Perry Rhodan 173: Unternehmen Nautilus - K.H. Scheer - E-Book

Perry Rhodan 173: Unternehmen Nautilus E-Book

K.H. Scheer

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Beschreibung

Der große Fischzug des kleinen Spezialisten - ein neues Abenteuer mit Lemy Danger Die Menschheit des Jahres 2327 irdischer Zeitrechnung steht einer ungeheuren Gefahr aus dem Osten der Milchstraße gegenüber. Dort, im wenig erforschten Ostsektor der Galaxis, haben die Blues oder Gataser mit Hilfe ihrer unangreifbaren Molkex-Raumschiffe ein Sternenreich begründet, das sich in zunehmendem Maße als unerbittlicher Gegner des von Perry Rhodan geleiteten Vereinten Imperiums erweist. In den bisherigen Kämpfen zwischen den Sternen haben die Terraner und ihre Verbündeten meist durch Mut, Bluff oder Bravourstücke folgenschwere Niederlagen verhindern können - doch allen Verantwortlichen ist längst klar, daß nur eine neue Waffe, die den Molkexpanzer der Gegner zerstört, die entscheidende Wende zum Guten des Vereinten Imperiums bringen könnte. Das UNTERNEHMEN NAUTILUS scheint diese Wende einzuleiten...

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Nr. 173

Unternehmen Nautilus

Der große Fischzug des kleinen Spezialisten – Ein neues Abenteuer mit Lemy Danger

von K. H. SCHEER

Die Menschheit des Jahres 2327 irdischer Zeitrechnung steht einer ungeheuren Gefahr aus dem Osten der Milchstraße gegenüber.

Dort, im wenig erforschten Ostsektor der Galaxis, haben die Blues oder Gataser mit Hilfe ihrer unangreifbaren Molkexraumschiffe ein Sternenreich begründet, das sich in zunehmendem Maße als unerbittlicher Gegner des von Perry Rhodan geleiteten Vereinten Imperiums erweist.

In den bisherigen Kämpfen zwischen den Sternen haben die Terraner und ihre Verbündeten meist durch Mut, Bluff oder Bravourstücke folgenschwere Niederlagen verhindern können – doch allen Verantwortlichen ist längst klar, dass nur eine neue Waffe, die den Molkexpanzer der Gegner zerstört, die entscheidende Wende zum Guten des Vereinten Imperiums bringen könnte.

Die Hauptpersonen des Romans

Lemy Danger – USO-Spezialist vom Planeten Siga.

Melbar Kasom – Selbst der stärkste Ertruser wird schwach, wenn er monatelang Fisch essen muss.

Koko – Der Mikroroboter ist frecher denn je.

Captain Komo Isata – Kommandant des U-Bootes NAUTILUS.

Ohntorf, Arando, Redgers, Atrav und Shinat – Doktoren und Professoren, die zur Besatzung der NAUTILUS gehören.

1.

Bericht Lemy Danger

Drei Monate können wie eine Ewigkeit sein. Wenn man warten muss! Wenn nichts geschieht, worauf man stündlich hofft; wenn die Freunde so alltäglich und daher so unerträglich werden, dass man ihnen aus dem Wege geht, um nicht selbst die Nerven zu verlieren.

Für die Terraner im unterseeischen Geheimstützpunkt auf Gatas war die Zeit des Gleichmuts seit Wochen vorüber. Sie konnten sich nicht mehr »riechen«, wie sich der Festungsbauer und Abwehrspezialist Captain Argus Monoe ausgedrückt hatte.

Seitdem ich vor etwa drei Monaten auf dieser großen Welt gelandet war, hatte ich eigentlich nur ein bedeutsames Erlebnis gehabt: Die Befreiung der fünf Normalmenschen aus der Gewalt der Blues.

Nein – es hatte sich nur um vier Normalmenschen gehandelt. Melbar Kasom, der ertrusgeborene Umweltangepasste war zwar menschlich, aber als Normalterraner konnte man ihn mit dem besten Willen nicht bezeichnen.

Die anderen dreiundvierzig Terraner, die beim Unternehmen Tristan in die Gewalt der Blues geraten waren, hatten wir Siganesen nicht mehr retten können. Diese Männer waren der wissenschaftlichen Neugierde der Blues und dem Wissensdrang des gatasischen Geheimdienstes zum Opfer gefallen.

Kurz nach meiner Ankunft auf der Hauptwelt der Blues, dem fünften Planeten der blauen Riesensonne Verth, hatte ich schaudernd an die Gefahren des Ausfluges zurückgedacht. Drei Monate später hatte ich mich nach einem ähnlichen Erlebnis gesehnt, um der beginnenden moralischen Zermürbung entfliehen zu können.

Die Schwierigkeiten lagen darin, dass niemand auf Gatas auf den Gedanken kommen durfte, es wäre ein terranisches Spezialkommando gelandet.

Zu Beginn des Unternehmens hatten wir den Schweren Kreuzer LUVINNO, ein Raumschiff meines Volkes, an der Außenhülle eines erbeuteten Blues-Handelsraumers verankert, mit dem wir die Reise von der Eastside-Station Nr. 1 bis zum Verth-System zurückgelegt hatten.

Dort war die unter suggestivem Zwang stehende Frachtbesatzung erwartungsgemäß angegriffen worden. Das Schiff stürzte ab. Wir hatten unseren Kreuzer, der durch allerlei aufgeschweißte Bleche und andere Verzierungen als Bruchstück getarnt gewesen war, von der Außenzelle gelöst. Anschließend hatten wir mit Erfolg versucht, ein verglühendes Wrackteil des Handelsraumers darzustellen.

Nach dem Eintauchen in den Zentralozean von Gatas hatten wir die mächtige LUVINNO – sie durchmaß sechs Meter! – als U-Boot verwendet, bis wir eine ausreichend große Unterwasserhöhle ausfindig gemacht hatten.

Dieser mit einer Wasserschleuse versehene Stützpunkt hatte schließlich auch Melbar Kasom und die vier Terraner aufnehmen können, die wir unter schwierigen Bedingungen aus der Festung des Geheimdienstes herausgeholt hatten.

»Block der neunzehnten Vorsicht«, sagte man auf Gatas zu der Inselsiedlung, die fast im Mittelpunkt eines untergatasischen Sees lag.

Nach der Befreiung der Männer hatte ich gehört, dass die Blues durch die gnadenlos durchgeführten Verhöre viel zuviel über die Menschheit erfahren hatten.

Die dreiundvierzig Gefallenen hatten unter der Einwirkung eines Löschungsdetektors alles ausgesagt, was sie über Terra, Perry Rhodan, die USO, die Galaktische Allianz und letztlich über das Vereinte Imperium unter Rhodans Führung gewusst hatten. Sie waren ihres Willens nicht mehr mächtig gewesen.

Infolge dieser bestürzenden Nachricht hatte ich es trotz der Ortungsgefahr gewagt, meinen obersten Vorgesetzten, Lordadmiral Atlan, über die Vorfälle zu informieren.

Drei Monate lang hatte ich keine Antwort erhalten. Wir hatten uns mit den fünf terranischen Riesen in der unterseeischen Höhle versteckt und auf weitere Anweisungen gewartet. Der Hyperkomempfänger war Tag und Nacht von wenigstens drei Funkern besetzt gewesen. Wir hätten nichts überhören können, was für uns bestimmt gewesen wäre.

Außerdem wussten Atlan und der Großadministrator sehr genau, dass wir Siganesen nun einmal kleingewachsene Menschen sind, für deren Begriffe ein Raumschiff von sechs Metern Durchmesser schon sehr groß ist.

Infolgedessen konnten unsere Energiestationen und Funkgeräte nicht ganz so leistungsfähig sein, wie die eines Schlachtschiffes des Imperiums. Ich fand es schon erstaunlich genug, was unsere genialen Mikrotechniker leisteten.

Ich hatte die Männer der LUVINNO immer wieder auf die Befehle hinweisen müssen, die ich von Atlan und Rhodan persönlich erhalten hatte.

Auf Grund dieser Richtlinien hatten wir nach der Befreiung der in Gefangenschaft geratenen Terraner so lange in einem »zu erstellenden« Unterseestützpunkt auszuharren, bis neue Anweisungen per Hyperfunk einträfen.

Die Folgen der langen Wartezeit zeichneten sich in meiner Phantasie immer krasser ab. Ich wusste sehr wohl, was zum Zeitpunkt meines Einsatzbeginns von den Völkern der Galaxis angestrebt, militärisch bekämpft, oder politisch verworfen wurde.

Die Milchstraße war zum Schauplatz von Kampfhandlungen aller Art geworden. Überall gärte es. Man missachtete die Gesetze des Imperiums und strebte nach voller Freiheit, obwohl die ehemaligen Kolonien längst ihr Selbstbestimmungsrecht erhalten hatten. Ich hatte niemals richtig verstanden, welcher Unterschied zwischen Autarkie und »voller Freiheit« bestehen sollte. Man nörgelte immer an der bewussten Vertragsklausel des Sicherheitsgesetzes herum. Danach waren die dem Imperium angeschlossenen Völker verpflichtet, bei außenpolitischen Maßnahmen von weittragender Bedeutung den Großadministrator zu verständigen.

Ich hatte das immer für selbstverständlich gehalten. Verbündete müssen sich nun einmal aussprechen, ehe sie bestimmte Planungen verwirklichen. Vielleicht lag es daran, dass man besonders auf den ehemaligen Kolonialwelten des Arkonidenreiches von »barbarischer Unterdrückung durch einen terranischen Emporkömmling« sprach, dem »ein gewissenloser Imperator ohne Befragung des arkonidischen Volkes« die Macht über das Reich der Ahnen übertragen hätte.

Mit dem gewissenlosen Imperator war Atlan gemeint, und der barbarische Emporkömmling war Perry Rhodan.

Die Neu-Arkoniden hatten dabei lediglich übersehen, dass sie ohne Rhodans und Atlans Eingreifen nichts anderes gewesen wären, als völlig enthemmte und degenerierte Geschöpfe, denen schon ein Spaziergang durch den eigenen Palast als Zumutung erschienen wäre.

Die Neu-Arkoniden hatten durch eine Gehirnzellenaufladung, die bei den letzten zehn Generationen direkt nach der Geburt vorgenommen worden war, wenigstens wieder etwas Initiative und staatspolitisches Interesse gewonnen.

Während der drei Monate unserer Wartezeit hatten wir genügend Gelegenheit gehabt, um über Rhodans politische Fehler zu diskutieren. Das Resultat lautete grundsätzlich: »Er ist nicht hart genug! Zu human, zu sehr Mensch und viel zuwenig Eroberer.«

Das hatten sogar die Männer meines Volkes behauptet, obwohl wir Siganesen nicht nur vorgeben, friedfertig zu sein. Wir sind es auch! Als klare Denker haben wir allerdings eingesehen, dass ein Sternenreich von den Ausmaßen des Vereinten Imperiums nicht nur durch gute Worte erhalten werden kann. In dieser Beziehung hatten die altarkonidischen Raumpioniere nach anderen Maßstäben gehandelt.

Nun waren zu all unseren innerpolitischen Schwierigkeiten auch noch die Blues aufgetaucht. So nannten wir jene nichthumanoiden Tellerkopf-Geschöpfe, auf deren Hauptwelt wir uns aufhielten.

Wir waren zweihundert siganesische Raumfahrer und Wissenschaftler. Zusammen mit den fünf terranischen Riesen, unter denen Melbar Kasom noch eine besondere Stellung einnahm, bildeten wir einen kleinen Erkundungstrupp der Menschheit.

Wir hatten uns unter dem Meeresspiegel verkrochen, um nicht entdeckt zu werden. Noch wussten die Gataser nicht, dass wir auf ihrer Hauptwelt weilten. Von hier aus beherrschten sie mit Hilfe ihrer molkexgepanzerten Schlachtflotte ein riesiges Sternenreich.

Endlich – vor vierzehn Tagen Standardzeit, war die ersehnte Funknachricht eingetroffen. Perry Rhodan hatte lediglich einige Symbolgruppen senden lassen, die nur wir verstehen konnten.

Wir hatten sie nach unserer Spezialkladde entschlüsselt. Es war noch nicht einmal ein Rechengerät erforderlich gewesen.

Der Inhalt hatte uns begeistert und zugleich bestürzt. Rhodan hatte die Ankunft eines schnellen Kreuzergeschwaders gemeldet. Es sollte in das Verth-System vorstoßen und den Anschein erwecken, als wollten die Terraner wieder einmal den Versuch einer bewaffneten Fernaufklärung machen.

Bei dieser Gelegenheit sollte ein präpariertes, robotgesteuertes Raumschiff so geschickt abgeschossen werden, dass es in die Lufthülle des Planeten stürzen musste.

Insoweit glich der Plan jenem, den wir bei unserem Landemanöver verfolgt hatten. Das hatte sich so gut bewährt, dass Rhodan anscheinend auf den Gedanken gekommen war, ein zweites und ähnliches Experiment zu wagen; nur mit dem Unterschied, dass er diesmal nicht mit einem erbeuteten Blues-Raumer erschien, sondern offen mit einem starken Verband.

Auch hing unter der Zelle des präparierten Schiffes kein Schwerer Kreuzer meines Volkes, sondern es transportierte in einem Spezialladeraum ein großes U-Boot, das unbemerkt in dem Zentralozean abgesetzt werden sollte.

Meine Bedenken gegen dieses Manöver resultierten wahrscheinlich aus meiner Körpergröße, die für terranische Begriffe winzig ist.

Ich bin 22,21 Zentimeter groß und besitze eine Schulterbreite von 63,3 Millimetern.

Auf Siga, meiner Heimatwelt, gelte ich als hochgewachsene Persönlichkeit. Andere Männer aus meinem Geburtsjahrhundert sind im Verlauf des ständigen »Kleinerwerdens« nur noch vierzehn Zentimeter groß.

Ich möchte jedoch an dieser Stelle nicht auf meinen gigantischen Wuchs eingehen. Meine Freunde auf Terra wissen bereits, dass ich Meister aller Klassen auf Siga bin und die Position eines Spezialisten der USO einnehme. Ich stehe dazu im militärischen Range eines Majors und fungiere als Befehlshaber des Geheimstützpunktes von Gatas. Mein Name ist Lemy Danger.

Für einen Mann meiner Axt, der naturgemäß an andere Dimensionen und Begriffe gewöhnt ist, erschien es riskant, einen Körper abzusetzen, der 130 Meter lang und im Mittel 16 Meter durchmessend war.

Bei unserer Landung vor drei Monaten hatten wir schon eine Entdeckung befürchtet, obwohl die LUVINNO in ihrer Kugelform nur sechs Meter durchmaß.

Seit dem Eingang der Funknachricht befanden wir uns in höchster Alarmbereitschaft. Zusammen mit den Informationen über die genau festgelegte Ankunft eines Spezialschiffes hatten wir noch den Befehl erhalten, ein ortungssicheres Unterwasserversteck für das U-Boot zu erkunden.

Mir war keine andere Wahl geblieben, als mit dem Spezialboot der LUVINNO die Küste abzufahren und nach einer natürlichen Höhle oder Unterwasserschlucht zu suchen, in der wir das gigantische Boot verstecken konnten.

An den Bau einer Schleuse, die es erlaubt hätte, den Hangar leerzupumpen, war natürlich nicht zu denken gewesen. Für solche Vorhaben hatten uns auch die technischen Mittel gefehlt, denn mit einem Ausbrennen des Bunkers allein wäre niemand gedient gewesen. Bei der Anwendung der dazu erforderlichen Strahlgeschütze wären wir wahrscheinlich geortet worden.

Nun – wir hatten einen schlauchartigen Felseinschnitt in der Unterwasserküste gefunden. Er war sogar 150 Meter lang und so breit und hoch, dass er das terranische Boot aufnehmen konnte. Die Küste war zerklüftet. Es war einfacher gewesen, als ich angenommen hatte.

Melbar Kasom und die vier Terraner hatten den Naturhangar zusätzlich erkundet. Einige störende Vorsprünge waren vorsichtig mit den Desintegratorgeschützen der LUVINNO zerpulvert worden. Wir hatten auch das Auflagebett geebnet, soweit es eben möglich gewesen war.

Nun befand ich mich mit meinem Spezialboot, das von außen betrachtet einem Fisch glich, auf dem Wege zu jener Insel, in deren Nähe das alte Robotschiff abstürzen sollte.

Mein Fahrzeug war 1,65 Meter lang und durchmaß 90 Zentimeter. Es war auch für siganesische Begriffe klein. Trotzdem konnte ich mich zusammen mit meinem Roboter Koko gut in der Zentrale und den angegliederten Wohnräumen bewegen.

Rhodans und Atlans Wissenschaftler hatten wieder einmal sehr genau gearbeitet. Sie kannten die Position des von uns erbauten Unterwasserstützpunktes. Da außerdem Karten über Gatas vorhanden waren, hatte man den Absturzpunkt so exakt berechnet, dass er nur hundertsechzig Kilometer von unserer Zentrale entfernt war.

Wie man das große U-Boot im letzten Augenblick vor dem Aufschlag ausschleusen wollte, war mir rätselhaft. Wahrscheinlich hatte man den ausgedienten Kreuzer vollkommen umbauen müssen. Sicherlich gab es auch noch besondere Schutzschirme, die den Körper vor dem Verglühen in der dichten Lufthülle bewahrten.

Damit war aber noch nicht alles getan. Wir hatten es selbst erlebt, wie schwierig es war, unbemerkt auf Gatas zu landen.

Ich war vor drei Stunden losgefahren. Koko steuerte das Boot mit einer Geschicklichkeit, wie sie kein lebendes Wesen aufbringen konnte. Der birnenförmige Robot, der nur 19 Zentimeter groß war, übersah nichts. Er hatte sich mit den Hauptanzeigen in Direktschaltung verbunden.

Kokos Gehirn war das letzte Meisterwerk siganesischer Mikrotechnik. Die verwendeten Ultra-Transistoren waren mikroskopisch klein. Unsere Techniker hatten bei der Unterbringung der einzelnen Bauelemente eine Packungsdichte erreicht, wie sie nie zuvor dagewesen war.

Zwar nahm Kokos Birnenkopf die Hälfte seiner Körperlänge ein; aber das war noch immer kein Maßstab, mit dem man die unerhörte Leistungsfähigkeit seines P-Gehirns hätte verdeutlichen können. Die Packungsdichte der Gesamtpositronik war hunderttausendmal höher als die eines menschlichen Gehirns.

Ich stand in der Zentrale und beobachtete den vollautomatischen Standortzeichner, der die jeweilige Position angab.

Wir befanden uns dicht vor der Insel. Hier und da waren uns jene seltsamen Transportbehälter begegnet, wie man sie auf Gatas zur Beförderung großer Gütermengen verwendete.

Auf der offenen See waren sie nur selten anzutreffen; aber die zahllosen Untergrundflüsse dieser Welt wimmelten davon.

Ich fuhr die Kombisonde aus. Sie war nicht größer als ein Korken, schwamm auf der Wasseroberfläche und übermittelte mir die gewünschten Daten.

Die Fernsehübertragung war gut. Noch besser aber funktionierte die Impulsaufnahme. Ich zuckte zusammen. Das Boot, das wir nur deshalb mit der Haut eines eingefangenen und ausgenommenen Fisches umkleidet hatten, um nicht erkannt zu werden, wurde in seinen Verbänden erschüttert.

Weit über uns tobte eine Raumschlacht. Die Energie-Schockwellen der Waffen waren ungeheuer.

*

Koko drehte sich um. Er besaß kein menschenähnliches Gesicht. In dem Kopf, der wie eine altertümliche Glühbirne aussah, waren lediglich die Konturen der dort eingelagerten Schaltelemente zu erkennen. Sie waren so klein, dass sie noch nicht einmal vom mikroempfindlichen Auge eines Siganesen voneinander getrennt werden konnten. Dazu benötigte man ein Mikroskop.

Die Sehmechanismen des Robots konnte nur ich erkennen, weil ich wusste, wo sie zu suchen waren.

Koko besaß auch keinen nachgebildeten Mund. Er verständigte sich mit seiner modulationsgesteuerten Sprechanlage, die wiederum durch die wortbildende Biotronik des Begriffsspeichers versorgt wurde.

Wie gesagt: Koko besaß keinen Mund. Was aber aus dem Mikrolautsprecher hervorkam, bestand zumeist aus einem Sammelsurium von logisch fundierten Erklärungen und darin eingestreuten Begriffen, die der gelehrige Birnenkopf irgendwo aufgeschnappt hatte. Sein Gehirn musste im begriffsbildenden Biotroniktaster einen Schaltfehler besitzen. Koko gebrauchte unschöne Redewendungen, wie sie unter terranischen Raumfahrern üblich waren.

Ich bitte vielmals um Entschuldigung, wenn ich Ihnen innerhalb meines Berichtes zumuten muss, solche Worte zu lesen. Wenn ich jedoch wahrheitsgetreu meine Erlebnisse niederschreiben soll, so komme ich nicht umhin, Kokos sprachliche Fehler ebenfalls zu schildern. Schuld daran sind ohnehin nur die Terraner, die sich ein Vergnügen daraus machen, meiner genialen Spezialmaschine allerlei Unfug beizubringen. Aber so sind die terranischen Riesen nun einmal.

Seitdem Koko in der Außenstation ESS-1 geweilt hatte, duzte er jedermann. Mich nannte er »Sir« und »du« – ebenfalls eine logische Entgleisung, die ich auf seine Fehlschaltung zurückführte. Erstaunlicherweise konnten sich meine siganesischen Brüder nicht dazu überwinden, den Robot zu überprüfen. Anscheinend fand man seine »Ausrutscher«, wie beispielsweise Chefphysiker Tranto Telra sagte, sehr erheiternd. Ich war der Leidtragende. Siganesen fluchen und schimpfen nämlich nicht, wissen Sie! Das liegt nicht in der Mentalität meines Volkes, das aus unerklärlichen Ursachen von Generation zu Generation kleiner wird.

»Hörst du das, Sir? Die liegen sich in den Haaren. Wenn alles klappt, muss in zehn Minuten das Schiff abstürzen. Sir – das wird aber spritzen!«

Ich warf Koko einen verweisenden Blick zu. Das »In-den-Haaren-Liegen« gehörte auch nicht zu der siganesischen Begriffsprogrammation. Ich hatte mir schon vor Wochen erklären lassen, dass Kokos Speicherkapazität noch zur Aufnahme von achtunddreißig Millionen Sammelbegriffen ausreichte. Wenn er das ausgenutzt hatte, dann bekam ich sicherlich noch viel zu hören.

»Kümmere dich um deine Aufgabe«, sagte ich mit erhobener Stimme. »Das Boot krängt um fast ein Grad nach Steuerbord.«

»Verzeihung, Sir. Irrtum, Sir. Du stehst schief. Der atmosphärische Überdruck innerhalb der Zelle übt einen Stau auf deinen Gleichgewichtssinn aus. Der Überdruck muss aber sein, da wir ständig in einer Wassertiefe von dreißig Metern leben. Da ein sehr schneller Druckausgleich nach längerem Aufenthalt nicht angemessen ist, kommt es also innerhalb deiner organischen und daher empfindlichen Ohren zu einer ...!«

»Aufhören!«, unterbrach ich ihn.

Kokos halbtransparente Gehirnumhüllung begann zu leuchten, ein Zeichen für eine angestrengte »Geistestätigkeit«.