Parker stellt den "Grauen Frosch" - Günter Dönges - E-Book

Parker stellt den "Grauen Frosch" E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Die lange Liste der Einkäufe, die Josuah Parker im Auftrag seiner Herrin getätigt hatte, war fast abgehakt. Jetzt stand nur noch ein Abstecher zu Alfred Coneys Delikatessengeschäft auf dem Programm. Der Laden lag etwas abseits an der Barnet Grove in Bethnal Green, so daß der Butler nur gelegentlich dorthin kam. Trotzdem fiel ihm schon von weitem auf, daß heute etwas anders war. Auf dem Gehweg vor dem Geschäft standen rund ein Dutzend Mopeds, und während Parker nach einem Abstellplatz für sein hochbeiniges Monstrum Ausschau hielt, quoll unvermittelt ein ganzer Pulk junger Burschen aus der Ladentür. Alle waren mit abgeschabten Jeansanzügen bekleidet und hatten sogenannte Matchbeutel geschultert. Im Nu schwangen sie sich auf ihre fahrbaren Untersätze und brausten davon – jeder in eine andere Richtung. Sekunden später war auch der letzte von ihnen in einer der kleinen Seitenstraßen verschwunden. Würdevoll und gemessen entstieg der Butler seinem eckigen Gefährt und überquerte die Straße. Parker war ein Mann von schwer zu bestimmendem Alter, dessen glattes Gesicht nur selten Reflexe einer Gefühlsbewegung zeigte. Er war von eher durchschnittlicher Statur und trug gewöhnlich einen schwarzen Zweireiher von herkömmlichem Schnitt. Der schwarze Bowler auf dem leicht ergrauten Haupt und der altväterlich gebundene Regenschirm am angewinkelten Unterarm rundeten seine stets etwas steif wirkende Erscheinung ab. Hinzu kamen ungemein gepflegte Umgangsformen und eine schier unerschütterliche Höflichkeit. Josuah Parker stellte das Urbild eines hochherrschaftlichen britischen Butlers dar, wie man ihn auch in London nicht mehr häufig antraf, höchstens in Filmen und im Fernsehen. Aufmerksam registrierte er, wie drei Kundinnen gleichzeitig durch die enge Ladentür ins Freie drängten. Auf der Eingangsstufe blieb das Trio stehen, schaute in alle Richtungen und schüttelte die Köpfe. »Die sind natürlich längst über alle Berge, Mister Coney«, rief eine der wohlgenährten Damen in den Laden hinein. Sekunden später tauchte das schmale Gesicht des etwa fünfzigjährigen Geschäftsinhabers in der Türöffnung auf. »Man erlaubt sich, einen möglichst angenehmen Tag zu wünschen, Mister Coney«

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Butler Parker – 256 –

Parker stellt den "Grauen Frosch"

Günter Dönges

Die lange Liste der Einkäufe, die Josuah Parker im Auftrag seiner Herrin getätigt hatte, war fast abgehakt. Jetzt stand nur noch ein Abstecher zu Alfred Coneys Delikatessengeschäft auf dem Programm.

Der Laden lag etwas abseits an der Barnet Grove in Bethnal Green, so daß der Butler nur gelegentlich dorthin kam. Trotzdem fiel ihm schon von weitem auf, daß heute etwas anders war.

Auf dem Gehweg vor dem Geschäft standen rund ein Dutzend Mopeds, und während Parker nach einem Abstellplatz für sein hochbeiniges Monstrum Ausschau hielt, quoll unvermittelt ein ganzer Pulk junger Burschen aus der Ladentür.

Alle waren mit abgeschabten Jeansanzügen bekleidet und hatten sogenannte Matchbeutel geschultert. Im Nu schwangen sie sich auf ihre fahrbaren Untersätze und brausten davon – jeder in eine andere Richtung. Sekunden später war auch der letzte von ihnen in einer der kleinen Seitenstraßen verschwunden.

Würdevoll und gemessen entstieg der Butler seinem eckigen Gefährt und überquerte die Straße.

Parker war ein Mann von schwer zu bestimmendem Alter, dessen glattes Gesicht nur selten Reflexe einer Gefühlsbewegung zeigte. Er war von eher durchschnittlicher Statur und trug gewöhnlich einen schwarzen Zweireiher von herkömmlichem Schnitt.

Der schwarze Bowler auf dem leicht ergrauten Haupt und der altväterlich gebundene Regenschirm am angewinkelten Unterarm rundeten seine stets etwas steif wirkende Erscheinung ab. Hinzu kamen ungemein gepflegte Umgangsformen und eine schier unerschütterliche Höflichkeit.

Josuah Parker stellte das Urbild eines hochherrschaftlichen britischen Butlers dar, wie man ihn auch in London nicht mehr häufig antraf, höchstens in Filmen und im Fernsehen.

Aufmerksam registrierte er, wie drei Kundinnen gleichzeitig durch die enge Ladentür ins Freie drängten. Auf der Eingangsstufe blieb das Trio stehen, schaute in alle Richtungen und schüttelte die Köpfe.

»Die sind natürlich längst über alle Berge, Mister Coney«, rief eine der wohlgenährten Damen in den Laden hinein.

Sekunden später tauchte das schmale Gesicht des etwa fünfzigjährigen Geschäftsinhabers in der Türöffnung auf.

»Man erlaubt sich, einen möglichst angenehmen Tag zu wünschen, Mister Coney«, sagte der Butler Und lüftete höflich den Bowler.

»Danke, Mister Parker. Aber das hätten Sie mir früher wünschen sollen«, entgegnete Coney und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er machte einen nervösen und zugleich wütenden Eindruck.

»Man geht vermutlich recht in der Annahme, daß Ihnen Ungelegenheiten bereitet wurden, Mister Coney?« erkundigte sich Parker beim Eintreten.

»Kann man wohl sagen«, bestätigte der Delikatessenhändler. »Eine Unverschämtheit ist das!«

»Darf man erfahren, was Sie damit konkret zu meinen geruhen, Mister Coney?« hakte der Butler interessiert nach. Er hatte sich bereits im Laden umgeblickt, ohne irgendwelche Hinweise entdecken zu können, wodurch die jugendlichen Mopedfahrer den sonst so ruhigen Geschäftsmann in Rage gebracht hatten. Denn daß es um die jungen Leute ging, die mit Sicherheit nicht zu seiner Stammkundschaft zählten, war eindeutig.

»Haben Sie die Burschen in den Jeansanzügen gesehen, die eben mit den Mopeds davongebraust sind, Mister Parker?« vergewisserte sich Coney.

»Meine Wenigkeit zählte genau zwölf sogenannte Halbstarke, Mister Coney«, antwortete Parker. »Sofern man nicht sehr irrt, war kaum einer der jungen Leute älter als sechzehn Jahre.«

»Stimmt. Es waren lauter junge Burschen, fast noch Kinder«, nickte der Delikatessenhändler. »Umso mehr wundert mich die Dreistigkeit, mit der sie vorgingen.«

»Vermutet man unter Umständen recht, daß Sie beraubt wurden, Mister Coney?« wollte der Butler endlich zum Kern der Sache vorstoßen.

»Ob das Raub oder Diebstahl war, müssen die Juristen entscheiden«, teilte der Ladeninhaber mit. »Sie gingen einfach an die Regale, stopften ihre Matchbeutel voll und marschierten wieder raus.«

»Kann und muß man Ihre Äußerung so verstehen, daß niemand es wagte, die Jugendlichen von ihrem Tun abzuhalten?« fragte Parker.

»Wer denn? Außer mir waren doch nur ein paar Frauen im Laden«, gab Coney mit hilfloser Miene zurück. »Ich wollte mich den Burschen an der Kasse in den Weg stellen, aber sie schoben mich einfach beiseite.«

»Die Polizei wird in fünf Minuten hier sein, Mister Coney«, meldete in diesem Augenblick eine junge Verkäuferin, die nebenan telefoniert hatte.

»Danke, Miß Henderson«, sagte der Geschäftsinhaber. »Nur wird uns das nichts mehr nützen.«

»Wenn die Polizei die Burschen ausfindig machen will, ist das genauso, als würde sie Stecknadeln in einem Heuhaufen suchen«, pflichtete eine der Kundinnen, die inzwischen in den Laden zurückgekehrt waren, Coney bei.

»Ganz schön raffiniert, diese kleinen Gangster«, setzte die zweite hinzu. »Kommen aus allen Himmelsrichtungen und flüchten in alle Himmelsrichtungen. Wie soll man sie da fassen?«

»Darf man Ihren Worten entnehmen, daß Sie Gelegenheit hatten, die Ankunft der Bande zu beobachten, Madam?« wandte sich Parker an die Frau.

»Ich war gerade hereingekommen und hatte die Tür hinter mir zugemacht«, wußte die Zeugin zu berichten. »Da kamen Mopeds von links, von rechts und aus der Querstraße gegenüber. Innerhalb von Sekunden war der ganze Bürgersteig voll.«

»Eine Beobachtung, die den Schluß nahelegt, daß das geschilderte Manöver sorgfältig trainiert und geplant wurde«, bemerkte der Butler und wandte sich wieder Coney zu. »Darf man unter Umständen erfahren, was die jungen Leute entwendet haben?«

»Genau haben wir’s natürlich noch nicht aufgenommen, Mister Parker«, erwiderte der Delikatessenhändler. »Aber sie haben ihre Matchbeutel mit allem vollgepackt, was gut und teuer ist: Mehrere Flaschen Champagner, einen ganzen Parmaschinken, Kaviar ...«

»Ist Ihr Laden nicht vor längerer Zeit schon mal von so einer Bande überfallen worden, Mister Coney?« meldete sich in diesem Augenblick die dritte Kundin zu Wort.

»Stimmt«, gestand Coney nach kurzem Zögern. »Aber das ist bald drei Jahre her.«

»Demnach dürfte es sich wohl kaum um die nämlichen Täter gehandelt haben, Mister Coney«, mutmaßte Parker.

»Nein, nein, es waren andere«, antwortete der Geschäftsmann, dem das Thema irgendwie unbehaglich zu sein schien. »Aber der Überfall ist auch nie aufgeklärt worden.«

Der Butler wollte gerade die nächste Frage nachschieben, als draußen die Streifenwagen der Polizei vorfuhren. Als hätte ihre Eile jetzt noch einen Sinn, sprangen die Beamten aus den Fahrzeugen und kamen im Laufschritt näher.

»Bitte, entschuldigen Sie mich«, sagte Coney mit einer angedeuteten Verbeugung und ging den staatlichen Ordnungshütern entgegen.

Während die Bobbies nach dem Hergang des Geschehens fragten und die Namen von Zeugen notierten, ließ Parker sich von der jungen Verkäuferin eine Auswahl exotischer Früchte zusammenstellen, zahlte und steuerte dann gemessen und würdevoll zum Ausgang.

»Und Sie waren nicht im Laden, als der Überfall geschah?« sprach einer der Beamten ihn an.

»Meine Wenigkeit bedauert aufrichtig, Ihre Frage mit einem klaren Nein beantworten zu müssen«, erwiderte der Butler und lüftete im Hinausgehen andeutungsweise die schwarze Melone.

*

Josuah Parker wurde ungeduldig erwartet.

»Wo haben Sie denn so lange gesteckt, Mister Parker?« erkundigte sich Agatha Simpson mürrisch. »Wir haben schon Teezeit.«

»Man bittet um Nachsicht und wird umgehend den Tee servieren, Mylady«, antwortete der Butler und verneigte sich andeutungsweise. Anschließend ging er steif, als habe er einen Ladestock verschluckt, in die im Souterrain gelegene Wirtschaftsküche.

Es dauerte nur Minuten, bis er mit köstlich duftendem Früchtekuchen, knusprigem Blätterteiggebäck und einer Auswahl feinster Pralinen zurück war. Parker schenkte Mylady spritzigen Darjeelingtee der ersten Pflückung ein und trat dann in seiner unnachahmlichen Art einen halben Schritt zurück.

Wohlgefällig musterte Agatha Simpson die schmackhaften Erzeugnisse der Konditorkunst, ehe sie beherzt mit einer silbernen Gabel in den Früchtekuchen stach.

Agatha Simpson hatte die Sechzig überschritten, aber noch nichts von ihrem Temperament eingebüßt. Ihre Energie widmete sie dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen und erzielte dabei Erfolge, die selbst Scotland Yard neidisch machten.

Mylady hielt sich für die Detektivin des Jahrhunderts, in Wahrheit war es aber Parker, der die Fäden der Ermittlungen zog und die Fettnäpfchen aus dem Weg räumte, in die seine Herrin immer lustvoll trat.

Obwohl die energische Dame mit dem Blut- und Geldadel der Insel aufs engste verschwistert und verschwägert war und selbst über immense Besitztümer verfügte, erweckte sie mit Vorliebe den Eindruck, der Bettelstab sei ihr unausweichliches Los.

Ihr Steckenpferd war die Kriminalistik. Da spielte Geld keine Rolle. Sonst aber zeigte sich die ältere Dame ausgesprochen kostenbewußt, sofern man nicht unverblümt von geradezu schottischem Geiz sprechen möchte.

»Gab es etwas Neues in der Stadt, Mister Parker?« erkundigte sich die passionierte Detektivin, während der Butler ihr das zweite Stück Kuchen vorlegte und Tee nachschenkte.

»Mit Verlaub – fast wäre meine Wenigkeit Augenzeuge eines Überfalls geworden, Mylady«, teilte Parker mit unbewegter Miene mit.

»Überfall?« horchte die ältere Dame auf. »Wer ist überfallen worden? Sie, Mister Parker?«

»Keineswegs und mitnichten, Mylady«, konnte der Butler zu ihrer Beruhigung antworten. »Eine Gruppe motorisierter Jugendlicher deckte sich in Mister Coneys Delikatessengeschäft mit den Zutaten für ein Bankett mittlerer Größenordnung ein.«

»Nun, das kommt heute schon mal vor, Mister Parker«, erwiderte Lady Simpson gelangweilt und konzentrierte sich wieder auf die lebenswichtige Kalorienzufuhr. »Jugendliche zu allen Zeiten begingen Streiche.«

»Nichts liegt meiner bescheidenen Wenigkeit ferner, als Mylady zu widersprechen«, meldete Parker auf seine höfliche Art Widerspruch an. »Dennoch dürfte der Hinweis erlaubt sein, daß der Mister Coney zugefügte Schaden den Rahmen eines Jugendstreiches durchaus zu sprengen in der Lage ist.«

»Wie auch immer. Das ist ein Fall für die Polizei, aber nicht für eine Kriminalistin, Mister Parker«, zeigte Lady Agatha ihr Desinteresse.

»Wie man beiläufig erfahren konnte, war Mister Coneys Geschäft nicht zum ersten Mal Ziel eines Überfalls«, ließ der Butler verlauten und machte die Hausherrin hellhörig.

»Ich vermute also eine organisierte Bande am Werk, Mister Parker?« vergewisserte sie sich.

»Eine Möglichkeit, die Mylady zumindest in Betracht ziehen dürften, falls man sich nicht gründlich irrt.«

»Profis würden ja nie ein Geschäft überfallen, um sich mit Lebensmitteln einzudecken, Mister Parker.«

»Eine Feststellung, die man mitnichten anzweifeln möchte, Mylady. Bei der Mitnahme der erwähnten Waren dürfte es sich um eine Art Nebeneffekt handeln.«

»Schutzgelderpressung also, Mister Parker?«

»Eine Annahme, die Mylady keinesfalls ausschließen dürften.«

»Haben Sie Mister... Wie hieß der Konditor noch, Mister Parker?«

»Mylady dürften den Delikatessenhändler Alfred Coney zu meinen belieben«

»Richtig, Poney«, nickte die Hausherrin. »Warum haben Sie Mister Poney nicht gleich auf den Zahn gefühlt, wenn Sie schon mal da waren?«

»Nichts anderes beabsichtigte meine bescheidene Wenigkeit, Mylady«, versicherte der Butler. »Indes machte sich das Eingreifen mehrerer Polizisten störend bemerkbar, daß eine Fortsetzung der Unterhaltung mit Mister Coney wenig sinnvoll erschien.«

»Nun, die Polizei bekommt ohnehin nichts heraus, Mister Parker«, tat die resolute Dame ihre Einschätzung kund. »Die ist schon mit der Regelung des Verkehrs überfordert. Ich werde mich der Sache also annehmen.«

»Wie Mylady zu meinen belieben.«

»Die Lümmel entgehen mir nicht, Mister Parker. Das ist noch keinem gelungen«, warf Mylady sich in die ohnehin üppige Brust.

»Eine Feststellung, der man sich vorbehaltlos anschließen kann, Mylady«, erwiderte Parker höflich und deutete eine Verbeugung an.

*

Die Zeiger der viktorianischen Standuhr rückten auf die Mitternachtsstunde zu. Das Kaminfeuer flackerte nur noch müde. Kurz vorher hatte Lady Agatha sich in ihre privaten Gemächer im Obergeschoß zurückgezogen, um taktische Studien zu treiben, wie sie es nannte.

Als Material dazu dienten der exzentrischen Lady Videokassetten mit Kriminalfilmen, die der Butler regelmäßig besorgte. Auch jetzt hatte Mylady wieder einen Actionfilm eingelegt, wie man der Geräuschkulisse entnehmen konnte.

Während Parker in der verschwenderisch ausgestatteten Wohnhalle mit routinierten Handgriffen für Ordnung sorgte, drangen Schüsse, Schreie und Reifenquietschen an sein Ohr. Er kannte diese Art taktischer Studien aus jahrelanger Erfahrung und ließ sich dadurch nicht im geringsten irritieren.

Erst als der Butler ein Telefonklingeln wahrnahm, das offenbar nicht von der Tonspur des Films stammte, unterbrach er seine Tätigkeit, stellte das Silbertablett ab und lenkte seine Schritte in Richtung Diele.

»Hier bei Lady Simpson. Josuah Parker am Apparat«, meldete er sich in seiner förmlichen Art.

»Guten Abend, Mister Parker«, reagierte die leicht näselnde Stimme des unbekannten Anrufers. »Gut, daß ich Sie um diese Zeit noch erreiche.«

»Darf man möglicherweise die Frage vorausschicken, mit wem man die Ehre und das Vergnügen hat?« erkundigte sich Parker.

»Mein Name sagt Ihnen nichts. Er tut auch nichts zur Sache«, wich der Mann am anderen Ende der Leitung aus. »Ich möchte Sie nämlich bitten, einem Freund zu helfen.«

»Eine Mitteilung, die man nicht ohne Überraschung zur Kenntnis nimmt, Mister ...«

»Nein, nein, mit diesem alten Trick entlocken Sie mir meinen Namen nicht, Parker«, erwiderte der Anrufer. »Aber es stimmt doch, daß Sie als Privatdetektiv tätig sind?«

»Mylady genießt einen außerordentlichen Ruf als Detektivin, falls die Anmerkung erlaubt ist«, sagte der Butler korrigierend.

»Aber in der Szene weiß fast jeder, daß Sie die eigentliche Spürnase sind, Parker«, widersprach der Unbekannte.

»Darf man erfahren, in welcher Angelegenheit Sie anrufen?« überging Parker den Einwurf.

»Mein Freund ist Inhaber einer Kneipe an der Musbury Street in Stepney«, kam sein Gesprächspartner zur Sache. »Heute abend wurde sein Lokal überfallen.«

»Vermutet man unter Umständen recht, daß es sich um Rivalitäten handelt, wie sie in der Szene keineswegs unüblich sind?« wollte der Butler wissen.

»Nein, das waren keine Profis«, wußte der Anrufer zu berichten. »Es handelte sich um eine Bande von Jugendlichen mit Mopeds.«

»Wäre es Ihnen unter Umständen möglich, das fragliche Geschehen konkreter zu schildern?« fragte Parker in beiläufigem Ton, obwohl der letzte Satz ihn hellhörig gemacht hatte.

»Es waren zwölf Mann. Sie kamen schon am frühen Abend, als die Kneipe noch leer war«, erzählte der Unbekannte mit der näselnden Stimme. »Sie riegelten die Tür von innen ab und funktionierten das Lokal zu einer Art privatem Partykeller um. Mein Freund und seine Serviererin mußten tun, was die Burschen verlangten.«

»Eine nicht unbedingt alltägliche Form von Überfall«, warf der Butler ein. »Demnach dürfte der Vorwurf auf Nötigung und Zechprellerei lauten, falls man sich nicht täuscht.«

»Zechprellerei noch nicht mal, Parker«, schränkte der Mann am anderen Ende ein. »Die Bande brachte nämlich alles mit, was sie zum Feiern brauchte: Champagner, Kaviar, Schinken – alles vom Feinsten.«

»Sollte man von der Annahme ausgehen, daß die Jugendlichen sich noch in dem fraglichen Lokal aufhalten?« erkundigte sich Parker.