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Ein Sprichwort sagt, dass Rache am besten eiskalt serviert werden sollte. Ein guter Rat, denn wenn zu viel Leidenschaft im Spiel ist, kann aus der Vergeltung schnell ein heißes Feuerwerk der Gefühle werden!
RACHE KANN SO SEXY SEIN von KATHERINE GARBERA
Endlich hat Willow die Gelegenheit zur langersehnten Rache! Die Nacht mit Jack hat sie nie vergessen. Genauso wenig wie den Schmerz, als er sie am Morgen verließ. Jetzt wird sie den Spieß umdrehen. Doch gerade, als sie Jacks Küsse zurückweisen will, meldet sich ihr dummes Herz …
FLAMMEN DES VERLANGENS von ABBY GREEN
Samantha hat verloren: Rafaele Falcone, der Italiener mit den faszinierend grünen Augen, zwingt sie, für ihn zu arbeiten. Sieht so seine Rache aus? Sie ahnt nicht, wie weit er mit seiner Vergeltung gehen wird: Er will sie lieben, bis sie versteht, was sie ihm schuldet …
HERZ AUS FEUER, HERZ AUS EIS von MELANIE MILBURNE
Rache ist heiß! In einem Restaurant gießt die junge Schauspielerin Mia dem Kritiker Bryn Dwyer kurzerhand Kaffee über die Hose. Schließlich hat er ihre Karriere zerstört! Aber statt wütend zu sein, macht ihr Feind einen skandalösen Vorschlag: Mia soll seine Ehefrau spielen …
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Seitenzahl: 593
Veröffentlichungsjahr: 2025
Katherine Garbera, Abby Green, Melanie Milburne
ONLY YOU BAND 13
IMPRESSUM
ONLY YOU erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Neuauflage 2025 in der Reihe ONLY YOU, Band 13
© 2012 by Katherine Garbera Originaltitel: „Calling All the Shots“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Ralph Sander Deutsche Erstausgabe 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1814
© 2014 by Abby Green Originaltitel: „When Falcone‘s World Stops Turning“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: SAS Deutsche Erstausgabe 2015 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 2160
© 2006 by Melanie Milburne Originaltitel: „The Virgin‘s Price“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Frauke Severit Deutsche Erstausgabe 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA EXTRA, Band 286
Abbildungen: svetolk, Ivanova Nataliia / Getty Images, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751532853
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Katherine Garbera
Meistens konnte Willow Stead von sich behaupten, dass sie ihren Job liebte. Sie war sehr glücklich darüber, praktisch ihr eigener Chef zu sein. Heute jedoch nicht.
Alles hatte vor ein paar Monaten begonnen, als irgendein Network-Boss seine Beziehungen spielen ließ und den zweitbeliebtesten Fernsehmoderator Amerikas für Willows Show verpflichtete. Eigentlich eine tolle Sache, sollte man meinen.
Allerdings nicht, wenn es sich bei diesem Mann um Jack Crown handelte.
Zugegeben, er sah gut aus und war charmant. Doch hinter dem Zahnpasta-Lächeln verbarg sich ein Schurke. Während ein solcher Charakter im Fernsehen oder in einem Liebesroman noch geläutert werden konnte, war das in der Realität nicht möglich. Willow wusste es aus erster Hand, schließlich hatte ihr genau dieser Mann das Herz gebrochen, als sie sechzehn Jahre alt war.
„Einen Drink, Willow, mehr schlage ich doch gar nicht vor.“ Jack zeigte ihr sein sexy Lächeln, das keinen Zweifel daran ließ, wieso er es die letzten vier Jahre in Folge auf die Liste der „Sexiest Men Alive“ des Magazins People geschafft hatte.
Aber Willow war gegen diesen Mann immun … Jedenfalls versuchte sie, sich das einzureden. Doch genügte nicht einmal die Erinnerung an seine Kaltschnäuzigkeit – er hatte sie am Abend des Abschlussballs einfach sitzen lassen –, um sich davon abzuhalten, Gefühle für ihn zu entwickeln.
Sie hatte sich alle Mühe gegeben, auf Abstand zu ihm zu bleiben. Aber nachdem sie sechs Monate lang als Produzentin der in New York angesiedelten Reality-Serie Sexy & Single eng mit ihm zusammengearbeitet hatte, stand ihr jetzt der Sinn danach, seine Einladung auf einen Drink anzunehmen.
„Du hast immer noch nicht Nein gesagt“, stellte er fest. In einem verführerischen Flüsterton sprach er weiter: „Das heißt wohl, ich muss dich nur noch ein bisschen überreden. Ist es das, was du willst?“
„Ich will nur, dass du aufhörst, mich so zu behandeln, als würde ich zu deinem Harem gehören“, gab Willow zurück und bemühte sich um einen abfälligen Tonfall. „Ich bin nicht so wie die Frauen, die dir zu Füßen liegen.“
„Oh, das hat wehgetan.“ Jack drückte beide Hände auf seine Brust, dorthin, wo sich bei anderen Menschen das Herz befand.
„Wohl kaum“, meinte sie. „Aber ich nehme die Einladung an, weil wir ein paar Dinge über die Sendung besprechen müssen.“
„Ach, Willow, gib dir nicht solche Mühe, begeistert zu klingen“, konterte er. „Es gab mal Zeiten, da hat dir meine Gesellschaft Spaß gemacht.“
Demonstrativ rümpfte sie die Nase, weil es ihr nicht gefiel, an ihre Schwärmerei aus Schultagen erinnert zu werden. „Ich habe mich eben verändert.“
„Das glaube ich dir nicht. Ich sehe immer noch dein altes Ich durchschimmern. Allerdings nie, wenn du mit mir zusammen bist. Wie kommt das? Ich muss dich irgendwie verletzt haben, wenn du dich so verhältst.“
„Oh, nur weil ich dir dein öffentliches Image nicht abkaufe, muss das nicht wer weiß was bedeuten“, sagte Willow. „Von Gail habe ich genug über PR gelernt, um zu wissen, dass du im wahren Leben bestimmt nicht Amerikas Liebling bist.“
Gail Little zählte zu Willows engsten Freundinnen. Sie hatte Willow auf die Idee gebracht, den Network-Bossen ihre Serien-Idee von Sexy & Single zu verkaufen. Schon die ersten Episoden von Sexy & Single wurden auf Anhieb ein Quotenrenner. Sie zeigten, wie Gail vor laufender Kamera ihre Erfahrungen mit einer Partnerschaftsvermittlung machte. Ihre Treffen mit dem neuseeländischen Milliardär und Playboy Russell Holloway hatten die Zuschauer in ihren Bann gezogen.
„Vergiss mein Image, schließlich kennst du mich“, sagte Jack. „Wie denkst du wirklich über mich?“
Das wollte er ganz sicher nicht wissen, und sie würde dieses Thema auch nicht zur Sprache bringen. „Ich kenne dich eigentlich überhaupt nicht“, sagte Willow darum diplomatisch. „Du verbringst die meiste Zeit damit, kreuz und quer durchs Land zu fliegen, um all deine anderen Sendungen zu moderieren. Hier am Set hältst du dich immer nur kurz auf. Aber das ist auch nicht weiter wichtig. Also, was ist jetzt mit den Drinks?“
Er verdrehte die Augen. „Ich spendiere dir dazu auch noch ein Abendessen, wenn du aufhörst, dich vor einer Antwort auf meine Frage zu drücken. Wir arbeiten jetzt seit einem halben Jahr zusammen, und du zeigst mir immer noch die kalte Schulter. Ich muss wohl eine andere Erinnerung an die Zeit auf der Highschool haben als du, denn ich dachte, wir wären Freunde.“
„Muss wohl so sein“, gab sie zurück. „Können wir überhaupt irgendwo essen gehen, ohne von den Heerscharen deiner Fans aufgespürt zu werden?“
„Nein, aber mein Apartment ist hier ganz in der Nähe. Was hältst du davon, wenn wir dort hingehen?“
Sie konnte es sich gerade noch verkneifen, den Kopf zu schütteln. Sie wollte sehr wohl mit ihm zu Abend essen, da sie darauf hoffte, dass er sich ernsthaft für sie interessierte. Denn dann würde sie ihn so sitzen lassen, wie er es mit ihr am Abend des Abschlussballs gemacht hatte. Dass es gehässig von ihr war, wusste sie, und es gefiel ihr eigentlich nicht, so zu sein. Aber das ließ sich nicht ändern. Immerhin hatte sie lange darauf gewartet, sich an ihm zu rächen. So wie es aussah, war dieser Zeitpunkt nun nach gerade mal vierzehn Jahren gekommen. Und da sollte noch jemand behaupten, dass sich Geduld nicht auszahlte.
„Okay, einverstanden“, sagte sie.
„Gut. Wie lange brauchst du hier noch?“, fragte er.
„Ungefähr zwanzig Minuten. Ich muss noch mit den Kameraleuten reden, da gab es gestern Abend wohl irgendein Problem. Schreib mir einfach deine Adresse auf, dann komme ich hin“, schlug sie vor.
„Du machst jetzt keinen Rückzieher, oder?“
„Ich sagte, ich komme hin.“
„Gut. Ich hatte dich auch als Mädchen in Erinnerung, das Wort hält“, sagte er auf diese natürliche, selbstbewusste Art, die ihn so attraktiv machte. Zu schade, dass ihr genau das zuwider war. Sie wollte ein paar Risse in der Fassade von Amerikas Liebling sehen.
„Jack?“
„Ja?“
„Frauen mögen es nicht, wenn man sie als Mädchen bezeichnet.“
„Wie böse von mir“, meinte er und zwinkerte ihr zu.
„Wenn du das noch mal machst, wirst du dein blaues Wunder erleben“, rief sie ihm nach, als er sich lachend zum Gehen wandte. Gegen ihren Willen wanderte ihr Blick zu seinem verlockenden Hintern.
„Na, da scheinen sich aber auf einmal zwei ganz besonders zu mögen“, sagte Nichole Reynolds, die plötzlich hinter ihr auftauchte.
„Ach, halt die Klappe“, knurrte Willow ihre beste Freundin an. Nichole Reynolds war Klatschreporterin für die landesweit erscheinende Tageszeitung America Today und schrieb ein Blog über die Geschehnisse hinter den Kulissen der Serie.
„Ich meine ja nur. Außerdem solltest du netter zu mir sein, immerhin werde ich bald Mutter.“ Nichole tätschelte ihren beachtlichen Bauch.
Vor Kurzem hatte sie Conner MacAfee geheiratet. Dem Unternehmer gehörte die im Mittelpunkt der Reality-Serie stehende Partnervermittlungsagentur. Nichole hatte mit Conner wirklich das große Los gezogen, und Willow freute sich sehr für ihre Freundin. „Ich muss nett zu dir sein, nur weil du schwanger bist?“
„Schaden würde es jedenfalls nicht. Also, hab ich das richtig verstanden? Du willst mit Jack Crown zu Abend essen? Ich dachte, du sinnst immer noch auf Rache“, sagte Nichole.
„Das tue ich auch“, gab Willow zu. „Aber es ist nur ein Abendessen. Nicht mal ich bin so unwiderstehlich, dass ein Mann mir so schnell mit Haut und Haaren verfällt.“
„Ach, Willow, er ist doch jetzt schon an dir interessiert, oder merkst du das nicht?“
„Im Augenblick ist er das, allerdings nur, weil ich ihn links liegen lasse. Ich wette mit dir, wenn ich heute Abend Interesse an ihm vortäusche, verliert die Sache für ihn ihren Reiz.“
„Die Wette nehme ich an“, erwiderte Nichole.
„Was?“
„Ich wette, er wird nicht das Interesse an dir verlieren. Was willst du einsetzen?“
„Gar nichts, weil ich keine Wette eingehe, was Jack betrifft.“
„Wieso nicht? Du bist überzeugt davon, dass er oberflächlich ist. Dann kannst du deine Wette doch gar nicht verlieren“, forderte Nichole sie gut gelaunt heraus.
Aber meinen Stolz. Was, wenn sie sich ein zweites Mal in ihn verliebte und er sie erneut sitzen ließ, überlegte Willow. Sie wollte nicht zweimal als Verliererin aus einer Begegnung mit Jack Crown hervorgehen. „Ich hab das nur so dahingesagt“, murmelte sie.
„Nein, hast du nicht. Komm schon, mein Einsatz ist ein Tag im Elizabeth Arden Red Door Spa.“
„Das ist nicht fair, du weißt, wie gern ich da hingehe.“ Willow runzelte die Stirn. „Warum bestehst du darauf?“
Nichole legte ihr einen Arm um die Schultern. „Du vertraust keinem Mann, nur weil es damals diesen einen Zwischenfall mit Jack gegeben hat. Ich möchte, dass du dieses Kapitel endlich abschließt, damit du einen Mann findest und so wie Gail und ich eine Familie gründen kannst. Wir sind sehr glücklich, und wir wollen, dass du es auch bist.“
Willow erwiderte die Umarmung und dachte darüber nach, wie recht Nichole hatte. Ja, sie wollte auch glücklich sein. „Ich möchte nur, dass er den gleichen Schmerz spürt, den er mir damals zugefügt hat.“
„Mir ist es egal, wie die Geschichte ausgeht Hauptsache ist, dass du endlich nach vorn schauen kannst.“
„Okay, die Wette gilt. Aber du wirst verlieren, und ich werde den Tag genießen“, meinte Willow grinsend.
„Ich hätte nichts dagegen. Aber ich glaube, dass Jack ernsthaft an dir interessiert ist, und dann gewinne ich. Ich werde mir den Beauty-Tag aufsparen, bis das Baby da ist.“
„Ich gönne dir deine Träume“, sagte Willow ironisch. „Zu dumm für dich, dass es Träume bleiben werden, denn ich werde mich nicht in Jack verlieben.“
„Red dir das nur immer wieder ein“, konterte Nichole im gleichen Tonfall. „Dann kann ich meinen Triumph umso mehr genießen.“
Der November in New York war von einer ganz besonderen Atmosphäre geprägt. Nicht dass es der Stadt jemals an Energie gefehlt hätte, aber der November war der Monat, in dem sich jedermann langsam auf Weihnachten einstellte.
Für Jack war es der Beginn der hektischsten Zeit des Jahres. Er musste drei Weihnachtssondersendungen moderieren, die alle live gesendet wurden, und dann war da noch der Jahresrückblick für seine Serie Extreme Careers zu erledigen. Sein Agent saß ihm schon mit dem nächsten großen Job im Nacken, und Jack wusste, dass seine Karriere in eine neue Phase eingetreten war: Er musste nicht mehr jedem Engagement hinterherlaufen, sondern die Produzenten und die Sender traten inzwischen von sich aus mit Buchungsanfragen an ihn heran.
Da er gerade so viel zu tun hatte, überraschte es ihn nicht, dass Willow ausgerechnet jetzt seine Einladung zum Essen angenommen hatte. Es passte zu ihr, sein Leben noch ein bisschen chaotischer zu machen. Aber vielleicht hatte er sie ja auch gerade deswegen eingeladen.
Er sah sich in seinem Apartment um, weil er sicherstellen wollte, dass auch jedes Detail perfekt war. Nicht dass er nervös war. Schließlich war er Jack Crown – jede Frau wollte ihn haben. Aber hier ging es um Willow. Warum er so von ihr besessen war, wusste er selbst nicht. Womöglich lag es daran, dass sie ihn so behandelte, als würde er zu ihrer Crew gehören. Da war kein verführerisches Lächeln, auch kein Versuch, sich mit ihm unter vier Augen irgendwohin zurückzuziehen.
Er sollte sich davon nicht irritieren lassen, aber es war trotzdem so.
Von der Zeit an der Highschool wusste er nur noch, dass sie ihm Nachhilfeunterricht gegeben hatte, damit er die Prüfungen bestand und weiter Football spielen konnte, aber das war auch schon alles …
Damals war in seinem Leben nur Football wichtig gewesen. Er war in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, und der Sport hatte für ihn die Fahrkarte raus aus der Armut bedeutet. Er war so gut gewesen, dass er sogar von den New York Giants unter Vertrag genommen worden war. Alles sah nach einer großartigen Karriere aus, bis ein Foul diesen Traum beendete. Schnell war ihm klar geworden, dass er sich umgehend ein neues Betätigungsfeld suchen musste. Glücklicherweise wusste er sich vor der Kamera zu bewegen. Er bekam schon bald die Gelegenheit, sein neues Talent bei einem Fernsehsender unter Beweis zu stellen.
Ein lautes Summen ertönte, und er eilte zur Tür. Sein umgebautes Loft verfügte über ein hochmodernes Sicherheitssystem. Er tippte auf eine Taste, dann sah er auf einem kleinen Monitor, wie Willow vor seiner Haustür stand. Nachdem er den Türöffner betätigt hatte, sah er sich ein weiteres Mal um. Es musste alles makellos sein, denn mehr als diese eine Chance würde er nicht bekommen.
Es wurde an die Wohnungstür geklopft, und er musste lächeln, als er zur Tür ging. Sein Plan war, ihr Herz im Sturm zu erobern. Wenn sie sein Apartment wieder verließ, was vorzugsweise erst nach dem Frühstück der Fall sein würde, dann sollte sie sich danach verzehren, ihn wiederzusehen.
Willow besaß eine natürliche Sinnlichkeit, die bei ihm bewirkte, dass er sie auf einer sexuellen Ebene mit jeder Begegnung immer bewusster wahrnahm. Anfangs hatte er nur die einstige Freundschaft wiederaufleben lassen wollen, aber als sie ihn beharrlich ignorierte, war etwas Urtümliches in ihm erwacht. Eine Affäre mit Willow würde sich ganz sicher auf ihre berufliche Beziehung auswirken, doch seinem Ego war das längst egal. Er musste ihr und sich selbst beweisen, dass sie einen Fehler gemacht hatte, als sie ihn nicht beachtete.
Er öffnete die Tür und … sah in Willows finster dreinblickendes Gesicht. Sie wirkte so müde und abgekämpft, wie er sie bislang weder auf dem Set noch im Schneideraum jemals gesehen hatte. Wenn sie sich bewegte, strahlte sie normalerweise diese ungeheure Energie aus, von der heute Abend jedoch nichts zu entdecken war.
Das war nicht gerade die Stimmung, die er für seinen Plan gebrauchen konnte. Aber er war mit einer alleinerziehenden Mom groß geworden, und so hatte er schon früh gelernt, wie man einen anderen Menschen aufmuntern konnte. Also griff er zu seinen bewährten Mitteln.
Er zog Willow an sich, umarmte sie und rieb ihr über den Rücken, doch sie machte sich rasch wieder von ihm los. „Was soll denn das?“
„Na ja, du siehst aus wie jemand, der eine Umarmung gebrauchen könnte“, sagte er, machte einen Schritt zurück und ließ sie eintreten. Dieses Apartment war nicht so übermäßig luxuriös wie die Wohnung, in der man ihn vor ein paar Monaten für den Architectural Digest fotografiert hatte. Dort hätte er sich niemals wohlfühlen können, was vermutlich damit zusammenhing, dass er aus einer texanischen Kleinstadt stammte und sich in zu viel Luxus fehl am Platz vorkam.
Sein Loft war ein lang gestreckter, offener Raum, an einem Ende lag die Küche, am anderen eine Entertainment-Ecke, die kaum einen Wunsch offen ließ. Dazwischen befanden sich eine bequeme Sitzgruppe und ein großer Esstisch.
„Ich könnte was zu trinken gebrauchen“, sagte Willow.
„Wein, Bier oder etwas Stärkeres?“ Er verfügte über eine gut sortierte Bar, obwohl er selbst nicht viel für Alkohol übrig hatte. Er mochte es nicht, die Kontrolle über sich zu verlieren, was er gelernt hatte, als er nach seiner Knieverletzung ohne Aussicht auf einen anderen Job ein paar Mal zu oft zur Flasche gegriffen hatte.
„Was für einen Wein hast du denn da?“, fragte Willow.
„So ziemlich jede Sorte. Ich werbe für ein Weingut, und sie schicken mir in regelmäßigen Abständen ein paar Kisten mit allen Sorten, die sie im Angebot haben.“
„Stimmt, du bist eine gefragte Werbefigur. Ich hätte gern einen trockenen Weißwein.“
„Kommt sofort. Das Essen wird in gut zehn Minuten fertig sein. Willst du rausgehen auf den Balkon?“, erkundigte er sich.
„Es ist kalt draußen.“
„Ich habe diese Heizpilze. Dir wird nicht kalt werden.“
Sie nickte und drehte sich von ihm weg. Er beobachtete, wie sie sein Apartment durchquerte. Sie wirkte nervös und schien nicht in der Stimmung zu sein, den Abend mit ihm zu genießen. Ein anderer Mann hätte in diesem Moment wohl schon aufgegeben, aber er war daran gewöhnt, sich widrigen Umständen zu stellen und am Ende als Sieger dazustehen. Immerhin hatte man ihm nach dem jähen Ende seiner Football-Karriere prophezeit, er müsse nun nach Frisco, Texas, zurückkehren. Aber so weit war es nicht gekommen.
Er ging in die Küche, schenkte zwei Gläser Weißwein ein und folgte Willow hinaus auf den Balkon. Dank der Glaswände rund um den Patiobereich war es dort ruhig, und die Heizpilze sorgten für angenehme Wärme.
„Danke“, sagte sie. „Tut mir leid, dass ich heute so schnippisch war.“
„Kein Problem“, erwiderte er und hob sein Glas. „Auf einen Neuanfang.“
„Auf einen Neuanfang“, wiederholte sie. „Bezieht sich das auf heute Abend oder auf die Zeit, seit wir uns kennen?“
Etwas an der Art, wie sie das sagte, ließ ihn erkennen, dass der Schlüssel für das schwierige Verhältnis zwischen ihnen in der Vergangenheit zu finden war. „Es bezieht sich auf alles. Ich weiß, ich habe mich verändert, seit ich Frisco verlassen habe, und ich bin mir sicher, dass es dir genauso ergangen ist.“
„Ach, so sehr habe ich mich nicht verändert.“ Sie trank einen Schluck. „Ich begeistere mich immer noch für Football, und ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich sonntags nicht zur Kirche gehe. Allerdings kann man die Baptistenkirche bei mir in der Nähe auch in keiner Weise mit Prestonwood vergleichen.“
Er lachte amüsiert. Kein Bundesstaat verstand sich so auf Religion wie Texas. „Ich komme durch meine Arbeit auch kaum noch in die Kirche.“
„Du bist ein Sünder, ein ganz ungezogener Junge“, tadelte Willow ihn mit einem breiten Grinsen.
„War ich das nicht schon immer?“
„Das kann man wohl sagen. Dann erzähl mal was über den neuen Jack Crown. Was kenne ich an dir noch nicht?“
Er setzte an, verstummte aber gleich wieder. Irgendwie erschien es ihm unpassend, ihr von seinen Fernsehshows und seinem Lebensstil zu erzählen, wenn er doch eigentlich mehr über sie wissen wollte. „Ach, das ist nicht so interessant. Lass lieber hören, was du so alles gemacht hast. Ich kann mich erinnern, dass du auf der Highschool Autorin werden wolltest.“
Er bemerkte den überraschten Ausdruck in ihren Augen, bevor sie es schnell überspielte. Sie drehte sich zur Seite, trank noch einen Schluck und räusperte sich. „Das ist richtig, das wollte ich damals. Aber dann habe ich festgestellt, dass ich besser darin bin, anderen Leuten zu sagen, was sie tun und lassen sollen.“
Er grinste, was sie mit ihrer Bemerkung wohl auch hatte erreichen wollen. Aber er war ein ehemaliger Spitzensportler, dem man die Fähigkeit genommen hatte, seinen Sport auszuüben. Daher wusste er, wie schwer es sein konnte, sich von seinen Träumen loszusagen, vor allem von jenen, die man schon so lange geträumt hatte. „Ich bin froh, dass es dir offenbar nicht schwergefallen ist, auf deinen Traum zu verzichten. Ich fand es nicht so einfach.“
„Du meinst, nach deiner Verletzung beim Football? Ich habe damals das Spiel gesehen, und trotz allem tat es mir sehr leid, was da passiert war.“
„Trotz allem? Wie soll ich das verstehen?“, hakte er nach.
„Ich will damit nur sagen, dass ich kein Fan der Giants war.“
Erneut hatte er das Gefühl, dass sie nicht mit der ganzen Wahrheit herausrückte. Aber es war das erste Mal, dass sie sich privat trafen, und da war ein solches Verhalten wohl völlig normal. Mit der Zeit würde er schon herausfinden, was sie verheimlichte.
Der Timer auf seinem iPod begann zu piepen, und Jack stand auf. „Das Essen ist fertig.“
„Ich will mir nur noch schnell die Hände waschen“, sagte Willow. „Wo finde ich das Badezimmer?“
„Links von der Videowand. Nach dem Essen zeige ich dir den Rest der Wohnung.“
Sie zog eine Augenbraue hoch. „Was soll es denn da noch zu zeigen geben, ausgenommen dein Schlafzimmer? Ich kann von hier aus dein ganzes Apartment überblicken.“
„Mein Schlafzimmer“, gab er zurück, „werde ich dir erst zeigen, wenn du mich darum bittest.“
„Oh, da wirst du lange warten müssen.“
„Beim Abendessen kannst du mir ja erzählen, warum du so gereizt bist.“
„Du findest also, ich bin gereizt. Nur weil ich nicht vor Begeisterung in Ohnmacht falle, wenn ich höre, dass ich mir dein Schlafzimmer ansehen kann?“
„So in etwa. Aber es kommt mir auch so vor, als wärst du wütend auf mich, und ich habe keine Ahnung warum.“
„Oh, ich …“
„Nicht jetzt. Geh dir die Hände waschen, und beim Essen kannst du mir dann alles erzählen. Ich bin gut darin, Dinge wiedergutzumachen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Keine Chance.“
Als er hinter ihr hersah, war er wieder so verwirrt wie beim ersten Mal. Er wollte sie, und deshalb hatte er sich auch so darum bemüht, sich mit ihr zu verabreden. Aber nun war sie in seiner Wohnung, und ihm wurde klar, dass sie unglaublich viel verschwieg, was ihr Leben betraf – was ihn nur umso mehr faszinierte.
Er wollte die echte Willow mit all ihren Facetten kennenlernen. Es ging nicht einfach nur darum, sie zu verführen und ins Bett zu kriegen. Doch beides erschien ihm mit einem Mal viel schwieriger, als er bislang geglaubt hatte.
Es gab eindeutig etwas, womit er sie in ihrer gemeinsamen Vergangenheit über alle Maßen verärgert hatte. Allerdings hatte er nicht die geringste Ahnung, was das gewesen sein sollte, zumal er inzwischen nur noch selten über alte Zeiten nachdachte.
Er holte das von seiner Haushälterin vorbereitete Essen aus dem Backofen und deckte den Tisch für zwei Personen. Willow war noch nicht aus dem Badezimmer zurückgekehrt, und er fragte sich, was wohl mit ihr los war. Gerade als er im Begriff war, zum Bad zu gehen und anzuklopfen, ging die Tür auf, Willow kam heraus und präsentierte ein strahlendes Lächeln, das eindeutig nur aufgesetzt war. „Das duftet aber gut. Ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst.“
„Kann ich auch nicht“, sagte er.
„Ach, schon wieder eine Illusion zerstört.“
„Ich habe nie behauptet, dass ich kochen kann.“
„Ich weiß“, entgegnete sie. „Bei dir hat man bloß immer den Eindruck, dass du alles kannst, mit all deinen Fernsehsendungen und deinem lockeren Charme. Dein Leben scheint es gut mit dir zu meinen.“
„Das tut es auch, aber das heißt nicht, dass es locker und lässig ist. Ich muss mich genauso durchbeißen wie jeder andere.“ Er rückte ihr den Stuhl zurecht, damit sie sich setzen konnte.
„Ich dachte, Jack Crown wäre nicht so wie jeder andere.“
„Ich hatte gehofft, dass du zu dieser Einsicht gelangst. Ich bin tatsächlich nicht so wie jeder andere Mann, den du kennst.“ Er setzte sich ihr gegenüber. „Obwohl ich glaube, dass du es gerade nicht als Kompliment gemeint hast. Also, was habe ich dir getan, dass du so wütend auf mich bist?“
Willow schluckte und sah ihn mit ihren großen dunkelbraunen Augen an. „Gar nichts. Aber ich habe mir in der Vergangenheit zu oft die Finger an Männern verbrannt, die zu toll waren, um wahr zu sein.“
„Lern mich besser kennen, dann wirst du sehen, dass ich exakt dem entspreche, was du siehst.“
„Der Schuss könnte nach hinten losgehen“, sagte sie. „Ich habe nämlich keinen guten Eindruck von dir.“
„Dann lass mich daran arbeiten“, gab er zurück. Er hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass sie ihm nichts Gutes zutraute, und wenn Willow eines war, dann ehrlich und direkt. „Wie würdest du mich beschreiben?“
„Viel charmanter, als es für dich gut ist“, antwortete sie ohne Umschweife.
„Charmant ist doch ein guter Start“, sagte er mit einem Schulterzucken.
„Nicht bloß charmant“, stellte sie klar. „Sondern zu charmant.“
Willow hatte Jack eigentlich nicht verraten wollen, wie sie über ihn dachte, aber sie konnte einfach nicht anders. Natürlich wollte sie sich an ihm rächen, aber er sollte auch wissen, was sie wirklich empfand. Er sollte einen Eindruck davon bekommen, wie tief ihr Misstrauen ihm gegenüber war. Fast hätte sie ihm gesagt, sie könne ihn nicht leiden, doch das wäre gelogen gewesen.
„Zu charmant“, wiederholte er. „Hm, das kann alles Mögliche bedeuten. Findest du mich unwiderstehlich?“
„Absolut nicht. Es gibt Augenblicke, da denke ich, ich könnte dich sympathisch finden, aber dann kommt gleich wieder dein Ego zum Vorschein.“
„Tja, es ist nun mal schwer, bescheiden zu sein, wenn so viel für einen spricht.“
Willow brauchte ein paar Sekunden, ehe sie begriff, dass er sie nur aufzog. Doch sie wollte nicht, dass er ihr sympathisch war. Es war vertretbar, hin und wieder etwas Menschliches bei ihm aufblitzen zu sehen, aber sie wollte nicht herausfinden, dass sich hinter dem strahlenden Lächeln und den perfekt gestylten Haaren ein echter Mann aus Fleisch und Blut befand.
„Ja, es spricht einfach alles für dich“, gab sie genauso ironisch zurück. „Ich weiß, du nimmst mich gerade auf den Arm, aber auf einen Außenstehenden wirkt es so, als würdest du ein wunschlos glückliches Leben führen. Warum solltest du dich ernsthaft für mich interessieren?“, fragte sie geradeheraus, weil sie es plötzlich hier und jetzt wissen wollte. Er konnte jede Frau haben, aber wieso wollte er sie?
„Vielleicht, weil du eine Herausforderung darstellst.“
Sie hatte diese Antwort erwartet, dennoch war sie enttäuscht. „Dann ist das für dich also nur ein Spiel?“
„Nein, damit hat es nichts zu tun. Aber das Leben ist zu kurz, um sich die Dinge entgehen zu lassen, die man haben will. Ich mag dich, ich mag deine Art, wie du mit den Kandidaten, deinen Freundinnen und deiner Filmcrew umgehst. Ich möchte ein Teil davon sein.“
„Das ist doch nur meine Arbeitsweise“, wehrte sie ab.
„Es ist mehr als das. Ich habe gesehen, wie du Fiona McCaws Tochter Bella Ann gehalten hast, als sie jemanden brauchte, der auf die Kleine aufpasst. Dein Gesichtsausdruck …“
„Was war mit meinem Gesichtsausdruck?“, wollte Willow wissen, während ihre Gedanken um Fiona kreisten, eine Modedesignerin, die sie in der Sendung mit dem Spieleentwickler Alex Cannon verkuppelt hatte. Die beiden waren inzwischen glücklich verlobt.
Jack zuckte mit den Schultern. „Deine Miene hat mich auf die Idee gebracht, dass ich dich gern besser kennenlernen würde.“
„Hast du etwa vor, sesshaft zu werden, und dich entschlossen, es mit mir zu tun?“, fragte sie. Wenn jetzt ein Ja von ihm käme, hätte sie die richtige Antwort für ihn parat, um ihn in die Knie zu zwingen. Andererseits … Vielleicht war er ja nicht mehr der Junge, den sie auf der Highschool gekannt hatte. Vielleicht war er gar nicht mehr der Typ Mensch, an dem sie sich rächen wollte …
„Nein“, sagte er. „Ich möchte dich nur besser kennenlernen. Ich möchte einfach mal so sein wie jeder andere Mann in Amerika, der eine attraktive Kollegin zum Abendessen einlädt.“
„Du wirst nie so sein wie jeder andere Mann in Amerika, das müsste dir doch klar sein, nicht wahr?“ Wie konnte er bei dem Leben, das er führte, ernsthaft daran glauben, er könnte so sein wie jeder andere? Als Sportler war er mit Ehrungen und Auszeichnungen überhäuft worden, ehe das Foul ihn kurz aus der Bahn warf, aber dann hatte er als Moderator der beliebtesten Fernsehserien Karriere gemacht. Er konnte kein ganz normaler Durchschnittsmann sein, auch wenn er sich noch so sehr bemühte.
„Ja, das ist mir klar. Aber wenn ich in deiner Nähe bin, habe ich das Gefühl, dass es doch möglich ist. Dich interessiert der ganze Promi-Kram nicht, das ist für dich alles völlig bedeutungslos“, sagte er.
„Das stimmt, weil ich bereits hinter die Fassaden so einiger Promis schauen konnte.“
„Genauso wie ich. Und deswegen passen wir so gut zusammen“, meinte er lächelnd und zog eine Augenbraue hoch.
„Ich weiß nicht.“ Das war natürlich eine glatte Lüge. Wenn sie ihre Karten richtig ausspielte, konnte sie ihn glauben lassen, dass er bei ihr tatsächlich Chancen hatte. Und dann würde sie ihm den Laufpass geben.
„Komm schon, wie viele Leute kennst du in dieser Branche, die so wie du aus Frisco stammen?“, hakte er nach und setzte jenes schiefe Lächeln auf, das sie viel zu deutlich an den Jungen erinnerte, der ihr einst das Herz gebrochen hatte.
Sie legte ihre Gabel auf den Teller und trank einen Schluck Wein. Rache, dachte sie angestrengt. Sie musste sich vor Augen halten, was sie wirklich vorhatte, sonst würde sie am Ende doch noch ein zweites Mal auf ihn hereinfallen.
„Ich bitte dich nur um eine Chance“, murmelte er und griff nach ihrer Hand.
Eine Chance wofür?
Er wollte eine normale Beziehung mit einer Frau führen, aber wegen seiner Popularität war es nie möglich gewesen.
Sie selbst wollte für sich nur ein wenig Glück finden. Doch sie musste die Sache mit Jack klären, um Frieden mit ihrer Vergangenheit schließen und wieder einem Mann vertrauen zu können. Der Haken an der Sache war nur, dass sie sich Jack gegenüber einfach nicht so kühl und berechnend verhalten konnte, wie sie es geplant hatte. Der Wunsch, sich an ihm zu rächen, reichte offenbar nicht aus, um sich vor seiner Wirkung zu schützen.
„Eine Chance willst du also? Und dich mit mir privat treffen?“, fragte sie, während sie gegen ihren Willen spürte, wie ihr ursprünglicher Plan, Jack letztlich sitzen zu lassen, allmählich in Vergessenheit geriet.
„Ja, richtig. Ich möchte mit dir ausgehen. Es wird nicht einfach werden, weil ich dauernd zwischen Ost- und Westküste hin und her pendele, aber ich möchte dich besser kennenlernen … Um dir zu beweisen, dass ich nicht nur ein Märchenprinz bin.“
„So habe ich dich nie genannt“, betonte Willow.
„Aber alle anderen machen das.“ Wieder zeigte er ihr dieses dumme, arrogante Grinsen. „Außerdem hast du ja selbst gesagt, dass ich charmant bin.“
Auf einmal wurde ihr bewusst, dass es gar nicht so schwer sein würde, ihm wehzutun, wenn er sich weiterhin so idiotisch aufführte. War das der wahre Jack Crown? Sie wusste es nicht und würde es auch nie erfahren, wenn sie nicht diesen Versuch mit ihm wagte.
„Also gut, ich gehe mit dir aus“, erklärte sie. Doch als sie dann in seine fast schon zu blauen Augen sah, warnte eine innere Stimme sie davor, dass das Ganze womöglich keine gute Idee war. Sie kannte Jack und wusste, wie leicht man seinem Charme erliegen konnte. Außerdem musste sie bedenken, dass ihre Arbeit nicht leiden durfte. Wenn sie Jack an der Nase herumführen und ihn dann abservieren wollte, musste sie den richtigen Zeitpunkt sehr genau planen.
„Lieber Himmel, Willow, sei bloß nicht zu begeistert“, sagte Jack, wieder mit diesem ironischen Unterton.
„Tut mir leid. Ja, ich würde gern mit dir ausgehen, wenn es die Zeit erlaubt.“
„Mehr will ich ja gar nicht.“ Er strich mit dem Zeigefinger über ihre Handfläche.
Doch sie wusste, dass er mehr wollte. Und wenn sie auch nur einen Moment nicht aufpasste, würde er bekommen, was er wollte, und ihr zum zweiten Mal das Herz brechen.
Jack hatte das Gefühl, Willow etwas vorzuspielen. Das musste sofort aufhören, weil er sonst jeden Gedanken an eine ernsthafte Beziehung mit ihr vergessen konnte. Sein Problem war allerdings, dass er schon seit einer Weile nicht mehr so recht wusste, wer er eigentlich war. Wie sollte er sich ändern, wenn er keine Ahnung hatte, wo er ansetzen musste?
Willow war der Schlüssel, das wusste er, seit er sie am Set von Sexy & Single zum ersten Mal seit langer Zeit wiedergesehen hatte. Sie war die Frau, die ihn ernsthaft interessierte. Mit ihr wollte er sich wieder lebendig fühlen, denn er hatte genug davon, ständig zu arbeiten und für seine Serie Extreme Careers irgendwelche verrückten Risiken einzugehen, um sich daran zu erinnern, dass er noch lebte.
Nach dem Essen räumten sie gemeinsam den Tisch ab. Jack gefiel Willows Gesellschaft in der Küche, es erinnerte ihn an die glücklicheren Tage seiner Jugend. Keine Frau, die er im letzten Jahr in sein Apartment eingeladen hatte, war auf die Idee gekommen, ihm dabei zu helfen, das benutzte Geschirr wegzubringen.
Und noch etwas unterschied Willow von anderen Frauen: Während des Essens hatte sie nicht ein einziges Mal auf ihr Handy geschaut. Sie mochte lange gebraucht haben, um seine Einladung anzunehmen, aber dann war sie auch nur für ihn da. Die Welt da draußen schien ihr gerade völlig egal zu sein.
„Warum siehst du mich so an?“, fragte sie plötzlich, nachdem sie alles auf dem Tresen in der Küche abgestellt hatten.
Er hatte das Gefühl, in ihrer Gegenwart ständig vorsichtig sein zu müssen. Denn Willow konnte sich offenbar nicht entspannen und den Abend richtig genießen. Sie machte auf ihn den Eindruck, als würde sie befürchten, dass er jeden Moment etwas Schreckliches tat – auch wenn er keine Ahnung hatte, was das sein sollte.
„Ich überlege nur, wieso du dich so erschreckt hast, als ich dich umarmt habe“, antwortete er.
Sie zuckte mit den Schultern. „Na, halt … einfach so. Du musst jetzt nicht nach einem tieferen Sinn suchen.“
„Bei dir kann man immer nach einem tieferen Sinn suchen. Hinter deiner Maske aus Ruhe und Gelassenheit verbirgst du eine ganze Menge. Was bei dir unter der Oberfläche los ist, blitzt nur hin und wieder mal durch.“
„Das liegt daran, dass in unserer Branche nur die Diven einen Wutanfall bekommen dürfen, ohne dass sie gefeuert werden.“ Sie zog vielsagend eine Braue hoch.
„Willst du damit etwa sagen, dass ich eine Diva bin?“
„Das will ich nicht nur, das tue ich auch. Ich bin nicht die Einzige, die letzte Woche gehört hat, wie du die arme Kat zur Schnecke gemacht hast, bloß weil kein Korb mit exotischen Früchten in deiner Garderobe stand.“
Er spürte, wie er fast rot anlief, als sie ihm den Zwischenfall vorhielt. „Ich litt noch unter dem Jetlag, außerdem habe ich mich später entschuldigt.“ Kleinlaut fügte er hinzu: „An manchen Tagen fällt es mir eben schwerer.“
„Was fällt dir schwerer? Dass du Amerikas zweitbeliebtester Fernsehmoderator bist?“
„Jetzt bist du wieder schnippisch. Aber die Leute von meinem Management und die Studiobosse sehen sich jeden Tag die Quoten ganz genau an. Es ist ein gewaltiger Druck, immer oben an der Spitze zu stehen“, versuchte er zu erklären. „Und sobald ich vor die Tür gehe, will irgendwer ein Autogramm von mir haben oder mit mir über meinen jüngsten Auftritt reden. Versteh das nicht falsch, ich will mich nicht beschweren, denn ohne diese Leute wäre ich nur ein ehemaliger Football-Spieler. Aber trotzdem fällt es mir an manchen Tagen nicht ganz so leicht, mich all diesen Dingen zu stellen.“
Willow legte den Kopf schräg und musterte ihn. „Ich weiß. Darum sind ja so viele aus unserer Branche so völlig abgehoben. Ich wette, du hast nie erwartet, mit solchen Problemen konfrontiert zu werden.“
„Da hast du völlig recht. Ich dachte, ich spiele Football, bis ich dreißig bin, dann ziehe ich mich mit meiner Vorzeige-Ehefrau auf meine riesige Ranch in Texas Hill Country zurück und bringe meinen Jungs das Spiel bei.“ Er lachte zynisch. „Das hier hatte ich nie vorgehabt.“
„Vorzeige-Ehefrau? Und warum willst du dann mit mir ausgehen?“ Willow warf ihm den gleichen Blick zu, den ihr Kameramann erntete, wenn er eine Szene nicht so einfing, wie sie es wollte.
„Das habe ich mir damals so vorgestellt. Die Dinge haben sich geändert. Ich bin jetzt über dreißig.“ Allerdings kam ihm Willow durchaus wie eine Vorzeige-Ehefrau vor, denn sie war verdammt sexy und erfolgreich, und sie wusste, wie sie bekam, was sie wollte.
„Da hast du allerdings recht, alter Mann.“
Es gefiel ihm, wenn sie ihn aufzog. Dann fühlte es sich an, als wäre sie ausnahmsweise mal ganz locker.
„So alt bin ich nun auch wieder nicht.“
„Stimmt, aber du wirst auf jeden Fall immer älter als ich sein“, sagte sie lächelnd. Ihr Handy meldete den Eingang einer SMS, und sie zog es aus der Hosentasche. „Da muss ich jetzt mal nachsehen, das könnte nämlich wichtig sein.“
„Mach ruhig. Kann ich dir noch einen Kaffee anbieten? Oder einen Drink?“
„Kaffee wäre schön“, entgegnete Willow.
„Geh ruhig ins Wohnzimmer, ich komme gleich nach.“
Sie nickte gedankenverloren und las die empfangene Nachricht. Dabei fiel Jack auf, dass sie die Stirn in Falten zog und sich auf die Unterlippe biss.
Als er wenig später mit zwei Tassen Kaffee ins Wohnzimmer kam, saß Willow auf dem Ledersofa und tippte eine Antwort ein. Der Duft ihres Parfüms lag in der Luft und erinnerte ihn an den Frühling. Er setzte sich zu ihr und legte einen Arm auf die Rückenlehne, dabei berührte seine Hand ihre langen Haare. Am liebsten hätte er seine Finger in ihrem Haar vergraben, aber er wollte sie nicht stören, also saß er einfach nur da und beobachtete sie.
Seufzend legte sie das Handy auf den Tisch. „Deidre bekommt kalte Füße. Sie findet, dass Peter nicht der Richtige für sie ist, und bittet um einen neuen Partnervorschlag.“
„Kann sie das machen?“
„Soweit ich weiß, ja. Ich habe Mona eine Nachricht geschickt, damit sie sich darum kümmert“, sagte Willow.
Mona war die Ansprechpartnerin bei Matchmakers Inc., die alle Paare für die Reality-Serie aussuchte. Es wunderte Jack, dass Deidre und Peter solche Schwierigkeiten hatten, denn Mona hatte bei den drei vorangegangenen Paaren immer den richtigen Riecher bewiesen.
Deidre Adamson war die beliebte Autorin einer Ratgeberkolumne, die dadurch berühmt geworden war, dass sie den Gästen in ihrer Talkshow ohne Rücksicht auf Verluste die Meinung sagte. Jack mochte ihre ungeschminkte, direkte Art. Für Deidre war der allseits bekannte Peter Mullen ausgesucht worden, ein wilder und manchmal unmöglicher Kerl.
„Peter muss irgendwas falsch gemacht haben“, sagte Jack. „Ich hatte mich auf dem Set schon mit ihm unterhalten. Soll ich versuchen, das Problem aus der Welt zu schaffen?“
Willow sah ihn einen Moment lang sprachlos an. Das hier war ihr Problem, und sie war es gewöhnt, ihre Probleme selbst zu lösen. „Wie willst du das denn anstellen?“
„Zufällig kenne ich Deidre“, erklärte er. „In der Sendung gibt sie zwar die Frau, die nichts erschüttern kann, aber eigentlich ist sie sehr sensibel. Vielleicht hat Peter das einfach noch nicht gemerkt.“
„Wirklich?“, fragte Willow. „Ich hatte eher das Gefühl, dass Deidre andere vorzugsweise herumkommandiert. Deshalb dachte ich, Peter hat eine Aufforderung nicht befolgt und sie damit verärgert.“
„Könnte auch sein. Keiner von beiden lässt sich gern von anderen Vorschriften machen.“ Nach einer kurzen Pause fragte er: „Wenn sie einen anderen Partner bekommt, fangen wir dann wieder ganz von vorn an?“
„Ja, dann könnten wir das Material der letzten drei Wochen wegschmeißen.“ Willow seufzte. „Kennst du Deidre gut genug, um sie anzurufen und mit ihr über die Sache zu reden?“
Er nickte.
„Woher kennst du sie überhaupt? Sie bewegt sich doch gar nicht in den Hollywood-Kreisen, mit denen du zu tun hast.“
„Nach meinem Unfall war sie meine Therapeutin. Sie war diejenige, die mich bei meiner heutigen Karriere unterstützt hat.“
Willow stutzte. Sie hatte immer gedacht, Jack sei alles in den Schoß gefallen, weshalb sie sogar neidisch auf ihn gewesen war. Erst jetzt wurde ihr klar, dass in seinem Leben auch nicht alles so reibungslos verlief, wie es den Anschein hatte. „Würdest du sie jetzt anrufen und mit ihr reden? Dann könnte ich Mona Bescheid geben, damit sie erst mal abwartet.“
„Kann ich machen. Aber nur, wenn du mir versprichst, mir einen Gefallen zu tun.“
„Versprochen“, sagte sie.
„Willst du nicht wissen, was für ein Gefallen es ist?“
„Nein. Für mich zählt, dass Deidre bei Peter bleibt, damit wir nicht drei Wochen lang vergeblich gefilmt haben.“
„Das heißt, ich kann dich bitten, worum ich will?“
Willow befürchtete zwar, dass sie es bereuen würde, trotzdem erwiderte sie: „Ja, ein Gefallen deiner Wahl.“
„Gut. Dann trink deinen Kaffee, während ich deine Sendung rette“, sagte er und ging die Treppe hinauf zur Empore.
Nach einer Weile stand sie auf und schlenderte umher. Dabei fiel ihr auf, dass Jack nicht – wie sie insgeheim vermutet hatte – überall Fotos von sich selbst aufgehängt hatte. Vielmehr zierte ein Gemälde des texanischen Malers Charles Beckendorf eine der großen Wandflächen. Erst nach einigem Suchen entdeckte sie ein Foto, das sie aus dem Jahrbuch ihrer Highschool kannte: Es zeigte das Football-Team nach dem Gewinn der Meisterschaft. Nach Jack musste sie nicht lange suchen. Er strahlte auf dem Foto mehr als jeder andere mit der Sonne um die Wette.
„So glücklich wie in dem Moment war ich nie zuvor gewesen“, sagte Jack, der plötzlich hinter ihr aufgetaucht war. Er griff um sie herum und tippte auf die Trophäe auf dem Bild. „Damals dachte ich, dass ich genau wüsste, wie mein Leben aussehen wird.“
Willow sah ihn über die Schulter an. Der wehmütige Unterton in seiner Stimme ließ sie erkennen, dass sein Leben schon zu jener Zeit nicht so perfekt gewesen war, wie sie immer geglaubt hatte. „Was hat Deidre gesagt?“, wollte sie wissen. Wenn eine Situation für ihren Geschmack zu unbehaglich wurde, wechselte sie gern das Thema und sprach über die Arbeit. Zum Glück war das hier Jack, da gab es genügend berufliche Themen, über die sie reden konnten.
Er rieb sich den Nacken, dann lächelte er sie an. „Deidre will Peter noch eine Chance geben. Aber ich glaube, einer von uns muss mit Peter reden und ihm klarmachen, dass er es etwas langsamer angehen soll. Er ist einfach zu stürmisch für Deidre.“
„Aber das liefert mir gutes Material für meine Sendung“, wandte Willow ein.
„Du willst doch nicht, dass er sie vergrault, oder?“
„Nein, natürlich nicht.“ Sie seufzte frustriert. „Alles wäre viel einfacher, wenn wir ihnen ein Drehbuch geben könnten, nach dem sie vorgehen sollen. Aber dann würde die Sendung den Zuschauern nicht halb so gut gefallen.“
„Stimmt. Und überleg nur mal … Der Moment, als Alex Cannon zum ersten Mal Bella Ann im Arm hielt … Das hättest du niemals so planen können. Es war spontan und ging zu Herzen.“
„Ja, du hast recht“, stimmte sie Jack zu. „Außerdem hat es bei Gail und Russell geklappt, bei Alex und Fiona und bei Rikki und Paul. Da werden sich Deidre und Peter wohl auch zusammenreißen können. Er muss doch irgendetwas an sich haben, was sie will.“
„Ja, wir müssen bloß herauskriegen, was.“
Willow sah auf die Uhr. Fast neun. Sie sollte bald gehen. Zuvor schrieb sie aber noch rasch eine SMS an Mona, damit die für den Augenblick nichts unternahm. „So, ich sollte mich jetzt wohl besser auf den Heimweg machen.“
„Bevor du gehst …“, begann Jack.
Oh verdammt! Sie hätte wissen müssen, dass er sie nicht so leicht davonkommen ließ. „Ja?“
„Du schuldest mir noch einen Gefallen. Schon vergessen?“
Natürlich hatte sie es nicht vergessen. Sie hatte ihm praktisch einen Blankoscheck in die Hand gedrückt … Doch noch während sie über diese unbedachte Entscheidung nachdachte, stellte sie fest, dass es vielleicht ganz gut war, ihm etwas zu schulden. Dadurch hatte sie einen Vorwand, um sich wieder mit ihm zu treffen.
„Und was für ein Gefallen soll das sein?“
„Ein Kuss.“
Ein Kuss.
Nein, eine Überraschung war das nicht. Aber da sie Jack ja nur einen Gefallen damit tat, musste sie kein schlechtes Gewissen haben. Natürlich wäre es eine glatte Lüge zu behaupten, dass sie sich noch nie vorgestellt hatte, wie es wäre, von ihm geküsst zu werden.
„Na gut“, sagte sie und versuchte, hochnäsig zu klingen. Stattdessen schnappte ihre Stimme vor Aufregung etwas über, was Jack ein Lachen entlockte. Es war ein freundliches Lachen … mit einem nervöser Unterton, der ihr zum ersten Mal an diesem Abend das Gefühl gab, eine Seite von dem Mann zu sehen, der er in Wirklichkeit war. Jetzt wurde ihr auch klar, was er ihr vorhin erklären wollte … Dass er allem Ruhm zum Trotz immer noch ein ganz normaler Mann war.
„Ganz sicher? Ich will nämlich keine Wiederholung von vorhin, als ich dich umarmen wollte.“
Willow nickte, da sie ihrer Stimme nicht traute. Sie wollte ihn küssen, allein schon um endlich das nachzuholen, was ihr auf der Highschool entgangen war. Als Jack sich vorbeugte, legte sie den Kopf in den Nacken. Sie bemerkte dabei zum ersten Mal, wie viel größer er war. Sie schloss die Augen, als er seine Hände um ihre Schultern legte und sie an sich zog. Zwar berührten sich ihre Körper nicht, aber sie konnte die Wärme spüren, die Jack ausstrahlte.
Sein Atem strich leicht über ihre Haut, und als seine Lippen ihre berührten, spürte sie ein Kribbeln im Nacken, das sich auf ihren ganzen Körper übertrug. Es war ein sanfter, aber kein zögerlicher Kuss. Offenbar gab sich Jack alle Mühe, nicht zu stürmisch zu sein, um ihr keine Angst zu machen.
Er schmeckte einfach wunderbar, und im Gegensatz zu anderen Männern, die sie geküsst hatte, hatte sie bei Jack nicht den Wunsch, sich gleich wieder von ihm zu lösen. Stattdessen genoss sie es, ihn zu fühlen, ihn zu schmecken, die Berührung seiner Hände auf ihren Schultern … Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie spürte, wie ihr Verlangen erwachte.
Auf einmal gab es nur noch Jack für sie, nichts sonst. Ihr wurde plötzlich ganz schwindlig, und sie musste sich abstützen – an seiner Brust, die sich durch den Hemdstoff muskulös und warm anfühlte.
Sie spürte seine Hände auf ihren Hüften, dann zog er sie an sich, bis sie beide eng aneinandergeschmiegt dastanden. Es sollte nicht so sein, dachte Willow, wir sollten nicht so zusammenpassen, als ob wir füreinander geschaffen wären, um uns gegenseitig zu halten.
Dann setzte sein Kuss ihre Sinne noch mehr in Flammen … bis er den Kopf hob und leise seufzte. Sie öffnete die Augen. In seiner Miene las sie Begierde, aber da war auch noch etwas anderes. Doch schon umfasste er ihr Gesicht, flüsterte ihren Namen und küsste sie erneut, diesmal ganz ohne Zurückhaltung. Willow versuchte, klar zu denken, aber ihre Leidenschaft überwältigte sie förmlich, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um seinen Kuss zu erwidern. Sie wollte mehr von ihm.
Er streichelte ihren Nacken und ihre Schultern, dann spürte sie plötzlich seine Hände an ihrem Po, und er zog sie noch enger an sich. Ihr stockte kurz der Atem, als sie seine Erektion fühlte. Sie wusste, dass sie Jack wollte, doch das hier war … Das hier war glühendes Verlangen, und sie sehnte sich danach, alles zu bekommen.
Sie wollte mehr … mehr von Jack. Sie schob die Hände unter sein Hemd, spürte heiße Haut unter ihren Fingerspitzen und drängte sich enger an ihn, als er sich gegen die Wand in seinem Rücken lehnte, um sich abzustützen. Er hob den Kopf, und mit einem Mal war ihr kalt, als sie seine Lippen nicht länger auf ihren fühlte.
„Ein Kuss … Ich dachte, das würde genügen, aber … aber ich will mehr“, flüsterte er.
Das wollte sie auch. Aber dies hier war Jack … Und jetzt, da er sie nicht länger küsste und ihre Sinne vernebelte, musste sie die Gelegenheit nutzen. Sie stieß sich von ihm ab, und er ließ sie los.
„Das ist außer Kontrolle geraten“, sagte sie.
„Das finde ich nicht. Ich glaube, du bist bloß noch nicht bereit für mehr“, entgegnete er.
Sein frustrierter Tonfall entging ihr nicht, wahrscheinlich, weil es ihr selbst nicht anders erging. Aber sie wollte nichts überstürzen. Sie hatte keine Ahnung, was sie wirklich für ihn empfand, und die letzten Minuten waren dabei alles andere als hilfreich gewesen. „Tut mir leid“, murmelte sie. „Das geht mir alles viel zu schnell. Bis eben dachte ich, du wärst oberflächlich und selbstverliebt.“
„Und jetzt?“
„Ich weiß es nicht. Ich … ich muss erst mal über alles nachdenken“, stammelte sie unbeholfen.
Jack nickte. „Von mir aus gern. Du wirst übrigens Zeit genug haben zum Nachdenken, weil ich morgen früh gleich nach dem Dreh nach L. A. fliege. Ich komme erst in einer Woche zurück.“
Die Vorstellung, dass er verreiste, kam ihr spontan so vor, als ob er sie verlassen würde. Das war mal ein deutliches Zeichen – nämlich dafür, dass sie dringend einen klaren Kopf bekommen musste.
„Essen wir nächsten Samstag wieder zusammen zu Abend?“, erkundigte er sich. „Nicht hier bei mir. Sondern ein richtiges Date, bei dem ich dich abhole und wir in ein Restaurant gehen?“
„Ja“, brachte sie wieder mit dieser quiekenden Stimme heraus. Sie schüttelte den Kopf. „Ich hoffe, ich bekomme einen Ton raus, wenn wir uns nächste Woche sehen.“
„Ich mag dich so, wie du bist, Willow.“
Wie konnte er so etwas sagen, fragte sie sich. Sie war sich doch nicht einmal sicher, ob sie sich selbst überhaupt leiden konnte.
„Das … das sagst du doch nur so, nicht wahr?“ Willows Stimme hatte etwas Zerbrechliches.
Jack kam es so vor, als würde sie immer noch vor ihm weglaufen. Ihm war klar, dass er sich auf dünnem Eis bewegte, ganz gleich, wie er versuchte, ihr Vertrauen zu gewinnen. Hinzu kam, dass er schon immer Schwierigkeiten mit persönlichen Beziehungen gehabt hatte. Bei realen, fassbaren Hindernissen fand er einen Weg, sie zu überwinden, egal wie unmöglich die Herausforderung war. Aber bei einer Frau wusste er bis heute nicht, wie und wo er ansetzen sollte, um ihr näher zu kommen.
Das galt ganz besonders für die Frau, die jetzt vor ihm stand. Sobald er glaubte, sie endlich zu verstehen, reagierte sie auf eine völlig unverständliche Weise – wie zum Beispiel vorhin, als sie fast mädchenhaft nervös geklungen hatte. Was hatte das zu bedeuten? Es machte sie irgendwie verwundbar … Dabei war er doch derjenige, der sich hier in die Schusslinie begab, oder etwa nicht?
„Willow, lass mich ehrlich zu dir sein. Du hast etwas Faszinierendes an dir, sogar dann, wenn du mir die kalte Schulter zeigst.“
„Das wird an deinem Ego liegen“, gab sie zurück.
„Könnte sein.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin es nicht gewöhnt, dass man mich ignoriert.“
„Dann kannst du auch nicht mit Sicherheit sagen, dass du mich magst“, folgerte sie.
Er verschränkte die Arme vor der Brust und überlegte, ob er bei Willow mit Ehrlichkeit weiterkam. Ehrlich zu sein, war immer eine heikle Sache, denn die Wahrheit war selten so schön, wie es die Menschen gern hatten. „Soll ich dir ein Geheimnis verraten?“
„Gerne“, sagte sie, doch ihre Augen verrieten sie. Sie wirkte, als ob sie eine Zurückweisung erwartete, eine Wahrheit, die sie verletzen würde. Aber vielleicht bedeutete dieser Ausdruck auch etwas ganz anderes. Er hatte ihre Miene noch nie deuten können. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich selbst mag.“
Verdammt! Wo kam denn dieser Satz her? Er hatte ihr einen Spruch darüber liefern wollen, wie sie von ihm erwarten konnte, sie zu mögen, wenn sie mit allen Mitteln verhinderte, dass er ihr wahres Ich kennenlernte.
„Mit so viel Ehrlichkeit hatte ich jetzt nicht gerechnet“, sagte sie. „Aber was gibt es an dir nicht zu mögen? Du bist charmant …“
„Ach, das ist dir aufgefallen?“ Er grinste sie an. Er musste dringend auf vertrautes Terrain zurückkehren, auf dem er sich von seiner selbstsicheren und selbstbewussten Seite zeigen konnte. Willow durfte ihn nicht noch länger so verwundbar erleben.
„So wie du mit allen flirtest und Witze reißt, kann man das ja gar nicht übersehen.“
„Das gehört zu meinem Job. Wenn niemand mit mir reden will, kann ich nicht erfolgreich sein. Ich bin ein Moderator, die Leute müssen sich mit mir unterhalten wollen.“
„Dann ist das alles nur Show?“
Er machte eine abwehrende Geste. „Ich mag es wirklich, mich mit Leuten zu unterhalten und mir ihre Geschichten anzuhören. Es fasziniert mich.“
Doch das war nicht immer so gewesen. Eine Zeit lang war er so auf sich selbst konzentriert gewesen, dass er andere Menschen kaum wahrgenommen hatte. Erst seine Sportverletzung hatte ihn zum Umdenken gebracht. Er war auf andere angewiesen gewesen, und es hatte ihn erstaunt, wie viele Leute bereit gewesen waren, ihm zu helfen.
„Mich auch. Solange sie mir dabei helfen, das zum Abschluss zu bringen, woran ich gerade arbeite“, pflichtete Willow ihm bei.
„Denkst du eigentlich immer nur an deine Arbeit?“ Sie kam ihm wie ein Workaholic vor. Andererseits erlebte er sie ja auch nur, wenn sie arbeitete.
Sie verzog den Mund. „Genau genommen ja. Auch wenn ich mit Freunden unterwegs bin, kreisen meine Gedanken meistens schon um das nächste Projekt. Aber du weißt ja, wie es in unserer Branche zugeht. Wenn du dir zwei Minuten Pause gönnst, wirst du sofort von irgendwem überholt, und du hast das Nachsehen. Dann haben die Leute am nächsten Tag deinen Namen vergessen.“
„Du kannst dir bestimmt mehr als zwei Minuten Pause gönnen, ohne allzu schnell in Vergessenheit zu geraten“, widersprach er. „Was hältst du davon, einen Tag lang blauzumachen, wenn ich von der Ostküste zurückkomme?“ Er musste einfach längere Zeit mit ihr allein sein, um herauszufinden, ob sie diese Unruhe wert war, die sie in sein Leben gebracht hatte.
„Warum?“
„Weil ich dir etwas geben möchte, das du dir selbst nicht geben kannst.“
„Ich weiß nicht, ob ich so etwas haben möchte.“
„Pech für dich“, sagte er. „Das ist nämlich der Gefallen, den du mir schuldest.“
„Oh nein, nicht so schnell. Den Gefallen hast du bereits bekommen. Oder hast du diesen wahnsinnigen Kuss vergessen?“
„Verdammt, du hast so recht. Okay, dann warten wir damit bis nach unserem Date. Nein, ich weiß noch was Besseres: Wir vereinbaren, dass wir bei unserem Date kein Wort über unsere Arbeit verlieren.“
„Wenn du meinst.“ Sie sah wieder auf ihre Armbanduhr. „Ich muss jetzt gehen.“
Aber sie blieb dort stehen, wo sie stand, und machte keine Anstalten zu gehen. Sie schien genauso wenig wie er zu wollen, dass der Abend zu Ende ging. „Wir haben unseren Kaffee gar nicht richtig genießen können, weil es diese kleine Verkupplungskrise gab. Willst du noch eine Tasse?“
Sie schüttelte den Kopf. „Danke, aber dann bekomme ich die ganze Nacht kein Auge zu.“
„Und wenn wir stattdessen gemeinsam erforschen, wohin dieser Kuss noch führen könnte?“
„Ich würde gerne Ja sagen. Und ich glaube, deshalb stehe ich auch noch immer hier bei dir. Aber ich begreife nicht, warum ich mich so zu dir hingezogen fühle. Es wäre mir wirklich lieber gewesen, wenn ich von dir einen ekligen Kuss bekommen hätte.“
Unwillkürlich musste er lachen. „Du bist tatsächlich einzigartig. Tut mir leid, dass ich nicht eklig war.“
Sie reagierte mit einem vorsichtigen Lächeln, das ihn erkennen ließ, wie verletzlich sie sein konnte. Es passte so gar nicht zu der Frau, die er von den Dreharbeiten kannte, die sich selbst und das gesamte Geschehen um sie herum unter Kontrolle hatte. „Ja, das macht alles so unnötig kompliziert“, murmelte sie.
„Aber so etwas erlebst du doch nicht zum ersten Mal.“ Er konnte nicht glauben, dass sie mit ihren dreißig Jahren noch keinen Mann gefunden hatte, von dem sie sich gerne küssen ließ. „Dates verlaufen nie so reibungslos, wie wir das gern hätten.“
„Ich verabrede mich praktisch nie“, gestand sie ihm. „Wie du ja selbst gesagt hast, dreht sich bei mir fast alles um die Arbeit.“
„Kein Mann lädt dich jemals ein?“
„Doch … Aber ich habe zu viel zu tun, und es hat mich noch nie einer so sehr fasziniert, dass …“
„Dass … was?“, hakte er nach.
„Dass ich das Risiko eingehen möchte, verletzt zu werden“, sagte sie und wandte sich in Richtung der Wohnungstür.
„Warte mal“, rief er ihr nach. „Wer hat dich verletzt, dass du so über Männer denkst?“
„Ist nicht weiter wichtig“, sagte sie über die Schulter zu ihm. „Jedenfalls im Moment nicht“, fügte sie leise hinzu.
Willow staunte, wie scharfsinnig Jack war. Sie musste zugeben, dass ihr das nicht unbedingt gefiel. Eine Wette mit Nichole nur zum Spaß war eine Sache, aber es war etwas ganz anderes, wenn Jack es hinter den Schutzschild schaffte, den sie um sich herum errichtet hatte.
Es war ihr Ernst gewesen, dass sie sich wünschte, er wäre kein so fantastischer Küsser. Sie wollte ihn nicht mögen. Aber durch dieses Date war ihr auch bewusst geworden, wie sehr die Vergangenheit sie immer noch beeinflusste. Scheinbar vergessene Gefühle waren an die Oberfläche gekommen. Gefühle, die sie lieber weiter verdrängt hätte, die sie Dinge tun und sagen ließen, die ihr gesunder Menschenverstand lieber verhindert hätte.
„Ich halte es aber für wichtig“, beharrte Jack. „Ich möchte nicht mit dem Geist eines Mannes konkurrieren, der dir heute noch zu schaffen macht. Sag mir die Einzelheiten, damit ich weiß, was los ist.“
Auf keinen Fall würde sie das tun! „Dies war unser erstes Date“, antwortete sie ausweichend. „Du solltest lieber daran denken, wie du mich zu einem zweiten Date einladen kannst, statt mich über Männer auszufragen, mit denen ich mal irgendwann ausgegangen bin.“
„Daran denke ich ja, aber ich weiß auch, dass du dich nicht in einen Mann verlieben wirst, dem du nicht vertrauen kannst. Und bislang habe ich bei dir nur punkten können, weil ich keine ekligen Küsse verteile.“
„Das zählt mehr, als du dir vorstellen kannst“, erwiderte sie und versuchte, die Unterhaltung unauffällig in eine andere Richtung zu lenken.
„Es ist nicht nur ein guter Kuss nötig, wenn ich mehr von dir will als eine Nacht“, erklärte er geradeheraus.
„Du willst mehr?“, fragte sie verwundert. „Du kennst mich doch gar nicht richtig.“
„Aber ich will dich kennenlernen. Wenn ich in deiner Nähe bin, will ich nicht mehr weg. Ich weiß, ich sollte das besser nicht zugeben, aber ich bin von dir besessen.“
„Du bist von mir besessen? Ist ja toll. Das heißt also, du lässt mich in dem Moment fallen, in dem du dahinterkommst, was es mit deiner Besessenheit auf sich hat.“
„Das glaube ich nicht. Aber gerade deshalb muss ich mehr über dich erfahren.“
Sie bezweifelte, dass es ihm helfen würde, mehr über sie herauszufinden. Allerdings war es gut zu wissen, dass er ein solches Interesse an ihr hatte. Sie wollte sich rächen, und das würde ihr hervorragend gelingen, wenn sie ihre Karten richtig ausspielte. Wenn da bloß nicht das Problem wäre, dass sie Jack mochte.
Er war witzig und charmant, und dann gab es noch seine Küsse, die so gut waren, dass sie sich am liebsten auf der Stelle auf ihn gestürzt hätte. „Tja, dann wird der nächste Samstag für uns zwei ja ein richtig großes Date werden“, sagte sie.
„Es sei denn, du willst bleiben und reden, meinetwegen auch die ganze Nacht“, schlug er vor. „Ich muss erst morgen früh nach L. A. fliegen, mir macht das nichts aus.“
„Wieso? Brauchst du im Gegensatz zu uns Normalsterblichen etwa keinen Schlaf?“
„Doch, aber für dich würde ich darauf verzichten.“
Sie musste morgen früh wieder arbeiten, aber sie wusste auch, dass sie sowieso die halbe Nacht wach liegen und über Jack nachdenken würde. Andererseits wäre es eindeutig ein Fehler, die Nacht bei ihm zu verbringen. Er war Jack Crown, und sie hatte seinetwegen schon genug … nein, viel zu viele Fehler gemacht.
„Es geht nicht. Ich fühle mich dafür nicht bereit, Jack. Ich bin mir ja nicht mal sicher, ob du nicht nur ein Spiel mit mir spielst.“
Für einen Moment schien es, als ob sie ihn mit ihren Worten verletzt hatte, doch dann ging er mit einem Achselzucken darüber hinweg. „Ich bin kein Spieler.“
„Mag sein. Aber ich kenne dich nicht gut genug, um das zu beurteilen. Trotzdem danke, dass du mir bei Deidre geholfen hast.“
„Kein Problem. Es freut mich, wenn ich behilflich sein kann.“
„Das habe ich gemerkt“, gab sie zurück.