Paulas Tage Buch - Ulrike Kuckero - E-Book

Paulas Tage Buch E-Book

Ulrike Kuckero

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Beschreibung

Endlich Klassenfahrt! Bei Paula und ihren Freundinnen steigt jeden Abend eine Party – heimlich, versteht sich. Besonders die Jungs aus der Parallelklasse sorgen für Aufregung, und Paula geht der süße Elias nicht mehr aus dem Kopf. Immer wenn sie ihn trifft, bekommt sie ganz weiche Knie. Ihr Gefühlswirrwarr ist komplett, als sie plötzlich bei einer Wattwanderung zum ersten Mal ihre Tage bekommt. Gut, dass sie ihre Freundinnen hat! Ein Buch über die erste Liebe und die Bedeutung von Freundschaft.

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Seitenzahl: 189

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Ulrike Kuckero

Paulas Tage Buch

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Endlich Klassenfahrt! Bei Paula und ihren Freundinnen steigt jeden Abend eine Party – heimlich, versteht sich. Besonders die Jungs aus der Parallelklasse sorgen für Aufregung, und Paula geht der süße Elias nicht mehr aus dem Kopf. Immer wenn sie ihn trifft, bekommt sie ganz weiche Knie. Ihr Gefühlswirrwarr ist komplett, als sie plötzlich bei einer Wattwanderung zum ersten Mal ihre Tage bekommt. Gut, dass sie ihre Freundinnen hat! Ein Buch über die erste Liebe und die Bedeutung von Freundschaft.

Über Ulrike Kuckero

Ulrike Kuckero wurde in Bremen geboren, studierte nach dem Abitur Literaturwissenschaften, Anglistik und Pädagogik in Kiel, New York und Hamburg und lebt inzwischen wieder in Bremen.

Inhaltsübersicht

Für meine Töchter ...Der schrecklichste TagAnkunft im Haus Nummer fünfEs ist die Falsche!Fünf SterneEine Hütte für sichHaus Nummer neunJungen, Chips und LehrerstressMatt im WattSo ein Pech!Drei Katastrophen sind zu viel!Flensburger SommersprossenZwei allein zu HausDie Mädchen-ArcheBodyguards und AsylKönnt ihr putzen?Mädchen-Arche-GesprächeLiebes Tage BuchZwischen Tür und AngelKuss mit AussichtErste Tage – erste LiebeKartoffelsalat und ein Extra-SternEine Fotosafari der besonderen ArtBeide

Für meine Töchter Amrei und Lilith und für Ronja

Der schrecklichste Tag

Heute war der schrecklichste Tag.

Paula kniff die Augen zu und verkroch sich noch tiefer unter der Bettdecke. Sonntag. Der Tag vor Montag. Der Tag vor der Klassenreise. Der Tag der Entscheidung.

«Und ich tu’s!», knurrte Paula missmutig unter ihrer Decke. «Ich tu’s. Ich fahr nicht mit!»

Schwungvoll stieß sie die Decke von sich und setzte sich auf. Gleich zehn Uhr. Schon seit einiger Zeit hörte sie die Mutter und Birte, ihre große Schwester, in der Küche und auf dem Flur rumoren. Hauptsache, keiner kommt rein und ruft fröhlich: «Aufstehen! Die Sonne scheint!»

Dabei war das noch nicht einmal gelogen, dachte Paula grimmig und warf einen kurzen Blick zum Fenster, hinter dem die schönste Sommersonne leuchtete. Doch Paula hatte kein Interesse am Wetter. Sie hatte auch kein Interesse am Frühstück und an sonst irgendwas. Nein, heute war der schrecklichste Tag, so viel stand fest. Am besten, sie rief sofort ihre Klassenlehrerin Frau Essigbaum an, um für die Reise abzusagen.

«Das tut mir aber Leid», würde Frau Essigbaum sagen, «bist du krank? Willst du vielleicht nachkommen, wenn du wieder gesund bist?»

Und sie? Was würde sie selbst sagen? Etwa die Wahrheit?

Auf keinen Fall, entschied Paula und ließ sich rücklings aufs Bett fallen. Nicht die Wahrheit. Die würde mich ja auslachen. Am besten Lungenentzündung oder so was Ernstes, das nicht in drei Tagen auskuriert ist. Etwas Langwieriges. Etwas Lebensgefährliches am besten, jawohl!

Die Wahrheit jedoch war keineswegs gefährlich oder langwierig, das gab Paula zu. Aber ernst war es immerhin. Sehr ernst. So ernst, dass …

Es klingelte.

Kurz und gellend.

Paulas Gedanken stoppten in voller Fahrt und prallten gegen dieses kurze, gellende Geräusch der Türklingel.

Wer kam am Sonntagmorgen um zehn?

Paula hörte Stimmen auf dem Flur, die Mutter sagte gerade: «Die ist noch in ihrem Zimmer, aber geh ruhig rein, sie ist sicher schon wach», und dann war ein Klopfen zu hören, laut wie Donnergrollen.

Judith!, schoss es Paula durch den Kopf. O nein, das ist Judith und will mit mir Rezepte für unsere Klassenreise durchhecheln! Heute war eindeutig der schrecklichste Tag in ihrem Leben, so viel stand fest.

Langsam ging die Tür auf.

«Paula? Schläfst du noch? Wir wollten doch …»

Judith steckte ihren Kopf herein und schielte zu Paulas Bett hinüber.

«Komm rein und mach die Tür wieder zu!», knurrte Paula und zog sich die Bettdecke bis zum Kinn.

Judith trat ans Bett und schaute Paula prüfend an. Dann setzte sie sich auf den Stuhl daneben und starrte Paula weiter an.

«Du bist doch nicht krank, oder?», sagte sie schließlich.

Genervt stöhnte Paula auf und packte die Bettdecke noch fester. Was sollte sie jetzt tun? Was sollte sie Judith sagen? Sollte sie lügen? Die Wahrheit sagen?

Pah, die Wahrheit! Die war so lächerlich dumm, dass Paula ächzte vor Selbstverachtung. Aber trotzdem konnte sie nicht anders. Nein, sie konnte einfach nicht mitfahren. Sie war sich so sicher, dass es jetzt passieren würde. Da konnte sie doch nicht auf Klassenfahrt fahren! Auf keinen Fall!

Mit einem Schwung schob sie die Bettdecke wieder weg und stand auf.

«Moment», murmelte sie und vermied es, Judith in die Augen zu blicken, «warte mal eben, ja? Bin gleich wieder da.»

Schnell ging sie aus dem Zimmer und rein ins Bad. Zum Glück war nicht gerade Birte drin. Wenigstens ein lichter Moment an diesem miesen Tag!, dachte Paula grimmig und sperrte hinter sich ab.

Ohne es zu wollen, schaute sie in den Spiegel. Da stand sie, Paula, zwölfeinhalb Jahre alt, langweilige Haare und zu kleiner Mund, hässlich wie der Neumond, Pickel an der Stirn und am Kinn, und wollte nicht auf diese supertolle Klassenfahrt gehen, nur weil sie fürchtete, dort zum allerersten Mal ihre Tage zu bekommen.

Bekloppt. Total bekloppt.

Wie um sich zu zeigen, wie sehr sie sich verabscheute, zog sie eine Fratze und rollte mit den Augen. Dann drehte sie das Wasser auf und knallte sich eine Ladung voll ins Gesicht. Die Kälte brannte auf ihrer Haut. Wütend schrubbte sie mit der Zahnbürste in ihrem Mund herum, doch nichts half. Das miese Gefühl blieb.

«Ich sag’s ihr, und zwar die Wahrheit, die volle Wahrheit», zischte Paula dem Spiegel zu und setzte sich auf die Toilette.

Dort wartete sie extra eine Weile.

«Eine kleine Chance hast du jetzt!», murmelte sie ihrem Bauch zu.

Doch ihr Bauch wollte seine Chance nicht. Er blieb, wie er war, und Paula musste wohl oder übel Judith die schlechte Nachricht überbringen. Schnell zog sie sich an und huschte über den Flur zurück in ihr Zimmer.

Judith stand am Fenster und blätterte in einem Kochbuch, das sie mitgebracht hatte.

«Schau mal, ist das lecker!», seufzte sie. «Hähnchenkeulen mit Crème fraîche!»

Paula schluckte. An Hähnchen wollte sie nun zu allerletzt denken. Sie atmete tief ein und konzentrierte sich.

«Tut mir Leid», fing sie an. «Äh, ich meine, verstehst du, ich kann, äh, nicht.» Dabei starrte sie auf die Hähnchenkeulen und hielt die Luft an.

Doch Judith blätterte ungerührt weiter.

«Oh», sagte sie erfreut. «Pfannkuchen. Ich weiß, dass du nicht kochen kannst. Aber ich kann doch auch nichts – außer Pfannkuchen. Sieh mal! Ganz einfach!»

Sie hielt Paula das Buch vor die Nase.

Paula schob das Buch zur Seite. «Hör mir doch mal zu!», sagte sie und setzte sich aufs Bett. «Ich meine die Klassenfahrt! Ich komm nicht mit!»

Judith ließ das Buch sinken. Es machte plopp. Das war alles, was zu hören war.

Judith starrte Paula an und bemühte sich sichtlich, ihre Worte zu verstehen. Doch ihrem Gesichtsausdruck zu folgen, gelang es ihr nicht.

«Du willst was?», fragte sie schließlich ungläubig.

Paula schluckte nervös. Wie konnte sie es ihr begreiflich machen, ohne davon zu sprechen?

«Ich …», stotterte sie ungeschickt, «ich kann nicht mitkommen. Ich … ich …» Paula stöhnte. Was sollte sie denn sagen? Sie holte tief Luft und platzte heraus: «Ich krieg bestimmt meine …»

Judith erstarrte. Wie festgefroren hielt sie das Buch in der Hand und den Blick auf Paula gerichtet.

Paula erschauerte. Nun war es fast heraus. Hatte Judith begriffen?

Da zwinkerte Judith unmerklich und sagte leise: «Du kriegst deine was? Hast du sie denn schon?»

«Was denn?», ächzte Paula.

«Deine Dingsda!»

«Dingsda? Was ist denn das für ein blöder Ausdruck! Meine Dingsda! Hab ich ja noch nie gehört!» Ärgerlich starrte Paula Judith an.

Da fing Judith an zu lachen. Prustend warf sie sich neben Paula auf die Bettdecke.

«Stimmt eigentlich!», gluckste sie, «Dingsda! Echt gut!»

«Lenk nicht ab! Raus mit der Sprache: Was soll das heißen: Dingsda?», fragte Paula gebieterisch.

Judiths Gelächter verstummte. Sie setzte sich auf, und während sie an ihrem T-Shirt nestelte, murmelte sie: «Na, du weißt schon, deine Tage natürlich. Ich wollte bloß niemanden blamieren. Sorry.»

«Blamieren?» Paulas Stimme klang jetzt echt sauer. «Ist das etwa zum Blamieren? Findest du das??»

«Neiiin,», sagte Judith gedehnt und zerrte jetzt an der Bettdecke, «aber ich … Ich weiß auch nicht. Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Echt.»

Paula schwieg.

Sie wusste, dass es so war. Paula fand, man spürte, wenn der andere die Wahrheit sagte.

Und trotzdem war sie wütend. Warum nur?

Vielleicht weil sie jetzt ihre Tage so verteidigte, als wären sie das Natürlichste der Welt. Dann kann man auch gleich mit zum Silbersee fahren, dachte Paula grimmig. Aber sie sind eben nicht das Natürlichste der Welt. Nicht, wenn man sie zum ersten Mal kriegt!

Sanft stieß Judith sie an. «Also, hast du sie schon?»

Langsam schüttelte Paula den Kopf.

Judith schien erleichtert aufzuatmen. Überrascht sah Paula sie an.

«Und du?», fragte sie leise.

Judith schüttelte den Kopf. «Nö. Ist auch nicht nötig. Danke schön, ich möchte nicht. Meine Mutter kriegt immer Migräne, wenn sie sie hat. Bestimmt erbe ich das von ihr. Nein danke!»

Judiths Stimme schnappte fast über bei den letzten Worten.

Paula sah Judith erschrocken an.

Konnte man so etwas erben? Beunruhigt überlegte sie, wie ihre eigene Mutter sich benahm. Klagte sie über Krämpfe? Kopfschmerzen? Schlechte Laune?

Doch bevor Paula weiterdenken konnte, sprach Judith schon. Sie stand wieder mitten im Zimmer, blickte in das aufgeschlagene Kochbuch und verkündete: «Lassen wir doch dieses unerfreuliche Thema! Ich hab gestern das ganze Kochbuch durchgewühlt und schon zwei tolle Sachen zum Kochen gefunden. Schau mal! Was hältst du davon?»

Paula blieb auf dem Bett sitzen.

Sie fühlte sich verwirrt.

Was wollte sie eigentlich? Und was nicht?

Wollte sie wirklich diese tolle Klassenfahrt nicht mitmachen, nur weil sie fürchtete, ihre ersten Tage ausgerechnet dann zu bekommen? Diese Klassenfahrt, auf die sich alle freuten, weil man zu sechst in eigenen Häuschen wohnte, allein einkaufen und kochen durfte, eigene kleine Feste feiern und überhaupt so frei sein konnte wie sonst nie auf Klassenfahrten? Diese Klassenfahrt, wo man angeblich so süße Jungs kennen lernte, die so gut wie immer pleite sind und sich mit allem Möglichen ihr Frühstück verdienen wollen?

Paula wusste, dass Judith sie nicht verstehen würde. Sie verstand sich selbst ja nicht mehr. Was sollte sie tun? Was wollte sie tun?

Sie ließ sich wieder rücklings aufs Bett kippen und wollte gerade den Kopf unter die Decke wühlen, da spürte sie Judith neben sich.

«Halt», sagte Judith in strengem Ton, «so geht das nicht. Du kannst doch nicht einfach hier bleiben! Was soll ich dann da machen, so ganz allein?»

«Du bist doch gar nicht allein!»

«Ohne dich schon. Soll ich etwa mit Jenny in ein Zweierzimmer? Du weißt, wir sind auch mit dir nur fünf. Also, das kannst du mir nicht antun. Womöglich kriegen wir noch welche aus der Parallelklasse ins Haus, wenn du fehlst.»

«Und die andern? Die sind doch auch noch da», sagte Paula störrisch.

«Du meinst Nevin? Okay, die ist ja nett, aber immer so still. Und Maxie nervt immer so mit ihren Navajos!»

Jetzt musste Paula doch grinsen.

Es stimmte. Jeder dritte Satz von Maxie begann mit: «Bei den Navajos ist das aber anders …»

Maxies Mutter studierte irgend so eine Wissenschaft, welche die Indianervölker und besonders die Frauen dort erforscht.

Aber dennoch … Auch Paula wäre enttäuscht, wenn sie ohne Judith fahren müsste. Also grub sie ihren Kopf nicht in die Decke, sondern setzte sich wieder auf und sah Judith an.

«Mal ehrlich», sagte sie langsam, «was wäre, wenn du sie dort kriegst?»

«Du meinst, meine Dingsda-Tage?» Judith grinste. «Also keine Ahnung. Vier Tage im Bett bleiben, nehme ich an. Oder mich ins Bad einschließen.»

«Vier Tage lang? Siehst du!» Paula triumphierte. «Das will ich euch ersparen. Ich weiß nämlich, dass ich sie jetzt bald kriege. Die Navajo-Frauen wissen das auch immer!»

«Die Navajo-Frauen!» Judith kreischte vor Vergnügen und schmiss ein Kissen nach Paula. Und schon war eine wilde Kissenschlacht in Gang, bis Paulas Schwester die Tür öffnete, um sich über den Lärm zu beschweren. Doch bevor sie den Mund öffnen konnte, flogen ihr zwei Kissen an den Kopf, und Paula und Judith riefen im Chor: «Bei den Navajo-Frauen ist das auch immer so!»

Ankunft im Haus Nummer fünf

Am Abend hatte Paula ihre Reisetasche gepackt. Sie war selbst überrascht. Und im Nachhinein konnte sie nicht mehr erklären, wie ihr Sinneswandel zustande gekommen war.

Jetzt suchte sie ihr Tagebuch. Oder sollte sie es vorsichtshalber zu Hause lassen? Sie entschied, dass sie den Schlüssel dazu an der Kette tragen konnte. Dann war es absolut sicher.

Und sollte sie ihr kleines Kuscheltier mitnehmen? Wenn Jenny das sah, würde sie bestimmt einen Lachkrampf kriegen: «Stellt euch vor, die kleine Paula schläft mit einem Teddy!»

Nein, lieber nicht. Oder nur versteckt im Kopfkissenbezug, entschied Paula.

Dann fiel ihr noch etwas ein. Sie stürzte ins Bad und griff sich drei Packungen Binden. Ob das reichen würde?

Auf dem Flur stieß sie mit ihrer Mutter zusammen. Die drei Bindenpackungen fielen auf den Boden.

«Verflixt!», rief Paula und bückte sich hektisch. Auch das noch!

Ihre Mutter stand daneben und sah ihr zu. Dann legte sie ihren Arm um Paula und sagte: «Paula, Liebes, ich hab ja gar nicht gemerkt, dass du schon deine Tage hast! Warum hast du mir nichts erzählt?»

Das war zu viel. Sie wusste auch nicht warum, doch auf einmal fing Paula an zu schluchzen. Und dann erzählte sie ihrer Mutter alles. Vom Warten und Angsthaben, von Judith und den vielen Plänen, von den Binden und dem Nicht-mitfahren-Wollen.

«Ich kann dich gut verstehen, Paula», sagte die Mutter und drückte Paula noch ein bisschen fester an sich. «Aber mach dir keine Sorgen. Wahrscheinlich kriegst du sie gar nicht. Wart mal ab, am Ende kommen sie erst in einem halben Jahr.»

«Meinst du?», rief Paula erschrocken. «Ich bin doch schon so spät dran damit!»

Ihre Mutter meinte, das wäre nun wirklich nicht der Fall. Manche Mädchen würden erst mit sechzehn ihre Tage kriegen. Und dann erzählte sie zur Aufmunterung einen Witz aus ihrer eigenen Jugendzeit: «Fragt ein kleiner Junge seinen Freund: ‹Was wünschst du dir zum Geburtstag?› – ‹o.b.s›, sagt der entschieden. – ‹Was ist denn das?›, will der Junge wissen. – ‹Weiß ich auch nicht›, antwortet der Freund, ‹aber damit kann man reiten, schwimmen und Tennis spielen.»

Paula verzog das Gesicht. Der Gedanke an Tampons hatte ihr gerade noch gefehlt. Doch die Mutter lachte vergnügt, murmelte was vom schweren Erwachsenwerden und ging in die Küche.

Dann rief zu allem Überfluss auch noch ihr Vater an, um ihr eine gute Fahrt und viel Spaß zu wünschen.

«Das wird bestimmt eine tolle Zeit», schwärmte er und wollte wissen, ob Paula am folgenden Wochenende zu ihm kommen könnte.

Paula stöhnte leise.

«Mal sehen, wie ich dann drauf bin», sagte sie vage.

Seit ihre Eltern sich vor einem Jahr getrennt hatten, wohnte Paulas Vater in einem anderen Stadtteil, und Paula besuchte ihn regelmäßig. Aber gleich nach der Klassenfahrt? Vor allem, wenn sie dann vielleicht gerade ihre Tage gekriegt hatte? Da wollte sie bestimmt nicht noch weiterfahren und bei Paps rumsitzen und sich nicht trauen, was zu erzählen. Ob Väter eigentlich wissen, dass ihre Töchter … So ’n Quatsch, unterbrach Paula diesen Gedanken und verabredete sich mit ihrem Vater für den Sonntagnachmittag.

Als Paula später im Bett lag, kam ihre Mutter kurz rein, um gute Nacht zu sagen.

«Viel Spaß», sagte sie und drückte Paula an sich. «Und ruf mal an. Vor allem, wenn du sie gekriegt hast, okay?»

 

Am nächsten Morgen musste alles so schnell gehen, dass Paula kaum zum Nachdenken kam. Duschen, Frühstücken, Brötchen und Äpfel für unterwegs schneiden, Waschsachen und Wecker einpacken, schnell noch die Haare föhnen und los.

Birte bot ihr an, die Reisetasche auf dem Fahrrad zu transportieren. Weil die Tasche wirklich schwer war und Mama schon zur Arbeit unterwegs war, nahm Paula an. Das war sehr nett von Birte.

Und so zogen die beiden Schwestern mit dem Fahrrad los.

Birte, die schon vor zwei Jahren zum Silbersee gefahren war, plauderte von Bodyguards, die abends nach zehn ihre Runden drehten, von Fernsehantennen aus Bügelhaken und von niedlichen Boys aus Flensburg.

Paula hörte nur mit einem Ohr hin. Das andere horchte nach innen.

War es heute so weit? Würden sie heute kommen?

Schnell fühlte Paula in der Hosentasche nach den Slipeinlagen, die sie eben eingesteckt hatte. Und damit gar nichts passieren konnte, hatte sie auch noch eine in ihr Höschen geklebt. Also konnte sie ganz beruhigt sein.

Dankbar für die Ablenkung hörte sie Birte weiter zu.

«Ich hoffe, ihr habt keine Rezepte ausgesucht, für die ihr einen Backofen braucht», sagte sie gerade. «Für einen Backofen muss man fünfzehn Euro extra bezahlen. Der wird einem dann reingestellt und ist so klein wie eine Mikrowelle.»

Das kümmerte Paula nun wenig. Für Pfannkuchen und Hähnchenkeulen brauchte man keinen Backofen! Und außerdem, gab es nicht wichtigere Probleme?

Die Navajo-Frauen brauchen auch keinen Backofen, dachte Paula und grinste heimlich.

Als sie in der Ferne die Schule sah und davor zwei große Busse, spürte sie so etwas wie Freude und Spannung.

Birte wuchtete die Tasche vom Gepäckträger.

«Viel Spaß also», sagte sie und klopfte Paula freundschaftlich auf die Schulter. «Und nicht vergessen: Sind die Jungens knapp bei Kasse, haben sie im Putzen Klasse! He, da geht ja Trixi!»

Schon war sie weg.

Paula packte ihre Tasche und ging auf den Pulk von Schülern, Lehrern und Eltern zu. Judith stand schon da und wartete auf sie. Paula glaubte, ein erleichtertes «Na endlich!» gehört zu haben. Ob Judith gedacht hatte, sie käme nicht?

 

Als der Bus endlich in das Feriendorf rollte, kreischten alle und stürzten an die Fenster. Hinten am Horizont glitzerte der See in der Sonne. Viele kleine Holzhäuser lagen links und rechts vom Weg, umgeben von grünen Hecken und Bäumen, auf den Wiesen dazwischen spielten Kinder, sogar ein Hund tollte herum und jagte einem Ball hinterher.

Auf einem Wendeplatz hielt der Bus und öffnete zischend seine Türen.

Paula trat in die Sonne. Alles war so hell und freundlich hier. Die Häuschen sahen gemütlich und nett aus, der Kiosk gegenüber hatte ein buntes Eisfähnchen flattern, hinten am See schien eine Gruppe Jugendlicher zu surfen. Paula atmete tief ein. Wird schon gut gehen, murmelte sie und suchte Maxie, Nevin und Judith.

Frau Essigbaum und Herr Botteblom, die beiden Klassenlehrer der siebten Klassen, riefen ihre Schüler in Gruppen zu sich.

«Häuser eins bis fünf befinden sich rechts von diesem Weg, Häuser sechs bis acht sind links hinter der Baumgruppe. Das Haus von uns Lehrern liegt leider etwas abseits», – hier pfiffen einige Schüler verheißungsvoll, «doch freut euch nicht zu früh», warnte Frau Essigbaum, «wir haben alles voll im Blick, keine Sorge! Wir wohnen in Haus zehn.»

«Haus Seeblick», ergänzte Herr Botteblom. «Ich schlage vor, die Wohngruppen gehen jetzt zu ihren Häusern und richten sich ein. Weil es schon Mittag ist und wir erst noch einkaufen müssen, wollen wir heute ausnahmsweise abends warm essen. Wir treffen uns alle um 14 Uhr in Haus eins!»

Es war halb zwölf. Die Schüler zogen in Grüppchen zu ihren Häusern. Erst jetzt bemerkte Paula, dass sie ihre Reisetasche gar nicht hatte. Sie blickte sich suchend um. Dem Himmel sei Dank! Da stand sie mutterseelenallein auf dem leeren Wendeplatz. Schnell lief sie zurück, schnappte sie sich die Tasche und eilte hinter ihren Mitbewohnerinnen her.

Bereits nach zehn Schritten fing sie an zu stöhnen. Puh, war die Tasche schwer! Das war ihr bislang gar nicht aufgefallen. Paula mühte sich mit der Tasche ab und versuchte gleichzeitig, die anderen einzuholen.

«Wartet doch», rief sie schließlich. «Meine Tasche …»

«Haus fünf! So ein langweiliger Name!», meckerte Jenny gerade.

Judith blieb stehen und griff mit der freien Hand nach Paulas Tasche. «Komm, ich helf dir», sagte sie leise. Dann stutzte sie ebenfalls.

«Hast du da Backsteine drin?», fragte sie.

«Eigentlich nicht», meinte Paula, dabei hatte sie selbst den Eindruck, dass mindestens zehn Kilo Steine in der Tasche sein mussten. Die Slipeinlagen konnten jedenfalls nicht so schwer wiegen.

«Wir können unser Haus ja umbenennen», hörte sie Nevin zu Jenny sagen. «Bei den Navajos …»

«Genau!», rief Maxie. «Bei den Navajos …»

Weiter kam sie nicht. Die Mädchen brüllten im Chor: «Bei den Navajos ist das auch so!» Nur Jenny schwieg und verzog das Gesicht.

«Nein, stimmt nicht», sagte Maxie jedoch ärgerlich. «Lasst mich doch mal ausreden! Bei den Navajos haben nur besondere Zelte Namen.»

«Unsere Hütte ist was Besonderes, das ist ja wohl sonnenklar!», bemerkte Jenny.

«Lass mich raten: Weil du drin wohnst?», sagte Judith und wechselte mit Paula die schwere Tasche auf den anderen Arm.

«Ganz recht!», sagte Jenny schnippisch und ging ein paar Schritte schneller. «Die zweite Besonderheit ist, dass wir noch ein Bett frei haben.»

«Ein Gästebett, meinst du?», fragte Maxie.

«Wie du willst», erwiderte Jenny kühl. «Wenn ich richtig informiert bin, habe ich ja ein Zimmer für mich allein, oder? Dann kann ich ja Besuch empfangen, stimmt’s? Ich hab da schon jemanden eingeladen …»

«O nein!», stöhnte Maxie. «Kaum steigt sie aus, hat sie auch schon ein date!»

«Wir werden ja sehen», sagte Judith nun sehr entschieden und stieg die kleine Treppe zur Tür von Haus Nummer fünf hoch. «Wir gehen jetzt erst einmal rein und packen unsere Sachen aus. Was dann mit Besuch ist oder nicht, entscheidet die Hausgemeinschaft, kapiert?»

Es ist die Falsche!

Die Zimmer waren toll. In jedem standen zwei Betten, dazwischen ein Tischchen, an der gegenüberliegenden Wand befand sich ein Holzschrank und ein Sessel.

In Paulas und Judiths Zimmer gab es eine Tür zum Balkon, der die ganze Vorderseite des Hauses einnahm und auch vom Zimmer neben ihnen einen Zugang hatte.

«Sieht so aus, als müssten wir uns den Balkon leider mit Jenny teilen», sagte Judith und klopfte kurz an die Balkontür von Jennys Zimmer. Doch es kam keine Antwort.

Wieder drinnen, machte Paula die Vorhänge auf und zu, klappte die Schranktüren ein paar Mal hin und her und warf sich mehrmals auf ihr Bett.

«Testphase», erklärte sie Judith, die ihr überrascht zugesehen hatte.

«Aha. Und wozu das alles?»

«Um zu sehen, ob alles funktioniert. Sonst kommen die hinterher an und sagen: Die Schranktür hat aber vor euch nicht so schief gehangen. Zehn Euro bitte sehr.» Paula warf sich noch einmal auf die Matratze. «Das weiß ich alles von Birte. Die mussten den sechsten Teller bezahlen, obwohl sie von Anfang an nur fünf hatten.»

«Fünf Teller für sechs Leute?,» sagte Judith empört. «Vielleicht sollten wir alles mal nachzählen!»

Es klopfte an der Tür, und Nevin steckte den Kopf herein.

«Bei uns fehlt ein Kopfkissen. Habt ihr vielleicht eins übrig?»