Notärztin Andrea Bergen 1390 - Isabelle Winter - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1390 E-Book

Isabelle Winter

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Beschreibung

Hilfe für Dr. Bergen

Stöhnend lässt sich die hübsche Mariella auf dem Balkon zu Boden sinken, hält sich den Kopf mit beiden Händen und schluchzt: "Es tut so weh, Raphi, bitte hilf mir!" Entsetzt muss Raphael mitansehen, wie sich seine Schwester wimmernd zusammenkrümmt. Er stürzt ins Bad und sucht hektisch nach Medikamenten. Doch als Raphael zurück auf den Balkon hastet, wird ihm klar, dass Tabletten Mariella nicht mehr helfen können - denn sie hat das Bewusstsein verloren! Die Angst schnürt ihm die Kehle zu, als er panisch den Notruf wählt ...
In seiner Aufregung bemerkt er nicht, dass sich Tim und Annika, Mariellas Kinder, weinend und ängstlich hinter dem Vorhang aneinanderklammern, denn ihre Mama ist doch das Einzige, was sie noch haben auf der Welt! Aber als Mariella ins Elisabeth-Krankenhaus eingeliefert wird, wo die Ärzte fieberhaft versuchen, ihr Leben zu retten, wachsen die zwei kleinen Rabauken mit dem großen Herzen weit über sich hinaus ...

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Seitenzahl: 128

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Inhalt

Cover

Impressum

Hilfe für Dr. Bergen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: skynesher / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8832-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Hilfe für Dr. Bergen

Noteinsatz auf dem Dach des Rheinhochhauses! Ein gewalttätiger Mann droht, eine junge Frau in die Tiefe zu stoßen! Als meine Sanitäter und ich, von den beiden unbemerkt, die Freifläche hoch oben über der Stadt erreichen, gefriert mir das Blut in den Adern. Die Frau ist niemand anders als meine Freundin Nadja, die von ihrem Ex-Verlobten Tobias bedroht wird. Seit der Trennung verfolgt, quält und schikaniert er sie – doch nun scheint er den Verstand vollends verloren zu haben! Hilflos muss ich mitansehen, wie Tobias Nadja immer weiter in Richtung Abgrund drängt! Nur noch wenige Schritte, dann wird sie ins Bodenlose fallen!

Da! Plötzlich nehme ich hinter mir eine Bewegung wahr und erkenne zu meinem Entsetzen zwei kleine, blasse Gestalten: Tim und Annika, die Kinder einer meiner Patientinnen aus dem Elisabeth-Krankenhaus, die mir immer „helfen“ wollen! Sie müssen verbotenerweise im Rettungswagen mitgefahren sein, für den sie sich brennend interessieren. Nicht auszudenken, was geschieht, wenn Tobias die beiden entdeckt! Dann sind bestimmt auch sie verloren …

Mit großen, schwungvollen Schritten eilte Raphael Haiden die Treppenstufen zur Wohnung seiner Schwester empor. Wieder einmal hatte er sich verspätet, obwohl diese gemeinsamen Abendessen, zu denen Mariella ihn einlud, doch ganz regelmäßig stets am ersten Sonntag des Monats stattfanden und somit einen festen Platz in seinem Alltag hatten.

Eigentlich hatte er sich nachmittags schon darauf gefreut, Mariella und ihre beiden Kinder wiederzusehen, doch dann war etwas geschehen, was ihm leider allzu oft passierte: Hundert andere Dinge hatte er im Kopf gehabt, war in der Stadt einer alten Flamme über den Weg gelaufen und hatte sich verquatscht, hatte im Internet einen interessanten Artikel über Geldanlagemöglichkeiten in China gelesen und schlussendlich war ihm noch siedend heiß eingefallen, dass er morgen eine Hausarbeit an der Uni einreichen musste, deren letzte Seiten er jetzt hektisch getippt hatte.

Kaum hatte er sich nach all diesen Dingen entspannt zurückgelehnt war sein Blick auf die Uhr gefallen. Mit einem erschrockenen Japsen sprang er auf und machte sich schleunigst auf den Weg zu Mariella.

Gewiss würde sie wieder diesen Blick aufsetzen, den er so gut von ihr kannte: eine Mischung aus sanftem Tadel und Sorge, also die Art von Blick, die man eher von Eltern als von einer Schwester erwarten würde und die Mariella aus traurigen Gründen perfektioniert hatte. Seit ihre gemeinsamen Eltern viel zu früh von ihnen gegangen waren, fühlte sie sich für ihn verantwortlich, ganz gleich, wie oft er sie daran erinnerte, dass er ein erwachsener Mann war und bestens im Leben zurechtkam.

Damals, als sich der schlimme Unfall zugetragen und ihr Leben erschüttert hatte, war Raphael gerade achtzehn Jahre alt gewesen, Mariella immerhin einundzwanzig. Dieser kleine Altersunterschied führte nun dazu, dass sie sich für ihn und sein Wohlergehen verantwortlich fühlte.

„Aber das ist nicht der einzige Grund für ihre ständigen Sorgen, es geht nicht nur um diese drei Jahre“, wisperte ein Stimmchen in seinem Hinterkopf. „Du lieferst ihr auch jede Menge Gründe, sich über dich den Kopf zu zerbrechen und sich zu grämen.“

Doch hastig verdrängte er den lästigen Gedanken und verdrehte die Augen über sich selbst. Es mochte ja sein, dass er nicht immer die klügsten Entscheidungen traf, aber das war doch nicht Mariellas Problem! Solange er mit seiner Lebensweise glücklich und zufrieden war, hatte sich da niemand einzumischen, nicht einmal seine eigene Schwester.

„Onkel Raphi!“, erklang es glockenhell aus zwei Kehlen, als er die Wohnung betrat.

Tim und Annika, Mariellas Kinder, liefen ihm entgegen und warfen sich freudig quietschend in seine ausgebreiteten Arme. Er wirbelte sie herum, zerzauste ihre dunkelblonden Haare und ergab sich lachend dem Ansturm.

„Endlich bist du wieder da!“, jubilierte Tim.

„Wir haben Nudelauflauf gemacht, weil du den so gerne magst“, sang Annika und umklammerte seinen Hals, als wollte sie ihn erwürgen.

Schmunzelnd war Mariella in den Flur getreten und strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem erhitzten Gesicht. „Ich würde sagen, du bist wohl der Lieblingsonkel der beiden“, stellte sie fest.

„Er ist ja auch unser einziger Onkel!“ Die Kinder kicherten vergnügt.

„Und hoffentlich bin ich dein Lieblingsbruder“, sagte er lächelnd, als er Mariella umarmte und ihr ein Küsschen auf die Wange gab.

Sie zog eine Augenbrauen hoch und seufzte: „Ausnahmsweise, obwohl du zu spät dran bist.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Aber ich kenne dich ja, also habe ich den Auflauf vorhin erst in den Ofen geschoben.“

Während Mariella einen Salat zubereitete und den Auflauf aus dem Ofen holte, bestanden die Kinder darauf, Raphael ihre neuesten Spielsachen zu zeigen. Gemeinsam saßen sie auf dem Kinderzimmerboden, und Raphael half ihnen, den höchsten Turm aus Legosteinen zu bauen, den sie je gesehen hatten.

„Sag einmal, hattest du wieder ein Rondo… Rondi…“ Annika streckte vor Konzentration die Zungenspitze heraus, als sie ein weiteres Steinchen auf die Turmspitze steckte.

Raphael konnte sich denken, was die Kleine meinte. „Rendezvous.“

Eifrig nickte Tim und antwortete für seine Schwester: „Ja, genau! Bist du deswegen zu spät gekommen?“

„Wie kommt ihr denn auf diese Idee?“, stritt er ab. „Nein, nein, ich musste noch etwas für die Uni erledigen!“

Aber es war kein Wunder, dass sein Neffe und seine Nichte auf diesen Gedanken kamen. Es war schon einige Male vorgekommen, dass er bei einem Date die Zeit übersehen und sie deswegen versetzt hatte – eine Tatsache, die ihm jetzt einen schmerzhaften Stich versetzte, als er in ihre vertrauensvollen Gesichter blickte. Sie hatten ihn so gern, fieberten jedem Familientreffen entgegen, und er ließ sie immer wieder hängen. Nächstes Mal wollte er pünktlich sein, das nahm er sich ganz fest vor – und war sich dabei bewusst, wie oft er diesen Vorsatz schon gefasst hatte.

„Das Essen ist fertig!“, ertönte Mariellas Stimme.

Sofort sprangen die Kinder auf, fassten Raphael je an einer Hand und halfen ihm hoch. Lachend lieferten sie sich einen Wettlauf in die Küche.

***

„Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe“, entschuldigte sich Raphael, als Mariella und er nach dem Essen mit zwei Gläsern Wein auf dem Balkon saßen.

„Schon okay“, seufzte sie. „Ich weiß ja, wie du bist und dass du es nicht böse meinst. Nur für die Kinder tut es mir immer leid. Die beiden konnten es kaum erwarten, dich endlich zu sehen. Du weißt, sie vergöttern dich. Was ist dir denn dazwischengekommen?“

Er wollte zurück in die Wohnung blicken, in der Tim und Annika mittlerweile tief und fest schliefen, nachdem er ihnen eine Gutenachtgeschichte vorgelesen hatte, sah jedoch nur sein eigenes und Mariellas Spiegelbild in der Balkontür. Wie gegensätzlich sie aussahen! Man hätte kaum geglaubt, dass sie miteinander verwandt waren.

Seine lackschwarzen Haare bildeten einen starken Kontrast zu den smaragdgrünen Augen, nach denen die Frauen ganz verrückt waren. Das unbeschwerte Lächeln, das meist auf seinen Lippen lag, verlieh ihm einen jungenhaften Charme. Die gut geschnittene Lederjacke über dem feinen Hemd hätte er sich eigentlich gar nicht leisten können, aber sie hatte ihm im Laden auf Anhieb gefallen und betonte seine breiten Schultern. Also hatte er kurzerhand seine letzten Ersparnisse zusammengekratzt und sie sich gegönnt. Im nächsten Monat würde es finanziell gewiss wieder besser aussehen, hatte er leichthin gedacht.

Mariella war eine hübsche Frau, hatte jedoch einen ernsten Zug um Mund und Augen, der sie ein paar Jahre älter wirken ließ, als sie war. Die Anstrengungen der vergangenen Jahre hatten feine Linien in ihre Stirn gegraben, die vorher nicht da gewesen waren, und ihr Lachen zurückhaltender und weniger unbeschwert gemacht.

Raphael war bewusst, dass sie es nicht immer leicht hatte, seit Jan, Annikas und Tims Vater, sie vor Jahren verlassen hatte. Als alleinerziehende Mutter kämpfte sie sich durchs Leben, verdiente in ihrem Halbtagsjob als Informatikerin zum Glück genug, um gut für sich und die Kinder sorgen zu können. War sie nicht im Büro, kümmerte sie sich liebevoll um Annika und Tim und nahm abends noch Aufträge als Software-Entwicklerin an, sodass sie oft bis spät nachts vor ihrem Computer saß und herumtüftelte.

Immer schon ist sie die Stärkere von uns beiden gewesen, dachte er resigniert. Ihrem Fleiß und ihrer Disziplin verdankte sie es, dass sie auch in schwierigeren Phasen den Kopf über Wasser hielt und auf Kurs blieb, während er sich einfach treiben ließ und den Weg des geringsten Widerstandes ging.

Er zuckte mit den Schultern und beantwortete ihre Frage. „Ach, ich habe Susi zufällig in der Stadt getroffen, und wir sind ins Gespräch gekommen. Erinnerst du dich an sie? Wir hatten vor ein paar Jahren mal eine … na ja, eine Geschichte.“

Stöhnend verdrehte Mariella die Augen. „Und ob ich mich erinnere, nur allzu gut! Das war doch dieses Möchtegern-Model, das von einer ganz großen Karriere geträumt und nur darauf gewartet hat, von einer Agentur entdeckt zu werden, während sie vom Geld ihrer reichen Eltern gelebt und sich die Nächte auf wilden Partys um die Ohren geschlagen hat. Ich weiß noch, dass du sie mal hierher mitgebracht hast und sie mich allen Ernstes gefragt hat, ob der Fisch, den ich gegrillt habe, vegan sei, weil sie sich ihrem Teint zuliebe roh-vegan ernähre.“

Raphael bog sich bei dieser Erinnerung vor Lachen. „Du hast ja recht. Falls wir uns in nächster Zeit wieder öfter treffen, werde ich besser darauf verzichten, sie noch mal hierherzuschleppen. Das kann ich dir nicht antun.“

Mariella blieb der Mund offen stehen. „Was? Denkst du etwa wirklich darüber nach, dich wieder mit ihr zu verabreden?“

Er zuckte mit den Schultern. „Sie hat sich mir förmlich an den Hals geworfen und gefragt, ob ich am Wochenende schon etwas vorhabe. Außerdem hat sie angedeutet, dass sie auf der Suche nach einem Tanzpartner für einen Salsa-Kurs ist. Warum also nicht? Besser, als zu Hause herumzusitzen, ist es allemal.“

Verständnislos schüttelte seine Schwester den Kopf. „Aber was ist mit deiner Freundin? Rosa wäre bestimmt nicht begeistert, wenn du dich plötzlich wieder mit einer Verflossenen triffst.“

Tief seufzte Raphael, leerte sein Weinglas in einem großen Zug und füllte es sofort erneut. Auch Mariella wollte er einschenken, doch ihr Glas war noch fast voll. Er starrte geradeaus in die Dunkelheit, über die Gärten der Nachbarn, die vom bleichen Mondlicht kaum erhellt wurden und in denen irgendwo eine Teichpumpe plätscherte. „Nun ja. Das mit Rosa …“

Mariella schüttelte langsam den Kopf. „Oh nein. Bitte sag nicht, das mit euch ist schon wieder Geschichte. Bei ihr hatte ich ausnahmsweise ein recht gutes Gefühl. Sie war doch wirklich nett, eine herzliche Person, noch dazu klug …“

„Und langweilig!“, fiel er ihr ins Wort, gröber, als er geplant hatte. „Sie wollte, dass ich sesshaft werde. Eine Familie gründe. Immer nur noch bei ihr zu Hause sitze, Filme auf der Couch schaue und zu Kochabenden mit ihren Freunden gehe, statt zu feiern. Wenn du wüsstest, wie oft sie erwähnt hat, dass all ihre Freundinnen schon Kinder haben oder zumindest verheiratet sind!“

Einen Moment lang schwieg Mariella, schwenkte ihr Weinglas langsam in der Hand, nippte daran, schüttelte wieder den Kopf. „Genau das hatte ich gehofft“, gestand sie leise. „Dass du sesshaft wirst, Raphael. Mal ehrlich, du bist doch auch keine achtzehn mehr! Diese wilde Phase kann nicht ewig so weitergehen. Irgendwann ist es an der Zeit, erwachsen zu werden, meinst du nicht?“

Er zog die Augenbrauen zusammen. „Wer sagt, dass das so laufen muss? Nicht jeder muss heiraten, Kinder bekommen, in einem Bürojob versauern. Wenn ich zu so etwas verdammt wäre, würde ich vor Langeweile umkommen. Nimm es mir nicht übel, für viele mag das das Richtige sein, aber für mich ganz bestimmt nicht.“

Einen Moment lang schwiegen sie beide, dann legte Mariella sanft ihre Hand auf seine. „Ich meine es doch nicht böse“, lenkte sie ein. „Ich mache mir nur Sorgen um dich. Ich glaube dir ja, dass dir das alles im Moment Spaß macht, aber Spaß ist nicht alles im Leben. Ich glaube, auf Dauer wird dich diese Einstellung unglücklich machen. Partys, Sport, seichte Liebeleien, Flirts mit Mädchen, die außer einem hübschen Gesicht und langen Beinen nichts zu bieten haben – das alles ist doch nicht erfüllend.“

Er stellte das Glas so heftig ab, dass der Wein beinahe überschwappte. „Woher willst du wissen, was mich glücklich macht? Mir geht es gut so, Mariella. Vielleicht sehe ich das irgendwann anders, in zehn oder zwanzig Jahren, doch jetzt will ich mein Leben genießen. Es kann viel zu früh vorbei sein, das haben wir an Mama und Papa gesehen.“

„Und gerade deswegen ist es doch wichtig, es mit etwas Sinnvollem zu füllen, mit etwas Bedeutsamem!“, fuhr sie auf, sank dann seufzend auf ihrem Stuhl zusammen und starrte ebenso wie er in die Dunkelheit. Eine Weile sagte keiner von ihnen etwas.

Mariella war es schließlich, die das Schweigen brach. „Lass uns nicht streiten, Raphi. Wenn du dich von Rosa trennen willst, geht mich das wirklich nichts an, da hast du recht. Reden wir lieber über etwas Erfreuliches, okay? Gibt es sonst etwas Neues bei dir?“

Raphael zuckte mit den Schultern, dann grinste er schief. „Dieses Anlageprojekt, von dem ich dir letztens erzählt habe – das lief nicht so wie gehofft. Macht aber nichts, ich konnte einen Teil des Geldes retten und werde es sinnvoller anlegen. Heute habe ich einen Artikel oder spannende Möglichkeiten in China gelesen – das klingt nach einer ziemlich guten Sache.“

Mariella riss die Augen auf. „Also im Klartext: Du hast letztens schon wieder Geld verspekuliert? Raphael! Ich kann es nicht fassen.“ Sie rieb sich über die Stirn. „Wieso machst du das bloß? Wieso musst du immer wieder diese Risiken eingehen? Konzentriere dich doch lieber mal auf dein Studium, statt mit Geld zu spielen! Das ist doch Wahnsinn. Irgendwann wirst du pleite sein, nein, schlimmer noch, hoffnungslos verschuldet.“

Er verdrehte die Augen und widerstand dem Impuls, ihre aufgebrachte Stimme nachzuäffen, wie er es als Kind getan und sie damit zur Weißglut getrieben hätte. „Entspann dich mal, es geht nur um Geld, nicht um Leben und Tod. Geld kommt und geht.“

„Wenn das Geld auch mal zu dir kommen und nicht immer gehen würde, wäre ich vielleicht nicht so besorgt“, fauchte sie. „Es ist Mamas und Papas Erbe, das du da so leichtfertig verspekulierst! Das Geld, das dazu gedacht war, uns in harten Zeiten über die Runden zu helfen. Das ist kein Spielzeug, Raphael! Aber für dich ist das Leben ein einziges großes Spiel, nicht wahr?“

„Und für dich ist alles immer nur Ernst, immer nur Pflicht. Du hast vergessen, wie man sich entspannt und Spaß hat.“ Auch seine Stimme wurde lauter.

In hilflosem Frust fuhr ihre Hand auf die Tischplatte herab. „Weil das Leben manchmal eben eine ernste Angelegenheit ist! Wenn du für irgendetwas oder irgendjemanden Verantwortung übernehmen müsstest, wüsstest du das. Aber du übernimmst ja nicht einmal für dich selbst Verantwortung.“

„Muss ich ja auch nicht. Dafür habe ich ja dich, du übernimmst ganz ungefragt jegliche Verantwortung für mich, wie eine Mutter“, ätzte er.

Getroffen fuhr sie zurück, schon tat es ihm leid, und er wollte einlenken. Natürlich war ihm klar, dass sie als alleinerziehende Mutter in einer anderen Lage war als er und dass er im Grunde genommen leicht reden konnte.

Doch ehe er noch etwas sagen konnte, fasste sie sich wieder an die Stirn; ihr Gesicht verzog sich qualvoll.

„Mariella, was ist?“, fragte er leiser.