Perry Rhodan 2341: Die Ratten der JERSEY CITY - Frank Böhmert - E-Book

Perry Rhodan 2341: Die Ratten der JERSEY CITY E-Book

Frank Böhmert

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Beschreibung

Auf dem Weg nach Charon - die Vergangenheit holt sie ein Über die Welten der Milchstraße bricht im Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung - eine Veränderung herein, die sich niemand hat vorstellen können: Die Terminale Kolonne TRAITOR, eine gigantische Raumflotte der Chaosmächte, greift nach der Galaxis. Im unmittelbaren galaktischen Umfeld entsteht in absehbarer Zeit in der Sterneninsel Hangay eine so genannte Negasphäre, ein absolut lebensfeindlicher Raum. Die Menschheitsgalaxis soll dieser kosmischen Region als "Ressource" zugeführt werden. Dagegen versuchen die Völker der Milchstraße zwar vorzugehen, aber bislang sind ihnen nur wenige Erfolge beschieden. Einige konnten ihre Raumflotten in Sicherheit bringen, aber alle wichtigen Planeten werden von den Kolonnen-Forts bewacht. Zudem sind sowohl das Innere des Solsystems als auch die Charon-Sternwolke für die Terminale Kolonne derzeit unerreichbar. Im Umfeld der Charon-Dunkelwolke kommt es zu einer riskanten Begegnung - es trifft DIE RATTEN DER JERSEY CITY...

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Nr. 2341

Die Ratten der JERSEY CITY

Auf dem Weg nach Charon – die Vergangenheit holt sie ein

Frank Böhmert

Über die Welten der Milchstraße bricht im Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung – eine Veränderung herein, die sich niemand hat vorstellen können: Die Terminale Kolonne TRAITOR, eine gigantische Raumflotte der Chaosmächte, greift nach der Galaxis.

Im unmittelbaren galaktischen Umfeld entsteht in absehbarer Zeit in der Sterneninsel Hangay eine sogenannte Negasphäre, ein absolut lebensfeindlicher Raum. Die Menschheitsgalaxis soll dieser kosmischen Region als »Ressource« zugeführt werden.

Dagegen versuchen die Völker der Milchstraße zwar vorzugehen, aber bislang sind ihnen nur wenige Erfolge beschieden. Einige konnten ihre Raumflotten in Sicherheit bringen, aber alle wichtigen Planeten werden von den Kolonnen-Forts bewacht.

Die Hauptpersonen des Romans

Cleo Yelvington – Die Terranerin ist Technischer Leutnant an Bord der JERSEY CITY und hat ihre eigenen Probleme.

Vabian F. Baertling –

1.

15. März

Als der Interkom anschlug, brauchte Cleo Yelvington nicht so zu tun, als ob. Sie fühlte sich sterbenselend. Sehr darauf bedacht, ihren Magen nicht zu drücken, drehte sie sich auf ihrem Bett von der Wand weg und ging ran, ohne erst die Haare zurechtzukneten.

»Ja?«

Das Holo faltete sich auf. Flor Langer. Der Kommandant persönlich. Das fleischige Gesicht maskenhaft starr. »Technischer Leutnant Yelvington. Wenn du dich bitte in meinem Büro einfinden würdest. Um …« Er sah auf sein Multifunktionsarmband. »… 11.07 Uhr.«

»Ich bin krank!«, rief sie.

Sie war entsetzt über die Stimme, über die Hysterie darin. Sie hasste diese unbeherrschte, schwache Cleo, die sich da Bahn brach.

»Deine Dienstunfähigkeitsmeldung liegt mir vor. Ich hatte dich gewarnt, Leutnant.« Der Kommandant seufzte, zog einen Mundwinkel schief. »In meinem Büro. In nunmehr vier Minuten.« Das Holo fiel in sich zusammen.

Cleo schlug Laken und Bettdecke beiseite und setzte sich auf. Sie hatte im Jogginganzug geschlafen. Versucht zu schlafen. Ihr war kalt geworden, immer kälter. Zum Schluss war sie völlig eingepackt gewesen und hatte immer noch gefroren.

Sie hatte sich in sich selbst zurückgezogen wie ein gefangenes Tier. Bis in den hintersten Winkel.

»Oh Mann!« Cleo massierte das Gesicht, kämmte mit den Fingern die schulterlangen, struppigen Haare.

Sie hatte gewusst, dass die Krankmeldung nichts nutzen würde. Und hatte es trotzdem versucht.

»Ist das zu fassen? Wie ein kleines Mädchen, das sich unterm Kopfkissen versteckt«, sagte sie mit ihrer spöttischbissigen Stimme, aber die klang ihr zu dünn gerade. Sie fauchte: »Steh auf, Schwester! Hoch mit dem fetten Hinterteil! Na los!«

Sie musste lachen. Von wegen Fett – alles Muskeln. Cleo Yelvington, Leutnant im technischen Dienst, verbrachte ganze Freischichten im Kraftraum. Das bisschen Fett, was sie hatte, war von der festen Sorte.

»Du willst dich richtig reinreiten, Schwester? – Dann pfeif auf halbe Sachen!« Cleo riss den Jogginganzug vom Körper. Das Zerfetzen der Nähte klang befriedigend. Dreckding! War sowieso schon völlig morsch!

»Tätlicher Angriff auf deinen höchsten Vorgesetzten? Wenn das keinen Bau bis zum nächsten Hafen gibt, weiß ich auch nicht!«

Und dann? Unehrenhaft entlassen in der Charon-Wolke? Nach acht Jahren Dienst? Na, warum nicht?

Anderthalb Minuten später stapfte sie los, wie aus dem Ei gepellt in ihrer Uniform, mit frisch gesträhnten Haaren, das Gesicht noch feucht von der Hand voll kaltem Wasser.

Antigravschächte, Schleusen, lange Gänge, manche gebogen. Ab und zu die Schatten von Uniformierten. Manche grüßten. Cleo erkannte niemanden, grüßte einfach zurück. Um die Zentrale herum zur Kabine des Kommandanten, zur Tür.

Tätlicher Angriff? Nein, war nur ein Witz, dachte Cleo. Hören wir uns erst mal an, was er zu sagen hat, Schwester. Vielleicht kann ich ihm ja auch was erklären … jedenfalls so weit, dass er es versteht. Dass er versteht, warum ich unmöglich mit Vabian zusammenarbeiten kann. Sie schlug auf den Öffner. Was denk ich da für einen Müll? Das versteht der nie!

Die Tür glitt auf, Cleo trat ein, und da stand er. Vabian.

Vabian F. Baertling. Der Heuchler. Der Schönredner. Das Schwein.

Da stand er, schaute sie an aus seinen Rehaugen, so weich, so offen, so verletzlich. Prinz Sack und Asche. Prinz Trauerarbeit. Prinz Durchtherapiert.

Nein, du Schwein, dachte Cleo, und ihre Magensäure brandete auf. Manche Dinge kriegst du nicht wieder weg. Die trägst du mit dir rum. Bis zum miesen Ende.

Er nickte ihr zu, dann sah er zum Kommandanten. Hinter Cleos Rücken schloss sich die Tür.

2.

Aus einem vorläufigen Bericht an Reginald Bull zu den Vorkommnissen um den Untergang der JERSEY CITY:

Der Residenz-Minister für Verteidigung erbat eine möglichst rasche chronologische Aufzeichnung der Ereignisse vom 8. April des Jahres, um kurzfristig eventuelle Sicherheitslücken schließen zu können. Lasst mich vorab – und mit Bedauern vorgebracht! – meine Überzeugung ausdrücken, dass

a) sich eine solche Katastrophe in naher Zukunft nicht vollständig wird vermeiden lassen können, weil davon auszugehen ist, dass die entscheidenden Handlungen und Umkehrpunkte weit vor Eindringen der JERSEY CITY in die Charon-Wolke stattfanden, und

b) die mehr als mangelhafte Faktenlage uns weder jetzt noch in Zukunft gestatten wird, zweifelsfrei feststellen zu können, welche Faktoren für den Untergang der JERSEY CITY und damit für die vorübergehende Gefährdung des terranischen Stützpunktes auf Jonathon ausschlaggebend gewesen sind. Der Interpretationsmöglichkeiten sind viele, bis hin zu einem Eindringversuch seitens der Chaosmächte, aber der entscheidende Punkt ist: Wir wissen nicht auch nur ansatzweise, was sich an Bord der JERSEY CITY auf dem Weg nach Charon abgespielt hat – und was genau dort vor sich ging, als die JERSEY CITY im Luftraum von Jonathon ihre merkwürdigen Manöver ausführte, die enorme Verheerungen des örtlichen Ökosystems nach sich zogen. Ich wiederhole: Wir wissen es nicht, und wir werden es auch nie wissen.

Zum Hergang, chronologisch:

Am 7. April 1345 NGZ erreichte die JERSEY CITY, ein LFT-Schlachtschiff der APOLLO-Klasse, offensichtlich zum verabredeten Zeitpunkt den geheimen Treffpunkt an der Charon-Schranke. Dort wurde wie geplant die Strukturdolbe PIKARU angedockt, Kommandant: Kango Au'Deran (Charonii, maSgW verstorben). Von den Charonii überlassene Aufzeichnungen des Funkverkehrs lassen lediglich den Schluss zu, dass zu diesem Zeitpunkt keine besonderen Vorkommnisse an Bord des Schlachtschiffes erkennbar waren.

Als diensthabender Kommandant der JERSEY CITY wird in den Protokollen Flor Langer (Terraner, 26 Dienstjahre, maSgW verstorben) genannt; dies entspricht den Angaben der Mannschaftsliste, nicht jedoch den ursprünglichen Dienstplänen, denen zufolge Kommandant Langer am 7. April zwei Freischichten gehabt hätte. Da Kommandant Langer bei seinen Untergebenen einen väterlichen Ruf genossen hat und als ebenso neugierig wie verantwortungsbewusst galt, steht zu vermuten, dass er sich nachträglich für den 7. April eingetragen hat, um den Durchflug des Strukturgestöbers selbst zu befehligen.

Kurz vor Eindringen in das Gestöber meldeten Aufklärer der Charonii das Auftauchen mehrerer Traitanks; jedoch war die JERSEY CITY offensichtlich nie in Gefahr, da das feindliche Geschwader in zu großer Entfernung materialisierte, um den Einflug noch verhindern zu können.

Nach einem Tag Flug erreichte die JERSEY CITY am 8. April Jonathon und wurde vom Kontrollzentrum zum Anflug des Raumhafens Photon-City angewiesen. Auch hier wurde als diensthabender Kommandant Flor Langer gemeldet, ohne besondere Vorkommnisse (siehe Protokollzelle).

Dem widerspricht eine offensichtlich automatisch abgesandte Meldung, die nach Austritt aus dem Strukturgestöber vom Kommandanten der Strukturdolbe an seine Vorgesetzten gemacht wurde. Darin heißt es, an Bord der JERSEY CITY sei eine Seuche ausgebrochen, die einen direkten Kontakt zwischen terranischer Besatzung und Charonii verbiete. Bezeichnung der Krankheit nach Charonii-Angaben: Weit-Reise-Fleck-heiß – mutmaßlich durch Mehrfachübersetzung verstümmelt. Eine Aufzeichnung der Originalaussage vermutlich von Seiten Kommandant Langers liegt bedauerlicherweise nicht vor. (Eine Anfrage an die Herkunftshäfen der JERSEY CITY bezüglich Ansteckungsgefahr wurde getätigt, Antworten stehen noch aus.)

3.

15. März

»Captain Baertling. Leutnant Yelvington. Setzt euch.« Der Kommandant, der ihr kurz auf den Bauch geschaut hatte, wies auf zwei Stühle vor seinem Schreibtisch. Die Tischplatte war leer bis auf ein versenktes Terminal, über dem sich ein Holowürfel drehte. Er zeigte mehrere Fotografien, altertümlich zweidimensional. Eine blonde, trotz ihrer Fältchen naiv wirkende Frau, offensichtlich die holde Gattin. Einen Jugendlichen, adrett gekleidet, mit Schmollmund; tief in die Stirn hing eine dunkle, fast schwarze Schmachtlocke. Das dritte Bild zeigte einen rot-weiß gefleckten Hund.

Meine Frau! Mein Sohn! Mein Hund!, dachte Cleo, als sie sich setzte. Sie schob sich zurecht, Beine breit, Arme auf den Lehnen, Hände locker. Sie starrte den Kommandanten an.

Flor Langer hielt ihrem Blick stand. Er war einen halben Kopf größer als sie, haarlos und korpulent. Rosig.

»Cleo.« Er seufzte. »So geht das nicht weiter.« Er sah zu Vabian neben ihr. »Mit euch beiden nicht.«

Sie schaute Vabian nicht an. Sie ertrug den Anblick seiner Visage nicht, die seinem Charakter so dermaßen Hohn sprach mit dem sinnlich aufgeworfenen Mund, den trägen Lidern und den glänzenden Augen darunter. Aber sie spürte seine Anwesenheit. Die ihm zugewandte Körperseite prickelte, jeder Muskel war in Alarmbereitschaft.

»Ich habe mir nichts vorzuwerfen«, sagte Vabian.

Sie schnalzte. Grinste. Bleckte die Zähne. »Vorbildlich. So richtig zum Ein-Beispiel-dran-Nehmen.«

Er ließ sich davon nicht irritieren. In demselben sachlichen Tonfall fügte er hinzu: »An mir liegt es nicht.«

Flor Langer nickte. »Du immerhin bist zum Dienst erschienen. Aber du sagst genauso wenig wie Cleo, was mit euch beiden los ist.«

Vabians Zähne knirschten. »Ich bin zur Zusammenarbeit bereit«, sagte er gepresst. »Ich erteile bereitwillig Auskünfte, soweit es dienstliche Belange betrifft. Aber ich berufe mich auf das Recht, meine Privatsphäre zu schützen.«

»Ihr kennt euch also privat. Fein. Aber so schlau war ich schon vorher.«

Langer sah wieder Cleo an. Sie reckte das Kinn.

»Leutnant Yelvington. Wir kannten uns bis vor wenigen Wochen nicht persönlich. Dein Ruf – ausgezeichnet bis zu diesem Zeitpunkt. Arbeitstier, zuverlässig, genau. Wortkarg vielleicht und verschlossen, aber du meine Güte, kein Grund zur Beschwerde. Dann wird Captain Baertling hierher versetzt, ein Mann mit den besten Beurteilungen, beliebt bei seinen Kameradinnen und Kameraden, geschätzt von seinen Vorgesetzten, und du fängst an … hm, aufzufallen. Um kein härteres Wort zu benutzen.«

Cleo sagte nichts. Sie legte alle Verachtung, die sie aufbringen konnte, in ihren Blick.

Langer gab weiter den väterlich Verständnisvollen: »Als Erstes wird dein unberechtigter Versuch protokolliert, auf seine Personaldaten zuzugreifen. Dann die Vorfälle in der Kantine. Ich bin wahrlich kein Paragraphenreiter. Aber das ging über Druckablassen weit hinaus. Du gefährdest deine militärische Laufbahn, Leutnant Yelvington.«

Sie schnaubte. Sie starrte den Kommandanten weiterhin an, aber sie sah ihn nicht mehr. Sah nur noch Flecken.

»Arrest, zweimal. Wiederholte Insubordination. Und jetzt vermutlich Arbeitsverweigerung durch unberechtigte Krankmeldung. Hast du mir etwas zu sagen?«

Cleo drückte den Rücken durch, reckte Brust und Bauch und setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Nein, Sir!«

Der Kommandant zog einen Mundwinkel schief und sah zu Vabian. »Du, Captain?«

Vabian schüttelte den Kopf.

Langer sah wieder Cleo an. »Hat er dich … Ist er sexuell übergriffig geworden?«

»Nein!«, fauchte sie. »Hab ich doch neulich schon gesagt!«

»Schön.« Langer kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. »Captain Baertling. Hast du dich eines sexuellen Übergriffes schuldig gemacht?«

Vabian holte tief Luft. »Nein, Sir. Um Himmels willen! Und, rein theoretisch jetzt, ich hätte ja auch wenig Chancen.« Er war um etliches untrainierter als Cleo, zumal im waffenlosen Nahkampf. Seine Wangen begannen zu glühen.

»Ach …« Kommandant Langer kreuzte die Hände auf der leeren Tischplatte. »Was glaubt ihr, was schon alles vorgekommen ist. Psycho-Drogen, Paralysatoren … da merkt das Opfer gar nicht, was ihm zugestoßen ist. Es ertappt sich nur plötzlich bei völlig unerklärlichen Handlungen, Gefühlsaufwallungen … Aber das spielt keine Rolle. Ich unterstelle dir so etwas nicht ernsthaft, Captain. Ich glaube dir. Die eigentliche Frage ist …« Er lehnte sich zurück, die Hände nun auf den Sessellehnen. »Was zum Teufel ist denn passiert zwischen euch, dass es hier jetzt ein solches Theater gibt? – Leutnant?«

»Nichts, Sir.«

»Captain?«

»Es ist nicht an mir, das zu erzählen.«

»Herrgott noch mal!« Langer schoss vor, schlug nach dem Holowürfel. Die Bilder zerfielen zu verglühenden Partikeln, und zwei Dateien falteten sich auf. Zwei Personaldateien. Langer tippte mit dem Finger Zellen an, die hervorfuhren und einen roten Rand bekamen. Langsam drehte sich der ganze Block zu Cleo und Vabian herum.

Links stand in Cleos Akte: Partnerschaftliche Bindungen (z. B. durch Heirat o. mind. Fünfjahresverträge): Keine.

Rechts stand in Vabians Akte: Partnerschaftliche Bindungen (z. B. durch Heirat o. mind. Fünfjahresverträge): Geschieden, seit 1337.

»Dein Eintrittsjahr ins Militär, Leutnant Yelvington«, sagte Kommandant Langer leise. »Ihr zwei wart verheiratet, nicht wahr?«

Cleo konnte nur nicken. Ihr sprang eine ganz andere, nicht hervorgehobene Zelle von Vabians Personalakte ins Auge: Rechtskräftige Verurteilungen aufgrund von Straftaten: 2 Jahre wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge, 1335–1336.

Ihr Blick flackerte unwillkürlich hinüber in ihre entsprechende Zelle. Rechtskräftige Verurteilungen aufgrund von Straftaten: Keine –, dann zu Vabian. Neben ihr saß ein lächelnder Schmerzensmann.

Der Kommandant nickte grimmig, entschlossen. Seine Augen glitzerten vor Zorn. Cleo musste wegsehen. Die Verkleidung seines Schreibtisches: gebürstetes Metall, silbern und blau.

Cleos brennender Magen war verschwunden. Er hatte sich aufgelöst, und nun franste sie inwendig aus, war nur noch die Hülle einer Frau. Jeden Moment, hatte sie das Gefühl, würde sie durchsichtig werden und vergehen.

»Warum konnte ich das nicht gleich erfahren, von dir, Captain Baertling?«

»Es war nicht an mir. Ich bin zur Zusammenarbeit mit Leutnant Yelvington bereit.«

Der Kommandant schnaubte und schüttelte leicht den Kopf.

»Es geht mich nichts an, was irgendwann einmal privat zwischen euch vorgefallen ist. Das waren verrückte, verzweifelte Zeiten damals, die 1330er Jahre. Terra regiert von einer Sekte, nur Schritte von einem blutigen Bürgerkrieg entfernt, der halbe Planet und oft seine besten Köpfe unter dem Einfluss Gon-Orbhons. Ihr habt die geforderten Unbedenklichkeitsbescheinigungen beigebracht und damit Schwamm drüber.« Er sprach betont leise, ruhig. »Aber ihr seid Soldaten an Bord eines Schlachtschiffs in Feindessektor. Ich erwarte von euch auch das entsprechende Verhalten. Niemand von uns kann sich Teams leisten, die von alten Animositäten beherrscht werden. Ich denke, das ist euch klar.«

»Ja, Sir«, sagte Cleo.

»Ja, Sir. Selbstverständlich«, sagte Vabian. Prinz Selbstgefällig. Prinz Schleimbatzen.

»Na schön.« Der Kommandant wischte die Personalakten aus der Luft. Der Datenschnee ordnete sich zu dem Fotowürfel, der wieder langsam zu taumeln begann. »Das Folgende stellt keine disziplinarische Maßnahme dar.« Er lächelte. »Es lohnt sich also keine Beschwerde.« Sein Gesicht sah für einen Moment regelrecht vergnügt aus. »Ihr meldet euch bei Leutnant Prendergast in der Abteilung Wasserversorgung. Er hat einen Spezialauftrag für euch.«

Der Kommandant griff in eine Schublade und schnippte zwei Speicherkristalle über den Tisch. »Solange ihr euch nicht zusammengerauft habt, kriegt ihr lieber jeder eins. – Einlesen bitte!«

Cleo wollte zugreifen, da beugte sich auch Vabian vor. Sie zog ihre Hand zurück. Die Haut unter dem Uniformärmel prickelte.

»Bitte nach dir«, sagte Vabian.

Sie nahm wortlos einen Kristall und steckte ihn auf ihr Multi-F, wie sie ihr Multifunktionsarmband nannte.

»Ihr geht da rein«, sagte der Kommandant, »und macht reinen Tisch. In jeder Hinsicht. Ihr müsst keine Freunde werden. Aber ich verlange von euch, dass ihr Kameraden seid, wenn ihr wieder rauskommt.«

Das Multi-F baute ein Holo auf. Handbibliothek LFT-Flotte Nr. 10.617, las Cleo verständnislos.

»Hundert Schädlinge?!«, entfuhr es Vabian. Er richtete sich steif auf. »Schiffsparasiten, die man kennen sollte?!«

»Von Aas-Borstenkakerlak, Komma, arkonidisch, bis Yülziish, Komma, Würg-Assel, der«, bestätigte Kommandant Langer. Er schmunzelte nun. Vergnügter ging es gar nicht.

»Aber … aber … für so etwas gibt es Automatiken! Und Servos!«

»Die haben aber keinen reinen Tisch mit ihrem Expartner zu machen. Und bevor du dir jetzt wieder an die Brust heftest, dass du