Perry Rhodan 2963: Der Münchhausen-Roboter - Kai Hirdt - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2963: Der Münchhausen-Roboter E-Book und Hörbuch

Kai Hirdt

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Beschreibung

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodan hat nach wie vor die Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben. Unterschwellig herrschen zwar Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten. Derzeit machen vor allem die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris von sich reden, die vor Jahrzehntausenden ein Sternenreich in der Milchstraße hatten. Dazu gesellen sich die Gemeni, die angeblich den Frieden im Auftrag einer Superintelligenz namens GESHOD wahren wollen. Ohne Vorwarnung erobern die fürchterlich aussehenden Xumushan das Sonnensystem und besetzen die Erde – diese Invasion ist allerdings eine reine Erfindung des Techno-Mahdi. Aber welches Ansinnen steckt dahinter? Atlan indessen ist bei seiner Rückkehr aus den Jenzeitigen Landen in einer Galaxis gelandet, in der die Gemeni rege sind und ihm sofort nachstellen. Der Arkonide flieht durch einen Shod-Spiegel in eine autarke Station im Dakkarraum, wo er ebenfalls Gemeni vorfindet. Aber ihm begegnet auch DER MÜNCHHAUSEN-ROBOTER ...

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Zeit:3 Std. 58 min

Sprecher:Florian Seigerschmidt

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Nr. 2963

Der Münchhausen-Roboter

Atlan erkundet das Konglomerat – Verräter auf der Dakkarraum-Station

Kai Hirdt

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Epilog

Leserkontaktseite

Risszeichnung Flottentender der SHELTER-Klasse

Impressum

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodan hat nach wie vor die Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben.

Unterschwellig herrschen zwar Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten.

Derzeit machen vor allem die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris von sich reden, die vor Jahrzehntausenden ein Sternenreich in der Milchstraße hatten. Dazu gesellen sich die Gemeni, die angeblich den Frieden im Auftrag einer Superintelligenz namens GESHOD wahren wollen.

Ohne Vorwarnung erobern die fürchterlich aussehenden Xumushan das Sonnensystem und besetzen die Erde – diese Invasion ist allerdings eine reine Erfindung des Techno-Mahdi. Aber welches Ansinnen steckt dahinter?

Atlan indessen ist bei seiner Rückkehr aus den Jenzeitigen Landen in einer Galaxis gelandet, in der die Gemeni rege sind und ihm sofort nachstellen. Der Arkonide flieht durch einen Shod-Spiegel in eine autarke Station im Dakkarraum, wo er ebenfalls Gemeni vorfindet. Aber ihm begegnet auch DER MÜNCHHAUSEN-ROBOTER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Arkonide lernt Gegner und Verbündete kennen.

Fitzgerald Klem – Der Menes lernt, Vergangenes hinter sich zu lassen.

Shapandh – Der Ghatu lernt Gegner als Verbündete kennen.

Tamareil

1.

Noch war der Ghatu fern, aber wir befanden uns bereits in Schussweite. Fieberhaft überlegte ich, wie wir uns gegen den bevorstehenden Angriff des Jägers aus dem Volk der Gemeni verteidigen sollten, als ich Kychars dröhnende Bassstimme hörte.

»Atlan! Hilfe!«, schrie das Tonzermädchen.

Ich wandte mich von dem Feind direkt vor mir ab und der unbekannten Bedrohung in meinem Rücken zu. Sofort verstand ich, was Kychar in Angst versetzt hatte. Mit ihrem drei Meter langen Käferkörper und den eindrucksvollen Kieferklauen hätte sie die meisten raumfahrenden Wesen eingeschüchtert. Nun aber sah sie sich einer Kreatur gegenüber, vor der sie geradezu winzig wirkte.

»Bring dich in Sicherheit!«, rief ich ihr zu. »Nimm Klem mit!«

Sie wich vom Rand der Eisscholle zurück, auf der wir durch das Gasmeer trieben. Aus dem blauen Gemisch hatte sich wieder der Schrecken erhoben, den wir bereits einmal gesehen hatten: ein gewaltiger Augenball, mehr als zwei Meter im Durchmesser, am Ende eines schwarzen, borkigen, flexiblen Fühlers.

Welch gigantische Kreatur uns das Auge entgegengestreckt hatte, war nicht zu erkennen. Nach und nach tauchten fünf weitere auf – ob sie alle zum selben Wesen gehörten oder ob uns mehrere eingekreist hatten, wusste ich nicht. Der Anblick war furchteinflößend. Wenn die Arme, Tentakel oder Münder dieser Wesen ebenso gewaltig waren, steckten wir wahrscheinlich in großen Schwierigkeiten.

Tut ihr sowieso, schaltete mein Extrasinn sich ein. Blicke können nicht töten, egal wie groß das Auge ist. Impulsstrahler schon.

Der Einwand war berechtigt. Die Monstren jagten uns Angst ein, waren aber wahrscheinlich nicht bewaffnet. Ganz im Gegensatz zu dem Ghatu, der mit hoher Geschwindigkeit auf uns zuflog. Ich drehte mich ihm wieder zu. In den nicht einmal zwei Sekunden, die ich weggeschaut hatte, war er ein erhebliches Stück näher gekommen. Keine vierzig Sekunden mehr, bis er uns erreicht haben würde.

Ich hörte ein Gurgeln, das ich von der Stimmlage her Fitzgerald Klem zuschrieb. Der Agent war kaum mehr bei Bewusstsein, daher verbuchte ich das Röcheln eher als Fortschritt. Ich vermutete, dass Kychar ihn mit einem ihrer Fangfäden eingesponnen hatte und von der Schollenkante wegzog. Eine womöglich lebensverlängernde Notwendigkeit, aber zweifelsohne ruppig.

Ich sah nur eine Zehntelsekunde hin, danach nahm ich den Ghatu wieder in den Blick. War es unser alter Bekannter Shapandh, der erneut unsere Spur aufgenommen hatte? Dieser Jäger aus dem Volk der Gemeni hatte uns schon auf der Raumstation hartnäckig verfolgt. Um uns vor ihm in Sicherheit zu bringen, waren wir dem Haodh Strymer an diesen Ort gefolgt. Und um ihn für sein mörderisches Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen, falls sich eine günstige Gelegenheit bot. Nachdem wir Strymer allerdings in dieses von grotesken Monstern besiedelte Eismeer gefolgt waren, hatte er uns erst bestohlen und dann den Monstern zum Fraß vorgeworfen.

Und all das ohne Fluchtmöglichkeit, vervollständigte mein Extrasinn die trübselige Bestandsaufnahme. Welche Gottheit hast du eigentlich so erzürnt, du Narr? Und womit?

Normalerweise neigte der Logiksektor meines Gehirns nicht zu religiös-philosophischen Betrachtungen. Ich selbst hielt mich auch nicht für abergläubisch. Aber die schiere Anzahl der Kämpfe und Gefahren, die wir in den nicht einmal sechs Stunden seit Betreten des Konglomerats hatten überstehen müssen, war so hoch, dass sie mit purem Zufall kaum mehr zu erklären war.

Zuerst hatten die Tonzer Kychar und Madoyar uns überwältigt, um uns an den Treibgutsammler Strymer zu verkaufen. Strymer hatte aber kein Interesse gezeigt und war sogar erbost über die Störung, weshalb die Tonzer plötzlich in ernste Schwierigkeiten mit ihrem Clanchef geraten waren – und uns erpresst hatten, ihnen dabei zu helfen, Strymer wieder zu versöhnen.

Auf dem Weg zu diesem Einsatz waren wir angegriffen und beinahe umgebracht worden, weil man uns für Freunde der Tonzer hielt. Offensichtlich hatten sie sich nicht nur bei uns unbeliebt gemacht.

Zum guten Schluss hatte Strymer uns gezwungen, in den Dakkarraum vorzudringen, wo er uns bestohlen und im Stich gelassen hatte. Unser Aufenthalt in diesem übergeordneten Kontinuum, in dem die Naturgesetze des vierdimensionalen Raums nicht galten, war nicht folgenlos geblieben: Jas Poulson war vom Weg abgekommen und im Dakkarraum verweht worden.

Zumindest im Augenblick waren wir allerdings vor einem ähnlichen Schicksal geschützt. Unsere aktuelle Umgebung, das unerklärliche Eismeer, trieb als stabile Einheit durch den Dakkarraum. Ich hatte keine Ahnung, wie das möglich sein konnte, war jedoch durchaus dankbar dafür. Aber wenn wir unverrichteter Dinge aus der Begrenzung des Beckens flohen, in dem riesige Eisschollen auf einer gewaltigen Menge blauen Gases trieben, drohte uns das gleiche Ende wie Poulson.

Viel besser ist es natürlich, wenn du in der sicheren Zone bleibst und dich stattdessen Shapandhs Desintegrator in deine Moleküle zerlegt.

So weit waren wir noch nicht. Ich war wild entschlossen zu überleben, selbst wenn Shapandh andere Pläne für mich hatte. Der Ghatu raste weiter auf uns zu; im besten Fall, um mich zu verhaften, aber dessen war ich mir nicht sicher. Immerhin hatte ich bei den Gemeni schon weit oben auf der Fahndungsliste gestanden, bevor ich den Oberbefehlshaber eines ihrer Raumschiffe überwältigt und ihm das Kommandokleid – sein Amtsinsignium und wichtigstes Machtmittel – gestohlen hatte.

Das violette Kleidungsstück trug ich seitdem, aber im Moment nutzte es mir wenig. Strymer hatte mich ausgetrickst. Alle Funktionen waren lahmgelegt. Keine Flugfähigkeit, kein Hochenergie-Überladungsschirm. Nichts, was in einem Kampf genutzt hätte.

Offensivwaffen besaß das Kleid ohnehin nicht, ganz im Gegensatz zum schwarzen Trutzkleid des Ghatus. Ein solches hatte ich zwischenzeitlich auch getragen, daher wusste ich recht genau, über welches Arsenal der Jäger verfügte. Fesselfelder, Nervenschocker, Desintegratoren, Impulsstrahler – alles, was das Herz begehrte, um einen Gegner zur Strecke zu bringen. Selbst mit funktionierender Ausrüstung hätten meine Chancen gegen Shapandh schlecht gestanden.

»Atlan!«, rief Fitzgerald Klem. Der Agent war offenbar wieder bei vollem Bewusstsein oder konnte sich jedenfalls zielgerichtet artikulieren. Immerhin etwas.

»Shapandh ist hier!«, rief ich.

»Egal! Spring!«

Gedankenschnell warf ich mich nach vorne. Ein Schatten fegte über mich hinweg. Aus dem Augenwinkel sah ich einen gewaltigen Tentakel durch die Luft wischen, wie der Fangarm eines Riesenkraken aus der terranischen Mythologie, nur ohne Saugnäpfe. Wäre ich stehen geblieben, hätte der Hieb mich voll erwischt. Konzentrierte ich mich auf den falschen Gegner?

Vielleicht sind beide gleich tödlich, bot der Logiksektor an.

Die dumme Bemerkung brachte mich auf eine gute Idee. Das Problem war: Um sie umzusetzen, hätte das Kommandokleid funktionieren müssen.

Hast du es schon mal aus- und wieder angeschaltet?

Mir blieb fast die Luft weg. Seit über zwanzigtausend Jahren war der separate Logiksektor mein steter Begleiter, und nie hatte er etwas vergleichbar Blödes von sich gegeben. Mitten in einer Gefechtssituation zudem.

Denk nach, Narr!

Dann hatte ich es – und statt über den Extrasinn ärgerte ich mich über meine eigene Dummheit. Ich riss mir das Kommandokleid vom Körper. Widerwillig löste es sich. Die pilzähnlichen Hyphen der inneren Mantel-Kontaktschicht hatten sich bereits mit meiner Haut verbunden und an meine Nervenzellen angelagert, sodass der Prozess Kraft benötigte und mit einigen Schmerzen verbunden war. Dann stand ich, nackt wie die Sternengötter mich schufen, in der eisigen, schwankenden Umgebung, gewissermaßen zwischen Skylla und Charybdis.

Jetzt musste ich hoffen.

Rasch zog ich das Kleid wieder an.

Der Gemen Strymer hatte das Kleid lahmgelegt, indem er ihm einen Schlag mit dem Eiris-Amulett gegeben hatte, das er Fitz Klem gestohlen hatte. Mit der gleichen Methode hatten wir zuvor mehrere Gemeni außer Gefecht gesetzt. Die Berührung unterbrach die Symbiose zwischen Kleid und Träger. Gemeni fielen daraufhin in tiefe Bewusstlosigkeit, bis sie in die Nähe des Zellaktivators in meinem Schulterblatt kamen. Falls der Zellaktivator auch auf das Kommandokleid belebend wirkte ...

Ich spürte es! Das andere, fremdartige Bewusstsein verband sich wieder mit meinem, nachdem der Kontakt kurz unterbrochen gewesen war und neu hergestellt wurde! Ich brüllte vor Begeisterung auf, erteilte meine Befehle und hob vom Boden ab.

Kychar schrie. Ich sah zu der Tonzer hinüber. Fangarme wie jener, der mich eben verfehlt hatte, griffen nach ihr. Ich raste auf sie zu, versetzte ihr einen Stoß, um sie außer Reichweite zu befördern. Dann erwies ich Klem einen ähnlichen Dienst – ich packte im Vorbeiflug seinen Arm, zog ihn mit mir in die Luft und ließ ihn fünfzehn Meter vom Schollenrand entfernt und hoffentlich auf sicherem Terrain wieder fallen.

Erneut schrie Kychar, doch diesmal hatte ich keine Zeit, mich um sie zu kümmern. Shapandh war bis auf zwanzig Meter heran und hatte abgebremst. Eine Distanz, aus der er kaum verfehlen konnte, wenn er schoss.

Dennoch musste ich versuchen, ihn ganz genau dazu zu bringen. Ich aktivierte den HÜ-Schirm und flog an den Rand der Scholle zurück. Zwei Meter vor einem der gewaltigen Monsteraugen hielt ich an.

»Willst du mich fangen, Ghatu?«, brüllte ich ihm entgegen. »Zeig, was du kannst! Mich bekommst du nicht!«

Gleich würde er auf mich schießen – und wegen des HÜ-Schirms würde er den Impulsstrahler nehmen müssen, um etwas auszurichten.

Ich musste nur den Schirm im richtigen Moment desaktivieren und schnell genug weg sein, sodass sein Schuss fehlging und stattdessen das Monster hinter mir traf. Ein hochriskantes Manöver, das war mir klar. Aber ich sah keine andere Chance. Solange ich keine Waffen hatte, war mir der Ghatu turmhoch überlegen. Wenn er allerdings die Monster des Eismeers gegen sich aufbrachte, veränderte das die Situation grundlegend. Im Idealfall neutralisierten sich die Parteien gegenseitig, sodass wir als lachende Dritte übrig blieben.

»Atlan!«, hörte ich Klems Stimme. »Kychar treibt ab!«

Ich konnte nicht hinsehen, nicht jetzt. Alles hing davon ab, dass ich in der richtigen Zehntelsekunde auf Shapandhs Angriff reagierte.

Der nicht kam.

Statt seine Waffen auf mich zu richten, nahm der Ghatu wieder Kurs auf. Allerdings nicht auf mich, sondern nach schräg vorne, etwa an die Stelle, an die ich wenige Sekunden zuvor Kychar gestoßen hatte.

Verblüfft blickte ich ihm hinterher und sah nun auch, was Klem gemeint hatte. Nach Augen und Tentakeln hatte unser Gegner schließlich sein Maul aus den Gasfluten erhoben: einen gewaltigen, spitzen und gebogenen Schnabel, in den Kychar fünf- oder sechsmal hineingepasst hätte.

Das gigantische Wesen hatte jedoch nicht nach der Tonzer geschnappt, sondern das Beißwerkzeug in die Spitze in die Scholle gerammt. Ein Spalt zog sich zwischen Kychar und Klem durch die harte, spröde und eiskalte Substanz. Das Eisstück mit Kychar war erheblich kleiner und trieb mit hoher Geschwindigkeit von Klems und meinem Teil der Scholle fort.

Nein, das stimmte nicht. Es wurde weggezogen. An den Rändern sah ich die Fangarme, die das Bruchstück mit unserer Gefährtin darauf seitwärts und in die Tiefe zogen. Immer schräger stand die Platte. Kychar musste sich schon mit ihren Fangfäden am oberen Rand stabilisieren, um nicht ins Gasmeer zu rutschen, wo sie sicher von Tentakeln empfangen und in den Schnabel bugsiert worden wäre ...

... wäre da nicht Shapandh gewesen. Der Ghatu flog dem Schnabel entgegen und feuerte unentwegt. Ich sah keine Strahlen, also verwendete er vermutlich die Nervenschocker. Vergebliche Liebesmüh gegen einen solchen Koloss; das erkannte der Wächter schnell und wechselte auf Impulswirkung.

Der Schnabel ließ ein infernalisches Gebrüll vernehmen. Das Monster zog alle sechs Augen ein und tauchte kreischend ab, während es ein letztes Mal mit seinen Fangarmen zuschlug. Dieses Mal musste Klem im letzten Moment ausweichen, und Kychars Schollenstück bekam einen so kräftigen Hieb ab, dass es sich überschlug. Die Tonzer wurde durch die Luft gewirbelt. Sie stürzte dem blauen Gas entgegen.

Shapandh fing sie auf.

Er setzte sich in einem brillanten, blitzschnellen Manöver neben den fallenden Riesenkäfer, legte seinen eigenen Schutzschirm um sie beide und flog mit Kychar davon. Nachdem er ungefähr hundertfünfzig Meter Abstand gewonnen hatte, verharrte er still in der Luft.

»Sieht so aus, als warteten die beiden auf uns«, sagte Klem leise. »Was tun wir?« Seine Knie zitterten. Er bemühte sich, es sich nicht anmerken zu lassen, aber der Kampf hatte auch an seinen Nerven gezehrt.

Das ist nicht der Grund, du Narr! Klem hat mehr als einen Grund, die Gemeni zu hassen. Er wollte Strymer umbringen für das, was er Poulson angetan hat! Und nun soll er einem Ghatu freiwillig folgen?

Die Erklärung war gleichermaßen plausibel. Und völlig irrelevant für unsere ziemlich beschränkten Möglichkeiten.

»Wir folgen ihnen«, sagte ich zu Klem. »Oder weißt du etwas Besseres?«

2.

Langsam flogen wir auf die riesige Eisscholle zu, in deren Mitte, weit entfernt vom monsterverseuchten Gasmeer, Kychar und der Ghatu auf uns warteten. Nachdem die Hektik abgeklungen war, drang mir die Fremdartigkeit unserer Umgebung umso stärker ins Bewusstsein: Nicht nur die weißen, zackigen Platten, die sich auf dem blauen Gas bis zum Horizont hin erstreckten, waren befremdlich. Auch die gläsernen, steilen Brücken, die viele von ihnen verbanden, und die schmalen, weißen Hochhäuser, die an den Scheitelpunkten der Brückenbögen in den Himmel wuchsen.

Dass diese Gebäude bewohnt waren und ihre ganz eigene Sorte hochgefährlicher Monster enthielten, hatten wir schon festgestellt. Insofern war ich froh, dass wir uns gewissermaßen auf offener See mit dem Ghatu trafen. Dort musste ich zumindest nur eine Gefahr im Auge behalten – wenn der Ghatu überhaupt als eine solche zählte. Bisher hatte er sich entgegen meinen Befürchtungen ausschließlich als hilfreich erwiesen.

Hoff mal, dass das so bleibt, sagte der Extrasinn. Ohne seine Hilfe kommst du hier nämlich nicht weg.

Und wie schaffe ich das mit seiner Hilfe?, gab ich zurück.

Das wissen wir noch nicht. Aber irgendwie hat er es geschafft, das Eismeer zu erreichen, ohne Haodh als Führer, und er ist nicht wie Poulson verweht. Vielleicht verrät er uns den Trick.

Die Erwähnung des gestorbenen Gefährten war nicht angetan, meine Laune zu heben. Aber wie üblich achtete der Logiksektor nicht auf solche Zimperlichkeiten.

Fakt ist, fuhr er fort, mit deinem jetzt wieder aktiven Kommandokleid kannst du dich rudimentär im Dakkarraum orientieren. Aber das ist nicht seine Hauptfunktion. Entweder stößt es schnell an seine Grenzen, oder du kannst nicht gut genug mit deinem Beutestück umgehen. Jedenfalls bist du nicht in der Lage, die Gruppe sicher zurück ins Konglomerat zu führen.

Dem widersprach ich nicht. Leider war ich im Moment unsere größte Hoffnung, die riesige Raumstation wieder zu erreichen. Fitzgerald Klem hatte sich mit seinem Eiris-Amulett zwar deutlich besser als ich im Dakkarraum orientieren können, aber genau diesen Schatz hatte uns der Haodh Strymer gestohlen. Seitdem war Klem den Gefahren des Kontinuums genauso ausgeliefert wie Kychar.

Wir landeten. Schweigend ging ich die letzten Meter auf den Ghatu zu. War es wirklich Shapandh? Ich konnte die Gemeni nicht voneinander unterscheiden, trotz meines fotografischen Gedächtnisses. Für mich sahen sie mit der bläulichen Haut, der senkrechten Rille durch das flache Gesicht und den vier schwarz glänzenden Augen alle gleich aus.

Nur die Farbe ihrer Kleidung gab mir zumindest einen Hinweis darauf, welche Funktion sie ausfüllten. Bhale, die Kommandanten, trugen violett. Haodhs wie Strymer trugen das bronzefarbene Fernkleid, mittels dessen sie den Dakkarraum – oder in der Sprache der Gemeni: das Shod – beobachten und darin interessantes Treibgut erkennen, es in Augenschein nehmen und zum Konglomerat bringen konnten. Die Station, auf die es Klem und mich verschlagen hatte, stand unter der Kontrolle der Gemeni, wiewohl sich dort auch Vertreter viele anderer Völker aufhielten.

Die Ghatus in ihren schwarzen Kleidern bildeten eine Art Polizei, die Zusammenstöße dieser Völker mal ahndete, mal nicht. Die Vertreter dieser Zunft hatten im Konglomerat freilich nicht besonders bedrohlich gewirkt.

Auf anderen Welten hatten wir die Ghatus allerdings als gnadenlose Jäger kennengelernt, deshalb stand ich Gemeni in schwarzer Kluft grundsätzlich skeptisch gegenüber. Und diesem ganz besonders: Seit wir angekommen waren, war ständig der Ghatu Shapandh in unserer Nähe aufgetaucht, sodass ich vermutete, ihn auch in diesem Moment wieder vor mir zu haben.

Ich wusste nicht, was er von uns wollte, aber es war mir klüger erschienen, mich von ihm fernzuhalten. Damit war es nun vorbei.

»Ich bin Shapandh«, bestätigte er meine Vermutung. »Wer seid ihr?«

So viel zur zielgerichteten, gnadenlosen Verfolgung, kommentierte der Extrasinn. Hat sich der Herr Kristallprinz wohl mal wieder wichtiger genommen als nötig.

Ich ging nicht darauf ein. Wenn Shapandh nicht hinter uns her war, verbesserte das unsere Lage auf unerwartete Weise. Ich hatte nicht vor, mir dieses Geschenk vermiesen zu lassen.

»Mein Name ist Atlan«, stellte ich mich vor. »Meine Begleiter sind Fitzgerald Klem und Kychar.«

Der Gemen betrachtete uns – zumindest glaubte ich das, denn eine Regung der vier starren, schwarzen Augen war für mich nicht zu erkennen. »Zu welchem Volk gehört ihr?«

»Wir sind Menes«, sagte Klem.

Das stimmte nur zur Hälfte, aber ich ließ es so stehen. Es war gut zu wissen, dass die Gemeni des Konglomerats das anscheinend nicht wussten. Wer nicht einmal das Volk kannte, aus dem Klem tatsächlich und ich angeblich stammte, wusste hoffentlich auch nicht, dass Gemeni in der Galaxis Sashpanu nach uns fahndeten.

»Was habt ihr mit Strymer zu schaffen?«, setzte der Ghatu sein Verhör fort.

Ich begriff. Am liebsten hätte ich mir an die Stirn geschlagen. Der Ghatu war die ganze Zeit nicht hinter uns her gewesen, sondern hinter dem verbrecherischen Haodh!