Perry Rhodan 1163: Invasion der Fairy Queens - Thomas Ziegler - E-Book

Perry Rhodan 1163: Invasion der Fairy Queens E-Book

Thomas Ziegler

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Beschreibung

Sie versprechen das Glück - und bringen den Tod Während in der weit entfernten Galaxis M 82, in der sowohl Perry Rhodan mit seiner Galaktischen Flotte als auch die Endlose Armada operiert, sich das Ende der negativen Superintelligenz Seth-Apophis vollzieht, sieht sich die irdische Menschheit zu Beginn des Jahres 427 NGZ der bisher größten Bedrohung ihrer Existenz ausgesetzt. Das Ganze begann im Jahr 426, das dem Jahr 4013 alter Zeitrechnung entspricht, mit der durch Vishna, der abtrünnigen Kosmokratin, verursachten Versetzung des Erde-Mond-Systems in den Grauen Korridor. Hilflos in diesem undurchdringlichen Schlauch gefangen, der Terra und Luna vom Rest des Universums trennt, müssen die Menschen eine Heimsuchung Vishnas nach der anderen über sich ergehen lassen. Bis März 427 sind es deren vier, die glücklicherweise abgewendet wurden, bevor sie die terranische Zivilisation ins totale Chaos stürzen und große Teile der Menschheit vernichten konnten. Auf der Erde kommt man jedoch nicht zur Ruhe. Denn kaum ist der verzweifelte Kampf gegen das Xenoforming ausgefochten, da machen sich erneut jene Phänomene bemerkbar, die einer Heimsuchung vorauszugehen pflegen. Und diesen Phänomenen folgt die INVASION DER FAIRY QUEENS ...

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Nr. 1163

Invasion der Fairy Queens

Sie versprechen das Glück – und bringen den Tod

von Thomas Ziegler

Während in der weit entfernten Galaxis M 82, in der sowohl Perry Rhodan mit seiner Galaktischen Flotte als auch die Endlose Armada operiert, sich das Ende der negativen Superintelligenz Seth-Apophis vollzieht, sieht sich die irdische Menschheit zu Beginn des Jahres 427 NGZ der bisher größten Bedrohung ihrer Existenz ausgesetzt.

Das Ganze begann im Jahr 426, das dem Jahr 4013 alter Zeitrechnung entspricht, mit der durch Vishna, der abtrünnigen Kosmokratin, verursachten Versetzung des Erde-Mond-Systems in den Grauen Korridor.

Hilflos in diesem undurchdringlichen Schlauch gefangen, der Terra und Luna vom Rest des Universums trennt, müssen die Menschen eine Heimsuchung Vishnas nach der anderen über sich ergehen lassen.

Bis März 427 sind es deren vier, die glücklicherweise abgewendet wurden, bevor sie die terranische Zivilisation ins totale Chaos stürzen und große Teile der Menschheit vernichten konnten.

Die Hauptpersonen des Romans

Chthon – Der Schatten warnt vor der Liebe.

Reginald Bull – Auch der Hanse-Sprecher verfällt der fünften Plage.

Cassio Dolunder – Direktor des Psychohistorischen Instituts von Terrania.

Laus Lisovich – Ein kauziger Hausmeister.

Hirni

1.

Vor wenigen Minuten war es Tag geworden, aber es war ein künstlicher Tag, so künstlich wie alle Tage seit dem 26. Dezember 426 NGZ, dem Sturz in den Mikrokosmos des Grauen Korridors und dem Beginn einer gespenstischen Reise, von der niemand auf der Erde wusste, wo und wann sie enden würde. Die Kunstsonnen über Terrania verbreiteten diffuses Licht; münzgroße Feuerkreise, die sich von den bunten Schlieren am Himmel wie Kleckse aus Leuchtfarbe auf der zerlaufenen Palette eines Sonntagsmalers abhoben. Zwischen den Schlieren befanden sich fingerbreite Streifen aus schmutzigem Grau.

Seltsam, dachte Laus Lisovich, als er den Blick von der transparenten Kuppeldecke löste und Cassio Dolunder ansah. Es ist wirklich seltsam! Sein Gesicht ist so grau wie die Wand des Korridors ...

»Du stiehlst mir meine Zeit, Lisovich«, sagte Dolunder anklagend. »Warum redest du nicht endlich? Glaubst du wirklich, du könntest das System bis zum Ende aller Tage verstecken? Glaubst du das wirklich?« Der Direktor des Psychohistorischen Instituts fuchtelte mit den Armen. Sein breites, teigiges Gesicht zuckte vor Empörung, und Lisovich erwartete jeden Moment, dass es seinen Zusammenhalt verlor und dahinschmolz.

Die Vorstellung war so absurd, dass Lisovich leise auflachte.

Direktor Dolunder warf Sozialingenieur Feg einen hilfesuchenden Blick zu. »Er lacht«, sagte er entrüstet. »Er versteckt das System, das dem Institut gehört, er stiehlt mir meine Zeit, und dann lacht er auch noch. Du hast es selbst gesehen, Feg. Ich sage dir, dieser Mann ist kriminell. Oder verrückt. Oder beides. Du musst ihn verhaften, Feg, ehe er zu einer Gefahr für alle wird!«

Sozialingenieur Feg seufzte. Er war ein kleiner, dicker Mann mit melancholischen Augen und modischer Turmfrisur. An der Spitze seines fünfzig Zentimeter hohen, gestärkten Zopfes glitzerte ein synthetischer Kristall. »Heutzutage wird niemand mehr verhaftet«, erklärte Feg. »Die Vorstellung ist geradezu grotesk. Und überhaupt – wo sollten wir ihn denn einsperren? In der Kantine des Sozialtechnikums? In einer der Umkleidekabinen unseres Schwimmbads? Die Kollegen würden mich steinigen, wenn ich ihnen mit einem derartigen Vorschlag käme!«

»Du redest so diffus wie ein Kometenschweif, Feg. Außerdem geht es nicht um dein Schicksal, sondern um das Schicksal des Systems.« Dolunder hieb mit der Faust auf die Armlehne seines Servosessels und löste unbeabsichtigt einen Kontakt aus. Der Sessel begann sich zu drehen. Dolunder fluchte und presste seinen Daumen auf einen anderen Sensorpunkt. Ruckartig kam der Sessel zum Stillstand. »Im Übrigen«, fuhr der Direktor finster fort, »geht es um meine Zeit. Als praktizierender Chronomane habe ich ein verdammtes Recht auf meine Freizeit, aber dieser Bursche stiehlt sie mir. Außerdem hält er das System versteckt. Wenn das nicht kriminell ist – wer ist dann überhaupt noch kriminell?«

»Niemand«, sagte Feg. »Wir kennen keine Kriminellen mehr, wir kennen nur noch Menschen.«

Dolunder starrte ihn an, als hätte sich der Sozialingenieur soeben in einen Wurm verwandelt.

Lisovich nutzte die günstige Gelegenheit. Er beugte sich nach vorn und sah Feg treuherzig in die melancholischen Augen. »Ich frage mich«, erklärte er, »ob wir es hier nicht mit einem Fall von Sklaverei zu tun haben. Hirni erhält keinen müden Galax für seine Arbeit. Seit Jahren wird ihm jeglicher Erholungsurlaub vorenthalten. Dolunder ist es vollkommen egal, ob der arme Kerl ...«

»Galax?«, unterbrach Dolunder. »Erholungsurlaub? Die Lichtpest soll mich holen, wenn ich mir diesen Unsinn noch länger anhöre!«

Feg sah irritiert von Lisovich zu Direktor Dolunder. »Wer ist Hirni?«, fragte er.

»Das«, meldete sich der vierte Anwesende, ein glatzköpfiger Ara in einer knielangen Robe aus Goldgespinst, zu Wort, »das ist das Vario-Psychotische Androiden-System, kurz System genannt. Unserem geschätzten Hausmeister Lisovich beliebt es, das System Hirni zu nennen und entsprechend zu personifizieren. Und das, mein lieber Feg, ist das eigentliche Problem.«

»Das Problem, Blar«, wies Dolunder den Ara zurecht, »ist Laus Lisovich.«

Für eine Weile trat bedeutungsschwangere Stille ein. Direktor Dolunder starrte finster vor sich hin. Sozialingenieur Feg nagte an seiner Unterlippe und schien innerlich um eine Entscheidung zu ringen. Der Ara Blar hatte die Arme verschränkt und sah durch die transparente Kuppeldecke des Büros hinauf zu den Spektralfarben des Firmaments. Wolken drifteten vom Horizont heran, schwere, dunkle Regenwolken, die die bunten Schlieren aufzufressen schienen und nur noch das Grau übrigließen. Laus Lisovich schauderte unwillkürlich.

»Hm«, machte Sozialingenieur Feg. »Wenn man mich fragt, handelt es sich hierbei um ein moralisches Problem. Laus Lisovich scheint in dem System eine eigenständige Persönlichkeit zu sehen, während die Vertreter des Psychohistorischen Instituts das VPAS für eine Sache halten, die naturgemäß keinerlei Rechte genießt. Ist das richtig?«

Dolunder nickte.

Blar sagte: »Das Vario-Psychotische Androiden-System ist eine Biomaschine, ein Produkt der Whistler-Werke, das nach den Plänen unserer Psychohistoriker entworfen wurde. Wie du weißt, Feg, gibt es auf Terra keine jener seelischen Störungen mehr, die man einst mit dem trivialen Begriff Geisteskrankheiten etikettiert hat ...«

»Ha!«, machte Dolunder anzüglich.

»... und dies stellt natürlich für die praktische Arbeit auf dem Gebiet der historischen Psychologie ein unüberwindliches Hindernis dar. Um einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden und unseren Studenten Gelegenheit zum anschaulichen Lernen zu geben, entschloss sich die Institutsleitung vor drei Jahren zum Bau des Vario-Psychotischen Androiden-Systems. Am VPAS lassen sich per Knopfdruck alle aus der frühen Menschheitsgeschichte bekannten neurotischen und psychotischen Störungen in biologisch-hormoneller und in seelischer Hinsicht simulieren. Katatonie, Autismus, Kleptomanie, Aerophobie ... Kurz und gut, alles, was das Herz eines Psychohistorikers erfreut. Per Knopfdruck, Feg!« Der Ara stieß seinen spitzen Zeigefinger in die Luft. »Das VPAS ist ebenso wenig ein sich selbst bewusstes, denkendes Wesen wie ... wie ein Reinigungsroboter. Seine diversen Persönlichkeiten respektive Bewusstseinszustände sind vorprogrammiert und jederzeit abrufbereit. Nur ein Narr könnte auf den Gedanken kommen, dass es sich bei dem VPAS um ein menschliches oder menschenähnliches Wesen handelt!«

Dolunder lächelte böse. »Genau«, bekräftigte er. »Nur ein verdammter Narr und Zeitdieb wie Laus Lisovich.«

»Und deine Meinung?«, fragte Feg den Hausmeister des Psychohistorischen Instituts.

»Hirni ist kein Ding«, sagte Lisovich, »auch wenn er in den Whistler-Fabriken zusammengeschraubt wurde und sein Gehirn aus den Genlaboratorien der Hanse stammt. Er kann denken und fühlen. Und was heißt das schon, wenn sich seine Gefühle per Knopfdruck verändern lassen? Mit den modernen Psychopharmaka kann man vergleichbare Phänomene bei jedem von uns hervorrufen. Also sind steuerbare Bewusstseinszustände kein Kriterium, um einen Menschen von einem Ding zu unterscheiden. Wir unterliegen alle hormonellen Steuerungsmechanismen. Wir haben keine bewusste Kontrolle über sie, während Hirni von außen kontrolliert wird. Aber wird dadurch ein menschliches Wesen zu einem Ding?«

»Er plustert sich auf wie ein Pulsar«, knurrte Dolunder aggressiv, »und alles auf Kosten meiner Freizeit.«

Lisovich ignorierte ihn. »An der Peripherie des Kugelsternhaufens M 13«, fuhr er fort, »gibt es eine von Akonen kolonisierte Welt. Sie heißt Sá-Morá. Während meiner aktiven Zeit habe ich sie zweimal besucht. Auf Sá-Morá existiert ein Phänomen, das die Kolonisten Flüsterwind nennen. Eine periodisch auftretende Luftströmung, die zur Blütezeit die nördliche Halbkugel des Planeten überzieht und Myriaden Pflanzensporen mit sich trägt. Diese Sporen sind psychoaktiv. Sie verändern das Bewusstsein der Kolonisten, versetzen sie in euphorische Zustände – gewissermaßen auf Knopfdruck.«

Er sah Dolunder an. »Willst du den Akonen auf Sá-Morá deshalb die Menschlichkeit absprechen?«

»Pft«, machte der Direktor. Nervös trommelte er mit den Fingerspitzen auf das Gehäuse seines Schreibtischterminals. »Ich war schon immer dagegen, einen pensionierten Explorerkapitän zum Hausmeister zu machen. Diese Burschen wissen einfach zuviel.«

Der Ara Blar kratzte seinen kahlen, eiförmigen Hinterkopf. »Diese Haarspaltereien bringen uns nicht weiter«, behauptete er. »Das System ist trotz allem Eigentum des Instituts. Wer das Eigentum des Instituts unrechtmäßig an sich bringt, macht sich des Verbrechens des Diebstahls schuldig.« Seine Augen funkelten. »Diebstahl! Dass ich das noch erleben durfte! Vielleicht bist du sogar ein Kleptomane, und das in unserer heutigen Zeit!«

»Zeit«, echote Direktor Dolunder hohl. »Gut, dass wir darauf zu sprechen kommen. Die Zeit verrinnt, und wir sind von einer Lösung weiter denn je entfernt. Feg! Unternimm etwas! Schließlich bist du der Sozialingenieur.«

Feg bewegte sich unbehaglich. »Ich befürchte, die Angelegenheit lässt sich nicht mit Überlichtgeschwindigkeit klären. Die Argumente beider Seiten haben einiges für sich.«

»Wie? Was?« Dolunders graue Gesichtsfarbe bekam einen Stich ins Rötliche. »Lisovich stiehlt das VPAS, und du nennst das ein Argument? Er raubt mir meine Zeit, und du sagst, das hätte einiges für sich? Bei allen Sternen, ist das ein Komplott?«

»Ich benötige weitere Informationen«, sagte der dickliche Sozialingenieur. »Und die Entscheidung kann nicht von mir getroffen werden. Immerhin handelt es sich um eine Grundsatzfrage – um die Frage, was menschlich ist. Meint ihr nicht auch?«

Blar und Dolunder sahen sich an. Laus Lisovich strahlte. »Eine richterliche Entscheidung«, nickte er. »Das ist es, was ich verlange. Der Oberste Terranische Gerichtshof soll klären, ob Hirni ein Ding oder eine Person ist. Mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden.«

»Nun, Direktor?« Feg warf Dolunder einen forschenden Blick zu. »Bist du damit einverstanden?«

Cassio Dolunder lachte hohl. »Es ist wahrhaftig ein Komplott«, sagte er mit Grabesstimme. »Ein zweifellos bestochener Ingenieur des Sozialtechnikums konspiriert mit dem diebischen Hausmeister des Instituts, um einer Maschine die bürgerlichen Ehrenrechte zu erschleichen. Jetzt weiß ich, was vor sich geht, Lisovich. Du bist eine Plage. Du bist die fünfte Plage Vishnas, und du bist gekommen, um uns alle zu verderben. Dieser skrupellose Diebstahl ist nur der Anfang. Erst raubst du uns das VPAS, dann unsere Zeit und am Ende unseren Verstand.«

Dolunders Blick wurde starr. »Ich sehe schreckliche Dinge. Ich sehe Grauen und Unheil. Man wird dem System die Bürgerrechte zuerkennen. Wir werden ihm ein Gehalt zahlen müssen. Es wird wie alle anderen die Dreitagewoche, sechsmonatigen Erholungsurlaub, Fortbildungszuschüsse und Pensionsberechtigung verlangen. Und das ist erst der Anfang! Jede verdammte Klimaanlage, jeder Gleiter, jede elektrostatische Frisierhaube und jeder dahergelaufene Putzroboter wird vor Gericht ziehen und sich unter Berufung auf die Lex Lisovich Kündigungsschutz, Frühstückspause und betriebliche Geburtstagsfeier erkämpfen.

Es ist grauenhaft, einfach grauenhaft.«

Etwas raschelte.

Lisovich sah zur Seite und entdeckte in der Nische zwischen der Kommunikationskonsole und dem Mikrofilmschrank ein kissengroßes, honigfarbenes Gebilde, das zögernd aus seinem Versteck hervortrottete, sich kurz orientierte und dann wie ein Blitz unter dem Konferenztisch auf der anderen Seite des Kuppelbüros verschwand. Ein Laufendes Moos.

Dolunder ächzte. »Die Lichtpest soll mich holen! Wer hat das verdammte Unkraut hereingelassen?«

Das Laufende Moos schoss wieder unter dem Tisch hervor, raste im Zickzack über den Teppich aus geflochtenen Kunstblumen und verkroch sich hinter Fegs Servosessel.

»Es verfolgt mich schon seit Jahren«, klagte der Direktor des Psychohistorischen Instituts. Mit einem Seidentuch wischte er sich den Schweiß von der Stirn. »Dieses Moos ist anhänglicher als ein Blutegel. Ich dachte, die Xenoflora hätte diesem Unkraut endlich den Garaus gemacht, aber wahrscheinlich würde es sogar eine Arkonbombe überstehen.«

Lisovich erinnerte sich, dass diese exotische, bewegliche Pflanzenspezies im 27. Jahrhundert alter Zeitrechnung auf Terra heimisch geworden war. Genügsam und unschädlich wie sie war, hatte sie sich im Lauf der Zeit immer mehr verbreitet, und heutzutage gab es das Laufende Moos überall auf dem Planeten. Wie einst die wilden Tauben die Städte der Erde bevölkert hatten, lebte die extraterrestrische Pflanze in friedlicher Symbiose mit den Menschen. Nostalgisch dachte Lisovich an seine Kindheit und an Lady Flora, sein eigenes Laufendes Moos, das die Sommer im Garten seines Elternhauses und die Winter in den Blumentöpfen auf der Fensterbank des Wohnzimmers verbracht hatte ...

Fegs Stimme riss ihn aus seinen Erinnerungen.

»Ich schlage vor«, sagte der Sozialingenieur, unbeeindruckt von Dolunders Gezeter, »dass das System bis zur Festsetzung des Gerichtstermins in der Obhut von Laus Lisovich verbleibt.«

Blar öffnete den Mund und wollte etwas sagen, verzichtete dann aber resignierend auf einen Kommentar. Dolunder schnaubte: »Damit kommst du nicht durch, Lisovich. Und du auch nicht, Feg! Ich werde Himmel und Hyperraum in Bewegung setzen, um ...«

»Dies ist eine rechtskräftige Entscheidung im Namen des Sozialtechnikums, Direktor«, unterbrach der dicke Mann sanft. »Als du das Sozialtechnikum um die Klärung dieser Angelegenheit gebeten hast, bist du die Verpflichtung eingegangen, dich allen meinen Entscheidungen zu unterwerfen.«

»Die Lichtpest soll dich holen, Feg«, knurrte Dolunder.

Blar beugte sich nach vorn. »Aber natürlich«, warf er ein, »bleibt es uns unbenommen, auf eigene Faust nach dem Verbleib des Systems zu forschen, nicht wahr?«

Feg zögerte und nickte schließlich.

Lisovich lächelte. Forscht nur, dachte er. Ihr werdet Hirni niemals finden. Er erhob sich. »Kann ich gehen?«, fragte er.

»Geh nur«, stieß Dolunder hervor. »Und lass dich hier nicht mehr sehen! Du hast ab sofort Hausverbot. Ich ...«

Er wurde erneut von Feg unterbrochen. »Dies verstößt gegen die Arbeitsschutzbestimmungen, Direktor. Nach Ansicht des Sozialtechnikums hat sich Lisovich keines Vergehens schuldig gemacht. Eine Suspendierung käme nur in Frage, wenn der Gerichtshof zu deinen Gunsten entscheidet.«

Dolunder murmelte etwas Unverständliches. Demonstrativ drehte er seinen Sessel um hundertachtzig Grad und sah durch die transparente Kuppelwand auf das Häusermeer von Terrania. Die Regenwolken hatten sich mittlerweile über den halben Himmel ausgebreitet.

Laus Lisovich neigte grüßend den Kopf, ging zur Tür, die sich automatisch vor ihm öffnete, und trat hinaus auf das Dach des Psychohistorischen Instituts. Schwache Kraftfelder bildeten eine flimmernde Brüstung und hielten den Wind ab, der in dieser Höhe heftig blies. Es war kühl.

Lisovich atmete tief ein. Er lächelte. »Wir werden siegen, Hirni«, murmelte er vor sich hin. »Wir werden diesen Ignoranten beweisen, dass du die gleichen Rechte hast wie jeder andere Mensch.«

Er hörte hinter sich ein Rascheln, und als er den Kopf drehte, sah er das Laufende Moos über den Kunststoffbelag des Daches huschen. Unwillkürlich verdüsterte sich Lisovichs Gesicht. Das Moos erinnerte ihn an die Killerpflanzen und die mörderische Xenoflora der vierten Plage Vishnas, die in den ersten beiden Märzwochen die Erde heimgesucht hatte. Nur der florasensitiven Begabung der Öko-Architektin Lai Nurgowa war es zu verdanken gewesen, dass der Xenoforming-Prozess rückgängig gemacht worden war und die Erde ihr vertrautes Gesicht behalten hatte.

Mit einem Frösteln fragte sich Lisovich, was die Zukunft bringen würde.

Die erste Plage war das Babel-Syndrom gewesen, die Verwirrung der Sprache, die zum Zusammenbruch der zwischenmenschlichen Kommunikation und der Verständigung zwischen Mensch und Computer geführt hatte. Die Erde war in den Grauen Korridor gestürzt, in den bizarren Kerker Vishnas, aus dem es kein Entkommen gab.

Dann war die Invasion der Parasitär-Enklaven erfolgt, jener gespenstischen Lebensform, die die Menschen in einen Teil ihrer selbst verwandelte.

Die dritte Plage hatte sich in Form Le So Tes manifestiert, in Gestalt des Herrn der Toten, der das Zeitalter des Ewigen Lebens verkündet hatte, aber in Wirklichkeit alles menschliche Leben auslöschen wollte, um seine fremdartigen Gelüste zu stillen.

Und als letztes der Xenoforming-Prozess, die Infiltration der irdischen Ökosphäre mit extraterrestrischer Flora und Fauna, die Umwandlung einer ganzen Welt in einen Ort, der nicht mehr für Menschen bestimmt war.

Und die fünfte Plage?, dachte Lisovich. Wann wird sie beginnen? Und wie wird sie aussehen? Und – werden wir auch sie abwehren können?