Paul Temple - die verschollenen Fälle - Francis Durbridge - E-Book

Paul Temple - die verschollenen Fälle E-Book

Francis Durbridge

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Beschreibung

Wenn der erfolgreiche Kriminalschriftsteller und renommierte Detektiv Paul Temple ins Spiel kommt, dann hat kein Ganove mehr etwas zu lachen. Eigentlich wollte sich Paul mit seiner Frau Steve nach Klärung des aufregenden Falls Gregory endlich etwas ausruhen, doch daraus wird nichts. Immer wieder wird Temple in mysteriöse Morde, Überfälle, Einbrüche, Diebstähle und Betrügereien verwickelt. Sir Graham und Inspektor Vosper sehen alt aus, denn Paul löst seine Fälle wie gewohnt auf ganz unkonventionelle Art und Weise ... Dieser Sammelband enthält 20 bisher nie als Buch veröffentlichte Kurzgeschichten von Kultkrimiautor Francis Durbridge (1912–1998), 12 davon wurden erst 2017 durch Auffinden verschollen geglaubter Unterlagen des Autors in einem seiner Schreibtische wiedergefunden und erscheinen nun weltweit erstmals – eine absolute Sensation! Die vorliegende Ausgabe, die anlässlich des 20. Todestages des Schriftstellers auf den Markt kommt, enthält zusätzlich eine umfangreiche Einleitung von Nicholas Durbridge und ein ausführliches Vor- und Nachwort des Übersetzers und Durbridge-Experten Dr. Georg Pagitz.

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EPUB

Seitenzahl: 211

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Impressum

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe:

© PIDAX 2018

Pidax film media Ltd.

Platanenweg 3, 66292 Riegelsberg/Deutschland

www.pidax-film.de

Copyright © Francis Durbridge,

1946, 1947, 1950, 1951, 1952, 1960, 1971

Übersetzung, Vor- und Nachbemerkungen

© Dr. Georg Pagitz, 2015, 2016, 2017

Einleitung © Nicholas Durbridge, 2018

Umschlagfoto: Dmitriy Cherevko/123rf.com

Druck und Bindung: CPI – Clausen & Bosse, Leck

Printed in Germany

Erste Auflage 2018

ISBN 978-3-95988-117-3

Über das Buch

Wenn der erfolgreiche Kriminalschriftsteller und renommierte Detektiv Paul Temple ins Spiel kommt, dann hat kein Ganove mehr etwas zu lachen. Eigentlich wollte sich Paul mit seiner Frau Steve nach Klärung des aufregenden Falls Gregory endlich etwas ausruhen, doch daraus wird nichts. Immer wieder wird Temple in mysteriöse Morde, Überfälle, Einbrüche, Diebstähle und Betrügereien verwickelt. Sir Graham und Inspektor Vosper sehen alt aus, denn Paul löst seine Fälle wie gewohnt auf ganz unkonventionelle Art und Weise ...

Dieser Sammelband enthält 20 bisher nie als Buch veröffentlichte Kurzgeschichten von Kultkrimiautor Francis Durbridge (1912–1998), 12 davon wurden erst 2017 durch Auffinden verschollen geglaubter Unterlagen des Autors in einem seiner Schreibtische wiedergefunden und erscheinen nun weltweit erstmals – eine absolute Sensation!

Diese Ausgabe, die anlässlich des 20. Todestages des Schriftstellers auf den Markt kommt, enthält zusätzlich eine umfangreiche Einleitung von Nicholas Durbridge und ein ausführliches Vor- und Nachwort des Übersetzers und Durbridge-Experten Dr. Georg Pagitz.

Über den Autor

Francis Henry Durbridge (25.11.1912–11.04.1998) gilt als einer der erfolgreichsten Kriminalautoren des 20. Jahrhunderts. Der Durchbruch gelang dem glühenden Bewunderer von Edgar Wallace im Alter von nur 25 Jahren mit einem mehrteiligen Hörspiel, das den Amateurdetektiv Paul Temple zum Protagonisten hatte. Durch seine geschickten Wendungen und Cliffhanger am Ende jeder Episode bannte Durbridge die Zuhörerinnen und Zuhörer jede Woche neu vor die Radiogeräte. 1968 ging die letzte mehrteilige Paul-Temple-Reihe auf Sendung. Die Hörspiele wurden erfolgreich übersetzt und in viele Dutzend Länder verkauft. In Deutschland gelangten sie mit der Stimme von René Deltgen zum Kult.

Nach Etablierung des Fernsehens in Großbritannien war Durbridge ab 1952 derjenige Autor, der das Potenzial von serieller Erzählweise erkannte. In Deutschland, wo er mit Reißern wie Das Halstuch, Melissa, Tim Frazer oder Das Messer besonders populär war, wurde durch und für ihn der Begriff ‚Straßenfeger‘ geprägt. Er erreichte Einschaltquoten von bis zu 93 Prozent.

Francis Durbridge

Paul Temple - die verschollenen Fälle 20 Kurzgeschichten

Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Georg Pagitz

Mit einer Einleitung von Nicholas Durbridge und

Inhaltsverzeichnis

Einleitung von Nicholas Durbridge
Vorbemerkungen von Dr. Georg Pagitz
1. Paul Temples weiße Weihnacht
2. Ein Geschenk für Paul
3. Paul Temple und der flüchtige Mr. Wade
4. Paul Temple und die Affäre Elstree
5. Paul Temple und »der Oberst«
6. Paul Temple und die Granville-Schwestern
7. Paul Temple und der Fall Crawford
8. Paul Temple trifft einen alten Freund
9. Paul Temple und die exzentrische Millionärin
10. Paul Temple und das Mädchen in Grau
11. Paul Temple und das Geheimnis der Garage
12. Paul Temple und die blonde Kassiererin
13. Paul Temple und die Autodiebstähle
14. Paul Temple und der dunkelhäutige Fremde
15. Paul Temple und der Langfinger
16. Ein Geschenk von Paul Temple
17. Paul Temple und die Puppe des Bauchredners
18. Paul Temple und die Nachtigall
19. Tödliche Kaffeepause
20. Die Dame in der Villa
Nachbemerkungen des Übersetzers
Anhang

Einleitung von Nicholas Durbridge

Von den späten 1930ern bis zu den 1970ern war mein Vater Francis Durbridge ein vertrauter Name im Vereinigten Königreich, in Deutschland und in anderen Teilen Europas, berühmt für seine Radio-, Fernseh- und Theaterkrimis mit häufigen Wendungen und Cliffhanger-Enden.

Francis Durbridge wurde 1912 in Yorkshire, England, geboren und stammt aus einer wohlhabenden Mittelklassefamilie. Sein Vater hieß auch Francis, was bis zu diesem Zeitpunkt eine Familientradition war. Er war Einzelhandelsmanager bei F. W. Woolworth und stieg auf zum Leiter der Midland-Region, die damals den florierendsten Teil der Handelskette darstellte. Nachdem er als junges Kind oft umgezogen war, besuchte mein Vater das Gymnasium in Bradford und ging dann nach Birmingham, wo er sein Abschlussjahr absolvierte, bevor er auf die dortige Universität kam.

Francis Durbridge wollte immer schon Krimis schreiben. Dies war auch unter seinen Schulfreunden allgemein bekannt. Als ihn ein Klassenlehrer einmal fragte, was er denn werden wollte, sprang ein Freund auf und antwortete für ihn: »Er wird der nächste Edgar Wallace, Sir!« Während er an der Universität war, begann er Revuesketche zu schreiben und darin aufzutreten. Das war der Moment, in dem er von einem BBC-Radioproduzenten namens Martyn C. Webster »entdeckt« wurde, der seine Schauspielerei als furchtbar einstufte. Dafür mochte er aber seine Sketche ziemlich, die im Theaterprogramm mit seinem Namen versehen waren.

Das erste Radioprogramm, das mein Vater schrieb, hieß The Three Cornered Hat für die Kinderstunde der BBC-Midland-Region. Es wurde am 25. Juli 1933 ausgestrahlt, als er gerade erst 20 Jahre alt war. Unglücklicherweise gibt es davon und von anderen Kinderstücken, die er schrieb, keine überlebende Kopie. Dies ist auf einen Brand in den 1970ern in einem Lager zurückzuführen, in dem er viele seiner frühen Werke gelagert hatte. Das betrifft auch ein einstündiges Hörspiel, Promotion, das von Martyn C. Webster inszeniert und im Oktober 1934 ausgestrahlt wurde. Es war ein großer Erfolg und bekam enorme Mengen an Fanpost. Es erzählte Drama und Leben in einem Warenhaus nach, etwas, das zweifellos auf den Erfahrungen seines Vaters aufbaute. Es folgten weitere kurze Hörspiele, Sketche und Musikkomödien, einschließlich einer Fortsetzung von Promotion, die Dolmans hieß und im Februar 1935 ausgestrahlt wurde.

Das früheste überlebende Werk meines Vaters aus jener Zeit ist ein Hörspiel mit Zwischenmusik namens Murder at the Embassy, das im August 1937 ausgestrahlt wurde. Es handelt sich dabei um eine Aufnahme auf alten 78-Inch-Platten, die ich letztes Jahr bei einer Entrümpelung hinter einem Schrank fand. Auf diesen Platten befand sich auch The Melody Man, produziert im Dezember 1937, ein weiteres Musikhörspiel, das speziell von ihm für den populären Sänger Leslie Hutchinson, der bei seinen Hörern unter dem Namen »Hutch« bekannt war, geschrieben wurde. Beide Aufnahmen waren der BBC unbekannt und sind nun Teil ihres frühen Tonarchivs.

In diesen frühen Jahren erschuf er einen Charakter, der den Grundstein für seine Karriere als Krimiautor legte: Paul Temple. Martyn C. Webster erzählte er im Laufe des Jahres 1937 erstmals, dass er eine Idee für einen Amateurdetektiv hatte und arbeitete daran, während er mit anderen Schreibaufträgen für Sketche, Revuen, Kurzhörspiele und Musik­komödien beschäftigt war.

Send for Paul Temple wurde erstmals in acht 25-Minuten-Episoden zwischen dem 8. April und dem 27. Mai 1938 ausgestrahlt und war ein großer Erfolg, der mehr Fanpost nach sich zog, als jedes andere BBC-Hörspiel zuvor. Darin wird uns nicht nur Paul Temple, gesprochen von Hugh Morton, vorgestellt, sondern auch ein weiterer Charakter, Steve Trent, die Paul Temple am Ende der Serie um ihre Hand bittet. Danach traten Paul Temple und Steve niemals getrennt auf und wurden zum ersten Ehemann-Ehefrau-Team in einer Kriminalgeschichte aufgebaut.

Mein Vater wurde oft gefragt, auf wem die Figur Paul Temple basierte. Da er diese Frage so oft gestellt bekam, dachte er sich schließlich eine Geschichte über jemanden aus, den er in einem Zug gesehen und dessen Eigenheiten er bemerkt hatte. Im vertrauten Kreis hingegen gab er zu, dass dies erfunden war und dass der Charakter ganz einfach eine Mischung aus vielen verschiedenen Dingen und Leuten war, an die er damals dachte.

Auf der anderen Seite beruht Steve ganz klar auf meiner Mutter. Mein Vater hätte das niemals zugegeben, aber er hat es auch nie geleugnet. Er lernte Norah Lawley, wie sie damals hieß, am Ende eines Schulballes kennen, als er um 1931 nach Birmingham gezogen war. Sie wurden unzertrennlich, verlobten sich 1937 und heirateten 1940. Die Bestätigung dafür, dass Steve auf meiner Mutter – die eine extrem tüchtige Frau und eine große Stütze für meinen ­Vater in dessen Karriere war – basierte, findet sich in der erzählenden Beschreibung von Steve Trent in der Romanfassung von Send for Paul Temple, herausgegeben von John Long im Juni 1938. Dort gibt es eine generelle Beschreibung, die genau auf ihre Eigenschaften passt. Sie wird mit »auffällig blauen Augen« beschrieben, genau die Farbe, die die Augen meiner Mutter hatten und auf die man sie oft ansprach.

Der Erfolg von Send for Paul Temple war derart groß, dass darauf schnell ein zweiter Einsatz für Paul und Steve folgte. Paul Temple and the Front Page Men wurde in acht 25-Minuten-Episoden zwischen dem 2. November und dem 21. Dezember 1938 ausgestrahlt. 17 weitere Paul-Temple-Serien folgten von da an bis 1965, als die letzte, Paul Temple and the Geneva Mystery, produziert wurde. Über die Jahre hinweg wurde Temple von verschiedenen Schauspielern gesprochen, etwa von Hugh Morton, Kim Peacock und Barry Morse. Es ist jedoch die Darstellung von Peter Coke, der ihn ab 1954 sprach, an die sich die Leute am besten erinnern, gemeinsam mit Marjorie Westbury, die Steve in allen Serien von 1945 ab spielte. Man erinnert sich natürlich auch an die Titelmelodie Coronation Scot, komponiert von Vivian Ellis, die die frühere Erkennungsmusik von Rimski-Korsakows Scheherazade ersetzte.

Zwei der bemerkenswertesten Dinge in der Autorenkarriere meines Vaters waren ihre Dauer und ihre Vielfältigkeit. In seinen frühen Arbeitsjahren war er außergewöhnlich erfolgreich und produktiv. Die ersten Temple-Serien wurden natürlich live ausgestrahlt. Um die Spannung aufrechtzuerhalten, wurden den Schauspielern die Skripts für die letzte Folge erst am Tag der Probe und Ausstrahlung gegeben. Auf diese Weise wusste keiner, wer von ihnen der Mörder war. Es ist nicht sicher, ob mein Vater selbst wusste, wie der Fall ausgehen würde, wenn er begann, eine Serie zu schreiben. Meine Mutter erinnerte sich mir gegenüber nämlich einmal daran, dass die Ausstrahlung einer achtteiligen Temple-Serie schon zu einem Zeitpunkt begonnen hatte, als mein Vater die letzte Episode noch gar nicht geschrieben hatte.

Zweifellos öffnete der Erfolg von Paul Temple viele Türen und Möglichkeiten. Hörspiele wurden zu Romanen und dann zu Spielfilmen. Ein Comic-Strip erschien in den London Evening News von Dezember 1950 und lief bis 1971. Mein Vater pflegte zu scherzen, dass mein Bruder Stephen und ich durch einen Cartoon ausgebildet wurden, weil mit den Einnahmen daraus unser Schulgeld bezahlt wurde – und es ist deshalb etwas ironisch, weil ich meine anschließende Berufslaufbahn mit der Vermarktung von erfolgreichen Charakteren (darunter der Paddington-Bär und Peter Rabbit) verbracht habe.

Als das Fernsehen aufkam, wählte mein Vater vorsichtig den richtigen Zeitpunkt. Er blieb noch beim Radio, während das Fernsehen seine ersten Gehversuche hinter sich brachte. Als er dazu bereit war, legte er dem Leiter der BBC-Fernsehspielabteilung die erste Fernsehserie The Broken Horseshoe vor, die 1952 ausgestrahlt wurde und die der erste von 17 weiteren separaten TV-Mehrteilern war, die von der BBC bis 1980 produziert und ausgestrahlt wurden. Diese erwiesen sich beim Publikum als extrem beliebt, nicht nur wegen ihrer typischen komplexen Handlung, sondern auch wegen der besonderen Cliffhanger-Enden. Einige davon konnten nur durch das Fernsehen erzeugt werden. Eine Episode von A Man Called Harry Brent endet damit, dass der Held Harry Brent mit seinem Sportwagen auf die Straße hinausbiegt und hinter einem Abschleppwagen fährt. Die Zuseher erkennen darin ein Fahrzeug, dass früher in der Serie bei einer Schießerei verwendet wurde. Würde sich die Hintertür öffnen und einen Mann mit einer Maschinenpistole zum Vorschein bringen, wie zuvor? Gerade, als das Publikum darauf gespannt war, was passieren würde, begann der Nachspann zu laufen, und man musste auf die Episode der folgenden Woche warten, um es herauszufinden. Der Erfolg seiner Fernsehmehrteiler war so groß, dass die BBC ihm zugestand, im Vorspann Francis Durbridge präsentiert (Francis Durbridge Presents) zu schreiben, bevor der eigentliche Titel eingeblendet wurde und bevor jede Folge begann. Er war der erste Autor, dem diese Auszeichnung zuteilwurde.

Zur rechten Zeit schaffte es Paul Temple auch auf den Bildschirm, als BBC-Koproduktion mit der deutschen Taurus-Film, in der Francis Matthews Temple und Carol Drinkwater Steve in 52 Episoden spielten, die zwischen 1969 und 1971 produziert wurden. Obwohl sie beliebt war, war sie nicht gänzlich zufriedenstellend, weil sie von anderen Autoren geschrieben wurde. Keiner von ihnen schaffte es gänzlich, das zu schreiben, was einen Durbridge-Mehrteiler einzigartig machte.

Das möglicherweise Ungewöhnlichste bei der Fernseharbeit meines Vaters lag in seiner Geschicklichkeit, was geistige Eigentumsrechte betrifft. In den frühen Tagen des Fernsehens überließen Autoren normalerweise der BBC die Weltausstrahlungsrechte und die entstandenen Sendungen wurden von der BBC rund um den Erdball verkauft, speziell in die britischen Commonwealth-Staaten. Die Honorare, die die BBC an Autoren für diese Verkäufe zahlten, waren gering, wenn sie überhaupt existierten. Aufgrund seiner Beliebtheit und dem starken Interesse der BBC, ihn nicht hinsichtlich der wachsenden Konkurrenz an das kommerzielle ITV-Sendernetzwerk zu verlieren, handelte mein Vater eine Vertragslage aus, wonach die BBC nur die Rechte an englischsprachigen Produktionen und deren Vertrieb erwarb. Demnach war er frei darin, seine Fernseharbeiten für eigenständige, länderspezifische Produktionen in Deutschland, Holland, Schweden, Finnland, Frankreich und Italien zu lizenzieren und für jede Produktion eine eigene Gage zu erhalten. Speziell die deutschen Produktionen seiner Mehrteiler waren enorm erfolgreich, viele davon wurden vom WDR produziert und waren mit den beliebtesten und führendsten Schauspielern jener Tage besetzt. Der Erfolg war so groß, dass der deutsche Bundestag auf Antrag eines Abgeordneten einmal eine Debatte vertagte, damit alle nach Hause gehen konnten, um die letzte Folge eines Durbridge-Mehrteilers zu sehen. Für meinen Vater wurde auch ein Ausdruck geprägt. Er wurde als »Straßenfeger« bezeichnet, weil deutsche Straßen, Geschäfte und Kinos auffallend ruhiger waren, wenn an einem Abend ein Durbridge-Mehrteiler ausgestrahlt wurde. Wie bei seinen Radioserien, lizenzierte er auch Romanfassungen all seiner Fernsehmehrteiler, viele davon wurden sowohl im Vereinigten Königreich als auch international veröffentlicht.

In den frühen 1970ern ging seine Fernsehkarriere langsam dem Ende zu und er begann, seine Aufmerksamkeit auf sein größtes Interesse zu legen: das Theater. Sein ganzes Leben hindurch las und sammelte er Bühnenstücke und war immer fasziniert von den technischen Herausforderungen, die ein Bühnenstück an den Autor stellte. Dies vor allem in einer Zeit, als Personenanzahl und Bühnenbilder aus Kostengründen gering gehalten wurden. Im Radio konnte man die Handlung überall herumziehen lassen und den Zuhörern durch den Ton ein Bild suggerieren, im Fernsehen konnte man Außendrehs mit einigen Kosteneinschränkungen machen. Auf der Bühne hingegen hatte sich die Handlung möglicherweise nur in einem einzigen Raum abzuspielen. Wie man Vater feststellte, war die größte Herausforderung, die Charaktere auf die Bühne und von der Bühne zu bekommen. Es gab schließlich Grenzen, wie oft ein Telefon oder die Türglocke klingeln konnte!

Bis vor Kurzem war niemandem aus der Familie sein erstes Bühnenstück in Erinnerung, das auf Send for Paul Temple und Paul Temple and the Front Page Men beruhte und im Alexandra Theatre Birmingham zwischen dem 25. Oktober und dem 6. November 1943 aufgeführt wurde. Ich bin Melvyn Barnes,­ der Francis Durbridge – A Centenary Appreciation, eine Bio- und Bibliographie, verfasst hat, zu großem Dank verpflichtet: sowohl dafür, dass er eine Kopie dieser Produktion gefunden hat, als auch für die Recherche und Bestätigung vieler jener Daten, auf die ich mich für diese Ein­leitung stützen konnte. Glücklicherweise mussten alle Theaterproduktionen 1943 genehmigt werden und das Lord-Chamberlain-Büro, das für Theaterzensur verantwortlich war, behielt immer eine Kopie des Skripts auf. Das Lord-Chamberlain-Archiv ist mittlerweile in der British Library untergebracht und so konnte, als dort vor einiger Zeit Nachforschungen angestellt wurden, eine Kopie des Skripts gefunden werden: ein über 70 Jahre unbemerktes Stück! Da die Kopie meines Vaters nicht bei seinen Unterlagen war, wurde es zweifellos durch den Brand zerstört, der so viele seiner frühen Werke vernichtet hatte.

Mein Vater kehrte zur Bühne mit Suddenly at Home (Plötzlich und unerwartet) zurück, das erstmals am Royal-Windsor-­Theater am 8. Juni 1971 aufgeführt wurde und dann ins Fortune-Theater nach London zog, wo es bis zum 16. Juni 1973 über 700 Aufführungen erlebte. Es wurde von Basil Coleman mit Gerald Harper, Penelope Keith und Rula Lenska in den Hauptrollen inszeniert und es war ein gewaltiger Erfolg mit einer überzeugenden Handlung voller unerwarteter Drehungen und Wendungen. Es war auch eine Premiere für meinen Vater: es gab einen Mord auf der Bühne direkt vor den Augen des Publikums! Sieben weitere Bühnenstücke wurden zwischen 1975 und 1993 produziert, danach nahm sein Bühnenschaffen aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes ab. Er starb am 11. April 1998. Ein letztes Stück, Fatal Encounter (Begegnung mit Folgen), wurde nicht mehr auf der Bühne gezeigt, erschien aber bei Samuel French 2002 posthum.

Die Karriere meines Vaters umspannte 60 außerordentlich produktive Jahre und war ungewöhnlich durch seine anhaltende Beliebtheit und für sein Wechseln von einem dramatischen Medium zum nächsten. Viele Autoren können sich nur auf eine Karriere als Roman- oder Fernsehautor konzentrieren und nur gelegentlich in andere Medien ausweichen. Mein Vater hingegen hatte eine durchgehend abwechslungsreiche Laufbahn, in der er für Radio, Fernsehen und Film oft gleichzeitig schrieb und später auch für das Theater. Die ganze Zeit arbeitete er außerdem mit anderen noch daran, seine Skripts für Radio und Fernsehen in Romane, Filme oder Comicstrips umzuwandeln. Zudem schrieb er Kurzgeschichten, um die ständige Nachfrage nach neuem Durbridge-Material, besonders in Hinblick auf Paul Temple, zu befriedigen.

Die Kurzgeschichten, die in dieser Sammlung veröffentlicht werden, wurden für Zeitungen oder Zeitschriften oder für das beliebte Daily Mail-Jahrbuch geschrieben. Als solches wurden sie nie alle zusammen veröffentlicht und vorher nicht ins Deutsche übersetzt. Ich bin Georg Pagitz zu Dank verpflichtet, nicht nur für die Übersetzung dieser Geschichten, sondern auch für seine Forschungsarbeit hinsichtlich der deutschen und europäischen Produktionen meines Vaters. Diese hat große Hartnäckigkeit und detektivisches Geschick seinerseits erfordert, weil viele andere Titel haben, häufig andere Figurennamen und manchmal auch einen anderen Täter als in der englischen Version des gleichen Stoffs. Da der Bekanntheitsgrad und die Beliebtheit meines Vaters in Deutschland ganz besonders groß waren, bestand das Risiko, dass eine Zeitung die Identität des Mörders durch Vergleich mit der englischen Version aufdeckte. Daher wurden Maßnahmen ergriffen, um Handlung und ­Charaktere in den deutschen Produktionen zu ändern. Die Georg Pagitz abverlangte Detektivarbeit, um all diese Änderungen herauszufinden, war Paul Temples ebenbürtig – bei Timothy!

Ich hoffe, dass die Leserinnen und Leser an den Geschichten meines Vaters Vergnügen finden werden.

Vorbemerkungen von Dr. Georg Pagitz

Der Autor

Francis Henry Durbridge (25.11.1912–11.04.1998) gilt als einer der erfolgreichsten Kriminalautoren des 20. Jahrhunderts. Der Durchbruch gelang dem glühenden Bewunderer von Edgar Wallace, der als Fünfzehnjähriger mit The Great Dutton sein erstes Theaterstück verfasste, im Alter von nur 25 Jahren mit einem mehrteiligen Hörspiel, das den Amateurdetektiv Paul Temple zum Protagonisten hatte. Durch seine geschickten Wendungen und Cliffhanger am Ende jeder Episode bannte Durbridge die Zuhörerinnen und Zuhörer jede Woche neu vor die Radiogeräte. 1968 ging die letzte mehrteilige Paul-Temple-Reihe auf Sendung, die Hörspiele wurden erfolgreich übersetzt und in viele Dutzend Länder verkauft. In Deutschland gelangten sie mit der Stimme von René Deltgen zum Kult. Der Autor selbst hatte seine Figur ab einem bestimmten Zeitpunkt »satt«, wie er in mehreren Interviews in den 1970ern bestätigte, und wollte sich auch mit anderen Stoffen profilieren.

Nach Etablierung des Fernsehens war Francis Durbridge ab 1952 derjenige Autor, der das Potential von serieller ­Erzählweise erkannte. Insgesamt 20 TV-Mehrteiler gehen auf sein Konto, die ersten wurden auch für das Kino verfilmt.

In Deutschland, wo er mit Reißern wie Das Halstuch, Melissa,­ Tim Frazer oder Das Messer besonders populär war, wurde durch und für ihn der Begriff »Straßenfeger« geprägt. Die letzte Folge von Tim Frazer, Anfang 1963 in der ARD ausgestrahlt, erreichte die nie wieder gemessene Einschaltquote von 93 Prozent. Zwischen 1959 und 1988 entstanden im deutschsprachigen Raum insgesamt 18 Fernsehkrimis und zwei Kinofilme nach Durbridge.

In den 1970ern wandte sich Durbridge mehr und mehr dem Theater zu und wurde zu einem erfolgreichen Dramatiker. Wie bei all seinen anderen Werken agierte er auch hier nach seinem Leitmotiv »Jeder lügt – nichts ist, wie es scheint«.

Als er 1998 nach schwerer Zuckerkrankheit starb (durch die Krankheit hatte er beide Beine verloren), hinterließ er ein aus über 200 Werken bestehendes Œuvre, darunter 21 Paul-Temple-Hörspiele, 37 Romane, 20 mehrteilige Fernseh­spiele und 11 Theaterstücke.

Die Welt des Paul Temple

Francis Durbridge ist noch nicht einmal 25 Jahre alt, als er die Idee hat, einen Detektiv zu schaffen, der gleichzeitig erfolgreicher Kriminalschriftsteller und Privatermittler ist. Die Figur soll Protagonist eines mehrteiligen Hörspiels für die BBC sein, das am 8. April 1938 mit Folge 1 auf Sendung geht und damit einen unglaublichen und von Durbridge sicher auch nicht erwarteten Siegeszug beginnt. Der Name der Figur sollte zunächst Mark Conway lauten, der Autor entscheidet sich aber dann doch für Paul Temple. Im ersten Roman und in verschiedenen Interviews gab Durbridge seinem Helden folgende Biografie: in Ontario als Sohn eines Generalleutnants namens Ian Temple geboren, im Alter von zehn Jahren nach England gekommen, in Oxford ausgebildet, mit 22 den ersten erfolgreichen Kriminalroman geschrieben. Seine Hobbys sind Fischen, das Sammeln von Erstausgaben alter Bücher, die Musik von Debussy und Beethoven. Steve, seine Frau, die ursprünglich Journalistin war und Louise Harvey hieß, heiratet er 1938 in der Londoner St Mary Abbots Church. Seit dem ersten Fall Send for Paul Temple ist Sir Graham von Scotland Yard ein treuer Begleiter Temples, während sowohl Inspektor Vosper als auch Diener Charlie erst seit dem siebten Hörspiel Paul Temple and the Gregory Affair mit an Bord sind.

Francis Durbridge verstand es wie kein anderer, seine ­Figur multimedial zu vermarkten. So war der schreibende Privatdetektiv Protagonist in 21 großteils mehrteiligen Hörspielen, 13 Romanen, vier Kinofilmen, 52 Fernsehfolgen, (mindestens) 18 Kurzgeschichten, einem Theaterstück und in mehr als 100 Comics. Als 1988 in Großbritannien der letzte Roman Paul Temple und der Fall Madison erschien, war Paul Temple exakt ein halbes Jahrhundert im Dienst. Zu erwähnen bleibt, dass die Temple-Hörspiele in unzählige Sprachen übersetzt worden sind, neben Deutsch, Italienisch, Niederländisch, Finnisch, Slowenisch, Kroatisch, Dänisch, Schwedisch oder Norwegisch beispielsweise auch ins Griechische, Russische oder gar ins Hebräische.

Die verschollenen Fälle

Paul Temple and the Gregory Affair (1946), 1949 in der BRD als Paul Temple und die Affäre Gregory vertont und 2014 nochmals als Zweiteiler Paul Temple und der Fall Gregory mit Bastian ­Pastewka, war die erfolgreichste und längste Paul-Temple-Serie der BBC. Über zehn Wochen hinweg saßen die Zuhörerinnen und Zuhörer Woche für Woche gebannt vor den Empfangsgeräten, um endlich zu erfahren, wer der mysteriöse Mr. Gregory war. Beflügelt durch den Erfolg der Serie wurde Francis Durbridge von drei großen Blättern (der Radio Times und der Yorkshire Evening Post beziehungsweise dem Evening Standard) gebeten, an Weihnachten 1946 eine exklu­sive Paul-Temple-Kurzgeschichte zu veröffentlichen. Geschäftssinnig wie Durbridge war, versprach er den Zeitungen eine Geschichte, ohne zu verraten, dass er für die jeweilige Konkurrenz auch eine schrieb. So erschienen Paul Temple’s White Christmas (Paul Temples weiße Weihnacht) und A Present for Paul (Ein Geschenk für Paul) in nur vier Tagen Abstand am 20. und 24. Dezember 1946 (wobei sowohl die Evening Post als auch der Evening Standard titelten, dass die Geschichte exklusiv nur für sie geschrieben worden war). Dass diese Geschichten existierten, war schon seit einigen Jahren bekannt. Erst im Zuge des Todes von Francis Durbridges Witwe Norah am 1. April 2017 im stolzen Alter von 103 Jahren machten die Söhne des Ehepaars Durbridge in einem alten Schreibtisch des Schriftstellers eine interessante Entdeckung. Darin befand sich ein dickes Einnahmenbuch, in dem Francis ­Durbridge minutiös alle Einnahmen seit seinem ersten Hörspielbeitrag 1933 aufgelistet hatte. Am 16. Januar 1947 findet sich darin der Eintrag »Evening Standard Stories 1–12« für die er jeweils 40 Pfund erhalten hatte. Bis dato wusste niemand von diesen Kurzgeschichten, die anschließend vom englischen Durbridge-Biografen Melvyn Barnes in einem Zeitungsarchiv aufgefunden werden konnten.

Die in diesem Buch abgedruckten Temple-Kurzgeschichten unterscheiden sich sowohl in der Leserzielgruppe als auch im Aufbau und in der Länge.

Die Fälle 1 und 2 wurden sozusagen als »Bonus« und Nachbereitung zum gerade erst von der BBC ausgestrahlten Fall Gregory publiziert. Die Fälle 3 bis 14 umfassen die eigentlich verschollenen und erst 2017 wiederentdeckten Geschichten. Sie sind so konstruiert, dass sich der Täter im Laufe der Geschichte mit irgendeiner Aussage oder Handlung verrät, die Temple schließlich dazu veranlasst, ihn zu überführen. Gemeinsam mit Melvyn Barnes nehme ich an, dass Francis Durbridge diese Storys möglicherweise bereits 1944 in einem Radioformat namens Weekly Detective Problems verwendet hatte, zu dem er 35 Geschichten beitrug. Dies wäre nichts Ungewöhnliches, zumal der Autor seine Stoffe gerne recycelte, überarbeitete und sie mit anderen Figurennamen nochmals herausbrachte.

Die Fälle 15 bis 17 adressieren sich schließlich nicht an Erwachsene, sondern an Jugendliche, erschienen sie doch zwischen 1950 und 1952 jeweils in einem Weihnachtssammelband für junge Leser. Fall 18 wiederum richtet sich erneut an das ältere Publikum.

Die 19. hier abgedruckte Geschichte Tödliche Kaffeepause ist ein Beispiel für Durbridges Wiederverwerten alter Geschichten. Hierbei handelt es sich eigentlich um die Geschichte von Paul Temple und die Affäre Elstree, nur ohne Paul Temple und mit leichten Kürzungen.

Den Abschluss zu diesem Band macht schließlich die neun Kapitel umfassende Kriminalerzählung Die Dame in der Villa, die ohne die Temples auskommt und die Durbridge unter dem Titel Lady At The Villa erstmals am 11. Januar 1957 in seinem Einnahmenbuch mit 900 Pfund Honorar erwähnt und bei der er als Auftraggeber »Daily Mail« notiert. Die Geschichte konnte jedoch bisher in den Archiven nicht als Fortsetzungsroman wiedergefunden werden. Seltsamer­weise trägt das mit der Maschine geschriebene Originalma­nuskript von Francis Durbridge als Copyright das Jahr 1960. Im November 1974 erschien die Story nochmals unter dem Titel The Second Chance> in einer Sonderausgabe der Radio Times.