Perry Rhodan 2843: Entscheidung im Sterngewerk - Michael Nagula - E-Book

Perry Rhodan 2843: Entscheidung im Sterngewerk E-Book

Michael Nagula

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Beschreibung

Sie suchen Verbündete gegen das Atopische Tribunal - ein Jaj treibt ein doppeltes Spiel Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen. Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang - den Weltenbrand - der gesamten Galaxis. Einer der angeblichen Verursacher ist der ehemalige Imperator von Arkon und ehemalige Vorsitzende des Galaktikums, Gaumarol da Bostich. Dieser konnte sich mit Perry Rhodans Hilfe aus dem Gewahrsam des Tribunals befreien und ist in die Milchstraße zurückgekehrt, um aktiv gegen die Atopen und ihre Helfer vorzugehen. Dabei sucht er Unterstützung - und es kommt zur ENTSCHEIDUNG IM STERNGEWERK ...

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Nr. 2843

Entscheidung im Sterngewerk

Sie suchen Verbündete gegen das Atopische Tribunal – ein Jaj treibt ein doppeltes Spiel

Michael Nagula

Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen.

Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang – den Weltenbrand – der gesamten Galaxis.

Einer der angeblichen Verursacher ist der ehemalige Imperator von Arkon und ehemalige Vorsitzende des Galaktikums, Gaumarol da Bostich. Dieser konnte sich mit Perry Rhodans Hilfe aus dem Gewahrsam des Tribunals befreien und ist in die Milchstraße zurückgekehrt, um aktiv gegen die Atopen und ihre Helfer vorzugehen. Dabei sucht er Unterstützung – und es kommt zur ENTSCHEIDUNG IM STERNGEWERK ...

Die Hauptpersonen des Romans

Gaumarol da Bostich – Der Arkonide sucht seltsame Verbündete.

Luelu du Hospard – Der Stellvertretende Außenminister hat Macht und Gestaltungswillen.

Accveryn Yunc – Der Caradocc sieht eine einmalige Chance.

Thaora da Quertamagin

Findet Wege, mehr Freude und

Ekstase in euer Leben zu bringen.

Das ist das Beste, was ihr für die

Zukunft eurer Art tun könnt.

– Hathi Orensi, Stimme des Siwahla,

7000 Orbits nach der globalen Übernahme

Prolog

Mit ausgreifenden Zügen teilte er das Wasser und spürte, wie sein neuronales Gewebe sich beruhigte. Er brauchte nicht nachzudenken. Es geschah ganz wie von selbst.

Ein Schwimmzug, ein weiterer.

Kein Energieschirm, der ihn umfing. Nichts trennte ihn von der Außenwelt. Dies war die Wirklichkeit, eine Umgebung, in die er nicht hineingeboren war, die ebenso unbekannt wie unvertraut war, die er aber gleichwohl meisterte.

Wie er alles meisterte.

Ein Schwimmzug, ein weiterer ...

Er spürte den Widerstand, als sein Körper durchs Wasser glitt. Dann tauchte er hinab.

Mit kräftigen Schlägen der Beine bewegte er sich zum Meeresgrund. Sanft prickelte es auf der Haut. Das Wasser strich an ihm vorbei, zog seine Konturen nach, liebkoste ihn.

So wund und zerrissen fühlte er sich, so heiß brannten seine Gedanken.

Es enthielt Vitalstoffe, die er nicht kannte ...

Nein, nicht denken!

Ein weiterer Schwimmzug ...

Du wirst nicht umhinkommen, deine Situation zu analysieren, raunte eine Stimme.

Aber nicht in diesem Moment, an diesem Ort. Im Augenblick zählten nur Ruhe und Frieden.

Endlich. Nach all den Veränderungen, die mit ihm vorgegangen waren, die immer noch mit ihm vorgingen. Er brauchte eine Atempause, eine andere Umgebung, um wieder er selbst sein zu können.

Du willst du selbst sein? Von wem redest du?

Er verfluchte den Extrasinn und fokussierte sich auf Stille, nutzte eine mentale Dagortechnik, machte einen weiteren Schwimmzug.

Kristallklar umgab ihn das Wasser. Er wollte darin aufgehen, die bunte Vielfalt des Riffs genießen, seine Farbenpracht, die Felsen auf dem Boden.

Sie erinnerten ihn an erstarrte Magmaflüsse, glutrot, der hell schimmernde Sand ...

Etwas Dunkles zuckte hervor. Es schien genau zu wissen, wo seine verletzlichste Stelle war. Er trug keinen Helm, keinen Schutzschirm, nur die Sauerstoffkapseln in den Nasenlöchern versorgten ihn mit der dringend benötigten Atemluft.

Es schoss direkt auf ihn zu.

Er kam nicht zum Nachdenken. Sein rechter Arm zuckte nach oben, plötzlich hart und schwer.

Der Fremdling ist zurück.

Ein Raunen antwortete ihm, das nicht vom Extrasinn stammte. Gleichzeitig packte seine offene Hand das Gesicht des dunklen Etwas und drückte zu. Schloss einfach die Finger.

Schwaden bildeten sich, durch die schmale Köpfe drangen. Weitere Angreifer kamen aus dem Riff. Ein endloser Strom.

Fast unbeteiligt erlebte er mit, wie sein Körper reagierte.

Die schwere Rechte blieb zur Abwehr erhoben. Schnappte zu wie eine Arkonnatter, immer wieder, zermalmte die Schnauzen der Angreifer, die ihm am nächsten waren.

Dabei wurde das Raunen in seinem Kopf ständig lauter. Sengende Hitze breitete sich in ihm aus. Schärfte seine Sinne. Explosionsartig. Ein ums andere Mal. Mit jedem zupackenden Griff. Es geschah ganz automatisch.

Dann sah er, dass sie Beine hatten. Es waren keine Fische. Es waren schlanke Humanoide. Sie legten ihre Gliedmaßen so eng an, dass sie an Raubfische erinnerten – mit vorn spitz zulaufenden Fängen und einem dunkel schillernden Schuppenkleid.

Eingeborene, die ihr Revier verteidigen, durchfuhr es ihn.

Oder es sind Jäger, erwiderte der Extrasinn.

Sie bewegten sich wie Meeressäuger. Sie krümmten und bogen die Körper und stießen sich ab, als wäre das Wasser ein fester Untergrund.

Meine Auswüchse, vernahm er eine unbekannte Stimme.

Er fragte sich, wie das möglich war, als er ihre Ausdünstung roch. Sie trat immer schlagartig auf, wenn einer eine jähe Bewegung machte.

War das die Antwort?

Stießen sie sich von einem Untergrund ab, den sie selbst erst schufen, wenn sie ihn benötigten, durch eine chemische Reaktion?

Gerne hätte er nach vorne gegriffen, um die Konsistenz des Wassers zu prüfen, dort, wo sie sich abgestoßen hatten. Aber dafür war es zu spät. Längst war sein ganzer Körper im Einsatz. Und er packte sie an den Schnauzen. Zermalmte sie. Hielt sie fern, blockte und konterte sie. Parierte jeden Schwung der eng zusammengepressten Beine, mit denen die Eingeborenen ihn seitlich zu treffen versuchten. Es war wie ein mächtiger, bizarrer Dagorkampf.

Seine Gegner setzten die Arme nicht ein, schlängelten sich durchs Wasser. Verließen sich auf ihre spitzen Fänge und das Peitschen ihrer Leiber.

Dann erklangen Laute. Ganz schrill. In ihm. Wie Worte im Zeitraffer. Den Inhalt bekam er nicht mit. Aber jäh unterbrach sein Körper den Kampfrhythmus. Kein stahlharter Zugriff mehr, kein Zermalmen von Schnauzen.

Er packte den Fischmann vor sich mit beiden Händen – und riss ihn auseinander!

Die Fänge klafften vor ihm auf zu einem lautlosen Schrei.

Die Arme waren nur noch an den Schultern mit dem Körper verbunden.

Diffuse, unklare Worte hallten ihm durch den Kopf. Von irgendwo. Aus dem Herzen der Welt.

Eine Aufforderung! Nicht an ihn ...

Und im nächsten Moment erhoben sie sich aus dem weißen Sand: die Gebilde, die er für Magmafelsen gehalten hatte.

Sie entfalteten ihre Arme und Beine – zeigten Speere, die unter ihnen verborgen gewesen waren.

Das Wasser war längst nicht mehr kristallklar, als sie sich ihm bedrohlich näherten. Rasch und lautlos. Durch grüne Schwaden. Matte Schuppen wirbelten im Kielwasser.

Dann waren sie bei ihm, und alles verschwamm zu einem einzigen Brei aus Bewegungen, Farben und abgetrennten Gliedmaßen.

Was hatte er getan? Er hatte an zwei Fronten gekämpft, an zwei Fronten gleichzeitig. Die Felsenwesen waren die wahren Herren gewesen, die Fischähnlichen standen in ihren Diensten.

Aber er hatte niemanden geschont – ihre Angriffe mit einer Inbrunst zurückgeschlagen, die tief aus seinem Inneren gekommen waren.

Wie eine Traumsequenz erschien ihm nun alles, abgehackt und unwirklich, als er sich erschöpft durch die leichte Dünung an Land schleppte.

Er schaute zurück. Nichts wies darauf hin, dass sich auf dem Grund des Sees ein Gemetzel abgespielt hatte. Bis auf die lautlos schreienden Münder in seinem Kopf.

Sie hatten sich ihm tief eingeprägt.

1.

Im Ortungsschutz

»Was schaust du so verbiestert? Wir machen schließlich hervorragende Fortschritte. Der Achoinide wird es uns bescheinigen, sobald er hier eintrifft.«

Auf dem Holoschirm der GOS'TUSSAN II vor Thaora da Quertamagin schnellte gerade eine besonders große Protuberanz aus der Sonne Choina. Sie kam direkt auf sie zu. Aber die Arkonidin blieb ruhig. Beim Klang der vertrauten Stimme wandte sie den Kopf.

Sie lächelte dem hageren Mann entgegen, der durch das Zentraleschott auf sie zukam. »Liest du wieder meine Gedanken, Bruderherz?«

»Jeder kann sofort sehen, was in dir vorgeht.« Mertor lachte. »Dazu bedarf es keiner genetischen Bande.« Lässig ließ er sich in den freien Kontursessel ihr gegenüber sinken. Es sah fast so aus, als würde sich der hagere Mann zusammenfalten.

»Ach ja?« Thaora funkelte Mertor an. »Wenn meine Gedanken ein offenes Buch für dich sind, kleiner Bruder, was genau geht dann in mir vor?«

»Du willst, dass Bostich endlich eine Entscheidung trifft«, sagte er mit einer beiläufigen Geste. »Und es macht dich rasend, dass er einfach nicht Stellung bezieht.«

Thaora zuckte die Achseln. »Er ist nicht da. Lass ihm seinen Spaß auf Achoin ...«

»Schwesterherz!« Mehr brauchte Mertor nicht zu sagen. Er betrachtete die Nägel seiner manikürten rechten Hand, mit der er die Sessellehne umfasste. Grüne Sunksplitter glitzerten.

Thaora, Bostichs Zweite Stellvertreterin, seufzte. Ihr Bruder hatte leider recht. Schon seit Wochen fühlte sie sich wie gelähmt, ganz ohnmächtig, in einer Sackgasse. Sie war nervös wie eine frischgebackene Absolventin der Raumakademie bei ihrem Jungfernflug. Es lag nicht so sehr an der Situation des Schiffs. Der Grund war ein anderer, aber diesen wollte sie sich nicht eingestehen. Erst recht nicht vor ihrem Bruder.

Wer war hier schließlich die Ältere? Sie war immerhin fünfzehn Zentitontas länger auf der Welt und daher als größere Schwester sein Beschützer, nicht umgekehrt.

Sie deutete auf Choina. Auf einen Bereich, der besonders starke Sonnenfleckenaktivitäten aufwies. Das Pulsieren und Hervorschnellen der Protuberanzen, die elektrischen Entladungen auf der Hülle des Schiffs. So lange verbarg es sich schon im Ortungsschutz der Sonne ... »Kann es sein, dass die Energien der Sonnenfackeln sich nachteilig auf uns auswirken?«

»Mich machen diese Entladungen jedenfalls ganz schön nervös.« Der Erste Pilot im Sessel neben ihr, Tymon da Gonozal, neigte den Kopf zur jungen Arkonidin, ohne seine Holos aus den Augen zu lassen. »Aber es ist mehr ein Gefühl. Die Werte zeigen keine bedenkliche Strahlung.«

»Die könnte uns hier drin sowieso nicht erreichen«, sagte Mertor.

»Vielleicht liegt es an den Reparaturen«, ergänzte seine Schwester. »Uns alle macht es nervös, dass sie nicht zum Abschluss kommen. Wir sitzen schon so lange hier fest.«

Ihr Zwillingsbruder nickte. »Wir werden heute einen großen Schritt vorankommen.«

»Das bezweifle ich.« Thaora spürte, dass sie unversehens mitten in einem Schlagabtausch steckte, wie sie zwischen ihr und ihrem jüngeren Bruder zur Regel gehörten. »Die Achoiniden sind technisch nicht sehr versiert.«

»Sagen wir doch, wie es ist«, sagte Mertor. »Sie haben von Raumschiffen keine Ahnung. Aber sie sind famose Streckenbauer. Habt ihr gesehen, was sie bei uns in Hangar XIII gezaubert haben? Wir sollten sie nicht verdammen. Wenn es um Transmitteranlagen geht, können wir uns eine dicke Scheibe von ihnen abschneiden.«

»Was uns nicht viel bringt«, warf da Gonozal ein. »Unsere Ersatzteile sollen über ihre Sternenstrecken eintreffen. Wie lange warten wir bisher bereits vergeblich?«

Thaora schürzte die Lippen. »Bostich empfahl vor seinem Aufbruch, wir sollten Geduld haben.« Die Zweite Stellvertreterin des einstigen Herrschers des Gos'Tussan, des Kristallimperiums der Arkoniden, sah wieder auf den großen Holoschirm.

Grellrot ließ die Sonne ihre lodernden Lichtfinger spielen. Sie liebkosten das Schiff sanft, umschmeichelten es, brachten es zum Erbeben. Thaora gab sich einen Ruck ...

»Bostich hat recht. Auch wenn ich Tymon verstehen kann. Die Achoiniden sind nicht gerade die perfekte Hilfe. Zumindest im klassischen Sinn. Aber ich weiß auch: Mit dieser Schiffscrew schaffen wir es. Wir haben gute Leute, zwar noch jung und meist frisch von der Akademie, aber hoch motiviert. Und der Kampf gegen die CHUVANC hat die Spreu vom Weizen getrennt.«

»Bei den Reparaturen stimme ich dir ja zu. Die Achoiniden packen das. Aber das andere ...« Mertor musterte seine Fingernägel. »Ich weiß nicht, ob es gelingen wird.«

Thaora sah ihn giftig an. »Wir werden das Atopische Tribunal vernichten. Und Thantur-Lok befreien. Und Bostich als Imperator wiedereinsetzen. Was immer er sich vorgenommen hat.«

Mertor stieß einen leisen Pfiff aus. »Du preschst ganz schön weit vor. Es ist nicht lange her, dass wir mitsamt dem Schiff fast atomisiert worden wären. Seien wir lieber dankbar, dass wir davongekommen sind.«

»Das bin ich«, sagte Thaora. »Aber vor allem bin ich dankbar, dass Bostichs Plan in Bezug auf Naatsdraan aufgegangen ist. Wir sind am Leben und immer noch schlagkräftig. Zeigt das nicht, dass wir auf dem richtigen Weg sind? Dass er auf dem richtigen Weg ist?« Sie nickte bekräftigend.

Bostich hatte vor einem guten halben Jahr im Naatasystem mit hohem Einsatz gespielt. Dabei hatte es nur ein Ablenkungsmanöver sein sollen, um die CHUVANC, das Schiff des Atopischen Richters Chuv, ins System zu locken. Perry Rhodan und seine Leute hatten es entern und damit in die Synchronie eindringen wollen, die das Standarduniversum mit den Jenzeitigen Landen verband. Ihr Ziel: Die Macht hinter den Atopen zu konfrontieren.

Bostich hatten wie vereinbart das Teslym-Geschoss auf Naatsdraan abfeuern lassen, diese unglaublich faszinierende Waffe. Die CHUVANC war erwartungsgemäß im letzten Moment aufgetaucht, um zu verhindern, dass der Heimatplanet der Naats durch die schlagartige Freisetzung gespeicherter Hyperenergie abgestrahlt wurde und im übergeordneten Gefüge verwehte ...

Allerdings war die CHUVANC zu einem sehr viel heftigeren Gegenangriff übergegangen, als die Planer erwartet hatten.

Die Arkoniden waren von der Schnelligkeit und Durchschlagskraft des Richterschiffes völlig überrascht worden. Bostich hatte trotz seines enormen Aufgebots an Schiffen den Rückzug befehlen müssen.

Die GOS'TUSSAN II hatte sogar mehrere harte Wirkungstreffer einstecken müssen. Es grenzte fast an ein Wunder, dass sie im letzten Moment entkommen konnte, wenn auch schwer beschädigt. Und nun ... nun schrieben sie den 3. Juni 1518 NGZ, ohne dass viel Nennenswertes geschehen wäre.

Sechs Monate Pause.

Sechs Monate im Ortungsschutz einer lodernden Sonne ...

»Es wird langsam Zeit, dass wir wieder ein Machtfaktor werden und in die Geschicke der galaktischen Politik eingreifen«, überlegte Thaora laut. »Dazu ist es aber nötig, dass die Achoiniden uns endlich die fehlenden Ersatzteile liefern.«

»Tja, und dazu sollten wir jetzt wohl unser Treffen abhalten«, ergänzte ihr Bruder.

Etwas an seiner Stimme veranlasste sie, zu ihm hochzuschauen.

Als sie seinem Blick folgte, stellte sie fest, dass der Achoinide eingetroffen war, der Zeugwart. Ein wenig schüchtern und so still, dass niemand seine Anwesenheit wahrgenommen hatte, stand er im Eingang zur Zentralekugel. Eine blassblaue Gestalt, deren dicht gepolsterte orangefarbene Montur mit Fransen am Kragen besetzt war. Ein auffälliger Kontrast zum Hightech ringsum.

Thaora stemmte sich aus dem Kommandantensessel hoch. »Du bist über Hangar XIII eingetroffen, die Transmitterstrecke von Achoin, nehme ich an? Ich grüße dich, Fason Deshell.«

Mit ausgebreiteten Armen ging sie auf ihn zu.

»Es ist mir eine Ehre, Zweite Stellvertreterin«, sagte er, nahm ihre Hände und führte sie auf seiner gepolsterten Brust zusammen. »Wir werden in Eintracht und Liebe verhandeln.«

War das eine Anspielung auf das Gespräch, das sie gerade mit ihrem Bruder geführt hatte? Hatte Zeugwart Deshell mehr von ihrem Wortwechsel mitbekommen, als ihr lieb war?

»In Eintracht und Liebe, ja«, beteuerte Thaora.

Der Achoinide zwinkerte mit seinen safrangelben Augen, die wie klaffende Schlitze etwa daumenbreit rechts und links seiner Nasenwurzel saßen. Die Nase selbst wirkte wie ein kleiner Haken in seinem flachen Gesicht, in der Mitte aufgehängt an der durchlaufenden dünnen Braue darüber. Selbst die Ohren, bemerkte Thaora, hatten die Form von Haken. Wenn man es wusste, war dennoch zu erkennen, dass es sich um Arkonidenabkömmlinge handelte.

»In Eintracht und Liebe«, versicherte ihm auch Mertor, der sich zu ihnen gesellt hatte. Ihr hagerer Bruder war mit knapp über zwei Metern nicht gerade klein. Aber neben dem Achoiniden, der eine gute Handbreit größer war, verlor er viel von seiner natürlichen Imposanz.

Thaora kam direkt auf den Punkt. »Ich habe dich auf die GOS'TUSSAN gebeten, um den Abschluss der Reparaturen zu besprechen. Hast du die Ersatzteile dabei, die du auf deinem Nachbarplaneten anfertigen lassen wolltest?«

Fason Deshell blickte sie ausdruckslos an. Das Beben seiner kleinen Nase verriet, dass er sich nicht wohl in seiner Haut fühlte. Doch er schwieg und wartete darauf, dass Thaora da Quertamagin ihm einen Sitzplatz anbot, was sie schließlich tat.

»Es gibt leider eine gewisse Verzögerung«, verkündete er feierlich.

Thaora fühlte sich in ihrer Einschätzung dieses Volkes bestätigt. Aufgeblasene Hinterwäldler, allesamt. Aber sie ließ sich nichts anmerken. Ihr entging jedoch nicht, dass der Erste Pilot hörbar die Luft einzog.

»Was ist los?«, fragte sie lauernd. »Ich weiß, dass diese letzten Teile am anspruchsvollsten sind. Gibt es Probleme mit der Designmatrix? Kannst du unsere Vorgaben nicht umsetzen?«

»Oh, unsere größte Hochachtung geht an die technische Abteilung eures Schiffs.« Deshell hob die Hände und verschränkte sie vor der Brust. »Nichts und niemand hätte bessere Vorarbeit leisten können. Die Matrix-Software für die Holokopien ist einfach makellos.«

»Woran liegt's dann?« Thaora runzelte die Stirn.

»Rohstoffprobleme. Unvorhergesehen.« Deshell räusperte sich. »Unsere Experten arbeiten fast immer mit subtilen Stoffen, die schmiegsam und weich sind. Solche Stoffe gibt es überall im Achoin'Tussan. Wir gingen davon aus, dass wir unsere hiesigen Rohstoffe verwenden könnten. Doch für die letzten Ersatzteile sind harte und dichte Materialien erforderlich.«

»Hattest nicht du selbst mir versichert, das sei kein Problem auf Etikeh? «

Deshell breitete entschuldigend die Arme aus. »Ich habe mich getäuscht. So eine Situation gab es nie zuvor. Völlig andersartige Legierungen ... Und unser Imperator du Psadim hat gerade die Maxime ausgegeben, Außenhandel zu treiben. Aber ... Keine Sorge. Wir haben die Besten beauftragt. Nur nicht im Achoin'Tussan ... «

Thaora kniff die Augen zusammen. Mertor legte seiner Schwester beruhigend die Hand auf den Arm. Er wusste, dass diese Nachricht Wasser auf ihre Mühlen war. Von Anfang an war sie den Achoiniden mit Misstrauen begegnet, und das schien sich jetzt zu bestätigen.

»Achoin'Tussan trieb bisher wenig Handel«, fuhr der Zeugwart fort. »Unser Sternenreich versorgte sich immer weitgehend selbst. So hielten wir es auf allen sechzehn besiedelten Welten. Das war bisher unsere Politik, wisst ihr? Aber jetzt kooperieren wir.« Er betonte dieses Wort, als wäre er unsagbar stolz auf die neue Politik seines Imperators.

»Ihr habt den Auftrag weitergegeben?« Thaora da Quertamagins leise Stimme klang bedrohlich. »An ein fremdes Unternehmen außerhalb eures Systems ...?«

»Egal!«, beschwichtigte Mertor betont locker. »Der Einbau der benötigten Ersatzteile ist schnell erledigt. Sie müssen nur erst einmal an Bord sein. Und mehr muss nicht geschehen, damit unser Schiff wieder einsatzfähig ist. Also, von welcher Verzögerungsdauer reden wir hier?«

Deshell schaute den Arkoniden an und strahlte übers ganze Gesicht. »Drei, höchstens vier Orbits. Die Firmen haben den Termin schon zugesagt. In Kürze könnt ihr starten.«

2.

Diplomatische Händel

Es wimmelte auf der Gozal Plaza von Wesen aus den unterschiedlichsten Welten und Kulturen. Mitten in Achoinidas, der größten Metropole des Planeten, zeigte sich bunte Vielfalt, pochte das lebendige Herz des Achoin'Tussan. Lautes und emsiges Treiben herrschte im roten Licht der Ordischen Stele, die zweihundert Meter hoch aufragte, in deren Schein sich aber täglich stärker schwarze Schatten drängten. Noch war es nicht von jedem bemerkt worden, aber das Flüstern zwischen denen, die in der Nähe der Stele lebten oder arbeiteten, hatte längst begonnen.

Bostich bewegte sich vorsichtig, so unauffällig wie möglich, zwischen all den Passanten. Sein Ziel war der Treffpunkt am Südende des großen Platzes. Dort gab es einen Obelisken, dessen Inschrift an den Zusammenschluss jener sechzehn Welten erinnerte, die das Sternenreich Achoin'Tussan bildeten. Gleich dahinter begann die Gurasa-Seenplatte.