Notärztin Andrea Bergen 1427 - Hannah Sommer - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1427 E-Book

Hannah Sommer

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Beschreibung

Erfolgreich im Beruf, glücklich in ihrer Ehe mit dem erfolgreichen Mediziner Matteo und stolze Mutter einer wunderbaren Tochter - die schöne Dr. Anne Mertens führt ein Bilderbuchleben, von dem andere Frauen nur träumen können. Doch der Schein trügt, denn längst haben sich Langeweile und Gleichgültigkeit in ihre Ehe geschlichen. Immer öfter fühlt Anne sich von ihrem Mann bevormundet und übergangen ...
Die Situation in der Villa Mertens spitzt sich dramatisch zu, als bei ihrer fünfzehnjährigen Tochter Leonie aufgrund einer multizystischen Dysplasie beide Nieren entfernt werden müssen! Leonie braucht dringend ein Spenderorgan! Aber weder Anne noch ihr Ehemann Matteo kommen als Spender infrage! In ihrer Verzweiflung bleibt Anne nur eines übrig, um ihr geliebtes Kind zu retten: Sie muss ihr großes Geheimnis lüften, das sie doch um jeden Preis bewahren wollte ...


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Seitenzahl: 130

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Inhalt

Cover

... und plötzlich war's vorbei

Vorschau

Impressum

... und plötzlich war's vorbei

Gerade habe ich meiner Freundin Anne sagen können, dass die Nierenentnahme bei ihrer Tochter Leonie zum Glück komplikationsfrei verlaufen ist – was viel mehr ist, als wir uns erhoffen konnten, denn Leonies Zustand war denkbar schlecht, und wir fürchteten das Allerschlimmste. Und nun scheinen wir sogar einen Organspender für das Mädchen gefunden zu haben – viel, viel schneller als gedacht!

Doch Annes Freude und Erleichterung halten sich seltsamerweise in Grenzen, dabei weiß ich, dass sie und ihr Mann Matteo Leonie mehr lieben als ihr eigenes Leben. Irgendetwas überschattet Annes Freude, da bin ich mir sicher. Und es muss etwas Dunkles, Bedrohliches sein, denn Anne will es partout nicht sagen ...

Dr. Andrea Bergen blickte auf die Uhr im Bereitschaftsraum. Es war Viertel nach zwei, noch vier Stunden, bis sie die Nachtschicht hinter sich hatte.

Heute war es relativ ruhig gewesen, außer einem Herzinfarktpatienten und einem Leichtverletzten nach einem Autounfall an einer Kreuzung hatte die Notärztin keine Einsätze gehabt. Jupp Diederichs, ihr Fahrer, und Ewald Miehlke, der Rettungsassistent aus ihrem Team, hatten sich hingelegt. Andrea Bergen jedoch hatte entschieden, die Patientenakten gleich zu bearbeiten.

Als sie damit fertig war, legte sie die Ordner in den Postausgangskorb und entschied, jetzt erst einmal einen Kaffee zu trinken. Während der Kaffee langsam durch die Maschine tröpfelte und einen herrlichen Duft verströmte, ging die Tür zum Bereitschaftsraum auf. Dr. Anne Mertens kam herein.

»Hallo, Anne«, grüßte die Notärztin sie freundlich. »Möchtest du auch eine Tasse?«

»Gern.« Die Internistin nahm Platz, und Andrea Bergen schenkte zwei Tassen ein und setzte sich zu ihrer Freundin und Kollegin an den Tisch.

»Ich wusste gar nicht, dass du diese Woche schon wieder Nachtschicht hast«, wunderte sich Andrea Bergen. »Du hattest doch auch schon letzte Woche Dienst.«

»Ich habe mit Dr. Keller getauscht«, gab Anne knapp zu. »Es tut mir im Moment ganz gut, hier zu sein.«

Andrea Bergen sah sie mitfühlend an.

»Oje, ist die Stimmung zu Hause schon wieder so angespannt?«, erkundigte sie sich vorsichtig. Sie wusste, dass es schon länger zwischen der Kollegin und ihrem Ehemann kriselte.

Anne nickte knapp. »Ich weiß auch nicht, irgendwie geraten Matteo und ich ständig aneinander.«

»Das tut mir leid«, sagte die Notärztin aufrichtig.

Seufzend lehnte sich Anne zurück und nahm einen Schluck Kaffee. »Weißt du, am meisten nimmt es mich mit, dass sich auch Matteo und Leonie im Moment so schlecht verstehen.«

Leonie war die fünfzehnjährige Tochter der beiden Ärzte. Ein aufgeweckter Teenager, aber leider hatte sie völlig andere Interessen als ihr Vater.

»Mit einem Teenie zu Hause ist es nie ganz einfach«, meinte Andrea Bergen. Sie selbst war Mutter einer zwölfjährigen Tochter und wusste nur zu gut, wie turbulent da das Familienleben manchmal sein konnte. »Franzi hat auch sehr häufig eigensinnige Ideen, die es uns als Eltern nicht gerade einfach machen.«

Anne schmunzelte. »Das kann ich mir gut vorstellen. Das ist bei Leonie ganz genauso. Und, weißt du, das ist es ja auch, was ich an ihr so liebe. Sie hat ihre eigene Persönlichkeit und genaue Vorstellungen von dem, was sie gerne möchte. Nur macht es das im Moment nicht gerade einfacher.«

»Wieso, was möchte sie denn?«, erkundigte sich Andrea neugierig.

»Momentan würde sie sehr gerne zum Sport. Aber Matteo will ihre kreative Seite fördern. Nur leider ist das überhaupt nichts für Leonie.« Anne verzog unglücklich das Gesicht. »Den Malkurs in den Sommerferien hat sie abgebrochen, das Klavierspielen nach der dritten Stunde aufgegeben und den Schulchor auf Anraten ihrer Musiklehrerin wieder verlassen.«

Die Notärztin musste kichern. »Das ist also nicht ihre Stärke.«

»Nein«, bekannte Anne, die jetzt auch ein wenig gelöster war. »Sie ist eher der Wildfang in der Familie. Keine Ahnung, woher sie das hat. Ich sitze ja viel lieber gemütlich mit einem Buch auf dem Sofa, und Matteo ist Feuer und Flamme für seine Forschungsarbeit.« Anne hob die Schultern. »Aber so ist sie nun mal. Wenn sie mit ihrer Freundin Juliane joggen war, ist sie hinterher auch viel ausgeglichener.«

»Wenn das so ist, dann solltest du ihr unbedingt eine Sportart ermöglichen«, fand Andrea Bergen. »Schließlich tut es Kindern gut, wenn sie Bewegung haben.«

»Das stimmt«, gab Anne zu. »Jetzt muss ich nur noch Matteo davon überzeugen.«

»Bestimmt bekommst du das hin. Ihr seid doch schon so lange verheiratet.«

»Sechzehn Jahre«, sagte Anne. »Es war kurz vor Leonies Geburt, als wir geheiratet haben.«

Andrea Bergen lächelte. »Na, siehst du. Und in so einer langen Beziehung findest du doch bestimmt auch die richtigen Worte, um bei euch zu Hause die Wogen ein bisschen zu glätten.« Die Notärztin wusste, dass Matteo nicht gerade eine einfache Persönlichkeit war. Auch sie selbst war bei der Arbeit des Öfteren schon einmal an ihn geraten, wenn er als Belegarzt im Elisabeth-Krankenhaus arbeitete. Aber sie schätzte seine Meinung als Arzt, denn Matteo war ein glänzender Chirurg, der stets im Sinne seiner Patienten handelte. »Warte einfach den richtigen Moment ab, und dann sprich das Thema noch einmal unverbindlich an.«

Anne nickte grimmig. »Ja, so werde ich es machen«, murmelte sie, doch wirklich überzeugt davon schien sie nicht zu sein.

***

Leider gestaltete sich das Gespräch nicht ganz so einfach, wie Andrea Bergen es vorhergesagt hatte. Als Anne ein paar Tage später mit ihrer Familie am Frühstückstisch zusammensaß und wieder einmal der Haussegen schief hing, beschloss sie, ihren Mut zusammenzunehmen und mit Matteo das Gespräch zu suchen.

»Du kannst nicht jedes Mal diese pappigen Frühstücksflocken essen, Leonie!«, regte er sich gerade auf, als Leonie sich eine Schüssel mit den Cerealien befüllte.

»Wieso nicht? Letzte Woche sagtest du, ich soll etwas frühstücken, und das mache ich jetzt. Nun passt dir das auch schon wieder nicht!«

»Ja, aber doch nicht etwas, was genauso viel Nährwert hat wie die Verpackung, in der es angeboten wird.«

Leonie verdrehte die Augen. »Nie mache ich es dir recht!«

Anne legte die Fingerspitzen an die Schläfen und atmete tief durch. »Hier hast du etwas Obst für die Pause«, sagte sie dann und reichte ihrer Tochter einen Apfel.

»Zufrieden?«, giftete Leonie.

»Es ist ein Anfang«, brummte Matteo. »Was ist mit deinen Mathehausaufgaben?«

»Was soll mit denen sein?«, fragte das Mädchen gereizt.

»Ich habe sie noch nicht kontrolliert.«

»Matteo«, mischte sich jetzt auch Anne sanft ein. »Leonie ist fünfzehn. Ich denke, sie ist in der Lage, ihre Hausaufgaben alleine zu machen.«

Leonie reckte das Kinn vor, stolz darauf, von ihrer Mutter in Schutz genommen worden zu sein.

»Deine Leistungen in Mathematik sind nicht gerade glänzend. Deine Klassenlehrerin hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass du nicht nur dort, sondern auch in Geschichte auf der Kippe stehst. Wenn du so weitermachst, drehst du vermutlich eine Ehrenrunde. Willst du das?«

»Und wenn schon!«, fauchte Leonie. »Das interessiert dich doch eh nicht!«

»Junges Fräulein!« Matteo schnaubte, und Anne musste sich auf die Zunge beißen, denn sie wusste, dass Leonie bei dieser Anrede rotsah. »Heute Nachmittag ist das Kino mit Juliane gestrichen!«

»Papa!« Leonie ließ geräuschvoll ihren Löffel in die Müslischale fallen. »Das ist so unfair!«

»Ich erwarte, dass du den Aufsatz über Friedrich den Großen noch einmal schreibst.«

»Wozu? Ich habe eine Vier dafür bekommen. Das Ding ist benotet, und Frau Martin interessiert sich eh nicht mehr dafür.«

»Frau Martin vielleicht nicht. Ich jedoch schon«, widersprach Matteo heftig. »Du lernst fürs Leben, nicht für die Schule. Außerdem ist Geschichte ein sehr wichtiges Fach. Ich war darin damals der Klassenbeste.«

Leonie äffte ihn stumm nach, was Matteo endgültig aufbrachte.

»Du treibst mich noch zur Weißglut! Eine Woche Hausarrest!«

»Was?«, rief Leonie bestürzt. »Mama!«

»Matteo.« Anne atmete tief durch. Sie merkte, dass ihr die letzte Nachtschicht noch in den Knochen steckte, aber sie wusste, dass Leonie sie jetzt brauchte. »So führt das doch zu nichts.«

»Aha. Wie schön, dass du auch mal wieder an unserem Familienleben teilnimmst.«

Anne wusste, dass das ein Seitenhieb auf ihre vielen Zusatz- und Sonderschichten im Krankenhaus war. Natürlich war auch Matteo nicht entgangen, dass sie so versuchte, den ständigen Streitereien zu Hause auszuweichen.

»Und was würdest du an meiner Stelle tun?«

Anne wusste, dass jetzt ihre Chance gekommen war. »Ich finde, wir sollten Leonie viel öfter selbst entscheiden lassen. Sie ist schließlich kein Kind mehr.«

Matteo wollte etwas erwidern, überlegte es sich jedoch anders.

Leonie funkelte ihren Vater triumphierend an.

»Leonie kann uns sagen, wenn sie Unterstützung bei den Hausaufgaben braucht«, fuhr Anne ruhig fort.

»Das zeigen ihre Noten ja wohl mehr als deutlich!«

»Mit euch kann ich eben nicht lernen!«, widersprach Leonie.

Anne wusste, dass sie sich viel zu wenig Zeit für ihre Tochter nahm. Sie fühlte sich schuldig, weil sie so selten zu Hause war, um mit Leonie zu lernen, und sie wusste, dass Matteo und sie nicht zusammen lernen konnten. Es wäre ihre Aufgabe als Mutter, für ihr Kind da zu sein, aber momentan brauchte sie den Abstand, um selbst ein wenig durchatmen zu können.

»Na gut, dann zahlen wir dir eben einen Nachhilfelehrer«, schlug Anne vor.

»Herausgeschmissenes Geld!«, brummte Matteo sofort.

»Lass es uns doch erst einmal versuchen«, entgegnete Anne sanft. »Vielleicht tut ein Blick von außen ganz gut. Wenn sich Leonies Noten nach einem Monat nicht bessern, können wir immer noch neu darüber entscheiden.«

»Ich zahle schon den Geigenunterricht, bei dem ich keinerlei Fortschritte sehe.« Matteo verschränkte die Arme.

»Ich habe dich nicht darum gebeten«, empörte sich Leonie.

»Bitte!« Anne hob beschwichtigend die Hände in die Höhe. »Lasst uns eine friedliche Lösung finden.«

»Nur zu!«, sagte Matteo von oben herab.

»Leonie, wenn du kein Interesse am Geigespielen hast, finde ich es falsch, dir dafür Unterricht zu zahlen – auch wenn dein Vater gerne möchte, dass du ein Instrument lernst.«

Matteo nickte bekräftigend.

»Ich würde viel lieber etwas anderes machen«, gab Leonie zu.

»Gut«, sagte Anne sachlich. »Und worauf hast du Lust?«

»Eishockey«, gestand Leonie, und sofort schnaubte Matteo.

»Da kann ich meine Tochter ja direkt für eine OP anmelden, um sie nach dem ersten Turnier zusammenzuflicken.«

»Siehst du, genau das ist dein Problem! Du verstehst überhaupt nichts!«, rief Leonie aufgebracht.

»Ich verstehe sehr wohl etwas, junge Dame! Vor allem von Unfällen beim Sport! Schädelfrakturen, Rippenprellungen und offenen Brüchen habe ich in meinen Jahren als Chirurg mehr als genug gesehen und wegen so eines Unsinns bereits mehrere Menschen behandelt und operiert.«

Leonie schüttelte verächtlich den Kopf. »Wenn es nach dir ginge, würdest du mich doch am liebsten in Watte packen!«

»Wieso kannst du denn nicht einfach ein Hobby haben, das Spaß macht?«, fragte Matteo.

»Du meinst eines, das dir Spaß macht?«, fragte Leonie herausfordernd.

»Eines, das dich später im Leben mal weiterbringt. Eishockey hat mich jedenfalls nicht zu einem so brillanten Chirurgen gemacht.«

»Ja klar, Beethovens Violinsonaten aber schon. Weil du da deine Fingerfertigkeit ausgebildet hast, oder was?«

Matteo warf einen Blick auf die Uhr. »Ich muss zur Arbeit. Wir reden heute Abend weiter.« Damit stand er auf und verließ die Wohnung.

Anne stützte den Kopf in beide Hände und seufzte tief. »War das wirklich nötig?«, murmelte sie.

»Mama ... Du siehst doch selbst, wie unfair er ist.«

»Matteo ist manchmal nicht gerecht, aber er will wirklich nur dein Bestes.«

»Und wieso versteht er dann nicht, dass ich nicht seine Kopie bin? Ich bin seine Tochter, nicht sein Abziehbild!«

»Ich weiß.« Anne streichelte ihr sanft über die Wange.

»Hab ich jetzt wirklich Hausarrest?«, fragte Leonie halblaut.

Anne schüttelte den Kopf. »Aber schreib ihm wenigstens den Aufsatz für Geschichte noch mal neu, okay?«

Leonie presste die Lippen zusammen, dann nickte sie. »Und was ist mit dem Eishockey?«

»Das willst du wirklich machen, oder?«

»Unbedingt!«, versicherte das Mädchen.

»Gut, dann melde ich dich zu einer Probestunde an«, entschied Anne.

»Wirklich?«, fragte Leonie ungläubig, und als Anne jetzt nickte, funkelten ihre Augen, und sie fiel ihrer Mutter dankbar um den Hals. »Oh, wie cool! Ich freu mich so! Ich kann es kaum erwarten! Danke!«

***

Anne hatte nach einem kurzen Mittagsschlaf in der Eishalle angerufen und Leonie zum Probetraining angemeldet.

Das Mädchen war auf der Fahrt zum Stadion ein paar Tage später ziemlich aufgeregt. »Ob ich das hinbekomme?«, fragte Leonie ihre Mutter immer wieder. Und: »Meinst du, dass mir das Spaß macht?«

»Das wird sich zeigen«, sagte Anne. »Probier es einfach aus.«

»Und wenn ich mich ungeschickt anstelle und hinfalle?«, überlegte Leonie besorgt. »Vielleicht denken die anderen dann, dass ich gar nichts kann.«

»Es ist deine erste Stunde«, meinte Anne amüsiert. »Mach dir nicht so viele Gedanken, es ist völlig normal, wenn du es nicht auf Anhieb kannst.« Sie parkte den Wagen vor dem Eisstadion und ging mit Leonie hinein.

Drinnen auf der Eisfläche liefen sich schon die ersten Spieler warm. Leonie sah ihnen begeistert zu.

»Okay, ihr dreht bitte noch ein paar Runden, und dann bildet ihr Zweierteams und übt das Passen«, rief der Trainer, als er Anne und Leonie bemerkte. Dann fuhr er mit eleganten Bewegungen über das Eis auf die beiden zu, kam an der Bande zum Stehen und zog seinen Helm ab. »Hey, ich bin ...«

»Fabian!«, stieß Anne tonlos hervor.

Er sah sie genauso perplex an. »Anne? Was machst du denn hier?«

»Ich ... Leonie wollte zum Eishockey. Ich habe sie heute für eine Probestunde angemeldet.«

»Kennt ihr euch?«, fragte Leonie verwundert.

Anne nickte. »Ja, Fabian und ich waren früher mal – «

»Befreundet«, half er ihr aus, als er merkte, dass Anne verstummte.

Anne versetzte seine Antwort einen leichten Stich ins Herz. Sie musterte ihn einen Moment. Fabian hatte sich zu früher doch etwas verändert. Er trug sein dunkelblondes Haar jetzt kürzer, und sein Körper war deutlich muskulöser als damals. Auch seine Gesichtszüge traten markanter hervor, aber die frechen Sommersprossen auf seiner Nase waren noch immer gut zu erkennen.

»Schön, dich wiederzusehen«, riss Fabian sie aus ihren Gedanken.

»Finde ich auch.« Anne merkte, dass ihre Stimme rau war.

»Also, was ist jetzt?«, fragte Leonie herausfordernd. Ihr schien das Wiedersehen deutlich zu lange zu dauern.

»Los, komm mit, ich gebe dir deine Schutzausrüstung und ein paar Schlittschuhe.« Fabian trat vom Eis und lief mit Leonie zur Umkleide.

Anne sah ihnen mit gemischten Gefühlen hinterher. Sie spürte, dass ihre Hände zitterten, also legte sie sie auf die Bande und atmete tief durch. Mit Fabian hatte sie hier wirklich nicht gerechnet. Damals, Anfang zwanzig, als sie mit ihrem Medizinstudium begonnen hatte, hatte er eine Profikarriere als Eishockeyspieler angestrebt.

Sie war fest davon ausgegangen, dass er mittlerweile in den USA oder Kanada lebte und seinen Traum verfolgt hatte. Dass sie ihn hier wiedersehen würde, warf sie komplett aus der Bahn. Ja, sie hatte in den letzten Jahren immer mal wieder an ihn gedacht, doch jedes Mal, wenn die Erinnerung an ihn allzu schmerzhaft wieder hochgekommen war, hatte sie sie beiseitegedrängt und versucht, sich abzulenken.

Jetzt kamen Leonie und er aufs Eis zurück. Leonies Statur war nun ebenfalls deutlich imposanter mit dem dicken Brustschutz, der ihren Oberkörper und die Schultern schützte, und dem flatternden Oberteil darüber.

Fabian setzte seinen Helm auf, klappte das Visier nach unten, und Leonie tat es ihm gleich. Mit noch ein wenig unsicheren Schritten folgte sie ihm aufs Eis. Zuerst fuhren sie gemeinsam ein paar Runden an der Bande entlang, und Fabian erklärte ihr, wie sie den Oberkörper nach vorne beugen sollte, wie sie am besten die Schritte mit den Schlittschuhen setze und wie sie den Schläger dicht über dem Eis halten sollte.

»Ja, ganz genauso!«, sagte er gerade.

Leonie stellte sich erstaunlich geschickt an, und Fabian lobte sie mehrfach. Dann beobachtete Anne, wie er ihr mit dem Schläger einige Anweisungen gab. Er winkte einen weiteren Spieler heran und ließ die beiden einen Puck hin- und herspielen. Zum Schluss durfte Leonie einige Versuche machen und auf das Hockeytor schießen.