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Als seine Lebensretterin das Krankenzimmer betritt, breitet sich ein strahlendes Lächeln auf Aaron Vosteens Gesicht aus. Doch es ist weit mehr als Dankbarkeit, was der gut aussehende Tierarzt für Dr. Ella Liebetrut empfindet, die ihn bei einem Banküberfall gerettet und den Räuber zum Aufgeben überredet hat. Längst hat Aaron sich unsterblich in die schöne Ärztin mit der geheimnisvollen Ausstrahlung verliebt. Aber Ella gibt sich distanziert, beinahe kalt ihm gegenüber ...
Während alle im Elisabeth-Krankenhaus Ella Liebetrut für ihr mutiges Handeln bei dem Banküberfall bewundern, geht Ella im Stillen durch die Hölle. Ohne es zu wollen, hat Aaron Vosteen nämlich Erinnerungen an die dunkelste Zeit ihres Lebens zurückgebracht. Und das Trauma ihrer Vergangenheit droht Ella und ihre Tochter Kiara wieder einzuholen und ihr Leben endgültig zu zerstören ...
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Seitenzahl: 123
Cover
Impressum
Heldin Dr. Liebetrut
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Flamingo Images / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0055-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Heldin Dr. Liebetrut
Nie zuvor habe ich bei einem Menschen so viel Panik, Entsetzen und Verzweiflung gespürt wie gerade bei meiner schönen Kollegin Dr. Ella Liebetrut, die nach ihrer überstürzten Flucht von der Station schluchzend in meinen Armen zusammengebrochen ist. Bisher habe ich – wie übrigens alle hier – Ella gerade für ihre Stärke und ihren Mut bewundert, seit sie einen Banküberfall vereitelt und den angeschossenen Aaron Vosteen in einer komplizierten OP gerettet hat. Doch nun kenne ich ihre ganze traurige Geschichte – und bin zutiefst entsetzt über das Drama ihrer Jugend, das sie ausgerechnet hier im Krankenhaus wieder eingeholt hat.
Alles hängt mit Aaron Vosteens Bruder Clemens zusammen, der einst ihr Leben zerstört hat. Ausgerechnet ihm ist sie nun unerwartet an Aarons Krankenbett wiederbegegnet …
Um ihre vierzehnjährige Tochter Kiara und sich selbst zu schützen, will Ella noch heute die Stadt verlassen …
Das Wasser prasselte auf sie herab und vermischte sich mit ihren Tränen, doch den Schmutz spülte es nicht weg. Sie spürte ihn mit jeder Faser ihrer geschundenen Seele. Kraftlos lehnte sie an der gekachelten Wand und rutschte langsam hinunter in die Duschwanne.
Noch vor einer Stunde hatte sie mit ihren Freunden gefeiert und gelacht, jetzt schmerzte ihr ganzer Körper. Ihre Seele schrie vor Pein, weil dieses Monster von Mann sie missbraucht hatte, bevor er lachend zurückgegangen war, um mit den anderen weiterzufeiern.
***
Fünfzehn Jahre später …
Der übergewichtige Mann krümmte sich vor Schmerzen.
„Ich sterbe“, stöhnte er.
Dr. Andrea Bergen, die Notärztin des Elisabeth-Krankenhauses, versuchte vergeblich, seinen Bauch abzutasten. Sobald sie ihn auch nur mit den Fingerspitzen berührte, schrie Manfred Block auf. Er hatte zweifellos Schmerzen.
Dr. Bergen begann mit einer Befragung, bevor sie die Untersuchung fortsetzte.
„Was haben Sie denn heute gegessen?“
„Fast nichts“, behauptete er.
„Bis auf zwei Portionen Pommes frites und zwei Bratwürste“, mischte sich seine Frau ein. Sie wirkte eher verärgert als besorgt. „Außerdem Bratkartoffeln mit Speck und zu allem reichlich Mayonnaise. Zum Nachtisch eine Creme aus Mascarpone. Und vor dem Fernseher hat er noch Unmengen an Chips und Erdnussflips gegessen.“
„Alles ziemlich fettreich“, stellte die Notärztin fest.
„Genau!“ Heidelinde Block nickte mit grimmiger Miene. „Dabei weiß er genau, dass seine Gallensteine ihm nach solchen Mahlzeiten Probleme bereiten.“
„So schlimm wie heute war es aber noch nie.“ Manfred Block stöhnte laut auf.
„Ich habe kein Mitleid mit ihm“, wandte sich Heidelinde Block an die Notärztin. „Er isst ständig viel zu viel und zu ungesund.“
Das erklärte auch den viel zu hohen Blutdruck des Mannes.
„Wir bringen Sie jetzt erst einmal ins Elisabeth-Krankenhaus“, sagte Dr. Bergen.
Manfred Block schaute sie erschrocken an.
„Muss das sein? Können Sie mir nicht einfach ein schmerzstillendes Medikament geben? Ich glaube, es wird sogar ein bisschen besser.“ Kurz darauf stöhnte er erneut auf. Die Schmerzen kamen in Wellen.
„Das sind Gallenkoliken“, stellte die Notärztin fest. „Wir müssen Sie auf jeden Fall mitnehmen, um festzustellen, ob ein Gallenstau eine Entzündung der Gallenblase hervorgerufen hat.“
„Behalten Sie ihn möglichst lange da“, sagte Heidelinde Block.
„Heidelindchen, jetzt sei doch nicht so“, bat Manfred Block, bevor ihn eine neue Schmerzwelle erfasste.
Heidelinde ignorierte ihn. „Ich packe ein paar Sachen für meinen Mann ein und komme später nach“, sagte sie, bevor sie aus dem Zimmer ging.
Jupp Diederichs und Ewald Miehlke, die beiden Sanitäter in Andrea Bergens Team, halfen dem Mann auf die fahrbare Trage. Wahrscheinlich waren beide heilfroh, dass es keine Treppen gab und sie ihn problemlos zum Rettungswagen fahren konnten.
Im Elisabeth-Krankenhaus übergaben sie den Patienten an die Kollegen der Notfallambulanz. Kurz darauf wurden sie zu einem Unfall in die Innenstadt gerufen.
Danach folgte ein Einsatz dem nächsten. Erst am späten Nachmittag dachte Andrea Bergen wieder an den übergewichtigen Patienten. Sie erfuhr, dass er auf der Chirurgischen Station lag.
Auf dem Weg dorthin begegnete ihr Professor Hebestreit in Begleitung einer Frau, die Andrea noch nicht kannte. Sie trug einen weißen Kittel; auf dem kleinen Schild über der Brusttasche stand ihr Name: Dr. Ella Liebetrut.
„Dr. Bergen.“ Professor Hebestreit freute sich offensichtlich über das zufällige Treffen. „Da kann ich Sie gleich mit der neuen Kollegin bekannt machen. „Dr. Liebetrut ist die Viszeralchirurgin aus Berlin.“
Die beiden Frauen reichten einander die Hand und schauten sich an. Andrea empfand sofort Sympathie für die neue Kollegin, und Ella Liebetruts Lächeln bewies, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. „Schön, dass wir uns endlich persönlich kennenlernen, nachdem Sie mir meinen ersten Patienten beschert haben. Wir haben Herrn Block inzwischen operiert und ihm die Gallenblase entfernt.“
„Herzlich willkommen im Elisabeth-Krankenhaus!“, sagte Andrea. „Ich hoffe, Sie fühlen sich bei uns wohl.“
„Die Arbeit hier gefällt mir sehr gut“, versicherte die neue Kollegin. In ihrer Stimme schwang jedoch etwas mit, dass Andrea hellhörig werden ließ. Bevor sie sich darüber aber Gedanken machen konnte, wurde sie zu einem weiteren Noteinsatz gerufen.
***
„Du musst nach Hause kommen!“
„Warum sollte ich?“ Aaron Vosteens Stimme blieb ruhig, trotz des Aufruhrs, der in ihm tobte. Seit zehn Jahren hatte sein Vater nicht mehr mit ihm gesprochen.
Eigentlich war ihr Verhältnis bereits vorher ziemlich angespannt gewesen, weil er sich dem Willen des Vaters widersetzt und ein Studium der Veterinärmedizin begonnen hatte. Sein Vater hätte ihn ebenso wie seinen älteren Bruder Clemens lieber in der Privatbank gesehen, die einen Teil des Familienkonzerns ausmachte.
„Dein Bruder ist schwer krank. Er braucht einen Knochenmarkspender.“
Die Worte seines Vaters erschreckten Aaron, obwohl er auch zu seinem Bruder kein besonders inniges Verhältnis pflegte. Dazu waren sie zu verschieden. Aber immerhin hatten sie sich gegenseitig Geburtstagsgrüße zugeschickt oder gute Wünsche zu anderen Feiertagen. Aber ihr Verhältnis war nicht so innig, dass sein Bruder ihn über die schwere Erkrankung unterrichtet hatte. Ob es seinem Vater schwerfiel, ihn zu bitten, nach Hause zu kommen?
Aber eigentlich war es auch keine Bitte, sondern mehr ein Befehl. Trotzdem war Aaron fest entschlossen, seinem Bruder zu helfen, wenn es in seiner Macht stand.
„Was genau fehlt Clemens?“, wollte er wissen.
Die Antwort war kurz und knapp. „Multiples Myelom. Nelly und ich kommen als Spender nicht infrage.“
„Ich muss hier ein paar Dinge regeln, doch ich denke, dass ich zusammen mit meiner Tochter in zwei oder drei Tagen nach Deutschland kommen kann.“
„Du hast eine Tochter?“ Zu ersten Mal seit Beginn ihres Gespräches lag so etwas wie eine Regung in der Stimme seines Vaters. Ein Hauch von Interesse.
„Ja“, war alles, was Aaron erwiderte. Die Fronten zwischen ihm und seinem Vater waren seit Jahren geklärt. Meinhard Vosteen hatte ziemlich deutlich gezeigt, dass er am Leben seines jüngeren Sohnes nicht interessiert war.
Aaron hatte sich damit inzwischen abgefunden und war nicht mehr bereit, an diesem Zustand etwas zu ändern.
***
Unwillkürlich lächelte Ella, als sie das Zimmer ihrer Tochter betrat und ihr Blick auf das riesige Poster fiel. Eine Buschlandschaft im Zwielicht der untergehenden Sonne. Zwischen den riesigen Baobabs waren die grauen Schatten einer Elefantenherde zu sehen.
Es erfüllte Ella ein wenig mit Zuversicht, dass Kiara offensichtlich noch immer an ihrem gemeinsamen Traum festhielt, sonst hätte sie in ihrem neuen Zimmer, in diesem ihr völlig verhassten Haus, das Afrika-Plakat bestimmt nicht aufgehängt.
Früher hatten sie oft gemeinsam Pläne geschmiedet, wie es sein würde auf ihrer gemeinsamen Reise nach Afrika. Sie hatten sich zusammen Bücher und Filme über dieses Land angesehen, in Reiseprospekten geschmökert und jeden Cent gespart, den sie erübrigen konnten.
Kiara war so stolz gewesen, dass sie das „Afrika-Sparbuch“, wie sie es nannten, verwalten durfte.
In den letzten beiden Jahren hatten sie nichts mehr gespart. Kiara sprach auch nicht mehr von Afrika, und es schien so, als hätte sie auch kein Interesse mehr an einer gemeinsamen Reise mit ihrer Mutter.
Die Vierzehnjährige lag mit geschlossenen Augen auf ihrem Bett und lauschte der Musik aus ihrem Smartphone, die nur sie durch die Stecker ihres Kopfhörers vernahm. Wahrscheinlich hatte sie die Musik wieder in voller Lautstärke eingestellt, auch wenn Ella sie ständig auf die Gefahren einer Hörschädigung hinwies.
Aber Kiara hörte schon lange nicht mehr auf sie. Früher war ihr Verhältnis innig und liebevoll gewesen, bis Kiara in einen Freundeskreis geraten war, der sie immer weiter von ihrer Mutter entfernte.
Plötzlich schien die Vierzehnjährige zu spüren, dass sie nicht mehr allein im Zimmer war. Sie öffnete die Augen und richtete sich auf, als sie ihre Mutter erblickte. Mit einer wütenden Bewegung riss sie sich die Stöpsel aus den Ohren. „Was willst du?“
„Dein Klassenlehrer hat angerufen.“ Ella holte tief Luft. „Du bist wiederholt ohne Entschuldigung dem Unterricht ferngeblieben.“
Kiara schürzte trotzig die Lippen und zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Na und?“
Ella musste an sich halten, um nicht laut zu werden. „Ich dachte, wir hätten diese Phase hinter uns gelassen.“
„Was du schon denkst!“ Kiara schaute ihre Mutter wütend an. „Du hast mich aus Berlin in dieses verdammte Kaff verschleppt. Ich will hier nicht sein, das habe ich dir von Anfang an gesagt.“
„Du tust gerade so, als wäre dein Betragen in Berlin besser gewesen.“
„Ich hasse diese verdammte Stadt. Ich hasse die Schule hier, die Lehrer. Und die Leute. Ich will hier nicht wohnen. Ich will nach Hause.“
„Das hier ist unser Zuhause, ob es dir nun passt oder nicht.“
Ella verdrängte den Gedanken daran, dass es ihr eigentlich selbst nicht gefiel, wieder hier in ihrem Elternhaus zu wohnen.
„Wir sind vor allem deinetwegen hierher gezogen“, hätte sie ihrer Tochter antworten können, aber Ella schwieg. Ihre eigene Mutter hatte nie mit Vorhaltungen gespart. Direkte, vor allem aber unterschwellige Vorwürfe, gegen die Ella sich nie hatte wehren können. Sie spürte heute noch die Hilflosigkeit, die sie damals empfunden hatte. Sie hatte sich fest vorgenommen, so niemals mit ihrer eigenen Tochter umzugehen, auch wenn Kiara es ihr im Moment nicht einfach machte.
„Ich hielt es für die beste Lösung“, erwiderte sie deshalb ausweichend. Immerhin war diese Antwort nicht gelogen. Es war die beste Lösung gewesen, weil genau zu dem Zeitpunkt, als Kiara wiederholt von der Polizei nach Hause gebracht wurde, die Mieter ihres Elternhauses gekündigt hatten.
Eigentlich hatte Ella sich vorgenommen, nie wieder hierher zurückzukommen. Nicht nur wegen ihrer Mutter …
Doch dann sah sie in einer medizinischen Zeitschrift auch noch die Stellenanzeige des Elisabeth-Krankenhauses. Eine Viszeralchirurgin wurde gesucht.
Obwohl Ella eher nicht abergläubisch war, hatte sie darin einen Wink des Schicksals gesehen und die endgültige Entscheidung davon abhängig gemacht, ob sie diese Stelle bekam.
Und jetzt war sie hier. In der Stadt, in die sie eigentlich selbst nie hatte zurückkehren wollen. In ihrem Elternhaus, in dem sie eigentlich auch nicht leben wollte. Und Kiara erleichterte ihr diese Entscheidung nicht.
Es gab nur einen Punkt, den Ella als absolut positiv empfand: ihre neue Stelle im Elisabeth-Krankenhaus.
Ella kam mit den neuen Kollegen ebenso zurecht wie mit ihren Vorgesetzten. Sie ging völlig in ihrer Arbeit auf und fühlte sich im Krankenhaus bedeutend wohler als in ihrem neuen alten Zuhause. „Kiara, das geht so nicht weiter“, kam Ella auf den Ausgangspunkt ihres Gespräches zurück. „Ich erwarte, dass du regelmäßig zur Schule gehst.“
Kiara grinste sie frech an. „Und wenn nicht?“
Die Hilflosigkeit raubte Ella sekundenlang den Atem. Sie hatte keine Ahnung, wie sie auf die Provokation ihrer Tochter reagieren, welche Konsequenzen sie ihr androhen konnte, die Wirkung zeigen würden. „Ich lasse dir das nicht länger durchgehen“, sagte sie schließlich. Etwas Besseres fiel ihr nicht ein. Sie drehte sich um und verließ das Zimmer.
Kiaras höhnisches Lachen folgte ihr.
***
„Willkommen in meiner Heimat“, sagte Aaron in deutscher Sprache, nachdem sie auf dem Flughafen die Zollkontrolle hinter sich gelassen hatten.
„Ek verstaan nie“, behauptete Eleni in ihrer Muttersprache Afrikaans.
Aaron lachte. „Ich weiß, dass du mich sehr gut verstehst.“
Eleni stimmte in sein Lachen ein. Interessiert schaute sie sich um. Sie war zum ersten Mal in Deutschland. „Werden wir abgeholt?“, fragte sie diesmal auf Deutsch.
„Ich habe einen Mietwagen gebucht.“ Aaron schob den Gepäckwagen vor sich her. „Damit wir unabhängig sind und ich dir ein wenig von Deutschland zeigen kann.“
„Aber du bist doch hier, weil dein Bruder krank ist.“
Ein Schatten zog über Aarons Gesicht. Natürlich hatte er den Grund seiner Heimkehr nicht vergessen. Aaron hatte erst gestern mit seinem Bruder telefoniert, um ihm mitzuteilen, dass er heute nach Deutschland kam. Clemens hatte fröhlich und sorglos geklungen, obwohl er wusste, dass seine Krankheit nicht heilbar war. Immerhin war es möglich, die Lebenserwartung deutlich zu verlängern und die Lebensqualität zu verbessern.
„Ich hoffe, dass ich meinem Bruder helfen kann“, sagte Aaron. „Wir haben trotzdem genug Zeit für Besichtigungstouren in der Umgebung.“
„Ich habe ein bisschen Angst vor deiner Familie“, gestand Eleni plötzlich.
Aaron, der gerade auf den Stand der Autovermietung zusteuerte, blieb stehen und schaute sie überrascht ab. „Warum?“
„Du sprichst nicht oft über deinen Vater und deinen Bruder. Aber wenn du es tust, guckst du dabei immer so komisch.“ Die Vierzehnjährige zog eine Grimasse in dem Versuch, seinen Gesichtsausdruck zu imitieren. „So …“ Sie schaute ihn fragend an. „Verstehst du dich nicht gut mit deiner Familie? Bist du deshalb nach Namibia gekommen?“
„Ich bin wegen der Elefanten nach Namibia gekommen und dann wegen deiner Mutter und dir geblieben.“ Aaron verschwieg, dass es damals nichts gegeben hatte, was ihn in Deutschland hielt.
Es war ihm nicht schwergefallen, vor zehn Jahren nach Namibia zu gehen. Er arbeitete immer noch in der Forschungsstation, die sich für den Erhalt der Wüstenelefanten einsetzte. Dort hatte er auch Elenis Mutter Amera kennengelernt. Sie arbeitete ebenfalls als Wissenschaftlerin in seiner Projektgruppe.
Aaron verliebte sich in sie. Anfangs war Amera sehr spröde und zurückhaltend gewesen. Eine alleinerziehende Mutter, die in ihrem Leben viel Schmerz und Leid erfahren hatte. Als sie sich auch in ihn verliebte, begann für sie beide die glücklichste Zeit ihres Lebens. Gleich nach ihrer Hochzeit hatte er Eleni adoptiert.
Als Amera vor vier Jahren bei einem Absturz mit einer kleinen Privatmaschine ums Leben gekommen war, war es die Verantwortung für Eleni gewesen, die Aaron nicht an seinem Schmerz verzweifeln ließ.
Er legte einen Arm um Elenis Schulter und zog sie an sich. „Wir haben nicht viel mit meiner Familie zu tun“, sagte er. „Nelly, die Frau meines Bruders, ist ganz nett. Mein Vater ist sowieso nur in der Bank. Und mein Bruder offensichtlich auch.“
„Obwohl er so krank ist?“, wunderte sich Eleni.
„Das ist oft so bei Menschen, die ziemlich viel Geld haben. Die wollen noch mehr.“ Aaron spürte selbst, dass sein Lachen, mit dem er diese Worte begleitete, nicht echt klang.