OHNE AUSWEG (Holly Lin) - Robert Swartwood - E-Book + Hörbuch

OHNE AUSWEG (Holly Lin) E-Book und Hörbuch

Robert Swartwood

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Beschreibung

Holly Lin. Kindermädchen am Tag, Auftragskiller bei Nacht. Holly Lin lebt zwei Leben. Für ihre Freunde und Familie ist sie ein sympathisches, hart arbeitendes Kindermädchen. Für ihren Boss und ihre Kollegin hingegen ist sie eine der besten Auftragsmörderinnen im Dienste der Regierung. Als eine Mission scheitert und einer ihrer Teamkameraden sein Leben dabei verliert, glaubt sie, nicht länger für diese Art von Arbeit geschaffen zu sein – doch die Mission ist noch längst nicht vorbei. Um sie abzuschließen, muss Holly Lin sich einem Geist aus ihrer Vergangenheit stellen. Der Job beginnt persönlich zu werden. Aber wie Holly Lins Feinde schnell erkennen müssen, haben sie sich wohl mit dem falschen Kindermädchen angelegt … "Großartig – unvergesslich und ein Roman, den ich mehr als einmal lesen werde." - Roxane Gay, New York Times Bestseller-Autorin 

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Seitenzahl: 404

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Zeit:9 Std. 45 min

Sprecher:Marie-Celine Pfetzing

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Ähnliche


Ohne Ausweg

Ein Holly Lin Roman

© 2011 by Robert Swartwood

Diese Geschichte ist frei erfunden. Sämtliche Namen, Charaktere, Firmen, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Begebenheiten sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder wurden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebend oder tot, Ereignissen oder Schauplätzen ist rein zufällig.

Impressum

Deutsche Erstausgabe Originaltitel: NO SHELTER Copyright Gesamtausgabe © 2020 LUZIFER Verlag Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Kalle Max Hofmann

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2020) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-554-5

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

Inhaltsverzeichnis

Ohne Ausweg
Impressum
TEIL EINS
Weniger als menschlich
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
TEIL ZWEI
Dienst ist Dienst
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
TEIL DREI
Wie du mir, so ich dir
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
TEIL VIER
Tu Tienes Suerte Perra – Du bist eine glückliche Schlampe
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Epilog
ÜBER DEN AUTOR

Für meine Ehefrau

TEIL EINS

Kapitel 1

Meine Maschine landet um kurz vor Mitternacht auf dem McCarran-Flughafen in Las Vegas. Nova holt mich in einem schwarzen Chrysler-SUV ab, in dem es nach kaltem Zigarettenrauch riecht.

Das Erste, was er zu mir sagt, ist: »Ich weiß genau, was du denkst – und nein, der Wagen ist nicht geklaut.«

Das Zweite, was er zu mir sagt, ist: »Bist du bereit, ein paar schwere Jungs umzulegen?«

Er fährt zu unserer vorübergehenden Basis, einem alten Backsteingebäude am Stadtrand. Einst war es eine Autowerkstatt, jetzt steht in der Mitte ein Tisch voller Computer, daneben ein Tapeziertisch voller Waffen, und daneben ein Lincoln-Straßenkreuzer, der brandneu aussieht.

»Gefällt er dir?«, fragt Nova, als wir aussteigen. »Damit fährst du heute Abend.«

»Kann es kaum erwarten.«

Ich gehe rüber zu dem Tapeziertisch und nehme das Waffenarsenal unter die Lupe. Dann werfe ich Scooter, der am Computer sitzt, einen Blick zu. »Wie läuft's, Süßer?«

Er lächelt mich an und kaut weiter auf seinem Bazooka-Joe-Kaugummi herum.

»Ha-hallo Holly, wie war d-d-der Flug?«

»Zu kurz. Die haben mir nicht mal eine dieser kleinen Tüten Erdnüsse serviert, die ich so gern mag.«

Nova tritt an meine Seite und hält mir einen braunen Umschlag hin: »Willst du vielleicht auch wissen, wer das Ziel ist?«

»Ich dachte schon, du fragst nie!«

Er macht ein wenig Platz auf dem Tisch und zieht zwei Stühle heran. Ich setze mich und öffne den Umschlag. Darin sind Überwachungsfotos von einem Mann mittleren Alters, der buschige Augenbrauen, eine Brille und eine beginnende Glatze hat.

»Wo wurden die aufgenommen?«

»Direkt vor dem MGM Grand Hotel.«

»Wohnt er da?«

Nova schüttelt den Kopf. »Er ist im Bellagio abgestiegen, aber er hat in der vergangenen Woche alle größeren Casinos aufgesucht.«

Ich schaue auf und werfe erst Nova, dann Scooter einen Blick zu. »Wie lange seid ihr Jungs denn schon hier?«

»Anderthalb Wochen.«

»Davon hat Walter nie etwas erwähnt!«

Scooter tippt weiter an seinem Computer herum und sagt mit dem Rücken zu uns: »D-d-das ist, weil wir nicht wussten, ob wir dich brauchen.«

»Du weißt wirklich ganz genau, wie man Frauenherzen gewinnt, Scooter.«

Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder dem Bild zu.

»Wer ist denn die Frau – seine Freundin?«

Auf fast allen Bildern ist eine schlanke, hochgewachsene Frau neben der Zielperson, die einen Aktenkoffer trägt.

»Diese heiße Schnecke«, sagt Nova, »ist Delanos persönliche Assistentin. Sie heißt Alayna Gramont. Ob du es glaubst oder nicht, sie war mal Model.«

»Muss ich mir Sorgen über sie machen?«

»Nein, sie wird heute Abend nicht dabei sein.«

Ich nicke und schaue Nova ernst an. »Also, wie wird es laufen?«

Er räuspert sich. »Die Sache ist, er und seine Geschäftspartner machen heute eine Party.«

»Und?«

»Sie haben Frauen bestellt.«

»Natürlich haben sie das«, sage ich. »Und ich wette, dieser Kerl hier – wie heißt er nochmal?«

»Roland Delano.«

»Ich wette, dieser Roland Delano steht auf Asiatinnen.«

»Um genau zu sein«, sagt Scooter, immer noch mit dem Rücken zu uns, »ist der Typ mit dem Asia-Fetisch gar nicht unsere Zielperson. Sondern sein Kumpel.«

Nova reicht mir einen weiteren Umschlag. Darin sind noch mehr Überwachungsfotos. Diese zeigen einen großen, schwarzen Mann, der eine Vollglatze sowie eine futuristische, große Sonnenbrille trägt.

»Ist das der Bodyguard?«

Nova nickt.

»Und der steht auf Asiatinnen?«

Er nickt erneut.

Ich schaue wieder von Nova zu Scooter, von Scooter zu Nova. »Ich werde komplett auf mich allein gestellt sein, hab ich recht?«

»Zumindest, wenn du drinnen bist, ja«, gibt Nova zu.

»Super.« Ich verschränke die Arme und atme einmal tief durch. »Und wie ist der genaue Plan?«

Kapitel 2

Nova blättert die Bilder von Roland Delano durch, bis er findet, was er sucht. Er legt die Aufnahme auf den Tisch und tippt auf eine bestimmte Stelle.

»Siehst du das?«

»Der Kerl trägt Schmuck.«

»Das ist kein Schmuck«, entgegnet Nova und hält seinen Finger auf eine Stelle unter Delanos Hals gerichtet, wo eine Goldmünze an einer Kette hängt. »Das ist ein USB-Stick.«

»Ein USB-Stick«, wiederhole ich.

»Dieser Job besteht aus zwei Teilen, Holly. Delano auszuschalten, ist die eine Hälfte. Die andere ist, diesen Stick mitzubringen.«

Ich schaue auf und mustere meine beiden Mittäter. Scooter ist klein und dünn und trägt eine Brille. Nova ist kräftig, stark und gutaussehend. »Was macht dieser Roland Delano nochmal?«

»Ein typischer Terrorist.«

»Und was ist sein Spezialgebiet?«

»Waffen.«

»Schwere oder leichte Waffen?«

»Super schwere.«

Ich nicke und sage: »Dann wird er also gut geschützt sein.«

»Sehr gut geschützt«, bestätigt Scooter. Er winkt mich heran und zeigt auf einen seiner Bildschirme. »Delano w-w-wohnt in der Bonzen-Suite im Bellagio. Eigentlich wollte er eine der Villen, doch die waren alle b-b-belegt und da wurde er sauer. K-kannst dir ja vorstellen, dass so ein Typ normalerweise k-kriegt, was er will.«

Scooter öffnet ein Fenster, hackt in die Tasten und die Webseite des Bellagio erscheint.

»Wow«, sage ich. »Ihr habt in den letzten anderthalb Wochen wirklich supergeheime Informationen gesammelt!«

»Ja, lach du nur«, sagt er, klickt und klickt, bis die Seite für die edelste Suite erscheint. »Du darfst nicht vergessen, dass das hier kein George-Clooney-Film ist. Es ist so gut wie unmöglich, sich in ein großes Casino reinzuhacken, schon gar nicht mit meinem beschränkten Equipment. Aber immerhin habe ich es geschafft, seine Zimmernummer herauszubekommen und das Telefon anzuzapfen. D-dadurch wissen wir von der Party heute Abend und welche Mädels er bestellt hat.«

»Und wie kriege ich meine Einladung?«

»Er hat bei einer der Agenturen eine Asiatin bestellt«, sagt Nova. »Wir haben ein paar Stunden später nochmal dort angerufen und ihnen gesagt, dass wir die Buchung stornieren, aber trotzdem voll bezahlen.«

»Eine Asiatin«, murmle ich und werfe Nova einen bösen Blick zu. »Ihr seid ganz schön rassistisch.«

»Egal«, sagt Scooter und klickt woanders hin: »D-das ist der Lageplan der Suite. Es gibt ein Foyer, das in das Wohn- und Speisezimmer führt. Zur Rechten ist eine Bar und ein Konferenzraum. Auf der anderen Seite sind zwei Schlafzimmer, jeweils mit eigenem Bad.«

»Klingt so, als würdest du mir so ein Zimmer vermieten wollen.« Ich starre für einen Moment auf den Bildschirm und frage dann Nova: »Wie viele Sicherheitsleute hat er denn?«

»Mindestens ein halbes Dutzend.«

»Und ich gehe da unbewaffnet rein.«

»Ja, so in etwa.«

»Und wenn ich mir einen Fingernagel abbreche und Hilfe brauche, wie lange dauert es, bis Verstärkung da ist?«

Nova schaut zu Boden und kratzt seinen Hals. »Das ist noch so eine andere Sache, die wir vermutlich besprechen müssten.«

»Vermutlich«, stimme ich zu.

»Die Suite hat eigene Fahrstühle. Man braucht eine Schlüsselkarte, um sie zu benutzen, und dummerweise haben wir keine.«

»Ich kann da auch nichts machen«, sagt Scooter. »Nicht bei den Sicherheitsfeatures, die das B-B-Bellagio hat.«

Ich verschränke die Arme und schaue die beiden böse an. »Okay, ich fasse nochmal zusammen: Ich gehe da ohne Waffe rein, ohne Schutz und ohne Verstärkung. Habe ich das richtig verstanden?«

Nova schaut kurz weg und nickt dann betreten.

»Und wo werdet ihr beide dann sein?«

»Nachdem ich dich abgesetzt habe«, sagt Nova, »parke ich die Limousine in einer Garage, ziehe mich um und arbeite dann im Casino.«

»Super. Also amüsierst du dich, während ich arbeite.«

»Ich stehe die ganze Zeit für Funkkontakt bereit, genau wie Scooter.«

Scooter nickt. »Ich werde im Parkhaus in unserem SUV sitzen und deren Sicherheit abhören.«

Ich werfe einen Blick auf den Bildschirm und denke über das mindestens halbe Dutzend Männer nach, sowie die Tatsache, dass ich gar nicht für Roland gebucht bin, sondern für seinen Leibwächter.

»Wie viele andere Frauen werden dort sein?«

»Mindestens ein halbes Dutzend«, sagt Nova wieder, »vielleicht auch mehr.«

»Oh, verstehe. Er ist also ein Boss, der gern seinen Wohlstand mit seinen Mitarbeitern teilt.«

Nova schüttelt den Kopf, hält dabei aber Blickkontakt zu mir. »Nein, die sind alle für ihn.«

»Okay, dann ist er ein selbstsüchtiges Arschloch.«

»Soweit wir wissen«, sagt Scooter, »ist er weitaus mehr a-als nur selbstsüchtig.«

Nova zieht eine Packung Zigaretten aus seiner Tasche und bietet mir eine an.

»Du weißt doch, dass ich aufhören will«, beschwere ich mich, nehme aber trotzdem eine. Nachdem er sie uns angezündet hat, schaut er mich wieder an, doch bevor er etwas sagen kann, nehme ich ihm die Worte aus dem Mund.

»Der Kerl geht gern hart zur Sache, hab ich recht?«

Nova nickt, hält meinem ernsten Blick aber stand.

Scooter zieht ein frisches Bazooka Joe aus der Tasche, wickelt es aus und steckt sich das Kaugummi dann in den Mund. Er hat die Angewohnheit, nach und nach acht bis zehn Stück in seinem Mund zu sammeln, bevor er den riesigen, zerkauten Ball dann ausspuckt und von vorn anfängt. Jetzt lehnt er sich zurück und schaut mich verstohlen an – ich sehe die gleiche Frage in seinen Augen wie bei Nova.

Ich warte einen Moment ab, dann sage ich: »Macht euch keine Sorgen darüber.«

»Holly …«, setzt Scooter an.

»Nein, wirklich. Ich kriege das hin.«

»Walter ist klar, dass das kein sauberer Einsatz sein wird«, sagt Nova. »Er will nur nicht, dass es völlig außer Kontrolle gerät.«

Klar. Wenn ich ein General der Vereinigten Staaten von Amerika wäre, würde ich auch nicht wollen, dass eine nicht-genehmigte Mission im eigenen Land außer Kontrolle gerät.

»Und wie definiert er das genau?«

»Du weißt, dass das bei jedem Job anders ist. Aber ich glaube, in diesem Fall gingen seine genauen Worte in die Richtung: Wenn es schon in die Nachrichten kommt, bitte nur in die Lokalnachrichten, nicht in die landesweiten.«

»Ich kann nichts versprechen.«

»Du kannst versprechen, dass du es wenigstens versuchen wirst.«

»Wie soll ich Roland denn überhaupt ausschalten?«

»Wir haben uns gedacht«, sagt Scooter, »d-d-das der Leibwächter wahrscheinlich versuchen wird, dich hart ranzunehmen. Sobald er dich schlägt oder so, wehrst du dich. Ganz einfache Notwehr.«

»Ich weiß nicht«, sage ich mit einem Blick auf die Fotos, die auf dem Tisch ausgebreitet sind. »Er sieht ganz schön muskulös aus.«

Nova hat aufgeraucht und tritt seine Zigarette auf dem Boden aus. Er sagt nichts weiter, sondern schaut mich einfach nur an. Mir fällt auf, dass Scooter mich ebenfalls beobachtet, und dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen: »Roland ist nicht zum Spaß hier, oder? Er ist geschäftlich hier!«

»Ein paar Leute kommen morgen Nachmittag aus Argentinien«, sagt Scooter. »Sie wollen einen Deal machen.«

»Wissen wir, worum es dabei geht?«

»Wahrscheinlich um den Inhalt des USB-Sticks, den er um den Hals trägt«, sagt Nova.

»Okay«, sage ich und nicke. »Dann ist das wahrscheinlich die Art von Deal, der auf keinen Fall stattfinden darf.«

»Natürlich.« Nova streckt den Arm aus, um mir auf die Schulter zu klopfen, doch dann hält er plötzlich inne und seine Miene erhellt sich. »Oh Scheiße, das habe ich ja fast vergessen!«

»Was hast du vergessen?«

Grinsend wendet er sich nun an Scooter. »Willst du, oder soll ich?«

Scooter ist schon aufgesprungen und eilt zum anderen Ende der Werkstatt.

»Der Kerl, der dich bestellt hat, hatte noch einen besonderen Wunsch.«

Scooter kommt mit einem Karton in der Hand angelaufen. Er legt ihn auf den Tisch und schiebt ihn in meine Richtung. »Happy Birthday.«

Ich mustere die Jungs mit heruntergezogenen Mundwinkeln, werfe einen Blick in die Schachtel und schüttle den Kopf. »Auf gar keinen Fall.«

»Doch«, sagt Nova.

»Nein. Das ziehe ich nicht an.«

»Du hast keine Wahl.«

Scooter zieht sein Telefon hervor und richtet die Kamera auf mich. »Kann ich ein Foto machen?«

Ich starre Scooter einfach nur an, dann fällt mein tödlicher Blick auf Nova. Doch er tätschelt einfach nur meine Schulter.

»So«, sagt er, »bist du bereit für die Party?«

Kapitel 3

Nova fährt mich in der Limousine zum Bellagio. Die ganze Fahrt über sagt er kein Wort. Er fährt einfach nur und ich sitze hinten und beobachte die Neonlichter und die Menschen, die um zwei Uhr nachts noch wach sind. Es fällt mir schwer, zu glauben, dass ich vor gerade einmal fünf Stunden noch bei meiner Mutter zu einem Familienessen war. Das ist ihr monatlicher Grund, mich und meine Schwester mit ihrem Mann und den beiden Kindern an einen Tisch zu holen, damit sie erfahren kann, was es neues in deren Leben gibt – und ganz subtil zum Ausdruck bringen kann, wie enttäuscht sie ist, dass ich mit meinen beinahe dreißig Jahren noch keinen Freund oder vernünftigen Job gefunden habe.

Mein Gott, ich hasse diese Familienessen.

Als Nova in die Einfahrt des Casinos einbiegt, schließe ich die Augen und atme tief durch. Dann sind wir am Haupteingang und einer der Pagen eilt herbei, um mir die Tür zu öffnen. Ich trete hinaus in die kühle Wüstenluft von Las Vegas. Ich lächle, nicke dem Pagen zu und sage in schlechtem Englisch: »Tänk Jou.«

Ich trage einen dünnen Mantel aus Kaschmir, der mir bis zu den Knien reicht, und während ich das Hotel betrete und zu den Fahrstühlen gehe, verwandele ich mich in die Figur, die ich heute Nacht zu spielen habe: Eine japanische Prostituierte mit einfacher Schulbildung, die wenig Englisch spricht. Die Art Frau, die weiß, was Männer gern hören und fühlen, und die bereit ist, ihnen für den richtigen Preis genau das zu besorgen.

Am Fahrstuhl kommt ein Mann auf mich zu. Ich weiß sofort, dass er nicht zu den Sicherheitskräften des Hotels gehört. Er trägt einen Anzug von Armani, viel zu edel, und mustert mich mit einem intensiven Blick.

»Wollen Sie zur Party?«, fragt er, und ich nicke mit einem Schmollmund, als würde ich nur die Hälfte von dem verstehen, was er sagt.

»Okay, dann folgen Sie mir.«

Er führt mich zu einem anderen Fahrstuhl am Ende des Ganges. Er wischt mit einer Codekarte an einem Sensor entlang und sofort öffnen sich die glänzenden, makellos polierten Türen.

»Dann mal rauf mit dir, Süße«, sagt er. »Viel Spaß!«

Als ich an ihm vorbeigehe, gibt er mir einen Klaps auf den Po. Mein erster Impuls ist, herumzuwirbeln und ihm ins Gesicht zu schlagen, ihm die Nase zu brechen und ihn mit tränenden Augen zu Boden zu schicken. Doch dann erinnere ich mich daran, dass ich Profi bin, also drehe ich mich einfach nur um, lächle, und winke ihm milde zu, bis die Türen geschlossen sind. Als es so weit ist, verschwindet mein Lächeln, ich drehe die Hand um und ziehe alle Finger zusammen, bis auf den in der Mitte.

Während der Fahrstuhl nach oben fährt, mustere ich meine Reflexion in der glänzenden Tür. Ich öffne den Kaschmirmantel und betrachte das Outfit, das vom Kunden bestellt wurde: Schwarze Damenschuhe mit Stilettoabsätzen, weiße Kniestrümpfe, ein blau-grün karierter Minirock und eine weiße Bluse, die weit aufgeknöpft ist, um meinen Ausschnitt zur Schau zu stellen. Nicht gerade das, was ich normalerweise anziehen würde, aber wenn der Kunde ein japanisches Schulmädchen bestellt, wird er das auch bekommen.

Scooter fragt: »Bist du allein?«

Ich trage ein drahtloses Funkgerät im Ohr, ein winziges Ding, das kleiner als ein Kieselstein ist. »Ja, ich bin im Fahrstuhl. Was ist los?«

»Hör dir mal an, w-w-was für ein Comic in dem Bazooka Joe war, das ich gerade geöffnet habe!«

»Scooter, ich habe keine Zeit für so einen Quatsch!«

»Aber ich g-g-glaube, dass es ein gutes Zeichen ist! Es ist mein Lieblingscomic, die Nummer zwanzig. Joe grillt mit seinem Kumpel und sagt: Hey, w-w-was ist mit den Hotdogs? Wo sind die Hotdogs? Und auf dem nächsten Bild lehnt Joe an einem Baum und benutzt einen Zahnstocher. Dazu sagt er: Jeder ist sich selbst der Nächste, da muss man sich dran gewöhnen.«

Scooter macht eine Pause. »W-w-was sagst du dazu?«

Jetzt ertönt Novas Stimme: »Ich sage dazu, hör auf, Holly zu belästigen, sie muss sich konzentrieren!«

»Ja, ich weiß, aber merkt ihr nicht, was da für eine Botschaft in dem Comic steckt? Es ist brillant und sagt sogar unsere Zukunft voraus: Am Ende nehmen wir den anderen die Wurst vom Brot!«

Bevor ich antworten kann, wird der Fahrstuhl langsamer, und ein Blick auf die Anzeige verrät mir, dass ich die dreißigste Etage erreicht habe. Die Kabine bleibt stehen. Ich schließe den Kaschmirmantel und atme tief durch. Dann öffnen sich die Türen und ich mach einen Schritt nach vorn – bleibe aber sofort stehen, als ich feststelle, dass eine Pistole direkt auf mein Gesicht gerichtet ist.

Kapitel 4

»Ganz ruhig, Baby – es ist alles in Ordnung. Aber du musst ganz langsam rauskommen. Und dann stellst du dich hier an die Wand.«

»An Wand?«, frage ich in meinem schlechten Englisch. Beim Anblick der Waffe – einer 9mm Glock – habe ich meine Hände gehoben und mein Bestes getan, erschrocken und verwirrt auszusehen.

»Richtig, Baby, an die Wand. Ich muss dich abtasten, um sicherzugehen, dass du nichts dabei hast.«

»Dabei hast?«

Mit erhobenen Händen gehe ich langsam auf die Wand zu und drücke mich dagegen. Der Mann ist nicht allein, zwei seiner Kumpel sehen zu und grinsen, als er auf mich zugeht und anfängt, mich abzutasten. Ich bin fast überrascht, dass er am Anfang einen einigermaßen professionellen Job macht, doch am Ende muss er natürlich doch noch meine Brüste zusammendrücken und mir in den Hintern kneifen.

Dann tritt er einen Schritt zurück und sagt: »Okay, gut, du bist sauber. Sorry, Süße, aber wir müssen auf Nummer sicher gehen.«

»Okay«, sage ich und dehne das Wort in zwei getrennte Silben.

Er lacht grunzend, schüttelt den Kopf und winkt dann einen der Männer hinter ihm heran. »Phil, bring sie rein.«

Phil kommt nach vorn, packt mich am Arm und zieht mich unsanft den Flur hinunter, in Richtung von Delanos Suite. Er hat ein wirklich starkes Aftershave, von dem mir fast die Augen tränen. Er fragt: »Was hast du denn unter deinem Mantel, Kleine?«

Ich lächle, sage aber nichts, weil ich weiß, dass er die Sache nicht wert ist. Dann stehen wir vor einer Tür. Er klopft zweimal, einer der Türflügel öffnet sich, und wieder steht da ein Kerl, der eine Glock auf uns richtet. Er winkt mich heran, und der Typ, der meinen Arm festhält, schubst mich in seine Richtung.

Damit stolpere ich in eine dichte Wolke aus Haschisch-Dämpfen. Die Jungs sind so stark am Rauchen, dass man den Qualm als Wolke an der Decke sehen kann.

Ein Mann steht von einem der Sofas auf und hebt die Arme. Er trägt einen plüschigen, braunen Bademantel und lächelt mich an. »Willkommen, willkommen!«, sagt er und ich weiß sofort, dass es Robert Delano ist, meine Zielperson. Um den Hals glitzert die goldene Kette seines USB-Sticks.

Es sind noch sechs andere Mädels da, die sich auf den Sofas rekeln oder an den Fenstern stehen. Zwei von ihnen sind weiß, eine ist schwarz, die anderen sind Lateinamerikanerinnen. Sie tragen enge, schwarze Kleidchen, die kaum ihre Scham bedecken, und alle haben Stilettos an den Füßen.

Delanos Leibwächter, der kräftige, schwarze Mann mit dem Fetisch für asiatische Frauen sitzt ebenfalls auf einer Couch. Im Gegensatz zu seinem Boss trägt er einen Anzug. Seine Augen treffen die meinen und er nickt mir übertrieben langsam zu, als würde er mir sein Wohlwollen ausdrücken.

Roland Delano kommt auf mich zu, die Arme immer noch in der Luft. An der Art, wie er sich bewegt, sehe ich schon, dass er betrunken ist. Als er mich umarmt, sagt er mir, wie froh er ist, dass ich gekommen bin, um ihm Gesellschaft zu leisten. Seine haarigen Nasenlöcher sind voller Kokainreste.

»Bitte, bitte«, sagt er, »lass mich deinen Mantel nehmen.«

Bevor ich weiß, wie mir geschieht, ist der Mantel auch schon von meinem Körper gerissen und ich stehe in meinem Schulmädchen-Outfit da. Erneut erwidere ich den Blick des Bodyguards, der mir noch einmal zunickt – diesmal fängt er sogar langsam an zu grinsen, wobei er einen Goldzahn entblößt.

Ich schaue mich um und stelle fest, dass die anderen Frauen mich böse anstarren. Wahrscheinlich ist keine von ihnen älter als fünfundzwanzig, doch sie sind von ihrer Arbeit gezeichnet. Ihre Träume sind inzwischen wahrscheinlich längst zerplatzt, ihr Lebensmut vernichtet. Viele von ihnen könnte man dennoch als attraktiv bezeichnen – jedenfalls würden Nova und Scooter das bestimmt tun – doch auch sie haben sichtbare, raue Kanten, die ich immer noch erfolgreich von mir fernhalte.

Roland nimmt meinen Arm und führt mich an die Bar. »Einen Drink, bitte sehr, nimm doch einen Drink. Und natürlich kannst du dich auch an allen anderen Spaßmachern bedienen. Darauf bestehe ich. Ich habe alles da: Gras, Coca, sogar ein paar Pillen. Bitte, bitte, ich möchte, dass du Spaß hast!«

Einer seiner Männer steht gelangweilt hinter der Bar. Ich lächle ihn an, sage »Bier?« und er holt eine Flasche Budweiser hervor.

Als ich mich umdrehe, ist Roland schon verschwunden – er steht vor der Couch, wo zwei der Mädels auf ihn gewartet haben. Er setzt sich und legt seine Arme um sie, dann erzählt er lächelnd eine Geschichte weiter, die ich wahrscheinlich mit meinem Auftritt unterbrochen habe.

Ich nippe an meinem Bier und schaue mich um. Ein Hip-Hop-Beat schallt aus unsichtbaren Lautsprechern und auf dem riesigen Fernseher läuft ein Softporno mit etwas Lesben-Action. Der Kamin ist an und die Flammen scheinen zur Musik zu tanzen.

Dann fällt mein Blick auf den Leibwächter. Er bedeutet mir mit einer Geste, zu ihm zu kommen. Als ich ankomme, sagt er einem der Mädchen an seiner Seite, dass sie sich verziehen soll, und schon sitze ich zu seiner rechten, mit seiner riesigen Pranke um meine Schulter. Er sagt mir, sein Name sei Jerold und fragt, wie ich heißen würde.

»Cho«, sage ich. Er lächelt, wobei sein goldbesetzter Zahn im Licht funkelt, und sagt, dass der Name schön sei, und ob er etwas bedeuten würde. »Bedeutet Schmetterling«, antworte ich.

»Schmetterling, soso? Na dann hoffe ich, dass ich dich nachher nicht zerschmettere, kleine Ling!«

Ich tue mein Bestes, um nicht mit den Augen zu rollen. Über Funk sagt Scooter: »Ich glaube, ich muss k-k-kotzen.«

Die Latina zu Jerolds linker Seite schaut mich strafend an. Sie ist sauer, dass ich nun alle Aufmerksamkeit genieße. Das wundert mich, denn sie wird ja so oder so bezahlt, aber ehrlich gesagt, habe ich Prostituierte noch nie verstanden.

Jerold nimmt seinen Arm von meiner Schulter und legt seine warme Hand auf meinen Oberschenkel. »Das Outfit ist echt klasse. Sehr schick. Ich wusste gar nicht, dass man so was auch bestellen kann. Muss ich mir fürs nächste Mal merken!«

Ich lächle Jerold schweigend an, während ich Scooter und Nova im Hintergrund kichern höre. Diese verfickten Arschlöcher, wenn ich sie das nächste Mal sehe, breche ich ihnen die kleinen Finger.

Jerold hebt seine Flasche Perrier und stößt mit mir an. »Prost«, sagt er und lehnt sich nach vorn, wobei er seine Lippen auf die meinen drückt. Es ist ein kurzer Kuss, ein Bussi, aber es reicht mir, um sicher zu sein, dass er nach absolut nichts schmeckt. Kein Alkohol, kein Schnaps, nicht einmal Gras. Der Kerl ist stocknüchtern, was eine weitere Komplikation darstellt.

Es vergehen fünf Minuten, dann zehn, und ich versuche möglichst wenig von meinem Bier zu trinken und nicht viel von den Joints zu inhalieren, die mir immer wieder gereicht werden. Ich lächle die Männer an und lausche ihren Geschichten, doch meine Augen schauen die ganze Zeit nur nach möglichen Ausgängen, Waffen, Bedrohungen.

Anscheinend sind alle von Delanos Männer bewaffnet, Jerold möglicherweise auch.

Schließlich erscheinen die restlichen beiden Damen. Roland Delano wiederholt seine Begrüßungsformel, nimmt ihnen die Mäntel ab und führt sie zur Bar. Jerolds Hand liegt immer noch auf meinem Oberschenkel. Immer wieder drückt er mich, reibt vorsichtig und nähert seine Hand meinem Schritt an, bevor er sie dann schnell wieder zurückzieht, als sei das ein Spiel.

Inzwischen habe ich Maß von ihm genommen und bin mir sicher, dass ich ihm nicht das Genick brechen kann. Er ist ein regelrechter Hüne und seine Wirbelsäule ist von jeder Menge Muskelmasse geschützt.

Roland dreht die Musik runter, dafür schaltet er den Sound des Pornos an, wo gerade zwei Mädels mit einem Dildo spielen. Er schaut einen Moment zu und hat dabei ein schiefes Grinsen auf den Lippen. Dann macht er auch den Fernseher aus, räuspert sich und klopft sich auf die Brust. »Noch einmal herzlich willkommen, meine Damen. Es ist mir eine Ehre, dass ihr heute Abend hier zu Gast seid, und jetzt wird es Zeit für den spannenden Teil des Abends. Einige von euch werden mich begleiten, andere von euch gehen mit meinem Mitarbeiter. Ein paar von euch müssen vielleicht noch ein bisschen auf ihren Einsatz warten. Aber macht euch keine Sorgen, Ladys«, sagt er und unterbricht sich, um ein breites Grinsen einzuschieben. »Ihr werdet heute Nacht auf jeden Fall alle zum Einsatz kommen.«

Dann entgleitet das Lächeln seinem Gesicht und er deutet auf drei der Damen. Sie stehen auf und folgen ihm in eines der Schlafzimmer.

Jetzt verlässt Jerolds Hand zum ersten Mal wieder meinen Oberschenkel. Er steht auf, dreht sich zu mir und gibt mir seine Hand, um mir aufzuhelfen. Ich stelle mir bereits das Schlafzimmer vor, die möglichen Gegenstände, die ich vielleicht als Waffen zweckentfremden kann, und überlege, wie ich Jerold erledigen kann. Dann gehe ich los.

Als ich Jerolds tiefe Stimme hinter mir höre, bleibe ich kurz stehen: »Du auch, meine Süße.«

Er hilft der Latina ebenfalls hoch und lächelt sie an, als er ihr seinen Arm anbietet und sie in meine Richtung führt.

Kapitel 5

Dieser Jerold ist ein perverser Wichser.

Als Erstes befiehlt er uns, dass wir uns über das Fußende des Bettes beugen sollen, sodass unsere Ärsche in die Luft ragen. Dann macht er die Tür zu, dimmt das Licht und dreht die Musik an. Ich hatte Rap erwartet, doch aus den Lautsprechern kommt eine Art Jazz, ein modernes Stück mit Saxofon und einem Beat.

»Wisst ihr, was ihr Mädels seid?« Er zieht seine Anzugjacke aus und legt sie über die Lehne eines der Stühle. »Ihr seid meine Sklavinnen. Und wie alle unartigen Sklavinnen müsst ihr bestraft werden!«

Er öffnet seinen Gürtel und zieht ihn aus der Hose. Die beiden Enden faltet er zusammen, macht dann einen Schritt nach vorn und hebt den Lederriemen über seinen Kopf.

Das Latina-Mädel ist als Erstes dran. Sie bekommt einen ordentlichen Hieb über ihren Hintern. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sie zusammenzuckt, die Zähne zusammenbeißt und die Augen zudrückt. Sie versucht einen Aufschrei zu unterdrücken, aber schafft es nicht.

»Yeah, Baby, gefällt dir das?«

Er tritt hinter mich, hebt den Gürtel in die Luft und ich bereite mich auf den Aufprall vor, indem ich stur geradeaus starre. Und dann – KLATSCH! – ist es vorbei und ich drücke die Zähne zusammen, bis der Schmerz abklingt. Es gelingt mir, absolut kein Geräusch zu machen, obwohl ich weiß, dass das dumm ist. Dumm, weil es nichts anderes bewirkt, als dass Jerold mich noch einmal schlagen will.

Das tut er auch – ZACK! – und dann noch einmal. Ich mache immer noch kein Geräusch.

»Du denkst wohl, dass du ganz hart bist, was?«, kichert er. »Okay, Baby, dann schauen wir doch mal, wie hart du bist.«

Er tritt näher an mich heran, packt mich an den Haaren und reißt meinen Kopf zurück. Langsam leckt er mein Gesicht ab und flüstert: »Dich hebe ich mir als letzte auf!«

Dann schubst er mich weg. Ich stolpere in einem ungünstigen Winkel zur Seite, verliere auf meinen hohen Absätzen den Halt und falle zu Boden. Er schaut mich an und lacht, dann lehnt er sich nach vorn und flüstert der Südamerikanerin etwas ins Ohr. Sie fängt an, zu schluchzen, worauf er noch lauter lacht. Dann lehnt er sich zurück, lässt den Gürtel fallen und öffnet seinen Krawattenknoten. Er packt das Mädchen an den Haaren, reißt sie an sich heran und fragt: »Bist du bereit für das Hauptprogramm?«

Dann schubst er sie auf das Bett.

Ich liege wie angewurzelt auf dem Boden. Das Herz schlägt mir bis zum Hals.

Jerold wirft mir einen Seitenblick zu. Er grinst und zeigt mir damit seinen Goldzahn, dann zwinkert er mir zu.

Langsam steigt er auf das Bett, wie ein Raubtier, das sich seinem Opfer nähert. Dann packt er das Oberteil des Mädchens und reißt es ihr herunter. Ich schaue mich noch einmal in dem Raum um, weil ich irgendetwas brauche, dass ich als Waffe benutzen kann. Doch das Licht ist einfach zu dunkel.

Das Mädel schluchzt auf und Jerold flüstert: »Pssst, Baby, ganz ruhig.«

Meine Augen fallen auf den Gürtel, den er zu Boden hat fallen lassen. Dieses dicke Lederding, mit dem er uns, seine Sklavinnen, bestraft hat. Der Jazz dudelt weiter aus den Lautsprechern und die Südamerikanerin fängt an, zu wimmern, als Jerold seine großen Hände auf ihre Brüste legt.

Ich springe auf, schnappe mir den Gürtel und werfe mich in Richtung des Bettes. Hart lande ich auf seinem Rücken und ziehe ihm den Lederriemen um den Hals. Dann ziehe ich, so fest ich kann, und höre nicht auf, als er versucht, aufzustehen und mich abzuwerfen. Seine Hände lassen das Mädchen los und packen den Gürtel. Er versucht seinen eingeklemmten Adamsapfel zu befreien. Die eine Hand lässt er dann dort, mit der anderen versucht er mich zu packen. Er erwischt meine Haare und reißt brutal daran. Aber ich lasse nicht los. Ich darf nicht loslassen.

Jerold ist groß, stark und entschlossen, und während ich noch auf ihm drauf hänge, verlässt er das Bett und schüttelt sich wild, als wäre er ein Bulle und ich ein Cowboy. Als ihm klar wird, dass das nicht funktioniert, rennt er rückwärts gegen eine Wand.

Das nimmt mir komplett den Wind aus den Segeln. Mein Hinterkopf knallt gegen die Mauer und ich fange an Sterne zu sehen. Die Welt scheint zu kippen und ich verliere den Halt. Nur ein klein wenig lasse ich locker, aber das reicht Jerold. Er reißt den Gürtel weg und dreht sich um, wobei ich auf den Teppich klatsche. Mit der Spitze seiner Designerschuhe tritt er mir in den Bauch.

»Du dumme Fotze«, knurrt er und tritt mich noch einmal, und nochmal, und noch ein weiteres Mal. Die ganze Welt dreht sich. Ich kriege kaum Luft und keuche. Die Schmerzen sind überwältigend. Und er hört einfach nicht auf zu fluchen, mich anzuspucken und zu treten, treten, treten.

Völlig lautlos greift das andere Mädchen ihn an. Sie kommt von links, das Zimmertelefon in der Hand, und rammt es in seinen Hinterkopf. Davon geht er nicht zu Boden, es scheint ihm nicht mal großartig wehzutun, aber es reicht, um ihn kurz vom Treten abzuhalten. Lange genug, damit ich endlich wieder Luft bekomme und das Drehen der Welt langsamer wird.

Jerold dreht sich weg. Starrt das Mädchen hasserfüllt an. Er drückt seine Hand zu einer Faust zusammen und hebt sie in die Luft …

Doch ich greife mir seinen Fußknöchel und ramme meine Handkante gegen sein Wadenbein. Es ist ein ungünstiger Winkel, aber ich bin ein Profi, und deswegen bricht der fragile Knochen durch und der Bodyguard geht stolpernd und schreiend zu Boden.

Eine Sekunde später bin ich wieder auf den Beinen, und auch wenn die Welt sich immer noch dreht, hebe ich meinen rechten Fuß und ramme das spitze Ende meines Stilettoabsatzes gegen seinen Kopf. Er versucht aufzustehen, aber ich mache es nochmal, und nochmal, und nochmal.

Das Mädchen lässt das Telefon fallen. Sie legt die Hände über ihr Gesicht. Ich werfe ihr einen kurzen Seitenblick zu und sehe, dass sie Tränen in den Augen hat.

Jetzt kommt mir ein irrer Gedanke – ich will meine Schuhe eigentlich nicht noch mehr ruinieren, als ich es sowieso schon getan habe. Also mache ich einen Schritt zur Seite, schnappe mir das Telefon und ramme es dann mit aller Kraft in Jerolds Gesicht.

Die Südamerikanerin murmelt irgendwas. Ich kann es über den Jazz, der hemmungslos weiter dudelt, kaum hören. Als ein besonders aufdringliches Saxofonsolo endlich aufhört, erkenne ich, dass sie das Ave-Maria betet.

Ich richte mich auf, aber das Zimmer dreht sich immer noch und ich muss mich an der Wand abstützen. Ich werfe einen Blick auf das, was aus Jerold geworden ist, und sehe, wie sein Blut in dem teuren Teppich versinkt. Mein Bauch schmerzt höllisch und ich lege eine Hand darauf, doch es ist absolut klar, dass ich die nächsten Tage Schmerzen haben werde.

Mit einem Blick auf das Mädchen frage ich: »Scooter, kannst du mich hören?«

»Ja.«

Seine Stimme klingt weit weg und blechern. »Bist du in Ordnung?«

»Ging schon mal besser.« Ich räuspere mich und atme tief durch. »Der Bodyguard ist erledigt. Jetzt nehme ich mir die Zielperson vor.«

»Viel Glück.«

Nun wende ich mich dem Mädchen zu. Ihre weit aufgerissenen Augen starren auf die Finsternis, die einst Jerold gewesen ist. Dann schaut sie mich an, und sogar in diesen schlechten Lichtverhältnissen sehe ich Todesangst und Verzweiflung.

»Hey«, sage ich zu ihr, so ruhig und freundlich, wie ich kann. »Es ist alles okay.«

Sie murmelt weiter das Ave-Maria, und mir wird klar, dass sie wahrscheinlich kaum Englisch kann. Ich dagegen spreche sieben Sprachen, und Spanisch kann ich am drittbesten. Ich gehe langsam auf sie zu und wiederhole meine Worte auf Spanisch.

Jetzt weiten sich ihre Augen noch mehr und sie tritt einen Schritt zurück. »Ich werde dir nichts tun«, sage ich. Sie hört mit dem Gemurmel auf und schüttelt den Kopf. »Das geht doch nicht«, sagt sie.

»Ich weiß«, erwidere ich und mache noch einen langsamen Schritt auf sie zu, wobei die Welt sich immer noch dreht. »Aber er war ein schrecklicher Mensch. Ich hatte keine Wahl.«

Sie fängt an, auf ihrem Daumennagel herumzukauen. »Die werden mich töten!«

»Mach dir keine Sorgen über diese Männer.« Meine Stimme ist jetzt ganz ruhig. Die Schmerzen sind zwar noch da, aber ich habe sie inzwischen aus meinem Bewusstsein verbannt. »Ich kümmere mich um die.«

»Nicht diese Männer!«

Ein weiterer Schwall Tränen schießt aus ihren Augen. »Die Männer von der Ranch!«

»Die Ranch?« Ich halte inne. »Was für eine Ranch?«

In diesem Moment klopft es an der Tür und eine Stimme ruft, »Yo, Jerold, alles okay bei dir?«

Kapitel 6

Für einen Moment hört die Welt auf, sich zu drehen. Selbst der Teppich hört kurz auf, Jerolds Blut aufzusaugen. Auch der Jazz ist verstummt, und erst als eine weitere Sekunde vergangen ist und das nächste Lied anfängt, wird mir klar, dass ich mir das nicht einbilde: Ein weiteres Klopfen ertönt. »Treib es da drin nicht zu wild, Mann! Du willst doch nicht, dass Mister Delano für die Schäden aufkommen muss!«

Es klingt so, als würde der Mann mit seinen Freunden lachen.

Ich werfe dem Mädchen einen Seitenblick zu und stelle fest, dass sie sich wieder die Hände vors Gesicht hält.

»Jerold?« Der Mann klingt jetzt ein wenig verwundert. »Jerold, hörst du mich?«

Meine Blicke schnellen durchs Zimmer, auf der Suche nach etwas – irgendwas – das ich als Waffe benutzen kann. Jerold hatte keine Pistole am Körper, was aber nicht heißt, dass nicht in irgendeiner Schublade eine liegt. Oder im Badezimmer.

Bei diesem Gedanken flüstere ich dem Mädchen zu, sich im Bad einzuschließen. Sie bewegt sich keinen Millimeter. Ich mache einen Schritt auf sie zu und wiederhole mich. Immer noch nichts. Jetzt stehe ich direkt vor ihr und klatsche ihr vorsichtig ins Gesicht. Sie zwinkert, nickt, und eilt dann zum Bad.

Als sie die Tür zumacht, höre ich, wie der Mann im Flur sich räuspert. »Jerold, Mann, ich komme jetzt rein!«

Ich wirble herum und drücke mich neben der Tür an die Wand. Ich betätige den Lichtschalter genau in dem Moment, als sich der Türgriff dreht und sich die Tür öffnet. Mir wird klar, dass meine Absätze mich behindern werden, also streife ich die Schuhe ab und lasse einen auf dem Boden liegen, den anderen nehme ich in die Hand und halte ihn wie eine Waffe.

Die Tür öffnet sich jetzt weiter und gelbes Licht strömt über den plüschigen Teppich. Die dunkle Silhouette des Mannes hält deutlich erkennbar eine Schusswaffe in der Hand.

»Jerold?«, fragt er, inzwischen mit deutlicher Anspannung in der Stimme.

Ich warte noch, bis er einen weiteren Schritt in den Raum gemacht hat, dann springe ich aus meiner Deckung und lasse meinen Stiletto durch die Luft wirbeln. Eigentlich ziele ich auf sein Gesicht, doch ich habe Glück und erwische seinen Kehlkopf. Sein Mund öffnet sich und die Augen werden ganz groß. Mit der freien Hand greift er sich an den Hals, als ob das jetzt noch irgendwas nützt.

Er versucht die Waffe zu heben, doch ich schnappe sie mir, drehe sie um und feure eine Kugel in seine Brust. Dann schiebe ich ihn nach hinten in den Hauptraum, wo immer noch zwei Männer in Anzügen mit vier Mädchen auf den Sofas herumlungern.

Die Männer springen sofort auf und greifen nach ihren Waffen. Ich versenke zwei Kugeln im Kopf des ersten und nochmal zwei Kugeln im Kopf des anderen. Dann verfalle ich in einen Sprint nach vorn und richte meine Pistole auf den Kerl hinter der Bar.

Er duckt sich hinter dem Tresen und taucht mit einer Maschinenpistole vom Typ SIG MPX-K wieder auf, dann lässt er es krachen.

Ich hechte hinter eines der Sofas und kümmere mich gar nicht um die kreischenden Girls, die laute Rap-Musik und die ohrenbetäubenden Feuersalven. Stattdessen nehme ich mein Magazin heraus und schaue nach, wie viele Kugeln ich noch habe. Dann stecke ich es wieder rein, lade durch und warte kurz, etwa eine halbe Sekunde, bevor ich in Aktion trete.

Der Typ an der Bar ist ein Idiot – er hat sein gesamtes Magazin von dreißig Schuss leer geballert, was mir die Gelegenheit gibt, hinter der Couch hervorzulugen und auf ihn zu schießen. Er sieht mich und duckt sich, doch das habe ich bereits eingeplant und extra tief gezielt, sodass er die Kugel genau in die Brust bekommt.

Zwei der Mädels sind von seinen Querschlägern erwischt worden, ihre Leichen liegen wie umgekippte Schaufensterpuppen auf dem Boden. Die beiden anderen Mädchen knien zusammengekauert an der Wand, halten sich die Ohren zu und schreien.

Dann öffnen sich die Türflügel zum Foyer und das Ballern geht weiter. Der Typ, der mich abgetastet hat, kommt als Erster hereingestürzt und bearbeitet den Abzug seiner Glock. Das würde ich als typischen Anfängerfehler bezeichnen – man stürzt sich nicht mit dem Kopf voran in eine Schießerei, wenn man noch nicht mal weiß, was überhaupt los ist. Ich schieße ihm zweimal ins linke Bein, der Kerl schreit auf und fällt, wobei er seine Waffe verliert.

Eine Sekunde später bin ich auch schon bei ihm. Er versucht aufzustehen und an seine Waffe zu kommen. Doch ich schnappe sie mir zuerst, in dem Wissen, dass da mehr Kugeln drin sind, als in meiner eigenen.

Sein Gesicht ist knallrot. Er scheint zu hyperventilieren. Wahrscheinlich sollte ich ihm sagen, es alles locker zu nehmen und tief durchzuatmen. Stattdessen richte ich seine eigene Waffe auf sein Gesicht.

»Ganz ruhig, Baby, alles wird gut.«

Ich habe es aufgegeben, das dumme Schulmädchen zu spielen, und spreche in meiner normalen Stimmlage. »Du bist jetzt ein braver Junge und hilfst mir, okay? Ansonsten töte ich dich.«

Er hyperventiliert immer noch. Seine Augen sind weit aufgerissen. Immerhin schafft er es, zwei Worte zu sagen: »Fick … dich!«

Dann versucht er auch noch, mich anzuspucken, also jage ich ihm eine dritte Kugel ins Bein. Jetzt schreit er, dass ich aufhören soll.

»Dann steh auf, du Weichei!«, entgegne ich.

Er stützt sich auf seinen Ellbogen, aber weiter kommt er nicht. Ich muss ihm helfen. Natürlich richte ich weiter die Glock auf ihn, als ich ihn hochziehe. Dann drücke ich ihn in Richtung des Hauptraumes, den Lauf in seinen Rücken gebohrt.

»Ob du's glaubst oder nicht«, erkläre ich ihm, »ich habe wirklich nicht vor, dich zu töten. Also hör mir genau zu und tu, was ich sage – dann brauche ich dir nicht deine Wirbelsäule entzweizuschießen.«

Er versucht den harten Mann zu spielen, doch das ist etwas schwierig, wenn man drei Kugeln im Bein hat. Er humpelt voran und ich dirigiere ihn in Richtung des Schlafzimmers, in das Roland mit seinen drei Mädels verschwunden ist.

Die Luft in dem Raum ist inzwischen mit dem bitteren Geruch von Kordit geschwängert, das aus den Treibladungen der Patronen stammt. Mir wird klar, dass die Rap-Musik immer noch läuft, und leider habe ich keine Fernbedienung. Also nehme ich mir die Zeit, die Stereoanlage zu zerschießen. Damit ist der Rap aus, aber der Porno läuft immer noch. Die Scheiße ekelt mich an, also verpasse ich auch dem Fernseher eine Kugel.

Das sieht der Kerl als seine Chance, den Helden zu spielen, er dreht sich um und versucht mich anzugreifen. Ich blocke seinen ersten Schlag, schiebe seine Faust zur Seite und ramme ihm dann mein Knie in die Eier.

Er geht stöhnend zu Boden.

»Steh sofort wieder auf, du Wichser«, herrsche ich ihn an und ziehe ihn am Kragen seiner Jacke auf die Beine.

Die beiden Mädchen heulen immer noch. Eine von ihnen begreift, dass das Schießen aufgehört hat, und eilt auf das Foyer zu. Die andere folgt ihr, hat es aber so eilig, dass sie stolpert und fällt. Und anscheinend hat sie vergessen, wie man aufsteht. Sie bleibt einfach liegen und schluchzt in den Teppich.

Ich schiebe meine Geisel weiter voran. Das Schlafzimmer ist nur noch drei Meter entfernt, die Tür immer noch geschlossen.

Als wir sie erreichen, drücke ich den Lauf der Glock in seinen Nacken.

»Aufmachen!«

»Aber …«

»Jetzt«, sage ich, und er tut es, und in diesem Moment wird drinnen geschossen. Ich ziehe den Kopf ein und benutze den Männerkörper als Schutzschild, als ich den Kerl nach vorn in das Zimmer schiebe, wo drei nackte Mädchen hinter dem Bett kauern, während Roland – ebenfalls nackt – einfach nur so dasteht und brüllend seine 45er abfeuert.

Doch dann begreift er, dass er auf einen seiner eigenen Männer schießt. Er hält inne, zieht die Mundwinkel nach unten und ich lasse mein menschliches Schild fallen, ziele, und jage eine Kugel direkt zwischen Rolands Augen.

Die nackten Frauen fangen an zu schreien. Zwei von ihnen springen auf und rennen an mir vorbei. Sollen sie doch. Die Letzte bleibt, wo sie ist, hinter dem Bett, und heult einfach weiter.

Ich gehe zu Rolands Leiche. Ein Seitenblick verrät mir, wie kümmerlich er untenherum ausgestattet ist, und ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich beuge mich hinunter, schnappe mir den goldenen USB-Stick und nehme ihn an mich, wobei die Kette reißt.

»Scooter, hörst du mich?«

»Ja.«

»Das Ziel ist erledigt und ich habe die Beute.«

»Gut. Dann nichts wie r-r-raus da. Es ist V-V-Verstärkung unterwegs!«

Ich werfe einen Blick auf das Mädel, das hinter dem Bett weint. Sie schaut mich mit Tränen in den Augen und zitternden Lippen an.

»Wie viele?«

»Mindestens vier.«

»Rolands Männer?«

»Die sind definitiv nicht vom Hotel.«

»Wie lange habe ich?«

»Nur noch ein paar Sekunden.«

Kapitel 7

Zurück im Hauptraum bleibe ich an der Bar stehen und schnappe mir die MPX-K von dem Toten. Ich wühle durch seine Taschen und finde zum Glück ein zusätzliches Magazin. Ich stopfe mir die Glock hinter den schmalen Gürtel meines Rocks und lade die Maschinenpistole nach.

Die Nutte, die vergessen hat, wie man aufsteht, schluchzt immer noch in den Teppich. Ich richte die Waffe auf die Eingangstür, während ich in die Knie gehe und sie an ihrem Kleid packe. Ich versuche sie hochzuziehen, aber sie macht sich schwer und schluchzt, dass sie nicht sterben will.

»Steh auf, dann überlebst du vielleicht.«

Sie hört auf zu schluchzen und schaut mich an. Dann wischt sie sich über die Augen und kämpft sich in den Stand. Ihre Beine zittern, sie beißt sich auf die Lippen und sieht sich ratlos um. Ich deute auf die Tür zum Foyer und sage: »Lauf!«, woraufhin sie stolpernd losrennt, weil sie einen ihrer Schuhe verloren hat, was sie allerdings nicht zu bemerken scheint.

Jetzt ist sie aus meinem Blickfeld verschwunden und ich will ihr gerade hinterhergehen, als mir klar wird, dass ich etwas vergessen habe. Ich eile in das andere Schlafzimmer, steige über Jerolds Leiche und klopfe an die Badezimmertür. Ich sage auf Spanisch, dass alles okay ist und dass ich jetzt reinkomme. Ich drücke dir Tür auf, doch das Bad ist leer. Ich mache verwundert einen weiteren Schritt, bis mir auffällt, dass der Duschvorhang zugezogen ist. Ich ziehe ihn beiseite und finde die Südamerikanerin wie einen Fötus zusammengerollt in der Badewanne vor.

»Hey«, rufe ich, und als sie mich anschaut: »Wir müssen los!«

Sie murmelt auf Spanisch: »Lass mich hier zurück. Sie werden mich sowieso töten.«

Dann höre ich Scooter: »Äh, Holly, w-w-was machst du denn? D-Diese Männer kommen jetzt im Fahrstuhl hoch!«

Ich ignoriere Scooter und sage dem Mädchen, dass niemand sie töten wird, dafür werde ich sorgen.

»Du hast mein Leben gerettet«, sage ich, »und jetzt rette ich deines.«

Sie sieht immer noch nicht überzeugt aus. Ich strecke ihr meine Hand entgegen und warte, wobei ich meinem eigenen, hämmernden Herzschlag lausche, sowie Scooters Stimme, die mir sagt, dass ich mich verdammt nochmal beeilen soll.

Endlich nimmt sie meine Hand und ich ziehe sie aus der Wanne. Sekunden später sind wir im Hauptraum, auf dem Weg zum Foyer, und sie lässt meine Hand gar nicht mehr los. Als wir in den Gang kommen, höre ich ein Ding! vom Ende des Flures und die Fahrstuhltür öffnet sich.

Ich schubse das Mädel zurück, dann gehe ich in die Hocke und ziele auf den Fahrstuhl. Doch heraus kommen zwei Unbeteiligte, ein Mann und eine Frau, die sich für den Club zurechtgemacht haben. Sie lachen über irgendetwas, bis sie sich in meine Richtung drehen und die Maschinenpistole sehen. Ihr Lachen verstummt.

Bevor ich auch nur eine Chance habe, die Waffe sinken zu lassen und ihnen zu sagen, dass sie zurück auf ihr Zimmer gehen sollen, klingelt es an einem anderen Fahrstuhl und eine Gruppe Männer taucht auf. Diese sind allerdings wütende Männer in Anzügen und mit Waffen, die sie sofort anheben und abfeuern, als sie mich sehen.

Das Pärchen stirbt zuerst. Die Frau kreischt und der Mann schreit, sie versuchen sich aus dem Weg zu ducken, doch Kugeln schlagen überall in ihre Körper ein, und ich bemerke, dass auch ich schreie, als ich die MPX-K hebe und zurückschieße.

Es gelingt mir, einen der Männer zu treffen. Die anderen drei suchen Deckung im Fahrstuhl. Ich schaue hinter mich, sehe den Notausgang und rufe nach dem Mädchen. Ihr Gesicht taucht im Türrahmen auf, aber sie sieht verängstigt aus, und ich weiß, dass ich sie am besten zurücklassen sollte, weil sie mich sonst langsamer macht. Vielleicht werden diese Männer sie ihn Ruhe lassen, aber dieses