliche Polizei davon ausgeht, dass es sich um eine Einzeltat handelt. Aber...«
»Aber was?«
Jake zögerte, sagte dann aber: »Lass mich darüber nachdenken. Ich melde mich dann bei dir.«
»Danke Kumpel«, sagte Harry.
Sie beendeten das Gespräch.
Jake zuckte ein wenig zusammen. Er wunderte sich weshalb, um Himmels willen, er Harry versprochen hatte ihn zurückzurufen.
Er wusste genau, dass er nicht in der Lage sein würde den leitenden Sonderagenten Erik Lehl davon zu überzeugen, den Fall in den Zuständigkeitsbereich des FBI zu stellen. Nicht aufgrund eines so mageren Zusammenhangs.
Verdammt nochmal! Ich bin ja selber nicht wirklich davon überzeugt.
Aber gesagt ist gesagt. Harry saß in Arizona und erwartete eine Rückmeldung von Jake. Und das Einzige wozu er in der Lage sein würde, war ihm das mitzuteilen, was er ihm hätte sagen sollen, schon bevor sie das Gespräch beendeten—das sich ihm keine Möglichkeit bot das FBI mit einzuschalten.
Jake starrte einen Augenblick lang auf sein Handy, im Versuch den Mut zum Rückruf aufzubringen. Aber er konnte sich nicht dazu bringen—zumindest noch nicht.
