Notärztin Andrea Bergen 1431 - Daniela Sandow - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1431 E-Book

Daniela Sandow

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Beschreibung

"Let’s get loud!", feuert Jennifer Lopez sie durch die Lautsprecher an. Lilly liebt diesen Song. Er versetzt sie in gute Laune und hält sie wach, während sie über die nächtliche Autobahn rauscht. Sie hat die Lautsprecher bis zum Anschlag aufgedreht und singt lauthals mit.
Die Kurierfahrerin hat gerade ihre letzte Expresssendung ausgeliefert. Hinter der nächsten Brücke ist ihre Abfahrt, danach liegt nur noch ein Fahrweg von knapp fünf Minuten vor ihr, bis sie endlich zu Hause ist.
Sie erreicht die Brücke - und plötzlich ist da ein lautes Krachen. Die Windschutzscheibe scheint regelrecht zu explodieren. Instinktiv tritt Lilly auf die Bremse. Der Transporter bricht aus, dann überschlägt er sich, aber das bekommt Lilly schon nicht mehr mit ...


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Inhalt

Cover

Angst und Wut

Vorschau

Impressum

Angst und Wut

EILMELDUNG: Unbekannter hat erneut einen schweren Stein von der Autobahnbrücke geworfen. Gab es bei den ersten Anschlägen zum Glück nur Leichtverletzte und Blechschaden, ist das Opfer von gestern Nacht tot!

Ich hatte Nachtdienst und war am Unfallort. Für den Fahrer, in dessen Windschutzscheibe der Stein gekracht war, gab es keine Rettung mehr. Verdammt, was war das bloß für in Psychopath, der seine Wut auf diese schreckliche Weise abreagierte?

Der Polizei und auch uns als Rettungsmannschaft ist klar, dass es sich bei dem Steinewerfer um einen Serientäter handelt, der so lange weitermacht, bis er gefasst wird. Der hinzugezogene Profiler hat uns den Täter so beschrieben: Ein Verlierer im realen Leben, der im Schutz der Dunkelheit in einen wahren Machtrausch gerät und Herr über Leben und Tod spielt.

Wieder habe ich Nachtdienst: Es ist kurz nach Mitternacht, als die Leitstelle einen schweren Unfall auf der Autobahn meldet: Der Brückenteufel hat zugeschlagen – aber diesmal gibt es eine Zeugin!

ER stand auf der Brücke. Schwarze Schuhe, schwarze Jeans und ein ebenfalls schwarzer Kapuzenpullover ließen IHN mit der Dunkelheit der Nacht verschmelzen. Niemand konnte IHN sehen, der sich nicht in SEINER unmittelbaren Nähe befand. Vor allem für Autofahrer unterhalb der Brücke war ER geradezu unsichtbar.

SEINE Hände umklammerten das Brückengeländer, als Er in Gedanken den Tag Revue passieren ließ.

Der Tag hatte schon schlecht begonnen. SEIN Chef hatte ihn wegen eines Fehlers – es war lediglich eine Bagatelle gewesen – nach allen Regeln der Kunst zusammengestaucht.

ER ballte die Hände zu Fäusten, als ER daran dachte. Hinter SEINEN Schläfen pochte es, die Wut baute sich wieder in IHM auf.

Der anschließende Streit um den Parkplatz sowie das unerfreuliche Gespräch mit dem Filialleiter seiner Bank hatten IHM den Rest gegeben.

In IHM baute sich ein solcher Druck auf, dass ER es kaum noch aushielt. Jemand musste dafür büßen – und genau deshalb war ER hier! ER hatte es bereits geplant, bevor ER auf die Brücke gekommen war, die sich über die Autobahn spannte.

Von Weitem sah ER den weißen Transporter auf der ansonsten leeren Autobahn. Das Fahrzeug kam rasch näher.

ER bückte sich, hob den Stein auf, den ER mitgebracht hatte, und stellte sich in Positur. ER hielt den Stein über das Brückengelände und versuchte exakt abzuschätzen, wann ER ihn loslassen musste.

Jetzt!

Der Stein fiel nach unten, durchschlug die Windschutzscheibe. Das Kreischen von Bremsen war zu hören.

ER schrie vor Begeisterung laut auf und lachte irre, als sich der Wagen mehrfach überschlug. Der Druck in IHM löste sich auf, ER war mit einem Mal bestens gelaunt.

An den Fahrer des verunglückten Wagens verschwendete ER keinen Gedanken. ER steckte die Hände in die Taschen seiner Jeans und ging fröhlich pfeifend davon.

***

»Let's get loud!«, feuerte Jennifer Lopez sie durch die Lautsprecher an.

Lilly liebte diesen alten Song. Er versetzte sie in gute Laune und hielt sie wach, während sie über die nächtliche Autobahn rauschte. Sie hatte die Lautsprecher bis zum Anschlag aufgedreht und sang lauthals mit.

Die Kurierfahrerin hatte gerade ihre letzte Expresssendung ausgeliefert. Hinter der nächsten Brücke war ihre Abfahrt, danach lag nur noch ein Fahrtweg von knapp fünf Minuten vor ihr, bis sie endlich zu Hause war.

Sie erreichte die Brücke – und plötzlich war da ein lautes Krachen. Die Windschutzscheibe schien regelrecht zu explodieren.

Instinktiv trat Lilly auf die Bremse. Der Transporter brach aus, dann überschlug er sich. Aber das bekam Lilly schon nicht mehr mit ...

***

»Unfall auf der Autobahn«, teilte Ewald Miehlke der Notärztin mit, als sie sich zu ihm und Jupp Diederichs, dem Fahrer, in den Wagen setzte. »Eine Verletzte«, fuhr der Rettungssanitäter fort. »Mehr konnte die Leitstelle nicht sagen.«

Polizei und Feuerwehr waren schon vor Ort, als sie die Unfallstelle erreichten. Der Transporter war so stark verzogen, dass die Feuerwehr die Wagentür mit einer Blechschere aufschneiden musste, bevor das Notarztteam sich um die verletzte Frau hinter dem Lenkrad kümmern konnte. Es war nicht zu erkennen, ob sie noch lebte.

Kostbare Zeit verging, bis die Frau aus dem Wagen geborgen werden konnte. Inzwischen erwachte sie aus ihrer Bewusstlosigkeit und stöhnte vor Schmerzen. Sie atmete schwer, ihr Puls war beschleunigt. Immerhin war sie ansprechbar und klagte über starke Schmerzen im unteren Bauchraum und im Thorax.

»Melden Sie dem Elisabeth-Krankenhaus, dass wir gleich mit einem Polytrauma kommen«, sagte Dr. Andrea Bergen zu Jupp Diederichs. »Die Patientin ist kreislaufstabil und nicht intubiert.«

Ewald Miehlke hatte inzwischen einen Zugang in die Armvene der Verletzten gelegt. Andrea Bergen injizierte ein Schmerzmittel.

»Da war etwas«, stammelte die Frau. »Es flog direkt durch die Windschutzscheibe.«

David Schumann, ein Polizist, den Andrea Bergen bereits aus anderen Einsätzen kannte, kam näher.

»Hat sie gesagt, es wäre etwas durch die Windschutzscheibe geflogen?«

»Herr Schumann«, mahnte die Notärztin.

David Schumann hob beide Hände. »Schon gut. Ich komme später ins Elisabeth-Krankenhaus.«

Andrea Bergen lächelte. »Ich sehe, wir verstehen uns.«

David Schumann lächelte zurück, doch dann wurde sein Gesicht ernst.

»Ich hoffe, wir können die Frau bald befragen. Ihr Name ist übrigens Lilly Winkens. Wir haben die Handtasche mit ihren Papieren gefunden.«

Andrea Bergen nickte knapp. Im Augenblick gab es für sie Wichtigeres. Es war der Schwerverletzten deutlich anzusehen, dass sich ihr Zustand verschlechterte. Ihr Blutdruck fiel rapide ab.

Dr. Andrea Bergen und die beiden Sanitäter arbeiteten rasch und konzentriert. Sie alle wussten, dass sie die Frau so schnell wie möglich ins Krankenhaus bringen mussten.

Das Team der Notaufnahme stand schon bereit, als Jupp Diederichs den Wagen durch die Schleuse fuhr.

Andrea Bergen berichtete knapp, wie sie die Patientin vorgefunden hatten und welche Maßnahmen sie am Unfallort getroffen hatten. Unmittelbar darauf erfolgte der zweite Notruf, und Andrea Bergen musste mit ihrem Team wieder hinaus in die Nacht.

***

Müde warf Thomas seine Jacke auf den Stuhl neben der Garderobe. Es war still in der Wohnung. Melanie, seine Frau, und die Kinder schliefen schon.

Thomas ging ins Bad und wollte anschließend ins Schlafzimmer. Er hatte die Hand bereits auf die Türklinke gelegt, doch dann überlegte er es sich noch einmal anders. Er wusste genau, dass er trotz aller Müdigkeit stundenlang wach liegen würde.

Also drehte er sich um und ging ins Wohnzimmer. Er nahm ein Glas und die Cognacflasche aus dem Schrank, die ihm sein Schwager vor zwei Monaten zum Geburtstag geschenkt hatte. Er öffnete die Flasche, füllte den Schwenker fast bis zur Hälfte und nahm einen Schluck.

Angewidert verzog er das Gesicht. Er mochte eigentlich keine scharfen Getränke. Doch nach dem Brennen spürte er die angenehm wohlige Wärme, die sich in ihm ausbreitete. In einem Zug leerte er das Glas.

»Was machst du da?«

Thomas fuhr herum, als er die Stimme seiner Frau hinter sich vernahm. Ihr Blick musterte missbilligend das Cognacglas in seiner Hand.

»Gibt es vielleicht etwas zu feiern?«, fragte sie sarkastisch.

»Geh einfach schlafen«, brummte er. Mit dem Glas in der Hand ging er zur Couch und ließ sich darauf fallen.

Melanie öffnete den Mund, als wolle sie noch etwas sagen. Dann drehte sie sich einfach um und verließ den Raum.

Thomas hörte, dass sie ins Schlafzimmer ging, obwohl sie die Tür so lautlos wie möglich schloss. Er wusste genau, dass sie sich nur wegen der Kinder so leise verhielt. Sie war sauer! Nach zehn Jahren Ehe erkannte er das, auch wenn sie nichts sagte und eben nicht mit den Türen knallte.

»Dann ist sie eben sauer, mir doch egal«, murmelte er vor sich hin. Im Moment war niemand wirklich mit ihm zufrieden, nicht einmal er selbst.

Als er eine halbe Stunde später ins Bett ging und sich neben Melanie legte, spürte er, dass sie sich nur schlafend stellte. Er streckte die Hand aus, um ihren Rücken zu streicheln, doch dann ließ er es lieber. Er drehte sich ebenfalls so, dass er ihr den Rücken zuwandte.

***

Als am nächsten Morgen sein Wecker klingelte, fühlte Thomas sich wie gerädert. Melanie war bereits aufgestanden. Er hörte sie in der Küche mit den Kindern reden.

Mühsam schwang er die Beine über die Bettkante. So blieb er sitzen, den brummenden Schädel in beide Hände gestützt.

Die Tür wurde geöffnet. Melanie kam ins Schlafzimmer. Er sah nicht auf, er erkannte es an ihrem Schritt.

»Du solltest nicht so viel trinken, wenn du es nicht verträgst«, sagte sie unfreundlich.

»Ich habe nur ein einziges Glas getrunken. Und dein Bruder hat mir den Cognac bestimmt nicht geschenkt, damit er im Schrank vergammelt.«

Sie sagte nichts darauf. Sie bewegte sich auch nicht mehr, aber sie war noch im Raum, das spürte er geradezu körperlich. Er kannte diesen Blick ganz genau, mit dem sie ihn jetzt anschaute, auch wenn er nicht den Kopf hob. Missbilligend, verständnislos, verächtlich ...

»Papa! Papa!« Sein sechsjähriger Sohn Noah kam ins Schlafzimmer gestürmt und drängte sich an ihn.

Erst jetzt schaute Thomas auf und zwang sich zu einem Lächeln.

»Ich will jetzt doch nicht mehr in die Schule, aber Mama hat gesagt, ich muss.«

Thomas schaute den Kleinen überrascht an. Bisher hatte er sich darauf gefreut, dass er in diesem Jahr endlich ein Schulkind wurde, so wie seine große Schwester.

»Warum willst du denn nicht mehr in die Schule?«, fragte Thomas.

Noah zog nachdenklich die Stirn kraus. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf.

»Das darf ich nicht sagen«, flüsterte er.

»Wer hat dir das denn verboten?«, fragte Thomas ebenso leise, obwohl er die Antwort bereits ahnte.

»Pia«, kam dann auch prompt die Antwort, mit der er schon gerechnet hatte.

»Was hat sie dir denn Schreckliches über die Schule erzählt?«

Thomas kannte die unerschöpfliche Fantasie seiner Tochter, die diese Fähigkeit mit Vorliebe dazu nutzte, ihrem Bruder unwahre Geschichten zu erzählen.

Pia verdankten sie nächtliche Gespensterjagden, eine Krokodilsuche im Keller und, vor gar nicht allzu langer Zeit, einen Tränenausbruch, weil sie Noah erzählt hatte, dass er von seinen Eltern verkauft werden sollte. Angeblich hatten sie bereits ein Angebot bei Ebay eingestellt, um Noah zum Verkauf anzubieten.

Offensichtlich musste Melanie auch gerade daran denken. Sie lächelte, als sich ihre Blicke trafen, und er lächelte zurück. Es war lange her, seit es einen solchen Moment zwischen ihnen gegeben hatte.

»Was genau hat Pia denn erzählt?«, hakte Thomas nach.

»Sie hat gesagt, dass sie mich in das Kellerloch steckt, wenn ich sie verpetze.«

Das Kellerloch war der alte Kohlekeller, der schon lange nicht mehr für diesen Zweck genutzt wurde. Aber er besaß immer noch den Schacht, in den früher die Kohlen hinuntergelassen wurden. Beide Kinder fanden diesen Teil des Kellers unheimlich. Melanie auch, aber das gab sie natürlich nicht zu.

»Und wenn ich dir verspreche, dass dir nichts passiert?« Thomas legte seine Hände auf die Schultern des Jungen. »Ich bin Polizist, ich werde dich beschützen.«

»Auch vor Pia?«, vergewisserte sich Noah vorsichtshalber.

»Ganz besonders vor Pia.« Thomas grinste.

»Ja, dann erzähle ich dir das.« Noah neigte das blonde Lockenköpfchen ein wenig zur Seite. »Verhaftest du Pia, wenn sie mir was tut?«

»Sie wird dir nichts tun«, versprach Thomas und kam zum Kern des Gesprächs zurück: »Warum willst du nicht mehr zur Schule gehen?«

Noah verzog das Gesicht. »Pia hat gemeint, da muss ich den ganzen Tag sitzen und darf mich nicht bewegen. Und ich darf nie mehr spielen. Und es gibt nix zu essen. Und wenn ich was sage, werde ich verprügelt. Und ...«

»Pia redet Unsinn«, fiel Thomas seinem Sohn ins Wort. »Haben wir Gespenster in deinem Zimmer gefunden?«

Noah schüttelte den Kopf.

»War da ein Krokodil in unserem Keller?«

»Nein.« Der Kleine wirkte mit einem Mal sehr nachdenklich. Dann drehte er sich um und lief aus dem Schlafzimmer. Laut rief er seiner Schwester bereits im Flur zu: »Papa hat gesagt, dass du blöd bist, Pia.«

Thomas seufzte laut auf. In gespielter Verzweiflung schaute er seine Frau an.

»Habe ich das gesagt?«

Melanie schüttelte lächelnd den Kopf. Es war so wohltuend, sie lächeln zu sehen.

Thomas wurde erschreckend bewusst, dass ihre Ehe in den letzten Monaten eine Wendung genommen hatte, die in eine gefährliche Richtung steuerte.

»Ist alles okay mit dir?«, fragte sie behutsam. Offensichtlich bewegten sich ihre Gedanken auch diesmal wieder in die gleiche Richtung.

»Ja.« Thomas nickte. »Es ist alles okay.«

»Aber warum ...« Melanie wurde unterbrochen, als ihre neunjährige Tochter ins Zimmer stapfte, sich vor ihrem Vater aufbaute und die Hände in die Hüften stemmte. Pia war ebenso blond wie ihr Bruder. Ihr dichtes, lockiges Haar trug sie zu einem Pferdeschwanz gebunden.

Das stämmige Mädchen funkelte seinen Vater empört an.

»Ich bin gar nicht blöd«, stieß es hervor.

»Das habe ich auch nie behauptet.« Thomas' Miene wurde ernst. »Aber ich will nicht, dass du deinem Bruder Angst vor der Schule machst.«

»Und ich will überhaupt nicht, dass du deinem Bruder irgendwelche Geschichten erzählst, die ihm Angst einflößen«, mischte Melanie sich ein.

»Aber wenn er so dumm ist und alles glaubt«, rechtfertigte sich Pia.

»Hier ist auch niemand dumm«, erklärte Thomas bestimmt. »Noah nicht, du nicht und ganz besonders nicht Mama und ich.«

Pias Blick wechselte schnell zwischen Thomas und Melanie hin und her.

»Habt ihr euch wieder vertragen?«

»Wir hatten doch keinen Streit!«, erwiderte Thomas.

»Aber ihr seid immer so komisch«, sagte Pia. »Ganz lange schon.«