Nur ein kleiner Schritt - Osho - E-Book

Nur ein kleiner Schritt E-Book

OSHO

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Beschreibung

Ein Weg zu innerem Frieden in unruhigen Zeiten Schritt für Schritt Einführung in Osho-Meditation Ohne große Mühe Resilienz entwickeln Wir alle bewegen uns auf einer äußeren Lebensreise. Auf dieser Reise kommen wir irgendwann an einen Punkt, an dem wir merken, dass uns etwas fehlt, egal ob wir erfolgreich waren, etwas erreicht haben oder nichts von alledem. Spätestens wenn der Tod sich nähert, radiert er all unsere äußeren Erfolge oder Misserfolge aus – sie spielen keine Rolle mehr. Um dann nicht gänzlich nackt da zu stehen, bedarf es einer inneren Reise. Wer zu dieser Reise nach innen aufbricht, dem kann der Tod nichts wegnehmen. Er findet einen Reichtum, eine Fülle, die unabhängig ist von der äußeren Welt. Wir erkennen, dass es für unsere Seele keinen Tod gibt. Sie war immer da und wird immer sein – unabhängig von unserem Körper. Dieses Buch ist ein hilfreicher Kompass durch die raue See der Wirklichkeit, wir lernen Gleichgültigkeit zu überwinden und finden eine lebendige innere Balance, die uns durch die Stürme trägt.

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Seitenzahl: 306

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Die Vorlage zu diesem Buch ist das gesprochene Wort Oshos. Die Diskurse sind, wie alle seine „Talks“, aus dem Stegreif vor einer großen Zuhörerschaft gehalten, und wurden vom Tonband übersetzt. Dieses Buch ist zuerst auf Hindi, unter dem Titel „Prabhu Ki Pagdandiyan“, erschienen und dann ins Englische übersetzt worden. Alle Osho Diskurse sind als Originale publiziert worden und als Original-Audios erhältlich. Audios und das vollständige Text-Archiv finden sie unter der Onlinebibliothek „Osho Library“ bei www.osho.com

Titel der englischen Ausgabe: Just a Small Step

Ebookausgabe 2023

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München unter Verwendung eines Motivs von © Dmytro Synelnychenko / iStock / Getty Images Plus

Übersetzung: Anuragi Oskar Klappenberger

Copyright © 1970, 2020 Osho International, www.osho.com/copyrights

Copyright © 2023 Innenwelt Verlag GmbH, Köln, www.innenwelt-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten

OSHO® ist eine registrierte Handelsmarke der Osho International Foundation, Zürich, Schweiz, lizensiert durch diese. www.osho.com/trademarks

eISBN 978-3-947508-98-3

OSHO

Nur ein kleiner Schritt

Hin zu Meditation, Stille und innerem Frieden

Inhalt

Vorwort

1. KapitelEine Reise der Stille

2. KapitelMitgefühl – sich verströmende Liebe

3. KapitelLöse dich in der Liebe auf

4. KapitelFreundlichkeit – eine Seinsweise

5. KapitelSobald der Verstand still wird, kommt die Antwort

6. KapitelFröhlichkeit – teile deine Lebensfreude

7. KapitelDas Feuer der Läuterung durchschreiten

Über Osho

Vorwort

Darüber denke nach: In was auch immer ich mein ganzes Leben lang investiere – in Wissen, Reichtum, Askese, Berühmtheit, in Romane schreiben, Bilder malen oder Lieder singen – am Ende, im Angesicht des Todes, wenn mein ganzes Leben auf dem Prüfstand steht, werden diese Dinge dann irgendeine Bedeutung haben oder nicht?

Wenn sie nichts bedeuten, dann ist es besser, sich dessen noch heute bewusst zu werden. Und es ist besser, dein Leben in so eine Richtung zu entfalten, wo du Reichtum, Kraft, Energie im Kern deines Seins entwickeln kannst, dass du dann, wenn du dem Tod gegenüberstehst, etwas in dir hast, das sogar vom Tod unberührt bleibt.

Das ist möglich. Wäre es nicht möglich, wäre alle Religion einfach Unsinn und überflüssig. Es ist bereits früher möglich gewesen und es ist sogar heute möglich. Es kann im Leben eines jeden Menschen geschehen. Aber weder fällt es vom Himmel, noch ist es durch Nächstenliebe zu erreichen, noch kann man es stehlen. Man kriegt es auch nicht umsonst, indem man zum Beispiel einem erleuchteten Meister zu Füßen sitzt. Niemand kann es an dich weiterreichen; nur durch dich allein kann es in die Welt kommen. Es kann nur durch deine eigenen Anstrengungen geboren werden, durch dein eigenes Leben, durch deine eigene Entscheidung, wenn du deine gesamte Energie dahinein gibst.

Solange wir aber das Gefühl haben, dass das, was wir tun, vollkommen okay ist, solange uns die Art und Weise wie wir leben richtig erscheint, solange können wir keine Schritte in diese Richtung gehen. Irgendwo ist unser Leben vergiftet, irgendwo sind wir auf dem Holzweg. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Richtung, in die unser Leben geht, nirgendwohin führt.

Dieser Wahrnehmung Raum zu geben ist so, als würden wir uns und unser Leben mit dem Tod konfrontieren. Du wirst sowieso eines Tages dein Leben mit dem Tod konfrontieren müssen, aber dann ist es zu spät, dann kannst du nichts mehr tun. Jemand, der sich jetzt dieser Auseinandersetzung stellt, kann seinem Leben eine neue Richtung geben. Dann wird in seinem Leben etwas passieren, eine Revolution wird durch sein Leben gehen. Es ist also notwendig, sich dieser Auseinandersetzung noch heute zu stellen, und sie jeden Tag neu vorzunehmen.

Aus: Osho, The Independent Mind

Kapitel 1

Eine Reise der Stille

Ihr Lieben – ich habe euch an diese einsame Küste gerufen* und ihr seid gekommen. Vermutlich habt ihr keine klare Vorstellung, wozu ihr eigentlich eingeladen worden seid. Wenn ihr meint, ich würde reden und ihr würdet zuhören, dann irrt ihr. Ich gehe regelmäßig von Dorf zu Dorf und rede und ihr hört mir zu. Hierher zu kommen, nur um mir zuzuhören, das macht keinen Sinn. Nur wenn ihr bereit seid, selber etwas zu tun, nur dann hat eure Reise hierher auch eine Bedeutung. Deshalb habe ich euch zu mir hierher gerufen.

Worum es geht und was die nächsten drei Tage geschehen soll, das will ich näher darlegen in der Hoffnung, dass ihr euch das nicht einfach nur anhört, sondern dass ihr – wenigstens diese drei Tage lang – mit all dem, wovon ich rede, experimentiert. Mein Verständnis ist, dass auch nur ein einziger Schritt Richtung Wahrheit nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, weil das gar nicht geht. Einen Schritt Richtung Unwahrheit, den muss man rückgängig machen, aber ein Schritt in Richtung Wahrheit kann unmöglich zurückgenommen werden.

Wenn du nun also in diesen drei Tagen auch nur einen kleinen Schritt machen wirst, wirst du auch weiterhin vorwärts gehen. Und dann wirst du nicht mehr zurück können. Ich werde reden, aber durch mein Reden allein wird sich gar nichts ändern. Wenn du aber mit dem, was ich sage, experimentierst, dann verspreche ich dir von meiner Seite aus, dass, welche Fortschritte auch immer du meinst in deinem Leben jemals vollbracht zu haben – es werden sich nun in deinem Leben noch weitaus größere Dinge ereignen.

Wir sind uns überhaupt nicht bewusst, mit welch geringem Aufwand ein innerer Schatz gefunden werden kann. Wie kann man das auch wissen? Das weiß man erst dann, wenn man den Schatz gehoben hat. Anders geht das nicht. Aber in Tausenden von Jahren hat sich die Menschheit in unglaubliche Verwicklungen selbst verstrickt: durch Hörensagen, Grübeleien und Überlegungen. Das passiert ja oft, dass, wenn der Mensch zu viel denkt, er schließlich gar nichts mehr in der Lage ist zu tun.

Je mehr das Denken und Abwägen in der Welt zugenommen hat, desto mehr hat die Fähigkeit, etwas zu tun, abgenommen. Unsere Situation ist so geworden wie in diesem Witz, den ich gehört habe:

Im ersten Weltkrieg wurde ein amerikanischer Philosoph ins Militär aufgenommen. Ein Philosoph ist einer, der denkt. Für ihn gibt es nur eine einzige Art des Tuns, nämlich die zu denken. Bei seiner Musterung wurde festgestellt, dass er von ausgezeichneter körperlicher Kondition war. Arme und Beine waren perfekt, sein ganzer Körper war gesund. Die Sehschärfe seiner Augen war gut, er war in jeder Hinsicht gesund, es war also klar, dass die Ärzte ihn in die Armee aufnahmen. So jemand ist fürs Militär geeignet. Aber keiner der Ärzte wäre je auf die Idee gekommen, dass dieser ausgesprochen gesunde Mensch unfähig wäre, irgendetwas anderes zu tun als zu denken. Wie hätten sie sich das auch vorstellen können? So was kann man nicht feststellen, wenn man jemanden nur äußerlich beurteilt.

Er wurde also rekrutiert, und gleich am ersten Tag stand er in Reih und Glied und der Offizier rief „links um“. Alle Soldaten drehten sich links um, aber er blieb stehen. Der Offizier sagte „Mann, kannst du nicht hören?“ Er sagte, ich kann gut hören, aber ohne zu denken kann ich nichts tun. Ich denke gerade darüber nach, ob ich mich nach links herumdrehen soll oder nicht.“

Der Offizier sagte: „Dann wird das sehr schwierig. Wenn du so viel denkst, dann bist du für den Beruf des Soldaten nicht geeignet.“ Der Offizier versuchte alles Mögliche, ihm das einsichtig zu machen, aber es gab keinen anderen Weg. Der Mann konnte nichts tun, ohne zu denken. Hätte er nur wie jeder andere gedacht, hätte es kein Problem gegeben, aber dieser Mann dachte so viel, dass die Zeit zu handeln schon längst vorbei war. Aus einem Gedanken leitete sich schon der nächste ab und das ergab eine endlose Kette von Gedanken. Später entdeckte man, dass dieser Mann eine junge Frau hatte heiraten wollen, aber er dachte drei Jahre lange über die Vor- und Nachteile des Heiratens nach. Nach drei Jahren konnte er immer noch nicht entscheiden, ob es richtig war, zu heiraten oder nicht. Er ging zu der jungen Frau und sagte: „Bitte verzeih mir, ich kann mich immer noch nicht entscheiden.“ Da war diese Frau aber bereits verheiratet und hatte drei Kinder.

Man konnte also mit diesem Mann nichts anfangen, aber nachdem er nun einmal rekrutiert war, und er ja auch ein berühmter Philosoph war, versuchte man ihn wenigstens für irgendeine Arbeit zu verwenden. Er wurde in die Militärküche geschickt, da könnte er wenigstens einfache Arbeiten verrichten. Am ersten Tag gab man ihm Erbsen, die er sortieren sollte, die großen sollte er hierhin, die kleinen dorthin tun. Nach einer Stunde kam sein Vorgesetzter, er aber saß da, mit dem Kopf auf die Hände gestützt. Die Erbsen lagen so da, wie man sie ihm gegeben hatte.

Der Vorgesetzte fragte ihn: „Du kannst nicht einmal das tun?“

Der Mann sagte: „Doch, doch, ich werde es auf alle Fälle tun, aber zuerst einmal muss ich denken. Es ist schon klar, da gibt es große Erbsen und da gibt es kleine Erbsen, was aber soll ich mit denen von mittlerer Größe tun? Solange ich nicht in der Lage bin, das zu entscheiden, macht alles andere keinen Sinn, und ich käme nur in unnötige Schwierigkeiten. Ich habe viel darüber nachgedacht, ob ich die von mittlerer Größe zu den großen tun sollte oder zu den kleinen, denn sie sind weder groß noch klein.“ Was mit dem Mann weiter passiert ist, weiß ich nicht, aber man kann sich’s vorstellen.

In den Dingen, die für unser Leben wesentlich sind, sind wir alle so ähnlich wie dieser Mann. Ich hab euch nicht hierher gerufen, damit ihr denken sollt, in keinster Weise. Ich hab euch hierher gerufen, damit ihr ein paar Schritte vorwärts tut. Das ist schon klar, wenn es in diesem Meditationscamp darum ginge, Überlegungen anzustellen, dann würde es ausreichen, wenn ich nur zu euch rede. Aber um dich selber vorwärts zu entwickeln bist du viel wichtiger als ich. In diesem Meditationscamp bin ich zweitrangig, denn es geht um dich. Ich bin nicht wichtig, denn du bist derjenige, der vorwärts gehen muss. In diesen drei Tagen möchte ich nur über die Dinge reden, die eine Hilfe sind, um dich zu deinem inneren Leben zu führen. Ich werde nur von dem reden, was Schritte sein können auf der Reise zum Tempel des Göttlichen. Aber ein Schritt ist nur dann ein wirklicher Schritt, wenn du mit ihm eine Stufe höher steigst, sonst wäre dieser Schritt nur ein Zeitvertreib. Nur wenn jemand mit diesem Schritt eine Stufe höher steigt, ist das ein wirklicher Schritt nach vorne. So ist es ja auch mit Steinen, ein Stein kann in der Ebene liegen, aber er kann auch zu einer Stufe nach oben werden, so wie die Stufen eines Tempels Stufen ins Göttliche sein können.

Man muss sich das ins Bewusstsein rufen: Selbst Narren können auf Stufen so herumlaufen, als wären sie nur Steine auf gleicher Ebene. Aber es gibt intelligente Menschen, die einfache Steine dazu benützen, um sich weiterzuentwickeln, sie verwandeln einfache Steine in Stufen nach oben. Was also machen wir hier? Warum habe ich euch hierher gerufen? Um welche Reise geht es?

Es gibt äußerliche Reisen, wie sie jeder von uns kennt. Auf diesen äußerlichen Reisen, ob sie nun erfolgreich sind oder nicht – in beiden Fällen kommen wir zwangsläufig an einen Punkt, wo wir feststellen, dass wir verloren haben. Denn wenn der Tod kommt, löscht er alle äußerlichen Erfolge wie auch alle äußerlichen Misserfolge aus. Wir bleiben so leer zurück, wie wir ins Leben gekommen sind. Für diejenigen allerdings, die sich auch auf eine innere Reise begeben haben, für die kommt der Tod niemals, denn wenn sie nach innen gehen, dann stellen sie fest, für das, was innen ist, gibt es keinen Tod. Was innen ist gibt es immer, was innen ist war immer, was innen ist wird immer sein.

Die innere Reise ist eine endlose Reise. Es gibt ein Leben, welches unsterblich ist. Denn denen, die dieses Leben erfahren haben, kann der Tod nichts wegnehmen. Nur Narren können den Erfolg, der ihnen vom Tod genommen werden kann, Erfolg nennen. Wie kann das, was weggenommen werden kann, Erfolg genannt werden?

Wenn wir einen Reichtum erreichen können, der uns nicht weggenommen werden kann, der nicht zerstört, der uns nicht gestohlen werden kann, nur so ein Reichtum kann Reichtum genannt werden. Diese Einladung ging an euch, diesen Reichtum zu suchen, und ihr seid von weit entfernten Plätzen gekommen. Aber noch ist diese Reise eine äußerliche Reise. Hierher nach Nargol zu kommen ist das Eine. Zu kommen, um vor mir zu sitzen, ist das Eine. Auch dies ist eine äußerliche Reise. Mir zuzuhören ist eine äußerliche Sache, ist eine äußerliche Reise.

Jetzt müsst ihr in diesen drei Tagen nach innen reisen, wo du bist, wo das Sein eines jeden Menschen ist, wo der Tempel des Bewusstseins liegt. Wir kennen uns selber nicht. Wir wissen nicht, was wir sind, wer wir sind. Wer bin ich? Woher komme ich? Warum gibt es mich? Wir wissen überhaupt nichts. Wir leben blind, und dann sterben wir. Ist solch ein Leben überhaupt annehmbar? Kann so ein Leben einen überhaupt zufriedenstellen? Natürlich ist so ein Leben für dich nicht befriedigend und genau deshalb bist du hierhergekommen. Was für eine andere Art zu leben ist möglich und wie kann man dieses Leben erreichen?

Jetzt will ich erst einmal über die wesentlichsten und grundlegendsten Punkte sprechen. Ab morgen früh dann werden wir über die tiefere Reise sprechen, aber die grundlegenden und wesentlichen Dinge sind nicht weniger wichtig. Auf jeder Reise ist der erste Schritt nie weniger wichtig als der letzte. Im Gegenteil. Die Wahrheit ist, dass der erste Schritt überhaupt der eigentliche Schritt ist. Wer den ersten Schritt zu tun in der Lage ist, der wird auch den letzten vollbringen können. Und wer den ersten Schritt nicht macht, für den steht der letzte gar nicht zur Debatte. Insofern werde ich jetzt nur über die wesentlichen und grundlegenden Dinge sprechen.

Zum Ersten: Ihr seid jetzt auf diesem Meditationscamp körperlich eingetroffen, aber jetzt ist es wichtig, dass ihr nun auch geistig hier ankommt. Körperlich anwesend zu sein ist einfach, aber für das Bewusstsein ist es etwas vollkommen anderes, denn der Verstand strebt immer nach der Vergangenheit. Der Mind strebt immer rückwärts. Und wir sind immer da, von wo aus wir aufgebrochen sind. Wir sind immer in der Vergangenheit, niemals in der Gegenwart. Unser Verstand ist immer da, wo wir waren, er ist nie da, wo wir gerade angekommen sind. Und wir sind nie in dem Moment, der gerade vorübergeht. Unser Verstand ist immer mit dem, was vorübergegangen ist. Dafür gibt es einen Grund. Der Grund ist, dass wir es akzeptiert haben, dass unser Gedächtnis unser Bewusstsein wäre, dass unser Erinnern unser Sein wäre. Das ist ein Irrtum, ein grundlegendes Missverständnis. Der Sucher muss wissen, dass alles, was vorüber ist, komplett vergangen ist. Da bleibt aber auch nicht die leiseste Spur von Vergangenheit übrig. Und es existiert auch keinerlei Rest davon außer in unserer Erinnerung. Sei also so freundlich und entlasse es auch aus deinem Gedächtnis. Die Vergangenheit ist bereits passiert, sie ist vorbei – lass sie gehen.

Du bist jetzt sowieso da, also dann sei komplett hier. Wenn du diese drei Tage hier an diesem Strand bist – du hörst das Rauschen des Ozeans im Schatten der Zypressen, siehst den Himmel, die Sterne, das Mondlicht – dann ist wirkliche Arbeit möglich. In der Gegenwart zu sein, das ist die allererste Bedingung für einen Sucher, mit dem zu sein, was ist. Aber wir sterben nie der Vergangenheit, wir tragen sie auf unseren Schultern herum, wir behalten ihre Last auf unserem Rücken. Schau dir die Blätter im Herbstwald an, Blätter, auf die einst die Sonne geschienen hat, zu denen die Winde gesprochen haben und sie tanzen ließen. Dann kam der Herbst und diese Blätter sind auf einmal abgefallen. Die Blumen, auf denen die Bienen gesummt hatten, gibt es nicht mehr, sie sind verschwunden. Die Äste sind nackt, der Baum ist regelrecht tot, keine Blüten mehr, keine Blätter, niemand summt mehr irgendwelche Lieder, kein Schatten mehr, kein Laub. Der Baum ist vertrocknet, tot.

Aber in ein paar Monaten wirst du sehen, dass neue Blätter erschienen sind. An der Stelle der alten ist neue Farbe da. Wieder sind Blüten aufgegangen, viel frischer, wie neu. Wieder gibt es Lieder, wieder das Summen, wieder haben die Vögel Nester gebaut, und im Schatten der Bäume lassen sich Menschen nieder. Der Baum ist wieder neu, er ist wieder jung geworden. Der Baum weiß, was Transformation ist, er kennt die Geheimnisse der Natur. Er kennt das Geheimnis des Sterbens. Er starb im Herbst, er ließ alles zurück, was alt war. Jetzt ist er neu geworden, wieder lebendig, wieder frisch, wieder jung.

Der Mensch hat dieses Geheimnis vergessen; insofern wird der Mensch immer älter und älter. Dieses Altern sammelt sich wie eine Last auf seinem Rücken. Unser Körper altert, aber es gibt keinen Grund dafür, dass unser Sein altert. Der Körper wird älter, aber wir erlauben auch unserem Bewusstsein zu altern. Wir sammeln dieses alte Laub, diese Blumen, die es nicht mehr gibt, diese Lieder um die Blumen herum, die Vögel, die hier innegehalten hatten, die Menschen, die sich im Schatten um die Bäume herum zur Rast niedergelassen hatten. All das häufen wir in uns auf, die Last der Vergangenheit wird heftiger und heftiger, und die Seele der Menschen ist zerfetzt, verkümmert, und altert unter dieser Last.

Mag sein, dass ein Mensch körperlich altert, aber wenn das Sein täglich jung bleibt und er das Geheimnis kennt, wie man die Vergangenheit täglich loslässt … Das, was gewesen ist, ist gewesen, das was vergangen ist, ist vergangen. Es ist ja gar nicht mehr da, also warum sollte ich dann in dieser Vergangenheit festsitzen? So wie eine Schlange sich häutet, so kann ich auch von der Schlangenhaut der Vergangenheit loslassen und weiter vorwärts in die Zukunft gehen. Dann wird nur der Körper eines Menschen altern, nicht seine Augen, nicht seine Seele. Diese ewige Jugend, dieses ewige Leben, das immer jung bleibt, wird leuchten, sogar von innen her im Körper eines alten Menschen. Das ist es, was wir brauchen an Jugend, an Lebendigkeit, an Unschuld, an Spannung, an Frische. Nur damit kann sich ein Mensch erfolgreich auf die Reise machen zum Tempel des Göttlichen. Ein alter Mensch langt nie an diesem Tempel des Göttlichen an; das geht nicht. Ein alter Mensch erreicht höchstens das Grab, sonst nichts. Aber vergiss nicht, ich nenne nicht einen alten Menschen „alt“. Jedermann wird alt im physikalischen Sinn, sogar Buddha, sogar Mahavira, sogar Krishna, sogar Christus – aber manche Menschen bleiben frisch, jung, neu in ihrem Sein. Diejenigen, die frisch, jung, neu in ihrem Sein, in ihrem Bewusstsein bleiben, nur die werden in den Tempel des Göttlichen gelangen.

Warum das so ist? Was denn sonst ist mit dem Tempel des Göttlichen gemeint, außer dass er der Tempel des Lebens ist? Es gibt nur diese eine Bedeutung – es ist das Leben selbst. Und nur diejenigen können das Leben erlangen, die beständig die Vergangenheit abstreifen, die das loslassen, was abgestorben ist und die sich selbst verjüngen. Ein Sucher muss jeden Tag sterben, damit er jeden Tag frisch geboren werden kann.

An diesen drei Tagen des Camps ist also das erste Ziel: Stirb deiner Vergangenheit. Du bist nicht mehr da, von woher du gekommen bist. Keine deiner Verwandten sind hier, hier ist kein Dorf, keine Bevölkerung, kein Name, keine Kaste, keine Religion – das alles war einmal. Wo ist es denn jetzt? Wo ist es in deinem Innern? Wo sind diese Namen alle, diese Kasten, diese Verwandten? Wer ist innerlich reich, wer ist innerlich arm? Wer ist Hindu, wer ist Moslem?

Lass all das los, lass von all dem nicht einmal eine Spur in deinem Verstand zurück. Wenn du heute Nacht schläfst, stirb dieser Vergangenheit in jeder Hinsicht, sodass morgen früh ein neuer Mensch, ein neues Bewusstsein geboren wird – aus deinem tiefsten Innern heraus. Nur dieses Bewusstsein kann dir helfen, den Tempel des Lebens zu betreten. Nur dieses Bewusstsein kann dich befähigen, dich selbst zu erkennen, nur in diesem Bewusstsein wird die Wahrheit widergespiegelt, nirgendwo sonst.

Staubschichten über Staubschichten der Vergangenheit haben sich auf den Spiegel des menschlichen Verstandes abgelegt, und so kann die Wahrheit nicht mehr erkannt werden. Wen kann das noch überraschen! Wessen Fehler ist das denn?

Also als Erstes: Lerne zu sterben. Lerne jeden Tag zu sterben, jeden Moment. Wenn du die Kunst des Lebens lernen willst, dann musst du den Trick herausfinden, jeder Sekunde zu sterben.

Du kamst und hast mich beleidigt – Tage vergingen, du warst schon lange fort und es war lange her, dass die Beleidigung verklungen war. Aber ich höre immer noch die Beleidigung, du stehst immer noch vor mir. Monate sind vorbei, Jahre, von der Beleidigung ist keine Spur mehr vorhanden, nirgendwo. Wenn ich danach suchen würde, könnte ich vielleicht einen Hauch davon irgendwo finden, die Beleidigung aber ist nirgendwo zu finden. Wo ist dieser Mensch, wo ist dieser Moment, wo ist der Anlass dazu? Aber hier lebe ich diesen Anlass immer noch. Ein Jahr ist vorbei gegangen, aber ich bin immer noch genau da geblieben, wo ich beleidigt wurde.

Eines Morgens saß Buddha unter einem Baum …

Ein Mann kam mit einer riesigen Wut, spuckte ihn an und beleidigte ihn so heftig wie er nur konnte.

Buddha wischte den Speichel von seinem Schal und sagte: „Mein Freund, was möchtest du sonst noch sagen?“

Der Mann muss schockiert gewesen sein. Er war als Feind gekommen und hatte niemals erwartet, dass der, den er als seinen Feind ansah, ihn als seinen Freund ansehen würde. Er war schockiert. Und er war schockiert, weil er gespuckt und nicht geredet hatte.

Aber Buddha fragte ihn: „Möchtest du noch etwas anderes sagen?“

Buddhas Schüler, Ananda, war voller Wut. Er sagte: „Meister, was sagst du da? Dieser krankhafte Idiot hat dich angespuckt und du fragst ihn, ob er noch etwas anderes zu sagen hätte?“

Buddha drehte sich von dem Mann weg und begann es Ananda zu erklären: „Ananda, du hast nichts verstanden. Er will mit Sicherheit etwas sagen, aber seine Wut ist zu groß, und da sind Worte zu klein. Er kann es nicht mit Worten sagen, also sagte er es durch Spucken. Jemand anderes ist so voller Liebe, dass er es durch eine Umarmung ausdrückt. Jemand ist so voller Wut, dass er es nicht mit Worten ausdrücken kann, also sagt er es durch Spucken. Ich habe das verstanden. Ich habe das Problem dieses Mannes verstanden. Immer wenn ein Gefühl zu stark ist, dann wird Sprechen schwierig. Worte werden dann zu klein. Ich habe seine Schwierigkeit verstanden, sodass ich ihn gefragt habe: ‚Mein Freund, hast du sonst noch etwas zu sagen?‘“

Was konnte der Mann sagen? Er ging fort. Er ging besiegt fort. Jemand, der als ein Feind zu jemandem geht, kann nur besiegt werden, wenn er den Feind dort nicht findet, anders kann er nicht besiegt werden. Er ging besiegt nach Hause zurück. Er konnte nicht schlafen, weil er die ganze Nacht dieses Erlebnis wieder und wieder vor sich sah: Wie er Buddha angespuckt hatte, wie Buddha seine Spucke weggewischt hatte und fragte: „Was hast du sonst noch zu sagen?“ Buddhas Augen waren in seine Brust eingedrungen. Er konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Am nächsten Morgen kam er angerannt. Buddha war von diesem Dorf weitergezogen – wo hat das Leben jemals pausiert? Es ist beständig in Bewegung. An diesem Tag saß er unter einem anderen Baum. Der Mann ging zu ihm hin und sagte: „Vergib mir, es tut mir leid, dass ich dich angespuckt habe.“

Buddha sagte: „Es ist tot und es ist vorbei. So viel Wasser ist den Ganges hinuntergeflossen – und du bist da immer noch. Wo ist der Baum, unter dem du gespuckt hast? Wo sind die Sterne, die Zeugen davon waren? Wo sind all die Leute? Von woher hast du diese Sache mitgebracht? Was auch immer passiert ist, ist passiert. Wir sind weitergezogen. Du bist dort stehen geblieben. Aber wie kannst du stehen bleiben? Die Zeit ist weitergegangen, wie kannst du da stehen bleiben? Es ist vorbei.“

Der Mann sagte: „Bitte löse die Sache nicht so auf – vielmehr vergib mir.“

Buddha sagte: „Du hast gestern gespuckt, wie kann ich dir heute vergeben? Die Zeitspanne ist sehr lang geworden. Alles, was gestern geschehen musste, ist geschehen. Dir wurde gestern vergeben, in eben diesem Moment. Wenn ich dir nicht in genau diesem Moment vergeben hätte können, dann wäre dieser Moment nicht vorbei gegangen, dann müsste auch ich in ihm weiterleben, so wie du jetzt noch in ihm lebst. Die Geschichte ist vorbei. Du hast gespuckt, ich habe die Spucke fortgewischt. Hast du noch etwas zu sagen? Was war da noch? Du hast es schon vergessen. Du bist zu spät gekommen, jetzt gibt es kein Heilmittel mehr. Jetzt gibt es für alle Ewigkeit keinen Ausweg mehr. Was gewesen ist, ist gewesen. Wo gibt es nun die Notwendigkeit, sich daran noch zu erinnern?“

Dann sagte Buddha zu ihm: „Du hast keinen großen Fehler gemacht, dass du gespuckt hast. Die Menschen sind sehr hilflos. Solche Sachen passieren. Gefühle sind manchmal so stark, dass Worte nicht genügen. Dazu kann ich dir nichts weiter sagen, aber ich kann dir mit Sicherheit sagen, dass du dabei stehen geblieben bist. Das ist auf jeden Fall ein Fehler. Lass los davon!“

In China lebte ein Mystiker, Hui Hai. Er war in das Dorf gereist, in dem sein Meister lebte. Als er ihn gefunden hatte, fragte ihn sein Meister: „Wo kommst du her?“

Hui Hai sagte: „Ich komme aus Peking.“

Der Meister fragte ihn: „Wie viel kostet der Reis dort?“

Hui Hai sagte: „Ich glaube, du bist nicht ganz bei Trost. Was der Reis kostet? Wenn ich eine Reise gemacht habe, dann ist diese Reise vorüber. Wenn ich über eine Brücke gehe, dann lasse ich diese Brücke hinter mir. Ich war in Peking, jetzt bin ich nicht mehr da. In Peking mag der Reis einen Preis haben, aber bin ich denn verrückt, dass ich den Preis, den der Reis kostet, mit mir hierher trage?“

Der Meister sagte: „Die Sache ist klar. Der Mann, auf den ich gewartet habe, ist gekommen. Ich frage jeden, woher er kommt. Der eine sagt aus Peking, der andere aus Shanghai, ein anderer von anderswo. Ich frage sie, was der Reis dort kostet und sie sagen mir den Preis. Dann sage ich ihnen, sie sollen wieder dorthin zurück gehen und den Preis fixieren, den der Reis kostet. Der Weg zu Gott ist ja schwer genug. Du bist der erste, der ärgerlich geworden ist, weil ich nach dem Preis gefragt habe, den der Reis kostet: ‚Mag sein, dass der Reis in Peking etwas kostet, aber ich habe Peking hinter mir gelassen. Ich trage den Preis, den der Reis kostet, doch nicht mit mir herum.‘“

Aber jeder schleppt den Preis, den der Reis kostet, überall mit hin. Diejenigen, die in dieses Camp mit dem Preis, den der Reis kostet, gekommen sind, die werden unverrichteter Dinge wieder zurückkehren. Sie werden von hier nichts mitnehmen können. Lasst den Preis los, den der Reis kostet. Sei es der aus Mumbai oder Poona, von Ahmedabad, Vadodara oder Peking, man muss den Reispreis hinter sich lassen. In diesem Reispreis ist alles beinhaltet. Alle Preise sind nur die Preise von Reis.

Sei diese drei Tage in deiner ganzen Totalität hier. Das Bemerkenswerte ist, dass du hier überhaupt nicht viel zu tun hast. Es geht nur um das Verständnis, um die Wahrnehmung deiner Wirklichkeit: Warum lebe ich in der Vergangenheit? Warum gehe ich in das, was gar nicht mehr ist? Allein diese Erkenntnis ist genug. Nur dieses Bewusstsein reicht schon. Allein dieses Bewusstsein wird zu einer Entschlossenheit führen, die Vergangenheit loszulassen. Kein Seil bindet dich, keine Kette hält dich gefangen, keine Vergangenheit blockiert dich. Und du brauchst kein Schwert, um dich zu befreien. Nein, nur dein Bewusstsein ist nötig, nichts als Wahrnehmung.

Versuch einfach nur das zu verstehen: „Warum bin ich an die Vergangenheit gebunden?“ – und du kannst von der Vergangenheit frei sein. Mach aus deinem Verstehen deine Entscheidung. Aus Verstehen wird Entscheidung. In dem Maße, wie sich dein Verstehen vertieft, wird es zu deiner Entscheidung. Gehe heute Nacht mit dieser Erkenntnis, mit diesem Entschluss schlafen: „Ich lasse von der Vergangenheit los, ich lasse sie fallen, ich lasse sie hinter mir.“

Du wirst drei Tage hier sein, und erinnere dich diese drei Tage immer daran, dem Verstand nicht zu erlauben, in die Vergangenheit zurückzufallen, und immer, wenn er es doch tut, erinnere dich einfach daran: „Was für ein Narr bin ich denn! Da geht der Verstand schon wieder rückwärts“ – und der Verstand wird dir folgen. Nur ein bisschen Bewusstsein und der Verstand kehrt in die Gegenwart zurück. Dann, und nur dann kann etwas passieren. Das ist das Erste.

Das Zweite ist: Der Verstand ist voller Vergangenheit, und wir sind fortwährend voller Worte, voller Gequassel, voller Gedanken.

Kein Mensch ist ruhig, nicht eine Sekunde lang; kein Mensch ist still, nicht einen Moment, und wenn wir einmal frei von Worten sind, dann werden wir nervös, wir kriegen Sorgen, wir kriegen Angst. Es ist die Gewohnheit des Verstandes, immerzu beschäftigt zu sein, es ist die Gewohnheit des Verstandes, immerzu etwas tun zu müssen, er braucht dieses oder jenes, egal welche Beschäftigung. Der Mind erträgt es nicht, unbeschäftigt zu sein.

Warum will er denn nicht leer sein? Weil er stirbt, sobald der Mind leer ist. Solange er beschäftigt bleibt, solange er was zu tun hat, solange existiert er. Dieses Beschäftigtsein, dieses Tätigsein ist das Leben des Verstandes. Und wir sind alle 24 Stunden beschäftigt, wir sind unnützerweise völlig beschäftigt. Wenn man den Leuten zeigen könnte, worüber sie alles reden, worüber sie nachdenken, womit sie sich dauernd beschäftigen von früh bis spät in die Nacht, dann wären sie sehr überrascht: zu all dem gab es überhaupt keine Notwendigkeit.

Darüber seid euch klar, wer auch immer Dinge tut, die in seinem Leben ohne Bedeutung sind, der wird nie die Dinge tun können, die für ihn wirklich notwendig sind. Diese beiden Dinge können nicht zur gleichen Zeit geschehen. Unnützes Reden und unnützes Denken lassen dich nicht zu essenzieller Wahrheit gelangen. Aber wir stehen am Morgen auf, und Aufstehen heißt Gequassel; wir fangen an zu reden. Das ist nicht das, was wir hier in diesem Meditationscamp tun. Wie könnte so was in einem Meditationscamp geschehen?

Also heute Nacht, und diese kommenden drei Tage: Wenn du schläfst, dann schlafe in absoluter Stille. Ab dem Zeitpunkt, wo du morgens aufstehst, sollte eine tiefe Stille vorherrschen. Wenn du irgendwie kannst, sprich überhaupt nicht. Ein dreitägiges Experiment dauert ja nicht so lange. Also wenn möglich, dann sprich diese drei Tage lang überhaupt nicht. Und die, die das drei Tage lang können, die dürften danach völlig still geworden sein. Einfach gar nicht reden, nur das bisschen, was unumgänglich ist. Man kann etwas mit Gesten ausdrücken, oder etwas aufschreiben. Wenn es unbedingt nötig ist, dann können ein oder zwei Worte genügen. Die, die dazu in der Lage sind, dürften völlig still geworden sein nach diesen drei Tagen. Wer sich nicht ganz so konsequent verhalten kann, sollte sich immer daran erinnern, nichts Überflüssiges zu reden. Aber ich halte niemanden der hier ist, für so schwach.

Jeder Mensch kann drei Tage lang in Stille sein. Schau dir hier einfach einmal an, was geschehen kann, wenn man still wird. Durch diesen kleinen Schlüssel kann so viel geschehen. Einfach still zu werden, das sieht eigentlich nach einer Kleinigkeit aus, aber was kann dadurch geschehen? Weißt du das? Der, den wir suchen, ist überall, er entfaltet sich in uns, aber wir sind nicht still genug, wir sind immerzu beschäftigt, wir sind uns seiner nicht bewusst.

Swami Ram hat immer wieder diese Geschichte erzählt …

Ein Liebhaber war in ein fernes Land gegangen. Seine Geliebte blieb zurück und wartete auf ihn. Viele Jahre gingen vorbei. Seine Briefe erzählten davon, dass er bald zurückkehren würde, sehr bald. Aber dieses Warten wurde sehr lange, und er kam nie zurück. Also sorgte sich die Geliebte. Sie reiste den ganzen langen Weg zu ihrem Geliebten. Sie ging an seine Tür, sie war offen, sie ging hinein. Der Geliebte schrieb etwas, und so setzte sie sich vor ihn, sah ihm zu und wartete bis er aufhören würde zu schreiben. Er schrieb einen Brief an sie, an seine einzige Geliebte. Er hatte so oft versprochen, zurückzukehren, und er hatte die Versprechungen gebrochen – niemals hatte er sie eingehalten, also bat er sie in vielfacher Weise, ihm zu vergeben. Er schrieb viele, viele zärtliche Worte, schrieb viele Liebeslieder und Gedichte, wie es Liebhaber eben tun. Er schrieb immer weiter, eine Seite, zwei, drei. Liebesbriefe sind nie zu Ende. Sie werden immer länger und länger. Er schrieb immer weiter, er merkte nicht einmal, wer vor ihm saß. Gegen Mitternacht kam der Brief irgendwie zu einem Ende. Er schaute auf und war wie versteinert: Er dachte, er würde vielleicht eine Geistererscheinung sehen, oder was auch immer. Wer saß denn da vor ihm? Es war seine Geliebte.

„Nein, nein, wie kann denn so etwas geschehen!“, rief er. „Wie kann es sein, dass du hier bist. Woher bist du denn gekommen?“

Seine Geliebte sagte: „Ich bin hier stundenlang gesessen und habe gewartet, bis du mit dem Schreiben zu Ende kommen würdest, damit du mich dann vielleicht sehen würdest.“

Der Liebhaber schlug sich auf die Brust und rief: „Was für ein Narr bin ich, ich schreibe einen Brief an dich und weil ich an dich schreibe, kann ich dich nicht sehen – und du bist in Wirklichkeit vor mir. Die halbe Nacht ging vorüber und du warst die ganze Zeit hier vor mir.“

Das Eigentliche, das Höchste, ist da, sogar noch näher als nah. Wer weiß, wovon jeder von uns dauernd redet. Wir wissen gar nicht, welche Briefe wir dauernd schreiben, welche Schriften wir dauernd lesen, oder welche Gedanken wir dauernd denken. Der eine sitzt mit der Gita geöffnet vor ihm, ein anderer mit dem Koran, wieder einer mit der Bibel, jemand wiederholt unablässig Namo Arihantanam, und ein anderer singt Namo Shivaya.

Niemand weiß, was all diese Leute tun oder dass derjenige, für den sie das alles tun, längst da ist, überall und die ganze Zeit über. Aber erst wenn sie sich die Zeit nehmen, können sie aufsehen – wenn sie ihre Beschäftigungen stoppen, erst dann kann das, was ist, gesehen werden.

Während dieser drei Tage lass also das Denken sein, und wenn du aufhörst zu denken, dann zuallererst: Hör auf zu reden. Lass so viel Stille zu wie möglich, unter diesen Zypressen. Diese Zypressen sollten nicht einmal merken, dass so viele Leute auf einmal hierhergekommen sind. Sie sollten am besten überhaupt nicht merken, dass hier Leute sind.

In diesen drei Tagen werdet ihr selber zu Zypressen. Wenn ihr neben ihnen sitzt, sitzt still, so still wie diese Bäume still sind, so still wie diese Sterne still sind, so still wie diese ganze Welt still ist. Es ist eine gewaltige Stille. Die Geräusche des Plapperns sind von den Menschen erfunden worden, und so hat der Mensch alles Leben und alle Musik vergiftet.

Das Zweite also, was ich für diese drei Tage möchte, ist Stille. Ich möchte, dass jeder hier absolut still wird. Das ist sehr wichtig. Wenn ein paar Dinge unausweichlich sind, dann teile sie schriftlich mit oder durch Gesten, wenn möglich. Wenn das nicht geht, dann sprich, aber rede im Telegrammstil, so als würdest du ein Telegramm verschicken, wo du dich darum bemühst, jeden Cent zu sparen. Kürze also dein Reden um jedes Wort, und dann noch um ein weiteres. Acht Worte sind genug. Früher war es offiziell erlaubt, nur zehn Worte zu senden, jetzt sind es nur noch acht. Man kann auch mit sechs oder fünf Worten auskommen. Kürze deine Sätze so sehr es nur irgend möglich ist. Benütze Worte überhaupt nur, wenn es nicht anders geht, alles was bleibt ist Wortlosigkeit, Stille.

Und dann schau, was in diesen drei Tagen geschehen kann.

Ich will nicht, dass ihr von hier mit leeren Händen zurückkehrt, dafür muss aber erst einiges geschehen. Ich möchte, dass ihr ein anderer Mensch seid, wenn ihr von hier heimkommt und ich bin absolut sicher, dass ihr dann, wenn ihr mit dem, was ich sage, experimentiert, – dass ihr dann nicht als derselbe nach Hause kommen müsst, der ihr mal gewesen seid. Ihr könnt als ein völlig transformierter, neuer Mensch heimkommen. Es liegt in deinen Händen.

Aber es ist nötig, dafür etwas zu tun, und dafür sage ich euch einige sehr einfache Dinge. Wenn ich euch gesagt hätte, drei Tage lang zu reden und nicht still zu sein, nicht einmal eine Sekunde lang, dann wäre es etwas schwierig gewesen; aber ich sage euch, ihr sollt schweigen. Das wird euch schwieriger erscheinen, weil das Reden ein ungesundes Ausmaß angenommen hat. Wir tun es, aber wir wissen nicht einmal was wir machen, wenn wir so viel reden, was wir überhaupt sagen.