Peace - Osho - E-Book

Peace E-Book

OSHO

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Beschreibung

"Wenn wir im Laufe unseres Lebens immer friedlicher werden, ist dies ein Zeichen dafür, dass wir dem verborgenen Kern des Lebens näher kommen." Auf der Ebene des Verstandes kann es keinen Frieden geben. Er kann allenfalls Unfrieden besser aushalten. Etwas auszuhalten ist etwas ganz anderes als in in Frieden zu leben. Heute mag die Psychologie oder die Psychiatrie noch so fortschrittlich sein – sie kann dennoch keinen inneren Frieden schenken. Friedlich wird der Mensch erst auf der Ebene der Seele. Warum auf der seelischen Ebene? Wenn der Körper hungrig ist, braucht er Nahrung; wenn der Geist hungrig ist, bedarf er der Freude. Die Seele ist gleichfalls hungrig, sie bedarf der höchsten Wirklichkeit – der Nahrung der Seele. Und am selben Tag, da diese dritte Ebene hinzukommt, erkennt man, was die höchste Wirklichkeit ist. Man erfährt die Seligkeit eines Friedens, den man nie wieder verlieren kann. Ja, den man in Wirklichkeit niemals verloren hat – wir nehmen seine Präsenz nur nicht wahr. Deshalb bedeutet Frieden, immer tiefer in sich zu gehen.

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Seitenzahl: 197

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Dieses Buch ist ein Transkript aus einer Original-Vortragsserie auf Hindi, die Osho vor einer internationalen Zuhörerschaft gehalten hat. Alle Diskurse Oshos sind als vollständige Bücher publiziert worden und auch als Audios und / oder Videos erhältlich. Audios und das vollständige Text-Archiv finden Sie unter der Online-Bibliothek „Osho Library“ bei: www.osho.com

Titel der Hindi Original Ausgabe: Trisha Gai Ek Bund Se

Titel der englischen Ausgabe: The Search for Peace

1. Ebook-Ausgabe 2019

Umschlaggestaltung: Bunda S. Watermeier, www.watermeier.net

Übersetzung: Nirvano Spohr

Copyright © 1979, 2016 OSHO International Foundation

www.osho.com/copyrights

Copyright © 2018 Innenwelt Verlag GmbH, Köln

www.innenwelt-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten

OSHO® ist eine registrierte Handelsmarke der Osho International Foundation,

Schweiz, lizensiert durch diese. www.osho.com/trademarks

eISBN 978-3-947508-19-8

OSHO

Peace

Wirklicher Friedenkommt stets von innen

Inhalt

Vorwort

1.Wer bin ich?

2.Die sieben Chakras

3.Der Schlüssel zum Erwachen heißt Entschlossenheit

4.Frieden ist der Schatten der Wahrheit

Über Osho

Vorwort

Ein friedliebender Mensch ist kein Pazifist; ein friedliebender Mensch ist einfach nur ein stiller Teich. Die Energie, die er ausstrahlt, ist der Welt neu: Er singt ein neues Lied. Er lebt auf eine absolut neue Art und Weise – sein ganzes Leben atmet Anmut, Andacht und Mitgefühl. Wen immer er auch berührt, dessen Liebesenergie wird gesteigert.

Ein friedliebender Mensch ist schöpferisch. Er ist nicht gegen den Krieg, denn gegen etwas zu sein, ist kriegerisch. Statt gegen den Krieg zu sein, möchte er einfach nur die Ursachen von Krieg erkennen. Und diese Erkenntnis macht ihn friedfertig: Denn erst wenn mehr Menschen zu stillen Teichen des Friedens, des Schweigens geworden sind, mehr Einsicht darüber haben, wird der Krieg verschwinden.

Mit Rückzug jedoch ist kein Frieden zu stiften. Rückzug ist Feigheit. Rückzug macht irgendwie scheintot, stiftet aber keinen Frieden. Frieden ist etwas äußerst Lebendiges. Frieden ist lebendiger als Krieg – denn Krieg steht im Dienst des Todes, während der Frieden im Dienst des Lebens steht.

Frieden ist quicklebendig – sprühend, jung, ausgelassen.

Aus: Osho, Zen – Der Weg des Paradoxes

1.

Wer bin ich?

Meine Freunde,

was heißt es, Mensch zu sein? Was ist der Mensch? – ein Durst, ein Ruf, eine Sehnsucht. Das Leben an sich ist ein Ruf; das Leben ist eine Sehnsucht; das Leben ist ein Streben.Wir können allerdings entweder die Hölle oder den Himmel anstreben. Der Ruf kann entweder aus dem Dunkel oder aus dem Licht kommen; wir können uns entweder nach Falschheit oder nach Wahrheit sehnen.

Wenn wir wissentlich oder unwissentlich um Dunkelheit gebeten haben, werden wir nie zur Ruhe kommen. Wenn wir das Falsche gewählt haben, werden wir weiterhin verstört bleiben. Wenn wir die falsche Wahl getroffen haben, können wir unmöglich in Frieden leben. Der Frieden folgt der Sehnsucht nach dem Wahren wie ein Schatten, geboren aus einer Sehnsucht nach dem, was richtig ist. Frieden entspringt der Sehnsucht nach dem Richtigen.

Ein Samenkorn wünscht aufzublühen. Wenn es aufblüht, ist es voller Seligkeit, aber wenn nicht, erleidet es Qual und Schmerz. Der Fluss wünscht zum Meer zu werden. Wenn er hinfindet, wenn er mit dem Unendlichen verschmelzen kann, wird er Ruhe finden. Wenn nicht, wenn er sich in die Wüste verirrt, gerät er in Aufruhr, verzweifelt und leidet er.

Ein Weiser hat einmal gefleht: „Oh Gott, führe mich aus dem Dunkel ins Licht; aus der Unbewusstheit zur Bewusstheit, aus der Lüge zur Wahrheit.“ Das ist tatsächlich seit jeher die Hoffnung, die Bestimmung der ganzen Menschheit. Wenn wir im Laufe unseres Lebens immer friedlicher werden, ist dies ein Zeichen, dass wir dem verborgenen Kern des Lebens näherkommen. Je verstörter wir aber werden, desto mehr gehen wir in die falsche, die entgegengesetzte Richtung.

Verzweiflung und Friede sind an sich aber kein Ziel, sondern nur Symptome, Indizien. Ein ruhiger Geist zeigt an, dass wir uns auf das Leben zubewegen. Ein verzweifelter Geist zeigt an, dass wir in die verkehrte Richtung gehen und unser Ziel verfehlen werden – das uns von Geburt an vorbestimmt ist.

Verzweiflung und Friede zeigen an, ob unser Leben uns in die richtige oder die falsche Richtung führt. Friede ist nicht das Ziel. Wer sich den Frieden zum Ziel setzt, kann niemals Frieden finden. Verzweiflung ist auch nicht unmittelbar zu beseitigen. Wer seine Neurose abzustellen versucht, wird erst recht neurotisch. Seine Verzweiflung ist ein Zeichen dafür, dass sein Leben in die falsche Richtung geht; Friede bestätigt uns, dass wir auf dem Weg zu dem Tempel sind, der das Endziel des Lebens ist.

Jemand hat hohe Temperatur, hohes Fieber … er glüht am ganzen Leibe: Die Hitze des Körpers ist aber nicht die Krankheit, sondern nur ein Hinweis, dass er innerlich krank ist. Wenn der Körper kein Fieber hat, ist das ein Hinweis, dass er nicht krank ist. Das hohe Fieber ist nicht die eigentliche Krankheit, sondern ein Indiz für eine Krankheit. Gesundheit ist aber mehr, als nur kein Fieber zu haben – denn das zeigt nur an, dass man innerlich gesund ist. Wer daher sein Körperfieber mit Gewalt senken will, wird weiter krank bleiben – er könnte sogar sterben. Nein, es geht nicht darum, das Körperfieber zu beseitigen. Das Fieber ist ein Freund, der uns eine innere Krankheit meldet: Er schlägt Alarm! Ohne Fieber wüsste man nicht einmal, dass man erkrankt ist, ja vielleicht sterben muss.

Nervosität ist das Fieber – die Krankheit, die Hitze –, welche euer Bewusstsein verschlingt und euch anzeigt, dass ihr euer Leben in die falsche Richtung steuert. Gelassenheit zeigt euch an, dass ihr kein Fieber mehr habt und euer Leben jetzt in die richtige Richtung geht. Macht euch diese fundamentale Wahrheit bitte ganz klar. Dann wird uns in den kommenden vier Tagen unsere Suche nach Frieden vollkommen klar werden.

Sehnt euch nicht nach Frieden und versucht nicht, eure Unruhe loszuwerden. Gesteht sie euch ein und transformiert euer Leben. Dann wird sich die Tür zum Frieden automatisch öffnen… So als ginge man kurz in den Garten, um frische Luft zu schnappen. Je näher man dem Garten kommt, spürt man einen kühlen Lufthauch, wird von Blumenduft eingehüllt, hört Vögel zwitschern… Gleich ist man im Garten: Alles kündigt ihn an – das Vogelgezwitscher, die kühle Brise und der Blumenduft – alles da!

Frieden ist ein Zeichen dafür, dass man sich der höchsten Wirklichkeit nähert; nach ihm duften die Blumen in ihrem Garten. Eure Unruhe zeigt an, dass ihr euch von der letzten Wirklichkeit abgewendet habt. Somit sind all die Ursachen, die der Mensch für seine Unruhe ausmacht, im Grunde völlig irrelevant. Wer seine Unruhe damit begründet, dass er nicht reich sei, der irrt sich. Denn selbst wenn er reich wäre, bliebe er verstört. Wer seine Unruhe damit begründet, dass er kein größeres Haus hat, würde staunen, wenn er sein Traumhaus bekäme: Er wäre nämlich nach wie vor verstört – womöglich mehr denn je! Solange er kein Haus, keinen Reichtum hatte, konnte er sich zumindest noch damit trösten, dass „ich ja nur deshalb verstört bin, weil ich kein Haus habe, weil ich kein Geld habe.“ Nun hat er das Haus, nun ist er reich – aber verstörter denn je. Nun wird sein Leben sogar noch unruhiger werden …

Deswegen ist ein Armer nie so neurotisch wie ein Reicher. Kein Armer kann sich in die Misere eines Reichen versetzen. Wer nie reich war, hat keine Ahnung, dass ein Reicher sich nicht einmal wie ein Armer einreden kann: „Ich bin nur unzufrieden, weil ich arm bin.“ So hat er zumindest einen handfesten Grund für seine Unzufriedenheit: „Irgendwann ist die Armut vorbei, und dann werde ich zufrieden sein!“

Nur hat bislang noch niemand dadurch Frieden erlangt, dass er seine Armut los wurde. Die Armut ist weg, aber von Frieden keine Spur … ja, die Unzufriedenheit nimmt sogar noch zu: Denn auf einmal geht einem auf, dass Reichtum keineswegs die Unzufriedenheit beseitigt. Dann ist auch noch die Hoffnung geplatzt, dass einen Reichtum befriedigen werde!

Darum wird eine Gesellschaft umso unzufriedener, je mehr sie gedeiht. Und heute gibt es vielleicht keine unzufriedenere Gesellschaft als die amerikanische. In der Geschichte der Menschheit ist noch keine Gesellschaft, kein Land so reich geworden wie Amerika. Nur: Warum wird es trotz allem Reichtum immer unzufriedener? Dass es in Indien Unfrieden gibt, ist nicht verwunderlich, denn wir sind arm. Haben oder Nichthaben hat jedoch nichts mit Frieden oder Unfrieden zu tun.

Die menschliche Existenz besteht aus einem Körper, einem Geist, einer Seele. Der Körper hat Bedürfnisse. Werden diese nicht erfüllt, beginnt man zu vegetieren, wird das Leben zur Qual. Dann beschwert sich der Körper: „Ich habe Hunger und Durst, ich bin nackt, ich brauche Medikamente; es gibt kein Wasser und nichts zu essen.“ Ununterbrochen klagt der Körper, und im Gefühl von Mangel wird das Leben zu einem einzigen Leid. Denkt dran: Das Leben wird nicht vom Hetzen sondern von Schmerz bestimmt.

Es ist möglich, dass jemand leidet, ohne nervös zu sein, und es ist auch möglich, dass ein Nervenbündel nicht leidet. Meistens merkt einer, der leidet, seine Nervosität nicht einmal. Er ist dermaßen mit seinem Leid beschäftigt, dass seine Nervosität keine Rolle spielt: Diesen Luxus kann er sich weder leisten, noch hat er die Muße, darüber nachzudenken. Erst wenn der Schmerz aufgehört hat, wird ihm bewusst, wie unruhig er ist. Der Arme leidet. Der Reiche ist unzufrieden.

Der Körper ist voller Schmerz; kaum sind die Körperbedürfnisse aber erfüllt, hört der Schmerz auf. Trotzdem existiert auf der körperlichen Ebene keine Freude. Macht euch das bitte ganz klar: Der Körper vermag zwar Leid zu ertragen, kann sich aber nicht freuen. Wenn der Schmerz aber aufhört, verwechseln wir das mit Freude.

Wenn man auf einen Dorn tritt, tut das weh; aber wenn kein Dorn da ist, freut uns das nicht, tanzen wir nicht vor Freude auf der Straße und rufen den Nachbarn zu: „Heute bin ich in keinen Dorn getreten!“ Oder: „Heute hab ich keine Kopfschmerzen!“ Kopfweh macht uns zwar unglücklich, aber kein Kopfweh zu haben, macht uns nicht glücklich.

Es ist nützlich, Folgendes zu verstehen: Auf der körperlichen Ebene gibt es keine Freude, sondern nur Schmerz oder die Abwesenheit von Schmerz. Und diese Abwesenheit von Schmerz wird als Freude missverstanden. Der Körper kennt nur Schmerz oder Schmerzlosigkeit, doch freuen kann er sich nicht. Wer nur auf der körperlichen Ebene lebt, kennt somit keine Freude, sondern nur Schmerz oder Schmerzlosigkeit. Wer hungrig ist, leidet. Kaum ist er satt, hört er auf zu leiden. Dies sind die Schranken des Körpers.

Jenseits des Körpers, in seinem Innern, wohnt der Geist – bei dem es sich genau umgekehrt verhält. Auch der Geist hat seine Bedürfnisse, der Geist fordert bestimmte Dinge: Auch er hungert und dürstet nach etwas: Literatur, Kunst, Philosophie, Musik – diese sind die Bedürfnisse des Geistes, wonach er hungert und dürstet. Sie sind seine Nahrung. Doch wer die Poesie von Kalidas nicht kennt, braucht nicht zu leiden. Und wer noch nie dem Spiel eines großen Sitarmeisters gelauscht hat, braucht auch nicht zu leiden. Andernfalls wäre die Menschheit vor Schmerzen längst ausgestorben; denn in der Welt des Geistes gibt es zahllose Dinge, von denen wir nichts wissen.

Alles in der Welt des Geistes, das wir weder kennen noch je erfahren haben, tut uns zwar nicht weh; es jedoch zu kennen erfreut uns. Wer das Glück hat, Yehudi Menuhin zu lauschen, freut sich. Wer es aber nie getan hat, hat deswegen nicht gelitten. Wer noch nie Gedichte gelesen oder gehört und verstanden hat, braucht nicht zu leiden. Sie jedoch zu hören macht Freude.

Freude existiert auf der geistigen Ebene. Wer einmal Freude erfahren hat, später aber entbehren musste, vermisst sie – dies wird als geistiger Schmerz missverstanden. Auf der körperlichen Ebene gibt es keine Freude, sondern nur Schmerzlosigkeit. Und auf der geistigen Ebene gibt es nur Freude oder Freudlosigkeit, aber keinerlei Schmerz.

Der Geist hat aber noch eine weitere Eigenschaft: Seine Freuden sind allenfalls flüchtig. Der Genuss, den der Geist einmal gefunden hat, lässt sich nicht wiederholen. Wer heute einem virtuosen Geiger lauscht und morgen wieder, wird es nicht mehr so genießen; und übermorgen kann er es kaum noch genießen. Wer zehn Tage lang immer wieder dasselbe Stück hören muss, hat es irgendwann satt. Und wenn das drei oder vier Monate lang so weitergeht, will er mit Kopf gegen die Wand rennen oder weglaufen: Er kann es einfach nicht mehr hören!

Auf der Ebene des Geistes sucht man ständig nach Vergnügungen. Der Körper aber möchte immer nur Altes wiederholen – Neues lehnt er ab. Wenn man dem Körper täglich neue Erfahrungen zumutet, macht er Probleme. Wenn der Körper jeden Abend um zehn Uhr einschläft, will er immer nur noch dann einschlafen. Und wenn er jeden Morgen um elf frühstückt, will er immer um elf Uhr frühstücken. Er ist wie eine Maschine, will täglich dasselbe machen, besteht auf Wiederholung, wünscht keine Veränderung seiner Routine. Wer seinem Körper täglich andere Leistungen abverlangt, verursacht ihm damit Schmerzen.

Die moderne Gesellschaft hat den Körper schmerzlich verletzt. Die moderne Gesellschaft verlangt, dass sich der Körper jeden Tag erneuern soll, aber das überfordert den armen Körper. Deswegen wirken Dorfbewohner viel gesünder als Städter, deren Körper ständig neuen Anforderungen, neuen Bedürfnissen und Regeln folgen muss. Nur hält der Körper das nicht lange durch, denn er kann sich nicht jeden Tag neu erfinden. Er will, dass alles beim Alten bleibt.

Der Kopf möchte jeden Tag etwas Neues; das Alte genügt ihm nicht. Kaum beginnt etwas auch nur entfernt zu altern, bläht sich der Verstand auf und hat es satt. Ständig will er ein neues Haus, ein neues Auto … und wenn er dürfte, würde er ständig seinen Partner wechseln. Siehe die galoppierende Scheidungsrate in Gesellschaften, die alles dem Verstand unterordnen. Keine rational aufgebaute Gesellschaft kann stabil sein. Die älteren Länder im Osten sind auf der Grundlage des Körpers gebaut worden; die modernen westlichen Länder sind auf der Grundlage des Verstandes gebaut worden. Und der Verstand verlangt jeden Tag Neues.

Ich habe von einer amerikanischen Filmschauspielerin gehört, die zweiunddreißig Mal geheiratet hat. Das ist für uns unvorstellbar: Indische Ehefrauen flehen ihre Götter an, sie im nächsten Leben wieder mit demselben Mann zu vereinen. Sollte eine Amerikanerin je die Götter anflehen – mal rein theoretisch –, würde sie beten: „Bitte sorgt dafür, dass ich meinen Jetzigen nie wieder sehe.“ Niemand weiß, was das nächste Leben bringt, also tauscht sie ihren Mann – klug, wie sie ist –, schon zu Lebzeiten aus.

Vierzehn Tage nach der Hochzeit mit ihrem dreiunddreißigsten Mann, fiel dieser Filmschauspielerin also auf, dass er schon einmal ihr Mann gewesen war. Sie hatte einen solchen Verschleiß an Ehemännern, dass sie ihn erst nach vierzehn Tagen wiedererkannte! Inderinnen schnappen sich sogar nach fünf oder zehn Leben wieder denselben Mann und sagen: „Weißt du noch … ?“ Sie haben ein Gedächtnis wie ein Elefant …

Der Kopf verlangt jeden Tag etwas Neues. Darum langweilt ihn alles Alte und macht ihn nervös. Wenn ihr einen geliebten Menschen trefft und ihn stürmisch umarmt, seid ihr anfangs sehr froh. Dauert die Umarmung aber etwas länger, geht sie euch schon auf die Nerven, ist die Wiedersehensfreude verflogen. Und wenn der Freund völlig verrückt ist – wie die meisten Verliebten – und dich eine halbe Stunde lang umschlungen hält, möchtest du dich würgen – oder ihn. Woran aber liegt das? Wo ihr euch doch zunächst so begeistert umarmt habt – was ist schiefgegangen? Woher jetzt diese Peinlichkeit? Der Verstand langweilt sich! Der Körper langweilt sich nie; der Verstand langweilt sich grundsätzlich.

Wusstet ihr, dass kein Lebewesen auf dieser Welt so etwas wie Langeweile kennt – außer dem Menschen? Habt ihr je einen gelangweilten Wasserbüffel gesehen? Oder eine traurige, gelangweilte, überdrüssige Kuh? Oder einen Hund? Nein, kein Lebewesen außer dem Menschen langweilt sich; andere Lebewesen können sich einfach nicht langweilen – denn sie alle leben auf der körperlichen Ebene, auf der es keine Langeweile gibt; die ist der geistigen vorbehalten. Und je raffinierter sie ist, desto anfälliger ist sie für Langeweile. Je mehr sich die Langeweile ausbreitet, desto stärker wird die Suche nach ständig neuen Reizen – um der Eintönigkeit zu entrinnen.

Und wisst ihr auch, dass der Mensch, außer dass er das einzige Lebewesen ist, das sich langweilt, auch das einzige ist, das lachen kann? Außer dem Menschen lacht kein Tier auf der Welt. Würde euch auf der Straße ein lachender Esel begegnen, wärt ihr so fassungslos, dass ihr nicht schlafen könntet – denn seit wann können Tiere lachen?!

Jemand, der sich nicht langweilt, kann auch nicht lachen. Lachen ist die beste Medizin gegen Langeweile. Darum lädt man, wenn man sich langweilt, lustige Freunde ein, um sich nicht mehr so zu langweilen. Der Mensch ist nur deshalb so scharf auf Abwechslung, weil ihn seine tägliche Routine anödet, dass er ständig Unterhaltung braucht. Irgendwann hat er dann auch diese satt, und dann braucht er drastischere Abwechslungen: Wenn er vor Langeweile stirbt, braucht er Krieg. Dann ist Schluss mit der Eintönigkeit!

Vielleicht erinnert ihr euch, wie alle Gesichter strahlten, als der Krieg zwischen Indien und China ausbrach – oder war es Pakistan? Wie ihre Augen leuchteten! Auf einmal wirkten die Leute so verjüngt und lebendig! Warum? Ihr Leben ödet sie dermaßen an, dass ihnen jede Unterbrechung, jede Störung recht ist. Es genügt schon, dass irgendwo Aufstand ist, um das Leben auch nur etwas zu aktivieren, interessanter zu machen … Man reibt sich die Augen: Es scheint etwas los zu sein! Gibt es etwas Neues zu sehen? Ansonsten hat man alles gesehen, ist alles längst passiert ist und wiederholt sich immer nur. Das langweilt den Verstand und macht ihn rastlos.

So ergeht es aber nur euch. Kein anderes Lebewesen langweilt sich, kein Lebewesen lacht … und macht euch bitte auch klar, dass außer dem Menschen kein Lebewesen Selbstmord begeht! Der Menschen kann sich dermaßen langweilen, dass er Schluss macht. Sich selber das Leben zu nehmen, ist endlich mal etwas Neues! Sogar noch der Selbstmord verheißt einen neuen Reiz, einen neuen Kitzel …

In Schweden stand einmal ein Mann vor Gericht, der am Strand einen Fremden erstochen hatte. Der Richter fragte ihn: „Hatten Sie Streit mit dem Mann?“

Er darauf: „Ach was, Streit. Ich kannte ihn ja überhaupt nicht, wusste nicht mal, wie er aussah. Ich hab ihn von hinten erstochen.“

Der Richter sagte: „Das versteh ich nicht. Warum haben Sie ihn dann erstochen?“

Er erwiderte: „Weil ich meine Langeweile nicht mehr aushielt! Es musste mal was passieren. Da ich noch nie jemanden umgebracht hatte, wollte ich wissen, wie sich das anfühlt. Das ist alles, was ich zu meiner Verteidigung sagen kann. Über ein Todesurteil wäre ich froh; denn ich habe jegliches Interesse am Leben verloren. Ich hab genug gesehen. Nur der Tod ist mal was Neues.“

Im Westen nehmen Morde, Selbstmorde zu, werden immer mehr Verbrechen begangen. Nicht, weil der Westen immer krimineller würde, sondern einzig und allein nur deswegen, weil im Westen eine solche Gleichgültigkeit und Langeweile grassiert, dass den Leuten, um sie loszuwerden, nichts Besseres einfällt als kriminell zu werden.

Wie ich höre, wurde in Amerika ein neues Spiel erfunden. Es ist ein äußerst gefährliches Spiel! Auf so ein Spiel kommen nur Gesellschaften, die sich langweilen: Zwei Autos rasen mit Karacho mitten auf der Straße aufeinander zu – und wer als Erster kneift, aus Angst vorm Zusammenstoß, hat verloren – und der andere siegt … Nun, wenn zwei Autos mit hundertfünfzig Sachen aufeinander zubrettern, geht es um Leben oder Tod. Wer kneift als Erster? Dann hat er verloren … Diese Gesellschaft stirbt vor Langeweile. Jetzt gibt es anscheinend nichts Aufregenderes, als das eigene Leben aufs Spiel zu setzen. Deswegen verfällt eine gelangweilte Gesellschaft dem Alkohol oder dem Glücksspiel mit astronomischen Einsätzen. Wenn in einer Gesellschaft viel gezockt wird, ist das ein Anzeichen extremer Langeweile. Ohne einen hohen Einsatz, ohne eine Gefahr einzugehen, scheint nichts zu passieren.

In der Welt des Verstandes veraltet alles schnell; der Verstand hält Freude nur einen Moment lang aus. Schon im nächsten Moment beginnt sie zu schmerzen. Auf der körperlichen Ebene gibt es nur Schmerz – keinerlei Freude, nur Schmerzlosigkeit. Freude existiert auf der geistigen Ebene, allerdings nur flüchtig. Kaum ist sie da, verblasst sie schon – und weg ist sie. Das ist auch der Grund, warum wir sogar dann urplötzlich traurig werden, wenn wir endlich bekommen, was wir uns sehnlichst gewünscht und wofür wir alles eingesetzt hatten.

Du möchtest dir ein tolles Haus kaufen. Erwirb es, und schon wird dir klar, dass plötzlich alles vorbei ist. All deine Begeisterung, dein Machen und Tun, all die beglückende Aufregung bei der Suche nach diesem Haus … all das verschwindet, sobald du das Haus erwirbst. Kaum hat sich dein Wunsch erfüllt, bist du enttäuscht – weil es dich nur flüchtig glücklich macht. Einen Augenblick später kommt dir alles so vor wie bisher: Alles ist beim Alten geblieben.

Auf der Verstandesebene gibt es Freude, wenn auch nur flüchtig. Und wer nur auf der körperlichen und geistigen Ebene lebt, wird immerzu unruhig bleiben. Wie kann man Frieden finden, ohne je die ewige Seligkeit erblickt zu haben? Und dies ist von keiner dieser beiden Ebenen aus möglich …

Und doch wirken Menschen, die auf der körperlichen Ebene leben, irgendwie friedlich – auf friedliche Weise tot. Es gibt zweierlei Frieden: einen lebenden, quicklebendigen, und einen tödlichen, toten. Geht zum Kirchhof; auch dort herrscht Friede–Friedhofsstille halt. Es herrscht deswegen Friede, weil keiner da ist, der Unruhe stiften könnte.

Buddha hatte einmal sein Lager mit seinen Mönchen in der Nähe des Dorfes Amravan aufgeschlagen. Als Freunde des Dorfältesten von Buddhas Ankunft erfuhren und ihm vorschlugen, Buddha aufzusuchen, beschloss er, ihn zu begrüßen.

Es war Abend und wurde langsam dunkel. Kurz vor dem Ort, wo sich Buddha mit seinen Schülern niedergelassen hatte, zog der Dorfälteste plötzlich sein Schwert und drohte seinen Freunden: „Offenbar wollt ihr mich reinlegen. Wir müssen gleich da sein, aber wieso ist von zehntausend Leuten nichts zu hören? Es ist viel zu still hier! Habt ihr mir etwa eine Falle gestellt?“

Seine Freunde erwiderten: „Du kennst Buddha und seine Anhänger nicht. Du kennst nur die Stille des Friedhofs; mache dich jetzt auf die Stille von Lebenden gefasst – in jenen Gärten sind zehntausend Leute. Komm schon, sei nicht so misstrauisch.“

Mit jedem Schritt ins Dunkle wurde dem Dorfältesten mulmiger – was, wenn es doch eine Falle war? Seine Freunde aber beteuerten immer wieder: „Komm einfach, sei unbesorgt; gleich wirst du tatsächlich auf zehntausend Leute stoßen. Zehntausend Menschen, aber so friedvoll, als wäre überhaupt niemand da.“

Als er ankam, verbeugte er sich tief vor Buddha und rief: „Ich bin erstaunt: Zehntausend Menschen! Hier sitzen zehntausend Menschen unter den Bäumen – und es ist absolut still, so als wäre weit und breit niemand da!“

Da erwiderte Buddha: „Offenbar kennst du nur den Frieden der Toten in ihren Gräbern. Es gibt auch den Frieden der Lebenden.“

In einer Hinsicht leben die Menschen auf der körperlichen Ebene in Frieden. Auch Tiere leben in Frieden, sie sind nicht rastlos. Manche Menschen geben sich damit zufrieden, auf der körperlichen Ebene zu leben: Sie essen, kleiden sich an, schlafen, und danach essen sie wieder und kleiden sich an und schlafen. Doch diese Zufriedenheit ist kein Friede, sondern nur Unbewusstheit. Ihr seid nicht bewusst. Ihr seid innerlich tot. So als wärt ihr wandelnde Tote.

Sokrates wurde einmal gefragt: „Du bist dermaßen rastlos, Sokrates, dass du besser ein Schwein hättest werden sollen. Wozu bist du denn ein Sokrates geworden? Die Schweine am Stadtrand sind überaus friedlich. Sie liegen im Dreck und fressen so viel sie nur können: Wie heiter und friedlich sie wirken!“

Sokrates antwortete: „Ich bin lieber ein unzufriedener Sokrates als ein zufriedenes Schwein. Keine Frage, ein Schwein ist zufrieden, aber nur, weil es sich mit seinem Körper begnügt, statt nach Höherem zu streben. Das existiert für es praktisch nicht. Meine Unzufriedenheit rührt daher, dass ich den Ruf des Friedens vernehme: Nach ihm strebe ich. Bis ich ihn gefunden habe, ziehe ich meine Rastlosigkeit vor. Die ist mir lieber. Ihretwegen schätze ich mich glücklich.“