Notärztin Andrea Bergen 1419 - Isabelle Winter - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1419 E-Book

Isabelle Winter

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Beschreibung

Nachdem ein junger Patient nach einem folgenschweren OP-Fehler stirbt, stürzt der Chirurg Dr. Noah Kern in eine tiefe Lebenskrise. Die Schuldgefühle drohen ihn zu erdrücken, er kann nicht mehr schlafen und nicht essen. Erst die schöne Simone gibt ihm wieder Zuversicht. Doch er sollte ihr nicht vertrauen - auf keinen Fall!


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Inhalt

Cover

Impressum

Fehler im OP

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: WHYFRAME / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0698-8

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Fehler im OP

Ich weiß nicht, wie ich meinem Kollegen Noah Kern helfen soll. Seit sich sein Patient Ben Krüger nach einer gescheiterten Operation an der Lendenwirbelsäule das Leben genommen hat, hat der kompetente Chirurg alle Zuversicht verloren. Schuldgefühle und Selbstvorwürfe machen ihm das Leben so schwer, dass er nun beschlossen hat, nie mehr zu operieren! Dabei trifft ihn keine Schuld an dem, was im OP geschah. Der Eingriff an Ben Krüger hätte niemals stattfinden dürfen!

Auch Simone, Noahs Freundin, scheint ihm in dieser schweren Zeit keine Hilfe zu sein – im Gegenteil. Sie bestärkt ihn noch in dem Gefühl, ein Versager zu sein ...

»Doktor Kern! Ich wollte nur fragen ... Ich hatte überlegt ... Wollen Sie nachher in der Mittagspause vielleicht einen Kaffee mit mir trinken?« Bettys Wangen röteten sich, was einen niedlichen Kontrast zum hellen Blau ihres Kittels bildete.

Schmunzelnd schaute Dr. Noah Kern die Krankenschwester an, die nervös vor ihm stand. Er war nur ein paar Jahre älter als sie, aber für die jungen Krankenschwestern schien er als Chirurg trotzdem eine Autorität zu sein.

Und nicht nur das: An dem Klischee, dass sich manche Krankenschwestern angeblich gerne mit Ärzten einließen, schien etwas dran zu sein. Zumindest wurde er hier im Elisabeth-Krankenhaus regelmäßig angeflirtet, seit er die Zeit als Assistenzarzt hinter sich gebracht hatte. Betty warf ihm seit Tagen schon tiefe Blicke zu. Jetzt hatte sie offenbar ihren Mut zusammengenommen und ihn vor Dr. Neumuths Büro abgefangen.

»Das klingt gut, aber ich bin leider schon verabredet«, sagte er freundlich und unverbindlich, bevor er das Büro betrat.

Es war die Wahrheit: Er hatte vor, mit Andrea Bergen, einer lieben Kollegin, zu Mittag zu essen. Aber auch darüber hinaus fand er Betty zwar nett, aber nicht mehr als das. Die Frau, für die sein Herz schlug, war weder Betty noch Andrea.

»Noah! Na, wie geht's?« Dr. Neumuth lehnte sich in seinem bequemen Stuhl zurück. Seine schlohweißen Haare glänzten im Sonnenlicht, das zum Fenster hereinschien. Das Faltennetz um seine Augen wurde tiefer, als er Noah entgegenlächelte.

»Zu Tode betrübt, weil mein Mentor mich verlässt«, seufzte Noah grinsend. »Wie soll ich denn ganz allein im Krankenhaus zurechtkommen?« Er nahm eine Praline aus der Schachtel, die Dr. Neumuth ihm entgegenhielt.

Der Oberarzt zuckte mit den Schultern. »Da mache ich mir keine Sorgen. Du hast dich zu einem sehr passablen Chirurgen gemausert. Gönn einem alten Mann doch seine wohlverdiente Rente.«

Noah schmunzelte. »Oh, die gönne ich Ihnen von Herzen. Schreiben Sie mal eine Postkarte aus Florida.«

Sein Blick fiel auf den Computerbildschirm, auf dem gerade nichts zu sehen war, was mit Holger Neumuths Arbeit als Arzt zu tun hatte – sondern Bilder von sonnenbeschienenen Stränden und der dramatischen Landschaft der Everglades. Mit dem Zeigefingerknöchel klopfte der Oberarzt auf den Monitor und machte Noah auf eines der Fotos aufmerksam.

»Das ist unseres. Das haben Maria und ich uns ausgesucht.« Er lachte heiser. »Wenn du das nächste Mal Überstunden schiebst und im OP schwitzt, sitzen wir auf dieser Veranda auf unseren Schaukelstühlen, genießen das tropische Klima, und unser einziges Problem sind die lästigen Mücken.«

Noah betrachtete die weiße Villa mit der hübschen Veranda. Der Pool daneben war von Palmen umgeben.

»Na schön, ich habe es mir anders überlegt. Ich gönne es Ihnen doch nicht, dazu ist mein Neid zu groß«, scherzte er. »Aber mal im Ernst: Eigentlich bin ich hier, um noch einmal die anstehende OP zu besprechen. Der Eingriff an der Lendenwirbelsäule beim Patienten Ben Krüger.«

Ben Krüger war einer von Neumuths Patienten, der Arzt hatte sämtliche Vorbesprechungen übernommen. Den Eingriff selbst würde aber Noah durchführen.

Dr. Neumuth machte eine wegwerfende Handbewegung. »Da ist doch schon alles geklärt. Das ist ein Klacks. Ein reiner Routineeingriff. Sieh dir lieber das an. Habe ich schon erzählt, dass ich mir in Florida ein Boot zulege?«

Noah seufzte. Offensichtlich war sein Mentor, von dem er so vieles gelernt hatte, gedanklich bereits mit einem Fuß in der Rente.

***

Geschirr und Besteck klirrten im Personalrestaurant des Elisabeth-Krankenhauses. Ärztinnen und Ärzte, Schwestern und Pfleger verbrachten hier gern ihre Pausen, genossen eine Suppe, ein Sandwich oder zumindest einen heißen Kaffee, unterhielten sich mit ihren Kollegen oder atmeten einfach einen Moment lang in Ruhe durch, bevor der Trubel und Stress des Krankenhausalltags sie wieder verschluckte.

Mit zwei Kaffeebechern in den Händen steuerte Noah Kern auf den Tisch zu, an dem Andrea Bergen schon wartete.

»Sorry für die kleine Verspätung«, sagte er und reichte ihr einen der Kaffeebecher. »Ich war gerade noch bei Dr. Neumuth und bin einfach nicht schneller losgekommen. Du weißt ja, wie das manchmal ist.«

Die Notärztin lachte. Ihre graugrünen Augen funkelten vergnügt.

»Lass mich raten. Er hat dich ausgiebig über seine Florida-Pläne informiert? Es sei ihm gegönnt. Da erfüllt er sich wirklich einen Lebenstraum.«

Schmunzelnd nickte Noah und nahm einen großen Schluck von seinem Kaffee.

»Aber ich muss sagen, ein bisschen wehmütig bin ich schon. Seit meinem ersten Tag als Assistenzarzt hier im Elisabeth-Krankenhaus hat er mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Damals war ich ein völlig eingeschüchterter Assistenzarzt. Mittlerweile bin ich als Chirurg, wie er sagt, ›ganz passabel‹. Das habe ich ihm zu verdanken. Ich habe wirklich eine Menge von ihm gelernt.«

Andrea machte sich über ihr Stück Marmorkuchen her und spülte das etwas trockene Gebäck mit Kaffee hinunter.

»Er ist wirklich eine Koryphäe, und dem Elisabeth-Krankenhaus hat es gutgetan, dass er so lange hier gearbeitet hat. Aber jetzt hat er sich den Ruhestand wirklich verdient. Unter uns: Ich finde, es gibt nichts Schlimmeres als Ärzte, die objektiv betrachtet wirklich zu alt für so eine verantwortungsvolle Tätigkeit werden und das nicht einsehen wollen. Die sich mit Händen und Füßen gegen den Ruhestand wehren, obwohl sie allmählich zerstreut werden.«

»Sehe ich auch so, aber davon ist Dr. Neumuth ja noch weit entfernt«, wandte Noah sofort ein.

Nachdenklich nippte Andrea an ihrem Kaffee. Sie wusste, dass Noah große Stücke auf den Arzt hielt, der ihm so vieles beigebracht hatte. Und auch sie hatte eine hohe Meinung von Dr. Neumuth. Doch in diesem einen Punkt stimmte sie nicht mit Noah überein.

In letzter Zeit hatte sie sich so ihre Gedanken über den älteren Kollegen gemacht. Sie hatte Dinge beobachtet, die sie mit Sorge erfüllten. Allmählich wurde Dr. Neumuth unkonzentriert, immer wieder unterliefen ihm Fehler, und er verlor den Blick für Details. Ob es nun daran lag, dass er in Gedanken schon halb in Florida war, oder daran, dass er allmählich geistig abbaute: Sie hatte in letzter Zeit kein allzu gutes Gefühl mehr, ihn in so einer verantwortungsvollen Position zu sehen.

Darum war sie insgeheim ganz erleichtert darüber, dass er bald in Rente gehen würde.

***

Alles im OP war für den Eingriff vorbereitet. Der Patient lag auf dem Tisch und befand sich in einem tiefen Schlaf. Dr. Jenny Krottenbaum, die Anästhesistin, überwachte sorgfältig die Narkose.

Noah ließ sich von der OP-Schwester in seinen sterilen OP-Kittel helfen. Seine Hände steckten in sauberen Handschuhen. Er atmete tief durch, tauschte einen raschen Blick mit Jenny aus, nickte ihr knapp zu. Sie waren bereit – es konnte losgehen.

Sorgsam setzte er den ersten Schnitt. Der Eingriff an der Lendenwirbelsäule war nicht sonderlich kompliziert, doch jede Operation war mit einem Risiko verbunden, und Noah durfte sich keinen Moment der Unachtsamkeit erlauben. Jetzt hing alles davon ab, dass ihm kein Fehler unterlief.

***

Benommen blinzelte Ben Krüger ins Licht. Im ersten Moment wusste er gar nicht, wo er war und warum er sich so matt fühlte.

War das etwa ein seltsamer Traum? Gesichter tauchten vor ihm auf, doch er erkannte keines davon. Und was für merkwürdige Kleidung hatten diese Leute an? Die Kittel, Hauben und Masken erinnern ja an medizinisches Personal, überlegte er verwirrt. Ja, jetzt fiel es ihm wieder ein! Er befand sich im Krankenhaus.

Erleichtert darüber, dass er das Rätsel gelöst hatte, entspannte er sich wieder. Nun wusste er wieder, warum er hier war. Es ging um seine Bandscheibenvorwölbung, die ihm in letzter Zeit zunehmend Schmerzen bereitet und ihn gequält hatte. Vor allem Sport war kaum mehr möglich gewesen, und das machte ihm als sehr aktivem Menschen zu schaffen. Darum hatte er sich in Absprache mit Dr. Neumuth für diesen Eingriff entschieden.

Doch als er wenig später versuchte, sich zu bewegen, stockte ihm der Atem. Etwas stimmte nicht. Seine Arme konnte er bewegen – aber seine Beine nicht!

»Schwester«, keuchte er rau, »helfen Sie mir! Was ist da los? Was ist mit mir? Ich ... Ich kann meine Beine nicht spüren!«

Schwestern und Ärzte liefen herbei, redeten auf ihn ein und versuchten, ihn zu beruhigen. Doch er hörte kaum, was sie sagten. Er wollte nicht hören, dass sich das bestimmt gleich geben würde – er wollte jetzt seine Beine bewegen!

Panik wallte in ihm auf. Eine Angst, die er noch nie zuvor erlebt hatte und die jeden klaren Gedanken wegspülte. Alles begann sich um ihn zu drehen. Ein entsetzlicher Schrei hallte durch das Krankenhauszimmer – und im ersten Moment begriff Ben gar nicht, dass er es war, der da schrie.

***

Noah starrte an die Wand, bis die feinen Risse vor seinem Blick verschwammen. Das Ticken der Uhr war alles, was die Stille in seinem Wohnzimmer durchbrach. Nicht einmal seine eigenen Atemzüge konnte er hören, so flach atmete er.

Sein Magen machte sich mit einem Knurren bemerkbar und erinnerte ihn daran, dass er seit gestern überhaupt nichts gegessen hatte. Doch er hatte nicht vor, diesen Zustand zu ändern. Er hätte keinen Bissen runtergebracht, beim bloßen Gedanken an Essen wurde ihm übel.

In ihm herrschte Leere. Eine tiefe, pechschwarze Leere, die ihn zu verschlingen drohte. Wie lange saß er hier bereits? Es mussten Stunden sein, in denen er keinen Muskel gerührt hatte. Bei der Arbeit war er heute nicht gewesen, er hatte sich beurlauben lassen. Den gesamten Tag hatte er nichts getan, außer wie ein Geist durch seine Wohnung zu laufen und schließlich auf einem Küchenstuhl sitzen zu bleiben.

Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seiner Lethargie. Er wollte nicht rangehen – wollte mit niemandem sprechen. Doch dann sah er Lauras Namen auf dem Display, und obwohl es ihm so miserabel ging wie wohl noch nie, huschte der schwache Schatten eines Lächelns über Noahs Gesicht. Sie war die einzige Person, mit der er immer reden wollte. Sogar in Momenten wie diesem.

»Hey, Noah! Na, alles gut bei dir? Ich habe einen Überfall auf dich vor. Übernächsten Sonntag wollen Nina, Nadine und ein paar andere Leute in einen Escape Room gehen, der kürzlich eröffnet hat. Mich haben sie gefragt, ob ich auch mitkomme. Ein Teilnehmer fehlt uns noch, dann wäre es perfekt. Da habe ich natürlich sofort an dich gedacht. Und, wie sieht es aus? Hast du Lust?«

Es tat gut, ihre warme Stimme zu hören. Er gab sich Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, wie schlecht es ihm ging, als er antwortete: »Klar, klingt abenteuerlich. Ich bin dabei.«

»Wundervoll! Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann. Angeblich ist es ganz schön knifflig, aber es wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinkriegen.« Sie lachte.

Er zog die Augenbrauen hoch. Irgendetwas stimmte nicht, das merkte er. Sie klang zu gezwungen fröhlich, zu aufgekratzt. Er kannte sie gut genug, um diese Fassade zu durchschauen. Laura wollte irgendetwas überspielen.

»Hey, sag mal ... Ist alles okay?«, hakte er nach, ohne lange um den heißen Brei herumzureden. »Du klingt irgendwie komisch.«

Kurz war es still am anderen Ende der Leitung.

»Was? Komisch?« Ihre Stimme war eine Oktave höher gerutscht.

»Laura«, sagte er nur.

Sie seufzte. Und als sie weitersprach, war die aufgesetzte Fröhlichkeit verschwunden.

»Warum versuche ich eigentlich, dir etwas vorzumachen? Es stimmt, du hast recht, ich bin nicht so gut drauf. Es ist nur ...«

»Tobias«, vervollständigte er ihren Satz, als sie nicht weitersprach. Der altbekannte Groll, den er immer empfand, wenn es um Lauras Freund ging, stieg in ihm hoch.

»Es ist nicht so dramatisch«, antwortete sie eilig. Doch ihre Stimme klang plötzlich belegt. »Er ... er hat mich angebrüllt, und ...«

Wieder hörte sie auf zu sprechen, das Ende des Satzes hing lose in der Luft und ließ Spielraum für Interpretationen. Fest biss Noah die Zähne zusammen. Die Sorge um seine beste Freundin verdrängte für den Moment sogar seinen eigenen Kummer – zumindest zum Teil.

»Wo ist er jetzt?«

»Weg. Bei einem Freund. Er müsse sich abreagieren, hat er gebrüllt, bevor er abgehauen ist. Wie ich ihn kenne, trinken sie Bier, spielen Videospiele, und irgendwann schläft er dort auf der Couch ein. Ich sehe ihn wohl erst morgen wieder.«

»Brauchst du Gesellschaft?«, fragte er sanft. Es klang so, als hätte die Szene mit Tobias sie ganz schön belastet und als könnte sie eine Schulter zum Anlehnen gebrauchen. »Soll ich zu dir kommen?«

»Nein. Nein, ich komme zu dir, wenn es dir recht ist.« Sie seufzte. »Ich brauche frische Luft und einen Tapetenwechsel. Dann reden wir in Ruhe über alles.«

***

»Lass mich raten. Es war wieder das ständige Eifersuchts-Thema?«, vermutete Noah.

Laura Bennent saß im Schneidersitz auf der Couch und balancierte eine Familienpackung Schokoladeneis auf den Knien. Ihre honigblonden Haare hingen feucht auf das Handtuch hinab, das er ihr kurzerhand über die Schultern gehängt hatte; sie war auf dem Weg hierher in Regen geraten. Ein paar Strähnen kringelten sich um ihre Stirn und glänzten im Licht der Standleuchte wie helles Gold. In ihrem übergroßen Sweatshirt erschien sie Noah noch zierlicher als sonst – und noch schöner.

»Ja. Immer die gleiche Leier, nicht wahr? Das Dauerthema in jeder Beziehung.« Sie lachte, aber es klang nicht echt.

»Nein«, sagte er nur, ohne auf den schwachen Versuch eines Scherzes einzugehen. »Nein, so ist das nicht in jeder Beziehung.«

Ihre großen, bernsteinbraunen Augen blickten traurig drein.

»Ich weiß«, flüsterte sie und schob sich einen großen Löffel Eis in den Mund.

Sein Herz ging vor Zärtlichkeit fast über. Ihre Versuche, den Schein zu wahren und ihren Kummer zu überspielen, rührten ihn. Doch ihn täuschte sie keine Sekunde, dafür kannte er sie einfach zu gut. Um für sie da sein zu können, schaffte er es sogar, seinen eigenen Schmerz für den Moment zu unterdrücken. Kein Wort sagte er über die schrecklichen Dinge, die sich ereignet hatten.

Tränen stiegen Laura in die Augen. Sie senkte den Kopf, sodass ihre Haare wie ein Vorhang vor ihr Gesicht fielen und ihre Tränen verdeckten. Die Haarspitzen landeten beinahe in der Eiscreme.

Behutsam nahm er ihr die Eispackung aus den Händen, stellte sie beiseite und hob ihr Kinn sanft an, sodass sie ihn anschaute. Das warme Bernsteinbraun ihrer Augen glänzte nass.

»Was genau ist passiert?«, fragte er leise.

Sie schluckte. »Neuerdings bildet er sich ein, ich würde ihn mit einem meiner Kollegen betrügen. Irgendeinem Kerl, der mich überhaupt nicht interessiert und der vor Kurzem bei uns in der Firma angefangen hat. Ich habe den Fehler gemacht, seinen Namen Tobias gegenüber zu erwähnen. Seither hat er sich an der Idee förmlich festgebissen.

Jedes Mal, wenn ich auch nur ein paar Minuten zu spät nach Hause komme, bohrt er nach, ob ich wieder mit Markus geflirtet hätte. Mit diesem aggressiven Unterton, weißt du? Dabei habe ich mit diesem Markus nur anfangs mal ein paar Worte gewechselt, als der Drucker kaputt war! Tobias steigert sich in solchen Momenten immer weiter rein. Manchmal schaffe ich es, ihn zu besänftigen. Aber diesmal ...«

Er reichte ihr ein Taschentuch, damit sie sich die Tränen abwischen konnte. Am liebsten hätte er sie selbst sanft von Lauras Wangen getupft, aber das wäre wohl mehr als unpassend gewesen, also hielt er sich zurück.

»Diesmal?«, fragte er nach. »Diesmal hat er dich angebrüllt, hast du am Telefon gesagt.«