Perry Rhodan 2277: Die Macht der Sekte - Michael Nagula - E-Book

Perry Rhodan 2277: Die Macht der Sekte E-Book

Michael Nagula

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Beschreibung

Er will Rache für seine tote Tochter - und kämpft gegen die Jünger Gon-Orbhons Zu Beginn des Jahres 1333 Neuer Galaktischer Zeitrechnung sind achtzehn Monate seit dem Hyperimpedanz-Schock vergangen. Endlich scheint es mit Terra wieder aufwärts zu gehen - zumindest wirtschaftlich. Politisch muss sich die Regierung auf der Erde noch immer mit einer Entwicklung herumschlagen, die zusehends kosmische Verwicklungen erahnen lässt: Der Kult um den "Gott" Gon-Orbhon, der Ende 1331 NGZ entstanden ist, wird immer mächtiger. Die seltsame Religionsgemeinschaft redet den Untergang herbei und predigt Hass auf die Maschinen. Sie scheint zudem mit einer Geistesmacht verbunden zu sein, die ihren Sitz in der Großen Magellanschen Wolke hat. Gon-Orbhons "Verkünder" Carlosch Imberlock hat es indessen verstanden, jede Verantwortung für Gräueltaten seiner Anhänger weit von sich zu schieben. Ihm geht es ausschließlich um DIE MACHT DER SEKTE...

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Nr. 2277

Die Macht der Sekte

Er will Rache für seine tote Tochter – und kämpft gegen die Jünger Gon-Orbhons

Michael Nagula

Zu Beginn des Jahres 1333 Neuer Galaktischer Zeitrechnung sind achtzehn Monate seit dem Hyperimpedanz-Schock vergangen. Endlich scheint es mit Terra wieder aufwärts zu gehen – zumindest wirtschaftlich.

Politisch muss sich die Regierung auf der Erde noch immer mit einer Entwicklung herumschlagen, die zusehends kosmische Verwicklungen erahnen lässt: Der Kult um den »Gott« Gon-Orbhon, der Ende 1331 NGZ entstanden ist, wird immer mächtiger. Die seltsame Religionsgemeinschaft redet den Untergang herbei und predigt Hass auf die Maschinen. Sie scheint zudem mit einer Geistesmacht verbunden zu sein, die ihren Sitz in der Großen Magellanschen Wolke hat.

Gon-Orbhons »Verkünder« Carlosch Imberlock hat es indessen verstanden, jede Verantwortung für Gräueltaten seiner Anhänger weit von sich zu schieben. Ihm geht es ausschließlich um DIE MACHT DER SEKTE ...

Die Hauptpersonen des Romans

Barto Datone – Der Fremdenführer stirbt viermal.

Miguele Carreras – Der »Don« von Neapel versucht seinen Konkurrenten auszuschalten.

Philippe Romero – Carreras' Rivale liebäugelt mit dem Kult des Gon-Orbhon.

Carlosch Imberlock – Der Verkünder plant einen Monumentalbau.

Homer G. Adams – Der Residenz-Mister sieht eine Möglichkeit, Imberlock loszuwerden.

T'ai-Ghün

Prolog

»Bei der violetten Kreatur der Träume!« Mit diesen Worten zog sich der Gataser ächzend auf den Kraterrand und richtete sich auf. Sein Tellerkopf pendelte aufgeregt.

»Nichts könnte schöner sein.« Die rötlichen Flecken rund um den Mund, der sich – wie bei den Jülziish üblich – im dürren Hals dicht über dem Rumpf befand, schienen sich dunkler zu färben. »Eine Kantate! Eine Ode an Vesuv, die griechische Kreatur der Weisheit! Ein Terzett! Ich weiß: Das Brodeln und Wallen flüss'gen Gesteins ...«

Barto Datone seufzte innerlich. Dieser Blue zirpte jetzt schon seit Stunden ununterbrochen. Er schien jedes Mal geradezu in Ekstase zu geraten, wenn er ein neues Stück Weges zu sehen bekam, und rastete geradezu aus, wenn ein Geröllbrocken die Wand herabdonnerte. Und das alles nicht etwa im dezenten Hochfrequenzbereich, den bestenfalls noch Hunde oder Katzen wahrnahmen, sondern in schrillem Diskant.

Dazu noch alles auf Interkosmo, sodass die drei anderen Touristen jedes Wort verstehen konnten. Und um dem allem die Krone aufzusetzen, bediente er sich einer antiquierten Ausdrucksweise, die dem Wort schwülstig völlig neue Dimensionen verlieh.

»Römisch. Göttin. Der Liebe. Und sie hieß Venus«, unterbrach er den Blue, der ihn irritiert aus zwei seiner vier Katzenaugen anstarrte.

»Nun, du bist hier der Fremdenführer, also wirst du es am besten wissen«, brachte er hervor und schaffte es, beleidigt zu klingen. Gerade als Datone glaubte, er ließe es dabei bewenden, fügte er noch hinzu: »Ich habe immerhin zwei Vorlesungen in prästellarer terranischer Geschichte gehört. Bei Professor Sylüry Yanaka. Dem Experten der Blockuniversität von Gatas auf diesem Gebiet. Aber ihr Terraner habt auch eine verwirrende Vielzahl an Götterinnen und Götten, wie soll sich die einer merken? Bei der weißen Kreatur der Klarheit!«

Zum wiederholten Male wünschte sich Datone verzweifelt, der Blue wäre bei Eintreten des Hyperimpedanz-Schocks zu Hause auf Gatas gewesen. Doch leider war er seither auf Terra gestrandet. Die Chancen, unter den gegenwärtigen Umständen in die Eastside der Galaxis zurückkehren zu können, waren gleich null.

»Wenn ihr jetzt bitte einen Blick ins heiße Herz der Hölle werfen wollt«, bat er seine Reisegruppe und machte eine auffordernde Geste. Neben dem Gataser waren es noch drei Terraner, zwei Männer und eine Frau, die sich an diesem Tag den langen, mühevollen Weg heraufgeschleppt hatten. Jetzt standen sie auf dem schmalen Pfad, der genau auf dem Kraterrand verlief und eigens für Touristen angelegt worden war, und starrten hinab.

Ihren Augen bot sich ein eindrucksvolles Bild: Eine dreidimensionale Projektion täuschte gischtende Magmasäulen vor, die vom Grund der Senke aufstiegen und wieder zurückfielen. Die Frau schnappte überrascht nach Luft und wich einen Schritt zurück; der blonde Mann fing sie gerade noch auf, ehe sie rückwärts vom Pfad stolperte.

»Der Vulkan ist schon lange nicht mehr aktiv«, begann Datone seinen Vortrag, »und dass es so bleibt, dafür haben unsere Wissenschaftler natürlich gesorgt. Aber dieses Spektakel – darauf bestanden die Terra-Nostalgiker. Immerhin haben wir hier ein Sprichwort: Vedi Napoli e poi muori – Neapel sehen und getrost sterben. Diese Stadt ist die Perle der Region, aber viele betrachten den Anblick des Vesuv als Höhepunkt ihres Lebens.«

Der Gataser wackelte missbilligend mit dem Tellerkopf und wies auf einen kleinen Datenblock. »Was Venus anging, hattest du Recht. Aber hier steht, das hier sei bloß der Monte Somma. Der eigentliche Gipfel ...« Er deutete auf den Schattenriss, den der Berg im grellen Sonnenlicht bildete. »... ist dort oben.«

Datone nickte säuerlich. Wenn er den Blue richtig einschätzte, würde bestimmt gleich der übliche Vortrag des begeisterten Laien kommen.

Datone täuschte sich nicht. »Der erste Ausbruch erfolgte vor mehr als fünftausend Jahren«, legte der Gataser los. »Dabei wurden vier Nachbarorte, darunter Pompeji, unter den Aschemassen vollständig begraben. Ein gewisser Pinius der Jüngere und Ältere hat darüber berichtet, und ...«

»Plinius zwar, aber der Rest stimmt so ungefähr«, unterbrach Datone. »Aber es gibt noch mehr zu sehen und zu staunen: Die Ausgrabungen im Vesuvgebiet selbst, die Zusammensetzung der Schuttmassen und die Art der Zerstörungen lassen uns einen tiefen Blick in die ferne terranische Geschichte tun.«

»Mich fasziniert eher das Spektakel an sich«, schwadronierte der Gataser träumerisch. »Man stelle sich das nur einmal vor: Plantagen voller Vurga-Beeren hatten die Terraner an den fruchtbaren Abhängen des Vesuv angebaut und das Land dicht besiedelt, als das Unglück geschah und der Vulkan, der jahrhundertelang keine Regung von sich gegeben hatte, aufbrach und alles verschlang. Die Wiederherstellungsarbeiten waren noch nicht einmal beendet, als der Vesuv sechzehn Jahre später erneut ausbrach.«

Datone entgegnete nichts. Natürlich assoziierten viele Fremde die Vurga-Beere mit Terra, weil eine terranische Firma seit Jahrhunderten exklusiv den köstlichen Vurguzz produzierte und vertrieb. Aber abgesehen davon, dass die Vurga-Beere nur auf einem einzigen Planeten gedieh – und das war definitiv nicht die Erde –, hatten die alten Kulturen Mitteleuropas mit dem Wein ein Getränk hervorgebracht, das dem Vurguzz in vielerlei Hinsicht mehr als gewachsen war. Aber das wollte er jetzt nicht unbedingt erläutern müssen; der Lulatsch mit dem zarten blauen Flaum, dem Tellerkopf mit seinen vier Augen und den sieben Fingern an jeder Hand hätte etwas anderes gefunden, mit dem er vermeintlich auftrumpfen konnte. Er war eindeutig die exotischste Gestalt der Gruppe, die er auf den Vesuv geführt hatte, aber auch die arroganteste – und ein schrecklicher Besserwisser.

Datone wandte sich an die anderen, die hinter dem Gataser standen, die drei seltsam düster wirkenden Terraner. Zwei schienen ein Pärchen zu sein, er blond gelockt, sie mit rötlichem Kraushaar. »Bitte folgt mir.«

Er begab sich auf dem schmalen Pfad zu einer halbrunden Plattform. Wie eine Zunge ragte sie über den Kraterrand hinaus, auf allen Seiten von unsichtbaren Energiefeldern gesichert.

»Wo wir jetzt stehen«, begann er mit erhobener Stimme, »befand sich nach dem ersten Ausbruch noch solider Fels. Erst beim zweiten Ausbruch, den unser Freund gerade erwähnte, wurde die Spitze des Vulkans weggesprengt. Anschließend rasten mehrere pyroklastische Ströme mit fünfundsechzig bis achtzig Stundenkilometern durch die Küstenstadt Herculaneum, das heutige Ercolano, und vernichteten dort alles Leben.«

Der Tellerkopf des Gatasers wackelte verzückt, und Datone hoffte, dass der Blue es dabei bewenden ließ. Er wollte ungestört seine Führung abhalten.

»Zwischen 203 und 1139 alter Zeitrechnung gab es elf weitere Ausbrüche«, fuhr er fort, »dann kam der Vesuv fünfhundert Jahre lang zur Ruhe, bis 1631 wieder eine gewaltige Eruption erfolgte, die viertausend Tote forderte.« Er richtete den Blick auf das terranische Pärchen, das grimmig in den Krater hinabstarrte. »Im achtzehnten Jahrhundert wurde dann Pompeji wiederentdeckt und teilweise ausgegraben.«

»Es gab noch andere Ausbrüche«, meldete sich der Gataser eifrig zu Wort. »Bei einem wurde der Berg sogar um rund zweihundert Meter niedriger.«

»Ungefähr zwanzig weitere gab es«, knurrte Datone, »und 1944 nach Christus wurden die Städtchen Massa di Somma und San Sebastiano nahezu vollständig zerstört. Aber Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts wurden zunächst Sensoren und Dämpfungsfeldprojektoren installiert und von Zeit zu Zeit erneuert. Es gab zwar Evakuierungspläne für die mehr als eine Million Einwohner, die im Falle eines Ausbruchs unmittelbar bedroht gewesen wären, aber man wollte auf Nummer Sicher gehen. Und das ist seither der Stand der Dinge.«

»Also geht vom Vesuv keine Gefahr mehr aus. Wie kommt es dann, dass der Mythos vom Feuer speienden Berg noch so lebendig ist?« Es war die Einzelperson in Begleitung des Pärchens, ein etwas gebeugt gehender Glatzkopf mit Hakennase. Dem Klang seiner Stimme nach kam er nicht aus dieser Region.

Eine eigenartige Gruppe ... Datone fragte sich, was sie wohl hierher führte.

»Bei der magentafarbenen Kreatur der Flamme«, antwortete der Gataser. »Wir haben es hier mit Urgewalten der Erde zu tun, die sich durch Aufwölbungen des Erdmantels ein Ventil suchen. Wann hat ein Wesen schon Gelegenheit, dem tosenden Inferno im Inneren eines planetaren Organismus so nahe zu sein? Wann kann es Zeuge der gewaltigen Energien werden, die den Ursprung allen Seins bilden? Doch nur, wenn es sich mit den entfesselten Gewalten von Mutter Natur vertraut macht.«

Datone schloss kurz die Augen und überging den Kommentar des Gatasers.

»Damit berührst du einen wunden Punkt«, sagte er zu dem Glatzkopf. »Das Interesse am Vesuv hat in den letzten Jahren leider stark nachgelassen. Die gesamte Tourismusbranche hat es in diesen unruhigen Zeiten sehr schwer. Eigentlich finden nur noch wenige Spezialisten ...« Er deutete scheinbar beiläufig auf den Gataser. »... den Weg zu uns. Besteigungen des Vesuv gehören in den seltensten Fällen noch zum Programm.«

Der Mann strich sich mit der Rechten durch das hagere Gesicht. »Das haben wir gemerkt. Wir mussten mehrere Tage warten, bis diese Tour zustande kam.«

Datone erstarrte. Er konnte den Blick nicht vom Handgelenk des Mannes wenden. Als er die Hand nach vorn genommen hatte, war Datone ein Abzeichen am Saum des Ärmels aufgefallen. Und was er da sah, gefiel ihm ganz und gar nicht.

Er schluckte ein wenig, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen. Er spähte kurz zu dem Pärchen hinüber. Nachdem er wusste, wonach er zu suchen hatte, fand er das Emblem auch an ihren Ärmeln. Unauffällig, aber unmissverständlich: ein stehendes Schwert vor einem flach liegenden Oval. Das Zeichen des Gottes Gon-Orbhon!

»Tut mir Leid.« Datone breitete die Arme aus. »Aber ich hoffe, das hat eure Urlaubspläne nicht beeinträchtigt.«

»Wir sind nicht auf Urlaub hier«, sagte der Mann.

Datone zog es vor zu schweigen. Er war jetzt sogar froh darüber, dass der Gataser wieder das Wort an sich riss und sein Wissen über Vulkanismus im Allgemeinen ausbreitete – Details, die Datone viel zu weitschweifig erschienen. Aber das gab ihm eine Atempause.

Die Frage, was Sektierer eigentlich hier wollten, ließ ihn nicht los. Sein Abscheu vor Gon-Orbhons Anhängern war gewaltig. Für ihn waren sie nicht normal. Niemand, der seine Heimat verriet und verkaufte, konnte normal sein. Und das taten sie zuhauf. Überall, wo sie zu Gon-Orbhon überliefen, ließen sie alles andere stehen und liegen. Sie vergaßen ihre Vergangenheit. Sie verrieten das alte Terra.

Datones Heimat war der Vesuv. Er liebte ihn, seit er mit seinen Eltern als Kind von Boston hierher gezogen war; eine Suchanfrage bei NATHAN hatte nämlich ergeben, dass die Datones einen Vorfahren gehabt hatten, der vor zweitausend Jahren eine Italienerin geheiratet und deren Namen angenommen hatte. Es war zwar nicht mehr zu ermitteln, woher die Familie Datone damals tatsächlich stammte, aber ein Ort wie das in sich selbst vergessene Rom oder die nach wie vor von Mode besessene Stadt Mailand übten auf Bartos Eltern wenig Anziehungskraft aus. Doch der Vesuv ... Irgendwie waren sie hierher geraten, und vom ersten Augenblick an hatten sie gespürt, dass hier ihre Heimat war, in dem kleinen Vorort Neapels, von dem aus man den Vulkankegel gut – aber aus sicherer Entfernung – betrachten konnte.

Die Datones waren damit keineswegs ein Einzelfall. Auf ganz Terra war in den 1320er Jahren eine Nostalgiewelle entstanden, ein Retro-Trend, der sich auf ganz unterschiedliche Aspekte terranischer Vergangenheit stürzte und die moderne Welt daran anpasste: Polizeistationen wie aus dem Wilden Westen des 19. nachchristlichen Jahrhunderts, eine Freizeitanlage im Neandertal-Design, Wohntürme im Neoretroklassizismus, Festivals rings um das ehemalige Upanishad-Gelände unweit des Mount Everest ... Die Liste ließe sich beinahe endlos fortsetzen.

Auch Datone selbst war ein überzeugter Terra-Nostalgiker. Er würde den Vesuv und seine Heimat nie verraten.

Unwillig blickte er zu den drei Terranern. Schön, vielleicht hatten sie eine neue Heimat gefunden. In Gon-Orbhon, in ihrem Tempel. Aber was wollten sie hier? Sie verhielten sich so, als suchten sie nach etwas. Als beäugten sie neues Terrain. Sie sagten kein Wort zu viel, besichtigten gründlich jeden Bereich des Vesuv, den er ihnen zeigte, gingen viele Wege zu Fuß, die eigentlich gar nicht auf dem Programm standen.

Datone zeigte nicht, wie sehr ihn das beunruhigte. Er legte im Umgang mit ihnen jene selbstbewusste Haltung an den Tag, die er sich schon vor langer Zeit angeeignet hatte. Ein Fremdenführer musste mit allen Leuten gut auskommen.

Dabei fieberte er dem Augenblick entgegen, an dem die Führung endlich vorbei sein sollte, und als der Gataser beim Abschied beide Hände in seine nahm und ihm überschwänglich für diesen tiefen Einblick in die Urgewalten der Natur dankte, war Datone sehr froh darüber.

So brauchte er den drei Sektierern nur kurz die Hand zu drücken. Er wusste nicht, warum, aber er empfand große Sorge.

1.

Wie im Flug waren die letzten Monate vergangen. Aus der tiefsten Krise heraus war die Wirtschaft wieder angesprungen und boomte wie zu den besten Zeiten des Solaren Imperiums. Alles war neu und aufregend. Etwas primitiver vielleicht als vor dem Hyperimpedanz-Schock, aber genau das war ja die Herausforderung.

Aus Sicht der Regierung und der Wirtschaft kann es eigentlich nicht besser laufen, überlegte der Residenz-Minister, als er gebeugt ans Fenster trat, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Er blickte nachdenklich zum Horizont, wo die mächtigen Kontrolltürme des Terrania Space Port aufragten.

Psychologisch und sozial waren allerdings Klüfte aufgesprungen, mit denen keiner mehr gerechnet hatte. Der Verlust geliebter Menschen und Tiere infolge der Syntron-Katastrophe und die nackte Existenzangst waren Ursachen hierfür, und die ließen sich nicht einfach mit Geld und Arbeit wieder ungeschehen machen. Auch auf religiöser Ebene lief nicht alles zum Besten: Wie aus dem Nichts hatte die »Sekte« des »Gottes Gon-Orbhon« einen kometenhaften Aufstieg hingelegt; ihr Verkünder, Carlosch Imberlock, schaffte es in kürzester Zeit, eine in die Millionen gehende Anhängerschaft für sich zu gewinnen. Sie glaubten an die Macht Gon-Orbhons, an Untergang und Wiedergeburt, was im Gegensatz stand zum Credo der LFT.

Zumindest verstand Homer Gershwin Adams das so. Er seufzte schwer. Das alles waren Problemfelder, für deren Lösung er nicht der geeignete Mann war. Und doch berührten sie seinen Wirkungskreis, erschwerten seine Arbeit. Genauso wie die Schattenwirtschaft, die plötzlich wieder allüberall gedieh: Umstellungen auf neue Techniken, Versorgungsengpässe, Positronik-Knappheit, Wirtschaftsprobleme in der Liga und vieles andere mehr – das alles war ein idealer Nährboden für Schwarzmarkt, Schmuggel und Erpressung. Dem Verbrechen konnte Adams entgegenwirken, doch es genügte nicht. Denn an diesem Punkt kamen wiederum jene Problemfelder ins Spiel, die sich seiner Kontrolle entzogen: Verwirrung, Verunsicherung und Ängste der Menschen hatten den Drogenkonsum ansteigen lassen, sodass mafiöse Organisationen neue Absatzmärkte erschlossen hatten.

Trotzdem war der Residenz-Minister stolz auf das Geleistete: Der nach gelebten Jahren älteste Mensch der Welt konnte auf den steigenden Export verweisen, nicht nur innerhalb des Solsystems, sondern auch in entferntere Bereiche der Liga, jedenfalls, soweit der Hyperimpedanz-Schock solche Flüge zuließ. Etliche Zuliefer- und Herstellerbetriebe für Geräte, die dem neuen technologischen Niveau angepasst waren, verzeichneten stetige Gewinne. Sie bezahlten ihrerseits die teuer gewordenen Hyperkristall-Importe von anderen Welten, sodass der Galax eifrig zirkulierte. Die Verhältnisse auf Terra und im näheren Umkreis des Solsystems normalisierten sich allmählich.

Der einzige Bereich, auf den nichts von dem, was Adams auch unternahm, irgendeinen Effekt hatte, war die »Kirche« Gon-Orbhons, insbesondere die Selbstmordattentate seiner Jünger. Sie verunsicherten die Bevölkerung am stärksten. Auch der Staat war lange Zeit vollkommen hilflos gegenüber der Gruppierung gewesen, die sich auf die religiöse Freiheit berufen und jeden Zusammenhang zu den Attentätern energisch abgestritten hatte.

Es war Balsam auf die wunde Seele der LFT, wenn die Nachrichtenkanäle – wie an diesem Tag – an prominenter Stelle verkünden konnten: Seit sieben Tagen keine Selbstmordattentate. Adams hoffte, dass diese Meldung der Wahrheit entsprach, damit dieses heiße Thema ein wenig aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verdrängt wurde.