Perry Rhodan Neo Paket 21 - Perry Rhodan - E-Book
SONDERANGEBOT

Perry Rhodan Neo Paket 21 E-Book

Perry Rhodan

0,0
24,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 24,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Im Jahr 2088: Mit der Gründung der Solaren Union beginnt für die Menschheit ihr bisher größtes Abenteuer – der Aufbruch zu den Sternen. In mehreren Sonnensystemen sind die ersten Kolonien auf fremden Planeten entstanden. Tausende von Siedlern wagen den Schritt ins All – und damit in ein aufregendes und gefahrvolles Leben. Weit von der Erde entfernt, müssen die Menschen erkennen, dass ihr Kampf um die Zukunft gerade erst begonnen hat. Als eines Tages ein mysteriöser Fremder erscheint, ist die Zeit der relativen Ruhe und des friedlichen Aufbaus vorbei. Der "Mann aus Glas" gibt viele Rätsel auf – und Perry Rhodan und seine Freunde stehen am Anfang einer neuen, unglaublichen Reise …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 2176

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Im Jahr 2088: Mit der Gründung der Solaren Union beginnt für die Menschheit ihr bisher größtes Abenteuer – der Aufbruch zu den Sternen.

In mehreren Sonnensystemen sind die ersten Kolonien auf fremden Planeten entstanden. Tausende von Siedlern wagen den Schritt ins All – und damit in ein aufregendes und gefahrvolles Leben. Weit von der Erde entfernt, müssen die Menschen erkennen, dass ihr Kampf um die Zukunft gerade erst begonnen hat.

Als eines Tages ein mysteriöser Fremder erscheint, ist die Zeit der relativen Ruhe und des friedlichen Aufbaus vorbei. Der »Mann aus Glas« gibt viele Rätsel auf – und Perry Rhodan und seine Freunde stehen am Anfang einer neuen, unglaublichen Reise …

Cover

Vorspann

Band 200 – Mann aus Glas

Vorspann

Prolog: Der Schrei der Geminga

1. 17. November 2088 – Solsystem, Saturngebiet: an Bord des Raumfrachters KRAXN

2. 17. November 2088 – Castorsystem, Alpha Geminorum: an Bord des Wachkreuzers RACCOON

3. 17. November 2088 – Castorsystem: an Bord der KRAXN

4. 17. November 2088 – Solsystem: an Bord der CREST II

5. 17. November 2088 – Castorsystem: Dragonfly KAVGADOMUZU

6. 17. November 2088 – Castorsystem, Olymp, Containerraumhafen von Trade City

7. 17. November 2088 – Castorsystem: an Bord der CREST II

8. 17. November 2088 – Castorsystem, Olymp, Diplomatische Vertretung des Chinesischen Blocks

9. 17. November 2088 – Castorsystem: an Bord der CREST II

10. 17. November 2088 – Castorsystem: an Bord der NATHALIE

11. 17. November 2088 – Castorsystem: an Bord der CREST II

12. 17. November 2088 – Denebsystem, Alpha Cygni: an Bord der NATHALIE

13. 17. November 2088 – Castorsystem: an Bord der CREST II

14. 17. November 2088 – Denebsystem, Tiān jīn sì, Siedlung Chufa

15. 17. November 2088 – Castorsystem: an Bord der CREST II

16. 17. November 2088 – Denebsystem, Tiān jīn sì

17. 18. November 2088 – Castorsystem: an Bord der CREST II

18. 18. November 2088 – Denebsystem: an Bord der CREST II

Band 201 – Mission auf Mimas

Vorspann

Gedankensplitter: Iratio Hondro

1. Winterschlaf – Ras Tschubai

Gedankensplitter: Iratio Hondro

2. Alte Narben – Sud

Gedankensplitter: Iratio Hondro

3. Mehr als ein Traum – Ras Tschubai

Gedankensplitter: Iratio Hondro

4. Hirnfunktionen

Gedankensplitter: Iratio Hondro

5. Überraschung

Gedankensplitter: Iratio Hondro

6. Wach geküsst

Gedankensplitter: Iratio Hondro

7. Suchlauf

Gedankensplitter: Iratio Hondro

8. Atemlos – Sud

Gedankensplitter: Iratio Hondro

9. Atempause – Ras Tschubai

Gedankensplitter: Iratio Hondro

10. Gartenarbeit – Sud

Gedankensplitter: Iratio Hondro

11. Mausefalle

Gedankensplitter: Iratio Hondro

12. Außer Kontrolle

Gedankensplitter: Iratio Hondro

13. Alte Straßen – Ras Tschubai

Gedankensplitter: Iratio Hondro

14. Der Auftrag – Perry Rhodan

Gedankensplitter: Iratio Hondro

15. Überraschungsgast

Gedankensplitter: Iratio Hondro

16. NATHALIE im Einsatz – Thomas Rhodan da Zoltral

Gedankensplitter: Iratio Hondro

17. Im Schmelztiegel – Thomas Rhodan da Zoltral

Gedankensplitter: Iratio Hondro

18. Todesschwelle

Band 202 – Die Geminga-Morde

Vorspann

Prolog

1. Feuriger Empfang

2. Der Kaiser hält Hof

3. Planungsfehler

4. Gen-Inkasso

5. Der suizidale Mörder

6. Myccelton Rat Quarter Limpet

7. Eine Überraschung

8. Umschwärmte Persönlichkeiten

9. Knalleffekt

10. Copkiller

11. Creeper

12. Keine Feuerwerke!

13. Ein Wiedersehen

14. Die Höhle des Löwen

15. Zugriff

16. Scherbenhaufen

Band 203 – Tekener

Vorspann

1. Jessica Tekener

2. Ronald Tekener

3. Jessica Tekener

4. Ronald Tekener

5. Jessica Tekener

6. Ronald Tekener

7.

8. Ronald Tekener

9. Jessica Tekener

10. Ronald Tekener

11.

12. Ronald Tekener

13. Jessica Tekener

14. Ronald Tekener

15. Jessica Tekener

16. Ronald Tekener

17. Jessica Tekener

18.

19. Ronald Tekener

20. Jessica Tekener

21. Ronald Tekener

22. Jessica Tekener

23. Ronald Tekener

24. Jessica Tekener

25.

Band 204 – Der Schaltmeister von Rumal

Vorspann

Prolog: Kollision

1. Unheil droht ...

2. Ein Tod und ein Mord

3. Ein MINSTREL auf Reisen

4. Sand zu Sand, Quarz zu Quarz

5. Spuren finden ... und lesen

6. Flucht

7. Opfer

8. Mit dem Kopf durch die Wand

9. Schnüffeln

10. Die neue Wassermeisterin

11. Es ist etwas faul

12. Im Untergrund

13. Fallen oder fallen

14. Beklemmung

15. Rumal in Gefahr

16. Phönix aus dem Sand

17. Blockade

18. Warten

19. Des Sängers Höflichkeit

20. Sie ist ich

21. In letzter Sekunde

22. Wir leben

23. Fluchtbewegung

Band 205 – Der Geminga-Zwischenfall

Vorspann

1. Abyssus abyssum invocat

2. Quaere et invenies

3. Aliquid stat pro aliquo

4. Cessante causa cessat effectus

5. Quaere et invenies

6. Omnia tempus habent

7. Male parta, male dilabuntur

8. Potius sero quam numquam

9. Imago est animi vultus

10. Qui audet adipiscitur

11. Vide, cui fidas

12. Ut sementem feceris, ita metes

13. Dum spiro, spero

14. Etiam tacere est respondere

15. Vivere est militare

16. Manus manum lavat

17. Nam quod in iuventus non discitur, in matura aetate nescitur

18. Bene docet, qui bene distinguit

19. Sol lucet omnibus

20. Carpe noctem

21. Prudentia potentia est

22. Omne initium difficile est

23. Contra vim mortis non est medicamen in hortis

24. Dies diem docet

Band 206 – Letzte Hoffnung Mimas

Vorspann

1.

2. CREST II, Medizinische Abteilung

3. Urs Dunant, Medoraumer ALEXANDER FLEMING

4.

5.

6.

7. Segue, Mimas Health Center, Isolationsbereich

8.

9. Leutnant Youbakan, CREST II, Zentrale

10. Drogan Steflov, Mimas Health Center, Behelfs-Isolationsbereich

11. Drogan Steflov, Mimas Health Center, Konferenzraum

12.

13. Drogan Steflov, Mimas Health Center, Behelfs-Isolationsbereich

14. Mimas Health Center, Isolationsbereich

15. Drogan Steflov, Mimas Health Center, Behelfs-Isolationsbereich

16. Mimas Health Center, Isolationsbereich

17. Drogan Steflov, Mimas Health Center, Behelfs-Isolationsbereich

18. Segue, Mimas Health Center, Isolationsbereich

19. Mimas Health Center, Behelfs-Isolationsbereich

20. Nach einem langen Tag

Band 207 – Einsatz auf Ertrus

Vorspann

1. Terrania, 14. Mai 2089 – Nur ein Spiel

2. Schatten

3. Terrania, 15. Mai 2089 – So sieht man sich wieder

4. Terrania, 16. Mai 2089 – Das Ziel bekommt Konturen

5. NATHALIE, 16. Mai 2089

6. Luna, 15. Mai 2089

7. CREST II, 15. Mai 2089

8. Terrania, 16. Mai 2089

9. 16. Mai 2089 – Ankunft auf Ertrus

10. Willkommen, ihr Leichtgewichte

11. Die Jagd beginnt

12. Was man tun soll, aber nicht will

13. Recherchen

14. Lasst uns Bären hüten

15. Ein Schritt zu weit

16. Das Schiff

17. Zugriff

18. Abschied

19. Start

Band 208 – Die Winde von Epsal

Vorspann

Vorspiel: Der Weg: Erster Schritt

1. Pilze und ihre Eigenheiten

2. Wirbelnde Wolken

3. Kor Staals Kommentarbrocken

4. Flammen

5. Der Weg: Zweiter Schritt

6. Kor Staals Kommentarbrocken

7. Fluchtbewegung

8. Windige Eindringlinge

9. Der Weg: Dritter Schritt

10. Kor Staals Kommentarbrocken

11. Metamorph

12. Kor Staals Kommentarbrocken

13. Anamnese

14. In die Höhle des Pilzes

15. Der Weg: Vierter Schritt

16. Gewucher

17. Kor Staals Kommentarbrocken

18. Der Weg: Fünfter Schritt

19. Sporenflug

20. Kor Staals Kommentarbrocken

21. Der Weg: Sechster Schritt

22. Fremdling

23. Steppenbrand

24. Der Weg: Siebter Schritt

25. Der Kern des Bösen

26. Kor Staals Kommentarbrocken

27. Der Weg: Achter Schritt

28. Kor Staals Kommentarbrocken

29. Frühlingsgefühle

30. Was bleibt?

Nachhall: Kor Staals Kommentarbrocken

Band 209 – Der Krieg in meinem Kopf

Vorspann

Prolog: Froser Metscho

1. Perry Rhodan

2. Perry Rhodan

3. Froser Metscho

4. Perry Rhodan

5. Froser Metscho

6. Perry Rhodan

7. Froser Metscho

8. Perry Rhodan

9. Froser Metscho

10. Perry Rhodan

11. Froser Metscho

12. Perry Rhodan

13. Froser Metscho

14. Froser Metscho

15. Froser Metscho

16. Froser Metscho

17. Perry Rhodan

18. Froser Metscho

19. Perry Rhodan

Epilog: Froser Metscho

Impressum

Band 200

Mann aus Glas

Rüdiger Schäfer / Rainer Schorm

Fünfzig Jahre nachdem der Astronaut Perry Rhodan auf dem Mond ein außerirdisches Raumschiff entdeckt hat, ist eine neue Epoche der Menschheit angebrochen. Die Solare Union steuert den Aufbruch ins All.

Die Menschen haben Kolonien nicht nur auf dem Mond und Mars, sondern auch in fernen Sonnensystemen errichtet. Mit ihren Raumschiffen erforschen sie die Milchstraße und pflegen Kontakte zu fremden Zivilisationen.

Wie in der Vergangenheit sehen sich die wagemutigen Pioniere nicht nur mit den kosmischen Gefahren von lebensfeindlichen Umwelten konfrontiert, sondern auch mit Bedrohungen von innen wie außen.

Deshalb sind Perry Rhodan und seine Gefährten sofort zur Stelle, als Ende des Jahres 2088 die Handelskolonie Olymp Alarm auslöst. Ohne vorherige Warnung taucht dort ein rätselhaftes Objekt auf, das einen Passagier an Bord hat. Rhodan begegnet dem mysteriösen MANN AUS GLAS ...

Für Michael

Prolog

Der Schrei der Geminga

Habakuk Salomon, ZUSES TRAUM, Expeditionsbericht Algol, Beta Persei, 19. Januar 2060, 13.05 Uhr Erdzeit

Ich bin angekommen.

Das Algolsystem. Im Zentrum ein Doppelstern: der eine Glutball größer, aber rot und leuchtschwächer, der andere hell und blau. Es brennt zwischen den beiden Komponenten. Gleißendes Plasma formt einen Gürtel. Es ist ein Bild voller Kraft. Ich fühle die Energie beinahe körperlich. Eine dritte Sonne vervollständigt den Dreierreigen. Sie ist deutlich weiter entfernt, fast drei Astronomische Einheiten.

Die eng beieinanderstehenden Hauptsterne erinnern mich an ein Warnlicht. Es sagt: »Du bist fremd hier. Die Fremde ist gefährlich. Nimm dich in Acht, Habakuk Salomon!«

Das Rumoren der Triebwerke nimmt zu. Sie bremsen die ZUSES TRAUM ab. Der tiefe Ton verstärkt die Unruhe. Es ist, als säße er direkt in meinem Magen. Ich bin 93 Lichtjahre von der Erde entfernt. Und ich bin allein. Sollte mir oder meinem Raumschiff etwas zustoßen, wird es keine Hilfe geben.

Die ZUSES TRAUM vibriert, der Flug durch das Plasma ist holprig. Es wird noch gute zehn Minuten dauern, bis ich diese Zone hinter mir lasse. Ionisiertes Plasma ... das ist so etwas wie das Fleisch einer Sonne, das die Schwerkraft aus ihr herausgerissen hat. Es brennt.

Ich sehe die Glut und spüre förmlich, dass sie danach giert, mich zu verbrennen. Wie sie alles verbrennen will.

Ich erinnere mich an Berichte, die ich gelesen habe – vor langer Zeit. Perry Rhodans Expeditionen führten ihn häufiger an solch gefährliche Orte: Pulsare, Magnetare, Akkretionsscheiben toter Sterne. Aber er war zumeist an Bord riesiger Schiffe, mächtig und schnell. Die ZUSES TRAUM ist das genaue Gegenteil: eine ehemalige Korvette – nur 60 Meter im Durchmesser.

Ein Mann und sein Raumschiff von der Whistler Corporation, vollgestopft mit modernster Technik: ein Prospektor auf der Suche.

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 13.16 Uhr

Hinter der ZUSES TRAUM leuchtet Algol wie ein Paar böser Augen. Unsere Vorfahren nannten ihn auch den Kopf des Dämons oder den Teufelsstern. Die Helligkeitsschwankungen führen dazu, dass Algol einem zuzublinzeln scheint.

Ich werde noch abergläubisch, wenn ich mir das länger anschaue, also konzentriere ich mich auf das Wesentliche.

Und dann ist es so weit: Ich messe wieder exakt die Hyperfrequenz an, deren Fernortung mich überhaupt erst ins Algolsystem gelockt hat. Ein kräftiges und einzigartiges Signal, das vielversprechende Zeichen, dass es hier Hyperschwingquarze geben könnte. Hochwertige Schwingquarze, die den Abbau lohnen. Die Signalquelle liegt auf dem zweiten Planeten des Systems. Er ist grob erdähnlich, Näheres lässt sich aus der aktuellen Entfernung noch nicht bestimmen.

Schwingquarze sind das Rückgrat der interstellaren Raumfahrt. Der Bedarf nimmt rasant zu – und im Algolsystem könnte ich im wahrsten Sinne des Wortes auf eine Goldader gestoßen sein. Das ist der Traum jedes Prospektors. Ich beginne mit dem Anflug.

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 13.37 Uhr

Die energetischen Emanationen sind eigenartig. Es sind eindeutig die Signaturen von Hyperschwingquarzen, aber solche wie diese habe ich nie zuvor gesehen. Das hat wahrscheinlich niemand.

Seit etwas über einem Jahr sind Explorerschiffe wie die ZUSES TRAUM unterwegs. Überall in der Nachbarschaft der irdischen Sonne wird kartografiert und alles untersucht, was uns dabei hilft, weiter ins All vorzustoßen. »Go far!« ist zum geflügelten Wort geworden. Die sprichwörtliche Neugier des Menschen hat ein neues Ziel.

Nein: neue Ziele.

Perry Rhodan war der Erste. Er führte die Menschheit zu den Sternen. Anfangs waren es nur wenige, die ihn auf seinen Reisen begleiteten. Nun sind wir alle aufgebrochen.

In die Fremde.

Sogar die Arkoniden, die unser erster Kontakt zu einer außerirdischen Zivilisation waren, haben den Orionarm der Milchstraße nur oberflächlich untersucht. Das tun nun wir, das tue ich.

Und dabei finden wir Dinge, mit denen niemand gerechnet hat. Wie etwa diese merkwürdigen Impulse. Die Arkoniden arbeiten seit Jahrzehntausenden mit Hyperschwingquarzen, aber ich glaube nicht, dass sie jemals auf etwas Vergleichbares gestoßen sind.

Für den Moment kann nicht ich viel mehr tun, als zu warten. Ich verfolge den Anflug auf Algol II, bis die ZUSES TRAUM in einen niedrigen Orbit einschwenkt. Die Sensoren meines Raumschiffs untersuchen den Planeten, der etwa so groß wie die Erde ist.

Es ist eine helle Welt. Sand, wohin man schaut. Kein Wunder, dass sich dort Schwingquarze finden lassen. Die Impulse, die als akustische Signale aus den Instrumenten dringen, erinnern mich an den Herzschlag eines fremdartigen Wesens; wahrscheinlich des Dämons, dessen Augen mich angeblinzelt haben. Ich kann nicht sagen, ob der Druck im Magen, den ich spüre, seit ich angekommen bin, erwartungsvolle Unruhe ist oder ganz einfach Angst.

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 14.24 Uhr

Die letzte Umkreisung ist abgeschlossen. Die Signalcharakteristik der hyperphysikalischen Strahlung ist noch merkwürdiger als gedacht. Sie zerfasert beinahe. Es ist fast, als wolle sich jemand verstecken.

Dennoch: Die Scans sind komplett, und ich habe ein Zielgebiet festgelegt, in der Nähe eines alten, beinahe abgetragenen Gebirges in einer der ausgedehnten Wüsten. Sie ist größtenteils bläulich weiß. Die Korngröße des Sands variiert sehr stark. Viele Partikel sind kleiner als fünf Mikrometer. Wer sich länger auf dieser Welt aufhält, riskiert, an einer Staublunge zu erkranken.

Ein Feind, den keiner kommen sieht.

Vielleicht kenne ich den Namen des Dämons ja bereits. Aber er wird mich nicht aufhalten. Die ZUSES TRAUM verlässt den Orbit.

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 15.24 Uhr

Ich bin gelandet. Es ist eine fremdartige Welt. Trotzdem hat sie ihren ganz eigenen Charme, ja Zauber. Das Licht der drei Sonnen tanzt über die Wüstenflächen. In Myriaden Sandpartikeln, glatt geschliffen von unzähligen Jahren der Erosion, reflektieren Funken und kleine Blitze, als produziere die Wüste selbst ein Feuerwerk. Das Funkeln hat etwas Lebendiges.

Mein Blick versucht, die Weite zu erfassen. Es ist wunderschön. Man könnte sich darin verlieren. Ich habe Perry Rhodan häufig genug beneidet, der vielen fremden Welten wegen, die er und seine Begleiter besucht haben – so weit entfernt, dass meine Reise dagegen lächerlich wirkt. Und doch: Ich bin hier.

Die Helligkeit nimmt zu, als die kleinere zweite Sonne hinter ihrem großen Begleiter hervortritt. Ich mache eine Notiz. Schutzbrillen oder Filter sind unbedingt notwendig. Sonst könnte die Lichtfülle zum Feind werden.

Ich will nach draußen, ich will diese Welt spüren. Man sagt uns Prospektoren häufig nach, wir seien nur am Profit interessiert, an Bodenschätzen, die wir ausbeuten können. Zumindest in diesem Augenblick stimmt das nicht.

Ich betrete neues Land. Einen Planeten, den nie zuvor ein Mensch besucht hat. Wenn ein Mensch die Summe all seiner Erfahrungen ist, bin ich von nun an einzigartig. Niemand wird jemals wieder der Erste sein ... nicht hier.

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 16.08 Uhr

Der Sand knirscht eigenartig unter meinen Stiefeln. Er ist so fein, dass der Begriff »Pulver« beinahe unzureichend ist. Ich habe bereits etliche Quarzformen gefunden, die wir von der Erde her kennen: Moganit oder Chalcedon, Tridymit, Christobalit, Stishovit, Coesit. Amethyst, Jaspis, Achat, Onyx, Karneol ... alle kristallinen Formen sind häufig in andere, amorphe Silikate eingebettet.

Eine Verwendung des Sands als Baustoff ist nicht möglich, dazu sind die Körnung zu fein und die Oberflächen zu glatt. Es wäre wahrscheinlich auch eine Verschwendung. Denn die Schwingquarzdichte ist sogar höher, als die Prognose vermuten ließ. Kristallsinter sollten möglich sein. Wie auch immer: Die Mineralvorkommen sind gewaltig.

Eine Fauna oder Flora konnte ich bisher nicht entdecken. Ich werde nun einen Hügelkamm hinaufsteigen. Dessen Höhe sollte mir einen guten Rundumblick ermöglichen. Einige kräftige Windböen wirbeln den weißblauen Staub auf. Ich glaube, in einiger Entfernung sogar einen Windrüssel gesehen zu haben. Das leise, beinahe flüsternde Knirschen liegt über allem wie eine Stimme, die von weit her zu einem dringt. Es hat etwas Geheimnisvolles.

Leider ist die mineralogische Analyse bisher nicht sehr ergiebig, was das eigentliche Ziel angeht. Die Emanationen sind unverändert da, aber es ist erstaunlich schwierig, sie zu lokalisieren.

Ich beginne mit dem Aufstieg.

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 16.31 Uhr

Der Blick ist atemberaubend. Durch die Helligkeit unterschätzt man die Höhenunterschiede. Die drei Sonnen werfen verwirrend divergierende Schatten, meist in Blau oder sanftem Violett. Es ist kühl. Das ist keine Überraschung: Die Anzeigen melden 6,5 Grad Celsius, ich habe die Filter- und Heizanlagen meiner Schutzmontur trotzdem desaktiviert, um einen unmittelbaren Eindruck zu bekommen – lediglich der Staubfilter arbeitet.

Die Kühle hat einen sonderbaren Einfluss auf meine Wahrnehmung. Jetzt könnte man all das für Schnee halten. Die bläulichen Schatten verstärken den Eindruck; und wahrscheinlich beeinflussen sie auch mein Temperaturempfinden.

Es riecht ... eigenartig, ein bisschen wie Piment. Eine Mischung aus Pfeffer, Nelke und etwas anderem, vielleicht arkonidischem Sommat. Nicht ganz so blumig. Der Wind hat sich gelegt.

Zwei Dinge fallen mir von meiner erhöhten Position aus auf: Zum einen sind da einige sonderbare Ansammlungen, die wie Kugelkonglomerate aussehen. Es sind nicht viele, maximal vier oder fünf. Zum anderen scheint es doch eine Flora zu geben. Nicht weit entfernt recken sich einige knorrige Äste oder etwas dergleichen aus dem Sand. Es sieht beinahe aus, als habe jemand Totholz in den Sand gesteckt. Eine Farbe kann ich von meinem Standort aus nicht angeben: Es ist schwärzlich, anthrazit ... auf jeden Fall extrem dunkel. Ich werde mir das näher ansehen und aktiviere deshalb alle Schutzfilter wieder.

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 16.53 Uhr

Nicht nur die Einschätzung der Höhen ist schwierig auf dieser eigenartigen Welt – es betrifft auch die Entfernungen.

Ich war der Meinung, nur einige Minuten gehen zu müssen. Der Blick auf die Messdaten war dann eine Überraschung. Ich habe eineinhalb Kilometer zurückgelegt. Warum ich nicht zuvor auf die Anzeigen geschaut habe, kann ich nicht sagen. Diese Welt nimmt einen gefangen. Ihre Kargheit ist beinahe asketisch – sie hat aber nichts Armseliges. Es gibt keinen Mangel, der auffiele.

Ich stehe mittlerweile vor diesem eigenartigen Gewächs. Es lebt tatsächlich, obwohl es aussieht wie ein abgestorbener, vertrockneter Ast. Aber das Ding ist nicht abgestorben – es lebt und scheint tief zu wurzeln. Überhaupt nehme ich an, dass es eine unterplanetare Vegetation gibt. Ich habe am Fuß des Baums ein wenig den Sand zur Seite geschaufelt. Wurzeln kamen zum Vorschein, einige davon gehören eindeutig nicht zu diesem Gewächs. Wahrscheinlich ist es eine komplette Wurzelvegetation. Bisher war mir nicht klar, woher der Sauerstoff in der Atmosphäre stammt. Damit ist nun wohl auch dieses Rätsel geklärt.

An einigen der kleineren Äste, die ebenso tot aussehen wie der Stamm, hängen große, schwärzliche Dinger, die wie Nüsse anmuten. Von der Schale her vielleicht eher Mandeln. Wie die spanischen Mandeln aus Marcona ... Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.

Ich reiße eine davon ab. Und habe Mühe, die harte Schale zu entfernen. Darunter kommt cremig-weißliches Fruchtfleisch zum Vorschein. Ob die Dinger essbar sind?

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 16.59 Uhr

Rumal hätte meine estnische Großmutter mich genannt. Trottel. Schwachkopf oder Idiot. Nachdem ich mich zwei Minuten lang übergeben habe, kam ich endlich auf die kluge Idee, die Filter wieder zu desaktivieren. Einer der traditionellen Küchentipps, wenn man wissen will, ob etwas noch essbar ist, lautet: Riech dran! Das habe ich getan – unvorsichtigerweise.

Meine Güte, stinken diese Dinger! Mir fällt nicht mal etwas ein, womit ich es vergleichen könnte. Meine Augen brennen. Diese Nüsse dampfen einen Brodem der Hölle aus, dass man auf der Stelle ohnmächtig werden könnte. Wenn ich sie mit Mandeln vergleiche, sollte ich erwähnen, dass sie eiskalt sind. Sie sind so kalt, als zögen sie aus allem in ihrer Umgebung die Wärme ab. Frianüsse, das passt. Aus meiner Kindheit kenne ich die altnordische Mythologie der Edda. So wie diese Welt habe ich mir immer Niflheim vorgestellt.

Die Frianüsse mögen essbar sein, zumindest sagt das mein erstes Untersuchungsergebnis. Sie enthalten erstaunlich viele Vitamine und sind sehr eiweiß- und kohlehydrathaltig, dazu kommen einige hochwertige Fette. Wahrscheinlich könnte man sich ausschließlich davon ernähren, wenn man nichts anderes hat. Grauenhafter Gedanke. Diese Dinger sprechen jeder Erinnerung an wohlschmeckendes Essen Hohn. Ich habe die Nase voll. Buchstäblich. Nichts wie weg hier!

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 17.41 Uhr

Die Anzeigen sprengen die Skala. Ich stehe vor einem der Kugelkonglomerate. Es ist eine Ansammlung hochwertiger Schwingquarze, wirklich extrem hochwertiger Schwingquarze. In dieser Dichte habe ich etwas Derartiges noch nie gesehen. Die Meldung an die ZUSES TRAUM war beinahe wie Jom Kippur, Pessach und Weihnachten zusammen.

Das Beste dabei: Ich messe im Zentrum des Konglomerats eine hyperenergetische Signalspitze an. Eine enorme Spitze. Das ist ein Hyperschwingquarz, wie man ihn kaum einmal findet. Eine erste flüchtige Messung bestätigt es: Das ist die Ursache der Impulse, die mich nach Rumal geführt hat. Der Name erscheint mir passend für diese Welt, er bedeutet auch Täuschung. Nach meiner Erfahrung mit den widerlichen Stinkbomben werde ich nie wieder Nüsse essen.

Die Schwingquarze, die den Kern umgeben, sind nicht ganz so hochwertig. Ich messe etwa 57 Metranon – das ist mehr als das Doppelte des typischen Werts. Auch falls der Kern nicht halten sollte, was er verspricht: Diese Welt ist eine Schatzkammer.

Ich werde versuchen, das Konglomerat aufzubrechen.

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 17.59 Uhr

Er ist nur so groß wie eine Perle. Die Matrix ist makellos, ein Teil der beinahe perfekten Kugel ist transparent. Es ist der höchstwertige Hyperschwingquarz, den ich je gesehen habe – den irgendjemand je gesehen hat.

Ich schalte den Aktivierungsemitter ein. Ein Prüfimpuls wird bestätigen, was ich bereits weiß.

»Akustikumsetzung!«, befehle ich. Es mag altmodisch sein, aber viele Prospektoren überprüfen die Qualität, indem sie sich die Aussendung des Impulses anhören. Angeblich gab es früher Astronomen, die dasselbe mit den eingehenden Radiowellen aus dem All taten – auf der Suche nach außerirdischem Leben.

Nun, zumindest das ist nicht mehr nötig.

Ich sende den Aktivierungsimpuls und ...

Protokoll Habakuk Salomon, 19. Januar 2060, 18.01 Uhr

Ich war nicht lange ohnmächtig, und die Mikropositronik meines Schutzanzugs gibt bereits wieder Entwarnung. Die akustische Umsetzung des freigesetzten Hyperimpulses hat mich außer Gefecht gesetzt.

Dieser Hyperschwingquarz ist ein wahres Monster. So klein und so ... mächtig. Whistler wird mich zum Teilhaber machen wollen. Das wäre sicher billiger, als mir eine dem Nutzungsvertrag entsprechende Provision zu zahlen.

Eine Sache ist eigenartig: Die Frequenz- und Amplitudenausmessung des Impulses brachte ein Ergebnis, von dem ich nicht weiß, was es bedeutet. Wir, wir Menschen, kennen diesen Impuls seit Langem. Es ist der Gammaimpuls des Pulsars Geminga – genauer: das fünfdimensionale Äquivalent.

Geminga.

Er ist angeblich der letzte Pulsar in einer ganzen Reihe anderer Pulsare, deren Entstehungssupernovae die Lokale Blase geformt haben, in der auch unsere eigene Sonne steht. Und auf Rumal war ich, Habakuk Salomon, der Erste, der ihren Schrei gehört hat. Der Schrei der Geminga hat uns vielleicht sogar geschaffen.

1.

17. November 2088

Solsystem, Saturngebiet: an Bord des Raumfrachters KRAXN

»Kann das verdammte Pack nicht bleiben, wo der Pfeffer wächst?« Kapitän Daan Meynster verzog das Gesicht zu einer wütenden Grimasse. Die Narben, die seine linke Hälfte bedeckten, verstärkten den Eindruck. Das wusste er. Zwar hatte der Kapitän die Entstellung kosmetisch abmildern lassen, aber die verbliebenen Reste reichten aus, um ihm ein gefährliches Aussehen zu geben. Er nannte die Verletzungen häufig eine wertvolle Erinnerung; woran, das verriet er nicht.

Ein wenig zu dramatisch raufte er sich die Haare. Die eisgraue Strähne, die sich links bis in den Nacken zog, wirkte auf andere wie das misslungene Experiment eines übereifrigen Friseurs.

Mijnheer Elliot zeigte seine typische Reaktion: ein schmales Grinsen. Er kannte seinen Kapitän besser, als Meynster das lieb war.

Die Stimme der Positronik war sachlich. »Transmitterstation PORTORIUM I bestätigt die Anfrage nach einem Transitcode. Die Übermittlung erfolgt sofort nach Abschluss der Kontrolle durch den Sprungzoll.«

Ein lautes Signal zeigte den Abschluss des Andockmanövers an. Die Zollschaluppe hatte sich ordnungsgemäß angekündigt, und die Fahrtangleichung war wohl manuell erfolgt. Ein Zeichen, dass die Besatzung ihr Handwerk auch in dieser Hinsicht verstand.

Für Meynster war das ein weiterer Grund, sich aufzuregen. »Können die Kerle nicht jemand anderen aufhalten?«, schimpfte er brummig.

Elliot kicherte. »Warum sollten sie?«, fragte er. »Die KRAXN ist so gut wie jeder andere Frachter.«

»Und das von dir, Mijnheer?« Meynster zog die Augenbrauen zusammen. »Du bist hier der Ingenieur. Unter anderem. Ein Frachter wie jeder andere – was ist das für ein Berufsethos? Ich könnte das als Eingeständnis werten, dass du deinen Job nicht tust. Ich sollte ernsthaft darüber nachdenken, dir die Heuer zu kürzen.«

»Du hast Pilot, Koch und Putzhilfe vergessen«, murmelte Elliot. »Na ja, Pilot nur, wenn Calamity nicht kann oder will. Und Finger weg von meiner Provision, sonst fliegt dieser Schrotthaufen nirgendwohin!«

»Eine Drohung?«, fragte Meynster mit finsterem Unterton.

»Eine Feststellung«, gab Elliot trocken zurück.

»Die Kontrollgruppe der PORTORIUM I betritt das Schiff«, verkündete die Positronik. Sie projizierte ein Hologramm, in dem zu sehen war, wie der Zolltrupp seine Schaluppe verließ, eine kleine Fähre mit typisch platt gedrückter Eiform.

»Na, dann gehe ich sie mal begrüßen«, beschloss Meynster unwillig. »Du bleibst in der Zentrale.«

Elliot schmunzelte. »Soll ich durchfegen?«

Meynster fabrizierte ein dumpfes Geräusch und verließ die Zentrale der KRAXN. Der Weg war nicht weit. Wie bei vielen Frachtern durchmaß die Hauptzelle der KRAXN nur rund hundert Meter, dazu kam der Ringwulst. Im unteren Schiffsteil reckte sich die Frachtsäule weit in den Raum. Dort wurden die Container, die sogenannten Bulks, verankert. Die meisten Frachter waren keine Neubauten, sondern ausgemusterte und radikal umgebaute Raumfahrzeuge der Terranischen Flotte. Wenn sie dort außer Dienst gestellt wurden, waren sie begehrt – bei Händlern, Konsortien und freien Kapitänen. Auch die KRAXN war ein ehemaliges Kampfschiff der Systemverteidigung. Meynster liebte sie – obwohl sie etwas mitgenommen wirkte.

Zurzeit bediente Meynster die Castor-Linie. Olymp war ein lohnendes Ziel. Die Freihandelswelt boomte, und von dort aus waren die meisten anderen Kolonien direkt erreichbar. Die komplexe Transmitterarchitektur war das Herzstück von Olymp ... und seines Erfolgs.

Meynster eilte den Korridor Richtung Schleusenbereich entlang. Wie immer wirkte das Innere der KRAXN ein wenig unordentlich. Missmutig sah er ein paar leere Dosen herumliegen. »Von wegen durchfegen«, murmelte er.

Calm Janey, das dritte Besatzungsmitglied, hatte einen beinahe monströsen Appetit. Dass die zierliche Pilotin ihre Figur dennoch ohne Probleme hielt, nahm ihr Meynster ab und an übel. Hauptsächlich dann, wenn er selbst von der Waage stieg. Er war nicht übergewichtig, aber das verdankte er nur seiner Disziplin.

Die Überprüfung macht mich tatsächlich nervös, dachte er.

Dabei war die Zollkontrolle nichts Ungewöhnliches. Meynsters Abneigung gegen die Einschränkungen allerdings genauso wenig. Der in den Niederlanden geborene Kapitän galt als schwierig, die Kommandanten der Frachter grundsätzlich als vielfach dubios. Das hatten sie mit Olymps Freihändlern gemeinsam. Leise vor sich hin schimpfend, betrat Meynster das Schleusenareal. Der Zolltrupp bestand aus fünf Mann, die bereits ihre Kontrollgeräte aufbauten. Einer davon war auffällig fett.

Bloß keine Zeit verlieren, dachte Meynster. Umso schneller bin ich euch wieder los. Freu mich schon drauf.

»Kapitän Meynster«, sagte der Gruppenleiter laut. »Erlaubnis, an Bord zu kommen?«

Meynster grunzte. »Was soll die bescheuerte Frage? Wo sind Sie denn wohl? Aber damit Sie zufrieden sind: Erlaubnis erteilt.«

Der Gruppenleiter war ein farblos aussehender Mann, dessen einzige Auffälligkeit penetrant gelbes Haar war. Wahrscheinlich gefärbt. Die Frisur allerdings war wieder genauso langweilig wie der Rest.

Ein Bürokrat, wie er im Buche steht, na klasse, dachte Meynster und machte gute Miene zum bösen Spiel. »Sie haben bereits angefangen, wie ich sehe.«

»Die Messungen laufen, ja«, bestätigte der Gelbhaarige, auf dessen Namensschild »Cedric« stand.

»Nun, Mister Cedric«, sagte Meynster. »Wann darf ich damit rechnen, weiterfliegen zu können? Sie wissen, dass die nächste Durchgangsphase bereits initialisiert wurde. Ich würde wirklich ungern bis zur übernächsten Aktivierung warten müssen. Meine Kunden übrigens noch viel weniger. Das dürfte Sie kaum überraschen.«

Cedric grinste. »Kann ich mir vorstellen. Sagen wir's mal so: Wenn wir nichts finden, sind Sie ganz schnell wieder auf der Strecke. Versprochen. Es sei denn ...« Er unterbrach sich und sah Meynster misstrauisch an. »... Sie hätten etwas Illegales an Bord.«

Meynster seufzte. Immer dasselbe Spiel. Ich hoffe nur, sie wollen nicht auch noch die Containersäule überprüfen. Ich bin sicher, meine Passagiere wären davon nicht begeistert.

Der fette Kerl näherte sich Meynster und Cedric. Da erst fiel Meynster die grünliche Hautfarbe des Manns auf.

Ein Imarter, dachte Meynster. Was tut der denn beim Sprungzoll?

Immerhin erklärte das die Fettleibigkeit des Manns. Imarter benötigten auf ihrer Heimatwelt Canopus IV einen optimalen Energieumsatz – dazu trugen die in die Epidermis der Kolonisten implementierten Chloroplasten bei. Die Gewöhnung an ihre dünne Atmosphäre führte bei vielen Imartern, die ihre Heimatwelt verließen, zu Adipositas. Den Effekt kannte man von Bewohnern der Erde, die im Hochgebirge lebten, etwa den Anden. Die Ausdauer der Imarter war dennoch legendär. In einer dichten Atmosphäre mit einem Überangebot an Sauerstoff waren diese Menschen nicht zu stoppen.

Der Dicke nuschelte etwas, was Meynster nicht verstand.

Cedric lächelte. »Er sagt, alles sei bisher in Ordnung. Allerdings laufen noch zwei weitere Testreihen. Das Hyper-D-Spektrum interessiert uns schließlich besonders, nicht wahr?«

Arschloch!, dachte Meynster. Als ob ich das nicht wüsste.

Es ging um die Drusen ... wie immer. Seit ihrer Entdeckung vor über 28 Jahren waren diese Hyperschwingkristalle zum gesuchten, weil seltenen Handelsgut geworden – und damit selbstverständlich gleichzeitig zum ertragreichen Schmuggelgut. Die Drusen kompensierten einen Großteil der Verluste, die mit der schwindenden Wirkung des Halatiums und seiner Verbindungen einherging. Seit vor 30 Jahren die Große Ruptur verschlossen worden war, sank die Effektivität des exotischen Stoffs immer weiter ab. Die Drusen waren ein willkommener Ersatz, auch wenn sie nicht ganz die Wertigkeit des Halatiums erreichten.

Drusenschmuggel war gang und gäbe, besonders auf den Routen ins Castorsystem. Olymp war eine Drehscheibe für diese Art von Geschäften, auch wenn der Kaiser von Olymp sein Möglichstes tat, illegale Aktivitäten in Grenzen zu halten. Ein aussichtsloses Unterfangen.

Wann hätte jemals die Bürokratie gegen Schmuggler gewonnen ... auf breiter Basis?, fragte Meynster sich still. Die Antwort kannte nicht nur er, auch Cedric war sich dessen bewusst.

Die Drusen waren schwer zu finden, wenn man sie unter einem Dämpfungsfeld verbarg. Die Schmugglerkartelle wussten ihr Kapital zu schützen. Erst wenn die Schwingquarze aktiviert wurden, emittierten sie einen typischen, unverwechselbaren Impuls. Der Geminga-Schrei war berühmt ... und berüchtigt. Frequenz und Amplituden entsprachen dem fünfdimensionalen Äquivalent der Gammasignatur jenes Pulsars, der ihm seinen Namen verliehen hatte.

Geminga stand in etwa 800 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Zwillinge. Er galt als letzter Überrest einer ganzen Reihe von Supernovae, die vor langer Zeit die Lokale Blase geschaffen hatten. In ihr gab es nur wenig kosmische Materie – die Stoßfronten der Supernovae hatten sie förmlich weggeblasen. Warum die Drusen die typische Geminga-Emanation derart exakt reproduzierten, war unbekannt. Diese seltsamen Hyperschwingquarze waren ebenso rätselhaft wie selten.

Die Zolltrupps versuchten, Spuren zu finden. Das war schwierig, aber nicht unmöglich: Wenn man nicht die Strahlung der Drusen selbst fand, verriet sich stattdessen häufig das Dämpfungsfeld – wegen seines immensen Energieverbrauchs.

Das war Meynsters größte Sorge. Aber ihn beunruhigte noch etwas anderes: seine Passagiere. Deren Schiff war zwar mit einem extrem hochwertigen Spiegelfeld getarnt. Und die Zöllner setzten üblicherweise keine Massetaster ein, denn das half beim Aufspüren von geschmuggelten Drusen nicht weiter. Es war dennoch möglich, dass die Kontrolleure das zwischen den Containerstapeln versteckte Schiff bemerkten. Dann würde Meynster eine Erklärung liefern müssen. Die Aussicht gefiel ihm kein bisschen.

Der Imarter ging zu seinen Kollegen zurück.

»Sind Sie etwa nervös, Kapitän Meynster?«, fragte Cedric anzüglich.

»Das hätten Sie wohl gern«, erwiderte Meynster. »Wüsste nicht, warum. Ich habe allerdings einen Terminplan, den Sie mir hier genussvoll durcheinanderbringen. Danke schön übrigens.«

Mijnheer Elliots Kopf erschien vor ihm in der Luft. »Käpt'n, die Formationsphase wird gerade eingeläutet. So langsam wird's eng.«

Meynster fluchte, und Cedric machte einen Schritt rückwärts.

Meynster warf ihm einen bösen Blick zu. »Cedric, wenn Sie sich vielleicht ein kleines bisschen mehr beeilen könnten? Oder wollen Sie meine Konventionalstrafe zahlen, wenn ich bis zur nächsten Passage warten muss? Das sind ganze acht Stunden.«

Cedric schluckte tatsächlich. »Ich mache hier nur meine Arbeit.«

Meynster fixierte ihn. »Und die können Sie nur langsam machen, oder wie?«

Der Transferzöllner wusste selbstverständlich, dass diese Drohung gegenstandslos war. Eine hoheitliche Handlung, wie er sie vornahm, war völlig rechtmäßig und Schadenersatzklagen wären aussichtslos. Aber er wusste, dass Meynster unangenehm werden konnte. Offenbar war diese Aussicht Motivation genug.

»Wie sieht's aus?«, rief Cedric über die Schulter.

Der Imarter hob den Daumen. Meynster fiel ein Stein vom Herzen.

»Also gut, Kapitän«, sagte Cedric. »Wir haben keine Spuren entdeckt.«

»Sie hatten nichts anderes erwartet, hoffe ich?«, sagte Meynster knurrig.

»Nein, selbstverständlich nicht!«, beteuerte Cedric ein wenig zu schnell. »Ich wünsche guten Flug und erfolgreiche Geschäfte.« Er tippte etwas in sein Multifunktionsarmband ein. »Ich habe die Freigabe erteilt.«

»Machen Sie bloß, dass Sie wegkommen!«, murmelte Meynster und winkte dem Trupp zu, sich zu beeilen.

Etwa zwei Minuten später legte die Zollschaluppe ab und kehrte zur Transferstation zurück. Meynster atmete auf. Er kontaktierte Calm Janey. Die Pilotin meldete sich sofort.

»Park uns an der vorgesehenen Position. Ist der Transitcode bestätigt? Transfersequenz selbstständig einleiten.«

»PORTORIUM I hat unsere Legitimation anerkannt.« Das schmale Gesicht der Pilotin wirkte so blass wie immer.

»Und noch was, Calamity«, sagte Meynster freundlich. »Könntest du deine verdammten Dosen vielleicht wegräumen, wie das sonst jeder tut? Ich bin vorher in einige beinahe reingetreten. Sauerei, das!«

Die Pilotin runzelte die Stirn. »Dosen, Chef?«

Meynster schaltete frustriert ab. Er drehte sich um und ging in Richtung des Hangars. Als das Schott auffuhr, blieb er stehen. Das Schiff seiner Passagiere steckte zwischen den Containern. Die beiden Insassen jedoch hatten sich in der KRAXN eingefunden. Ein Zeichen der Höflichkeit. Einen der beiden sah er dort stehen. Der Mann drehte sich ein wenig zu schnell um und griff an seinen Gürtel. Meynster hatte ihn offenbar überrascht. Ein leichtes Flackern war zu sehen.

Sein Spiegelfeld, dachte Meynster amüsiert. Er hat es abgeschaltet. »Ich bin's nur!«, rief er. Der Mann ließ die Hand sinken.

Meynster ging auf ihn zu. Es war der Marsianer. Der zweite Passagier war ein Mensch ... in etwa wenigstens.

»Mister ... Hainu«, sagte Meynster. »Ich danke Ihnen, dass Sie die Scharade nicht aufrechterhalten. Das ist nicht nötig, glauben Sie mir.«

Der Marsianer war eher hager, wie die meisten seiner Artgenossen. Meynster wusste, dass die genetischen Veränderungen der Marskolonisten kein Resultat des Variable Genome Project waren, sondern von Manipulationen herrührten, die einst die Liduuri am eigenen Erbgut vorgenommen hatten. Die Reaktivierung dieses Genotyps ging bis auf die Tage der arkonidischen Besatzung zurück. Die Haut des Manns war beinahe bronzefarben, aber sehr rau; sie ähnelte ein wenig mittelgrobem Sandpapier. Die Augen lagen tief in den Höhlen und waren dunkel, beinahe schwarz. Er kam Meynster bekannt vor.

Hainu lachte leise. »In Ordnung, Kapitän Meynster. Die Macht der Gewohnheit. Sind Sie die Störenfriede losgeworden?«

»Ich hatte etwas Sorgen«, gab Meynster zu. »Aber ja; sie sind wieder weg. Meine Pilotin hat die Parkposition bezogen und wartet auf die Freigabe des Transferkanals. PORTORIUM I hat unseren Transitcode bestätigt. Wir können den Containertransmitter also benutzen.«

Das Gesicht des Marsianers wurde ernst. »Gut. Wir ... sind in Eile.«

»Ich bin neugierig«, sagte Meynster. »Können Sie mir Ihr Schiff zeigen?«

Der Marsianer nickte. »Selbstverständlich.« Ein großes Holo baute sich auf. Das Kugelschiff durchmaß 60 Meter, ohne Ringwulst. Es wirkte wie eine normale Korvette. Meynster wusste jedoch, dass es genau das sicher nicht war.

»Ihr Schiff ist ziemlich einzigartig«, kommentierte er und hoffte, seinem Gegenüber dadurch eine Reaktion zu entlocken.

»Sie haben ja keine Ahnung!«, erklang eine Stimme hinter Meynster.

Er drehte sich um. Der zweite Passagier stand vor ihm. Meynster sah einen grauhaarigen Mann mittleren Alters, der die Narben einer Hasenscharte aufwies.

Der Mann schmunzelte. »Mueller. Freut mich, Kapitän Meynster. Wir hatten bislang ja lediglich Funkkontakt. Wir bitten um Entschuldigung, dass es so schnell gehen musste.«

»Ihr Freifahrtschein war unmissverständlich«, murrte Meynster. »Ich war zur Einschleusung verpflichtet. Man kann seine Lizenz verlieren, wenn man solche Codes nicht beachtet, wussten Sie das?«

Der Grauhaarige kratzte sich die Augenbrauen, als sei er überrascht. »KRAXN ist ein eigenartiger Name«, versuchte er abzulenken.

»Ich bin Niederländer – wie meine Vorfahren«, erläuterte Meynster geduldig. »In den Niederlanden wurden schon früh Ozeanschiffe gebaut. Das Holz dafür wurde häufig aus dem Schwarzwald geliefert – in riesigen Flößen, den Rhein herab. Flößer war ein gefährlicher Beruf. Im Schwarzwald benutzten viele Händler ein Tragegestell, das sie auf dem Rücken trugen. Eine Kraxn. Soweit ich weiß, gab's das auch in Böhmen und im Riesengebirge. Eine schöne Umschreibung für einen Frachter, nicht?«

»Traditionen sind wichtig«, sagte der Marsianer. »Der Sand des Lebens ist für alle da!«

»Können Sie's nicht abschalten?«, fragte Meynster sanft.

Der Mann präsentierte eine erstaunte Miene. »Abschalten? Was?« Sogar die Stimme passte zur Hasenscharte, auch wenn die gut verwachsen war.

Meynster grinste. »Das Spiegelfeld. Ich erkenne eins, wenn ich's vor mir habe. Das leichte elektrische Kribbeln ist typisch. Ich soll Sie mit nach Olymp nehmen. Das ist okay. Ein Wunsch des guten alten Nike Quinto ist mir Befehl. Aber ich lasse mich ungern an der Nase herumführen. Ihr Schiff ist eine Spezialanfertigung, wenn ich jemals eine gesehen habe.« Er lachte auf. »Nun ja, die ich nicht gesehen habe. Die Tarnung ist grandios, aber das allein ist Hinweis genug.«

Mueller zögerte. Der Marsianer hingegen nickte und berührte ein holografisch erzeugtes Sensorfeld am Handgelenk.

Die neueste Version eines Kombiarmbands. Meynster war einmal mehr beeindruckt. Diese Geräte gab es im freien Handel noch nicht.

Das Bild des kleinen Raumschiffs flackerte und veränderte sich. Meynster riss die Augen auf.

»Überrascht?«, erkundigte sich der Grauhaarige.

Vor Meynster stand im Hologramm nun ein elegantes, stahlblau schimmerndes Kugelboot auf einem konischen Sockel. Landebeine gab es keine. Der Durchmesser entsprach dem einer Korvette. Der überkragende Ringwulst wirkte beinahe aggressiv.

»Sieht ... schnell aus!«, entfuhr es Meynster.

Der Grauhaarige kratzte sich die linke Braue. »Ich sagte doch: Sie haben keine Ahnung. Die NATHALIE ist nicht einfach nur ... schnell. Glauben Sie mir.«

»Sie folgen der Schmuggelroute?« Meynsters Frage war ein zweiter Schuss ins Blaue.

Der Mann vom Mars grinste. »Ich kann das nicht bestätigen.«

»Ah, warum wundert mich das nicht?«, murmelte Meynster.

»Ja warum wohl nicht?«, kommentierte sein Passagier mit leichtem Spott.

»Ihr Schiff ... Da hat sich Quinto nicht lumpen lassen«, sagte Meynster leise. »Ich kenne den alten Geizkragen – wer sind Sie, bei allen Karneolzecken?«

Der Marsianer tippte erneut auf sein Armband. Sein Gesicht veränderte sich leicht. Meynster hustete. »Noch ein Spiegelfeld? Aber das ist wohl kaum eine Tarnung.«

Der Marsianer lächelte schmal. »Für viele mag das rassistisch klingen, aber normale Menschen haben enorme Schwierigkeiten, Marsianer auseinanderzuhalten. Das gilt auch für einige andere Kolonisten. Hätten wir auf dem Mars zu tun, hätten Sie jedoch recht.«

Währenddessen hatte der Grauhaarige es sich ebenfalls überlegt. Sein Spiegelfeld war anspruchsvoller. Sekunden später wusste Meynster, warum das so war.

Vor ihm stand ein schlanker, trainierter Mann Mitte der Vierziger. Das dunkelblonde, beinahe braune Haar war leicht wellig, aber kurz geschnitten. Ein Fünftagebart verlieh dem Mann etwas Draufgängerisches. Die Augen allerdings ...

... waren rötlich.

»Thomas Rhodan!«, keuchte Meynster. »Dann sind Sie ...«

»Farouq Rhodan da Zoltral«, sagte der Marsianer und verbeugte sich auf eine eigenartige Weise. Er senkte die linke Schulter schnell nach vorn. »Freut mich, Kapitän Meynster.«

Meynster war schwer zu beeindrucken. Er war ein hartgesottener Raumfahrer, der schon viel erlebt und noch mehr gesehen hatte. Er hatte etliche Gerüchte über die Rhodan-Brüder gehört. Dass sie zur Abteilung III gehörten, war eins davon. Die Abteilung war eine Sektion von GHOST, des Geheimdienstes der Terranischen Union – so geheim, dass niemand etwas Genaues wusste. Nicht einmal Leute wie Meynster, die mit ihr in Kontakt standen und Nike Quinto sogar kannten. Der Leiter der Abteilung III war eine Legende, hatte seinen Weg über GHOST gemacht und sich dort einen legendären Ruf erworben, der ihn schließlich für den aktiven Außendienst »verbrannt« hatte. Zumindest die entsprechenden Kreise wussten nur zu gut, wer er war. Dass die beiden Agenten sich Meynster gegenüber tatsächlich zu erkennen gaben, verunsicherte ihn enorm.

»Sie sollen mich nach Abschluss der Mission sicher eliminieren?«, fragte er, nur zur Hälfte im Scherz.

Farouq Rhodan grinste ausgesprochen sardonisch. »Wenn Sie Wert darauf legen ...?«

Thomas Rhodan lächelte schmal. »Er macht nur Spaß. Fällt ihm schwer, aber manchmal schafft er es. Keine Sorge, Kapitän Meynster. Ganz im Gegenteil – denn wir werden auf Olymp Ihre Hilfe brauchen.«

Meynster schluckte trocken. »Ach ja? Soll mich das beruhigen?«

Farouq war ernst geworden. »Sollte es. Sie haben genau die Erfahrung, die wir brauchen. Sie hatten mit dem Drusenkartell schon zu tun.«

»Hatte ich?« Meynster blieb vorsichtig. »Dass der Drusenschmuggel auf Olymp boomt, ist nicht gerade ein Geheimnis.«

»Exakt.« Thomas grinste. »Es gibt allerdings Hinweise, dass sich das Netz sehr viel weiter erstreckt, als wir bisher angenommen haben. Wir suchen Spuren und Wege, die auf Olymp beginnen ... aber nicht dort enden. Etwas geht im Untergrund vor sich.«

Ein lautes Signal tönte durch den Hangar. Elliot kündigte die bevorstehende Passage durch den Situationstransmitter an.

»Reden wir später weiter«, sagte Meynster. »Ich nehme kaum an, dass Sie unsere Reservekokons benötigen?«

Der Transfer durch einen Situationstransmitter war eine Tortur in jeder Hinsicht. Nur ein intensives Training und die entsprechenden Isolationskokons ermöglichten es einem Normalsterblichen, den Sprung durch einen Halbraumkanal zu überleben.

Die Technik stammte aus Andromeda. Das Castorsystem mit seinen drei Sonnentransmittern besaß direkten Zugang zum galaktozentrischen Sechsecktransmitter – deshalb traf man auf Olymp ab und zu Besucher aus der Zweiten Insel. Die Meister der Insel hatten bei der Installation geholfen, ebenso wie NATHAN auf dem irdischen Mond und die Posbis, die sich dort häufig herumtrieben. Man hatte einige der früher fatalen Nebenwirkungen beseitigen können.

Der Containertransmitter zwischen Sol und Olymp war ein Prototyp. Er funktionierte, und die »Lokführer«, wie man die Kapitäne der Bulkfrachter häufig nannte, überlebten den Durchgang. Ein Vergnügen war es dennoch nicht. Und ohne die Isolationskokons ... Meynster stellte sich lieber nicht vor, wie ein Raumfahrer danach aussehen mochte. Es war ein Risiko. Jedes Mal.

Thomas Rhodan schüttelte den Kopf. »Wir haben zwei hochwertige Kokons an Bord der NATHALIE. Wir sind versorgt – kümmern Sie sich nicht um uns.«

»Das Modernste vom Feinsten, da wette ich«, sagte Meynster mit ein bisschen Neid. »Also machen Sie sich bereit. Ich gebe Ihnen unmittelbar vor dem Transfer noch einmal Bescheid.«

Die beiden Agenten hoben die Hand und setzten sich in Bewegung. Die Route zum Versteck der NATHALIE inmitten der unter der KRAXN verankerten Großcontainer war nicht übermäßig weit, aber ein wenig kompliziert.

Meynster seinerseits ging in Richtung Expresslift. Kurz darauf betrat er die Zentrale.

»Was Neues?«, fragte Mijnheer Elliot desinteressiert.

»Einiges«, antwortete Meynster. »Aber das erzähl ich dir später.«

»Anflugsequenz eingeleitet«, meldete Calm Janey. »Wir sollten jetzt ...«

»Ja«, bestätigte Meynster.

Im Hintergrund der Zentrale öffneten sich drei beinahe eiförmige Kokons. Meynster gab seinen zwei Passagieren das versprochene Signal. Die Besatzung nahm ihre Plätze ein. Das Schutzgel strömte ein. Wie immer war der erste Atemzug in der sauerstofftragenden Masse furchtbar. An das Gefühl, zu ersticken, würde Meynster sich nie gewöhnen. Das Gel war dasselbe, das in den Caisson-Schlauben zur Dekomprimierung verwendet wurde, wenn Kolonisten von Hochgravitationswelten ihre Heimat verließen. Ertruser und Epsaler mochten damit weniger Probleme haben – immerhin war ihre Atemmuskulatur deutlich stärker als die von normalen Menschen. Für Meynster indes war das Atmen im Innern des Kokons einfach nur anstrengend.

Durch die Klarsichtabdeckung sah er das Holo der Außenborddarstellung. Er wusste, was nun geschah. Über dem Saturn, etwa auf der Höhe des Monds Dione, injizierten vierundzwanzig Zylinder ionisiertes Helium-3 in einen kreisförmigen Prallfeldtorus. Die Feldprojektoren begannen zu rotieren und verdrillten das Feld. Die elektrische Energie des Ionenflusses wurde in die Prallfeldprojektoren geleitet, bis der Druck die Fusionsgrenze erreichte.

Dann zündeten Thermostrahler die Kernverschmelzung. Hyperimpulse schaukelten sich an bestimmten Punkten der Matrix auf und schufen im Mittelpunkt des Torus eine Librationszone: den Ausgangspunkt eines Halbraumkanals, der das Solsystem mit den Castor-Sternen verband.

Meynster beobachtete das Spektakel gebannt, obwohl er es gut kannte. Der feuerrote Ring des Situationstransmitters und in ihm die wallende Schwärze, die den Raumfrachter nach Olymp tragen würde. Es war majestätisch ... und es war Furcht einflößend.

Ein Gefühl, als sei sein Schädel mit Watte gefüllt, nahm von Meynster Besitz. Im Hintergrund schillerte das geheimnisvolle Licht des Förderbands, das Helium-3 zum Mond Tethys und seinen beiden Trojanern transportierte.

Schön!, dachte Daan Meynster benommen.

Dann ertrank alles im flammenden Rot des Halbraums.

2.

17. November 2088

Castorsystem, Alpha Geminorum: an Bord des Wachkreuzers RACCOON

Der Rotalarm riss Oberst Lars Lischeid aus tiefstem Schlummer. Trotzdem war er sofort hellwach.

Die Kabinenpositronik regelte die Innenbeleuchtung sanft auf Standardhelligheit hoch. Nach und nach schälten sich die Konturen des schmalen Arbeitstischs, der Regale an den Wänden und der Wäschefächer, die neben der kleinen Hygienezelle in eine Nische integriert waren, aus dem schwindenden Halbdunkel. Das dezente, aber unüberhörbare Zirpen des Interkoms vertrieb die letzte Müdigkeit aus Lischeids Knochen. Er warf einen kurzen Blick auf sein Multifunktionsarmband.

Zwei Stunden, dachte er resigniert. Sie haben mir gerade mal zwei Stunden Schlaf gegönnt ...

Er aktivierte die Holoverbindung zur Zentrale. Das gerötete Gesicht von Tamineh Khatib, seiner Ersten Offizierin, wurde so übergangslos direkt vor seiner Nase sichtbar, dass er unwillkürlich zurückwich.

»Ich hoffe für Sie, Miss Khatib, dass das Schiff mindestens in Flammen steht«, warnte er sie ohne jede Begrüßung. »Andernfalls werde ich Sie nämlich für die nächsten vier Wochen zu den Ringpatrouillen versetzen – zwecks Tankreinigung!«

Die aus dem Irak stammende Frau mit der kräftigen Figur und den fingerkurz geschnittenen, schwarzen Haaren verzog die Lippen. Dabei brachte sie es tatsächlich fertig, gleichzeitig schuldbewusst und respektlos dreinzuschauen.

»Es tut mir leid, dass ich Ihren Schönheitsschlaf störe, Kommandant«, sagte sie mit ihrer auffällig tiefen Stimme. »Aber vor exakt dreißig Sekunden hat sich der Transmitterring über Olymp aktiviert.«

Der Oberst erhob sich so hastig von seinem schmalen Bett, dass er mit der Schläfe haarscharf an einem der Regale vorbeischrammte. Im Augenwinkel sah er, wie ein paar seiner dort aufgereihten Bücher zur Seite kippten. Dass er Ende des 21. Jahrhunderts terranischer Zeitrechnung noch immer Wert auf gedrucktes Lesematerial legte, sorgte unter der Mannschaft regelmäßig für milden Spott, was ihn jedoch nicht störte. Ein Buch war für ihn von jeher ein Gesamtkunstwerk. Moderne Lesegeräte, Datenbrillen oder Holoemitter reduzierten die Lektüre dagegen auf den reinen Text und machten das Lesen zu einem eindimensionalen und somit unbefriedigenden Akt.

»Der nächste Transport ist doch erst in drei Stunden fällig«, rief Lischeid entgeistert. »Was zum Teufel treiben die Chaoten vom Technischen Dienst da wieder?«

»Die Schraubenköpfe haben nichts damit zu tun, Sir«, erwiderte Khatib. »Sagen sie zumindest. Außerdem hat sich der Transmitter nicht wie vorgesehen in den Sendemodus, sondern auf Empfang geschaltet. Die Systemverteidigung hat den Fall Ares ausgerufen.«

»Ares?« Der Oberst griff hastig nach seiner Uniformhose. Der Versuch, mit beiden Beinen gleichzeitig hineinzuschlüpfen, misslang kläglich. Er kippte hintenüber und fiel wieder auf sein Bett. »Warum sagen Sie mir das erst jetzt?«, beschwerte er sich wütend. »Schleusen Sie die Jägerstaffeln aus, und kontaktieren Sie den Taktischen Stab des Flottenbüros. Ich will eine direkte Verbindung zu Admiral Mandschur. Außerdem brauche ich ...«

»Ist alles bereits veranlasst, Sir«, unterbrach ihn die Erste Offizierin. »Ich schlage vor, Sie konzentrieren sich auf Ihre Hose und kommen danach in die Zentrale. Bis dahin versuche ich, den Laden irgendwie allein am Laufen zu halten.«

Für einen Moment war Lischeid zu perplex, um etwas zu sagen. Er hatte komplett vergessen, dass die Holoverbindung in beide Richtungen funktionierte. Khatib hatte seinen erfolglosen Kampf mit dem widerspenstigen Beinkleid also dreidimensional und in höchster Auflösung mitverfolgen können.

»Ich bin auf dem Weg.« Er warf seiner Stellvertreterin einen strengen Blick zu. Manchmal strapazierte ihre vorlaute Art seine Nerven weit mehr, als gut für ihn war. Aber ihre Flapsigkeit, die sich oft hart an der Grenze zur Spöttelei bewegte, wurde von ihren Talenten als Problemlöserin und Organisationsgenie mehr als wettgemacht.

Bevor Tamineh Khatib noch etwas sagen konnte, hatte Lars Lischeid die Verbindung unterbrochen. Dann griff er wild entschlossen nach seiner Hose.

Die Positronik der KAVGADOMUZU meldete volle Einsatzbereitschaft. Leutnant Melik Dumanoglu überprüfte zum wiederholten Mal die Holokontrollen. Die Startfreigabe war die einzige Anzeige, die weiterhin in düsterem Rot leuchtete. Worauf warteten die Schlafmützen in der Zentrale der RACCOON noch?

Wie stets, wenn Dumanoglu kurz davorstand, mit seiner Dragonfly aus den Katapultschächten des Wachkreuzers in den freien Raum geschossen zu werden, konnte er seine Ungeduld nur mit Mühe bezähmen. Der Raumjäger verharrte nach wie vor auf seiner magnetischen Bodenplatte, obwohl der junge Leutnant längst auf seiner Konturliege ruhte und die Positronik die klaustrophobisch enge Kommandokuppel in einen großen Holodom verwandelt hatte.

Die Dragonflys der jüngsten Generation hatten nur noch wenig mit den ursprünglichen zweisitzigen Raum- und Atmosphärejägern aus den frühen Tagen der irdischen Raumfahrt gemein. Es handelte sich um komplette Neuentwicklungen, die teilweise noch auf den Vorschlägen und Konstruktionsplänen von Tim Schablonski und Cel Rainbow beruhten. Schablonski war vor über dreißig Jahren bei einem Einsatz mit der legendären MAGELLAN ums Leben gekommen. Der in Würde ergraute Rainbow bekleidete inzwischen einen hohen Rang im Strategieausschuss der Terranischen Flotte.

»Zentrale an Jägerstaffel«, erklang die Stimme von Tamineh Khatib aus den Akustikfeldern. »Bereit machen zum Ausschleusen. T minus sechzig Sekunden.«

Dumanoglu verzog das Gesicht. »Sechzig Sekunden«, stieß er missmutig hervor. »In sechzig Sekunden fliege ich zweimal zur Erde und wieder zurück – und habe dabei noch Zeit, die Aussicht zu genießen.«

»Du übertreibst mal wieder maßlos, Mel«, stellte Stigan Morgenssen fest. Der aus Norwegen stammende Schütze lag einen guten Meter versetzt vom Pilotenplatz und klang, als wäre er zu Tode gelangweilt.

»Ich frage mich jedes Mal, was diese sechzig Sekunden sollen«, ließ sich Dumanoglu nicht beirren. »Was kann in dieser Zeit passieren, was nicht längst passiert ist? Warum sagen die uns nicht einfach, wenn sie fertig sind, machen die Tür auf und lassen uns raus?«

Morgenssen reagierte nicht auf den Ausbruch seines Kameraden. Wahrscheinlich hatte er die Augen geschlossen und tat so, als würde er schlafen. Dumanoglu hätte sich nicht gewundert, wenn jeden Moment Schnarchgeräusche an sein Ohr gedrungen wären. Das machte der Norweger manchmal, um ihn zu ärgern.

»Und ich habe dir schon tausendmal gesagt, du sollst mich nicht Mel nennen! Das ist die Kurzform für Melanie, verdammt!«

»Hundertsechsundvierzigmal.«

»Was?«

»Du hast mir nicht tausendmal, sondern erst hundertsechsundvierzigmal gesagt, dass ich dich nicht Mel nennen soll. Wie schon erwähnt: Du übertreibst gern.«

Bevor Dumanoglu etwas darauf erwidern konnte, begann die Positronik, die letzten zehn Sekunden des Startcountdowns herunterzuzählen. Augenblicklich war jegliche Nervosität wie weggeblasen. Dumanoglus behandschuhte Finger legten sich fest um die in die Armlehnen integrierten Steuersticks. Ein Druck auf das zuständige Sensorfeld ließ den Triebwerksring in die Waagerechte kippen. Ultrastarke Magnetfelder hielten ihn frei schwebend exakt zwei Millimeter vom eigentlichen Rumpf des Jägers entfernt. Über Supraleiterbahnen im Kernbereich des Rings konnte Dumanoglu ihn mitsamt den darin verbauten Impuls- und Pulsatortriebwerken in jede beliebige Richtung schwenken.

Die Positronik fuhr den stabilisierenden Standfuß ein. Dumanoglu ließ die Innenkugel mit den Holoanzeigen einmal um 360 Grad rotieren. Für ihn war das wie eine Art Ritual, das er vor keinem Start versäumte. »Wie ein Pferd, das mit den Hufen scharrt«, hatte Morgenssen einmal gesagt.

»... drei ... zwei ... eins ... Go!«, verkündete die emotionslose Stimme der Positronik.

Antigravfelder griffen nach der fünf Meter hohen und an ihrer breitesten Stelle fünfzehn Meter durchmessenden Dragonfly. Binnen zwei Sekunden wurde der Raumjäger auf über dreihundert Stundenkilometer beschleunigt. Die Markierungsstreifen des Katapultschachts schossen als helle Lichtblitze an Dumanoglu vorbei. Er hatte sich angewöhnt, einen Teil der Steuerkugel für die direkte Sicht nach draußen von allen Holos frei zu halten. Es verstärkte das berauschende Gefühl, mit vieltausendfacher Schallgeschwindigkeit durch das Weltall zu rasen.

Die RACCOON spuckte ihre Jägerstaffeln in Rekordzeit aus. In langen Ketten verließen die wendigen Beiboote das Mutterschiff.

Dumanoglu scherte bei der erstbesten Gelegenheit aus der positronisch gesteuerten Startformation aus. Er gehörte zur sogenannten Erstkontakt-Rotte, also jenen Einheiten, die das Einsatzgebiet direkt anflogen und dort an keine Formationsweisungen gebunden waren.

»Halten Sie den Abstand, Mister Dumanoglu! Keine Kunststücke, oder Sie sind Ihren Flugschein los – und diesmal für immer!« Die scharfe Stimme des Kommandanten der RACCOON ließ Dumanoglu zusammenzucken.

Mist! Der Alte hatte ihn direkt im Blickfeld. »Verstanden, Sir!«, sagte er. Gleichzeitig reduzierte Dumanoglu die Geschwindigkeit auf die vorgeschriebenen fünfhundert Kilometer pro Sekunde und ließ die Kameraden der Rotte aufschließen.

Während des letzten Einsatzes, bei dem der Wachkreuzer zwei Frachtwalzen der Mehandor aufgebracht hatte, in deren Laderäumen man Schmuggelgut vermutet hatte, war Dumanoglu ein wenig übers Ziel hinausgeschossen. Und das im Wortsinn, denn als die Matriarchin der Mehandorsippe versucht hatte, mit einem Beiboot zu fliehen, hatte er sie aufgehalten – mit seiner Thermokanone. Die Frau hatte zwar überlebt, aber von ihrem Fluchtfahrzeug war nicht mehr viel übrig geblieben, und die Botschaft der Mehandor auf Olymp hatte eine scharfe Protestnote direkt an Obmann Anson Argyris geschickt. Dumanoglu klangen auch drei Wochen später noch immer die Ohren von dem Anpfiff, den ihm Oberst Lischeid verpasst hatte. Danach hatte der Leutnant zwölf Schichten lang die Hangars reinigen dürfen.

Dumanoglu mochte den Oberst, aber dessen Reinlichkeitsfimmel ging ihm manchmal auf die Nerven. Praktisch jede Disziplinarstrafe, die der Schiffskommandant verhängte, hatte etwas mit Putzen, Polieren, Scheuern oder Schrubben zu tun. Nicht zu Unrecht behauptete man unter der Crew der RACCOON, man könne jederzeit und an jedem beliebigen Ort innerhalb des Kreuzers vom Boden essen.

Dumanoglu korrigierte den Kurs der Dragonfly und richtete ihn auf den Transmitterring aus. Das zwei Kilometer durchmessende Gebilde war sogar aus der aktuellen Entfernung problemlos auszumachen, denn in seiner unmittelbaren Umgebung tummelten sich Dutzende von Frachtfähren sowie mindestens zweihundert Messdrohnen und Wartungsroboter. Eigentlich hätte sich der rot glühende Reifen aus ionisiertem Helium-3 erst in knapp drei Stunden aufbauen sollen. Es war Teil von Dumanoglus Mission, herauszufinden, warum der Gas-Torus es diesmal schon vorher getan hatte.

»Wir empfangen nach wie vor keine gültigen Codierungen«, hörte er Kommandant Lischeid über Funk mitteilen. »Die Gegenstation im Solsystem hat keine Sendung avisiert. Das Flottenkommando zögert noch, einen Wartungstrupp direkt in den Ring zu schicken. Wir müssen erst wissen, ob es für unsere Leute sicher ist.«

»Alles klar, Sir«, bestätigte Dumanoglu. »Mit Ihrer Erlaubnis gehe ich näher ran.«

»Erlaubnis erteilt. Aber beim geringsten Anzeichen einer Gefahr verschwinden Sie! Ist das angekommen?«

»Klar und deutlich, Sir!«, versicherte der Leutnant eilig. »Aber keine Sorge: Mit meiner KAVGADOMUZU fliege ich notfalls sogar durch ein Schwarzes Loch ...«

Noch bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte, hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen. War er denn von allen guten Geistern verlassen? Er hatte sich wieder einmal von der Erregung davontragen lassen, die ihn bei jedem Raumflug erfasste und gegen die er sich nicht wehren konnte ... nicht wehren wollte!

Neben seinen Holokontrollen erschien ein winziges Abbild von Stigan Morgenssen. Der Bordschütze grinste breit, dann tauchte seine Faust mit einem nach unten zeigenden Daumen im Bild auf.

»Wenn wir das nächste Mal an einem Schwarzen Loch vorbeikommen, werde ich an Sie denken, Mister Dumanoglu«, sagte Lars Lischeid eisig. »Bis dahin halten Sie Ihr Kampfschwein im Zaum und befolgen meine Anweisungen, als wären sie das Wort Gottes.«

»Selbstverständlich, Sir! Ich wollte nicht ... Ich meine ...«

Dumanoglu spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Wahrscheinlich sah sein Kopf gerade aus wie die Spitze eines Streichholzes.

Die Dragonflys trugen üblicherweise keine Eigennamen, sondern lediglich Identifizierungsnummern. Seine eigene Maschine hieß zum Beispiel RACCOON-DF 01-12. DF stand für Dragonfly, die 01 war die Kennung der Rotte, und die 12 bezeichnete die Position des Raumjägers innerhalb der Standardformation.

Die Piloten dagegen gaben ihren Jägern gern bedeutungsvolle Namen und pinselten diese mit weißer Farbe an eine nicht unmittelbar sichtbare Stelle des Triebwerksrings. Das verstieß zwar gegen die Flottenregularien, wurde aber geduldet.

Woher weiß der Alte, dass KAVGADOMUZU das türkische Wort für Kampfschwein ist?, rätselte Dumanoglu.

Der Leutnant hatte seinen Dienst auf der RACCOON erst vor ein paar Monaten angetreten. Mit seinen 26 Jahren gehörte er zur jüngsten Generation jener Absolventen, die die Flottenakademie in Baikonur, Cape Pounder und das Kosmodrom Jiuquan Jahr für Jahr hervorbrachten. Melik Dumanoglu hatte nach der Ausbildung auf dem Weltraumbahnhof in Kasachstan, der in enger Kooperation mit der Terranischen Union betrieben wurde, drei Jahre Hyperingenieurwesen an der Akademia Terrania studiert und dann seinen ersten Einsatz auf der MONTEVIDEO absolviert, einem Schlachtschiff liduurischer Bauweise, das vor drei Jahren schließlich ausgemustert worden war. Die RACCOON war nach einem kurzen Abstecher in den solaren Asteroidenring bereits Dumanoglus dritte Stationierung.

»Hören Sie mit dem Herumgestottere auf, und finden Sie heraus, was da draußen vor sich geht, Leutnant!«, riss ihn die Stimme von Oberst Lischeid aus seinen Gedanken.

»Jawohl, Sir!«, rief Dumanoglu eine Spur zu laut.

Reiß dich zusammen!, ermahnte er sich. Der Kommandant der RACCOON war nicht wesentlich älter als er, bestenfalls Mitte dreißig. Dass ihn die Besatzung hinter vorgehaltener Hand trotzdem nur »Der Alte« nannte, war eindeutig ein Zeichen von Respekt. Nach allem, was Dumanoglus Kameraden erzählten, hatte Lischeid die Karriereleiter in beachtlichem Tempo erklommen, und auch wenn die Terranische Flotte stets händeringend nach qualifiziertem Personal für ihre Raumschiffe suchte, bekam man das Kommando über einen Wachkreuzer der olympischen Systemverteidigung nicht geschenkt.

Dumanoglu koordinierte sich über die interne Kommunikation mit seiner Rottenführerin. Oberleutnant Tessa Mariani, eine kleine, drahtige Italienerin mit grau gefärbten Haaren, überließ ihm wieder einmal die Spitze, was ihm ein kurzes Lächeln entlockte. Er war alles andere als ein Angeber, aber er wusste sehr wohl, dass ihm als Jägerpilot nur wenige in der Flotte das Wasser reichen konnten. Mariani wusste das auch, weshalb sie ihn im Ernstfall meistens vorschickte.

Mit der LION und der MARTEN waren inzwischen die beiden anderen im Castorsystem stationierten Schweren Kreuzer am Ort des Geschehens eingetroffen. Olymp und seine Transmitter gehörten zu den nicht nur ökonomisch, sondern vor allem strategisch wichtigsten Orten außerhalb des unmittelbaren Einflussbereichs der Menschheit. Die Terranische Flotte hatte dort nicht nur drei Kreuzer, sondern mit der KAIRO auch eines der 750 Meter durchmessenden Schlachtschiffe aufgeboten. Allerdings lag dieser Kampfraumer aufgrund dringend notwendiger Reparaturen zurzeit in einer der Werften auf dem irdischen Mond.

Dumanoglu flog eine weite Schleife um die Längsachse des rot glühenden Transmittertors. Das Castorsystem beherbergte die mit Abstand komplexeste Transportanlage der sogenannten Alten Straßen, jenen frühen Sonnentransmittern, die von den Liduuri vor vielen Jahrzehntausenden errichtet und von den Menschen nun wieder in Betrieb genommen worden waren. Drei Sonnenpaare bildeten dabei ebenso viele Transmitter, wobei zwei davon ausschließlich dem Warenfernverkehr dienten. Der dritte, der von den zwei Roten Zwergen des Systems gespeist wurde, war kaum mehr als ein Zubringer.

Darüber hinaus hatten die Menschen sowohl auf Olymp selbst als auch im planetennahen Orbit mithilfe der Technik der Meister der Insel je einen Situationstransmitter errichtet. Die Orbitalvariante hielt eine direkte Verbindung zu einer baugleichen Ringstruktur beim Saturn im Solsystem aufrecht, die dreimal pro Tag für jeweils eine Stunde aktiv geschaltet wurde. Den Rest der Zeit benötigte man für die Wartung, Neukalibrierung und Befüllung der vierundzwanzig Zylindertanks mit frischem Helium-3.

Das dunkelrote Glühen, das der Ring während des Betriebs abstrahlte, hatte auf Dumanoglu noch nie bedrohlich gewirkt. Diesmal war das anders. In den Holodarstellungen konnte er klar erkennen, dass die diversen Zubringer und Frachtschiffe, die die Warencontainer in den Orbit verbrachten, wo sie zu Zügen gekoppelt wurden, sich vom Transmitter wegbewegten. Es wirkte, als flöhen sie vor dem weit geöffneten Maul eines Weltraumungeheuers, das sie zu verschlingen drohte.

Der Prallfeldtorus, also der rotierende Ionenstrom des Transmitters, war bereits vollständig aufgebaut. Seine elektrische Energie floss in die Projektoren, wo der Druck bis knapp unter die Fusionsgrenze anwuchs. Sekunden später wurde der Ring durch einige simple Thermostrahler gezündet. Binnen weniger Atemzüge baute sich im Mittelpunkt der Feldmatrix die zweihundert Meter durchmessende Librationszone auf – gewissermaßen das Tor in den Halbraum.

»Die Messwerte bewegen sich ohne Ausnahme innerhalb der akzeptierten Toleranzen«, meldete Morgenssen.

»Bis auf die Tatsache, dass sich der Containertransmitter von selbst und zu früh aktiviert hat.« Dumanoglu hielt inzwischen direkt auf das flimmernde Transmittertor zu. Für einen Beobachter sah das gewiss aus, als wolle er die KAVGADOMUZU direkt hindurchlenken, doch das wäre Selbstmord gewesen. Halbraumtransporte dieser Art waren für Lebewesen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich und selbst dann mit erheblichen Risiken behaftet.

»So ist es«, pflichtete ihm Morgenssen bei. »Ist inzwischen von den Stellwerken bestätigt.«

»Was sagt die Ferndiagnose?«

»Alle Systeme arbeiten einwandfrei.« Diesmal kam die Antwort von Tamineh Khatib aus der Zentrale der RACCOON. »Unsere Experten haben keine Erklärung für die außerplanmäßige Aktivierung des Rings. Für detailliertere Untersuchungen müssen Sie näher ran.«