Notärztin Andrea Bergen 1403 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1403 E-Book

Marina Anders

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Bunte Wimpel wehen fröhlich im Wind, gut gelaunte Menschen bewegen sich auf der Tanzfläche zu den Klängen der Partyband, und wohin man auch schaut, plaudern und lachen die Gäste. Das Elisabeth-Krankhaus hat Mitarbeiter, Patienten und Besucher zu seinem großen Maifest eingeladen! Auch am Tisch der schönen Julia wird gelacht und gescherzt, und als ihr Blick sich mit dem des gut aussehenden Pflegers Arnold trifft, klopft ihr Herz einen Takt schneller. Schon bei ihrer ersten Begegnung hat sie sich in Arnold verliebt. Er hat ihr durch die dunkelste Zeit ihres Lebens geholfen und ihr ein neues Glück geschenkt ...
Doch plötzlich sieht Julia nur wenige Meter entfernt einen Mann in dunkler Kapuzenjacke, den sie nur zu gut kennt: Es ist Rupert, ihr Exfreund, der ihr mit dem Tod gedroht hat! Er ist gekommen, um seine Drohung wahrzumachen! Als ihr das klar wird, ist es bereits zu spät: Da hat Rupert schon den Lauf seines Gewehrs auf die Menge gerichtet! Es fallen Schüsse ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 136

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Maifest am Elisabeth-Krankenhaus

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Monkey Business Images / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9710-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Maifest am Elisabeth-Krankenhaus

Schüsse, gellende Schreie und blutende, weinende Menschen … Noch immer kann ich nicht fassen, dass das Maifest des Elisabeth-Krankenhauses, auf das wir uns alle so gefreut hatten, in einer so schrecklichen Katastrophe endete! Ein eifersüchtiger Mann hat mit einem Gewehr wild um sich geschossen, Menschen schwer verletzt und damit unzählige Träume ausgelöscht …

In diesen Minuten wird Pfleger Arnold von unseren besten Chirurgen notoperiert – doch es ist mehr als fraglich, ob er die vielen inneren Verletzungen überleben wird. Seine Freundin Julia bangt um sein Leben – und geht dabei in zweifacher Hinsicht durch die Hölle. Denn sie weiß, dass die Schüsse eigentlich sie treffen sollten. Der Schütze ist ihr Exfreund Rupert, der ihr nach der Trennung bittere Rache schwor …

„War deine Mutter wohl schon wieder hier?“ Rupert Hahnsteins Tonfall klang so, als empfände er das als Zumutung. „Und geraucht hat sie auch wieder, obwohl ich es untersagt habe!“, fügte er noch eine Spur gereizter hinzu.

Julia Kaiser warf das lange blonde Haar zurück. „Wir haben auf dem Balkon Kaffee getrunken, nicht in der Wohnung“, verteidigte sie ihre Mutter und sich.

„Und dabei die Tür zum Wohnzimmer offen gelassen, damit der Rauch schön hereinziehen und sich in der ganzen Wohnung verteilen kann. Es stinkt ja immer noch hier.“

„Du übertreibst“, wagte Julia zu widersprechen.

„Da übertreibe ich gar nicht!“, fuhr Rupert prompt auf. Er ging zurück zur Haustür, durch die er gerade hereingekommen war, und öffnete sie weit. Dann riss er in allen Zimmern die Fenster auf.

Seufzend ging Julia in die Küche, während Rupert seinen Sohn begrüßte, der im angrenzenden Wohnzimmer spielte. Julia hörte den Kleinen vor Freude jauchzen. Manuel hing sehr an seinem Papa. Nur seinetwegen blieb sie bei Rupert und stellte ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zurück. Sonst wäre sie schon längst aus dieser Beziehung, die keine mehr war, ausgebrochen.

Julia begann, die Schnitzel zu panieren, die es zum Abendessen geben sollte. Nach einer Weile kam Rupert mit dem Kleinen auf dem Arm in die Küche.

„Und wo war Manuel, als ihr auf dem Balkon Kaffee getrunken habt?“, nahm er das Thema wieder auf, das ihn offensichtlich immer noch beschäftigte. „Hat deine Mutter etwa vor ihm geraucht? Dann werde ich ihr mal ganz gehörig die Meinung sagen müssen. In meiner Wohnung wird nicht geraucht, verdammt noch mal!“

Julia schluckte die Antwort hinunter, die ihr auf der Zunge lag, wie sie auch sonst um des lieben Friedens willen meistens alles hinunterschluckte. Es ist auch meine Wohnung, nicht nur deine, hatte sie ihm entgegenhalten wollen. Doch sie verzichtete darauf. Sie betonte jedoch, dass ihre Mutter Manuel nicht den Rauch ins Gesicht geblasen hatte.

Rupert strich dem Kleinen über das dunkle, wellige Haar, das er von ihm geerbt hatte. Überhaupt wurde Manuel seinem Vater jeden Tag ähnlicher, wie Rupert immer wieder mit vor Stolz geschwellter Brust hervorhob. Er liebte seinen Sohn abgöttisch und wachte mit Argusaugen über sein Wohlergehen.

„Eines Tages wirst du an Lungenkrebs sterben, und deine Oma ist schuld daran“, erklärte er dem Jungen.

„Oma schuld“, plapperte Manuel mit großen ängstlichen Augen nach.

Julia schluckte empört. Wie konnte Rupert so etwas zu dem Kind sagen? Gut, dass Manuel noch zu klein war, um es zu verstehen. Doch er schien gespürt zu haben, dass es keine freundlichen Worte gewesen waren.

Julia hätte Rupert am liebsten das Kind aus dem Arm genommen und ihn zum Teufel geschickt. Aber dazu würde sie vermutlich nie den Mut aufbringen. Sie blickte in sein kantiges, von halblangen dunklen Haaren eingerahmtes Gesicht und versuchte sich zu erinnern, weshalb sie einmal so verliebt in ihn gewesen war. Übrig geblieben war von diesen Gefühlen jedenfalls nichts.

„Oma ist nicht schuld“, sagte sie besänftigend zu Manuel. „Oma ist lieb. Oma hat dich lieb.“

Sofort erhellte sich sein rundes Kindergesichtchen wieder. „Oma lieb“, wiederholte er glücklich.

Rupert schien das ganz und gar nicht zu gefallen. Er öffnete den Mund zu einer Gegenrede, klappte ihn jedoch wieder zu.

„Komm, wir gehen“, sagte er verdrossen zu Manuel. „Sonst gibt es heute nichts zu essen, wenn wir Mama noch länger aufhalten.“

Damit ging er mit dem Jungen wieder hinüber ins Wohnzimmer. Einen Moment später hörte Julia die beiden poltern und lachen. Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. Wenn Rupert von der Arbeit bei der Versicherung nach Hause kam, wo er als Sachbearbeiter beschäftigt war, nahm er sich immer viel Zeit für Manuel und spielte mit ihm. Sie wünschte nur, er würde ihm nicht solche Sachen erzählen wie das mit dem Lungenkrebs, den er bekommen würde, weil die Oma rauchte. Manchmal kam er ihr wirklich etwas merkwürdig vor.

Julia widmete sich wieder der Zubereitung des Abendessens. Dabei wanderten ihre Gedanken zurück zu jener Zeit, als sie Rupert kennengelernt hatte. Damals waren sie beide Urlaubsgäste in derselben kleinen Pension in Meran gewesen. Wandern und Schwimmen waren ihre gemeinsamen Interessen gewesen. Am Abend hatten sie gern getanzt. Da sie aus der gleichen Stadt gewesen waren, hatten sie sich nach ihrer Rückkehr weiterhin getroffen. Sie waren eine Beziehung eingegangen, und einige Monate später war Julia schwanger geworden.

Rupert hatte die Neuigkeiten nicht gerade mit großer Begeisterung aufgenommen. Er hatte es auch abgelehnt, deswegen zu heiraten, worüber Julia heute froh war. Doch er hatte zugestimmt, dass sie sich gemeinsam eine Wohnung nahmen, in der auch Platz für ein Kind war.

In den ersten Monaten nach Manuels Geburt hatte Rupert nicht viel mit ihm anfangen können. Es war eine sehr schwere Schwangerschaft gewesen, und Julia hatte für eine Weile das Gefühl gehabt, dass er Manuel für all die Strapazen verantwortlich machte. Doch seit der Kleine laufen und die ersten Worte sprechen konnte, hatte sich Ruperts Verhalten ihm gegenüber geändert. Seitdem war er völlig vernarrt in ihn und verbrachte so viel Zeit wie möglich mit ihm. Julia spielte nur noch eine Nebenrolle – falls sie überhaupt noch zählte.

Eines Tages hatte Rupert erklärt, dass er bei Manuel zu Hause bleiben wollte und Julia dafür arbeiten gehen sollte. Das hatte sie jedoch bisher abgelehnt, auch wenn sie ganz gern wieder in ihrem Beruf als Arztsekretärin gearbeitet hätte. Damit wollte sie warten, bis Manuel in den Kindergarten ging. Dann wollte sie sich eine Halbtagsstelle suchen.

Das dauerte Rupert jedoch zu lange. Sie sollte auch nicht halbtags, sondern ganztags arbeiten, damit die Finanzen stimmten. Immer häufiger drängte er darauf, an ihrer Stelle zu Hause zu bleiben, und warf ihr vor, eine schlechte Mutter zu sein und nicht gut genug auf Manuel aufzupassen. Sie zog ihn angeblich nicht warm genug an, ging bei jedem Wetter mit ihm auf den Spielplatz, statt ihn vor den anderen Kindern zu schützen, die bestimmt alle möglichen Krankheiten hatten, und sie erlaubte ihm überhaupt viel zu viel, weil sie lieber ihre Zeit am Laptop verbrachte, als sich um den Jungen zu kümmern.

Wenn Julia dann die Vorwürfe als ungerechtfertigt zurückwies, gab es jedes Mal wieder Streit.

Dass sie Manuel lieber selbst versorgen wollte, statt ihn seinem Vater zu überlassen, war nicht der einzige Grund, weshalb sie vorläufig zu Hause bleiben wollte. Julia fühlte sich auch gesundheitlich noch nicht in der Lage, wieder arbeiten zu gehen. Da sie während der Schwangerschaft an einer schweren Präeklampsie gelitten hatte, war sie als kardiovaskuläre Risikopatientin eingestuft worden. Später waren dann noch eine Lungenentzündung und eine Nierenbeckenentzündung dazugekommen.

Seitdem war ihr Körper stark geschwächt, und auch der hohe Blutdruck, der mit einer Schwangerschaftseklampsie einherging, hatte sich noch nicht normalisiert. Dazu kam noch eine gewisse Kurzatmigkeit, besonders wenn sie sich körperlich anstrengte. Aber das sollte sie ohnehin nicht. Julia musste sich schonen und alles vermeiden, was ihr Herz belastete.

Doch das war oft nicht so einfach. In Stresssituationen bekam sie jedes Mal heftige Herzrhythmusstörungen, die ihr zunehmend Angst machten. Wegen der ständigen Auseinandersetzungen mit Rupert kam das in letzter Zeit leider ziemlich häufig vor. Aber wie sollte sie diese vermeiden, wenn sie Ruperts Drängen nicht nachgeben wollte?

Gerade kam er mit dem Kleinen wieder durch die Verbindungstür in die Küche.

„Wir haben Hunger“, verkündete er und setzte Manuel in seinen Stuhl in der Essecke.

Schweigend machte sich Julia daran, das Abendessen zu servieren.

***

„Hast du unseren neuen Pfleger schon kennengelernt?“, fragte Dr. Lore Keller, als Dr. Andrea Bergen auf die Innere Station kam.

„Er ist süß“, schwärmte Schwester Gitta, die gerade aus einem der Krankenzimmer kam und die Worte ihrer Chefin mitbekommen hatte. „Und er spielt in einer Band. Gitarre.“ Sie seufzte verzückt.

Die Oberärztin verdrehte die Augen. „Es gibt doch nichts Nervigeres als verliebte Krankenschwestern“, meinte sie trocken, während Schwester Gitta weiterging. „Arnold Bender ist ein tüchtiger und supernetter Kerl, aber süß kann ich ihn nun wirklich nicht finden. Über das Alter, wo Jungen süß sind, ist er auch weit hinaus.“

„Und du über das Alter, wo Mädchen Jungen süß finden“, erwiderte Andrea mit einem verhaltenen Lachen.

Lore verzog leicht den Mund. Sie war fast vierzig und eine tüchtige, nüchterne Ärztin, für die der Beruf an erster Stelle kam und die sich ihren Patienten verschrieben hatte. Da war in ihrem Leben kein Platz für einen Mann, ob er nun süß war oder nicht. „Hast du ihn denn schon kennengelernt?“, wiederholte sie ihre Frage.

Andrea verneinte. „Ich habe nur gehört, dass er sehr tüchtig sein soll.“

„Das ist er.“ Lore nickte bekräftigend. „Ihm muss man nicht alles dreimal sagen wie so manchen Schwestern. Er sieht mit einem Blick, was gemacht werden muss, und tut es dann auch. Er verfügt über ein enormes medizinisches Wissen. Für einen einfachen Krankenpfleger ist das wirklich erstaunlich.“

Andrea betrachtete die Kollegin, mit der sie auch privat befreundet war, amüsiert. „Du schwärmst ja richtig für ihn“, neckte sie.

„Ach was – schwärmen!“ Lore wedelte mit der Hand in der Luft. „Ich wollte nur ausdrücken, dass Arnold eine wahre Bereicherung für unsere Station ist. Freundlich, höflich, aufgeschlossen, hilfsbereit und so intelligent. Der Junge hätte Arzt werden sollen – oh, da kommt er ja!“ Ein breites Lächeln glitt über ihr Gesicht.

Andrea wandte ihre Aufmerksamkeit dem jungen Mann im Pflegerkittel zu, der jetzt forschen Schrittes auf sie zukam. Auch sie konnte ihn nicht unbedingt süß finden. Arnold ging sicher schon auf die dreißig zu, doch er sah gut aus mit seinen rotblonden Haaren und dem Dreitagebart. Sein offenes Lächeln machte ihn ungemein sympathisch.

„Hallo, die Damen“, begrüßte er sie und wandte sich dann an Andrea. „Ah, da ist noch jemand, den ich noch nicht kennengelernt habe. Ich bin Pfleger Arnold, der Neue.“

Andrea ergriff seine ausgestreckte Hand, während Lore sie dem Pfleger vorstellte und behauptete, dass sie die fähigste Notärztin sei, die das Elisabeth-Krankenhaus je gehabt hatte.

„Ich habe schon eine Menge von Ihnen gehört, Arnold“, sagte Andrea lächelnd. „So tüchtige Pfleger wie Sie sind uns immer willkommen.“

„Besten Dank, Frau Dr. Bergen.“ Arnold verneigte sich leicht.

„Kommen Sie gerade von Frau Hertlein?“, fragte Lore Keller ihn.

Er bestätigte es. „Die medikamentöse Therapie scheint Erfolg zu haben, aber ich habe ihr auch noch einmal erklärt, dass letzten Endes nur eine Cholezystektomie sie ein für alle Mal von ihren Beschwerden befreien kann. Sie will es sich nun ernstlich überlegen.“

„Richtig so. Setzen Sie ihr nur zu.“ Die Oberärztin hob den Daumen.

Auch Andrea war froh, dass die Patientin jetzt doch einen chirurgischen Eingriff in Betracht zog. Sie hatte die ältere Dame vor ein paar Tagen mit schweren Gallenkoliken eingeliefert, doch von einer Operation hatte sie nichts wissen wollen, obwohl Gallensteine nachgewiesen worden waren.

„Ich habe gehört, dass es am Elisabeth-Krankenhaus bald ein großes Maifest geben soll“, wechselte Arnold dann das Thema.

„Nun, bis dahin ist es noch eine Weile hin“, erwiderte Lore Keller. „Aber man hat teilweise schon mit den Vorbereitungen begonnen.“

„Wie sieht es mit Musik aus?“, wollte er wissen. „Ich könnte mich mit meiner Band beteiligen. Wir treten öfter mal bei lokalen Veranstaltungen auf.“

Die Oberärztin lächelte. „Richtig, Sie spielen ja Gitarre, wie Schwester Gitta uns verraten hat.“

„Gitta.“ Arnold schnitt eine Grimasse. „Wenn sie nur nicht so anhänglich wäre!“

„Sie sind bei unserer Schwesternschaft eben ein sehr begehrter junger Mann“, meinte Lore Keller amüsiert. „Und ein Pfleger, der in einer Band Gitarre spielt, weckt natürlich besonderes Interesse. Bestimmt wird unser Festkomitee Ihr Angebot interessant finden. Was natürlich auch auf die Stilrichtung Ihrer Musik ankommt.“

„Wir ordnen sie so zwischen Softrock, Folk und Country ein“, erklärte Arnold. „Da ist sicher für jeden was dabei.“

„Sie können uns ja mal was vorspielen“, schlug Dr. Keller vor. „Im Übrigen müssen wir noch die weitere Behandlung von Herrn Raab besprechen, nachdem es bei ihm zu diesen unvorhergesehenen Komplikationen gekommen ist. Er muss auch ständig überwacht werden, ohne dass er dazu auf der Intensivstation liegen muss. Warum kommen Sie später nicht auf einen Kaffee in mein Büro? Dann können wir auch noch andere Dinge besprechen.“

„In Ordnung, Frau Dr. Keller. Ich werde die Patientin mit dem unaussprechlichen Namen von Zimmer dreihundertsechzehn noch umlagern, dann komme ich zu Ihnen.“

„Papagiannopoulos“, half seine Chefin ihm aus. Sie nickte ihm und der Notärztin zu und ging dann zu ihrem Büro.

Auch Andrea Bergen setzte ihren Weg fort, während Arnold in einem der Krankenzimmer verschwand. Schmunzelnd fragte sie sich, ob Lore nicht ebenfalls einen Narren an dem neuen Pfleger gefressen hatte.

***

„Warum trennst du dich nicht endlich von ihm?“ Halb besorgt, halb ärgerlich blickte Inge Kaiser auf ihre Tochter. „Es bricht mir das Herz, wenn ich dich nur anschaue. Schrecklich siehst du wieder aus.“

Julia kämpfte mit den Tränen. „Besten Dank, Mama“, presste sie hervor. Beinahe bereute sie es, hergekommen zu sein. Andererseits war das Haus, in dem sie aufgewachsen war, eine Art Zufluchtsort für sie. Zwar hätte Julia ihrer Mutter gern verheimlicht, wie es in ihrer Beziehung aussah, aber Inge war natürlich nicht verborgen geblieben, dass die Dinge nicht so waren, wie sie sein sollten. Dafür hatte Rupert mit seiner oft groben Art schon gesorgt.

„Entschuldige, Julia. Ich hätte lieber etwas Aufmunterndes oder Tröstliches sagen sollen.“ Inge strich ihrer Tochter abbittend über den Arm. „Aber es stimmt schon. Du siehst aus, als würdest du jeden Moment zusammenbrechen. Bist du mal wieder beim Arzt gewesen?“

Julia schüttelte den Kopf. „Keine Zeit“, murmelte sie und merkte dabei selbst, was für eine lausige Ausrede das war.

„Kind, ich bitte dich!“, versetzte ihre Mutter dann auch prompt. „Ich weiß, Hausfrau und Mutter zu sein ist kein leichter Job, doch im Gegensatz zu berufstätigen Müttern hast du es leichter, Zeit für einen Arztbesuch zu finden. Einen so wichtigen noch dazu“, betonte sie. „Du weißt doch, welches hohe Gesundheitsrisiko du hast.“

„Ja, ich weiß, Mama“, erwiderte Julia etwas ungeduldig. „Aber Rupert will nicht …“

„Mein Gott, hör mir mit Rupert auf!“, fiel ihre Mutter ihr ins Wort. „Du kannst doch nicht dein ganzes Leben nach seinem Willen ausrichten, noch dazu, wenn seine Vorschriften völlig unsinnig sind. Was passt ihm denn nicht, wenn du zum Arzt gehst?“

„Dass ich Manuel mitnehmen muss und es in Arztpraxen von Krankheitserregern nur so wimmelt“, war Julias frustrierte Antwort. „Du weißt doch, wie besorgt er um ihn immer ist.“

Inge nahm einen ärgerlichen Schluck von ihrem Kaffee. Sie saßen in dem kleinen Garten, der zu der älteren Doppelhaushälfte gehörte. Manuel spielte gerade mit einer großen bunten Holzeisenbahn, die er mit lautem „Töff-töff“ über den Rasen schob.

„Rupert sollte auch um dich ein wenig mehr besorgt sein“, fand Inge. „Immerhin rührt dein angeschlagener Gesundheitszustand von deiner Schwangerschaft her, an der auch er beteiligt war. Wenn er nicht will, dass du Manuel zum Arzt mitnimmst, muss er sich eben freinehmen. Ansonsten würde ich es ja tun, aber bei mir ist es etwas schwierig, wie du weißt.“

Julias Mutter arbeitete in einem kleinen Reisebüro und war die unentbehrliche rechte Hand des Chefs. Wenn sie nur mal ein paar Stunden freinehmen wollte, bekam er schon die Krise.

„Ja, schon klar, Mama“, murmelte Julia. Erst jetzt fiel ihr auf, dass heute kein Aschenbecher auf dem Tisch stand wie sonst. Ihre Mutter hatte auch noch keine einzige Zigarette geraucht, seit sie gekommen waren. „Hast du vergessen, dass du eigentlich Raucherin bist, Mama?“, fragte Julia scherzhaft.

Inge schnitt eine Grimasse. „Ich wollte, ich könnte es vergessen. Aber das ist nicht so einfach. Jedenfalls ist heute schon der vierte Tag, an dem ich nicht rauche.“