Notärztin Andrea Bergen 1415 - Daniela Sandow - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1415 E-Book

Daniela Sandow

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Beschreibung

Zum wiederholten Mal an diesem Tag lässt Isabella den Blick durch die luxuriöse Eigentumswohnung mitten in der City gleiten, die sie seit Jahren mit ihrem Mann Erik bewohnt: der glänzende Parkettboden, die teure Ledergarnitur, der auf Hochglanz polierte Esszimmertisch und die vielen kostbaren Teppiche ... Dazu die Aussicht auf den Markplatz und das Rathaus - den Wirkungskreis ihres Mannes, der als Bürgermeister die Geschicke dieser Stadt lenkt.
So viel Pracht - und doch so weit von meinem Traum entfernt, denkt Isabella traurig. Wann sind uns nur die Liebe und Zärtlichkeit abhandengekommen, das Glück der ersten Jahre?
Seit Isabella weiß, dass Erik sie mit seiner Assistentin Eva betrügt, empfindet sie ihre Ehe zunehmend als Gefängnis - und doch: Statt neu anzufangen, will sie Erik um jeden Preis halten und verfällt dabei auf eine irrwitzige Idee: Sie spielt ihm eine schwere Krankheit vor - und merkt dabei nicht, wie risikoreich das Spiel ist, das sie da treibt ...


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Seitenzahl: 110

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Inhalt

Cover

Impressum

Tage des Donners

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: G-Stock Studio / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0499-1

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Tage des Donners

Seltsam ... Noch einmal habe ich mir die Untersuchungsergebnisse von Isabella Ohland kommen lassen und die Werte genau studiert, doch ich kann keinen Grund für ihre ständigen Ohnmachtsanfälle finden. Weder Computertomografie noch Kernspin haben irgendeinen Hinweis auf eine Erkrankung gegeben, und auch das Blutbild ist völlig unauffällig. Worauf also sind Isabellas gesundheitliche Probleme zurückzuführen?

Auch ihr Mann Erik, unser Bürgermeister, wirkt ratlos ... und zunehmend genervt von seiner Frau. Gestern habe ich ihn bei der Übergabe eines neuen Röntgengeräts an das Elisabeth-Krankenhaus in Begleitung seiner bezaubernd schönen Assistentin Eva Noll gesehen – ungehörig vertraut, wie ich zugeben muss. Bei diesem Anblick verstärkte sich mein Verdacht, den ich schon seit Tagen habe: Nicht, dass Isabella ihre gesundheitlichen Probleme nur vortäuscht, damit ihr Mann sie nicht verlässt!

»Schatz, ich bin jetzt Bürgermeister. Ich kann mich solchen Verpflichtungen nicht entziehen.« Was eigentlich eine Entschuldigung sein sollte, klang eher stolz.

Isabella Ohland konnte es ja auch verstehen, aber musste Erik sich wirklich bei jeder noch so kleinen Veranstaltung zeigen? Selbst beim Treffen eines Kaninchenzuchtvereins? Sie trat auf ihn zu und legte ihre Hände auf seine Brust.

»Du bist aber auch mein Ehemann«, lockte sie. »Und da hast du auch gewisse Verpflichtungen.«

Er umschloss sie mit beiden Armen.

»Als wäre ich meinen Verpflichtungen da nie nachkommen!«, flüsterte er dicht an ihrem Ohr. »Trotzdem«, er löste sich wieder von ihr, »warte heute nicht auf mich, es wird wahrscheinlich spät.«

»Wie jeden Abend«, sagte sie unzufrieden.

In seiner Miene zeigte sich erster Ärger. »Das ist der Preis für das Amt. Es war uns beiden vorher klar.«

»Ja.« Sie senkte den Kopf und sagte nichts mehr. Dabei hätte sie ihn daran erinnern können, dass sie über seine Kandidatur von Anfang an nicht glücklich gewesen war.

»Ich bin dann mal weg.« Seine Stimme klang nicht unfreundlich, aber auch nicht besonders herzlich.

Isabella sah wieder auf und versuchte ein Lächeln.

»Ich wünsche dir einen schönen Abend.«

Auch er lächelte jetzt wieder. »Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als den Rammler des Monats zu prämieren.« Er hauchte einen flüchtigen Kuss auf ihre Wange, dann ging er und hinterließ einen Hauch seines sanft herben Aftershaves.

Isabella trat ans Fenster und schaute hinüber zu dem altehrwürdigen Rathaus. Erik und sie besaßen eine Eigentumswohnung in einem der Jugendstilhäuser, die sich um den Marktplatz gruppierten. Luxussanierte Gebäude, die äußerlich die Zeit ihrer Erbauung repräsentierten, aber innen jeglichen Komfort aufwiesen. Die Nähe zum Rathaus war letztendlich kaufentscheidend gewesen.

Es war eine schöne Wohnung. Repräsentativ, mit hohen Decken und großen Fenstern, die viel Licht in die Räume ließen. Viel zu viele und zu große Räume für eine einzige Person. Erik war ja kaum noch da.

Der einzige Raum, den Isabella wirklich mochte, war das kleinste Zimmer der Wohnung. Von dort aus schaute sie nicht auf den Marktplatz, sondern in die Gärten der Villen ringsum. Alles sorgfältig gestutzt, mit plattierten Terrassen und Gehwegen. Aber es war wenigstens etwas Grünes, an dem sie sich erfreuen konnte.

Isabella arbeitete freiberuflich als Übersetzerin. Dank ihrer italienischen Mutter war sie zweisprachig aufgewachsen. Eigentlich hatte sie nach ihrem Studium Auslandskorrespondentin werden wollen. Außer Deutsch und Italienisch sprach sie auch noch fließend Englisch und Französisch. Während eines Volontariats hatte sie Erik kennen- und lieben gelernt.

Sie verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln, als sie daran dachte, dass sie seinetwegen auf ihre Karriere verzichtet hatte. Weil er, wie er damals sagte, es nicht ertragen könnte, wenn er zu Hause ständig auf sie warten müsste.

Und nun war sie es, die wartete. Immer wieder, Tag für Tag.

Nicht mehr daran denken, ermahnte sie sich selbst. Sie hatte Angst, zu sehr zu verbittern, wenn sie sich in diese Gedanken hineinsteigerte. Sie schaltete den PC ein und konzentrierte sich auf die Übersetzungen, die sie für den deutschen Katalog eines italienischen Schuhkonzerns machen sollte. Mit einem ziemlich engen Abgabetermin. Aber das war gut so. Es lenkte sie ab ...

***

»Da bist du ja endlich.« Eva Noll lächelte spöttisch. »Hat Frauchen dich wieder aufgehalten?«

»Ich mag es nicht, wenn du so über Isabella sprichst.«

Eva zuckte lediglich grinsend mit den Schultern.

»Können wir dann?«, fragte er.

Eva wusste, dass er es hasste, wenn er die Presse verpasste. Denn die, davon war er überzeugt, kam sowieso nur seinetwegen. Wahrscheinlich stimmte das sogar. Er war der jüngste und zweifellos auch der attraktivste Bürgermeister, den es in dieser Stadt je gegeben hatte. Es war abzusehen, dass sein Weg nicht hier im Rathaus endete.

Eva kannte seine hohen politischen Ambitionen und hoffte, von seinen Erfolgen zu profitieren. Das war aber nicht ihr einziger Antrieb. Sie fand, dass Erik sehr viel besser zu ihr als zu der langweiligen Isabella passte. Eigentlich hatte er das doch selbst längst eingesehen. Jetzt musste er nur noch die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis ziehen.

Sie trat auf ihn zu und tat so, als wollte sie seine Krawatte zurechtrücken. Mit ihren High Heels war sie so groß wie er und konnte ihm direkt ins Gesicht schauen. Sie waren sozusagen auf Augenhöhe – und das in allen Bereichen.

Als er sich vorbeugte, um sie auf den Mund zu küssen, trat sie schnell einen Schritt zurück. »Nein, mein Lieber. Die Belohnung gibt es erst nach der Prämierung des Rammlers.«

»So wie du es sagst, klingt es ein wenig anzüglich.« Er grinste.

»Genau so war es gemeint.« Sie drehte sich um und stöckelte vor ihm her aus seinem Büro.

***

»Ich freue mich, dass der Kollege eine etwas längere Auszeit genommen hat.« Kai Sahler nahm neben Notärztin Andrea Bergen im Rettungswagen Platz. »Ich fahre gerne mit Ihnen.«

»Schleimer«, brummte Jupp Diederichs und startete den Rettungswagen.

Kai beugte sich ein wenig vor, um an der Notärztin vorbei zu Jupp zu sehen. »Mit dir fahre ich auch gern«, sagte er. »Und du bist doch nur so brummig, weil Ewald so lange Urlaub genommen hat.«

»Acht Wochen!« Jupp schüttelte fassungslos den Kopf, während er den Wagen langsam aus der Schleuse steuerte. Erst als er die Straße erreichte, schaltete er Blaulicht und Martinshorn ein. »Wer macht denn acht Wochen Urlaub?«

»Unbezahlte Überstunden, Resturlaub und der gesamte Urlaub von diesem Jahr, da kommen schon einige Urlaubstage zusammen«, sagte Andrea Bergen. Jupp und ihr ging es eigentlich nicht anders. Die Überstunden in Verbindung mit den Urlaubstagen hätten auch für Jupp und sie für einen langen Urlaub gereicht.

»Und wenn man schon einmal die Gelegenheit hat, ans andere Ende der Welt zu reisen, dann sollte man sich dazu so viel Zeit wie möglich nehmen«, sagte Kai Sahler. »Ich hätte es genauso gemacht wie Ewald.«

»Hm«, murmelte Jupp und schien eine ganze Weile darüber nachzudenken, während er hochkonzentriert durch die Stadt fuhr. »Na gut, acht Wochen Australien hätte ich mir auch nicht entgehen lassen.«

»Ich auch nicht«, seufzte Andrea. Während sie hier mit Vollgas in die kalte Jahreszeit starteten, begann in Australien der Frühling.

Wenige Minuten später hatten sie ihr Ziel erreicht. Eine Sportanlage am Ende der Stadt. Zwei Jungen kamen aufgeregt zum Rettungswagen.

»Der Micha liegt dahinten, gleich vor dem Tor.«

»Was ist denn passiert?«, wollte Andrea Bergen wissen.

»Er hat einen Elfmeter gehalten«, berichtete der andere Junge stolz. »Aber dann ist er hingefallen, und sein Bein hat so komisch geknackt.«

Als Jupp das hörte, ging er zur Rückseite des Wagens.

»Ich hole schon mal die Trage.«

Auch Andrea hatte bereits einen Verdacht, der sich bestätigte, als sie auf den Platz kam und den Jungen auf dem Boden liegen sah. Das Bein stand in einem so unnatürlichen Winkel ab, dass die Diagnose nicht sehr schwierig war. Ein junger Mann, der neben dem Verletzten kniete, erhob sich.

»Dirk Werkmeister, ich bin der Trainer der Jungen.« Er sah blass aus. Der Unfall schien ihn mehr zu belasten als seinen Schützling.

»Kriege ich jetzt einen coolen Gips?«, wollte Micha wissen.

Andrea ging neben ihm in die Hocke. »Hast du keine Schmerzen?«

»Ein bisschen«, gab er zu und wandte den Kopf schnell ab. Aber nicht schnell genug. Sie hatte gesehen, dass sich seine Augen mit Tränen füllten, die er vor ihr, aber vor allem vor seinen Freunden nicht zeigen wollte.

»Micha, fängst du jetzt an zu flennen?«, rief einer der Jungs belustigt.

»Jan, halt den Mund«, wies der Trainer ihn zurecht. »Ihr geht jetzt alle nach Hause, das Training ist für heute beendet.«

Micha hatte sich inzwischen wieder im Griff. »Und ich fang nicht an zu flennen«, rief er seinen abziehenden Freunden nach.

»Du hältst dich wirklich tapfer«, lobte Andrea. Sie wandte sich an Dirk Werkmeister. »Können Sie seine Eltern informieren? Wir bringen ihn ins Elisabeth-Krankenhaus.«

»Ja, das mache ich sofort.«

Kai Sahler hatte die Jeans des Jungen aufgeschnitten.

»Keine offene Fraktur«, sagte er zu Andrea Bergen, dann wandte er sich an den Jungen. »Vielleicht hast du großes Glück und es muss nicht operiert werden.«

»Krieg ich trotzdem einen Gips?«

Kai lachte. »Das kommt gut bei den Mädchen an, nicht wahr?«

Micha grinste, wurde inzwischen aber auch ein wenig blass um die Nase. Der körpereigene Adrenalinschub ließ nach, und nun zeigte sich eine leichte Schockwirkung. Mit wenigen Handgriffen legten die beiden Sanitäter den Jungen auf die Trage. Kai Sahler schaffte es immer wieder, ihn zum Lächeln zu bringen.

Er wäre ein guter Vater, stellte Andrea für sich fest. Er konnte so gut mit dem Kleinen umgehen. Sie hielt sich allerdings mit einer entsprechenden Bemerkung zurück. Sie kannte nicht nur den Sanitäter, sondern auch dessen Ehefrau Vanessa. Vor einem Jahr hatte Vanessa Sahler eine Fehlgeburt erlitten. Es hatte nicht nur sie, sondern auch Kai hart getroffen.

Bevor Andrea nach ihrer Schicht nach Hause fuhr, ging sie noch einmal zu Micha.

Der Junge teilte sich das Zimmer mit einem gleichaltrigen Jungen. Die beiden hatten sich offensichtlich bereits angefreundet.

»Wie lange darf ich denn bleiben?«, fragte Micha, als Andrea Bergen sich nach seinem Befinden erkundigte.

Die Notärztin lachte. »Die meisten Patienten fragen normalerweise, wie lange sie bleiben müssen.«

»Ich muss nicht zur Schule«, vertraute er ihr mit leuchtenden Augen an.

Andrea lachte. »Ich verstehe. Ein paar Tage hast du bestimmt frei. Ich finde, du hast dich heute tapfer geschlagen.«

Als Andrea gehen wollte, betrat Kai Sahler das Zimmer. Auch er wollte sich noch einmal nach dem Befinden des Jungen erkundigen. Erneut stellte Andrea fest, wie schade es war, dass er und seine Frau keine Kinder hatten.

***

»Wo ist der Schnaps?«, rief Fred Lingen.

Marie zuckte erschrocken zusammen. »Schnell, Emmy«, sagte sie zu ihrer achtjährigen Tochter. »Versteck dich.«

»Ich will dich aber nicht allein lassen.« Das Mädchen begann zu weinen.

»Mir passiert nichts«, versprach Marie wider besseres Wissen. »Lauf schnell, versteck dich nebenan in der Kammer.«

Das Mädchen lief durch die Verbindungstür, als der polternde Schritt ihres Vaters auf dem Flur zu hören war. Marie atmete erleichtert auf, weil Emmy es gerade noch rechtzeitig schaffte, ungesehen nach nebenan zu kommen. Da stand Fred auch schon in der Tür. Obwohl er schwankte, drückte seine ganze Haltung eine unterschwellige Drohung aus.

»Wo ist der Schnaps?«

»Du hast doch gestern gesagt, ich soll heute keinen mehr kaufen.« Während sie das sagte, betastete sie unwillkürlich die geschwollene Stelle unter ihrem rechten Auge.

Fred kam näher. »Du dumme Pute! Du weißt genau, dass ich nur das sage, was du hören willst.«

Ja, das wusste sie. Immer dann, wenn er sie grün und blau geschlagen hatte, setzte bei ihm die Ernüchterung ein, die aber weniger mit seinem Zustand, sondern mehr mit seinen Schuldgefühlen zu tun hatte. Zum wiederholten Male hatte er ihr versprochen, mit dem Trinken aufzuhören. Er hatte sie sogar extra aufgefordert, heute beim Einkaufen keinen Alkohol mehr mitzubringen. Er hatte es sich sogar von ihr versprechen lassen.

»Bitte hilf mir«, hatte er sie gestern angefleht. »Ich will dir das nicht mehr antun. Egal, was ich morgen sage, bringe mir bitte keinen Alkohol mit.«

Da hatte sie noch gezögert.

»Versprich es mir«, hatte er sie aufgefordert. »Bitte, Marie!« Dabei hatte er vor ihr auf den Knien gelegen und verzweifelt die Hände gerungen.

Sie hatte es ihm schließlich versprochen. Aus der Hoffnung heraus, dass sich tatsächlich etwas änderte. Und vor Angst, weil sie genau wusste, dass auch diese weinerlichen Stimmungen schnell wieder in Wut umschlagen konnten. Und jetzt erhielt sie die Quittung.

Nüchtern hätte er sie nicht angegriffen, aber offensichtlich hatte er noch Alkohol in irgendeinem Versteck gelagert und sich damit betrunken. Jetzt war dieser Vorrat verbraucht, und das steigerte seine Wut ins Unermessliche.

Sie duckte sich, als er auf sie zukam, und dann hob er die Hand ...

***

Neuer Morgen, neues Glück! Vanessa Sahler gab sich alle Mühe, ihre Freude nicht zu laut hinauszuschreien. Am liebsten wäre sie singend und jubelnd durch die Wohnung gelaufen. Sie riss sich zusammen, weil sie Kai nichts sagen wollte, bevor sie sich hundertprozentig sicher war.