Notärztin Andrea Bergen 1395 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1395 E-Book

Marina Anders

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Beschreibung

Ein treuer Freund für Mia

Nach einer kräftezehrenden Krebstherapie gibt erst der kleine heimatlose Kater Mogli der dreijährigen Mia wieder neuen Lebensmut. Ihm gelingt ein wahres Wunder: Mia lernt endlich wieder zu lachen! Doch als die Kleine erfährt, dass man ihr Mogli wegnehmen will, erleidet sie einen lebensbedrohlichen Rückfall ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein treuer Freund für Mia

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: oes / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9325-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein treuer Freund für Mia

Franzi, dieser Teufelsbraten! Diesmal hat meine zwölfjährige Tochter sich mit einer ihrer berüchtigten „super Ideen“ selbst übertroffen: Um die schwer kranke kleine Mia ein wenig aufzumuntern, haben Franzi und ihre Freundin Britt Katerchen Mogli ins Krankenzimmer der Kleinen geschmuggelt – und das nicht nur einmal, sondern beinahe täglich! Denn sie wissen um Mias sehnlichen Wunsch, ein eigenes Katzenkind zu adoptieren. Natürlich gab es ein gehöriges Donnerwetter auf der Kinderstation, wo eine Katze wirklich nichts zu suchen hat! Doch meine Kollegen und ich sind sprachlos, was Moglis heimliche „Konsultationen“ bewirkt haben: Mia hat neuen Lebensmut gefasst; sie isst endlich wieder! Sie scheint sogar kräftig genug zu sein für die dringend nötige Chemotherapie …

Kinderarzt Dr. Baumgärtner und ich machen uns dennoch größte Sorgen um Mias Zukunft: Was geschieht, wenn sie erfährt, dass sie von Katerchen Mogli bald für immer Abschied nehmen muss?

Ein melodisches Windspiel erklang, als Kristin Steinert die Eingangstür zu Lianes Haarstudio öffnete. An der anderen Hand hielt sie ihre kleine Tochter.

„Guten Morgen, Schwesterherz“, rief sie fröhlich in die Räume des Friseursalons, der offiziell noch geschlossen war.

„Morgen, Schwesterherz“, plapperte die dreijährige Mia ihr ebenso fröhlich nach.

Liane Bogner, die gerade dabei war, alles für ihre ersten Kundinnen vorzubereiten, lachte herzlich. „Guten Morgen, ihr beiden.“ Sie beugte sich zu Mia und umarmte sie. „Seit wann bin ich deine Schwester? Ich bin die Schwester deiner Mama. Für dich bin ich deine Tante.“

Mia winkte altklug ab. „Weiß ich schon. Ich will auch eine Schwester haben. So eine wie dich, Tante Lani. Nur kleiner.“

Liane lachte wieder, und Kristin verdrehte die Augen.

„Bisher war nur von einer Katze die Rede, die sie unbedingt haben will. Jetzt will sie auch noch eine Schwester.“

„Eine schöne Schwester“, betonte Mia. „Aber erst will ich eine Katze. Bald.“

Kristin seufzte. Mias eindringlicher Wunsch nach einer Katze wurde allmählich zum Problem. Niemals würde Dirk, ihr Partner, damit einverstanden sein. Er hatte eine Katzenallergie, zumindest behauptete er das. Immer häufiger kam Kristin jedoch der Verdacht, dass das gar nicht stimmte und er Katzen einfach nicht mochte. Sie musste noch einmal ernsthaft mit ihm darüber reden.

„Der Kaffee ist fertig“, lenkte Liane ab. „Magst du eine heiße Schokolade, Mia?“

„Will eine Katze“, sagte Mia trotzig. „Und eine Schwester.“

Liane ging nicht weiter darauf ein und machte sich an der Kaffeetheke zu schaffen. Kristin folgte ihr. Das morgendliche Ritual, wenn sie auf dem Weg zur Arbeit erst bei ihrer Schwester auf einen Kaffee vorbeischaute, bevor sie Mia anschließend in der Kindertagesstätte ablieferte, war ihnen zur lieben Gewohnheit geworden.

Liane schenkte zwei Tassen voll Kaffee und bereitete eine heiße Schokolade für Mia zu. Die Kleine hatte inzwischen eine Zeitschrift entdeckt, auf der eine Katze abgebildet war, und war damit auf einen Stuhl geklettert.

Die beiden Schwestern tranken ihren Kaffee und plauderten dabei über verschiedene Dinge.

„Kannst du mir irgendwie die Haare hochstecken?“, bat Kristin. „Wenn ich mehr Zeit habe, kannst du sie mir mal wieder schneiden.“ Sie hatte rotblondes welliges Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel. Meistens fasste sie es der Einfachheit halber zu einem Pferdeschwanz zusammen oder steckte es hoch. Doch sie bekam es nie so hin wie Liane.

„Klar mache ich das“, erklärte sich die Schwester bereit. „Das müssen wir aber gleich tun, sonst kommt ihr beide zu spät“, fügte sie nach einem Blick auf die Uhr hinzu.

„Okay.“ Kristin trank ihren Kaffee aus und nahm auf einem der Frisierstühle Platz. Mia war noch immer fasziniert von den Katzenbildern in der Zeitschrift und vergaß, von ihrer heißen Schokolade zu trinken. Ihre Tante erinnerte sie daran.

Liane machte sich ans Werk. Mit geübten Fingern zauberte sie innerhalb kurzer Zeit eine schicke Hochsteckfrisur.

Kristin betrachtete sich von allen Seiten. „Wie du das nur machst! Du bist eine echte Künstlerin.“

Liane freute sich, dass ihrer Schwester die Frisur gefiel. „Dafür könnte ich nie Perücken knüpfen wie du. In diesem Fach bist du ebenfalls eine echte Künstlerin.“ Liane lächelte. „Die Frau mit den goldenen Händen und der Engelsgeduld.“

Kristin erwiderte im Spiegel Lianes Lächeln. „Ja, Geduld muss man da schon haben. Und gute Augen. Manchmal wird es mir fast ein wenig zu viel, wenn ich auch noch Privataufträge annehme. Aber ich liebe diese Arbeit und würde nichts anderes machen wollen.“

Kristin war gelernte Perückenmacherin und arbeite schon seit Jahren in der Maskenbildnerwerkstatt des Opernhauses. Nebenbei fertigte sie auch für Privatkunden Perücken. Die Haare – und auch so einige Kundinnen – bekam sie von Liane.

„Übrigens, ich habe eine Kundin, die gern eine Perücke hätte“, bemerkte Liane. „Eine ältere Dame, die starken Haarausfall hat. Sie mag schon gar nicht mehr unter die Leute gehen.“

„Oh, da kann ich bestimmt Abhilfe schaffen.“ Kristin überlegte kurz. „Im Moment bin ich zwar noch mit einem Auftrag beschäftigt, aber in einigen Wochen könnte ich wieder einen neuen annehmen.“

„Gut, dann sage ich Frau Strobel Bescheid. Darf ich ihr deine Kontaktdaten geben?“

„Gern. Hättest du denn passende Haare für sie?“

„Ich habe einiges zur Seite gelegt, aber etwas hundertprozentig Passendes ist nicht dabei“, erwiderte Liane. „Mal sehen, was sich in den nächsten Wochen so ansammeln wird. Wenn nicht, muss ich bei der Konkurrenz nachfragen.“

Für Kristin war es an der Zeit zu gehen. Sie wandte sich Mia zu und bat sie, die heiße Schokolade auszutrinken. Als sie ihr die Zeitschrift wegnehmen wollte, gab es ein großes Geschrei.

„Mia kann sie ruhig mitnehmen“, erlaubte Liane, und augenblicklich legte sich die Aufregung wieder.

Kristin und Mia verabschiedeten sich und saßen kurz darauf wieder im Auto. Die nächste Station war Mias Kindertagesstätte. Kristin parkte und betrat mit ihrer Tochter das Gebäude.

„Tschüss, meine kleine Maus.“ Liebevoll drückte Kristin ihr Kind an sich. „Viel Spaß! Bis heute Nachmittag.“

„Tschüss, Mami.“ Die Zeitschrift an die Brust gepresst, lief Mia zu ihren Freundinnen, um ihnen die süßen Katzenbilder zu zeigen. „Bald krieg ich eine lebendige Katze“, hörte Kristin sie noch stolz verkünden.

Mit einem Seufzer ging sie hinaus zum Parkplatz. Wie sollte sie Mia begreiflich machen, dass sie wegen Dirks Allergie keine Katze halten konnten?

***

Kristin fuhr weiter zum Opernhaus. Sie freute sich auf ihre Arbeit. Eine kunstvolle Rokokoperücke wartete auf ihre Fertigstellung. Außer Perücken gestaltete sie auch Haarteile, Zöpfe und Bärte.

Nachdem sie ihr Auto abgestellt hatte, betrat Kristin durch den Personaleingang das Opernhaus und fuhr mit dem Fahrstuhl hinauf in den dritten Stock, wo ihre Werkstatt lag. Dort arbeiteten außer ihr noch weitere Maskenbildner.

Sie begrüßte die Kollegen und ging zu ihrem Arbeitsplatz, wo die halbfertige Rokokoperücke auf einem Gipskopf saß.

„Sieht gut aus“, lobte Toby, der gerade eine Fantasy-Maske aus Pappmaché anfertigte.

„Oh, danke.“ Kristin nickte ihm lächelnd zu.

„Wo steckt eigentlich die Neue?“, wollte Sarah wissen. Damit meinte sie Anke, eine weitere Maskenbildnerin. Sie war erst vor einigen Wochen vom Bonner Theater zu ihnen gekommen.

„Sie wird sich wieder verfahren haben“, vermutete Toby und grinste. „Darin scheint sie ja großes Talent zu haben.“

„Sie muss sich eben erst in unserer Stadt zurechtfinden“, nahm Kristin die Kollegin in Schutz.

„Ach was, sie hat einen lausigen Orientierungssinn“, meinte Toby wegwerfend.

„Ja, das hat sie selbst zugegeben“, bestätigte Sarah.

Nachdem man noch die Möglichkeit in Betracht gezogen hatte, dass Anke auch krank sein könnte und in diesem Fall sicher noch anrufen würde, ging jeder seiner Arbeit nach.

Fast eine Stunde verging, bevor die Tür aufflog und eine abgehetzte und frustrierte Anke hereinkam. „Sorry, dass ich so spät komme!“, entschuldigte sie sich. „Ich habe mich hoffnungslos verfahren.“

Die Kollegen tauschten belustigte Blicke.

„Das hatten wir uns schon gedacht“, meinte Toby trocken.

Anke stöhnte. „Keine Ahnung, wie ich auf den Autobahnzubringer geraten bin. Und dann saß ich auch noch im Stau fest!“

„Autobahnzubringer!“ Toby lachte schallend. „Das ist ja die entgegengesetzte Richtung.“

„Das habe ich dann selbst gemerkt. Aber da war es schon zu spät, und ich konnte nicht mehr umkehren. Ich musste weiterfahren und wusste dann nicht mehr, wo ich war.“ Anke seufzte tief. „Wenn mir so was passiert, kriege ich immer richtige Panik.“

„Das stelle ich mir überhaupt nicht lustig vor“, sagte Kristin mitfühlend.

„Ist es auch nicht.“ Anke hängte ihre Jacke an den Garderobenständer. „Als Kind war es besonders schlimm. Weil ich mich mehrmals verlaufen hatte, traute ich mich allein nirgendwo mehr hin. Ich hatte Angst, nie mehr zurückzufinden.“

Auch Toby fand das schlimm. Statt sich weiter über Anke lustig zu machen, drückte er ihr verständnisvoll den Arm. „Leg dir ein Navi zu“, riet er ihr.

Anke schüttelte abwehrend den Kopf. „Damit kenne ich mich nicht aus. Ich bezweifle auch, dass ich so schnell reagieren könnte, wenn mir eine Computerstimme sagt, dass ich plötzlich links abbiegen soll.“

„Da hat man schon genügend Zeit, um sich darauf einzustellen“, sagte Sarah, um ihr Mut zu machen.

Bald war jeder wieder mit seiner Arbeit beschäftigt. Ab und zu fiel ein Wort, doch sie arbeiteten alle zu konzentriert, um sich dabei zu unterhalten.

Irgendwann ließ Kristins Konzentration nach. Stirnrunzelnd hob sie den Kopf. Etwas roch hier merkwürdig.

Auch den anderen fiel es jetzt auf.

„Riecht ihr das?“, fragte Toby stirnrunzelnd. Nervosität schwang in seiner Stimme, und auch Sarah hatte alarmiert von ihrer Arbeit aufgeblickt. „Verdammt, da kommt Rauch unter der Tür durch!“, stieß Toby aus und sprang von seinem Stuhl auf.

In diesem Augenblick schrillte der Feueralarm los. Auch Kristin fuhr in die Höhe. Im Haus schien ein Feuer ausgebrochen zu sein.

„Los, nichts wie raus hier!“ Toby war schon an der Tür und riss sie auf. Rauchschwaden quollen in den Raum und nahmen ihnen den Atem.

In den Korridoren hasteten Menschen durch den Rauch. Jemand warnte mit aufgeregter Stimme davor, den Fahrstuhl zu benutzen, während Kristin und ihre Kollegen bereits in Richtung Treppenhaus rannten.

Plötzlich hielt Kristin inne. Wo war Anke? War sie nicht gerade noch vor ihnen gewesen?

Der Rauch wurde dichter. Kristin hüstelte. Sie blinzelte und entdeckte dann Ankes Gestalt. Himmel, sie lief in die falsche Richtung!

„Anke! Hierher!“, rief Kristin und musste erneut husten. Doch Anke reagierte nicht. Ihre Gestalt verblasste im Rauch und war einen Moment später nicht mehr zu sehen. Nur ihre verzweifelten Hilferufe hallten gedämpft durch den Rauch.

„Anke!“

„Kristin, lass sie!“, beschwor Toby sie und wollte sie am Arm fortzerren. „Anke wird schon selbst einen Ausgang finden. Es gibt ja genug davon.“

Kristin riss sich von ihm los. „Wir wissen doch, dass sie keinen Orientierungssinn hat! Und dass sie in Panik gerät, wenn sie nicht weiß, wo sie ist.“ Ihren Schal vor Nase und Mund gepresst, lief sie der Kollegin entschlossen hinterher.

***

„Darf ich nach der Schule zu Britt?“ Bittend sah die zwölfjährige Franzi Bergen von ihrer Adoptivmutter zu ihrer Oma.

„Schon wieder?“ Andrea Bergen zog die Augenbrauen in die Höhe. „Fühlt sich Paula da nicht vernachlässigt, wenn du neuerdings so oft bei Britt bist?“

Franzi löffelte den letzten Rest von ihrem Müsli. „Nö, gar nicht. Paula kommt auch manchmal mit. Außerdem ist sie jetzt oft mit Silke zusammen. Also – darf ich? Britts Dad kommt erst heute Abend nach Hause und ich soll ihr mit den Katzen helfen.“

„Ja, geh nur“, erlaubte Andrea und fügte dann mahnend hinzu: „Solange du darüber nicht deine Hausaufgaben vergisst.“

Franzi strahlte. „Die machen Britt und ich gemeinsam. Versprochen.“

„Pass nur auf, dass Dolly nicht eifersüchtig wird, wenn du ihr neuerdings Katzen vorziehst“, meinte Hilde Bergen, ihre Oma, gutmütig. „Du gehst in letzter Zeit ziemlich oft zur Katzenpension. Was soll man als Hund davon halten?“

„Ich vernachlässige Dolly ja nicht“, verwahrte sich Franzi. „Nicht wahr, Dolly?“ Rasch ließ sie ein Scheibchen Salami unter den Tisch fallen, wo es von der jungen Mischlingshündin mit einem glücklichen Schmatzen aufgenommen wurde.

Andrea beendete ihr Frühstück. Für sie war es an der Zeit, zum Elisabeth-Krankenhaus zu fahren, wo sie als Notärztin beschäftigt war. Ihr Mann Werner war bereits in seine Praxis hinübergegangen. Er war ein beliebter Kinderarzt und verfügte zusätzlich auf der Kinderstation des Elisabeth-Krankenhauses über mehrere Belegbetten.

Franzi machte sich ebenfalls fertig. Kurz darauf klingelte es. Sie wurde von ihren Freundinnen abgeholt.

„Tschüss, Mama, Omi und Dolly!“ Franzi umarmte alle der Reihe nach und lief dann in die Diele, um ihre Winterjacke und die Stiefel anzuziehen. Einen Moment später fiel die Haustür ins Schloss.

Kurz darauf saß auch Andrea im Auto. Auf dem Weg zum Dienst war sie mit ihren Gedanken bereits bei den Patienten, die sie am Vortag mit dem Rettungswagen eingeliefert hatte. Ein Mann, der einen Herzinfarkt erlitten hatte, war auf die Intensivstation gebracht worden, und eine Patientin, bei der eine Magenperforation operiert worden war, lag auf der Chirurgie. Andrea hoffte, dass sie alles gut überstanden hatte und dass auch der Herzinfarktpatient überlebt hatte.

Als sie an einer roten Ampel halten musste, erkannte sie in dem Fahrer des Autos, das neben ihr auf der Linksabbiegerspur stand, Helge Adams, Britts Vater. Sie wollte winken, doch da bog er schon ab, ohne sie gesehen zu haben.

Einen Moment später wurde es auch für Andrea grün. Während sie weiterfuhr, dachte sie an Helge Adams und seine Tochter. Britt war ein bildhübsches und sehr liebes Mädchen mit superlangen Haaren, die ihr ganzer Stolz waren. Sie und Franzi hatten sich in den letzten Monaten eng angefreudet. Britt war in der Villa der Bergens jederzeit willkommen, doch Andrea verstand es auch, wenn Franzi öfter bei Britt war als umgekehrt.

Die Katzenpension, die Helge Adams nach dem Tod seiner Frau weiterführte, übte eine große Anziehungskraft auf Franzi aus. Sie liebte Hunde, und sie liebte Dolly, aber sie hätte auch gern ein Kätzchen gehabt. Eins oder mehrere von der Waisenstation. Die taten ihr alle so leid. Doch mit Rücksicht auf Dolly war die Familie dagegen.

Helge Adams war ein sehr sympathischer Mann, den Andrea und Werner außerordentlich schätzten. Hauptberuflich war er Redakteur bei einer großen Familienzeitschrift und betreute die Ressorts „Haustiere“ und „Gesundheit“. Hin und wieder holte er sich von Werner und Andrea Informationen über neue medizinische Erkenntnisse und interessante Fälle, zum Beispiel über das Leben mit seltenen Krankheiten oder neue Überlebenschancen für kranke Ungeborene.

Über den verschiedensten Gedanken erreichte Andrea das Elisabeth-Krankenhaus. Im trüben Licht des Januarmorgens schimmerte der wuchtige Backsteinbau durch die kahlen Bäume des Parks, der den Klinikkomplex umgab. Andrea parkte den Wagen auf dem ihr angestammten Stellplatz und betrat das Gebäude.

***

In der Notaufnahme herrschte bereits reger Betrieb. Clemens Stellmacher, Andreas Notarztkollege, wirkte leicht gestresst, als er zu ihr herüberkam.

„Was für eine Nacht!“, sagte er und stöhnte. „Ein Unfall nach dem anderen, denn stellenweise waren die Fahrbahnen tückisch glatt. Besonders auf der Hunsrückhöhenstraße hat es kräftig gekracht. Waren bei Ihnen die Straßen nicht glatt?“

„Im Radio hat man davor gewarnt. Aber am Morgen, bei steigenden Temperaturen, hat man kaum mehr etwas davon gemerkt. Wie geht es den Patienten, die gestern noch in der Notaufnahme lagen, als ich Dienstschluss hatte?“

Dr. Stellmacher gab einen kurzen Bericht ab und versorgte Andrea mit den nötigen Informationen. Dann übergab er ihr den Pager, über den die Notärzte zu ihren Einsätzen gerufen wurden.

„Wünsche Ihnen einen angenehmen Dienst, Frau Bergen“, sagte er und verabschiedete sich auch von den anderen Kollegen in der Notaufnahme.

Andrea plauderte kurz mit Dr. Kallweit, dem Internisten der Intensivstation, der sich zufällig in der Notfallambulanz befand. Von ihm erfuhr sie, dass der Herzinfarktpatient, den sie gestern in einem ziemlich ernsten Zustand eingeliefert hatte, über den Berg war und inzwischen auf der Inneren Station lag. Andrea freute sich über die guten Nachrichten. Sie wollte dem älteren Herrn später einen Besuch abstatten.

Nachdem sie sich im Umkleideraum umgezogen hatte, betrat sie den Bereitschaftsraum. Jupp Diederichs und Ewald Miehlke, die beiden Sanitäter aus ihrem Team, waren bereits anwesend und begrüßten sie.

In den ersten beiden Stunden musste das Notarztteam fast ausschließlich zu Unfällen ausrücken, die sich aufgrund glatter Straßen ereignet hatten. Zwar nicht im Stadtgebiet, jedoch auf höher gelegenen Straßen. Dr. Stellmacher hatte nicht übertrieben.

Gegen zehn Uhr wurden sie zu einem anderen Einsatz gerufen. Im Opernhaus war ein Brand ausgebrochen, und man rechnete mit mehreren Verletzten.