Notärztin Andrea Bergen 1340 - Isabelle Winter - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1340 E-Book

Isabelle Winter

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Beschreibung

Schmunzelnd schaut die hübsche Luise dem Alpaka-Kalb zu, wie es sich mit glänzenden braunen Augen über das Futter hermacht. Aber lange kann sie sich nicht bei ihrem Liebling aufhalten, denn all die anderen Tiere des Gnadenhofes warten auch schon hungrig auf sie.

Als Luise nach den schweren Futtereimern greifen will, jagt wieder dieser schreckliche Schmerz durch ihr Bein, der ihr seit Wochen zusetzt, und sie taumelt. Nein, Nachwirkungen ihres Beinbruchs können das nicht mehr sein, das ahnt Luise - und doch scheut sie davor zurück, endlich einen Arzt aufzusuchen und der Sache auf den Grund zu gehen. Sie kann - sie darf nicht krank sein! Ihre Mutter, die an rheumatoider Arthritis leidet, und all ihre vierbeinigen Schützlinge auf dem Gnadenhof brauchen sie doch!

Erst als ihr Freund Fabian sie einige Tage später wie leblos im Stall findet, wird Luises Zustand offenbar. Aber da scheint es schon zu spät für sie zu sein, denn Dr. Andrea Bergen und ihre Kollegen im Elisabeth-Krankenhaus stellen eine erschütternde Diagnose ...

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Seitenzahl: 123

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Inhalt

Cover

Impressum

Es war nicht nur ein Beinbruch

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Monkey Business Images / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5634-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Meine Kollegen vom Elisabeth-Krankenhaus und ich tun alles, was uns möglich ist, um die junge Luise Kleinschmidt zu retten. Doch ihr Zustand ist wirklich lebensbedrohlich! Viel zu spät haben wir den Tumor in ihrem Bein entdeckt, der nun auch noch metastasiert hat. Vielleicht hat Luise auch zu lange gezögert, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und die rätselhaften Schmerzen in ihrem Bein abzuklären. Aber sie meinte, auf dem Gnadenhof, den sie mit ihrer Mutter führt, unabkömmlich zu sein …

Gerade habe ich mir noch einmal die Röntgenbilder angesehen, die vor über einem halben Jahr nach Luises Beinbruch angefertigt wurden – und was ich da entdeckt habe, ist unfassbar … und unglaublich tragisch! Klar und deutlich ist auf den Aufnahmen neben dem glatten Bruch auch das Tumorgewebe zu sehen! Wie konnte das der behandelnden Kollegin nur entgehen?

»Wie geht es dir heute, Mama?«, fragte Luise, sobald sie von der Arbeit nach Hause kam.

Schon während sie die Worte aussprach, erkannte sie, dass sie sich die Frage hätte sparen können: Ihrer Mutter war deutlich anzusehen, dass es ihr nicht gerade gut ging. Helga Kleinschmidt saß, in eine Decke gehüllt, auf dem Sofa. Sie bemühte sich um ein Lächeln, doch ihre Blässe und ihr Blick verrieten, dass die Schmerzen heute wieder besonders stark waren. Sie wirkte matt und erschöpft.

Luise fiel auf, dass die Hände ihrer Mutter unter der karierten Wolldecke versteckt waren. Das hätte man für einen Zufall halten können, doch Luise wusste, dass mehr dahintersteckte, und es versetzte ihr einen schmerzhaften Stich.

Helga schämte sich für ihre Finger, die von der Krankheit gezeichnet waren. Sogar wenn niemand außer ihrer Tochter sie sah, versuchte sie, die starken Schwellungen zu verbergen; das war ihr längst in Fleisch und Blut übergegangen.

»Ach, es geht schon«, seufzte Helga. »Ich will nicht klagen, es könnte schlimmer sein. Ich wollte mich nur kurz ausruhen, bevor ich den Stall ausmiste.«

»Nichts da«, sagte Luise energisch, »das kommt gar nicht infrage. Ich übernehme das natürlich.«

Kummervoll legte Helga die Stirn in Falten. »Aber Liebling, du hast einen langen Arbeitstag hinter dir. Du musst dich auch mal ein bisschen erholen.«

»Mir macht das ja Spaß!«, verkündete Luise fröhlich und tauschte Pumps und Hosenanzug gegen Gummistiefel und Jeans.

Natürlich hätte sie sich nach dem harten Tag gerne eine Verschnaufpause gegönnt, die schmerzenden Füße hochgelegt und ein wenig gelesen oder ferngesehen, doch die Pflicht ging vor. Ihre Mutter zu unterstützen war im Moment das Wichtigste. Sie konnte nicht zulassen, dass sich Helga mit ihren Schmerzen im Stall abmühte.

Während die junge Frau hinausging und sich eine Mistgabel schnappte, seufzte sie bekümmert. Seit Jahren litt ihre Mutter an rheumatoider Arthritis, die ihr das Leben schwermachte. Die chronische Gelenkentzündung hatte erst ihre Hände befallen, dann auch die Füße und die Knie. Mittlerweile fielen ihr körperliche Arbeiten sehr schwer. Die quälenden Schmerzen schränkten sie immer mehr in ihrem Alltag ein.

Der kleine Gnadenhof, auf dem Helga alte oder kranke Tiere aufnahm und pflegte, war ihr Herzensprojekt. Den Stall hatte sie eigenhändig errichtet, als es ihr gesundheitlich noch gut gegangen war, ebenso wie den stabilen Zaun, der die Wiesen umspannte. Hier verbrachten Esel und Alpakas, Ziegen, Katzen und ein paar altersschwache Hühner ihren Lebensabend, liebevoll umsorgt von Helga Kleinschmidt.

Doch die anstrengenden Tätigkeiten waren für Helga kaum mehr zu bewältigen. An manchen Tagen schaffte sie es kaum, eine Konservendose zu öffnen oder aus dem Bett aufzustehen – wie sollte sie dann Mist schaufeln und schwere Futtersäcke tragen?

Luise half ihr, wo sie nur konnte. Sobald sie abends nach Hause kam, umsorgte sie ihre Mutter, half ihr im Alltag und übernahm den Großteil der Arbeit auf dem Gnadenhof. Freizeit hatte sie deswegen kaum, aber sie tat es gern.

»Na, ihr Lieben? Habt ihr Hunger?«, rief sie, als sie den Offenstall betrat.

Die wolligen Alpakas und die beiden altersschwachen Esel blickten ihr entgegen. Eine Ziege kam herbeigelaufen und zupfte neugierig an ihrer Hose, um herauszufinden, ob sie etwas Essbares in den Taschen trug. Nebenan gackerten aufgeregt die Hühner, die schon seit Jahren keine Eier mehr legten.

Sie kraulte die Tiere und verteilte ein paar Möhren und schrumpelige Äpfel als Leckerchen, bevor sie das eigentliche Tierfutter in die Tröge füllte. Während alle zufrieden fraßen, machte sich Luise ans Ausmisten. Schwungvoll beseitigte sie schmutziges Stroh und Sägespäne, dann verteilte sie sorgfältig eine frische, trockene Schicht davon auf dem Boden.

Die Arbeit war körperlich anstrengend, aber eintönig genug, um dabei die Gedanken schweifen zu lassen. Traurig grübelte Luise über ihre Mutter nach. Sie wünschte, sie könnte mehr tun, um ihr zu helfen. Doch das Rheuma ließ sich nur lindern, nicht jedoch heilen.

Immer noch war Helga eine attraktive Frau. In die honigblonden Haare, die Luise von ihr geerbt hatte, mischten sich mittlerweile graue Strähnen, die ihr aber schmeichelten. Sie hatte kluge, wache Augen und eine elegante Ausstrahlung, auch wenn ihre Bewegungen wegen der Krankheit nicht mehr so anmutig und geschmeidig wie früher waren. Sie kleidete sich sorgfältig und versuchte, die Anzeichen des Rheumas zu kaschieren.

Und doch ließ sich nicht leugnen, dass sie krank war. Selbst wenn sie ihre Hände versteckte, sich nicht bewegte und einen guten Tag hatte, an dem die Schmerzen sie nicht so sehr plagten, merkte man ihr an, dass sie nicht gesund war. Ihr stand ins Gesicht geschrieben, dass sie litt.

Es schnitt Luise tief ins Herz, ihre Mutter so zu sehen, und ihr nicht helfen zu können. Die Medikamente und die Physiotherapie konnten die Beschwerden lindern, aber Helga würde nie wieder ganz gesund sein. Alles, was Luise tun konnte, war, ihr den Alltag zu erleichtern und dafür zu sorgen, dass auf Helgas geliebtem Gnadenhof alles reibungslos ablief.

Auf einem Holzschränkchen hatte sich eine getigerte Katze zusammengerollt und geschlafen. Als sich Luise ihr näherte, öffnete die Katze die Augen, gähnte herzhaft und schnurrte lautstark, als die junge Frau sie zwischen den Ohren kraulte.

»Bist du müde, Tiger?«, fragte Luise lächelnd. Das Gähnen des Tieres war ansteckend, auch sie konnte es sich nun nicht verkneifen. »Ich auch. Ich wünschte, ich könnte ein Nickerchen halten, so wie du.«

Es war bereits spät, ihre Füße schmerzten, und vor Erschöpfung fielen ihr beinahe die Augen zu. Die Vorstellung, es sich einfach mit einer Tasse Tee und einer Tafel Schokolade auf dem Sofa gemütlich zu machen, den Fernseher einzuschalten und eine Folge ihrer Lieblingsserie zu schauen, bis sie schließlich einschlief, war verlockend.

Doch daran war nicht zu denken. Zuerst musste sie dafür sorgen, dass alle Tiere satt und zufrieden waren; dann wartete der Haushalt auf sie. Helga gab ihr Bestes, aber je mehr das Rheuma sie im Alltag einschränkte, desto mehr Pflichten blieben an Luise hängen.

»Ich schaffe das«, murmelte sie vor sich hin. »Man muss sich nur zusammenreißen, dann kann man alles. Und wer sollte das alles denn sonst erledigen, wenn ich es nicht mache?«

Die Holzleiter, die zum Heuboden emporführte, knarrte bedrohlich, als Luise hochkletterte. Sie biss die Zähne zusammen: Das Holz wurde allmählich morsch, sie sollte die Leiter dringend austauschen. Das hatte sie schon vor ein paar Wochen festgestellt, aber sie war einfach noch nicht dazu gekommen. Die Tage haben viel zu wenig Stunden, dachte sie niedergeschlagen.

Sie war fast oben angekommen, als eine Sprosse unter ihrem Fuß nachgab. Mit einem lauten Knacken brach das Holz. Ihr erschrockener Schrei blieb Luise im Hals stecken. Sie schnappte nach Luft und riss die Augen auf. Ihre Hände krallten sich fester um das Holz, doch sie hatte keine Chance.

Der Aufprall trieb ihr die Luft aus der Lunge. Ein greller Schmerz schoss durch ihr Bein. Sie spürte nicht nur, wie ihr Knochen brach – sie hörte es auch, und dieses Geräusch prägte sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis ein. Ihr Kopf schlug mit solch erbarmungsloser Wucht auf die Holzdielen, dass sie Sterne sah.

Doch den Schmerz nahm Luise nur für den Bruchteil einer Sekunde wahr, dann wurde alles dunkel um sie.

Sie wollte um Hilfe rufen, doch kein Ton kam ihr über die Lippen. Sie kämpfte verzweifelt dagegen an, doch sie verlor das Bewusstsein.

***

Das Haus, zu dem Dr. Andrea Bergen mit ihrem Team gerufen wurde, lag am Rand der Stadt im Grünen.

Die Sonne war längst untergegangen, der Nieselregen trübte die Sicht. Angestrengt blickte die Notärztin nach draußen, während die Scheibenwischer unermüdlich gegen die Tropfen auf der Windschutzscheibe ankämpften. Sie hatte Angst, bei diesem scheußlichen Wetter könnten sie das Haus einfach übersehen und daran vorbeifahren. Das wäre unter Umständen tragisch, denn bei Notfällen zählte oft jede Minute.

Andrea wusste, dass die Patientin eine junge Frau war, die nach einem Sturz aus relativ großer Höhe bewusstlos am Boden lag. Wie schlimm die Lage war, konnte die Notärztin jetzt noch nicht beurteilen. Schwere Wirbelsäulen- oder Kopfverletzungen waren möglich, doch mit etwas Glück war der Unfall glimpflich ausgegangen.

»Wir müssten gleich da sein, nur noch ein kleines Stück«, sagte Jupp Diederichs, der Rettungssanitäter, der den Notarztwagen steuerte. Auch er blickte angestrengt hinaus auf die Straße.

»Hoffentlich ist es nicht allzu böse«, murmelte Ewald Miehlke, der Rettungsassistent, und sprach damit die Gedanken der Notärztin aus. Sein Blick verriet, dass er aufs Schlimmste eingestellt war: dass die Patientin mit verdrehten Gliedern, zerschmetterter Wirbelsäule und Schädelbruch auf dem Boden lag und nicht mehr gerettet werden konnte.

Auch Andrea Bergen befürchtete so etwas, doch sie atmete tief durch und vertrieb diese Bilder aus ihrem Kopf. Stattdessen versuchte sie, optimistisch zu sein, und klammerte sich an die Hoffnung, die Patientin wäre nicht allzu schwer verletzt.

»Da ist es!«, sagte Jupp ernst, als sich das Gebäude aus dem Regen schälte.

Es handelte sich um ein altes Bauernhaus mit ein paar kleinen Nebengebäuden, die Andrea als Ställe und Scheunen identifizierte. Im Erdgeschoss des Wohnhauses brannte Licht hinter den Fensterscheiben, doch der Unfall hatte sich nicht dort ereignet, soweit die Notärztin wusste, sondern in der Scheune mit dem Heuboden unter dem Dach.

Sobald der Rettungswagen anhielt, sprang Andrea hinaus. Der Regen prasselte ihr auf den Kopf und lief über ihr Gesicht, aber das nahm sie kaum wahr. Rasch drehte sie sich im Kreis, um sich einen Überblick zu verschaffen und sich zu orientieren. Es war nicht schwer, die Scheune zu finden: ein kleines, etwas windschiefes Gebäude mit Ritzen zwischen den Holzlatten, durch die ein schwacher Lichtschein fiel. Ohne zu zögern, rannte die Notärztin darauf zu, dicht gefolgt von Jupp und Ewald.

»Bitte machen Sie etwas«, schluchzte eine Frau, die neben der Patientin am Boden kniete.

Andrea nahm an, dass es die Mutter war, die den Notruf gewählt hatte. Ihr Gesicht war kreidebleich, die Augen weit aufgerissen, und sie zitterte am ganzen Leib. Sie machte den Eindruck, als könnte sie jeden Moment zusammenbrechen, doch um sie konnte Andrea sich jetzt nicht kümmern. Die Notärztin musste sich auf die verletzte Frau kümmern.

Die Patientin lag neben einer wackeligen Leiter am Boden. Jetzt gerade schien sie das Bewusstsein zurückzuerlangen. Sie griff nach den Händen ihrer Mutter, sah sich verwirrt um und versuchte, sich langsam und schwerfällig aufzusetzen. Gleich darauf sank sie jedoch mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück.

Sofort war Andrea an ihrer Seite. »Bleiben Sie bitte liegen. Alles ist in Ordnung, wir kümmern uns um Sie«, sagte sie beruhigend.

»Ich … ich bin gefallen«, stammelte die junge Frau schwach. Der Blick ihrer bernsteinfarbenen Augen zuckte hin und her, sie machte einen desorientierten Eindruck.

»Ich weiß. Ihre Mutter hat uns verständigt«, antwortete Andrea. Während sie die Patientin untersuchte, hörte sie nicht auf, sich mit ihr zu unterhalten. »Können Sie mir sagen, wie Sie heißen?«

Die junge Frau blutete aus einer Wunde am Hinterkopf. Andrea befürchtete, dass sie beim Sturz ein Schädel-Hirn-Trauma davongetragen hatte. Dass sie bewusstlos gewesen war, wies darauf hin. Doch dass sie die Frage problemlos beantworten konnte, war zumindest ein gutes Zeichen.

»Luise«, sagte sie leise, »Luise Kleinschmidt.«

»Wie fühlen Sie sich, Frau Kleinschmidt?«, fragte Andrea weiter. »Können Sie mir beschreiben, was Ihnen wehtut?«

Während Luise ihre Fragen beantwortete, testete Andrea mit einem Lichtreiz ihre Pupillenreaktion. Sie reinigte die Wunde und stoppte die Blutung mit einer sterilen Kompresse. Die Platzwunde zu nähen oder zu klammern schien in diesem Fall nicht notwendig zu sein.

Dann erst widmete sie sich einer zweiten Verletzung, die Luise zu schaffen machte.

»Mein Bein tut so weh«, keuchte die Patientin.

Andrea nickte mitfühlend. Das konnte sie sich gut vorstellen, denn schon auf den ersten Blick stellte sie fest, dass das Bein gebrochen war. Trotz der Schmerzmittel, die Andrea ihr verabreichte, wimmerte Luise, als das Bein stabilisiert wurde.

»Sie hatten Glück im Unglück«, meinte Andrea lächelnd. Sie warf einen Blick zum Heuboden hinauf. »Aus dieser Höhe hätte der Sturz durchaus schlimmer ausgehen können. Ihr Kopf hat mir im ersten Moment Sorgen bereitet, aber so wie es aussieht, haben Sie nur ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades: eine Gehirnerschütterung. Zur Sicherheit wird im Krankenhaus ein CT durchgeführt.«

»Und mein Bein?«, fragte Luise bang.

»Sie haben eine Unterschenkelschaftfraktur«, erklärte Andrea. »Ich lehne mich damit jetzt vielleicht weit aus dem Fenster, doch ich denke, es ist eine einfache Fraktur, nicht etwa ein Trümmerbruch. Genauer kann das aber erst nach dem Röntgen festgestellt werden.«

»Hoffentlich bin ich bald wieder auf den Beinen«, murmelte Luise. »Ich kann es mir nicht erlauben, für längere Zeit auszufallen.«

Andrea seufzte. »Ich fürchte, um einen Gips werden Sie nicht herumkommen, das Bein muss einige Wochen lang geschont werden. Gebrochene Knochen heilen schließlich nicht von heute auf morgen.«

»Aber meine Arbeit! Am Beratungsschalter muss ich stehen. Und wer soll sich um die Tiere hier auf dem Gnadenhof kümmern, wenn ich eingeschränkt bin?«, protestierte Luise kläglich.

Ihre Mutter hatte sich bisher still im Hintergrund gehalten, jetzt schaltete sie sich aber ein. Die elegante Frau im cremefarbenen Rollkragenpullover und mit der blond-grau melierten Bobfrisur räusperte sich. Ihre Stimme zitterte; man hörte ihr deutlich an, wie erschüttert sie war. Doch ihr Tonfall war dennoch energisch.

»Liebling, deine Gesundheit hat jetzt oberste Priorität«, sagte sie und sah ihre Tochter mit zärtlichem Blick an. »Du musst dich so lange schonen, bis die Ärzte dir grünes Licht geben, Luise. Was könnte wichtiger sein als dein Wohlergehen?«

Lächelnd stimmte Andrea zu. »Hören Sie auf Ihre Mutter. Manchmal muss man sich eben schonen, daran führt kein Weg vorbei. Und nun fahren wir ins Elisabeth-Krankenhaus, damit das Röntgen und das CT durchgeführt werden können.«

Vorsichtig, um das Bein nicht unnötig zu bewegen, beförderte das Rettungsteam die Patientin auf eine Trage und in den Rettungswagen.