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Mike sucht eine Sängerin für die Band, in der auch er singt. Er sucht aber auch eine Partnerin über verschiedene Internetportale. Sein Assistent Heino ist ebenfalls auf der Suche. Jutta würde gerne Sängerin in der Band werden, kann aber nicht gut singen. Ihre beste Freundin Nora von der Krankenkasse, die auch im Internet auf Partnersuche ist, hilft ihr widerwillig dabei. Die Wege von Mike und Nora kreuzen sich erst mal nur im Internet, dann aber nicht mehr, weil sie Stellvertreter zum vereinbarten Date schicken, denn sie sitzen beide im Rollstuhl und befürchten, vom anderen abgelehnt zu werden. Das sind aber nicht die einzigen Missverständnisse, mit denen sich die Helden dieser liebenswerten Komödie zwischen Rollstuhlfahreralltag und Musikszene herumschlagen müssen. Neben allerlei Freiersfüßen, Rollstühlen und Assistenten sind auch Freunde, gute Freunde und Sex-Freunde dabei, die mit ihrem Hin und Her die Fußgängerzone jener ungenannten Kleinstadt unsicher machen, in der es definitiv nur einen rollenden Rocksänger gibt, der denkt, dass er auch dann anonym bleiben kann, wenn er genau das in sein Onlinedatingprofil schreibt.
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Seitenzahl: 247
Veröffentlichungsjahr: 2022
Reimar Neumann
Normal ist das aber nicht!
oder
Dringend gesucht:
More SEX
and
Good DRUGS
and
Only ROCK N ROLL
Kostenlos abzugeben:
alles andere
Ein Roman über Musiker und unmusikalische Menschen, vor, während und nach Zweierbeziehungen, unabhängig von Alkoholkonsum und anderen Handicaps.
Copyright: © 2022 Reimar Neumann
Lektorat: Erik Kinting – www.buchlektorat.net
Umschlag & Satz: Erik Kinting
Titelbild: Ralph Schröder
Fotos: Bernhard Friese – bernhard-friese.de
Verlag und Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40-44
22359 Hamburg
Softcover
978-3-347-72977-3
Hardcover
978-3-347-72978-0
E-Book
978-3-347-72979-7
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Für Mike Al Becker (Michael Becker *29.07.1961–†28.08.2021) seine(n) Lebensmut, Aufrichtigkeit, Schaffenskraft, Kreativität, Ironie, Songtexte, Musik und Inspiration.
Mit vielen Erinnerungen besonders an Josef, der auch viel zu früh gestorben ist.
Mit Anerkennung und Bewunderung für meinen Vater und all die anderen Musiker, die ich in meinem bisherigen Leben kennenlernen durfte.
Mit Wertschätzung für alle Frauen, die auch mal gerne nur das eine wollen.
Mit größtem Respekt für die Menschen mit Behinderungen, die mir so viele Erkenntnisse und Einblicke ermöglicht haben.
Mit einem fetten Glücksgefühl für die Zeit, die mir Raum gibt und es gut mit mir meint.
Mit Dank an Gaby, Claudia und Stephan für diese eine besondere Woche.
1.
Es war gestern erst … eigentlich ein ganz normaler Tag, aber was ist schon normal? Wer wusste das besser als Mike, der seit 20 Jahren jeden Tag erleben musste, wie wenig normal es war, ein völlig normales Leben zu führen? Vielleicht hätte sein Assistent den Zeitungstypen nicht einfach über den Haufen schießen sollen, das war nicht normal, also zumindest kam es nicht so oft vor. Aber der Reihe nach:
In der Band, deren Sänger Mike war, hatten Sie beschlossen, noch mal voll durchzustarten. Auch das machten sie schon seit 20 Jahren: immer volle Kraft, immer Rock und immer Spaß mit allem, was dazu gehört – Sex and Drugs and Rock ’n’ Roll eben. Und immer wieder diskutierten sie in regelmäßigen Abständen die beiden zentralen Fragen der semiprofessionellen Bandhistorie: Sollen wir covern oder selbst Songs schreiben? Und: Singen wir auf Deutsch oder Englisch? Und genauso regelmäßig blieben sie ihrem Motto treu, dass man sich auf gar keinen Fall festlegen sollte und immer für alles offenbleiben müsse.
»Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht.« Mit diesem zentralen Satz beendete Mike dann regelmäßig die Diskussionen, ließ den Drummer einzählen und sie hatten wieder Sex and Drugs and Rock ’n’ Roll.
Mit dem Sex klappte es manchmal bis meistens nicht so, wie er sich das vorstellte, und deshalb fand Mike die Idee seiner Bandkollegen, die bei der letzten Diskussion in einem Nebensatz fiel, gar nicht so schlecht: Lasst uns doch eine Sängerin suchen. Er hätte natürlich auch beleidigt sein und das als Kritik an sich interpretieren können, aber eine gut aussehende Frontfrau mit Beinen bis zum Hals, wie aus dem Fernsehvorspann zum Montagskino, das wäre ihm sehr angenehm gewesen, mit einer Stimme, die erst den Stahl härtet und dann schmelzen lässt, wie Vanilleeis auf nackter Haut. Ein Vergleich, der ihm besonders gefiel, weil er nackte Haut und Vanilleeis an sich schon mochte und in dieser Kombination erst recht. Und wenn es diese Traumfrau dann geben würde, schmachteten sie sich zusammen in einer extra dafür komponierten Nummer das Schmalz aus der Birne, kletterten in den Charts auf einen Spitzenplatz und wären das Traumpaar der Nation, natürlich auch privat. Sänger in einer Band, und mit der Frontfrau liiert … was will man mehr?, dachte er sich. Drugs and Rock ’n’ Roll hatte er ja schon.
Suzie Quatro war 16 Jahre mit ihrem Gitarristen verheiratet. Gut, es denkt ja niemand gleich ans Heiraten, aber schlecht wäre es nicht, wenn man wüsste, wo man hingehört. Backstage war Mike ja oft derjenige, der von den After-Show-Girls keine abbekam. Partnerschaft gibt Sicherheit und die lästige Dauerbereitschaft zur Kontaktanbahnung fällt weg, keine Enttäuschungen, keine Kondome. Und dann kommt Chris Norman und es klappt mit der Schmalz-Birne-Nummer. So oder so ähnlich war es zwar kein Plan, ergab aber ein Thema zum Denken und Träumen und Machen.
Doch woher bekam man so einen musikalischen Engel, der mit einem Engel eigentlich gar nicht so viel gemeinsam haben sollte? Langweilige Zicken brauchten sie nicht und er kannte die Bands und Musikerinnen aus der Region, da war nichts dabei, was auch nur annähernd seinen Vorstellungen entsprach. Warum er vom Gedanken an Engel sofort bei langweiligen Zicken landete, beschäftigte ihn nicht weiter. Er war keiner, der jeder Assoziation auf den Grund ging. Viel lieber gönnte er sich seine Vorurteile, um die Welt zu verstehen und zu erklären. Ob die Welt nun auf seine Erklärungen wartete oder nicht, sie hören wollte oder nicht, war ziemlich egal. Er war Sänger in einer Band und wollte seine Sicht der Dinge loswerden, er hatte etwas zu sagen und er war wichtig, zumindest genauso wichtig wie diese pseudo-prominenten Salatgurken aus den überflüssigen Fernsehsendungen zwischen den niveauvollen Werbeblöcken. Die wurden zumindest von Fachleuten gemacht, also die Werbeblöcke. Die wussten, wie dämlich jemand sprechen musste, um gutes Durchschnittsmüsli an den Mann zu bringen. Marktführer werden durch doof labern konnte er auch, dachte Mike sich. Kann so schwer nicht sein. Aber wer hörte zu, wollte zuhören oder musste zuhören? Da war er doch gedanklich schon wieder vom Thema abgewichen, es ging ja immer noch um den Engel. Und er war nun schon seit ewigen Zeiten, also definitiv länger als elf Minuten, in verschiedenen Internetportalen unterwegs, aber eine Frau, nicht mal einen Engel, die an ihm Interesse gefunden hätte, oder zumindest an Musik – oder an seiner Musik – und nicht nur problembeladene Alltagsbewältigung postulierte, hatte er noch nicht gefunden, nicht mal ansatzweise, nicht mal eine dumme Zicke.
Letzte Rettung: Zeitungsinserat. Band sucht Sängerin oder so ähnlich. Diese analoge Kommunikationsmethode, die auf den direkten zwischenmenschlichen Kontakt setzte, zumindest zu dem Zeitungsinseratverkäufer, zumindest wenn man das Inserat nicht online schaltete, zumindest dann, wenn man die Zuschriften auf die Chiffre-Anzeige abholte und sie sich nicht gegen Aufpreis zuschicken ließ. Und weil Aufpreis ein Wort war, das in Mike tiefe Abneigung aufkommen ließ, würde der Zeitungsinseratverkäufer diese Kommunikationsform fast mit dem Leben bezahlen müssen, aber das erst später und auch nur in einem alternativen Universum.
Mike saß mal wieder im Rollstuhl. Seit 20 Jahren machte er das immer wieder, also täglich, tagsüber, wenn sein Assistent Heino ihn nach der Morgentoilette in selbigen reinhob. Ja, sein Assistent hieß Heino, schon immer, keine Ahnung, wer ihm das angetan hatte, na ja doch, seine Eltern, aber warum? Dass er blond und ein wenig blöd werden würde, war zur Zeit der Namensgebung ja noch nicht absehbar. Heino war dafür sehr abwechslungsreich und empathisch, humorvoll und manchmal schwer gebildet, was er im täglichen Leben gut zu verbergen wusste. Woher er seine Vorliebe für Augenklappen hatte, wusste kein Mensch und er sprach auch nicht darüber. Er hatte übrigens eine für das rechte und eine für das linke Auge, trug diese im Wechsel, also ganz anders als Ray Sawyer, der Sänger von Dr. Hook And The Medicine Show, und er hasste es, wenn er gefragt wurde, warum er die Augenklappe nicht einfach von rechts nach links zog, wenn er das Auge zu wechseln gedachte. Er wurde das aber nie gefragt, weil es ja niemand sah, und wenn doch, man darüber ja nicht sprach, und deshalb blieb ihm auch der Hass erspart, den auszusenden er sich für diesen Fall vorgenommen hatte. Konsequenterweise nahm er die Klappe allerdings ab, wenn er sich seine schwarze Sonnenbrille auf die Nase setzte und eine gelbe Blindenbinde, die mit den drei schwarzen Punkten, am Oberarm trug.
Heino war heute Augenklappenlinksträger. So gingen die beiden zum Zeitungsinseratverkäufer, also gut, Heino ging, Mike fuhr, weil Heino ihn vor sich her schob. Mike konnte selber gar nicht fahren, weil er Tetra war. Mit seinen schwachen Armen und verkrümmten Fingern wäre das eine ziemliche Anstrengung gewesen die er, trotz täglichen Hanteltrainings, gerne vermeiden wollte. Außerdem wurde Heino unter anderem auch für das Rollstuhlschieben bezahlt. – Aber nicht nur dafür.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es in der Stadt, in der wir uns befinden, einer namenlosen Stadt, die überall in Deutschland liegen könnte, kaum barrierefreie Wohnungen gab, so wie jemand mit Mobilitätseinschränkung sie brauchte. Aber Mike hatte eine schöne Altbauwohnung, die groß genug war, um sich einen Assistenten mit eigenem Zimmer halten zu können. Dummerweise hatte er die Wohnung schon gekauft gehabt, als er noch Fußgänger war, deshalb im Hochparterre ohne Aufzug. Der Denkmalschutz, die Jugendstil-Andeutungen bei so manchen Verzierungen im Treppenhaus und der Hinterhofgarten als Treffpunkt für die Nachbarn zum Feierabendbier hatten ihm einfach zugesagt. Hätte er da mal nur weiter gedacht. Aber zu dem Zeitpunkt war eben gerade kein Versicherungsvertreter da, der ihn vor den Gefahren der Normalität warnte, um ihm für monatliche Kostenbeiträge zu versprechen, die Realität zu finanzieren, wenn sie denn zuschlüge und die Versicherung sich ums Verrecken nicht drücken könnte.
Nun war es eben so, dass Heino Mike die eine Treppe, genau elf Stufen, rauf und runter tragen musste. Auch dafür wurde er bezahlt und wie lange seine Bandscheiben das gut fanden, sollte eine Überraschung sein. Also trug er Mike die Treppe runter und setzte ihn in den bereitstehenden Schiebe-Rollstuhl. Den Elektrorollstuhl nutzte Mike nur in der Wohnung, damit er sich wenigstens dort von seinem Assistenten unabhängig bewegen konnte. Wenn er draußen unterwegs war, dann sowieso nur mit Assistent, also konnte ihn Heino auch schieben.
Bevor es losging erfolgte noch der obligatorische Blick in den Briefkasten, wo zwischen ungewollter Werbung und den dauernden Verwaltungsschreiben nichts Interessantes oder Wichtiges zu erkennen war. Die Altpapiertonne hatte ein aufmerksamer Mitbewohner direkt neben den Briefkästen platziert und Heino warf alles, was nicht in einem Kuvert steckte, unbesehen hinein.
2.
Der Weg zur Geschäftsstelle der örtlichen Tageszeitung war nicht weit. Bordsteinkanten und sonstige Hindernisse, die er allein nie hätte überwinden können, stellten heute keine Barrieren für Mike dar, weil Heino es gewohnt war, den besten Weg zu suchen und auch zu finden. Es störte ihn dabei auch nicht, den Autoverkehr zum Erliegen zu bringen, zwar nur kurz, aber wirksam, weil die Autos mal wieder auf dem Gehweg parkten und nicht auf der Straße, und er den Gehweg deshalb nicht benutzen konnte, folgerichtig also auf der Straße fuhr, dann auch gerne gleich mitten in der Mitte, wegen der Sicherheitsabstände einerseits und andererseits natürlich, um auch den Gegenverkehr zu stoppen. Dieses Verhalten wurde dann oft von Passanten, die natürlich wussten, was für so einen Rollstuhlfahrer am besten zu sein hatte, als verkehrsgefährdend und verantwortungslos missverstanden. Selbst die Polizei ermahnte Heino des Öfteren, den Gehweg zu nutzen, auch wenn dieser zu schmal war.
So fuhr Mike, von Heino geschoben und von ca. fünf Autos hupend im Schritttempo verfolgt, bei der Geschäftsstelle der Zeitung vor. Die Kommentare der Autofahrer zwischen hochgehaltenem Mittelfinger oder Zeigefinger an der Schläfe werden hier nur exemplarisch wiedergegeben: »Können Sie nicht mit dem Bus fahren?« Nee, kann ich nicht, dachte Mike. Dann schoben sie über den Gehsteig in die Eingangshalle des Zeitungsgebäudes. Glasschiebetür mit Bewegungsmelder, automatisch.
Jetzt, mittendrin in der zugänglichen Welt, nahm die Normalität ihren Lauf. Was sollte schon passieren, wenn man Zuschriften auf ein Zeitungsinserat abholte? Nicht viel, sollte man meinen, wenn man nicht so verbissen intolerant wäre, gegenüber diesen normal arbeitenden Menschen hinter ihrem Besuchertresen und der aufgesetzten Glaswand. Hier war sogar der Weg zur Rolli-Toilette ausgeschildert. Irgendwann musste aber auch mal genug sein.
Ein Schalter trug die Aufschrift Abholung Zuschriften. Heino schob dort hin. Hinter der Glasscheibe war ein junger Mann um die fünfzig mit der unverbindlichen Freundlichkeit der Callcenter-Floskeln. Nach der Standardfrage »Was kann ich für Sie tun?« Richtung Heino, der hinter ihm stand, antwortete Mike spontan: »Ich würde gerne die Zuschriften auf mein Inserat in der letzten Wochenendausgabe abholen.«
Der Zeitungsmensch fragte Heino: »Was will der junge Mann?«
Und Heino antwortet aufrichtig: »Welcher junge Mann?« Ehrlich, Mike war sichtbar auch schon über 50.
Zeitungsmensch deutete auf den Rollstuhl: »Na hier, der Ärmste.«
Mit einer wirklich unangemessenen, übertriebenen Freundlichkeit schaltete Mike sich wieder ein und bat Zeitungsmensch: »Würden Sie die Liebenswürdigkeit besitzen und mir die Zuschriften auf mein Inserat in der letzten Wochenendausgabe aushändigen?«
»Junger Mann, da müssen Sie schon etwas kooperativer sein«, antwortete Zeitungsmensch wieder Richtung Heino.
Der hatte natürlich prompt die richtige Antwort, weil er in solchen und ähnlichen Situationen ja schon durchaus Erfahrungen gemacht hatte: »Ich bin jung, das stimmt. Sie können Heino zu mir sagen. Und ich bin sehr kooperativ. Ich habe meinen Chef hier hergeschoben«.
Obwohl er wusste, dass die Sache jetzt gelaufen war, Heino seinen Spaß haben würde und er abgemeldet blieb, schaltete Mike sich noch mal verärgert ins Gespräch ein: »Und dieser Chef hätte jetzt gerne die Zuschriften!«
Ohne irgendeine Reaktion passierte jetzt das, was meistens passierte: »Wie der Schlagersänger?«
»Ich bin es persönlich«, sagte Heino dann, um der Absurdität noch mehr Drall zu geben.
Oh, dürfte ich vielleicht ein Autogramm haben? Für die Kinder?, war dann auch meistens die nächste Frage. Aber Heino klärte sofort auf, dass das nur ein Späßchen war, er sei ja schließlich im Dienst und werde nicht dafür bezahlt, Zeitungsmensch zu verarschen: »War ein Witz. Wir wollen die Zuschriften.« Wobei Mike sofort und noch ärgerlicher korrigierte: »Ich will die Zuschriften.«
»Ach so, ja, Entschuldigung, da bräuchte ich den Kassenbon mit der Chiffrenummer«, sagte er nun zu Heino, der pflichtgemäß antwortete »Hab ich nicht. Hat er«, wobei er mit dem Zeigefinger nach unten deutete.
Die Verunsicherung bei der Zeitung wuchs. »Äh, ja, wenn Sie ihm dann sagen würden, dass ich die Chiffrenummer brauchen würde, gerne, äh, vielleicht, bitte«, wieder zu Heino.
Der wiederum versuchte nun, irgendwie zu einer Auflösung der Situation zu kommen. Er könnte hier noch weiter Spielchen spielen, aber seinem Chef würde das irgendwann zu bunt werden und so lenkte er ein: »Sie können direkt mit dem armen jungen Mann reden. Eer iist deer deeutscheen Schpraachee määächtigg.«
Mike schaltete sich noch mal ein und sagte zu Heino: »Hier vorne in meiner Brusttasche, kannste mal machen.«
Zeitungsmensch zu Heino: »Was hat er gesagt?«
Normalerweise würde Mike jetzt ausrasten oder resignieren, aber er sprach nur deutlich: »Jetzt pass mal auf, du Salatgurke, wenn du nicht sofort zu deinem Schrank trabst und die Unterlagen holst, dann wirds hier ziemlich ungemütlich.«
»Jetzt wird er auch noch aggressiv«, sagte Zeitungsmensch »also das muss ich mir nicht bieten lassen. Ich habe doch gesagt, ich brauche die Chiffrenummer.«
Heino greift ihm in seine Brusttasche und gibt Zeitungsmensch den Zettel. Aus dem Rollstuhl ist deutlich vernehmbar: »Könnten Sie sich jetzt bitte ein wenig beeilen?«
»Die ganze Zeit nicht mithelfen und dann kann es plötzlich nicht schnell genug gehen.« Zumindest verschwand er in einem Nebenraum und kam mit drei Briefumschlägen zurück, die er um die Trennscheibe herum Heino reichte. Der deutete nach unten zu seinem Chef im Rollstuhl.
»Ja, wenn das so ist, bräuchte ich von ihm noch einen Ausweis.«
Von Aggression und Resignation getrieben sagte Mike: »Komm, lass uns abhauen, ich mag keine Salatgurken.«
Und Heino machte, was Mike sagte, er war der Assistent.
Nach ein paar Metern, wieder mitten auf der Straße, hupende Autos wieder in einer Traube hinter ihnen und vor ihnen, blieben sie stehen.
Heino sagte: »Warte mal kurz, ich hol die Umschläge«, und ging allein zurück zu Zeitungsmensch.
Natürlich wartete Mike, was sollte er allein denn sonst auch machen? Er kam ja ohne Heino sowieso nicht weg.
Ich biete Ihnen jetzt vier fast identische Szenen mit jeweils unterschiedlichem Ende. Wenn Sie das Buch noch mal lesen, können Sie auf drei Szenen verzichten, kreuzen Sie einfach die Szene an, die Ihnen am besten gefällt. Oder empfehlen Sie eine der vier Szenen einem Leser dieses Buches nach Ihnen.
Also, Heino ist wieder zurück am Schalter.
• Zeitungsmensch begrüßte Heino freundlich: »Hallo, Sie waren doch vorhin schon da.«
Heino wies ihn erneut darauf hin, wie es wirklich war – »Nee, das war mein Chef« –, zog einen Colt hervor und erschoss Zeitungsmensch, nahm die Umschläge vom Tisch und ging zurück auf die Straße. (Zurück zur Ausgangsposition)
• Zeitungsmensch begrüßte Heino freundlich: »Hallo, Sie waren doch vorhin schon da.«
Heino wies ihn erneut darauf hin, wie es wirklich war: »Nee, das war mein Chef.«
Zeitungsmensch antwortete: »Sie wollen bestimmt die Unterlagen holen, die Ihr Chef hat liegen lassen.« Er gab ihm die Unterlagen ohne weitere Ausweiskontrolle und schob den folgenschweren Satz hinterher: »Sie haben es ja auch nicht leicht, das ist schon schlimm.« Heino zog einen Colt hervor und erschoss Zeitungsmensch. Umschläge. Straße.
(Zurück zur Ausgangsposition)
• Zeitungsmensch begrüßte Heino freundlich: »Hallo, Sie waren doch vorhin schon da.«
Heino wies ihn erneut darauf hin, wie es wirklich war: »Nee, das war mein Chef.«
Zeitungsmensch antwortete: »Sie wollen bestimmt die Unterlagen holen, die Ihr Chef hat liegen lassen.« Er gab ihm die Unterlagen ohne weitere Ausweiskontrolle und schob den folgenschweren Satz hinterher: »Sie haben es ja auch nicht leicht, das ist schon schlimm. Aber grüßen Sie diesen armen jungen Mann von mir.«
Heino antwortete verständnisvoll und fast könnte man glauben, Zeitungsmensch überlebt: »Ich erzähle Ihnen mal was. Da war ein kleiner Junge, der hieß genauso wie Sie, und der hat von seinem Vater gelernt, er soll die Menschen anschauen, wenn er mit ihnen spricht. Und dann war der Kleine mit seinem Vater bei der Eisdiele am Straßenverkauf und der Eisverkäufer sagte: Bitte schön mein Herr. Und was mag der Kleine? Schoko, sagte der Vater, du magst doch Schoko? Und der Eisverkäufer sagte: Nee, ich mag kein Schoko, ich verkaufe es nur.«
Heino zog einen Colt hervor und erschoss Zeitungsmensch. Umschläge. Straße.
(Zurück zur Ausgangsposition)
• Zeitungsmensch begrüßte Heino freundlich: »Hallo, Sie waren doch vorhin schon da.«
Heino wies ihn erneut darauf hin, wie es wirklich war: »Nee, das war mein Chef.«
Zeitungsmensch antwortete: »Sie wollen bestimmt die Unterlagen holen, die Ihr Chef hat liegen lassen.« Er gab ihm die Unterlagen ohne weitere Ausweiskontrolle und schob den folgenschweren Satz hinterher: »Sie haben es ja auch nicht leicht, das ist schon schlimm. Ich habe es ja wirklich nur gut gemeint.«
Und Heino redete sich in Rage, keine Chance auf einen guten Ausgang für Zeitungsmensch: »Das glaube ich Ihnen nicht. Sie wollten Ihre eigene Unsicherheit hinter dem bisschen Macht verstecken, die Sie zu haben glauben. Wissen Sie eigentlich, wie anstrengend es ist, den immer gleichen Leuten immer wieder zu sagen, wie verkehrt Sie gewickelt sind? Ich habe es nicht schwerer oder leichter als irgendwer sonst. Und ich weiß nicht, was Sie mit schlimm meinen. Schlimm ist einfach nur, beim Thema Inklusion von Ignoranten umgeben zu sein, von Mitleid und Respektlosigkeit beziehungsweise einer gefährlichen Mischung aus beidem. Und Sie überleben diese Szene nur, weil ich daran glaube, dass auch Sie über ihr Verhalten nachdenken können, also tun Sie es. Gut gemeint ist nicht immer gutgetan, erst wenn Sie das begriffen haben, dann dürfen Sie sich wieder ein Los von der Aktion Mensch kaufen.
Heino drehte sich um, ohne zu schießen und ohne eine Antwort aus dem offenstehenden Mund abzuwarten. Er ging mit den Umschlägen und dem Colt in der Hand zurück auf die Straße. Dort saß sein Chef in seinem Rollstuhl, umringt von reichlich Menschenauflauf. Er hätte dem rüstigen Rentner, der ihn ungefragt auf die Seite schieben wollte, eben doch nicht erzählen sollen, dass sein schießwütiger Assistent gleich mit einem Colt in der Hand zurückkommen werde. Obwohl … zumindest fragen hätte er können, der Rentner, ob Mike weggeschoben werden wollte. Dann wäre er jetzt auf der sicheren Seite und müsste nicht befürchten, dass die Situation eskaliert, wenn sein Assistent die Ordnung wiederherstellt. Das machte er in letzter Zeit gerne. Heino war nämlich, anders als er selbst, systemrelevant, weil er beim Pflegedienst angestellt war. Wäre er bei seinem Chef direkt als Assistent angestellt, wäre er nicht systemrelevant. Versteht keiner, ist aber so. Und sein Chef ist gar nicht sein Chef, sondern sein Auftraggeber, sein Chef ist nämlich der Chef vom Pflegedienst. Und deshalb ist Heino relevant für das System.
Heino hob die Umschläge hoch, sodass Mike vom Rollstuhl aus sehen konnte, dass alles erledigt war, und steckte den Colt zurück in den Schultergürtel, um sich nun der Situation anzunehmen, die sein Chef durch bloßes Rumstehen auf der Straße angerichtet hatte: Hätte der Rentner nicht sofort bei der Polizei angerufen, dann würden jetzt auch nicht an beiden Straßenenden Streifenwagen quer stehen, hinter denen sich Polizeibeamte mit Pistolen verschanzt hatten. Nur weil Mike gesagt hatte, dass sein Assistent bewaffnet sei und gleich kommen würde. Wie früher auf dem Kinderspielplatz: Nachher kommt mein großer Bruder und der verkloppt euch dann. Niemand hatte gesehen, wie Heino seinen Colt einsteckte, und Zeitungsmensch hatte auch überlebt, also war doch alles völlig entspannt, mit Ausnahme der aufgebrachten Menschenmenge. Mike wurde doch sonst auch nicht für voll genommen, aber wenn er sagte, sein Assistent habe eine Knarre, dann glaubten ihm plötzlich alle. Das musste sofort relativiert werden.
Heino stellte sich also hinter den Rollstuhl und schob los.
»Wie war es da drinnen noch?«, fragte ihn sein Chef.
Heino antwortete bedeutungsschwanger: »Es gibt Sätze, die sollte man nicht beginnen, denn egal wie man sie zu Ende bringt, es wird nichts mehr.«
Anstelle einer Verabschiedung gab Chef dem Rentner noch einen nützlichen Tipp: »Sie sollten nicht alles glauben, was Ihnen so erzählt wird.«
Der wirkliche Nutzen dieses Tipps war kaum hoch genug zu bewerten, jeder wusste das, aber wer hielt sich schon daran? Viel zu gerne schaut man Werbung oder liest populistische, aber dafür sinnfreie Polit-Meldungen in den unsozialen Medien.
Der Menschenauflauf, mit viel zu viel Geländewagen in der engen Innenstadt gespickt, löste sich schnell wieder auf. Freie Fahrt für freie Bürger, dachte Mike sich, als Heino ihn gekonnt zwischen Passanten, Salatgurken, Fahrradfahrern, stehenden Cabrios und anderen Mülltonnen hindurch in eine Kneipe schob, die sie durch den Hintereingang gleich wieder verlassen konnten, um dem zu entgehen, was normalerweise jetzt passieren würde.
Also: Sie hätten einfach abhauen können, aber wie so oft kam es anders.
3.
In der Kneipe saß Stanley, ein stadtbekannter Spastiker, dunkelhäutig seit Geburt, beliebt, gut gelaunt und den einflussreichen Getränken dieser Welt gegenüber sehr aufgeschlossen. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass er an einem eigentlich normalen Tag, wie ein Wochentag nur normal sein kann, um elf Uhr vormittags sein drittes Bier einfließen ließ.
Unter Rollstuhlfahrern kannte man sich – auch wenn Stanley zu denen gehörte, die laufen konnten, wenn sie sich auf- oder abstützten. Er schob seinen Rollstuhl daher meistens vor sich her, like a Rollator. Auf der Sitzfläche des Rollstuhls stand dann meistens ein Kasten Bier oder saß diese eine schöne Frau, meistens mit langen Beinen, also immer mit langen Beinen, aber meistens mit Absatzschuhen, weil das Stanley besonders gefiel und er einfach und erotisch betrachtet darauf stand – und kurz danach dann auch sein drittes Bein, wenn er sich vorstellte, wie es weiterging, wenn sie dann zu Hause waren.
Dazu kommen wir später. Jetzt war ja gerade ein wenig Eile geboten, sollte man meinen. Die namenlose Schöne mit den langen, schlanken Beinen, nicht ganz bis zum Hals, saß neben Stanley und schlürfte an einem Prosecco.
»Hallo ihr beiden, schon lang nicht mehr gesehen. Setzt euch. Wie geht es, wenn du nicht gehst und schon sitzt.« Stanley mochte diese Wortspiele und gehörte zu den Leuten, die sich regelmäßig weggrinsten, wenn sich zwei Blinde mit auf Wiedersehen verabschiedeten. Kaum die Worte vernommen, saß Heino schon am Tisch, den Rollstuhl so platziert, dass er der Langbeinigen gut ins üppig gefüllte Dekolleté schauen konnte – ob dieser Er nun Heino oder Mike war, ließ sich eigentlich gar nicht so richtig auseinanderhalten. Sie hatten beide dieselbe Not, nämlich keine Partnerin.
Heino nahm die Augenklappe ab und setzte dafür die schwarze Sonnenbrille auf, damit keiner sehen konnte, wo sich seine Augäpfel hin verdrehten, wegen des guten Ausblicks. Die gelbe Armbinde mit den drei Punkten verlieh ihm unerwartete Seriosität.
Stanley freute sich immer, wenn er die Kumpels aus dem Musikbusiness traf, weil er selbst komplett unmusikalisch war. Daraus entwickelte sich allerdings eine Vorliebe für deutschen Schlager und weichgespülte deutschsprachige Rockmusik sowie die Begründung, er könne kein Englisch, würde aber gerne wissen, was die Leute da so von sich gaben. Das ist zwar irgendwie nachvollziehbar, aber natürlich etwas simpel, aber auch brachial offen und ehrlich. Und wer sich nun ertappt fühlte oder wem bewusst wurde, wie wenig er von seiner Lieblingsmusik letztendlich verstand, der bequatschte sich selber mit Geschmacksfragen oder instrumentaler Qualität und rechtfertigte sich mit intellektuell angehauchter Schönfärberei. Bloß nicht Mainstream. Und jeder war von der wenig angesagten Ehrlichkeit eines Nur-Muttersprachlers überrumpelt, verständnisvoll mitleidig ob der fehlenden Sprachkenntnisse, nicht realisierend, dass das eigene Campingplatz-Englisch auch nicht reichte, um irgendwas zu verstehen, von dem, was da einfach so im Radio lief, vergessend, wie oft man nachgeschaut hat, im Internet oder auf Plattenhüllen, was die da eigentlich sangen, erinnernd, dass man früher dann zumindest mal das Wörterbuch zur Hilfe geholt hat, leugnend, dass man das heute nicht mehr mache und genauso viel verstehe wie Stanley. Aber der war ja Spastiker, das ist doch eine reine Körperbehinderung: Warum kann er dann kein Englisch?
»Wie war denn euer letzter Auftritt?«, kam dann auch sofort die Frage.
»Die Simulanten haben die Gage versoffen.«
Simulanten war der Name der Band – Mike Al Becker und die Simulanten, um genau zu sein. Mike Al Becker saß im Rollstuhl und die anderen waren die Simulanten. Das hat was, dachte Mike damals, war lustig, mehrdeutig und nicht wirklich aussagekräftig, aber interessant und immer eine gute Ausgangsbasis für Gespräche.
»Aber sonst war es gar nicht mal so gut.« Den Spruch brachte Mike dann auch immer gerne, weil er sich der Lacher am Tisch sicher sein konnte, und schob hinterher: »Wir haben richtig abgerockt. Lauter Sozialpädagogikstudentinnen auf dem Hochschulfest. Zum Schluss haben sie mir noch ihr Strickzeug auf die Bühne geschmissen.«
Auch das war nur ein Spruch aus den 70ern oder 80ern, das wusste jeder, aber wer warf heutzutage schon sein Handy auf die Bühne? Also der Wahrheitsgehalt und die Aussagekraft der letzten Sätze von Mike reduzierten sich auf Hochschulfest. Deshalb nannte man das auch Small Talk: viele Worte, wenig Inhalt, noch weniger Tatsachen.
»Nee, jetzt mal ehrlich …« – Auch kein guter Beginn für einen Satz, mit dem man gerne das Gegenteil von dem einleiten wollte, was man gerade angekündigt hatte, nämlich Ehrlichkeit. – »Es war schon zu Anfang etwas betroffen.«
»Besoffen?«, fragte Stanley bewusst falsch verstehend dazwischen. »Bier macht sexy!« – Das sagte Stanley immer, wenn es ums Trinken ging.
»Nein, betroffen. Die Stimmung. Wenn die mich auf der Bühne sehen, glauben sie nicht, dass bei uns der Punk abgeht, also der Rock ’n’ Roll, die Show, das müssen wir immer erst beweisen. Nach drei Nummern haben wir sie in der Tasche. Wir sind voll durchgestartet, und noch eine Zugabe, und noch eine Zugabe, aber die Gage bleibt gleich, egal wie viel Zugaben du spielst, nur der Durst wird größer. Ich kam mir vor wie in Blues Brothers, die mussten in dem Country-Bunker auch ihre Getränke selbst bezahlen.«
»Apropos Blues Brothers«, fragte Stanley dazwischen, »was macht eigentlich euer Musical-Projekt?«
Mike holte tief Luft, um einen seiner berüchtigten Monologe zu halten. Er war ein berühmter Redner und Schöngeist, behaupteten alle, die ihn kannten, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass er sich auch gerne kurzfassen durfte. »Ja, das Wichtigste an dem Projekt ist, dass wir eine gute Sängerin finden. Und dafür haben wir eine Anzeige in der Zeitung geschaltet und eben gerade die Zuschriften abgeholt.«
Heino legte mit großer Geste die Umschläge auf den Tisch.
»Der Typ bei der Zeitung war etwas vakuuminös unter seinem Schädelknochen und wollte nicht mit mir reden. Und weil ich keine Salatgurken mag, bin ich wieder raus und Heino noch mal rein.«
Heino übernahm den Staffelstab wie Heide Rosendahl in ihren besten Zeiten – oder Usain Bolt, für die jüngeren Leser: »Und dann habe ich ihm erklärt, warum ich ihn jetzt mit meinem Colt über den Haufen schieße, aber zu guter Letzt habe ich das dann doch nicht übers Herz gebracht, sondern ihm erklärt, wie er an unserem gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Und dann hat er mir die Umschläge gegeben. Und wie ich aus der Zeitung raus bin, hat Mike, ich weiß nicht wie, dermaßen Chaos auf der Straße verursacht, dass wir kurz hier reingeflüchtet sind.«
Der Wirt brachte drei Bier und ein Glas Prosecco.
Die Schöne wechselte für Stanley den Trinkhalm vom leeren Glas ins volle: »Damit du sexy bleibst.«
Alle prosteten sich zu und der Vormittag begann einen fröhlichen Verlauf zu nehmen.
»Das Chaos ist ja wohl in erster Linie dadurch entstanden, dass du mich mitten auf der Straße stehengelassen hast«, meinte Mike vorwurfsvoll.
Besagtes Chaos auf der Straße drängte langsam in Form von zwei Uniformierten in die Kneipe: »Haben Sie gerade den Verkehr blockiert?«, blökte es vom Eingang durch den Raum, ohne eine bestimmte Person direkt anzusprechen beziehungsweise anzuschreien.
Die Schöne reagierte am schnellsten und rief zurück: »Ich habe noch nie irgendeinen Verkehr blockiert.«
Stanley grinste und der Uniformierte berichtigte: »Sie habe ich auch nicht gemeint.«
»Schade«, kam es von der Schönen, die nun aufstand und sich, erotische Reize aussendend, durch die Männerwelt schob, bis sie vor dem eben noch lauten Uniformierten stand, genauso breitbeinig und die Hände in die Hüften gestemmt wie dieser. »Dürfte ich mal vorbei?«, fragte sie.
»Warum?«, fragte er.
»Warum wollen Sie das wissen?«, fragte sie.
»Weil wir jetzt die Personalien aller Anwesenden kontrollieren werden.«
»Und dazu müssen Sie wissen, wo ich hingehe?«
»Genau. Also nein.«
»Sie haben mich doch vorhin schon gar nicht gemeint – haben Sie zumindest gesagt.«
Verärgert über seine eigene Unterlegenheit wiederholte er seine Frage: »Warum wollen Sie gehen?«