Nur eine verbotene Affäre? - Anne Mather - E-Book

Nur eine verbotene Affäre? E-Book

Anne Mather

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Beschreibung

Eine verbotene Affäre mit dem attraktiven Luke Morelli? Dafür fehlte Abby vor fünf Jahren der Mut. Jetzt steht der Immobilien-Tycoon plötzlich in ihrem Café, und sein Anblick weckt in ihr pure Sehnsucht. Dabei weiß sie genau: Anstatt ihr eine Chance zu geben, plant Luke ihren Ruin …

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IMPRESSUM

Nur eine verbotene Affäre? erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Anne Mather Originaltitel: „Morelli’s Mistress“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 432 Übersetzung: Irene Andreadou

Umschlagsmotive: Getty Images / Strelciuc Dumitru, garybaldi

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2023

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751521352

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

Gleich als Luke das Weinlokal betrat, fiel sie ihm auf.

Sie saß gedankenverloren an der Bar, ein exotisch dekoriertes Cocktailglas neben sich. Sogar ein winziges buntes Schirmchen steckte darin.

Viel schien sie nicht getrunken zu haben. Das Mädchen saß einfach da und starrte stillschweigend vor sich hin. Ignorierte die lauten Stimmen und die noch lautere Musik, die den brechend vollen Raum füllten.

„Oh Mann, die ist heiß!“

Ray Carpenter hatte augenblicklich erfasst, wer die Aufmerksamkeit seines Partners fesselte. Er stellte sich neben ihn und legte einen Arm um Lukes Schultern.

„Ob sie alleine da ist?“ Ray beantwortete seine Frage gleich selbst. „Nee, sieht zu gut aus, um selbst ihre Drinks zu bezahlen.“

„Denkst du?“

Luke widerstrebte diese Unterhaltung. Zum ersten Mal an diesem Abend wünschte er, Ray wäre nicht bei ihm. Heute hatten sie jedoch endlich die Planung für ihr neuestes Erschließungsprojekt abgeschlossen, und es wäre sehr grob gewesen, die Einladung seines Partners auszuschlagen.

Das Weinlokal war Rays Idee gewesen. Luke hätte den Pub gegenüber ihrem Büro in Covent Garden vorgezogen. Doch Ray hatte darauf bestanden, dass sie zur Feier des Tages einen Cocktail verdienten.

Genau in diesem Augenblick wandte das Mädchen den Kopf in Lukes Richtung – und einen packenden Moment lang sahen sie einander an. Wie in Trance schüttelte Luke den Arm seines Freundes ab und ging auf sie zu.

Das Mädchen war wirklich bezaubernd! Ihre anmutig verschränkten Beine waren lang und schlank. Ihr ovales Gesicht besaß ebenmäßige Züge, und sie hatte einen Mund, von dem die meisten Frauen nur träumen konnten.

Ihr weißblondes Haar schimmerte verführerisch. Über einem schwarzen Top trug sie eine hauchzarte Stola. Ein kurzer roter Rock, schwarze Strümpfe, hochhackige Pumps …

Luke stellte sich neben sie und sagte ruhig: „Hi. Darf ich Ihnen einen Drink ausgeben?“

Das Mädchen hielt das Cocktailglas in die Höhe, ohne Luke weiter anzusehen. „Ich habe einen Drink.“

„Okay.“

Wäre doch nur ein Barhocker frei, auf den er sich lässig setzen könnte. Doch der angetrunkene Typ, der neben ihr saß, schien seinen Platz nicht so bald räumen zu wollen. Dabei türmten sich am Tresen bereits die leeren Bierflaschen vor ihm.

„Sind Sie alleine?“

Das war nicht gerade besonders originell – das Mädchenschenkte Luke auch nur einen flüchtigen Blick. „Nein“, antwortete sie ausdruckslos, fügte dann hinzu: „Ich bin zusammen mit ihnen hier!“ und deutete auf eine Gruppe Frauen, die sich auf der winzigen Tanzfläche austobten. „Ein Junggesellinnenabschied“, fügte sie mit einem abweisenden Schulterzucken hinzu.

„Sie wollten nicht tanzen?“

„Nein.“ Das Schirmchen auf die andere Seite ihres Glases schiebend, nahm sie einen winzigen Schluck. „Ich tanze nicht.“

„Können oder wollen Sie nicht?“, erkundigte Luke sich sanft, und sie seufzte hörbar.

„Mir ist nicht nach Tanzen.“ Konzentriert blickte sie in ihr Glas. „Hören Sie, wollen Sie sich nicht mit jemand anderem unterhalten? Ich bin keine so gute Gesellschaft.“ Sie zog eine Grimasse. „Sie können die Braut fragen. Sie wird es Ihnen bestätigen. Ich bin ein Spielverderber.“

Luke verzog das Gesicht. „Wenn Sie das sagen.“

Mit einem Fingerschnipsen machte er den Barkeeper auf sich aufmerksam und bestellte ein Bier für sich und einen Mojito für Ray. „Für den Typen dort.“ Er zeigte auf seinen Partner, der offensichtlich schon Anschluss gefunden hatte. Als sein Bier kam, nahm Luke einen langen Zug. Dann seufzte er. „Das war nötig.“

Das Mädchen ignorierte ihn, doch der Typ auf dem Hocker daneben stieß plötzlich laut auf, erhob sich und taumelte von dannen. Luke hievte sich auf den geräumten Stuhl. „Was dagegen?“, erkundigte er sich leichthin. Da endlich drehte sich das Mädchen um, und er erntete einen missbilligenden Blick.

„Es ist ein freies Land“, sagte sie. Doch als ob sie ihr Benehmen bedauerte, fügte sie hinzu: „Gott sei Dank ist er weg.“ Dann besann sie sich: „Glauben Sie, er kommt klar?“

„Allerdings.“ Luke grinste und zu seiner Überraschung lächelte das Mädchen zurück. „Sicher, dass Sie keinen Drink haben möchten?“

„Na ja, vielleicht einen Weißwein“, lenkte sie ein und schob das Cocktailglas beiseite. Dabei bemerkte Luke, dass sie an der linken Hand einen Ring trug. Allerdings auf dem Mittelfinger. „Liz hat mir den Cocktail ausgegeben, aber das ist nicht so meins.“

„Und Liz ist?“

„Oh, die Zukünftige.“ Das Mädchen runzelte die Stirn. „Dort drüben, die mit den Hasenohren und dem Tutu über der Hose.“

Luke verzog das Gesicht. „Wie konnte ich das übersehen?“ Als der Barkeeper erneut auftauchte, bestellte er ein Glas Chardonnay. „Übrigens, ich heiße Luke Morelli. Und Sie?“

„A…Annabel“, antwortete sie nach einem Moment des Zögerns. Luke vermutete, dass sie etwas anderes hatte sagen wollen, doch er fragte nicht nach. Als der Wein serviert wurde und das Mädchen am Glas nippte, leuchteten ihre Augen plötzlich auf. „Hm, das ist gut.“

Dem konnte Luke nur zustimmen, auch wenn er etwas anderes gut fand. Seit Monaten hatte er sich nicht mehr so unmittelbar zu einer Frau hingezogen gefühlt. Und die Frauen, die er bei der Arbeit traf, schienen mehr an seinem Bankkonto interessiert zu sein als an ihm selbst …

„Erzählen Sie mir von sich“, bat er. „Arbeiten Sie in London?“

„Ich forsche. An der Universität“, erklärte sie. „Wie steht’s mit Ihnen?“ Aufmerksam betrachtete sie seine schlanke muskulöse Statur, den dunkelblauen Anzug und das passende Hemd. Die Krawatte hatte er entfernt, aber das war es auch schon. „Arbeiten Sie an der Börse? Sie sehen auf jeden Fall so aus.“

„Ich … arbeite für die Kommunalverwaltung“, meinte Luke und verteidigte seine ausweichende Antwort insgeheim damit, dass sie gerade ein Bürogebäude für den Bezirksrat erstellt hatten. „Tut mir leid, dass ich Sie enttäuschen muss.“

„Aber nicht doch.“ Sie lächelte. „Ich bin erleichtert. So viele Leute denken, die Börse wäre geweihte Erde.“

„Ich nicht“, widersprach Luke entschieden.

„Und wenn Sie nicht arbeiten? Was tun Sie dann gerne?“, erkundigte sie sich. Eine Weile lang unterhielten sie sich darüber, was größere Vorteile bot: Sport treiben oder ins Theater gehen. Tatsächlich gefiel Luke beides. Ihm machte es aber mehr Spaß, ein Gegenargument zu liefern, als nur zuzustimmen. Im Nu war ein munteres Gespräch im Gange …

Irgendwann hatten die Damen der Junggesellinnenfeier genug getrunken und sich selbst ausgepowert. Doch als sie nach ihr sahen, war Abby beinahe enttäuscht.

Zum ersten Mal seit wer weiß wie lange hatte sie Spaß gehabt. Sie ging sehr selten aus, es sei denn, Harry benötigte einen Chauffeur. Und wenn doch, dann mied sie seine bevorzugten Lokalitäten.

Auf der Hochzeit eines Freundes hatte sie Harry Laurence kennengelernt, und bei ihren ersten Treffen hatte Abby sich wie die glücklichste Frau der Welt gefühlt. Harry hatte ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein, verwöhnte sie mit teuren Geschenken, bemühte sich um sie auf eine Art, die ihr als einziges Kind einer alleinerziehenden Mutter bislang unbekannt gewesen war.

Nach ihrer Hochzeit hatten sich die Dinge jedoch gewandelt. Bald wurde ihr klar, dass der Charakter, den er in der Gegenwart anderer Menschen zeigte – vor allem ihrer Mutter – nichts mit dem Mann gemeinsam hatte, der er wirklich war.

Nur zu bald hatte sie gelernt, nicht zu hinterfragen, wo er sich in seiner Freizeit aufhielt. Sie vermutete, dass er andere Frauen traf. Anfangs war sie töricht genug gewesen, ihn deswegen zur Rede zu stellen, aber er hatte jedes Mal einen Tobsuchtsanfall bekommen.

Sie wusste, sie sollte sich scheiden lassen. Sagte sich, wenn er je Hand an sie legte, würde sie gehen. Doch dann vor zwei Jahren, als sie ernsthaft erwog, die Scheidung einzureichen, war ihre Mutter plötzlich erkrankt.

Annabel Laceys ernster Gesundheitszustand machte eine professionelle Pflege rund um die Uhr erforderlich. Doch nur Harry konnte mit seinem Börsengehalt für das teure Pflegeheim aufkommen.

In jenem Moment war Abby eins klar geworden: Solange ihre Mutter krank war, musste sie ihr eigenes Leben auf Eis legen …

„Wir gehen“, eröffnete Liz Phillips und zerrte Abby zurück in die Gegenwart. Und warf Abbys Begleiter einen bewundernden Blick zu. „Wer ist das?“

„Ähm … das ist Luke“, murmelte Abby verlegen.

Höflich erhob er sich von seinem Barhocker.

„Schön, Sie kennenzulernen“, sagte Luke und lächelte in Liz’ Richtung.

„Gleichfalls.“ Kokett sah Liz ihn an. „Wir gehen weiter ins Blue Parrot. Kommt ihr beiden mit?“

„Oh …“ Abby ließ sich ebenfalls vom Hocker gleiten und strich sich dabei den kurzen Rock glatt. „Ich glaube nicht. Ich sollte für heute Schluss machen. Wenn es dir nichts ausmacht?“

Wie magisch angezogen glitt Liz’ Blick zurück zu Luke. „Ich kann es dir nicht verdenken“, bestätigte sie. „Er ist hinreißend.“

„Liz!“, rief Abby peinlich berührt, aber die hörte nicht zu.

„Hi. Ich bin Amanda“, stellte sich nun auch noch eine Freundin von Liz aufdringlich vor. „Kein Wunder, dass Abs dich für sich behalten hat.“

„Ich habe ihn nicht … das ist …“ Abby sah Luke bestürzt an. „Wir haben uns gerade erst kennengelernt.“

„Sie wollte sagen, sie wusste nicht, dass ich komme“, ergänzte Luke. „Unter den gegebenen Umständen werdet ihr sicher verstehen, dass ich … Abs … nach Hause bringe?“

„Klar. Glückliche Abs“, bemerkte eine dritte Frau mit wissendem Grinsen. „Aber wenn der schöne Unbekannte je eine Schulter zum Ausweinen braucht …“

„Ich werde daran denken“, versicherte Luke freundlich. Nach ein paar weiteren peinlichen Kommentaren brach dann die Damengesellschaft aus sechs Frauen auf.

Kaum waren sie fort, blickte Abby besorgt um sich. „Wieso haben Sie sie in dem Glauben gelassen, wir wären zusammen?“, wollte sie wissen und beugte sich vor, um ihre Handtasche aufzuheben, die sie neben dem Barhocker eingeklemmt hatte. „Wir kennen uns kaum.“

„Das wäre zu ändern“, erwiderte er und half ihr, den Schulterriemen ihrer Tasche zu befreien. Dabei streifte seine Hand die ihre, und Abby hatte das Gefühl, als jage ein Stromschlag ihren Arm hinauf. „Na, kommen Sie. Ich fahre Sie nach Hause. Das ist das Mindeste, was ich für Sie tun kann.“

„Woher wollen Sie wissen, dass ich kein Auto habe?“, konterte sie, auch wenn sie sein Angebot ablehnen würde.

Er hob eine Augenbraue. „Haben Sie eins?“

„Nein.“

„Wieso streiten wir uns dann? Ich verspreche, ich bin kein Dieb oder Perverser.“

„Und ich soll mich auf Ihr Wort verlassen?“

Abby sah ihm direkt in sein markantes Gesicht. Liz hat recht, überlegte sie. Er ist wirklich hinreißend. Groß, schlank, aber doch muskulös, mit dunklen Haaren und dunklem Teint, mit neugierigen goldbraunen Augen …

Augen, die sie im Augenblick amüsiert und zugleich interessiert betrachteten.

„Sie könnten meinen Freund da fragen“, bot er an und deutete auf den Mann, dem er anfangs einen Drink ausgegeben hatte.

„Der Ihnen sicher nicht widerspricht, nicht wahr?“, meinte Abby trocken. Dann, mit fatalistischem Schulterzucken, sagte sie: „Okay. Ich hole meinen Mantel.“

„Geben Sie mir den Abholschein, ich hole ihn gerne für Sie“, entgegnete Luke. Und Abby, die ernsthaft erwogen hatte, heimlich durch den Hintereingang zu verschwinden, seufzte resigniert.

1. KAPITEL

Abby nahm die letzte Ladung Blaubeermuffins aus dem Backofen, und atmete tief ihren köstlichen Duft ein, als sie das Backblech auf die Anrichte stellte.

Die Muffins kamen auf ein Auskühlgitter, anschließend prüfte sie, ob die Kaffeemaschine am Morgen aufgefüllt worden war. Die Scones, die sie zuvor gebacken hatte, warteten darauf, in einen Korb umzuziehen.

Marmelade musste noch in die kleinen Töpfchen gefüllt werden, aber die Sahnekännchen konnten warten, bis der erste Kunde des Tages kam.

Auch das Backen der Cupcakes stand noch aus, der Teig war aber schon zubereitet. Er musste nur in die Form und dann ab in den Ofen.

Wann habe ich diese Liebe fürs Backen nur entwickelt? überlegte sie. Sicher nicht während meiner Ehe mit Harry.

Damals hatte sie ihre komplette Freizeit damit zugebracht, zu arbeiten und auf den Tag zu sparen, an dem sie sowohl sich als auch ihre Mutter versorgen könnte.

Doch dieser Tag war nie gekommen.

Abby seufzte.

Als sie sich umsah, spürte sie dennoch ein angenehmes Gefühl der Zufriedenheit. Das kleine Café, in dem sie seit einiger Zeit auch noch einen Buchladen betrieb, war alles, was sie sich erhofft hatte. Wehmütig dachte sie daran, dass auch ihre Mutter diesen Ort geliebt hätte. Doch sie war bereits zwei Jahre nach der Aufnahme im Pflegeheim ihrer Krankheit erlegen.

Das Café hatte Abby zufällig im Internet entdeckt. Bis zu diesem Zeitpunkt war ihre Idee, aus London fortzuziehen, nur ein frommer Wunsch gewesen. Doch als das Café in Ashford-St-James zur Miete ausgeschrieben war, schien es fast Schicksal zu sein. Als sie noch erfuhr, dass eine Wohnung dabei war, hatte Abby nicht gezögert und sich als Mieterin beworben.

Als ihre Scheidung von Harry durch war, kaufte sie sich eine Flasche Pinot Noir und feierte das Ereignis. Danach hatte sie das Einzimmerapartment geräumt, in dem sie seit ihrer Trennung von Harry lebte, und war mit Harley, dem Golden Retriever ihrer Mutter, in die kleine Stadt in Wiltshire gezogen.

Sie hatte wohl immer davon geträumt, ihr eigenes Café zu führen. Der Besitzer, ein älterer Herr namens Mr. Gifford, hatte nichts gegen ihre Absicht, das Interieur zu modernisieren, damit es ihren Anforderungen entsprach. So brauchte sie ihre Ersparnisse für die Neugestaltung auf. Und nun sah es völlig anders aus als die etwas schäbige alte Teestube, die sie vorgefunden hatte.

Anfänglich hatte sie die Kuchen und das Gebäck, die sie zum Kaffee servierte, vom Großhändler bezogen. Doch eines Tages versuchte sie sich selbst an ein paar Muffins, und die Resultate waren so gut gewesen, dass sie nicht wieder zurückblickte.

Gleichzeitig stellte sie aber fest, dass das Café für sich genommen kein allzu großes Einkommen abwarf. Trotz eines festen Kundenstamms – sehr viele Touristen sah man in Ashford-St-James nicht.

Und genau deshalb kam ihr die Idee, eine Buchhandlung zu integrieren. In der Gegend lebten sehr viele ältere Menschen, für die es zu anstrengend war, die Buchhandlungen in Bath aufzusuchen. Um wie vieles einfacher war es da, auf einen Kaffee vorbeizuschauen und die Bücherregale zu durchstöbern?

In den letzten vier Jahren habe ich mir ein gutes Leben aufgebaut, dachte sie zufrieden. Sie war glücklicher als noch vor ihrer Hochzeit. Auch sie und Harley passten zueinander.

Ihre Freunde in London hielten sie zwar für wahnsinnig, sich in einem provinziellen Nest wie Ashford niederzulassen. Doch nachdem sie jahrelang jede einzelne, ihr von Gott geschenkte Stunde bei der Arbeit am Lehrstuhl für Anglistik an der Universität verbracht hatte, schätzte Abby es, hier draußen endlich ihr eigener Boss zu sein. Sie bestimmte ihre eigenen Abläufe, niemand blickte ihr über die Schulter oder kontrollierte ihre Arbeit.

Sie überließ die riesige italienische, laut blubbernde Kaffeemaschine, die bisher ihre größte, aber auch erfolgreichste Ausgabe gewesen war, sich selbst und spazierte durch den kleinen Buchladen.

Für ihn hatte Abby eine junge Mutter aus der Ortschaft eingestellt. Lori tauchte allerdings immer erst gegen neun Uhr auf, nachdem sie ihre kleine Tochter an der Grundschule am Ort abgegeben hatte.

Im Moment hatte Abby das Café und den Buchladen ganz für sich allein. Fröhlich schlenderte sie zwischen den Regalen durch und genoss die himmlische Ruhe.

Jäh wurde ihre Träumerei unterbrochen, als jemand an die Außentür hämmerte. Ein Blick auf ihre Uhr verriet Abby, dass es kaum sieben Uhr war, und sie öffnete das Café erst um halb acht.

Vielleicht ein Notfall, dachte sie. Was für eine Art von Notfall war ihr allerdings ein Rätsel. Es sei denn, Harley hatte sich aus der Wohnung befreit und war dabei aufgegriffen worden, wie er durch die Straßen der Kleinstadt streunte.

Das wäre ein Notfall!

Luke Morelli trat aus der Souterrainwohnung seiner aktuellen Freundin und stieg die Stufen zur Straße empor.

Es war kühl in Grosvenor Mews, trotzdem atmete er erleichtert auf. Es war nicht gelogen gewesen, als er der jungen Frau, die er seit wenigen Wochen traf, erzählte, dass für heute Morgen Besprechungen anberaumt waren und er sie nicht zu ihrem Fotoshooting in Bournemouth fahren konnte, was sie gehofft hatte.

Außerdem wurde ihre Verbindung langsam etwas zu ernst. Bei Luke überdauerten Beziehungen selten mehrere Wochen. Gelegentlich, wenn er sich einer kleinen Selbstanalyse hingab, führte er das auf die Tatsache zurück, dass seine Mutter seinen Vater sitzen gelassen hatte, als Luke noch ein kleiner Junge gewesen war. Dieser Verrat hatte Oliver Morelli schwer mitgenommen, und Luke hatte damals beschlossen, niemals dasselbe Schicksal zu erleiden.

Und er war niemals in Versuchung geraten. Abgesehen von einer einzigen Ausnahme …

Nun ließ er Grosvenor Mews hinter sich und ging den Kai an der Themse entlang. Es war ein wundervoller Morgen; der Frühling lag in der Luft. Es war überraschend warm, selbst zu dieser frühen Stunde, und er entschied, eine Weile spazieren zu gehen, bevor er sich aufmachte zu seinem Büro.

Die Zentrale der Morelli Corporation befand sich in Canary Wharf und war etwas völlig anderes als die schäbigen Geschäftsräume in Covent Garden, wo Ray Carpenter und er das Unternehmen gegründet hatten. Ray gab es schon lange nicht mehr. Er hatte beschlossen, mit seinem Anteil am Geschäft nach Australien zu ziehen.

Jacob’s Tower nahm in der Bank Street einen gut sichtbaren Platz ein. Mehrere Unternehmen pachteten in dem Gebäude Geschäftsräume, die ersten drei Etagen beherbergten jedoch die Zweigniederlassung einer sehr bekannten Kette von Luxushotels.

Lukes Büro lag im obersten Stock, mit einem angrenzenden Penthouse, das er hin und wieder nutzte. Allerdings besaß er auch ein Haus in Belgravia, ein elegantes Gebäude im georgianischen Stil, in das er investiert hatte, bevor die Immobilienpreise in London durch die Decke gegangen waren.

Nach der wöchentlichen Vorstandssitzung informierte er seine Sekretärin, dass er den Rest des Tages außer Haus wäre. „Ich werde nach Wiltshire fahren und mir diese Gebäude in Ashford-St-James ansehen“, sagte er ihr und sammelte die notwendigen Unterlagen von seinem Schreibtisch ein. „Und ich habe meinem Vater versprochen, ihn zu besuchen. Seit unserem Treffen im Büro des Rechtsanwalts nach Giffords Tod habe ich ihn nicht mehr gesehen.“

„Gut, Mr. Morelli.“ Angelica Ryan, eine effiziente Frau in den Fünfzigern, die schon seit zehn Jahren für ihn arbeitete, nickte. „Sind Sie morgen zurück?“

„Ich denke schon.“ Luke verzog das Gesicht. „Wenn etwas dazwischenkommt, lass ich es Sie wissen.“

Rasch verließ Abby den für den Buchladen vorbehaltenen Bereich und eilte durch das Café zur Tür. Eigentlich war es eine einfache, verstärkte Glastür, doch auf Anraten eines Polizisten hatte sie kürzlich ein Eisengitter auf der Innenseite anbringen lassen. So konnte sie sofort erkennen, wer ihr früher Besucher war – Greg Hughes. Beim Anblick ihres Nachbarn schwand ihre gute Laune dahin.

Greg Hughes besaß das Fotostudio nebenan. Sicherlich war es einst ein gut laufendes Geschäft gewesen, aber heutzutage, mit all den Amateurfotografen und den Handykameras, da fragte sie sich schon, wie er seinen Lebensunterhalt verdiente.

Zu ihrem Bedauern mochte sie Greg nicht. Sie hatte sich bei ihrem Einzug ins Café alle Mühe gegeben. Doch relativ bald hatte sie ihn als schmierigen Typen eingestuft, den sämtliche Einzelheiten ihres Privatlebens interessierten.

Auch Harley mochte ihn nicht. Das sonst so gelassene Tier knurrte regelmäßig, wenn Greg den Laden betrat. Harley durfte in dem Bereich, wo mit Lebensmitteln hantiert wurde, nicht frei rumlaufen, schaffte es aber gelegentlich, sich hinter den Bücherregalen zu verstecken.

„Greg?“, fragte Abby beunruhigt, während sie die Tür öffnete. „Stimmt etwas nicht?“

„Das kann man verdammt noch mal sagen!“, entgegnete ihr Besucher gereizt. „Haben Sie Ihre Post noch nicht gelesen?“

Abby runzelte die Stirn. „Die Post war heute noch nicht da“, erklärte sie und bat ihren Nachbarn wohl oder übel in das Café. Sein Atem roch stark nach Knoblauch, was so früh am Morgen nicht angenehm war.

„Haben Sie die gestrige Post gelesen?“, wollte Greg wissen, dessen pummelige Statur geradezu vor Empörung zitterte. „Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, hatte ich gestern geschlossen, weil ich auf einem Kunstgewerbemarkt war. Daher konnte ich die Post erst heute Morgen lesen.“

Abby seufzte. Ehrlich gesagt, hielt sie sich nicht damit auf, jeden Tag den Stapel Rechnungen und Wurfsendungen durchzusehen, der durch ihre Tür kam. Sie sammelte alles, bis sie überzeugt war, diesen Monat einen Gewinn erwirtschaftet zu haben.

„Tut mir leid, das muss untergegangen sein“, erklärte sie, die sich gar nicht vorstellen konnte, was ihn so aufgeregt haben mochte. „Möchten Sie einen Kaffee?“

„Oh, danke.“ Greg schlenderte zu einem der Tische am Fenster und überließ es Abby, ihm den Kaffee zu bringen. „Dann haben Sie also nicht gehört, dass der alte Gifford gestorben ist und sein Sohn diese Reihe an Geschäften an einen Bauunternehmer verkauft.“

Abby blieb der Mund offen stehen. „Nein.“ Ungläubig starrte sie ihn an. „Wann ist er verstorben? Warum wurden wir nicht informiert?“

„Offenbar erst kürzlich. Vor etwa drei Monaten habe ich ihn noch in der Stadt gesehen.“