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Stellen Sie sich vor, Sie bekommen einen alten Brief. Absender ist ein lang verstorbener Verwandter. Dieser Brief verändert in wenigen Stunden Ihr Leben und schickt Sie in ein Katz-und-Maus-Spiel von Spionen und gefährlichen Killern. John Bennett findet sich dort wieder und kämpft nicht nur um sein Leben, sondern auch um das seiner Familie. Bald ist die ganze Welt in Gefahr, in eine Spirale von Gewalt und Zerstörung zu stürzen. Mit Hilfe der CIA-Agentin Sarah Mitchell kämpft er für die Wahrheit und findet heraus, dass nicht nur eine ausländische Gefahr lauert, sondern auch Gefahr von innerhalb der Regierung kommt. Eine mächtige KI der Regierung spielt verrückt. Wer steckt dahinter? Die amerikanische Regierung unternimmt nichts und Kanada muss Opfer bringen, um einen skrupellosen Plan zu vereiteln.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Ohne Skrupel
Roman
Andreas Smit
Für meine Frau Annett.
Danke für deine Unterstützung!
© 2025
ISBN:978375927802
Inhalt
Prolog
Kapitel 1
Washington D.C. - August 2027
Flughafen
Im Diner
Kapitel 2
Montana, Bennett Ranch - Sommer 2024
Goddard Spaceflightcenter - Anfang September 2027
Johns Apartment
Goddard Spaceflightcenter
Kapitel 3
Büro von John Bennett
Nordkorea
Nordkorea, Geheime Startrampe in den Bergen
Geheime Einrichtung des nordkoreanischen Geheimdienstes
Büro von John Bennett
CIA-Hauptquartier, Langley
Büro von John Bennett
Kapitel 4
Büro des Geheimdienstoffiziers Yue, Pjöngjang, Nordkorea
Kanadische Marinebasis, Hauptquartier der Royal Canadian Navy, Ottawa
Kanadische Marinebasis, Büro von Major Olivia Carter
Sarah Mitchell, unterwegs zum Flughafen
Im Flugzeug nach Montana
Kapitel 5
Montana, Familienfriedhof der Bennetts - 2025
Die Bennett Ranch - 2027
Flughafen
Lao
Im Wagen von Shea, Fahrt zur Ranch
Ankunft auf der Bennett Ranch
Lao
Kapitel 6
Pazifischer Ozean
Die Bennett Ranch
Lao
Das Büro von Sokolov, Nordkorea
Die geheime Zentrale (Ex-russisches Raketen-U-Boot „Dmitri Donskoi“ TK-208), irgendwo im Pazifik
Yellowstone
Lao
Kapitel 7
Lagerplatz an der Sommerweide, morgens
Jack Frost
Im Haupthaus
Lao und Eve
Jack Frost
Shea
Auf der Sommerweide
Jack Frost
Kapitel 8
Büro von General Choi, Nordkorea - 2027
Fregatte HMCS Ottawa, im Pazifik
Büro von Sokolov, Nordkorea
In der Nähe von Billings
Die Bennett Ranch, Haupthaus
Später, im Haupthaus
Fregatte Ottawa, Pazifik ca. 500 Seemeilen südlich der Aleuten
Büro von General Choi, Nordkorea
Büro von Dr. Kwon Ji-ho
Russisches Spionageschiff Jantar, Pazifik
Kapitel 9
Fregatte Ottawa, Pazifik
Privatjet über der Mongolei
Lao
Die Bennett Ranch, Montana
Der Satellit, 500 Kilometer über dem Pazifik
An Bord des Helikopters der Fregatte Ottawa, Pazifik
Auf der Sommerweide, Bennett Ranch Montana
Fregatte Ottawa, Pazifik
Im Luftraum über Montana
Satellit
Sommerweide der Bennett Ranch, Montana
Bennett Ranch, Haupthaus
Moskau, Flughafen Ostafjewo
Geheimes Forschungsgelände in Nordkorea
Sommerweide der Bennett Ranch
Das Anwesen von Sokolov, Rublyovka nahe Moskau
Lao
Kapitel 10
Bennett Ranch
Yellowstone Nationalpark
Fregatte Ottawa, Pazifik, Kurs auf Heimathafen
Kreml, Moskau
Yellowstone Nationalpark
Bennett Ranch
Yellowstone Nationalpark
Das Anwesen von Sokolov, Rublyovka nahe Moskau
Kapitel 11
Bennett Ranch
Lao
Russische Botschaft in Ottawa
Bennett Ranch
Kapitel 12
Fregatte Ottawa, Pazifik-Kurs auf Heimathafen
Bennett Ranch
Lao
CFB (Canadian Forces Base) Winnipeg, in der Provinz Manitoba
Bennett Ranch
Bennett Ranch, Haupthaus
CFB (Canadian Forces Base) Winnipeg
CIA Hubschrauber, Anflug auf Helena Regional Flughafen
Anwesen von Sokolov
Kanadische Hornets, irgendwo über dem Nordwest Territorium
Pentagon, Abteilung Planung und Strategie
Kanadische Hornets, Höhe 18.000 Meter über dem Ort Fort Enterprise
Kapitel 13
Sijungho, Nordkorea - 1978
Im Wagen von Jack, auf dem Weg zum Flughafen - 2027
Parkplatz im Yellowstone Nationalpark
Lao
Washington D.C., CIA Hauptquartier
Bennett Ranch
Kapitel 14
Fregatte Ottawa, Pazifik, mit Kurs auf Heimathafen
Lao
Jack Frost, Las Vegas Flughafen
Kapitel 15
Sarah und John, die alte Jagdhütte im Reservat
Bennett Ranch
Lao
Rick, Interstate 15
Jagdhütte im Reservat
Lao
Rick, Las Vegas
Bennett Ranch
Sokolov, Anwesen bei Moskau
Kapitel 16
Sangin, Helmand Region Afghanistan - 2006
Die Jagdhütte, Yellowstone Nationalpark 2027
Jack Frost
Lao
Fregatte Ottawa, kurz vor Victoria
Bennett Ranch, der Familienfriedhof unweit des Haupthauses
Yurinow, Fort Rudd Hill
Jagdhütte, Yellowstone Nationalpark
Jack Frost, Marinedock
Lao
Jack Frost
Lao
Jagdhütte, Yellowstone Nationalpark
Jack Frost
Lao
Jack Frost
Lao
Jack Frost
Lao
Bennett Ranch
Kapitel 17
Jagdhütte, Yellowstone Nationalpark
Rick, Las Vegas
Lao
Jack Frost, Canadian Forces Health Services Centre
Cartwright, CIA Hauptquartier
Rick, Las Vegas
Sarah und John, Crow Siedlung-Yellowstone
Cartwright, CIA Hauptquartier
Bennett Ranch, Montana
Jack Frost, Hauptquartier Kanadische Navy
Sokolov, Kreml
Kapitel 18
Sarah und John, unterwegs zurück zur Jagdhütte
Jack Frost, Royal Oak Burial Park in Victoria
Jagdhütte, Yellowstone Nationalpark
Rick, Los Angeles
Cartwright, CIA Hauptquartier Washington D.C.
Kapitel 19
Bennett Ranch, Montana
Etwas später im Haupthaus der Ranch
Epilog
New York, Brooklyn - ein paar Tage später
Präsidentenpalast, Nordkorea - 4 Wochen später
Stammbaum der Familie Choi
Impressum
Yellowstone Nationalpark - 1999
David Bennett war mit sich und der Welt in diesem Augenblick im Reinen. Er trieb seine Herde auf die Sommerweide und das war jedes Jahr ein Highlight im Leben eines Ranchers. Er blickte zur Seite und sah seine Frau Madelaine (Maddie) etwas weiter hinten. Sie trieb eine Kuh zusammen mit deren Kalb an, um bei der Herde zu bleiben. Sein Vorarbeiter Jack half mit und er sah, dass seine Frau glücklich und zufrieden war. Ihr Gesicht hatte feine asiatische Züge und David liebte ihr Lächeln. Sie war ein paar Jahre jünger als er und kannte sie früher nur als schüchternes Mädchen, das bei den jährlichen Treffen der Rancher im Tal, immer nur scheu lächelte und fast nichts sagte.
David hatte seine Highschool-Liebe Mary geheiratet und hatten zusammen eine Tochter bekommen. Leider war Mary vor einigen Jahren an einer kurzen schlimmen Krankheit gestorben und David war damals völlig verloren gewesen. Er hatte bis auf seine Tochter Elisabeth, nichts was ihn noch aufrecht hielt. Vor drei Jahren stand Maddie dann vor seiner Tür und brachte Essen von ihren Eltern vorbei. Sie blieb den ganzen Tag bei ihm und kümmerte sich um den Haushalt und seine Tochter, die sie nicht mehr gehen lassen wollte. Drei Tage später rief er bei seinen Nachbarn an und fragte, ob ihre Tochter an einem Job interessiert sei. Sie sollte sich um Elisabeth kümmern und den Haushalt in Schuss halten. Ein halbes Jahr später waren sie verheiratet. Sie hatten zusammen einen Sohn bekommen, der aber noch zu klein war zum Mitkommen. Der kleine John, benannt nach Davids Vater, war zu Hause auf der Ranch und wurde von dem jungen Cowboy Shea betreut, der wie ein großer Bruder für ihn war. David war glücklich und nichts konnte diesen Tag ruinieren.
Sein Pferd reagierte mit einem Ruck auf seinen kurzen Druck mit den Sporen und galoppierte vor, um zwei Ausreißer zurück zu treiben. Sie trieben die Tiere aus dem Tal in die weite Ebene der Sommerweide, als ihm auffiel, dass dort, genau im Weg der Herde, Fahrzeuge standen und Leute lange Rohre mithilfe eines Bohrers in den Boden trieben. Es waren etwa 15 Personen und sie bemerkten in diesem Moment ebenfalls, dass die Herde auf sie zukam. Er rief Jack zu, dass er mitkommen sollte und ritt mit ihm an die Spitze der Herde und trieb die ersten Tiere ein wenig zurück, um das Tempo aus der Herde zu nehmen. Als sie es geschafft hatten, die Tiere fast anzuhalten, riss er sein Pferd herum und galoppierte verärgert in Richtung der Fremden. Als er ankam, erwartete ihn ein junger Mann der so wie Maddie asiatische Züge hatte, überhaupt hatten fast alle, die er sehen konnte, ein asiatisches Aussehen.
„Was machen Sie hier auf meinem Land? Sind sie bescheuert? Die Herde hätte sie niedergetrampelt. Wer sind Sie?“ David war sauer und seine rechte Hand lag locker auf dem Griff seines Revolvers.
„Bitte beruhigen Sie sich, wir sind aus wissenschaftlichen Gründen hier, im Auftrag der Montana State University in Bozeman. Wir haben eine Erlaubnis!“, sagte der Mann ruhig zu ihm. Er sah ihn musternd an und war in keiner Weise eingeschüchtert.
„Zeigen Sie mir die Erlaubnis!“ David war immer noch wütend. Das Land gehörte zwar ihm, aber dieser Teil der Ranch gehörte zum Nationalpark und daher hatte die Regierung das Recht, hier Forschung jeglicher Art zu betreiben. Vor zwei Jahren hatte er schonmal zwei Forscher getroffen, die im Fluss Forellen zählen wollten und dabei fast ertrunken waren.
Der Mann holte etwas aus seiner Umhängetasche und reichte es David. Es war ein Schreiben der Universität, dass diese die Koreanische Universität Seoul National University (SNU) – Department of Earth and Environmental Sciences beauftragt hatte, im Rahmen einer internationalen Studie im Yellowstone Nationalpark verschiedene Untersuchungen durchzuführen. Dazu war ein Schreiben aus dem Büro des Gouverneurs Racicot beigefügt, welches die Erlaubnis zum Betreten des Nationalparks enthielt. David sah sich das Schreiben an und ihm fiel auf, dass der Zeitraum, in dem das galt, schon seit einer Woche abgelaufen war.
„Sie dürfen nicht mehr hier sein, lesen Sie das selber mal. Die Erlaubnis ist seit einer Woche abgelaufen! Packen Sie Ihre Sachen und verschwinden Sie hier. Ansonsten garantiere ich für nichts!“ David warf dem Mann die Schreiben zu und seine rechte Hand war wieder locker auf dem Griff seines Revolvers. Der Koreaner versteifte sich und blickte ihn angriffslustig an. Sie blickten sich einige Sekunden stumm an und David hatte seine Hand nun fest um den Griff. Ein anderer Mann, der älter war, kam zu ihnen und lächelte freundlich und bedeutete dem jungen Mann, sich zu beherrschen.
„Was gibt es denn für Probleme hier, meine Herren? Ich bin Dr. Choi und das hier ist mein Assistent Jong. Wir wollen hier keinen Ärger machen, Mister…?“
David betrachtete den Mann, er bemerkte, dass der jüngere sofort gehorchte und nun fast in Habachtstellung danebenstand und ausdruckslos nach vorne schaute.
„Bennett, David Bennett. Mir gehört dieses Land und wir treiben unser Vieh auf diese Weide für den Sommer. Das wissen sie auch im Büro des Gouverneurs und daher sollten Sie seit einer Woche auch nicht mehr hier sein.“
„Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, wir waren im Verzug mit unseren Bohrungen und daher haben wir die Zeit überzogen. Dass ein Viehtrieb kommen sollte, hatte man uns nicht gesagt!“
Er blickte an David vorbei, denn in diesem Moment ritt Maddie heran. Sie hielt neben David und schob ihr Staubtuch von der Nase. Der ältere Mann, der sich als Dr. Choi ausgegeben hatte, bemerkte, dass Maddie auch koreanische Wurzeln hat und sagte zu ihr auf Koreanisch: „Annyeong haseyo“ und verneigte sich leicht. Maddie war verblüfft, sie hatte seit Jahren kein Koreanisch mehr gesprochen und gab automatisch selber auf Koreanisch eine Erwiderung: „Annyeong hasimnikka.“ Sie sah David an und der blickte fragend zurück. Dr. Choi fragte weiter auf Koreanisch: “Dangshineun eoneu goseseo osyeotseumnikka?“ David sah, wie Maddie plötzlich erstarrte und den Doktor erstaunt ansah. Sie antwortete in Englisch: “Ich bin hier aufgewachsen!“ Sie drehte ihr Pferd weg und ritt etwas hinter David. Der Doktor runzelte die Stirn und sah wieder zu David: “Wir werden so schnell wie möglich diesen Ort verlassen und ich entschuldige mich nochmals für die Unannehmlichkeiten.“ David nickte und drehte ebenfalls sein Pferd weg und schloss zu Maddie auf. Ihr Gesicht war wie versteinert und sie blickte immer wieder auf die Gruppe der Wissenschaftler und Arbeiter, als ob sie Gespenster gesehen hätte.
„Was ist los, Liebling? Hat er dich beleidigt oder was hat er gesagt?“, fragte David.
„Nein, das ist es nicht. Es geht darum, wie er es gesagt hat und wer er vielleicht ist!“ Mehr war aus ihr nicht herauszubekommen und David drängte sie nicht. Da könnte er genauso gut einen wilden Grizzly zum Tanzen bringen.
Der schrille Alarm des R2D2-Weckers riss John Bennett aus dem Schlaf. Mit einem verschlafenen Grunzen tastete er nach dem Kopf des kleinen Droiden und drückte den Alarm aus. 7:00 Uhr.
Im Hintergrund lief der Fernseher, ein Überbleibsel vom Vorabend. Es lief eine seiner Lieblingssitcoms. Seine Lieblingsphysiker saßen auf ihrer braunen Ledercouch und diskutierten über Quantenmechanik. „Du kannst nicht einfach die Physik ignorieren, nur weil sie dir nicht gefällt!“, sagte Sheldon zu Howard. „Na klar kann ich das. Ich ignoriere auch deine Badezimmerschilder mit 'Bitte nicht auf den Sitz pinkeln´.“
John grinste verschlafen. Was für ein großartiger Start in den Tag.
Mit einem tiefen Seufzen schlurfte er ins Bad. Während er sich die Zähne putzte, betrachtete er sein Spiegelbild: braunes, zerzaustes Haar, Dreitagebart und Augenringe, die zeigten, dass er mal wieder zu lange wach gewesen war. Das Onlinegame kostete ihn immer mehr Zeit und je mehr er spielte, umso länger wurden die Nächte. Vielleicht sollte er sich wirklich mal früher ins Bett legen … oder eine Freundin suchen, wie Rick es immer vorschlug.
Er schlurfte aus dem Bad und ging in seine kleine, aber gemütliche Wohnung. Sein Apartment war ein Paradies für jeden Film- und Sci-Fi-Fan. Die Wände waren mit originalen Filmplakaten von Star Wars, Blade Runner und Interstellar geschmückt. Auf einem Regal neben dem Fernseher standen verschiedene Sammelfiguren – von einem detailgetreuen Millennium Falcon bis hin zu einer lebensgroßen Iron Man-Hand. Ein beleuchtetes Lichtschwert hing über seinem Schreibtisch, direkt neben einem gerahmten Zitat von Carl Sagan: „Somewhere, something incredible is waiting to be known.“
Er schaute auf sein Handy und wischte ein paar unwichtige Nachrichten weg. Bei einer blieb er länger hängen und las sich den kurzen Artikel eines Tech-Bloggers durch, den er sogar etwas kannte durch ein Treffen am Rand einer Veranstaltung der NASA, seines Arbeitgebers. Er schrieb: „Wie mir aus Regierungskreisen vertraulich berichtet wurde, ist die neue KI aus dem Haus unseres ´Lieblingsmilliardärs´ jetzt offiziell als Berater des Präsidenten in Betrieb genommen worden. Die Aufgaben sollen zunächst auf politische Themen begrenzt sein, aber der nächste Schritt ist eine Ausweitung auf das Pentagon. Hier soll die KI die Planung und Strategie unterstützen und irgendwann ganz übernehmen. Laut dem Weißem Haus wird das ein Game-Changer werden, die hervorragende, außergewöhnliche Arbeit leisten wird. Einsparungen im Militärhaushalt von vielen Millionen Dollar sollen das Ziel sein.“
John schüttelte mit dem Kopf, er war zwar grundsätzlich begeistert von den Möglichkeiten einer KI, aber ihr solche Verantwortung zu geben? Er fragte sich, was er an einem so schönen Sonntag machen sollte und öffnete seine E-Mail-App. Leicht verwundernd war die erste Mail anscheinend heute, am MONTAG, angekommen? Er schaute sich das Datum auf dem Handy an. Verdammt, es war Montag, aber wie konnte er den Sonntag verpassen? Schon 07:30 Uhr und er sollte um 08:00 Uhr im Büro sein. Shit, Shit, Shit ... Er griff nach seiner Jacke und seinen Schuhen, klemmte sich beides unter den Arm, schnappte sich seine Schlüssel und stürzte mit einem Kaffee und einem halben Muffin in der Hand aus der Wohnung. Auf der Treppe biss er ein Stück vom Kuchen ab und verzog das Gesicht. „Hmm, wann habe ich diese Muffins eigentlich gekauft?“ Etwas angewidert stopfte er den Muffin in die Mülltonne am Eingang und trank schnell ein paar Schlucke Kaffee.
Draußen erwartete ihn sein alter, aber zuverlässiger Ford Mustang. John ließ sich auf den Fahrersitz fallen, startete den Motor und machte sich auf den Weg zum Goddard Space Flight Center, wo er als Satelliten-Ingenieur für die NASA arbeitete. Er überlegte noch beim Fahren, wo der Sonntag geblieben war und langsam verfestigte sich eine Erinnerung. Sein Kumpel Rick war nach einem enttäuschenden Date überraschend zu ihm gekommen, um seinen Frust wegen dem Typen in Alkohol zu ertränken, was bei Rick Unmengen von Tequila bedeutete. Danach war viel Dunkelheit und erst wieder das Onlinespiel war präsent, was er dann ja anscheinend fast 24 Stunden am Stück gespielt hatte. John schämte sich ein wenig, sein Vater und seine leider vor drei Jahren verstorbene Mutter würden ihm was erzählen. Auf der Familienfarm in Montana, wo er aufgewachsen war, gab es keinen Alkohol. Zumindest nicht in solchen Mengen. Seine Mutter war gebürtige Koreanerin und daher hatte sie, vollständig das Klischee erfüllend, bei ihrem Sohn auf besonders gute Bildung gesetzt. John war der Erste aus der Familie der Bennetts, der einen Hochschulabschluss einer Eliteuni hatte und das mit Auszeichnung. Sehr zum Ärger seines Vaters wollte er dann auch nicht weiter auf der Ranch leben, um die später weiterzuführen. Das Studentenleben außerhalb von Montana hatte seine Spuren bei ihm hinterlassen und das führte ihn weg von zu Hause. Seitdem war fast Funkstille zwischen ihm und seinem Vater gewesen. Erst vor 3 Jahren, nach der Beerdigung seiner Mutter, hatte er wieder länger mit seinem Vater gesprochen. Seine Halbschwester Ellie war seitdem sauer auf ihn, da sie sich nun verpflichtet sah, ihrem Vater so gut es ging auf der Farm zu helfen. Sie war CEO einer großen Immobiliengesellschaft und Vollzeitmanagerin. Sie war hart im Umgang mit allen, die ihr nicht das Wasser reichen konnten. Sie war die Tochter aus der ersten Ehe seines Vaters, hatte Johns Mutter aber voll akzeptiert und hatte sehr unter ihrem Tod gelitten. Sie hatte nun schon zwei Mütter verloren und das machte sie nur noch härter als sie eh schon war. John schaute auf die Uhr, 08:13 Uhr und noch 10 Minuten Fahrt. Das wird ärgerlich. Sein Boss war ein Pünktlichkeitsfanatiker und hielt gerne lange Vorträge über Pünktlichkeit und was „Pünktlichkeit“ für die NASA bedeutete. Er fuhr um 08:30 Uhr auf das Firmengelände und parkte auf seinem Platz. Schnell noch die Schuhe anziehen und die Jacke überwerfen. Er ging durch die Sicherheitsschleuse und direkt zum Fahrstuhl.
Kaum hatte er aus dem Fahrstuhl den Flur im 5. Stockwerk betreten, stieß er auf Rick Carter – seinen besten Freund und Kollegen. Rick war schlank, hatte eine Vorliebe für farbenfrohe Hemden und war so quirlig wie eh und je.
„Bennett! Bitte sag mir, dass du dieses Wochenende nicht wieder allein zu Hause warst, nachdem ich dich Samstagmorgen verlassen habe. Hast du die heiße Kellnerin angerufen, deren Nummer ich dir gegeben habe? Das war nämlich das Beste an meinem Dateabend, eine Nummer für dich zu besorgen von einem wirklich hübschen blonden Wesen.“
John verzog das Gesicht. „Ähm … ich war online produktiv und habe den vorletzten Level freigeschaltet?“
„Gott, John, du bist ein hoffnungsloser Fall. Irgendwann bist du dieser alte Typ mit 50 Katzen.“
John schüttelte nur lachend den Kopf. Rick hatte eine besondere Gabe dafür, sein Dating-Leben (oder den Mangel daran) zum Gesprächsthema Nummer eins zu machen.
„Und was ist mit dir?“ konterte John. „Machst du noch ein Date mit dem Typen von Freitag?“
Rick winkte dramatisch ab. „Urgh, bloß nicht! Der hat beim Essen mit offenem Mund gekaut. Unverzeihlich!“
John grinste. „Tja, dann bleibt uns wohl nur die Arbeit als wahre Liebe.“
Rick stöhnte gespielt verzweifelt. „Sag das nicht zu laut, sonst verheiratet uns NASA noch mit einer Raumsonde.“
Sie betraten das Büro, das fast wie eine zweite Wohnung von John aussah. Die Regale waren mit Modellen legendärer Raumschiffe gefüllt – von der Apollo 11 über die Voyager-Sonde bis zur originalen Enterprise NCC 1701 aus Star Trek. An der Wand hing ebenfalls ein großes gerahmtes Bild von Carl Sagan, daneben ein signiertes Poster von 2001: Odyssee im Weltraum. Auf seinem Schreibtisch stand ein originalgetreuer Darth Vader-Helm, den er gelegentlich aufsetzte, wenn er schlechte Nachrichten überbringen musste. „John, tu es oder tu es nicht“, sagte Rick dann immer und spielte dabei die Imperial March-Melodie auf seinem Handy.
Gerade als John sich an seinen Schreibtisch setzen wollte, vibrierte sein Handy in der Tasche. Ein Blick auf das Display ließ ihn stutzen: Dad-Privat.
John nahm das Gespräch an. „Hey, Dad? Alles okay?“
Die Stimme seines Vaters klang rau, aber fest. „Hallo John, ich bin auf dem Weg zu dir. Ich muss mit dir über etwas Wichtiges reden.“
John runzelte die Stirn. Sein Vater und er hatten sich zwar ein wenig zusammengerauft und das Verhältnis stand auf Waffenstillstand, aber John war in den letzten drei Jahren nicht zu Hause gewesen, noch hatte sein Vater ihn besucht, aber Montana und Washington D.C. lagen ja nicht gerade um die Ecke.
„Du kommst hierher? Worum geht’s?“ fragte er.
Ein kurzes Zögern. „Es ist … kompliziert. Ich erkläre es dir, wenn ich da bin.“
John spürte ein unangenehmes Ziehen in der Magengrube. Sein Vater war kein Mann für Geheimniskrämerei.
„Und das kannst du mir nicht jetzt erklären, am Telefon?“
„Nein, ich wollte dich aber eh mal wieder sehen und es gibt etwas zu besprechen und das möchte ich nicht am Telefon machen.“
„OK, Dad, das kommt überraschend, aber schön. Wann kommst du?“
„Äh, ich bin bereits auf dem Weg und der Flieger landet in 2 Stunden in D.C.“
John verdrehte die Augen und versuchte, ruhig zu bleiben.
„Dann fasse ich mal zusammen. Du möchtest mich sehen und fragst nicht mal, ob ich Zeit habe und sagst mir dann, dass du in zwei Stunden bereits da bist!?“
„Ja, ich denke, dass ich das gemacht habe“, sagte sein Vater. „Hör zu, ich weiß, dass es ungewöhnlich ist. Ich selber wundere mich ja auch, dass ich das tue. Aber ich denke, ich habe einen guten Grund. Ich erkläre es dir. Sehen wir uns beim Gate?“
„Ja Dad, okay. Ich hol dich vom Flughafen ab.“
„Danke, John.“ Ein kurzes Schweigen, dann: „Es geht um deine Mutter.“
Johns Brust zog sich zusammen. Seine Mutter war vor drei Jahren gestorben. Wieso wollte sein Vater jetzt nochmal darüber reden und das persönlich?
Dann legte David Bennett auf.
John blieb nachdenklich stehen. Rick beobachtete ihn neugierig.
„Alles in Ordnung?“
John steckte sein Handy in die Tasche. „Ich weiß es nicht. So habe ich meinen Vater noch nie erlebt!“
Die Tür vom Büro ging auf und Samuel Higgins, der Abteilungsleiter, kam herein. Anklopfen tat er nur, wenn er nicht gerade verärgert war und das war so selten wie Leben auf dem Mars. Einige Mitarbeiter hatten auf dem letzten Sommerfest T-Shirts mit diesem Spruch bedrucken lassen und jeder aus der Abteilung trug so ein Shirt mindestens einmal die Woche.
„Zu spät, Bennett! Viel zu spät! Wenn eine Sonde, die zum Mars fliegt, eine halbe Stunde zu spät mit dem Abbremsmanöver beginnt, was passiert dann?“ Rick versuchte die Situation für John zu entschärfen. Er meldete sich und schnipste mit den Fingern wie ein Kind in der ersten Klasse: “Ich weiß das, ich weiß das … Sie geht kaputt!“ Er grinste Higgins an und wartete auf dessen Reaktion. „Halten Sie den Mund, das war rhetorisch. Natürlich schlägt sie auf dem Mars auf und wird zerstört. So wie Ihre Karriere hier, Bennett, wenn das nicht besser wird.“
John nickte und sagte: “Ja, Sir, ich verstehe das und bin selber ganz down deswegen, aber unterwegs war da ein Stau und ich musste einer Nonne beim Reifenwechsel helfen …“
„Halten Sie auch die Klappe! Ich will das nicht hören. Sehen Sie zu, dass Sie Ihre Arbeit fertigbekommen. Machen Sie Dampf und die Zeit wird nachgeholt, verstanden?“ Er ging wieder raus und die Tür schlug mit einem lauten Knall wieder zu. Aus den Nachbarbüros ertönten dumpfe Geräusche. Jedes Mal, wenn jemand einen Anschiss bekam, haute jeder zweimal mit der Faust auf den Schreibtisch. So äußerte man sein Mitgefühl für das Opfer. Rick verbeugte sich noch in Richtung Tür und wandte sich an John: “So, was machen wir denn heute? Wirklich Dampf oder können wir etwas machen, was meine Haare nicht ruinieren würde?“
„Wir machen uns an die Planung des Starts der nächsten Mondmission ran. Das muss bald fertig sein. Ich muss allerdings meinen Vater heute vom Flughafen abholen, er ist unterwegs und sollte in 2 Stunden landen.“
„Du willst gleich wieder weg? Ernsthaft?“
„Ja, was soll ich machen, das konnte ich nicht ahnen.“ Rick dachte nach und hatte eine Idee: “Du könntest doch spontan eine Inspektion vor Ort machen? Ich rufe Bill von der Raketenmontagecrew an, der trägt dich dort ein und dann warst du halt dort!“
„Danke Rick, dann sollte ich aber schnell los, ansonsten ist noch jemand enttäuscht über mich, wenn ich zu spät komme. Zum Flughafen brauche ich von hier mindestens 90 Minuten!“
„Geh los und bestell deinem Vater einen schönen Gruß von mir. John, warte, eine Frage noch: Hast du wirklich einer Nonne geholfen?“
John schüttelte mit dem Kopf: “Nein, das war gelogen, warum?“
„Dann hätte die fromme Frau für dein Karma bei Frauen beten können, du Loser!“ John schmiss eine grüne Plüschfigur, die wie ein grimmiger Hulk aussah, nach ihm und ging lachend raus.
John war fast pünktlich am Gate, um seinen Vater direkt beim Verlassen des Sicherheitsbereiches zu empfangen. David Bennett war wie immer als Rancher zu erkennen. Jeans, Flanellhemd, Cowboystiefel und der dunkelbraune Stetson, den er immer trug. Seine blauen Augen schauten aus einem scharf geschnittenen Gesicht. Seine Haut war wettergegerbt und eine kleine Narbe über dem linken Auge schimmerte leicht rötlich. Er entdeckte John in der Menge der Leute, die auf ihre Reisenden warteten. Er passierte die Sicherheitskontrolle und ging auf John zu. Sie umarmten sich kurz und John fragte, wie es ihm ginge.
„Ach, es geht“, sagte sein Vater, „viel Arbeit und wenig Zeit für andere Dinge. Ich vermisse dich ... Mein Junge!“
„Dad, es tut mir leid, dass ich seit Mom‘s Tod nicht mehr bei dir war, ich brauchte die Zeit und meine Arbeit ist wichtig und ich mache sie gern und ich …“ Ein wenig brach ihm hier die Stimme, denn er hatte es auf der Zunge, seinem Vater zu sagen, dass er den Tod seiner Mutter noch nicht überwunden hatte und daher die Farm nicht besuchen wollte, weil alles ihn dort an seine Mutter erinnerte.
„Schon gut, Sohn! Ich verstehe. Ich mache dir keinen Vorwurf.“ Sein Vater sah ihn mit seinen hellblauen Augen an und man konnte sehen, dass auch er mit den Tränen kämpfen musste.
„Dad, ich wundere mich aber doch, warum du den weiten Weg gemacht hast, um mit mir über Mom zu reden. Das hätten wir auch am Telefon machen können oder falls du dich überwinden könntest, über einen Videoanruf!“
„Ich musste das mit dir persönlich klären, da ich dir dazu auch was geben möchte. Einen Brief!“
„Was für einen Brief?“ fragte John und schaute verwundert.
„Lass uns in Ruhe darüber reden und nicht hier im Getümmel.“
„Ok, Dad, hast du Hunger?
„Ich könnte einen Happen vertragen, Sohn! Aber nicht diesen komischen veganen Fraß der eigentlich für Tiere gedacht ist.“
John rollte mit den Augen „Schon klar, Dad! Ein Steak?“
Sein Vater grinste.
In einem nicht weit vom Flugplatz entfernten Diner saßen sich Vater und Sohn gegenüber. Das leise Brummen der Kaffeemaschine und das gelegentliche Klirren von Tellern erfüllten den Raum. David rührte schweigend in seinem Kaffee, während John unruhig sein Besteck zurechtrückte. Die Serviererin brachte ihnen das Essen. Für David ein recht großes Steak mit genügend Beilagen, um eine ganze Familie satt zu machen. John hatte sich nur einen Salat und einen Käsetoast bestellt. Sie schwiegen beim Essen und John schaute immer wieder zu seinem Vater, der anscheinend in Gedanken war. „Dad, was wolltest du mir denn so Wichtiges sagen, dass es dich aus Montana rausgeholt hat?“
„Eigentlich war ich in Texas und habe 30 Fersen gekauft und auf dem Rückweg halt diesen Zwischenstopp eingelegt. Ich wollte das hier gerne persönlich machen!“
Er griff in seine Jackentasche, zog einen alten vergilbten Umschlag hervor und legte ihn vorsichtig auf den Tisch. Koreanische Schriftzeichen prangten darauf.
„Dieser Brief … er wurde an unsere Farm geschickt. Aber er ist eigentlich für deine Mutter bestimmt gewesen.“
Johns Stirn legte sich in Falten. „Von wem?“
David atmete tief durch. „Der Brief kam in einem großen Umschlag und war an deine Mutter adressiert. Er wurde ihr von der südkoreanischen Botschaft geschickt. Ein Schreiben lag dabei, in dem stand, dass ein Brief aufgetaucht sei. Der wurde anscheinend in einer Flaschenpost am Strand gefunden und da auf dem Umschlag etwas von einem letzten Willen draufsteht, was in Korea wohl sowas wie heilig ist, hatte der Finder den Brief an die Behörden übergeben. Er sollte ja eigentlich an deine Großmutter gehen, aber die war ja schon vor Jahrzenten in Südkorea verstorben, also mussten sie erstmal deine Mom ausfindig machen. Du weißt ja, dass sie adoptiert wurde.“
„Na klar, ich kenne doch Opa Georg und Grandma Conni und dass Mom eine gebürtige Koreanerin war, natürlich auch. Von ihrer leiblichen Mutter oder ihrem Vater hatte sie aber fast nichts erzählt. Da war immer nur ein großes Schweigen oder dass sie sich nicht mehr erinnern konnte.“
„Genau, sie hat nicht viel erzählt und wollte auch nicht darüber sprechen und ich habe das immer respektiert. Aber anscheinend ist dieser Brief von ihrem leiblichen Vater verfasst worden. Mom sagte mir mal, dass er früh verstorben wäre, aber laut Datum wurde der Brief vor etwa 3 Jahren geschrieben, also kurz vor ihrem Unfall.“
„Dann hat er noch gelebt? Wow, das ist heftig!“
„Anscheinend ja, aber das ist noch nicht alles. Er hat nicht in Südkorea gelebt, sondern dem Brief nach in Nordkorea!“ John klappte fast die Kinnlade runter. Das war verrückt! „Was, dann kommt Mom aus Nordkorea?“
„Laut dem Brief und was im Begleitschreiben stand, ja! Die Botschaft hatte ermittelt, dass Mom mit ihrer Mutter tatsächlich aus Nordkorea geflüchtet war und sie danach bis zu deren Tod in Südkorea bei entfernten Verwanden untergekommen waren.“
„Dad, davon hat Mom nie etwas erzählt oder wusstest du etwas?“
„Nein, ich habe auch jetzt erst davon erfahren. Für mich ändert sich nichts, ich hätte deine Mutter auch als Nordkoreanerin geliebt, aber sie hat sich anscheinend dafür geschämt oder sonst einen triftigen Grund gehabt. Die Millers kannten auch nur die Südkoreageschichte. Ich habe mit Conni gesprochen. “Dann reichte er John den vergilbten Brief. Sein Koreanisch beschränkte sich nur auf einige Sätze, die von dem erfolglosen Bemühen seiner Mutter, ihm die Sprache und Schrift beizubringen, rührten. Er konnte in einem koreanischen Restaurant etwas bestellen und Danke und Bitte, Auf Wiedersehen usw. sagen. „Dad, ich kann das nicht lesen. Ich kann nur raten, was dort steht!“
„Oh, sorry John.“ David griff nochmal in seine Jackentasche und holte einen weiteren Umschlag raus. „Ich habe eine Übersetzung machen lassen von einem der Angestellten in dem koreanischen Restaurant NaRa in Billings. Alles konnte er nicht lesen, aber das Wichtigste hat er übersetzt.“
Mit ruhiger, aber skeptischer Miene öffnete John den Umschlag, schaute sich den originalen Brief nochmal kurz an und begann die Übersetzung zu lesen:
„Meine geliebte Frau und mein geliebtes Kind, meine Tochter,wenn ihr diesen Brief lest, dann hat mich das Leben bereits verlassen. Man hat mich zum Sterben aus der Haft entlassen. Ich habe jahrzehntelang mit einer Schuld gelebt. Sie zwangen mich, eine Waffe zu erschaffen und ich habe mich gefügt, weil sie mir erzählt haben, sie hätten euch ebenfalls bei der Flucht erwischt und euer Leben würde davon abhängen, ob ich kooperiere. Ich wurde all die Jahre getäuscht und in Angst gehalten. Eine gütige Seele hat mir jetzt an meinem Lebensende gesagt, dass ihr es geschafft habt und in Sicherheit seid ... (An der Stelle ist die Schrift nicht mehr zu entziffern! Anm. des Übersetzers)“ Es ging weiter mit: „Die Russen gaben ihnen die Pläne, doch es war meine Arbeit, die sie vollendete. Waffen, im Orbit, getarnt als harmloser Sat… (Anm. des Übersetzers - vielleicht Satellit?)“
An dieser Stelle waren einige Hinweise des Übersetzers, dass er ab hier nur noch einzelne Wörter entziffern könne und teilweise nur raten könne, was dort steht.„Es wurden einige Hauptstädte wie Seoul, Paris, Berlin und Washington genannt und zum Schluss das Ende von einem Satz, der wahrscheinlich mit dem Wort Vulka ellowst… endete (Anm: das Wort war kaum zu entziffern, aber in Englisch geschrieben)“
Unterschrieben war der Brief mit dem Namen Choi Seung-ho.
Mehr war auf dem Original, laut dem Übersetzer, nicht zu entziffern. John betrachtete nochmal das Original und die beiliegende Übersetzung und runzelte die Stirn. John legte den Brief mit einem nachdenklichen Ausdruck auf den Tisch. „Dad, das klingt … unglaublich.“
David sah ihn ernst an. „Dann hör dir an, was deine Mutter und ich vor Jahren erlebt haben …“
David nahm einen tiefen Schluck von seinem Kaffee, bevor er weitersprach.
„Vor vielen Jahren, als du noch ein Kind warst, war ich mit deiner Mutter im Yellowstone mit der Herde unterwegs. Wir hatten sie auf die Sommerweide getrieben. Dort trafen wir auf eine Gruppe koreanischer Wissenschaftler. Sie nahmen Bodenproben und führten Messungen durch. Sie sagten, es sei für ein geologisches Forschungsprojekt, das ihre Universität und die von Montana zusammen finanzierten. Ich war ziemlich sauer, dass auf unserem Grund einfach irgendwelche Untersuchungen durchgeführt wurden. Sie hatten die Weide mit vielen Bohrungen verwüstet. Deine Mutter sprach mit dem Leiter und war danach sehr aufgebracht. Viel hatte er nicht gesagt, aber Mom erzählte mir später, dass deren Akzent und Aussprache doch sehr dem glich, der vorwiegend in Nordkorea gesprochen wurde. Sie wusste das angeblich, weil jeder Koreaner das wusste, als ich sie gefragt habe, wie man das unterscheiden könne. Außerdem war es wohl auch sein Name, der sie erschrocken hat. Vorgestellt hatten sie sich als Studenten und Professoren aus Südkorea.“
John runzelte die Stirn. „Und was hat Mom noch dazu gedacht? Hast du sie weiter gefragt?"
„Doch. Ich habe sie gefragt, aber sie wich mir aus und war nicht bereit, noch mehr darüber zu sagen. Sie war danach wochenlang nervös, als hätte sie etwas erkannt, was sie nicht hätte wissen sollen. Und jetzt, nachdem ich diesen Brief gelesen habe, bin ich mir sicher: Es waren Nordkoreaner.“
„Was hat das mit dem Brief zu tun, Dad? Den gab es da noch nicht!“
„Das weiß ich auch, aber erst heute reime ich es mir zusammen. Wenn das tatsächlich Nordkoreaner waren, kann ich heute verstehen, warum Mom plötzlich Angst hatte. Vielleicht hatte sie die Befürchtung, dass die hinter ihr her waren? Anscheinend war ja ihr Vater zu diesem Zeitpunkt noch am Leben, was sie allerdings ja nicht wissen konnte! Aber vielleicht war es ja auch die Angst, das sie entdeckt würde und gegen ihren Willen zurück nach Nordkorea gebracht werden sollte. Sie hatte danach noch wochenlang Angst, das weiß ich noch.“
John schnaubte leise und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Dad, das ist eine ziemlich wilde Theorie. Ein Brief, der auf mysteriöse Weise zugestellt wurde, ein paar Wissenschaftler, die vor Jahrzehnten Bodenproben nahmen und jetzt sollen sie eine Waffe im Orbit haben? Das klingt eher nach einem schlechten Agentenfilm als nach der Realität.“
David sah ihn mit scharfem Blick an. „John, du bist Wissenschaftler und nicht gerade auf den Kopf gefallen. Sag mir, was wahrscheinlicher ist: Dass jemand in Nordkorea einen aufwendigen Betrug inszeniert, um einen nutzlosen Brief an eine Familie in Amerika zu schicken? Oder dass dein Großvater, ein Mann, der sein Leben lang unter Druck gesetzt wurde, versucht hat, das Leben seiner Familie zu retten? Ein Wissenschaftler der gezwungen wurde, an einer schrecklichen Waffe zu arbeiten, in einem Akt der Reue am Ende seines Lebens versucht hat, seine Familie zu warnen? Und was ist mit den fast nicht mehr zu entziffernden Zeilen? Vulka ellowst? Das hört sich an wie Vulkan Yellowstone! Oder?“
John sagte nichts. Er betrachtete die vergilbten Seiten erneut. Er schaute sich die Zeilen, die in Englisch verfasst worden waren, nochmal an. Ja, man konnte tatsächlich diese Buchstaben lesen, aber was bewies das? Der Brief enthielt noch einige kaum lesbare technische Details, bei denen der Übersetzer nur raten konnte, was sie bedeuten, wie: „Abwurf nache…!“
David lehnte sich vor. „John, ich weiß, dass du skeptisch bist. Aber sag mir eines: Wenn dieser Brief echt ist und dein Großvater die Wahrheit geschrieben hat … wie groß ist die Gefahr wirklich?“
John sah aus dem Fenster, hinaus in die Dunkelheit der Stadt. Irgendwo da draußen, in den eisigen Weiten des Alls, könnte eine Waffe lauern, die niemand auf dem Schirm hatte. Er war seitens seiner Arbeit sehr vertraut mit Satellitentechnik und es war sein Gebiet, doch war sein wissenschaftlicher Verstand nicht bereit, die Hypothese ohne Beweise zu akzeptieren. Sein Vater war besorgt, das merkte er und ja, der Brief war schon irgendwie besorgniserregend. Aber das war kein Beweis und er hatte keine Ahnung, wen er fragen könnte. Bei der NASA brauchte man Fakten und wissenschaftliche Nachweise, keine Vermutungen oder verschwommene Hinweise!
Schließlich seufzte er und legte den Brief beiseite. „Ich werde mir das anschauen. Aber ich verspreche nichts.“
David nickte langsam. „Mehr verlange ich nicht.“
„Was sollen wir jetzt machen, Dad? Willst du bei mir schlafen oder lieber in einem Hotel?“
„Nein, Sohn, ich fliege gleich wieder zurück, die Kälber werden morgen gebrandmarkt und da muss ich dabei sein.“
„Du bist verrückt, den ganzen Weg nur für dieses Gespräch?“
„Es ging nicht anders und ich wollte dir dabei in die Augen sehen und dich mal wieder umarmen!“
„OK, Dad, es war schön dich zu sehen und ich sehe zu, dass ich bald mal komme, versprochen!“
Sie bezahlten und John brachte seinen Vater zurück zum Flugplatz. Auf dem Weg fragte John ihn noch nach den neuesten Begebenheiten auf der Farm, aber sein Vater meinte nur, es ginge alles seinen Gang wie immer und war dabei seltsam nervös. John fragte nach Shea, seinem Freund, der mittlerweile Vorarbeiter auf der Farm war. David erzählte, dass er zufrieden mit ihm wäre und dass er ein guter Nachfolger vom alten Jack wäre, der nun langsam in den Ruhestand gehen wollte, aber eigentlich jeden Tag noch im Sattel saß und half. David hatte ihm eine der beiden Gästehütten in der Nähe des Stalls als Altersruhesitz überlassen. John fragte noch nach seiner Schwester und was sie zurzeit tat. David wollte aber nicht wirklich darüber reden. Mit Ellie war es eh nicht einfach und nun war ja einiges anders … mehr kam dann nicht mehr von ihm. John beließ es dabei. Wenn sein Vater nicht mehr reden wollte, dann konnte ihn kaum etwas umstimmen. Also fuhren sie den Rest der Fahrt schweigend und lauschten der Musik aus dem Radio. Kurz vor dem Flughafen kamen die Nachrichten im Radio: Die News waren ein Bericht über die neue KI, die exklusiv für den Präsidenten entwickelt wurde. Sie war nun offiziell der Hauptratgeber und Stratege für die Regierung.
Maddie Bennett konnte es nicht ertragen, wenn irgendwelche Dinge einfach im Weg rumlagen. Egal ob im Haus oder auf dem Farmgelände versuchte sie ständig, alle auf Trab zu halten, ihr Zeug wegzuräumen. Darum war das Durcheinander, das sie im Stall vorfand, ein Alptraum. Der Tierarzt war auf der Ranch, um Dutzende von Kälbern zu impfen. Außerdem waren etwa 5 Stuten kurz vor der Geburt ihrer Fohlen und bei zwei der Erstgebärenden waren die Fohlen noch nicht in der richtigen Geburtsposition. Der Stall war innen übersät mit benutzten Spritzen und anderen medizinischen Utensilien. Außerdem lagen die leeren Verpackungen auch noch überall herum. Dadurch dass beide Stalltüren offen waren, verteilte der Durchzug alles und schob den Müll auch noch in die Pferdeboxen, in dem die trächtigen Stuten standen. Der Arzt und seine Frau Lynett waren mit den Cowboys im Gatter beim Impfen. David war mit Sicherheit auch dort. Maddie wusste, dass der Arzt und die Cowboys nach der Arbeit hier saubermachen würden und so schluckte sie ihren Ärger über das Chaos herunter. Sie sammelte nur die leeren Flaschen auf und andere scharfkantige Sachen, die auf keinen Fall in die Nähe der Tiere kommen durften. Sie verstaute alles in einem der leeren Kartons und schloss eine Seite der Scheune zu, damit der Wind nicht noch mehr von dem Abfall verteilte. Sie ging an den Boxen der Stuten vorbei und schaute zu den beiden Risiko-Stuten hinein. Eine zitterte und hatte am ganzen Körper Schweiß. Mit aufgerissenen Augen starrte das Pferd sie an und tänzelte vor Schmerzen hin und her. Maddie war keine Expertin, sie war zwar auf einer Ranch aufgewachsen, aber erst mit 14 Jahren dort angekommen. Vorher hatte sie keine Erfahrung mit Tieren gemacht, die größer als Hunde und Katzen waren. Ihre Adoptiveltern hatten eine kleinere Ranch und verwendeten keine Pferde, zumindest nicht zur Arbeit. Aber sie hatte als Kind ein Pony, auf dem sie reiten gelernt hatte und ihre Mutter hatte selber auch ein Reitpferd. Ihr Vater trieb seine Herde mit Quads und Hunden auf die Weiden. Erst als sie David kennen gelernt und bald darauf geheiratet hatte, musste sie lernen, mit Pferden und Rindern umzugehen. David hatte sie nie unter Druck gesetzt oder etwas von ihr verlangt, was sie nicht konnte, aber sie war bestrebt, eine echte Rancherfrau zu sein. Das war hier in der Gegend halt Tradition und sie spürte am Anfang als sie auf die Ranch kam, dass viele sie beobachteten. Besonders alle anderen Rancher-Familien im Tal und in ihrem County. Bei den sonntäglichen Kirchenbesuchen merkte sie die Blicke der anderen Frauen. Sie war allein durch ihr Aussehen schon anders. Durch ihre asiatischen Gesichtszüge, die fein geschnitten und schmal waren, und ihr fast schwarzes langes Haar stuften fast alle sie als fremde Außenseiterin ein. Das war schon in der Schule so gewesen. Sie wurde in der Regel nicht als Koreanerin gesehen, sondern eher als Native American. Sie hatte das nie richtiggestellt und hatte ihre Adoptiveltern darum gebeten, es niemandem zu erzählen, dass sie ja eigentlich koreanisch war. Das wäre noch schlimmer gewesen. Als Ureinwohner war man zumindest noch sowas wie ein Einheimischer in den Köpfen der meisten Weißen. Sie war auch erleichtert, dass ihr Sohn John seinem Vater, aber noch eher seinem Großvater ähnelte und fast keine äußerliche Ähnlichkeit mit ihr hatte. Außer im Wesen, da war John ihr Sohn. Von ihr hatte er seine Neugierde nach Wissen und das mathematische Können. Sie hätte ihm gerne mehr über ihre Vergangenheit erzählt, wer seine koreanischen Großeltern gewesen waren, aber sie hatte ihrer leiblichen Mutter vor ihrem Tod versprochen, nicht darüber zu erzählen. Das wäre gefährlich gewesen und sollte für immer in Vergessenheit geraten.
Sie sah, dass die Stute Hilfe brauchte und machte sich auf den Weg zum Gatter, um den Tierarzt zu holen. David wollte bestimmt mit dabei sein. Sie rief schon beim Hinlaufen, dass die Stute im Stall Hilfe brauchte. Der Tierarzt winkte ihr zu und deutete seiner Frau an, die weiteren Impfungen zu übernehmen. Er stand auf und ging in Maddies Richtung. David saß auf seinem Pferd und ließ es ebenfalls in ihre Richtung laufen, um mit ihr zu sprechen, was denn los sei. Das gerade geimpfte Kalb schrie erbärmlich und strampelte heftig. Die beiden Cowboys konnten es gerade so bändigen. Zwei weitere Cowboys hatten am anderen Ende des Gatters die Mutter des Kalbes gesichert, um zu verhindern, dass sie ihrem Kalb zu Hilfe kam. Durch den Schrei ihres Kalbes aber reagierte die Charolais Kuh instinktiv und das bereits 4 Jahre alte Tier warf sich mit aller Kraft gegen die Seite des Pferdes von einem der Cowboys. Das Pferd ging durch und warf den verdutzten Cowboy ab. Nun war der Weg für sie frei, ihr Kalb zu retten und sie stürzte mit ihren 800 Kilogramm in seine Richtung. Der Tierarzt war fast am Gattertor angelangt und bekam nichts mit, was hinter ihm vorging. Maddie hatte bereits das Tor geöffnet und ging noch auf den Doktor zu. Die Kuh selber stürmte wie eine Dampflok auf ihr Kalb zu und die beiden Cowboys ließen es los und sprangen zur Seite. Lynett sprang auch entsetzt zur Seite. David erkannte die Gefahr und trat seinem Pferd die Sporen in die Seite, um sich zwischen das Tier und den Doktor und seine Frau zu stellen. Das Kalb sprang auf und lief ebenfalls in Richtung des Gattertors. Maddie erkannte plötzlich, was da hinter dem Rücken des Doktors passierte und fing an zu schreien. Das Kalb streifte den Tierarzt von hinten und der fiel erstaunt zur Seite. Das Muttertier war fast schon da und David versuchte, sein Pferd in die Seite der Kuh zu lenken, um sie aus der Bahn zu werfen. Er erwischte aber nur die rechte Hüfte, so dass die Kuh zwar mit den Hinterbeinen nach links wegrutschte, aber so viel Energie in ihrer Vorwärtsbewegung hatte, dass die Trägheit sie weiter in Richtung auf Maddie trieb. Zuerst erwischte einer ihrer Vorderhufe den Kopf des Tierarztes, um dann mit der Brust direkt auf Maddie aufzuprallen. Maddie wurde von der Wucht nach hinten geschleudert und die Kuh rutschte mit der Seite in den Gatterzaun und brach sich daran die Rippen, von denen sich eine direkt in ihre Lunge bohrte. David sprang vom Pferd und suchte in dem aufgewirbelten Dunst seine Frau. Er fand sie auf dem Rücken liegend außerhalb des Gatters und stürzte sich neben sie. Sie hatte die Augen geöffnet und blicke leicht lächelnd in den Himmel. David beugte sich über sie und nahm ihren Kopf vorsichtig in die Hände. Sie war bereits tot, aber eine letzte Träne lief noch über ihre Wange und David schrie seine Trauer laut heraus. Hinter ihm ertönte noch ein Schrei, als Lynett ihren Mann fand und ihn ebenfalls festhielt. Einer der Cowboys erschoss die sterbende Kuh, damit sie nicht leiden musste und ihre Schreie aufhörten. In die Stille danach mischten sich nur noch das verzweifelte Schluchzen von zwei verzweifelten Menschen.
Vier Wochen waren vergangen, seit John den Brief seines Großvaters gelesen hatte. Die Arbeit und der Alltag hatten ihn schnell wieder eingeholt und er hatte den Brief weitestgehend verdrängt. Doch nun saß er in seinem Büro bei der NASA und betrachtete recht unscharfe Bilder, die ihm von der CIA übermittelt worden waren.
Die Aufnahmen zeigten einen neuen nordkoreanischen Satelliten, der in wenigen Tagen ins All geschossen werden sollte. Das Foto war offensichtlich mit einer versteckten Kamera gemacht worden. Nicht wirklich scharf und in einem komischen Winkel. Der Satellit stand auf einer Montageplattform, wie sie auch bei der NASA Verwendung fand. Allerdings klobiger und nicht so modern. Man konnte sehen, wie weißgekleidete Techniker herumstanden und auf Baupläne oder ähnliches sahen. Es standen auch einige bewaffnete Soldaten in der Nähe. Im Hintergrund waren die beiden Hälften einer Raketenspitze zu sehen und das machte deutlich, dass man hier die Endmontage des Satelliten auf den Nutzlastträger sah. John versuchte mit einer Vergrößerung von Details mehr zu erkennen, aber bereits ab einer Vergrößerung von 20 % verwandelte sich das Bild in einen Pixelbrei aus Minecraft-Blöcken. Offiziell sollte er der Wetterbeobachtung dienen, doch die CIA hatte Zweifel und wollte eine Einschätzung von Experten wie John. Er war zur Zeit der beste Analyst von Raumfahrtzeugen. Seine Art zu denken kam ihm bei solchen Aufgaben zu Hilfe. Er konnte instinktiv erkennen, wofür technische Geräte gedacht waren. Erklären konnte er das nicht, aber in der Regel schaute er sich ein technisches Gerät oder eine mechanische Konstruktion an und wusste, wozu man sie verwenden konnte. Aber hier war er das erste Mal überfordert. Auf den ersten Blick war es klar, wozu man diesen Satelliten einsetzen wollte. Aber je länger er das Bild betrachtete, wurde es konfuser. Er nutzte alle Techniken der Beobachtung, versuchte nur einzelne Details zu betrachten und suchte nebenbei in der Datenbank nach vergleichbaren Komponenten von bekannten Satelliten der Koreaner und Russen. Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. Das Ding ist zu groß für einen gewöhnlichen Wettersatelliten. Normalerweise brauchen sie nicht so eine massive Struktur. Er zoomte auf die Unterseite des Satelliten. Er konnte sechs Klappen erkennen, die gleichmäßig verteilt angebracht waren. Sie waren geschätzt etwa 40 x 40 cm groß. Wofür sollten die bei einem Wettersatelliten gut sein?
Sein Kollege und bester Freund Rick kam in diesem Moment in sein Büro. „Hey John! Ich will in die Kantine. Kommst du mit?“
„Hey, Rick! Ich denke schon, aber schau dir das mal kurz an. Wofür hältst du das hier?“
„Für ein unheimlich schlechtes Bild. Hat das jemand mit einem alten Nokia-Handy aufgenommen?“
„Es ist geheim, aus Nordkorea. Was sollen diese Klappen für eine Funktion haben? Wozu braucht ein Wettersatellit so etwas?“
„Hm, schwierig!“ Rick schaute genau hin. „Optiken vielleicht? Schutz für die Linsen oder Sensoren?“
John schüttelte den Kopf. „Nein, das passt nicht. Die Sensoren sind vorne an dem Com-Modul angebracht. Außerdem diese Antennenschüssel hier – die sieht nicht nach einer normalen Antenne aus. Viel zu groß! Die Bauweise erinnert mich eher an einen Kommunikationssatelliten.“
Rick zog eine Augenbraue hoch. „Die Nordkoreaner bauen eher wie die Russen. Vielleicht haben sie alte Komponenten bekommen. Würde ja zu ihrem Stil passen, oder?“ Er lehnte sich gegen den Tisch. „Aber wenn das kein Wettersatellit ist, was dann?“
John schwieg einen Moment, ließ die Bilder auf sich wirken. Ihn beschlich ein ungutes Gefühl. Er wusste noch nicht, was er hier vor sich hatte, aber etwas daran war verdammt verdächtig. Aber es wurde eine faktenbasierte Antwort von ihm verlangt und ungute Gefühle waren nichts für die NASA, besonders nicht für die CIA. Wenn er hier mit einem Spruch wie „Ich habe hier ein ganz mieses Gefühl“ ankommen würde, hätte sein nerdiger Kumpel Rick zwar seinen Spaß, aber die humorlosen Obermacker von der NASA sicher weniger und ganz bestimmt würden ihn die unlustigen CIA-Typen nur unverständlich anschauen.
Die Tür zu seinem Büro wurde schwungvoll aufgerissen. „Bennett!“ Die scharfe Stimme gehörte zu Colonel Raymond Stokes, einem hochrangigen Verbindungsoffizier zwischen der NASA, dem Verteidigungsministerium und den Geheimdiensten. Stokes war ein bulliger Mann mit militärischem Haarschnitt, einem zu engen Anzug und einem Ausdruck, der immer etwas von ungeduldiger Arroganz hatte.
„Colonel“, grüßte John neutral und richtete sich auf.
„Was haben Sie für mich? Ich brauche eine schnelle Einschätzung. Ist das ein gottverdammter Wettersatellit oder nicht?“
John warf Rick einen kurzen Blick zu, bevor er sich an Stokes wandte. „Es gibt einige Unstimmigkeiten. Die Bauweise ist ungewöhnlich, die Struktur viel zu groß, und diese sechs Klappen an der Unterseite … das ist nicht typisch für einen Wettersatelliten.“
Stokes schnaubte. „Hören Sie, ich habe keine Zeit für Unstimmigkeiten. Washington will eine Antwort. Der Präsident will eine Antwort, die CIA will eine Antwort. Die Medien fangen bestimmt bald an, Fragen zu stellen. Irgendjemand plaudert ja immer etwas aus. Und wenn wir die Kontrolle über diesen kleinen miesen Drecksstaat behalten wollen, dann kann sich der Präsident keine Unsicherheiten in seiner Außenpolitik leisten. Sie verstehen mich?“
Rick zog unmerklich die Schultern ein, während John ruhig blieb. „Ich verstehe, dass eine schnelle Antwort gewünscht ist, aber wir haben noch nicht genug Informationen, um eine eindeutige Einschätzung zu geben.“
Stokes trat einen Schritt näher, seine Stimme wurde leiser.
„Eine dritte Amtszeit für den Präsidenten kommt nicht von allein, Bennett. Stärke zeigen, Feinde in Schach halten – das ist das, was die Amerikaner sehen wollen. Wenn Sie mir sagen, dass dieser Satellit eine Bedrohung sein könnte, dann wird Washington das entsprechend behandeln. Also?“
John ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich kann Ihnen keine voreilige Einschätzung geben, Colonel. Noch nicht. Aber wenn Sie mir ein paar Stunden geben, kann ich Ihnen eine fundiertere Analyse liefern.“
Stokes verzog das Gesicht, dann nickte er knapp. „Ein paar Stunden? Bennett, ich will heute noch eine Antwort auf meinem Schreibtisch haben. Machen Sie es möglich und wenn es mitten in der Nacht ist. Verstanden?“
Mit diesen Worten drehte er sich um und marschierte aus dem Büro, die Tür knallte hinter ihm zu.
Rick atmete hörbar aus. „Okay … das war einschüchternd.“
John rieb sich die Schläfen. „Ich sollte mich beeilen. Wenn ich ihm nichts Vernünftiges liefere, wird er sich einfach die Wahrheit aussuchen, die ihm am besten passt.“
Rick schaute sich das Bild auch nochmal an und sagte: „Dann kommst du wohl nicht mit zum Essen?“
„Nein, ich arbeiten das gründlich ab, wenn es dann länger braucht, ist es ebenso!“ Rick nickte und ging wieder aus dem Büro raus. John arbeitete noch eine Weile und beschlossen dann, von zu Hause aus weiter zu machen. Auf dem Weg nach draußen beschloss er noch, sich schnell etwas zu essen zu holen. „Kaffee, ich brauche Kaffee. Ansonsten schlafe ich gleich zu Hause ein.“ Er ging noch kurz an Ricks Büro vorbei und fragte, ob er noch Kaffee hatte, den er mitnehmen konnte. „John Bennett, du hast keinen Kaffee zu Hause? Was ist mit dem Automaten, den ich dir geschenkt habe?“
„Ja, der braucht dringend Bohnen.“ Rick kramte in seinem Schrank rum, aber wurde nicht fündig. Er meinte: „Fahr nachOrion Gourmet Takeaway. Judy macht dort den stärksten Kaffee auf diesem Planeten!“ John lachte. Rick hatte recht. Für ihren Kaffee bräuchte sie tatsächlich einen Waffenschein.
Fast drei Stunden später saß John in seinem Apartment. Der Laptop vor ihm flackerte im Dämmerlicht, während er die letzten Zeilen seines Berichts eintippte. Ein halb leerer Kaffeebecher stand neben ihm, mittlerweile kalt und ungenießbar. Judy machte wirklich starken Kaffee. Er hatte nur daran genippt und prompt Sodbrennen bekommen und sich gefragt, wieso Rick sich immer den noch stärkeren Kaffee bestellte, wenn sie zusammen dort waren. Sein Magen war wahrscheinlich nur noch ein von Kaffee gegerbter Ledersack ohne Schmerzempfinden. Er seufzte, lehnte sich zurück und starrte auf den Bildschirm. Seine Gedanken schweiften ab.
Der Satellit ließ ihn nicht los. Und dann war ihm vor einer halben Stunde der Brief eingefallen. Seit vier Wochen hatte er ihn nicht mehr angerührt. Doch jetzt, da er an seinem Bericht arbeitete und überlegte, dass die Möglichkeit bestünde, dass es sich um eine Waffe handelte könnte, fühlte er sich unbehaglich. In dem Brief war ja von einem nordkoreanischen Satelliten die Rede, der eine Waffe trug. Aber der Brief war über drei Jahre alt und John hatte den Eindruck, dass eher ein Objekt gemeint war, das sich bereits im Orbit befand. Oder konnte es sein, dass sogar dieser Wettersatellit gemeint war? Er ging nochmal seine Notizen durch: Die sechs Klappen könnten eine verborgene Funktion haben, vielleicht eine offensive. Die ungewöhnlich große Antenne deutete auf eine Kommunikations- oder Steuerungskomponente hin, möglicherweise für etwas, das nicht nur Wetterdaten übermitteln sollte. Eigentlich war es ja auch egal, was für Antennen an einem Satelliten befestig waren. Signale waren Signale, ob mit großer Schüssel oder kleiner. Die Art der Signale war immer gleich. Funkwellen oder Mikrowellen war auch nicht entscheidend. Einen Unterschied machte es, wer sendete und wie stark das Signal war. Wenn man eine normale Sende- und Empfangsstation auf der Erde hatte, konnte die Sendeantenne an einem Satelliten klein sein. Nicht größer als eine SAT Schüssel für Fernsehempfang. Erst wenn die Sendestation eine kleinere Sendeanlage mit kleinerem Durchmesser hatte, musste die Empfangsanlage im Orbit wieder größer sein. Daher machte diese größere Schüssel am Satelliten nur Sinn, wenn man auch von kleineren, eventuell mobilen Anlagen Daten senden wollte. Aber mobile Anlagen, die Wetterdaten empfingen oder mit einem Wettersatelliten kommunizieren mussten?
Er stockte. Hatte sein Großvater in dem Brief nicht angedeutet: Eine Waffe und sechs Stück von etwas, getarnt als harmloser Satellit? Er nahm die Übersetzung nochmal in die Hand und las die Zeilen. Verrückt dachte er, das ist völlig verrückt. Passte das zusammen? Sollte er seinen Vorgesetzten etwas von dem Brief erzählen, es im Bericht erwähnen? Sein wissenschaftlicher Verstand sagte „Lass das“, aber eine andere kleine Stimme in seinem Kopf wiederholte immer wieder das Wort „Gefahr“. Die Verbindung waren die 6 Klappen. Das war der Punkt. Sechs Waffen und hier sechs Klappen in einem harmlosen Wettersatelliten. Allerdings konnte er sich auch kaum eine wirklich gefährliche Waffe vorstellen, die durch diese doch kleinen Öffnungen passte. John war sich sicher: Wenn er schrieb, dass er den Satelliten als potenzielle Waffe einstufte, brauchte er den Brief als Argument. Das würde kompliziert werden und brachte ihm sicherlich Ärger ein. Denn wenn er ihn als Beweis nahm, dann musste er auch erklären, warum er damit nicht sofort zum CIA oder zumindest zu seinem Vorgesetzten gegangen war. Er sah auf die Uhr und sah, dass die Zeit knapp wurde, um den Bericht noch in der Frist abzuschicken.
Widerwillig tippte er weiter. „Die genaue Funktion des Satelliten bleibt unklar, jedoch sind mehrere strukturelle Elemente vorhanden, die nicht zu einem Wettersatelliten passen. Es besteht die Möglichkeit, dass der Satellit eine militärische Komponente beinhaltet.“
Mit einem schnellen Druck auf die Enter-Taste schickte er den Bericht ab. Ein Kloß bildete sich in seinem Magen, als wäre mit dieser Mail eine Tür geöffnet worden, die er lieber geschlossen gehalten hätte.
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, stand auf und schlenderte zu seinem Bücherregal, wo der Brief lag. Das Papier fühlte sich alt an, die Schrift war stellenweise verwischt. Er ließ den Blick über die Worte seines Großvaters wandern, besonders die schwer lesbare Zeile mit „Yellowstone“ fiel ihm wieder auf. Ein merkwürdiges Frösteln kroch ihm über den Rücken.
Er war müde geworden, gähnend schloss er den Laptop und ging ins Bad, um sich fürs Bett fertig zu machen. Er legte sich hin und fiel schnell in einen unruhigen Schlaf. Seine Träume waren eine Mischung aus bedrückenden Szenen, in denen Leute auf ihn einredeten, und einem verstörenden Brummen, das ihn schließlich weckte.
Sein Handy vibrierte auf dem Tisch. Verschlafen schaute er sich das Display an. Eine unbekannte Nummer.
Er zögerte – dann nahm er ab: „Bennett.“
Am Telefon meldete sich eine kühle, weibliche Stimme. „Agentin Sarah Mitchell, CIA.“
John rieb sich müde die Augen. „CIA? Ist das ein Scherz? Es ist mitten in der Nacht.“
Die Stimme blieb ruhig: „Mr. Bennett, wenn man in einem Dokument für die CIA etwas von einer potenziellen Bedrohung schreibt, was erwarten Sie dann, was passiert?“
John setzte sich aufrecht hin. Der letzte Rest Schlaf war schlagartig verschwunden. „Warten Sie … Wie kann ich sicher sein, dass Sie wirklich von der CIA sind?“
„Seien Sie versichert, dass ich das bin. Aber wenn Sie Beweise wollen ... Ihr Bericht ging vor zwei Stunden an Colonel Stokes, der ihn direkt an uns weiterleitete. Sie haben darin eine Einschätzung über einen nordkoreanischen Satelliten abgegeben, den Sie als potenzielle Waffe eingestuft haben. Sie arbeiten in der NASA-Abteilung für Orbitalüberwachung, Ihr militärischer Vorgesetzter ist Raymond Stokes – ein Mann, der offensichtlich ein großer Fan des Präsidenten ist. Reicht das?“
John schwieg einen Moment, bevor er leise fluchte ...
„Wir sehen uns um 07:00 Uhr in Ihrem Büro, seien Sie pünktlich!“
Die Agentin legte ohne ein weiteres Wort auf.
John sah auf die Uhr: 03:30 Uhr! Keine 2 Stunden Schlaf mehr! Verdammt!
Völlig durchnächtig war John frühmorgens in seinem Büro. Es war 06:45 Uhr, und er war noch müde vom kurzen Schlaf. Er hatte sich einen großen Kaffee geholt und blickte nervös zur Tür.
Um Punkt 07:00 Uhr klopfte es. Die CIA-Agentin Mitchell trat ein – eine schlanke, elegante Frau mit wachsamen Augen, sie war etwa 30 Jahre alt, aber John konnte bei attraktiven Frauen eh nicht schätzen wie alt sie waren. Sie hatte ihre langen braunen Haare zu einem Dutt gebunden und trug einen dunklen Hosenanzug. Sie schloss die Tür hinter sich und warf ihm mit ihren braunen Augen einen prüfenden Blick zu.
„Also, Mr. Bennett“, sagte sie und setzte sich, „lassen Sie uns direkt zur Sache kommen. Was genau sehen Sie in diesem Satelliten?“
John nahm einen Schluck Kaffee und lehnte sich zurück. „Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher. Die Konstruktion ist … ungewöhnlich. Wenn es nur ein Wettersatellit ist, warum diese ungewöhnlichen Klappen an der Unterseite? Und warum eine Antenne, die eher nach Kommunikation aussieht?“
Mitchell nickte und legte eine Akte auf den Tisch. „Wir haben ähnliche Bedenken. Und wir haben Grund zur Annahme, dass Russland in das Projekt involviert sein könnte.“
John runzelte die Stirn. „Russland? Sie glauben, sie haben Nordkorea beim Bau geholfen?“
Mitchell zog ein Foto aus der Akte und schob es über den Tisch. „Dieser Mann wurde vor sechs Monaten in Pjöngjang gesichtet. Igor Sokolov! Raketenexperte, ehemaliger General und Physiker. Hat früher für Roskosmos gearbeitet, ist dann aber in der Versenkung verschwunden. Jetzt taucht er plötzlich in Nordkorea auf. Klingt das nach einem Zufall?“
John nahm das Foto und betrachtete es nachdenklich. Ihm wurde langsam klar, dass er mitten in etwas Größeres hineingezogen wurde.
John betrachtete das Foto. Der Mann darauf war mittleren Alters, mit einem kantigen Gesicht und durchdringendem Blick. Er trug einen dunklen Mantel, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, doch sein Profil war unverkennbar.
„Sokolov …“, John sprach den Namen langsam aus. „Ich kenne ihn natürlich nicht persönlich, aber sein Name ist mir ein Begriff. Ich habe während meines Studiums einige seiner Arbeiten über ballistische Flugbahnen von Interkontinentalraketen und Mehrfachsprengköpfen gelesen. Einer der klügsten Köpfe auf diesem Gebiet.“
„Ja, und einer der gefährlichsten“, erwiderte Mitchell kühl. „Er hat in den 90ern für das russische Raumfahrt- und Nuklearprogramm gearbeitet, bevor er sich privat rekrutieren ließ – zuerst für China, dann für den Iran. Und jetzt für Nordkorea. Unsere Analysten glauben, dass er der Architekt dieses Satelliten und der Trägerrakete ist.“
John schnaubte. „Ein Wettersatellit braucht keinen Raketenexperten und schon gar keinen Experten für Interkontinentalraketen.“
„Genau“, sagte Mitchell und klappte die Akte zu. „Deshalb sitzen wir hier. Sie sind der Experte der NASA für Satelliten und Orbitaltechnologie. Wenn dieser Vogel da oben eine getarnte Waffe ist, dann müssen wir es wissen – und zwar schnell.“
John rieb sich die Schläfen. Sein Kopf fühlte sich schwer an, nicht nur wegen des Schlafmangels, sondern auch wegen der ungeheuren Tragweite dessen, was hier gerade passierte.
„Schauen Sie, ich kann Ihnen nur sagen, was ich sehe“, sagte er schließlich. „Die Konstruktion ist verdächtig, aber ich habe keine Beweise, dass es sich um eine Waffe handelt. Vielleicht ist es auch nur ein Kommunikationssatellit mit einer übertriebenen Abschirmung und einer viel zu großen Antenne.“
Mitchell beugte sich vor. Ihre Augen verengten sich. „Und was, wenn es doch eine Waffe ist?“
John zuckte die Schultern. „Dann muss jemand herausfinden, was sie kann. Und Sie bzw. die CIA, wie man sie stoppen kann.“