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Als den Vereinigten Staaten ein Giftgasangriff bevorsteht, schickt Verteidigungsminister Erik James Dayson, Captain Miller und seine Truppe in die Krisenregion. Sie sollen die Geiseln befreien, die Produktionsanlage und das Giftgaslager zerstören. In der Zwischenzeit hat General Armoya eine große Menge des Nervengifts in die Vereinigten Staaten geschmuggelt. Der Versuch durch das FBI, die Lieferung abzufangen, schlägt fehl.
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Seitenzahl: 600
Veröffentlichungsjahr: 2017
Rolf Häusermann
© 2017 Rolf Häusermann
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-7439-2038-5
e-Book:
978-3-7439-2040-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Das Böse triumphiert allein dadurch,dass gute Menschen nichts unternehmen.
Edmund Burke
Ich bedanke mich bei nachstehenden Personen über die Zusammenarbeit. Sie haben mir geholfen dieses Projekt auf die Beine zu stellen.
Meiner Schwester, Monika Häusermann
Meinem alten Freund, Thomas Koch
Dem Lektor, Reiner Weber-Nobis, der Textpolierer
Thriller
Ich bin in dem Städtchen Morristown in New Jersey als Einzelkind bei meiner Mutter aufgewachsen. Mein Vater verstarb an Bauchspeicheldrüsenkrebs, als ich zwei Jahre alt war. Ich wuchs in bescheidenen, fast schon ärmlichen Verhältnissen auf, hatte es aber gut mit meiner Mutter. Wir mussten uns einfach einschränken, hatten zur Zerstreuung nur das Radio, aber kein Fernsehgerät, so wie meine Nachbarskinder Freddy und Bonnie. Als ich alt genug war, ging ich mit meinem Taschengeld, das ich mir aufgespart hatte, lieber ins Kino. Ich liebte Western, ich kannte sie alle, die Schauspieler wie John Wayne, Burt Lancaster, Kirk Douglas, Roy Rogers, Terence Hill, Lee Van Cleef, Eli Wallach, Charles Bronson und viele mehr. Als Jugendlicher hatte ich die Gelegenheit, auf einem Hof Reiten zu lernen, dabei traf ich dann auch auf Cindy, meine erste Freundin. Ihr Vater besaß eine Ranch außerhalb der Stadt. Durch Cindys Vater konnte ich in einem Lebensmittelladen und Haushaltswarengeschäft neben der Schule arbeiten, so konnte ich ein paar Dollar in der Woche verdienen und meine Mutter unterstützen.
In der High School interessierte ich mich dann eigentlich mehr für Sport. Als ich mit der Schulausbildung fertig war, entschloss ich mich, nach New York zu ziehen, um Polizist zu werden.
Ich schrieb, seitdem ich die Polizeischule in New York absolviert hatte, damals, im Winter 1979 im Alter von 18 Jahren. Ich war voller Tatendrang, wollte die Welt verbessern, Verbrechen aufklären und Kriminelle hinter Gitter bringen.
Schreiben war für mich immer ein Ventil. Wenn ich konnte, notierte ich meine Erlebnisse in die Moleskin-Notizheftchen, welche zu Hause auf dem Pult lagen. Mittlerweile sind es ganze Sammelordner voll mit diesen Heftchen. Ich schaute nicht so oft TV, es interessierte mich nicht so stark, was es in der Glotze zu sehen gab. Klar informierte ich mich im Fernsehen über das Tagesgeschehen, ob national oder international. Aber nach den Nachrichten war für mich meistens Schluss.
Der Grund war mein Leben als Polizist, ich erlebte tagtäglich genug Storys über Räuber und Gendarm, davon brauchte ich dann nicht noch mehr in meiner Freizeit. Wenn ich TV schaute, dann Kanäle über Wissenschaften oder Naturdokus. Das Leben anderer Völker und Kulturen, wie z. B. die Mayas, das Mittelalter in Europa oder Natursendungen über unsere Erde, wie man auf den Sendern der BBC oft zu sehen bekam, das interessierte mich sehr.
Manchmal nahm ich einen Sammelordner vom Büchergestell meiner kleinen Dreizimmerwohnung und setzte mich mit dem Ordner an den Küchentisch. Ich las dann in den Heftchen, was ich damals aufgeschrieben hatte. Obwohl ich ja nicht vergaß, was ich erlebt hatte, gelang es mir, immer wieder neue Erkenntnisse aus meinem Schriften zu ziehen.
Ich musste sagen, als Polizist sah die Welt schon etwas anders aus. Die meisten Menschen hatten ja keine Ahnung, was ein Polizist machte oder eben machen musste. Manche dachten, wir sind nur dazu da, um die Bevölkerung zu schikanieren und Donuts zu essen. Andere verglichen unsere Jobs mit den Fernsehserien, die jeden Tag im TV liefen. Die dankbaren Mitbürger sind der Polizei ja freundlich gesinnt, dafür sind es die bösen Jungs überhaupt nicht.
Dauernd musste man auf der Hut sein, immer musste man damit rechnen, angegriffen oder gar getötet zu werden. Das Gewaltpotenzial in New York ist einfach riesig, es hörte nie auf, es machte nie Pause, 24 h am Tag 365 Tage im Jahr, es ist zum verrückt werden. Und manche Officers werden ja auch verrückt oder kriegen psychische Probleme. Oft haben sie einen Verdächtigen bei der Verhaftung zu hart angefasst, das ist eines der Hauptprobleme. Dann die Verteidigung der Straftäter vor Gericht. Wie oft schon wurden schuldige Straftäter aufgrund von Formfehlern vom Gericht in die Freiheit entlassen?
Durch diese Machtlosigkeit schauten manche Officers zu tief ins Glas. Dann wurden sie zuerst beurlaubt, darauf suspendiert. Und nachfolgend kam der Brief, dass man für diesen Job nicht mehr geeignet sei, es wurde einem eine Umschulung angeboten. Das kann dir mit sechzig noch passieren, und deine ganze Altersversorgung geht den Bach runter. Danach bist du sechzig Jahre alt, reif für die Pension und musst in einem Einkaufszentrum für den Mindestlohn von 14 $ Wache schieben. So etwas ist doch zum wahnsinnig werden, oder etwa nicht?
Ich musste darauf schnell einsehen, dass der Job als Polizeioffizier in New York nicht das war, wonach ich gesucht hatte, und es schien auch keine Besserung in Sicht, dass sich der Dienst dort einmal ändern würde. Aber ich hatte keine Lust darauf, den Rest meiner Karriere irgendwelchen Nutten, Kleinkriminellen und Drogendealern hinterher zu jagen, dafür war mir mein Leben zu schade.
Als ich dann auf der Polizeiwache dieses Inserat vom FBI gelesen hatte, war mir klar, dass ich mich dieser Herausforderung stellen musste. Ich sollte es zumindest versuchen, sonst würde ich das mein ganzes Leben lang bereuen und das kann wirklich lang werden, ohne den richtigen Job. Meine Gefühle waren schon etwas gespalten, da ich in den zwei Jahren, in denen ich in New York Dienst tat, auch Freundschaften geschlossen hatte. Ich dachte dabei besonders an Mike, er tat mit mir Dienst, er war 42 Jahre alt, hatte mich ausgebildet, er war schon 22 Jahre dabei. Aber ich konnte nicht anders und bewarb mich schriftlich beim FBI. Ich musste dann eine Aufnahmeprüfung absolvieren, aber das schaffte ich praktisch mit links, obwohl es sehr anspruchsvoll war. Wir wurden auch gedrillt, manchem von uns war das dann zu viel. Die wurden dann abgeschoben, entweder machten sie wieder Polizeidienst oder gaben den Berufswunsch als Agent zur Probe auf.
Mein Name ist Connor Jay Hillson. Ich wurde im März 1961 geboren und lebe jetzt in Washington DC. Ich bin ledig geblieben, nicht, dass ich nicht versucht hätte, zu heiraten, aber ich hatte einfach nie die Richtige gefunden. Dann sind die Jahre an mir vorbeigezogen, und durch meinen Job habe ich das Heiraten nie vermisst.
Ich arbeitete nun seit 33 Jahren beim FBI in meinen Traumjob als Spezialagent. Ich hatte all die Jahre mit sehr vielen bösen Buben zu tun, ganz sicher, aber es ist trotzdem etwas ganz anders, als in früherer Zeit als Polizist. Wir haben beim FBI viel mehr Ressourcen zur Verfügung, nicht unbedingt nur personell. Aber die technischen Mittel sind denen der Polizei weit überlegen, schon das Abhör-Budget enthielt ein Vermögen.
Ich hatte ein ganzes Register voller Notizen zu Hause und es dauerte eine Ewigkeit, bis ich mich entschließen konnte, über welche Geschichte ich schreiben sollte. Manche sind aber zu brutal und so widerlich, dass ich es Ihnen nicht antun möchte, davon zu lesen, manche Aufzeichnungen sind nur von sehr kurzer Länge, es lohnte sich nicht, ein Buch darüber zu schreiben. Aber wenn man die Tragweiten der Fälle miteinander verglich, dann kam dieser auf jeden Fall in die Top Ten.
Verstehen Sie mich nun nicht falsch, aber eine solche Geschichte, wie ich sie letztes Jahr mit meinem Partner Marc Rutherhead erlebt hatte, ist einzigartig. Denn wann hat man schon die Gelegenheit, die Welt zu retten? Wohl nicht alle Tage, auch nicht beim FBI.
Also, die Ereignisse die ich Ihnen zu erzählen habe, begannen mit John Steven Hardstone, er war Chemiker und arbeitete für die Firma Cyricus Corporation in Washington DC. John war ein eher bedachter, ruhiger Familienmensch, er war mit der 40 jährigen Claudia verheiratet. Zusammen hatten sie eine neunjährige Tochter und einen fünf Jahre alten Sohn. John ist ein Tüftler und er wollte nie, dass seine Erfindung in die Tat umgesetzt wurde.
Es war also Freitag um 17:30, es regnete nun schon seit Tagen in Strömen. Es war kalt und ungemütlich in Washington DC. John Steven Hardstone, leitender Doktor der Forschungseinrichtung, war in seinem Büro, das sich, aus Sicherheitsgründen, im achten Untergeschoss befand. Die Büros waren alle sehr modern eingerichtet, die Wände je nach Raum in einer warmen und freundlichen Farbe bemalt. Die Wände des Empfangs waren zum Beispiel in einem Ziegelrot gestrichen, die Türen und Türrahmen waren im ganzen Stockwerk in neutralem hellgrau lackiert. An der Wand des Empfangs hingen mehrere große Flachbildschirme, zusammengeschaltet zeigten sie abwechselnd ein einheitliches Bild der Umgebung des Gebäudes in alle vier Himmelsrichtungen. Auf einigen einzelnen Bildschirmen waren Ausschnitte der Überwachungskameras zu sehen. Wiederum auf anderen waren Börsenausschnitte mit den laufenden Kursen dargestellt. Man konnte dadurch mitverfolgen, wie gut sich die Firma an der Börse behauptete. John saß noch auf ein paar Worte mit seinem Chef, Henry Roman Fletcher, in seinem Büro zusammen. Mr. Fletcher war Präsident und Gründer der Firma Cyricus Corporation. Er war eher ein klein gewachsener Mann mit einer Stirnglatze und grauem, nach hinten gekämmtem Haar, meist piekfein angezogen. Er trug eine dunkelbraune Hose und eine dunkelrote Fliege, ein weißes Hemd, das stets gut gebügelt war. Dazu eine dunkelbraune, lederne Weste mit drei Knöpfen, die er meistens offen trug. Und seine Nase zierte eine vernickelte, zierliche Lesebrille, die manchmal ganz vorne auf der Nasenspitze saß.
John war ein schlanker, hochgeschossener Mann mit dunklem, kurzem Haar mit grauen Schläfen, 45 Jahre alt und 1,82 m groß, er war leitender Chemiker des Konzerns. Die Eigenheit dieser Firma lag darin, dass die Forschungsergebnisse, die sie erzielten, über eine Art Internetshop käuflich zu erwerben waren. Viele Forschungslaboratorien auf der ganzen Welt waren ausgelastet und daher darauf angewiesen, einzelne Projekte an eine Firma wie Cyricus Corporation weiterzugeben.
Das eigentliche Labor lag aus Gründen der Sicherheit außerhalb der Stadt.
In der Stadt, dort wo John arbeitete, befand sich die Verwaltung und Administration.
Als John mit der Besprechung fertig war, gab er seinem Chef, mit dem er per Du war, die Hand, und wünschte ihm ein schönes Wochenende.
Gut gelaunt verließ er das Büro. Seine gute Laune galt nicht nur dem kommenden Wochenende, sondern dem bevorstehenden sechszehnten Hochzeitstag mit seiner Frau Claudia. Sie beabsichtigten, eine kleine Reise nach West Virginia zu machen, um die Kirche zu besuchen, in der sie vor 16 Jahren getraut worden waren.
John war in seinem Büro damit beschäftigt, die Aktennotizen abzulegen, als seine Sekretärin, Sarah Peaman, ihm die Gesprächsprotokolle von den heutigen Sitzungen vorbei brachte. Miss Peaman war eine adrette, junge Frau mit hellbraunen, schulterlangen Haaren, sie trug heute einen grauen Jupe, eine dunkle Bluse und flache, dunkle Schuhe. Sie arbeitete nun schon über 10 Jahre mit John zusammen, das Verhältnis war freundlich und kollegial. Sie legte den Stapel Mappen auf seinen Bürotisch:
„John, aber damit wartest Du bis Montag, nicht dass Du an Deinem Hochzeitstag noch Arbeit mit nach Hause nimmst.“
John lachte herzlich: „Dann würde meine Frau wohl zu Recht die Scheidung einreichen.“ Sahra verließ darauf das Büro. Sie zog ihren braun-beigefarbenen Regenmantel an und sagte im Vorbeigehen: „John, ich wünsche Dir ein schönes Wochenende, genieße es.“
Er lachte ja ebenfalls:
„Ja, klar, mache ich, bis am Montag.“
Er konnte es nicht lassen und nahm den Stapel neuer Mappen zu sich. Er blätterte die zwölf Dossiers durch und legte diese grüppchenweise auf seinen Tisch.
Er schaute auf seine goldene Armbanduhr, darauf dachte er, dass es ist jetzt wirklich Zeit war, Feierabend zu machen. Er zog seinen weißen Laborkittel aus und hängte ihn an die Garderobe. Als er seinen Kittel und Mantel angezogen hatte, setzte er sich seinen Hut auf und verließ eilig das Büro. Er schloss mit seinem Schlüssel die Türe ab.
Es war Montagmorgen in Washington. Mrs. Peaman kam den Flur hinunter. Dabei machte sie bei der Telefonistin, Mrs. Allison Bernard, kurz halt, um die Post für den Doktor abzuholen. Sahra und Victoria unterhielten sich noch eine Minute darüber, wie sie ihr Wochenende verbracht hatten. Danach ging sie den mintfarbigen Flur entlang, bis sie bei ihrem Büro angekommen war. Sie versuchte, die Türe mit ihrem rechten Fuß aufzustoßen, aber sie war verschlossen. Sie verwunderte sich noch und dachte sich, was soll denn das, John ist ja sonst immer früher da als ich? Sie suchte den Schlüssel in ihrer Handtasche und öffnete die Türe. Sie dachte noch darüber nach, seltsam, dann erinnerte sie sich, dass John am Samstag Hochzeitstag feierte, vielleicht hatte das damit zu tun, hatte er wohl verschlafen? Sie hängte ihren Mantel an die Garderobe und setzte sich auf ihren Stuhl hinter dem silbergrauen Schreibtisch, der etwas schräg im Raum stand, sodass sie den Eingang und Johns Büro beobachten konnte, ohne ihren Kopf zu drehen. Sie begann damit, die Agenda durchzusehen, und sah, dass John um 9 Uhr den ersten Termin hatte. Daraufhin begann sie, die Post zu kontrollieren und öffnete den ersten Umschlag.
Um 8:20 Uhr klingelte ihr Telefon, sie nahm den Hörer ab: „Hallo, hier ist Peaman.“
Am Telefon hörte sie eine schnaufende Stimme:
„Hallo, Sahra, hier ist Peter, kannst du John sagen, dass um 9:00 die Besprechung beginnt?“
„Du, Peter, der Doktor ist noch nicht da, ich rufe ihn gleich auf dem Mobiltelefon an.“
„Ja, ist in Ordnung, mach das.“ Er legte auf.
Als sie aufgelegt hatte, wählte sie Johns Mobilfunknummer. Aber John nahm den Anruf nicht entgegen. Sie versuchte es noch zwei Mal. Dann entschied sie sich, es bei ihm zu Hause zu versuchen. Aber unglaublich, da nahm auch niemand ihren Anruf entgegen, auch nicht seine Frau Claudia. Als sie den Hörer wieder hinlegte, klingelte es. Sie hoffte, es sei John. Aber es war Marc Ashford aus der Sicherheitsabteilung:
„Hi, Sahra, kannst Du mir sagen, wo John ist?“
„Er ist noch nicht im Haus.“
„Hat er denn am Freitag etwas gesagt, dass er später zur Arbeit erscheint?“
„Nein, das ist ja äußerst seltsam, John ist immer pünktlich, und zu Hause nimmt auch niemand den Anruf entgegen!“
„Also, wenn er eintrifft, sag ihm doch, er soll zu mir ins Büro kommen.“
Auf die Frage hin, um was es geht, antwortete er:
„Es geht nur um eine alte Geschichte, das ist nicht so wichtig.“
Sahra verschwendete keine weitere Zeit, um nach John zu suchen, sie hoffte, dass er bald anrief, auch wenn die Ausrede banal war, würde sie gerne erfahren, was los war.
Doch John meldete sich den ganzen Tag nicht, was mehr als außergewöhnlich war, er gehörte zu den pünktlichsten und zuverlässigsten Menschen, die sie kannte.
Sahra machte ihre Arbeit, sie wurde mit Telefonanrufen für John bombardiert. Aber dann, nach kurzer Zeit, wusste das ganze Haus davon, dass John aus unerklärlichen Gründen fehlte.
Sahra nahm die Gelegenheit wahr, um aufzuarbeiten. Sie war am Nachmittag sogar froh, dass John nicht da war und sie mit Papierkram eindeckte. Um 17:30 machte sie nach einem erfolgreichen Tag Feierabend und verließ das Büro. Sie schloss die Türe mit ihrem Schlüssel ab.
Es war Dienstagmorgen um 7:30, als Sahra wieder alleine im Büro saß, entschloss sie sich, Alarm zu schlagen. Als Erstes rief sie den Direktor Mr. Fletcher an.
„Guten Morgen, Mr. Fletcher, hier spricht Mrs. Peaman.“
„Ah, guten Morgen Mrs. Peaman, wie kann ich Ihnen helfen?“
„John ist seit gestern spurlos verschwunden, ich kann ihn nicht erreichen, ich habe es gestern Nacht noch bei ihm zu Hause versucht, aber es nimmt niemand den Anruf entgegen.“
Fletcher rutschte auf seinem schwarzen Ledersessel herum.
„Das sieht ihm aber gar nicht ähnlich. Er hat doch zwei Kinder, wissen Sie, wo die in die Schule gehen, vielleicht erfahren Sie dort etwas?
Sonst müssten wir die Polizei einschalten.“
„Ich weiß, dass die Kinder zur St. Gilbert Grundschule gehen, ich rufe dort mal an. Sollten die Kinder nicht in der Schule sein, rufe ich die Polizei.“
„Ja, machen Sie das und geben Sie mir bitte Bescheid, das ist nicht normal für John.“ Er legte den Hörer auf. Sahra schaute im Internet nach der Telefonnummer der St. Gilbert Grundschule. Mit dem Radiergummi am Ende ihres Bleistifts tippte sie die Nummer in die Tastatur. Sie musste es lange klingeln lassen, bis sich jemand meldete:
„Guten Tag, hier ist das Sekretariat der Grundschule St. Gilbert, was kann ich für Sie tun?“,
sagte die schon etwas in die Jahre gekommene Dame am andern Telefon.
„Guten Tag, hier spricht Mrs. Sahra Peaman von der Cyricus Corporation, können Sie mir sagen, ob die Kinder Denise und Nick Hardstone gestern in der Schule waren?“
Die Sekretärin, Mrs. Victoria Bennet, eine schrullige, alte Dame mit einer Hochsteckfrisur, tippte auf der Tastatur ihres Computers herum.
„Sind Sie noch dran?“
„Ja.“
„Hm, Denis und Nick waren gestern nicht in der Schule, und so wie ich das sehen kann, sind sie auch heute nicht erschienen. Um was geht es denn?“
„Wir vermissen seit gestern den Vater der beiden Kinder am Arbeitsplatz.“
Die ältere Lady fragte: „Hui, ist etwas passiert?“
„Das kann ich Ihnen nicht sagen, aber ich werde jetzt die Polizei informieren.“
„Ja, tun Sie das, bitte sagen Sie mir Bescheid, auf Wiederhören.“
Dann legten Sie auf. Sahra entschloss sich, die Polizei anzurufen, um eine Vermisstenanzeige aufzugeben, doch die wollten nichts davon wissen. Es wurde ihr mitgeteilt, dass eine Person erst nach 48 Stunden als vermisst gemeldet werden konnte. Als Sahra der Operatorin der Polizei den Fall schilderte, meinte diese nur: „Vielleicht hat die Familie den Urlaub in Virginia spontan verlängert? Wenn die Familie nicht auftaucht, können Sie uns morgen wieder anrufen?“
Sahra war ob der Schnoddrigkeit vor den Kopf gestoßen, aber was sollte sie auch machen, sie legte auf.
Mr. Fletcher saß in seinem Büro, das in dunklem rot bemalt war, er nahm die Nachricht von Mrs. Peaman entgegen. Freude, dass sich die Polizei noch nicht einschalten wollte, hatte er keine.
Er saß an seinem übermäßig großen Schreibtisch aus dunklem Holz, als er von seinem Mitarbeiter Marc Ashford besucht wurde. Marc öffnete die Türe nur einen Spalt und streckte den Kopf hindurch:
„Henry, hast Du einen Moment Zeit?“
Mr. Fletcher, vertieft in seine Arbeit, guckte hoch, schielte über die Lesebrille hinweg.
„Hallo Marc, ja, komm doch herein, wie kann ich Dir helfen?“
Marc betrat das Büro und kam gleich zur Sache.
„Wir haben heute einen Sicherheitsverstoß entdeckt.“
Mr. Fletcher ganz ungläubig: „Wie meinst Du das, wir haben einen Sicherheitsverstoß entdeckt?“
„Bei uns wurde eingebrochen, am Sonntagnachmittag um 16:32 Uhr.“
Mr. Fletcher ließ seinen Kugelschreiber fallen. Man sah ihm an, dass er irritiert war, er blieb einen Moment regungslos sitzen, dann begann das Lid seines linken Auges zu zucken:
„Wurde etwas gestohlen?“
„Ja, Pandora.“
„Und unser Sicherheitssystem, die Firewalls?“
„Hat alles versagt, wurde ausgehebelt, geknackt. Und wir wissen nicht, wie und von wo her der Zugriff stattgefunden hat. Die haben den Server bombardiert, wir haben fast eine Milliarde Anfragen in einer Viertelstunde. So wurden die Firewalls in die Knie gezwungen. Erstaunlicherweise wussten die genau, wo sie suchen mussten. Die Datei, der Ordner wurde aber nicht gehackt, sie wurde mit dem Password geöffnet.“
Mr. Fletcher rutschte ganz unruhig auf dem Stuhl hin und her:
„Mit welchem Passwort denn?“
„Mit John‘s Passwort.“
Mr. Fletcher fasste sich ins Gesicht:
„Willst Du mir sagen, dass John dafür verantwortlich war!? Das glaube ich nicht, John ist Doktor in der Chemie, aber kein Computerhacker.“
„Vielleicht hatte er Komplizen? Der Inhalt der Datei Pandora, den könnte man gewinnbringend verkaufen, denk mal nach, das Nervengift und das Antitoxin bringen Millionen ein!“
Mr. Fletcher bekam Schweißperlen auf der Stirn:
„Ich glaube nicht, dass John so skrupellos ist und eine Massenvernichtungswaffe beschafft.“
„Aber seltsam ist, dass John von der Bildfläche verschwunden ist.“
Da sagte Fletcher etwas verärgert:
„Ich glaube nicht, dass John etwas damit zu tun hat. Aber wir müssen Verteidigungsminister Dayson informieren.“
Mr. Fletcher bot Marc einen Platz auf einem der beiden Stühle vor dem Schreibtisch an. Danach nahm er den Hörer seines Telefons und wählte eine interne Nummer:
„Hallo, Mrs. Bakersfield, verbinden Sie mich bitte mit dem Verteidigungsminister Dayson, es ist dringend.“ Danach legte er wieder auf.
Fletcher sagte: „Die ganze Familie ist verschwunden, so etwas ist nicht normal bei John. Aber es sieht nicht gut für ihn aus.“
Darauf klingelte das Telefon, Verteidigungsminister Dayson wurde mit Mr. Fletcher verbunden:
„Hallo, Erik, hier ist Henry Fletcher. Wie geht es Dir so, schon lange nichts von Dir gehört!“
„Hallo, Henry, Du altes Haus, schön, etwas von Dir zu hören.“
„Wart nur ab, bis ich es Dir erzählt habe, um was es geht, dann freust Du Dich nicht mehr.“
„Also, sag, was ist denn los?“
„Bei uns wurde am Sonntag eingebrochen, in unser Sicherheitssystem. Es wurden Unterlagen in Form einer Datei gestohlen. Mit diesen Unterlagen kann man eine der tödlichsten chemischen Massenvernichtungswaffen herstellen, die es gibt. Wir benötigen Hilfe, um herauszufinden, woher der Angriff stammt. Da wäre da noch ein weiteres Problem. Uns fehlen seit dem Überfall nicht nur die ganzen Unterlagen für die Produktion des Nervengifts, sondern auch die Unterlagen für die Herstellung des Gegengifts, und auch der Doktor, der Pandora entwickelt hat, samt seiner Familie. Sollte dieses Dossier in falsche Hände geraten, wären die Vereinigten Staaten machtlos ausgeliefert.“
„Das ist ein starkes Stück, dann müssen wir das FBI einschalten, die haben Spezialisten.“
Mr. Fletcher und Mr. Dayson unterhielten sich noch kurz. Dann legte er den Hörer auf.
„Dayson wird das FBI informieren. Die werden auf uns zu kommen und Dich bezüglich dem Sicherheitsverstoß und dem Verbleib von John befragen. Bereite Dich auf das Szenario vor.“
„Ja, mache ich, ich werde alle IP Adressen dem FBI zu Verfügung stellen und ihnen DVDs brennen. Ich werde einen Port öffnen, dass das FBI Zugriff auf unseren Server bekommt.“
„Ja, mach das, danke.“ Darauf verließ Marc das Büro wieder.
Es war Mittwochmorgen, als ich mit meinem Partner Marc Rutherhead, der im Büro gegenüber von mir saß, die Spesenabrechnung machte. Als ich damit fertig wurde, sah es bei meinem 24 Jahre jüngeren Partner aus, als hätte jemand den Papierkorb auf seinem Tisch ausgeleert. Überall lagen kleine Notizzettel, herausgerissen aus einer Moleskinagenda, Quittungen von Shops, Restaurants und Tankstellen.
Da klingelte mein Telefon. Als ich den Hörer abnahm und mich zu erkennen gab, hörte ich meinen Boss mit seiner unnatürlich tiefen Bärenstimme:
„Hallo, Hillson, ich habe einen Auftrag für Euch, hier in der Stadt.
Fahrt doch zusammen zur Cyricus Corporation. Der Inhaber hat den Verteidigungsminister angerufen, weil bei ihnen eingebrochen wurde. Nicht wortwörtlich eingebrochen, sondern über den Computer, das Internet, Du weißt schon, was ich meine. Fahrt dahin und meldet Euch bei einem Henry Roman Fletcher, er ist der Inhaber dieser Firma. Sie vermissen übrigens auch einen ihrer Forscher. Das ist alles.“
Ich sagte ihm dann, dass wir sofort losfahren werden.
Als Rutherhead die Worte sofort und losfahren hörte, geriet er beinahe in Panik. Er öffnete seine Schreibtischschublade und stopfte den Papierkram, den er auf dem Tisch und über die Tastatur verstreut liegen hatte, einfach da hinein. Ich fragte ihn dann:
„Brauchst Du Feuer? Es sieht jedenfalls so aus, als wolltest Du ein Feuer anzünden!“
Rutherhead antwortete entnervt:
„Jeden Monat derselbe Schwachsinn mit diesen Spesenabrechnungen, es reicht doch, wenn ich alles aufschreibe, sollen die im Büro doch die Quittungen aufkleben und kopieren. Aber ich weiß, die haben doch nur Angst, beschissen zu werden.“
Ich stand dann auf und zog mir den Mantel über. Rutherhead stopfte die Schublade voll und schloss sie wieder. „So, jetzt sieht es doch gleich besser aus.“
Um 10:30 hielten wir auf dem Besucherparkplatz vor der Firma an. Es nieselte und es war kalt, wir liefen recht zügig zum Eingangsbereich. Ich erinnerte mich daran, dass mein Chef gesagt hatte, dass wir ins achte Untergeschoss fahren müssten.
Um etwa 10:40 meldete ich mich mit meinem Partner beim Empfang der Cyricus Corporation an, wir wiesen uns beide als FBI-Agenten aus:
„Wir möchten den Direktor Mr. Fletcher und den Sicherheitschef Mr. Ashford sprechen.“
Die Empfangsdame, Mrs. Bernard, ließ es beim Direktor klingeln. Sie bestellte ihm, dass zwei Herren vom FBI da wären.
„Das ist gut, ich lasse Sie von Mrs. Bakersfield abholen.“
Nach zwei Minuten wurden wir zum Direktor geführt. Mr. Fletcher stand sofort auf und begrüßte uns per Händedruck.
„Guten Tag, ich bin Agent Hillson, und das ist mein Partner Agent Rutherhead“
Da sagte Mr. Fletcher: „Nehmen Sie doch bitte Platz, wünschen Sie einen Kaffee oder eine Erfrischung?“
Wir bedankten uns beide freundlichst. Darauf sagte Mr. Fletcher zu Mrs. Bakersfield:
„Ich danke Ihnen, wir wären froh, ungestört zu bleiben bis wir fertig sind.“
„Ja, Mr. Fletcher", antwortete Mrs. Bakersfield, und verließ das Büro.
Als sie den Raum verlassen hatte, fragte ich:
„Bitte erklären Sie uns der Reihe nach, was sich zugetragen hat.“
„Am Sonntagnachmittag wurde um 16:32 in unser Sicherheitssystem eingedrungen. Um etwa 16:40 wurde auf Pandora zugegriffen und die Datei heruntergeladen, die Datei auf unserem Server wurde danach gelöscht!“
Da fragte Agent Rutherhead: „Was ist Pandora?“
Mr. Fletcher hielt einen Moment inne, die Schmach war so groß für ihn, er schluckte:
„Pandora ist eine chemische Massenvernichtungswaffe.“
Der Begriff Massenvernichtungswaffe löste bei uns beiden Agenten Unwohlsein aus. Es wurde uns beiden ganz kribbelig, man konnte es uns ansehen, wie sehr uns das beschäftigte.
Da fragte ich: „Wie kommen Sie zu einer solchen Waffe?“
„Wir arbeiten auch für die Regierung. Die hatten uns vor etwa 12 Jahren den Auftrag gegeben, diesen Kampfstoff zu entwickeln, der sich übrigens grundlegend von dem unterscheidet, was man kennt.“
„Worin besteht der Unterschied?“
„Gegen diesen Kampfstoff kann man sich impfen, wenn man das Antitoxin besitzt.“
„Das macht die Sache noch gefährlicher.“
„Ja, da haben Sie recht, ideal für einen Terroranschlag.“
Ich fragte ihn dann: „Hat sich noch etwas ereignet?“
„Ja, die Datei wurde auf dem Server gelöscht und dann ist noch das Problem, wir vermissen einen unserer Doktoren, den Erfinder dieses Nervengifts.“
„Wie ist sein Name?“
„John Steven Hardstone.“
„Seit wann vermissen Sie ihn?“
„Er ist seit dem Montag nicht zur Arbeit erschienen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, die zur St. Gilbert Grundschule gehen. Auch die Kinder werden seit Montag in der Schule vermisst. Das hat die Sekretärin des Doktors herausgefunden.“
„Wie ist der Name der Sekretärin? Ist es möglich, sie zu sprechen?“
Fletcher räusperte sich: „Das ist Mrs. Sahra Peaman, selbstverständlich dürfen Sie mit ihr sprechen, ich führe Sie nachher zu ihr, dann können Sie sie befragen.“
„Wann haben Sie den Doktor zuletzt gesehen?“
„Wir hatten am Freitagnachmittag eine Besprechung, die dauerte von 16:00 bis 17:30. Der Doktor hatte am Samstag Hochzeitstag, da machte er zeitig Feierabend. Mrs. Peaman hatte noch Kontakt mit ihm am Freitagabend. Vielleicht kann Sie noch etwas dazu beitragen.“
„Ist Ihnen etwas aufgefallen? Hat sich der Doktor in der letzten Zeit seltsam verhalten?“
„Uns ist nichts aufgefallen und wir arbeiten doch schon achtzehn Jahre mit ihm zusammen. John ist immer pünktlich und sehr korrekt.“
„Gab es Streit hier in der Firma?“ Das verneinte Mr. Fletcher sofort.
„Gibt es eine Lösegeldforderung?“
„Nein, wir haben nichts Derartiges erhalten.“
„Hat der Doktor Schulden?“
„Ich denke nicht, dass er verschuldet ist, John ist nicht der Typ dazu. Er geht lieber auf Nummer Sicher. Und zudem verdient der Doktor eine rechte Stange Geld mit seinen Patenten, die er sich erarbeitet hat. Ich denke nicht, das Geld die Motivation wäre.“
„Geldprobleme werden meistens verschwiegen.“
„Wann haben Sie den Sicherheitsverstoß bemerkt?“
„Am Montag nach Arbeitsbeginn. Ich kann Ihnen aber darüber nicht vollumfänglich Antwort geben, da ich mit dieser Technik überfordert bin. Aber wir haben einen Sicherheitschef, der wird Ihre Fragen gerne beantworten. Wenn Sie wollen, hole ich ihn.“
„Ja, das würde uns helfen.“
„Einen kurzen Moment, ich rufe ihn.“
Er nahm den Hörer ab und tippte eine Kurzwahl. … „Du, Marc, die Herren vom FBI sind hier, komm doch schnell zu mir ins Büro, Du musst einige Fragen beantworten.“
Dann legte er wieder auf. Da meinte mein Kollege Rutherhead:
„Was ist das eigentlich für ein Unternehmen, ist das privat oder gehört es der Regierung?“
„Wir sind privat, arbeiten aber oft für das Militär. Wir sind ein Spezialchemielabor. Unsere Forschungsergebnisse werden in der Medizin, der Autoindustrie der Maschinenindustrie, im Gesundheitswesen und in vielen Verfahrenstechniken gebraucht. Wir speichern unsere Forschungsergebnisse auf unserem Server ab und wenn jemand die Ergebnisse benötigt, kann er die bei uns einkaufen. Der Kunde kriegt Zugriff auf die Daten. Eigentlich ist unsere Firma ein Internet Shop, der gefüllt ist mit Forschungsergebnissen.“
Da öffnete sich die Türe und ein spindeldürrer Mann mit dunklem Haar, so um die 40 Jahre alt mit einer Hornbrille, betrat das Büro. Er trug Cordhosen und ein helles Hemd, darüber einen grünen Pullover, der etwas groß geraten war. „Darf ich Ihnen unseren Sicherheitschef, Mr. Ashford, vorstellen?“ Als wir uns untereinander vorgestellt hatten, fragte ich:
„Wann genau haben Sie den Zugriff bemerkt?“
„Heute um 07:32 konnte ich das feststellen. Ich konnte aber zu dieser Zeit noch nicht beurteilen, auf was zugegriffen wurde.“
„Wann haben Sie das bemerkt?“
„Heute Nachmittag gegen ein Uhr.“
„Ist Ihnen etwas Besonderes aufgefallen?“
„Es wurde der Code von Doktor Hardstone verwendet, um die Datei zu öffnen.“
„Wann haben Sie den Doktor zum letzten Mal gesehen?“
„Am Freitagabend so gegen 18:00 Uhr hier im Büro.“
„Unsere Techniker benötigen den Zugriff zur Serverfarm. Bitte öffnen Sie für uns einen Port und geben Sie uns die Adresse an, dann werden wir mit unseren Programmen nach der richtigen IP-Adresse suchen.“
„Den Port habe ich schon eingerichtet.“
Da reichte er mir drei DVDs und einen Zettel, dazu sagte er:
„Da habt Ihr was zu tun, es sind fast eine Milliarde Adressen verzeichnet.“
„Dann sollten wir nicht noch länger warten.“
Als wir die DVDs empfangen hatten, geleitete uns Mr. Fletcher auf den Weg zu Mrs. Peaman.
Wir traten in ihr Büro und stellten uns vor, dazu hielten wir beide ihr den Dienstausweis vors Gesicht. Ich fragte sie dann:
„Mrs. Peaman, ist Ihnen vor dem Verschwinden von Dr. Hardstone etwas Ungewöhnliches aufgefallen?
„Der Doktor ist etwa gegen 18:30 in das Weekend gegangen. Und er wollte am Samstag mit seiner Familie Hochzeitstag feiern, sie wollten nach West Virginia fahren.“
Ich schrieb mir das in mein Notizbüchlein, danach fragte ich:
„Wie ist das Betriebsklima hier im Büro?“
„Wir haben ein freundschaftliches und rein berufliches Klima und ich habe keine Ahnung, was sich ereignet hatte. Als ich am Freitagabend um 17:25 Feierabend machte, war alles so, wie es sein sollte.“
Wir verabschiedeten uns darauf, da fragte ich noch:
„Haben Sie für mich noch die private Adresse vom Doktor?“
„Ja klar, selbstverständlich“, sie schrieb diese auf die Rückseite einer von Johns Visitenkarten.
Da sagte ich: „Wir melden uns, wenn wir mehr wissen, auf Wiedersehen.“
Mrs. Peaman setzte sich dann auf ihren Stuhl. Sie hielt einen Moment inne und sie dachte über John nach. Hatte sie sich in John geirrt? Hatte er mit diesem Diebstahl etwas zu tun?
Als wir im Auto saßen, gab ich die Visitenkarte vom Doktor meinem Partner. Er drehte sie in seinen Fingern herum, dann sagte er:
„Soso, unser Doc wohnt also in Arlington, nettes Plätzchen. Fahren wir nun dahin?“
„Ja, wir sollten wir wohl, wir sollten uns informieren, was wohl bei ihnen zuhause los war, gib mal die Adresse in unser Navi ein, dann machen wir uns auf den Weg.“
Als Marc die Adresse eingeben hatte, drückte er auf Enter. Das Navi rechnete nun aus, wohin die Reise ging.
„Schon eine eigenartige Firma, diese Cyricus Corporation!“
„Wieso meinst Du?“
„Na ja, dieser Diebstahl ist doch eigenartig, wenn die das doch richtig gesichert hätten, dann wäre
doch ein Diebstahl unmöglich, ich meine, die Daten sind ja schon zehn Jahre alt, bis dahin war nichts
Außergewöhnliches geschehen und jetzt das, woher will denn jemand von diesen Daten wissen? Da
muss doch einer geredet haben. Ich meine, weißt Du, was Dein Nachbar im Keller aufbewahrt?“
„Nein, das weiß ich nicht.“
„Siehst Du, das muss ja von einem Insider sein, der das Geheimnis verraten hat, und dann: an wen willst Du solche Daten verkaufen? Ich glaube kaum, dass man durch ein Inserat in der Zeitung den richtigen Käufer findet. Ich meine, die Nachfrage regelt doch das Angebot. Aber hast Du schon mal vom
Dark Net gehört?
„Ich habe den Ausdruck Dark Net schon gehört, kann mir darunter aber nichts vorstellen.“
„Nun ja, das soll ein Internet sein, in dem man Waffen oder Drogen und andere verbotene Sachen kaufen kann, man braucht dazu einen Torbrowser, frag mich nicht, was das ist oder wie das genau funktioniert, da müsstest Du wohl Charlie fragen.“
Mein Partner und ich saßen in unserem schwarzen Van und fuhren zum Haus des Doktors in Arlington. Es war eine ruhige Wohnanlage abseits der Stadt und des großen Rummels.
Als ich geparkt hatte, stiegen wir aus und schauten uns zuerst einmal um. Es gab keine Passanten oder Kinder in den Vorgärten, es war menschenleer. Da sagte ich zu Rutherhead:
„Scheint ja ein ruhiges Plätzchen zu sein.“
„Dann gehen wir mal ins Haus.“ Wir gingen den Weg an der Einfahrt entlang zum Hauseingang. Mir fiel auf, dass mehrere zusammengerollte Zeitungen vor dem Eingang lagen. Mein Partner hob sie auf:
„Schau mal, die eine ist vom Freitag und die ist von heute, und die andere ist vom Montag.“ Er warf die Zeitungen beim Eingang auf einen Haufen. Ich klingelte zweimal, dann klopfte ich an die Türe. Als sich niemand meldete, drehte ich den Türknauf. Aber die Türe war verschlossen. Da griff Rutherhead in seine Tasche und zog ein schwarzes Etui mit Reißverschluss hervor, das einen Satz Dietriche verbarg. Er steckte zwei Dietriche ins Türschloss, es dauerte nicht einmal 10 Sekunden, da war die Türe geöffnet. Wir gingen vorsichtig hinein, Marc versorgte seine Werkzeuge wieder.
„Hallo, ist jemand zu Hause!“ Aber niemand gab uns Antwort, wir hörten, dass der Fernseher in Betrieb war, es lief gerade eine Kindersendung. Im Wohnzimmer angekommen, schaltete ich das TV aus und rief laut:
„Hallo, ist jemand zu Hause?“ Aber wir erhielten wieder keine Antwort. Wir zogen unsere Waffen hervor und durchsuchten das ganze Haus inklusive Garage. Ich durchsuchte das Erdgeschoss und mein Partner das Obergeschoss. Als Marc die Treppe herunter kam, sagte er:
„Ich kann keinen Kampf oder Einbruch feststellen.
„Hier unten sind auch alle Türen und Fenster o. k., keine Anzeichen für einen Kampf, die Garage ist auch
leer, sie müssen mit dem Auto unterwegs sein.“ Die Familie schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
„Oder sie sind abgehauen und untergetaucht.“
„Sag den Jungs in der Firma, sie sollen seine Bankkonten und das Handy überwachen, vielleicht finden
wir sie so?“ Da zeigte Rutherhead auf den Tisch: „Die Handys liegen da, das nützt
nichts, wenn wir die überwachen.“
„Komm, nimm sie mit, dann fahren wir wieder in die Zentrale.“
Als wir im Hauptquartier, dem Edgar Hoover FBI Building in Washington, angekommen waren, gingen wir in unser Büro im zweiten Stock. Wir beide arbeiteten nun schon sechs Jahre zusammen und teilten uns ein Büro.
Ich war 55 Jahre alt, alleinstehend, ein Junggeselle, der nur für den Job lebte. Ich war 1,75cm groß und sah noch recht passabel aus. meine dunkelbraunen Haare waren schon etwas an den Schläfen angegraut, ich trug die Haare militärisch kurz. Meine grauen, zusammengekniffenen Augen schützte ich meistens mit einer goldenen Pilotenbrille mit grünlich getönten Gläsern. Ich erinnerte mich gut an meine ersten Tage mit Francis Cole, meinem damaligen Partner, der dann bei einem Einsatz erschossen wurde. Das hatte mich verändert, ich dachte oft darüber nach, was wohl passiert wäre, wenn wir anders gehandelt hätten, wenn wir uns nicht getrennt hätten, um das Haus dieser Verbrecherbande zu durchsuchen. Ich machte mir eine Zeit lang Vorwürfe, doch das klang mit den Jahren dann ab. Nur, wenn es mir schlecht ging, dachte ich über diesen Tag nach. Ich bin von Natur aus sehr präzise, beinahe schon etwas pingelig, pedantisch. Mein Schreitisch und meine Wohnung waren immer aufgeräumt, der Wagen war immer sauber, kein Krümelchen war auf der Fußmatte zu finden.
Da kam mein Partner, der erst 24 Jahre alt war, in den Raum. Er brachte zwei Kaffees und eine Tüte voller Donuts mit. Die beiden Schreibtische mit grüner Schreibfläche standen einander gegenüber. Viel Platz hatten wir nicht, aber wir kamen gut miteinander zurecht. Rutherhead gab mir einen Kaffee, schwarz und ohne Zucker, dann riss er den Sack mit den Donuts auf, er verstreute Zucker und Krumen auf dem Tisch und meinte: „Komm, nimm Dir auch einen.“
Da antwortete ich: „Pass auf mit dem Zeug, das macht Dich noch dick und fett, wie der eine, der unten im Empfang arbeitet.“
Darauf lachte mein Partner nur und sagte: „Das Zeug hau ich einfach weg, das kann mir nichts.“
Ich schlürfte meinen Kaffee, dann sagte ich zu Marc:
„Ich gehe davon aus, dass der Doktor und die Familie entführt wurden. Und Du gehst davon aus, dass er untergetaucht ist, hab ich recht?“
„Ja genau, wenn die entführt worden wären, hätte es Kampfspuren im Haus gegeben, aber es sieht eher verlassen aus. Dann fehlt die Lösegeldforderung oder die Kontaktaufnahme der Entführer. Ich frage mich, was eine solche Massenvernichtungswaffe wert ist und was er wohl dafür erhält? Und wo mag er mit der Familie hin sein? Auf die Bahamas, Cuba oder die Dominikanische Republik? Wenn er die Waffe verkauft, kann er sich hier kaum noch einmal blicken lassen.“
Ich musste ihn dann fragen: „Haben wir noch nichts über die Auswertung der IP Adressen erfahren?“
„Das dauert noch an, die müssen 980 Millionen Adressen checken.“
Ich setzte mich auf meinen Stuhl und sagte zu Ihm:
„Ich gehe davon aus, dass die Familie entführt wurde, und ich denke nicht, dass die noch in Amerika
sind. Bei uns war es schwierig geworden, an die nötige Technik zu gelangen, um Giftgasbomben herzustellen. Mit anderen Worten, wir sollten nach Privatflugzeugen Ausschau halten, die am Freitagabend oder am Wochenende gestartet sind.“
„Wohin gestartet sind?“
„Das weiß ich auch noch nicht, aber wir sollten bei den privaten Chartergesellschaften nachfragen,
ob ihnen etwas aufgefallen ist, so eine Familie fällt doch auf oder nicht? Das werden sicher nicht so viele sein!“
„Wir sollten die Familie jetzt auf die Fahndungsliste setzen, die haben schon vier Tage Vorsprung, die könnten schon überall sein. Dann checken wir die Abfluglisten der Charterflüge von Dulles International Airport und dem Internationalen Airport von Washington.
„Nimm zwei Operatoren zu Hilfe und Du checkst die Chartergesellschaften, und ich checke den Privatflugplatz Leesburg Executive Airport in Virginia.“
Doch die Suche nach der Familie blieb ergebnislos, es wurden alle Chartergesellschaften angefragt, aber keiner war aufgefallen, dass eine Familie transportiert worden war.
Marc kam dann auf die Idee, in der Wohngegend die Nachbarn zu befragen, ob ihnen etwas aufgefallen sei, aber auch dieses Unterfangen führte ins Nichts.
Wir erhielten dann nach einem erfolglosen Tag der Suche die Meldung vom Sicherheitspersonal der Cyricus Corporation, dass sich das Auto des Doktors immer noch im Parkhaus der Firma befand. Somit konnte die Videosuche nach dem roten Volvo Kombi an den Mautstellen und Verkehrsleitzentralen auch abgebrochen werden.
Marc fragte mich: „Haben wir eine Ahnung davon, wie der mutmaßliche Entführer an die Infos gekommen war, wer über Pandora Bescheid weiß?“
„Nein, keine Ahnung. Aber vielleicht kann uns Charlie mehr darüber sagen.“
Ich nahm den Hörer in die Hand und wählte eine interne Verbindung. Es klingelte:
„Barnes!“
„Hi, Charlie, hier ist Hillson. Hast Du eine Ahnung, wie der mutmaßliche Entführer von Steven Hardstone's Familie an die Info kam, dass es Pandora gibt?“
Charlie antwortete: „Das ist schwer zu sagen, aber ich tippe auf das Dark Net.“
„Kannst Du uns das mal erklären, wie das funktioniert?“
„Klar, kann ich schon, das ist aber nicht in einem Satz erklärt, bist Du im Büro?“
„Ja, wir beide sind hier.“
„Dann komme ich doch auf einen Sprung zu Euch!“
„Alles klar, bis nachher.“
Es dauerte fünf Minuten, bis Charlie bei uns eintraf. Er begrüßte uns freundlich und fragte dann:
„Wieso interessiert Euch das?“
Darauf antwortete ich: „Nun ja, wir haben uns gefragt, wie die wohl auf die Idee gekommen sind, dass es Pandora gibt, woher wissen die davon?“
„Man hört immer wieder vom Dark Net. Dort soll es Drogen und Waffen geben.“
Charlie erklärte: „Das Dark Net ist ein Begriff für verschiedene anonyme Netzwerke. In diesen Netzwerken gelangen die Nutzer über besondere Zugangsprogramme wie dem Torbrowser-Paket.
Abweichend als im normalen Internet gibt es hier keinen zentralen Server wie von Google oder Yahoo, die man direkt anwählt, um auf eine Seite und deren Inhalt zu kommen. Im Dark Net liegen die Seiten auf einzelnen PCs und die Daten fließen über verschiedene PCs von User zu User. Es gibt im Dark Net keine Internetadressen, so wie wir das von Google her kennen. Im Dark Net gibt es nur kryptische Internetadressen. Es gibt vereinzelte Suchmaschinen, aber die funktionieren noch lange nicht auf allen Seiten. Ihr benötigt dafür sogenannte Link Listen, die erhält man dann von anderen Usern.“
Rutherhead fragte: „Wie komme ich da hinein?“
Charly erklärte weiter: „Der Einstieg ist einfach. Zunächst muss der Nutzer ein Software-Paket installieren, das sich in den gewöhnlichen Browser einwählt. Dieses sogenannte Torbrowser-Pakete verschlüsseln darauf den Datenstrom. Es stellt die Verbindung zum Dark Net her, der Nutzer bleibt dadurch anonym. Der User kann weiter wie gewohnt auf normalen Internetseiten surfen, aber eben auch in den Seiten des Dark Nets. Im Dark Net gibt es kaum Überwachungsmöglichkeiten und die User sind beinahe anonym. Hier gibt es nahezu alles im Angebot, von Raubkopien von Filmen und Serien zu illegalen Softwarelizenzen oder geklauten Zugangsdaten und eben auch Drogen und Waffen.“
„Wie schnell komme ich da dran?“
„Wer danach sucht, findet auch sehr schnell Seiten, auf denen fast alles zum Verkauf bereit steht. Doch auch im Dark Net gibt es viele Abzocker. So findet man hinter vielen Waffen- und Drogenshops nur eine weitere Methode, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, ohne die Waren zu liefern. An die Internetshops, die tatsächlich liefern könnten, kommt man nicht so leicht ran. Sonst hätten die Shop Betreiber auch ganz schnell die Polizei im Haus.“
„Ich habe da mal eine Frage: Ist das Darknet also ein reiner Tummelplatz für Gangster?“
Charlie antwortete: „Nein, wer das nur mit illegalen Aktivitäten verbindet, liegt da falsch. In totalitären Staaten wie z. B. China oder Nordkorea haben Oppositionelle oft nur diese Möglichkeit, sich frei zu äußern oder zu vernetzen. Die Regierungen in diesen Staaten sperren sämtliche Internetplattformen wie Google und Facebook, auf denen es möglich wäre, sich regimekritisch zu äußern.
Soziale Netzwerke oder Diskussionsplattformen sind über das normale Internet gar nicht erreichbar. Wer sie dennoch nützen will, flüchtet dann ins Dark Net.
Und egal, ob Ihr das Dark Net legal oder auch illegal nutzt, es macht Euch leicht zum Mittäter krimineller Machenschaften. Die laufen nämlich über alle PCs, deren Torbrowser-Einstellung auf Relais-Verkehr eingestellt sind. Es ist dann nicht möglich, zu kontrollieren, welche Daten über Euren PC laufen. So können sich die User unter Umständen nichtsahnend zum Komplizen von Drogendealern oder Kinderschändern machen.
Und es gibt noch weitere Gefahren: Viren, Trojaner und andere Schädlinge sind im Dark Net ebenfalls in großen Mengen präsent und einen Schutz vor Viren gibt es nicht.“
Charlie fuhr fort: „Im Darknet sind die Anwender anonymer als im normalen Internet. Die besuchten Seiten erhalten beispielsweise keine IP-Adressen und der Datenverkehr ist so verschlüsselt, dass er sich praktisch nicht zuordnen lässt. Aber die Nutzer sind auch dort nicht vollkommen sicher. Denn es gibt mittlerweile Tracking-Methoden, die auch im Tor-Netzwerk eindeutige Ergebnisse liefern. Und wir haben die „Anti Tor Malware“ in Umlauf gebracht, die Tor-Nutzer enttarnen sollte.
Nun, das ist alles, was ich Euch so auf die Schnelle erzählen kann, und ja, es ist möglich, dass diese Infos über Pandora über das Dark Net verkauft worden sind, aber das werden wir nie herausfinden und auch nicht, von wem die Daten zu Verfügung gestellt wurden, das ist ja das Unheimliche daran. Ich hoffe, ich konnte Euch etwas weiterhelfen, um zu verstehen, was dort abgeht. Das Internet ist wirklich gigantisch groß und es wird ohne unser Wissen von Tag zu Tag grösser.“
Zitat, Quelle: http://www.computerbild.de/artikel/cb-News-Sicherheit-Darknet-8548659.html
Was sich am Freitagabend aber tatsächlich in Washington ereignet hatte, war Folgendes: John Steven Hardstone war um 18:30 noch in seinem Büro. Er zog seinen Kittel und den Mantel an, steckte sich das Mobiltelefon ein, nahm seinen Hut von der Garderobe, er ergriff seine Aktentasche, welche rechts zwischen dem Pult und dem Papierkorb stand. Darauf verließ er sein Büro, schloss es ab und grüßte alle im Vorbeigehen und wünschte ihnen ein schönes Wochenende. Danach fuhr er mit dem Lift nach oben ins zweite Untergeschoss. Dort angekommen, stieg er aus dem Lift ins Parkgeschoss. Die Luft und der Boden waren feucht, anscheinend hatte es auch heute den ganzen Tag geregnet, das Licht im Parkhaus war recht düster und nicht gerade angenehm. Von da aus musste John in Sektor 3 gehen, wo sein Wagen stand, ein neuerer Volvo Kombi. Er schaute auf seine Uhr: „Jesses, schon fast 18:45 Uhr.“
Darauf begann er, sich zu beeilen. Das Parkdeck war beinahe leer. Als er bei seinem Wagen angekommen war, öffnete er mit seinem Schlüssel die Türe, warf seine Ledertasche auf den Beifahrersitz und stieg ein. Zuerst steckte er den Schlüssel ins Zündschloss, dann zog er sich den Gurt an, darauf startete er den Motor. Er drehte sich um und wollte rückwärts aus dem Parkfeld fahren, als ein weißer Lieferwagen eines Partyservice direkt hinter ihm anhielt und ihm den Weg aus dem Parkfeld versperrte. Er schaute aus dem hinteren Fenster, dann begann er, zu hupen. Er fluchte: „Verdammt nochmal, was soll denn das, was macht dieser Idiot?“ Da wurden plötzlich die Fahrer- und die Beifahrertüre seines Wagens aufgerissen.
Als er sich umgedreht hatte, schaute er in die Läufe zweier Pistolen mit Schalldämpfer. Er erschrak sehr und er war im ersten Moment sprachlos, dann sagte er:
„Was soll das, ich muss nach Hause zu meiner Frau, wir haben Hochzeitstag.“ Da sagte der Mann, der neben der Fahrertür stand: „Mach den Motor aus und verlass sofort das Fahrzeug, oder ich haue Dir eins auf Deine blöde Schnauze.“ John schoss das Blut in den Kopf, es blieb ihm nichts anderes übrig, als auszusteigen. Er löste den Gurt und stieg aus dem Wagen. Der Mann, der bei ihm stand, war etwa 180 cm groß, er trug Jeans, einen weißen Overall, eine Schirmmütze und eine Sonnenbrille: „Gib mir Dein Handy und die Schlüssel.“
John nahm sein Handy aus seiner Tasche und gab es ihm. Dieser warf es in den Wagen auf den Fahrersitz, dann schlug er die Wagentür zu und schloss ab. Er sagte zu John: „Komm, lauf, steig in unseren Van“. John war wie gelähmt, daher bewegte er sich sehr langsam. Da stupste ihn der andere Mann, der etwas kleiner war, mit der Pistole in den Rücken, und sagte: „Komm schon, etwas Beeilung, wir wollen Deine Frau doch nicht warten lassen!“
Er wurde gezwungen, hinten in den Lieferwagen einzusteigen und auf der Sitzbank auf der rechten Seite Platz zu nehmen. John war total überrumpelt, es ging ihm vieles durch den Kopf. Er dachte nach, wen er so verärgert haben könnte, um entführt zu werden. Einen Moment dachte er auch, dass das Ganze vielleicht ein Scherz sei, als er gesehen hatte, dass der Wagen von einem Partyservice stammte, sagte er: „Kommt, Leute, das war ein guter Spaß, aber jetzt ist es genug.“ Da meinte der Mann, der mit ihm hinten im Lieferwagen saß: „Bleib ja da sitzen, sonst liegst Du mit deiner Familie heute Nacht noch in der Kehrichtdeponie.“
Sie waren danach etwa vierzig Minuten unterwegs, als auf einmal der Wagen stehen blieb, und der Motor ausgeschaltet wurde. John wurde gezwungen, aufzustehen. Dass er seine Kidnapper sehen konnte, hatte wohl zu bedeuten, dass die Kerle keine Angst davor hatten, wiedererkannt zu werden. Was wiederum hieß, dass ihm in absehbarer Zeit der Tod bevorstehen würde. Der Mann mit dem braunen, kurzem Haar befahl ihm ins Haus zu gehen, sobald die Türe offen stand.
Einer öffnete die seitliche Wagentüre von außen, dabei erschrak John sehr. Was er sehen konnte, war sein Haus, sein Vorgarten und seine Garageneinfahrt. Einer der drei Männer sagte: „Los, vorwärts, geh ins Haus.“ Dabei stieß er John mit der Pistole unsanft in den Rücken. Er stieg aus und ging auf sein Haus zu, gefolgt von drei üblen Gestalten in weißen Overalls mit einem hämisch lachenden Clowngesicht auf dem Rücken.
18 Stunden später wachte John auf. Er war desorientiert und hatte Kopfschmerzen, er konnte sich im Moment gar nicht erinnern, was er in einem Flugzeug machte. Da wachte Claudia auf, sie sagte: „Haben wir die ganze Nacht geschlafen, wo sind wir? Wieso habe ich einen solch seltsamen, metallenen Geschmack im Mund?“ Als sie aus dem Flugzeug schauten, sahen sie nur Berge, Hügel, Täler und Wald.
Da kam Fernando zu ihnen: „Guten Morgen, haben Sie gut geschlafen? Ich möchte Sie bitten, sitzend und angeschnallt zu bleiben, wir landen gleich in ein paar Minuten.“ Er lächelte, dabei war wieder sein oberer goldener Schneidezahn zu sehen, und drehte sich auf seinem Absatz um und setzte sich auf den vordersten Einzelsitz in der rechten Reihe. Etwa 25 Minuten später landete das Propellerflugzeug auf dem Privatflugplatz von General Armoya.
Die Landung war etwas holperig, als das Flugzeug am Pistenrand bei einem Hangar zum Stehen kam, konnten sie sehen, dass zwei Geländewagen und ein Mannschaftswagen vorgefahren waren, dessen Plane hinten offen stand.
Als sie von Fernando aufgefordert wurden, auszusteigen, lösten sie die Sicherheitsgurte. Als John aufgestanden war, fühlte er sich leicht schummrig, das kam wohl von dem Betäubungsmittel, das ihm verabreicht worden war. John nahm Nick, der noch ganz verschlafen war, auf den Arm, dann gingen sie den Gang entlang zum Ausgang, dann die Treppe hinunter. Als sie beim Ausgang waren, kam ihnen sehr heiße Luft entgegen, sie war so heiß, dass es ihnen beinahe den Atem verschlug. Die Propeller drehten noch im Standgas weiter, sie verbreiteten den Kerosingestank der Abgase.
Als die Familie auf der Landepiste stand, flimmerte die Luft über dem geteerten Platz. Eilig kamen mehrere Männer in Tarnanzügen zu ihnen und bildeten eine Gasse. Der Befehlshaber, ein braungebrannter Leutnant, teilte ihnen in gut verständlichem Englisch mit, dass sie nun auf dem Mannschaftswagen Platz nehmen mussten.
John fragte, wohin sie gefahren würden, aber er erhielt keine Antwort, es wurde ihm nur gesagt, dass sie auf den Truck aufsitzen müssen, und dass sie in die Zentrale gefahren werden. John setzte den kleinen Nick auf der Ladefläche des Trucks ab, darauf stieg er auf den Wagen. Er half zuerst Denis, dann Claudia auf die Fläche. Sie setzten sich auf die Bank, die auf der linken Seite angebracht war. Im Lastwagen war es stickig und heißer als auf der Piste.
Da der Wagen seitlich bis hinunter mit Planen bedeckt war, konnten sie nichts erkennen. John dachte einen Moment lang an Flucht, aber die folgenden Fahrzeuge würden das ja sofort sehen. Außerdem wohin, in welche Richtung? Er verwarf den Gedanken wieder, weil er auch seine Familie nicht gefährden wollte.
Der Konvoi fuhr auf dem Feldweg am Waldrand entlang, bis sie bei einem Anwesen, einem Herrenhaus, das inmitten einer Festung stand, angelangt waren. Dann wurde ihnen befohlen, abzusteigen. Claudia hielt die Hand von Denise, John nahm Nick in die Arme und setzte ihn auf dem Boden ab.
Es war sonniges Wetter, sie blieben einen Moment lang stehen und schauten sich um. Sie sahen eine sieben Meter hohe, steinerne Palisade mit Wachposten an den Ecken der Schutzmauern und ein großes Tor mit zwei Wachposten davor. Der Platz vor dem Anwesen war recht groß. Auf der linken Seite der Umzäunung stand das Herrenhaus aus der spanischen Zeit der Besatzung. Das Herrenhaus hatte drei Stockwerke und eine Mansarde.
Der Putz war sonnengelb gestrichen, die Simse, Fensterrahmen und das Mauerwerk waren in weißer Farbe angemalt. Zum Haus führte eine etwa 25 Meter breite Treppe, die sechs Säulen aus weißem Marmor zierten die Eingangspassage. Die Eingangstüre hatte oben einen Bogen, sie war aus Holz und glänzend klar lackiert, die Türgriffe bestanden aus goldfarbigen Beschlägen, wahrscheinlich poliertes Messing. Das Haus sah recht freundlich aus, und es waren überall Blumen in den Rabatten und auf den Simsen vor dem Haus gepflanzt. Linkerhand vom Haus, etwas zurückversetzt, standen vier Geländefahrzeuge nebeneinander und ein Panzer. Dahinter war ein Holzverschlag mit einem Dach und gestapelten Fässern darunter, es schien das Treibstoffdepot zu sein.
Auf einmal wurde es laut, ein Motorfahrzeug kam näher, Kettengerassel war zu hören. Danach wurde es mordsmäßig laut, ein Dröhnen, das immer näher kam. Links vom Haus fuhr der Panzer auf den Vorplatz. Der Lärm war ohrenbetäubend. Nick hielt sich die Ohren zu. Der Panzer fuhr an den Geiseln vorbei in Richtung Ausgang. Das Tor wurde dem Panzer von den zwei Soldaten geöffnet. Er fuhr unter dem Torbogen durch. Als der Fahrer beschleunigte, stieß das Gefährt dicken, blauschwarzen Rauch aus dem Auspuff aus. Der Panzer rollte rasselnd und kesselnd bis an die 200 m entfernte Kreuzung, dann bog er nach links ab. Die Raupen wirbelten den Boden auf, heißer Staub wurde vom Wind weggetragen.
Das Tor wurde von den bewaffneten Männern gleich wieder geschlossen. Als der Lärm verstummte, kam ein hochrangiger Militär mit einer Schirmmütze, umrandet mit vier dicken Streifen, vier goldene Sterne am Revers, Kragen und den Schultern, die Treppe herunter, gefolgt von einem Hauptmann und zwei Leutnants. Er befahl den Männern, abzurücken. Die Militärs salutierten, setzten sich in die Wagen und fuhren davon.
Der General lächelte freundlich, mit einem weißen Taschentuch tupfte er sich die Stirn und den Nacken ab, dann versorgte er das Taschentuch wieder und nahm seine schwarze Gerte, klemmte sie sich unter die linke Achsel. Er streckte Claudia die Hand entgegen und sagte:
„Sehr geehrte Frau Hardstone, willkommen im Casa Armoya.“ Claudia konnte nicht anders und streckte ihm die Hand entgegen. Der General küsste charmant die Hand von Claudia, dann begrüßte er auch John mit einem kräftigen Händedruck:
„Sehr geehrter Herr Hardstone, ich freue mich außerordentlich, Sie in Compendo begrüßen zu dürfen. Darf ich mich kurz vorstellen, mein Name ist Esteban Ramon Armoya, aber alle nennen mich
John hatte nicht gut geschlafen, er war seit fünf Uhr wach. Als er Besteck und Geschirr klimpern hörte, stand er auf. Er verließ das Schlafzimmer und ging in die Suite. Dort sah er Anna, die das Frühstück zu Tisch servierte. Als sie John sah, lachte sie herzlich und sagte: „Hola, Mr. John, sind Sie schon wach, ich hoffe, Sie haben gut geschlafen?“
„Guten Morgen Anna, Sie sind aber früh bei der Arbeit.“ Sie lachte und sagte in gebrochenem Englisch: „Auf dem Land stehen wir früher auf als die in der Stadt.“
„Woher wissen Sie das?“
„Ich habe früher in San Diego gearbeitet, bei einer reichen Familie.
Dort habe ich gelernt, Englisch zu sprechen.“
„Sie sprechen gut Englisch, Anna. Wie lange arbeiten Sie denn schon für den General?“ Sie lachte:
„In einem Monat sind es fünf Jahre, hei, wie die Zeit vergeht.“ Als Anna mit dem Tischeindecken fertig war, sagte sie: „Dr. John, ich hoffe, Sie haben, was Sie brauchen, sonst rufen Sie an, ich bin in der Küche.“ John bedankte sich und setzte sich an den Tisch. Es lag sogar eine ungelesene Zeitung von gestern für ihn bereit.