Peter Pan - James M. Barrie - E-Book

Peter Pan E-Book

James M. Barrie

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Beschreibung

Die Geschichte von Peter Pan, dem fliegenden Jungen, der nie erwachsen wird, ist seit über hundert Jahren ein Klassiker der Literatur. Sie beginnt im Kinderzimmer der Familie Darling, wo Peter seinen Schatten verliert. Eines Abends nimmt er Wendy und ihre beiden Brüder mit auf die fantastische Insel Nimmerland zu den "verlorenen Jungen". Hier leben Meerjungfrauen, Indianer, die Piraten mit ihrem Anführer Hook und das tickende Krokodil, und die Kinder erleben eine Reihe aufregender Abenteuer. Die ungekürzte Ausgabe weicht in Details von den bearbeiteten Fassungen für kleinere Kinder ab. So ist Tinkerbell zum Beispiel keine gute, sondern eine ziemlich boshafte Fee. Das Buch enthält ein Kapitel mit Hintergrundinformationen über James M. Barrie und die fünf Brüder, für die der Schriftsteller die Abenteuergeschichte ursprünglich erfunden hat. Wie Barrie auf die Idee kam, Peter Pan zu einem Bühnenstück zu machen, wird etwas geschönt in dem Film Wenn Träume fliegen lernen mit Johnny Depp und Kate Winslet in den Hauptrollen erzählt. Umfang: 197 Normseiten (49.850 Wörter/295.548 Zeichen)

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Seitenzahl: 230

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James M. Barrie

Peter Pan

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1: Peter taucht auf

Kapitel 2: Der Schatten

Kapitel 3: Kommt mit, kommt mit!

Kapitel 4: Der Flug

Kapitel 5: Die Insel wird Wirklichkeit

Kapitel 6: Das kleine Haus

Kapitel 7: Das Haus unter der Erde

Kapitel 8: Die Lagune der Meerjungfrauen

Kapitel 9: Der Nimmervogel

Kapitel 10: Das glückliche Heim

Kapitel 11: Wendys Geschichte

Kapitel 12: Die Kinder werden entführt

Kapitel 13: Glaubt ihr an Feen?

Kapitel 14: Das Piratenschiff

Kapitel 15: „Hook oder ich“

Kapitel 16: Die Heimkehr

Kapitel 17: Als Wendy erwachsen war

Impressum neobooks

Kapitel 1: Peter taucht auf

Alle Kinder werden groß – nur eines nicht. Sie wissen schon bald, dass sie groß werden, und Wendy erfuhr es auf diese Weise: Eines Tages, als sie zwei Jahre alt war, spielte sie im Garten, pflückte eine Blume und lief damit zu ihrer Mutter. Ich nehme an, sie sah ganz entzückend aus, denn Misses Darling legte die Hand auf ihr Herz und rief: „Oh, warum kannst du nicht für immer so klein bleiben!“ Das war alles, was damals geschah, aber fortan wusste Wendy, dass sie größer werden musste. Alle wissen es, wenn sie erst einmal älter als zwei sind. Zwei Jahre – das ist der Anfang vom Ende.

Sie lebten in Hausnummer 14, und bevor Wendy kam, war ihre Mutter dort die Hauptperson. Sie war eine hübsche Frau mit romantischen Ideen und einem süßen Plappermäulchen. Mit ihren romantischen Ideen war es so wie mit diesen kleinen Schachteln aus dem geheimnisvollen Orient, bei denen eine in der anderen steckt – egal, wie viele man entdeckt, es kommt immer noch eine weitere. Und auf ihrem süßen Plappermäulchen gab es einen Kuss, den Wendy nie bekommen konnte, obwohl er da war, deutlich sichtbar im rechten Mundwinkel.

Mister Darling gewann ihr Herz so: Die vielen Männer, die Jungen gewesen waren, als sie ein Mädchen war, entdeckten alle gleichzeitig, dass sie sie liebten, und sie liefen alle zu ihrem Haus, um ihr einen Heiratsantrag zu machen – alle außer Mister Darling, der eine Droschke nahm und zuerst bei ihr war, und so bekam er sie. Er bekam alles von ihr, außer der innersten Schachtel und dem Kuss. Aber von der Schachtel wusste er nichts und die Sache mit dem Kuss gab er nach einiger Zeit auf. Wendy glaubte, Napoleon hätte ihn vielleicht bekommen, aber ich kann mir vorstellen, wie er es versucht und dann wütend davongeht und die Tür hinter sich zuknallt.

Mister Darling gab vor Wendy gern damit an, dass ihre Mutter ihn nicht nur liebte, sondern auch respektierte. Er war einer dieser ganz schlauen Menschen, die sich mit Aktien und Anteilen auskennen. Natürlich kennt sich niemand wirklich damit aus, aber er schien sich auszukennen, und er sagte oft, die Aktien wären gestiegen und die Anteile gefallen, auf eine Art und Weise, die jede Frau ihn einfach respektieren musste.

Misses Darling heiratete in Weiß, und anfangs führte sie ihre Haushaltsbücher vorbildlich, beinahe vergnügt, als wäre es ein Spiel, und nicht einmal ein Rosenkohl fehlte darin; aber nach und nach kamen ganze Blumenkohlköpfe abhanden, und stattdessen fanden sich dort Zeichnungen von Babys ohne Gesicht. Sie zeichnete sie, wenn sie eigentlich Zahlen hätte addieren sollen. Es waren Misses Darlings Vorahnungen. Wendy kam zuerst, dann John, dann Michael.

Ein oder zwei Wochen lang, nachdem Wendy angekommen war, war es unsicher, ob sie in der Lage sein würden, sie zu behalten, denn sie war ein weiterer Mund, der gefüttert werden musste. Mister Darling war schrecklich stolz auf sie, aber er war sehr seriös, und er saß auf Misses Darlings Bettkante, hielt ihre Hand und berechnete die Kosten, während sie ihn flehentlich ansah. Sie wollte es darauf ankommen lassen, komme was wolle, aber das war nicht seine Art. Seine Art war es, einen Stift und ein Blatt Papier zu nehmen, und wenn sie ihn mit Vorschlägen durcheinander brachte, dann musste er wieder von vorne anfangen.

„Unterbrich mich jetzt nicht“, hatte er sie gebeten.

„Ich habe ein Pfund und siebzehn Schilling an Ausgaben hier und zwei Pfund sechs im Büro. Ich kann auf meinen Kaffee im Büro verzichten, sagen wir für zehn Schillinge, macht zwei Pfund, neun Schilling und sechs Pfennige; mit deinen achtzehn Schillingen und drei Pfennig hier macht das drei Pfund neun sieben. Mit den fünf null null in meinem Scheckbuch macht das acht Pfund neun sieben … acht neun sieben, Strich und übertrage sieben – nicht sprechen, meine Liebe – und das Pfund, das du dem Mann geliehen hast, der zu uns an die Tür kam – still, Kind – Strich und übertrage Kind … so, da hast du es! Sagte ich neun neun sieben? Ja, ich sagte neun neun sieben. Die Frage ist, können wir es für ein Jahr versuchen mit neun Pfund neun sieben?“

„Natürlich können wir das, George“, rief sie. Aber sie war voreingenommen zugunsten von Wendy und er hatte von beiden wirklich die eindrucksvollere Persönlichkeit.

„Denk an Mumps“, warnte er sie beinahe drohend, und schon fing er wieder an. „Mumps ein Pfund, das habe ich hier aufgeschrieben, aber ich glaube, es werden eher dreißig Schilling sein, – nicht sprechen – Masern ein Pfund fünf, Röteln zehn Schillinge, macht zwei Pfund fünfzehn – fuchtel nicht mit dem Finger – Keuchhusten, sagen wir 15 Schilling“ – und so ging es weiter, und jedes Mal kam bei der Addition etwas anderes heraus. Aber schließlich kam Wendy gerade so durch, weil er Mumps auf zwölf Schilling sechs kürzte und Röteln und Masern als eine Krankheit behandelte.

Dieselbe Aufregung gab es bei John, und bei Michael war es noch knapper. Aber sie behielten beide und bald konnte man alle drei in einer Reihe zu Miss Fulsoms Kindergarten gehen sehen, begleitet von ihrem Kindermädchen.

Misses Darling wollte es genau so haben und Mister Darling wollte unbedingt genau so sein wie seine Nachbarn, deshalb hatten sie natürlich ein Kindermädchen. Da sie arm waren, weil die Kinder so viel Milch tranken, war dieses Kindermädchen eine sittsame Neufundländer-Dame, die Nana hieß, und die eigentlich niemandem wirklich gehört hatte, bis die Darlings sie eingestellt hatten. Ihr lagen Kinder allerdings schon immer am Herzen und die Darlings hatten sie in Kensington Gardens kennengelernt, wo sie den größten Teil ihrer freien Zeit damit verbrachte, in Kinderwagen zu spähen. Dafür wurde sie von den unachtsamen Kindermädchen gehasst, denen sie zu ihren Häusern folgte, und die sich bei ihren Herrschaften über sie beschwerten.

Nana erwies sich als echtes Juwel unter den Kindermädchen. Wie gründlich sie beim Baden war und nachts sofort auf den Beinen, wenn einer ihrer Schützlinge nur den kleinsten Mucks von sich gab. Natürlich stand ihre Hundehütte im Kinderzimmer. [Anmerkung: Kindermädchen schliefen früher bei den Kindern im Kinderzimmer.] Sie wusste unfehlbar, wann ein Husten ernst genommen werden musste und wann ein Schal um den Hals ausreichte. Sie glaubte bis ans Ende ihrer Tage an altmodische Hausmittel wie Rhabarberblätter und schnaubte verächtlich über dieses ganze neumodische Gerede über Bakterien und so weiter. Ihr zuzusehen, wie sie die Kinder zur Schule begleitete, war eine Lehrstunde in gutem Benehmen: Sie ging ruhig neben ihnen her, wenn sie sich gut benahmen, und schubste sie zurück in die Reihe, wenn sie sie umher liefen. An Johns Fußballtagen vergaß sie nicht ein einziges Mal seinen Pullover, und meistens trug sie einen Schirm im Maul, falls es regnete.

Es gab im Erdgeschoss von Miss Fulsoms Kindergarten einen Raum, in dem die Kindermädchen warten. Die anderen saßen auf Schulbänken, während Nana auf dem Fußboden lag, aber das war der einzige Unterschied. Sie gaben vor, sie zu ignorieren, weil sie gesellschaftlich unter ihnen stand, und sie verachtete ihr oberflächliches Gerede. Sie nahm Miss Darlings Freundinnen Besuche im Kinderzimmer übel, aber wenn sie kamen, riss sie Michael seine alte Kinderschürze herunter und steckte ihn in die mit der blauen Borte, glättete Wendys Kleidung und strich kurz über das Haar von John.

Keine Kinderstube hätte besser geführt werden können und Mister Darling wusste das, aber er fragte sich manchmal unbehaglich, ob die Nachbarn redeten. Er musste an sein Ansehen in der Stadt denken. Nana beunruhigte ihn auch noch auf andere Weise. Er hatte manchmal das Gefühl, dass sie ihn nicht bewunderte.

„Ich weiß, dass sie dich ungeheuer bewundert, George“, versicherte Misses Darling ihm, und dann gab sie den Kindern ein Zeichen, dass sie besonders nett zu ihrem Vater sein sollten. Es folgten entzückende Tänze, bei denen das einzige andere Dienstmädchen, Liza, manchmal mitmachen durfte. Sie sah aus wie ein Zwerg in ihrem langen Rock und mit der Dienstmädchenhaube, obwohl sie, als sie eingestellt wurde, geschworen hatte, älter als zehn Jahre zu sein. Wie ausgelassen sie umher tobten! Am ausgelassensten von allen war Misses Darling, die sich so wild im Kreis drehte, dass man von ihr nur noch den Kuss sehen konnte, und wer sie da zu fassen bekommen hätte, hätte ihn vielleicht erwischt. Nie war eine einfache Familie glücklicher – bis Peter Pan kam.

Misses Darling erfuhr zum ersten Mal von Peter, als sie die Gedanken ihrer Kinder aufräumte. Es ist die allabendliche Gewohnheit jeder guten Mutter, wenn die Kinder eingeschlafen sind, in ihren Köpfen zu kramen und die Dinge für den nächsten Morgen gerade zu rücken, wobei sie viele Sachen, die im Laufe des Tages verstreut wurden, wieder an ihren richtigen Platz stellt. Wenn du wach bleiben könntest (aber natürlich kannst du das nicht), dann könntest du deiner Mutter dabei zusehen, und es wäre sehr interessant, sie zu beobachten. Es ist ganz so, wie Schubladen aufzuräumen. Du würdest sie auf dem Boden knien sehen, belustigt über einige deiner Ideen gebeugt, wobei sie sich fragt, wo um alles in der Welt du das her hast; sehen, wie sie angenehme und weniger angenehme Entdeckungen macht, dies an ihre Wange drückt, als sei es ein süßes kleines Kätzchen, und jenes hastig außer Sichtweite verstaut. Wenn du am Morgen aufwachst, liegen deine Ungezogenheit und deine schlechten Eigenheiten, mit denen du ins Bett gegangen bist, klein zusammengefaltet auf dem Boden deines Kopfes, und obenauf, gut ausgelüftet, liegen deine schöneren Gedanken, damit dass du gleich hinein schlüpfen kannst.

Ich weiß nicht, ob du jemals eine Karte gesehen hast, die die Gedanken einer Person zeigt. Ärzte zeichnen manchmal Karten von deinen anderen Körperteilen, und deine eigene Karte kann extrem interessant sein. Aber sieh ihnen zu, wenn sie versuchen, eine Karte von den Gedanken eines Kindes zeichnen, die nicht nur verwirrend sind, sondern auch die ganze Zeit in Bewegung. Darauf sind Zickzack-Linien zu sehen wie auf einer Karte mit deiner Fieberkurve; das sind wahrscheinlich die Straßen auf der Insel, denn das Nimmerland ist immer mehr oder weniger eine Insel, mit erstaunlichen Farbtupfern hier und dort, und mit Korallenriffen und einem verwegen aussehenden Schiff vor der Küste, mit Wilden und einsamen Schlupfwinkeln, mit Zwergen, die meistens Schneider sind, mit Höhlen, durch die ein Fluss fließt, und Prinzen mit sechs älteren Brüdern, und einer ziemlich verfallenen Hütte, und einer sehr kleinen alten Frau mit einer Hakennase.

Es wäre eine einfache Karte, wenn das alles wäre, aber da ist auch noch der erste Schultag, Religion, der Vater, der runde Teich, Strickzeug, Morde, Galgen, Verben mit Dativ, Schokoladenpudding, Hosenträger, ungefähr neunundneunzig Schillinge dafür, dass du dir einen wackelnden Milchzahn selbst gezogen hast und so weiter. Und entweder gehören diese Dinge zu der Insel oder sie sind auf einer anderen Karte, und es ist alles ziemlich verwirrend, vor allem weil nichts auf der Stelle stehen bleibt.

Natürlich sehen nicht alle Nimmerländer gleich aus. Das von John hatte zum Beispiel eine Lagune, über die Flamingos flogen, auf die John schoss, während Michael, der noch sehr klein war, einen Flamingo hatte, über den Lagunen flogen. John lebte in einem Boot, das umgedreht am Strand lag, Michael in einem Wigwam und Wendy in einem Haus aus Blättern, die geschickt zusammengenäht waren. John hatte keine Freunde, Michael hatte nachts Freunde, und Wendy hatte einen zahmen Wolf, den seine Eltern verlassen hatten. Aber im Großen und Ganzen hatten alle Nimmerländer eine gewisse familiäre Ähnlichkeit und wenn sie in einer Reihe nebeneinander lägen, dann könntest du sagen, dass sie alle die gleiche Nase haben und so fort. An diesen magischen Küsten lassen spielende Kinder für alle Zeiten ihre kleinen Boote landen. Auch wir waren dort; wir können noch immer das Geräusch der Brandung hören, obwohl wir nicht mehr an Land gehen.

Von allen hübschen Inseln ist Nimmerland die schnuckeligste und kleinste, nicht groß und ausgedehnt, mit mühsamen Entfernungen zwischen zwei Abenteuern, sondern schön vollgestopft. Wenn du am Tag mit den Stühlen und dem Tischtuch auf dieser Insel spielst, ist sie überhaupt nicht furchteinflößend, aber in den zwei Minuten, ehe du einschläfst, wird sie zur Wirklichkeit. Deshalb gibt es Nachtlichter.

Gelegentlich fand Misses Darling bei ihren Reisen durch die Köpfe ihrer Kinder Dinge, die sie nicht verstehen konnte, und das Verwirrendste darunter war das Wort Peter. Sie kannte keinen Peter, und doch war er hier und dort in Johns und Michaels Gedanken, während der Kopf von Wendy allmählich völlig von ihm ausgefüllt wurde. Der Name stand dort in größeren Buchstaben als alle anderen Wörter und als Misses Darling darauf blickte, kam es ihr so vor, als sehe er seltsam dreist aus.

„Ja, er ist ziemlich dreist“, gab Wendy bedauernd zu. Ihre Mutter hatte sie danach gefragt.

„Aber wer ist er, mein Liebling?“

„Er ist Peter Pan, weißt du, Mutter.“

Anfangs wusste Misses Darling nichts, aber als sie an ihre Kindheit zurückdachte, da erinnerte sie sich an einen Peter Pan, der angeblich bei den Elfen lebte. Es gab merkwürdige Geschichten über ihn, zum Beispiel die, dass er, wenn Kinder starben, einen Teil des Weges mit ihnen ging, damit sie sich nicht fürchteten. Sie hatte zu dieser Zeit an ihn geglaubt, aber nun, da sie verheiratet und sehr vernünftig war, bezweifelte sie, dass es eine solche Person überhaupt gab.

„Außerdem“, sagte sie zu Wendy, „wäre er jetzt längst erwachsen.“

„Oh nein, er ist nicht erwachsen“, versicherte ihr Wendy voller Überzeugung, „er hat genau meine Größe.“

Sie meinte, dass er sowohl geistig als auch körperlich ihre Größe hatte; sie wusste nicht, woher sie das wusste, sie wusste es einfach.

Misses Darling zog Mister Darling zu Rate, aber er lächelte verächtlich.

„Denk an meine Worte“, sagte er, „es ist irgendein Unsinn, den Nana ihnen in den Kopf gesetzt hat, genau die Art von Ideen, die ein Hund hat. Kümmere dich nicht darum und es wird vorbei gehen.“

Aber es ging nicht vorbei, und schon bald würde der lästige Junge Misses Darling einen ziemlichen Schreck einjagen.

Kinder erleben die seltsamsten Abenteuer, ohne dadurch beunruhigt zu werden. Zum Beispiel kann es ihnen erst eine Woche später einfallen, zu erwähnen, dass sie im Wald ihrem toten Vater begegnet sind und mit ihm gespielt haben. Auf diese beiläufige Weise machte Wendy eines Morgens eine beunruhigende Mitteilung. Ein paar Blätter von einem Baum waren auf dem Boden des Kinderzimmers gefunden worden, die ganz sicher noch nicht dort waren, als die Kinder zu Bett gegangen waren. Misses Darling wunderte sich über sie, als Wendy mit nachsichtigem Lächeln sagte: „Ich glaube, das war wieder dieser Peter!“

„Was um alles in der Welt meinst du, Wendy?“

„Es ist so ungezogen von ihm, sich nicht die Füße abzuputzen“, sagte Wendy seufzend. Sie war ein sauberes Kind. Sie erklärte ziemlich ruhig und sachlich, sie glaube, dass Peter manchmal nachts ins Kinderzimmer komme und am Fußende ihres Bettes sitze und für sie auf seiner Flöte spiele. Unglücklicherweise wurde sie nie wach, deshalb wusste sie nicht, woher sie das wusste – sie wusste es einfach.

„Was für einen Unsinn du redest, Liebes. Niemand kann in das Haus kommen, ohne anzuklopfen.“

„Ich glaube, er kommt durch das Fenster“, sagte sie.

„Liebling, wir wohnen im dritten Stock.“

„Lagen die Blätter nicht unter dem Fenster, Mutter?“

Das stimmte allerdings; die Blätter waren ganz nahe am Fenster gefunden worden. Misses Darling wusste nicht, was sie denken sollte. Für Wendy schien alles so natürlich zu sein, dass man es nicht einfach abtun konnte, indem man sagte, sie habe nur geträumt.

„Mein Kind“, rief die Mutter, „warum hast du mir davon nicht vorher erzählt?“

„Ich habe es vergessen“, sagte Wendy leichthin. Sie hatte es eilig, zum Frühstück zu kommen.

Oh, ganz sicher hatte sie nur geträumt. Aber andererseits waren da diese Blätter. Misses Darling untersuchte sie sehr sorgfältig; es waren gerippte Blätter, aber sie war sicher, dass sie von keinem Baum stammten, der in England wuchs. Sie kroch über den Fußboden und suchte ihn mit einer Kerze nach fremden Fußspuren ab. Sie stocherte mit dem Schürhaken im Schornstein des Kamins und tastete die Wände ab. Sie ließ vom Fenster ein Maßband bis auf den Gehsteig hinunter; es zeigte eine Höhe von etwa neun Metern an, und es gab nicht einmal ein Abflussrohr, um hochzuklettern. Sicher hatte Wendy geträumt.

Aber Wendy hatte nicht geträumt, wie der nächste Abend bewies – der Abend, an dem die außergewöhnlichen Abenteuer dieser Kinder in gewisser Weise begannen.

An dem Abend, von dem wir sprechen, lagen die Kinder wieder einmal im Bett. Es war zufällig Nanas freier Abend und Misses Darling hatte sie gebadet und ihnen vorgesungen, bis eines nach dem anderen ihre Hand losließ und ins Land der Träume glitt. Alle sahen so behütet und geborgen aus, dass sie über ihre Ängste lächelte und sich ruhig an den Kamin setzte, um zu nähen. Es war etwas für Michael, der zum Geburtstag die ersten Hemden bekommen würde. Das Feuer brannte warm, das Kinderzimmer wurde schwach von drei Nachtlichtern erleuchtet und gerade lag die Näharbeit auf Misses Darlings Schoß. Dann ließ sie langsam den Kopf sinken. Sie war eingeschlafen. Sieh dir diese vier an, Wendy und Michael dort drüben, John hier, und Misses Darling am Kamin. Es hätte noch ein viertes Nachtlicht geben sollen.

Während Misses Darling schlief, hatte sie einen Traum. Sie träumte, dass das Nimmerland zu nahe gekommen war und ein merkwürdiger Junge von dort zu ihnen gelangt war. Er ängstigte sie nicht, weil sie glaubte, sie hätte ihn schon vorher gesehen, in den Gesichtern vieler Frauen, die keine Kinder haben. Vielleicht kann man ihn auch in den Gesichtern einiger Mütter finden. Aber in ihrem Traum hatte er den Schleier zerrissen, der das Nimmerland einhüllt, und sie sah, wie Wendy und John und Michael durch das Loch spähten.

Der Traum an sich wäre belanglos gewesen, doch während sie träumte, flog das Fenster des Kinderzimmers auf, und ein Junge sprang auf den Fußboden. Er wurde von einem seltsamen Licht begleitet, nicht größer als deine Faust, das wie ein lebendiges Wesen durchs Zimmer huschte, und ich nehme an, es war dieses Licht, das Misses Darling weckte. Sie fuhr mit einem Schrei hoch und sah den Jungen und wusste irgendwie sofort, dass er Peter Pan war. Wenn du oder ich oder Wendy dort gewesen wären, hätten wir gesehen, dass er Misses Darlings Kuss sehr ähnlich war. Er war ein hübscher Junge, bekleidet mit gerippten Blättern und dem Harz, das aus Bäumen tropft, aber das Entzückendste an ihm war, dass er noch alle seine Milchzähne hatte. Als er sah, dass sie erwachsen war, knirschte er mit seinen kleinen Zähnchen.

Kapitel 2: Der Schatten

Misses Darling schrie, und gerade so, als habe sie geklingelt, öffnete sich die Tür und Nana kam herein, die gerade von ihrem freien Abend zurückkehrte. Sie knurrte und sprang den Jungen an, der leichtfüßig aus dem Fenster hüpfte. Wieder schrie Misses Darling auf, diesmal vor Sorge, denn sie dachte, er wäre zu Tode gestürzt. Sie rannte hinunter auf die Straße, um nach seinem kleinen Körper zu suchen, aber er war nicht da. Sie sah nach oben, aber in der Dunkelheit der Nacht konnte sie nichts sehen außer etwas, das sie für eine Sternschnuppe hielt.

Sie kehrte ins Kinderzimmer zurück und fand Nana mit etwas im Maul, das sich als der Schatten des Jungen herausstellte. Als er zum Fenster gesprungen war, hatte Nana es schnell geschlossen – zu spät, um ihn zu fangen, aber sein Schatten war zurückgeblieben. Das Fenster war zugeschlagen und hatte ihn abgerissen. Ihr könnt sicher sein, dass Misses Darling den Schatten sorgfältig untersuchte, aber er war von der ganz gewöhnlichen Sorte.

Nana wusste genau, was man am besten mit dem Schatten machte. Sie hängte ihn aus dem Fenster und wollte damit sagen: „Er wird sicher zurückkommen, um ihn zu holen. Am besten lassen wir ihn dort, wo er ihn sich einfach nehmen kann, ohne die Kinder zu stören.“

Aber unglücklicherweise konnte Misses Darling ihn nicht einfach draußen am Fenster hängen lassen. Er sah aus wie ein Wäschestück und würde das ganze Haus verschandeln. Sie dachte daran, ihn Mister Darling zu zeigen, aber er rechnete gerade aus, was die Wintermäntel für John und Michael kosten würden, wobei er sich ein feuchtes Handtuch um den Kopf gewickelt hatte, um einen klaren Kopf zu behalten. Es wäre eine Schande, ihn zu belästigen. Außerdem wusste sie genau, was er sagen würde: „Das kommt davon, wenn man einen Hund als Kindermädchen hat.“

Sie entschied sich dafür, den Schatten zusammenzurollen und sorgfältig in einer Schublade zu verstauen, bis sich eine Gelegenheit bieten würde, mit ihrem Mann darüber zu reden. Die Gelegenheit kam eine Woche später, an jenem unvergesslichen Freitag. Natürlich war es ein Freitag.

„Ich hätte an einem Freitag ganz besonders vorsichtig sein müssen“, pflegte sie hinterher zu ihrem Mann zu sagen, während Nana auf der anderen Seite neben ihr saß und ihre Hand hielt.

„Nein, nein“, sagte Mister Darling immer, „ich bin für alles verantwortlich. Ich, George Darling, war es. Mea culpa, mea culpa.“ Er hatte eine klassische Schulbildung.

So saß sie Abend für Abend zusammen und erinnerten sich an jenen verhängnisvollen Freitag, bis sich jede Einzelheit so gründlich in ihr Gehirn eingeprägt hatte, dass sie auf der anderen Seite wieder zum Vorschein kam, wie das Bild einer schlecht geprägten Münze.

„Wenn ich doch nur nicht diese Einladung zum Abendessen am 27. angenommen hätte“, sagte Misses Darling.

„Wenn ich doch nur meine Medizin nicht in Nanas Napf geschüttet hätte“, sagte Mister Darling.

„Wenn ich doch nur so getan hätte, als schmecke mir die Medizin“, sagten Nanas feuchte Augen.

„Meine Vorliebe für Partys, George.“

„Mein verhängnisvoller Sinn für Humor, Liebes.“

„Meine Empfindlichkeit bei Lappalien, liebe Herrschaften.“

Dann brachen sie nacheinander zusammen, Nana bei dem Gedanken „Es ist wahr, sie hätten keinen Hund als Kindermädchen haben sollen.“ Oft war es Mister Darling, der Nanas Augen mit dem Taschentuch abtupfte.

„Dieser Unhold!“ schrie Mister Darling und Nanas Bellen bildete das Echo, aber Misses Darling schimpfte nie auf Peter; es gab etwas in ihrem rechten Mundwinkel, das sie daran hinderte, Peter mit Schimpfworten zu bedenken. Sie saßen in dem leeren Kinderzimmer und erinnerten sich liebevoll an jede kleine Einzelheit dieses schrecklichen Abends. Er hatte so harmlos begonnen, so wie hundert andere Abende vorher, als Nana das Wasser für Michaels Bad einließ und ihn auf ihrem Rücken zur Wanne trug.

„Ich will nicht ins Bett gehen“, hatte er gerufen wie jemand, der meint, er hätte bei diesem Thema tatsächlich das letzte Wort. „Ich will nicht, ich will nicht. Nana, es ist noch nicht sechs Uhr. Ich werde dich nicht mehr lieb haben, Nana. Ich sage dir, ich will nicht baden, nein, nein!“

Dann war Misses Darling herein gekommen, die ihr weißes Abendkleid trug. Sie hatte sich früh umgezogen, weil Wendy sie so gern in ihrem Abendkleid sah, mit der Kette, die George ihr geschenkt hatte. Sie trug Wendys Armband am Handgelenk; sie hatte gefragt, ob sie es ausborgen dürfe. Wendy liebte es, ihrer Mutter ihr Armband zu leihen.

Sie kam hinzu, als ihre beiden älteren Kinder Misses und Mister Darling bei Wendys Geburt spielten, und John sagte gerade „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, Misses Darling, dass Sie jetzt eine Mutter sind“, in einem Ton, den Mister Darling selbst bei dieser Gelegenheit benutzt haben könnte.

Wendy hatte vor Freude getanzt, ganz so wie es die echte Misses Darling sicher getan hatte. Dann war John geboren worden, mit besonderem Brimborium, weil er ein Junge war, und Michael war aus dem Badezimmer gekommen, weil er auch geboren werden wollte. Aber John sagte unfreundlich, dass sie nicht mehr Kinder haben wollten. Michael hatte fast geweint.

„Niemand will mich“, sagte er, und das konnte die Dame im Abendkleid natürlich nicht ertragen.

„Ich will“, sagte sie, „ich will unbedingt ein drittes Kind.“

„Junge oder Mädchen?“ fragte er, nicht allzu hoffnungsvoll.

„Junge.“

Dann war er in ihre Arme gesprungen. Es war eine so unwichtige Sache, an die sich Mister und Misses Darling und Nana jetzt erinnerten, aber sie war nicht so unwichtig, wenn es Michaels letzter Abend im Kinderzimmer werden sollte. Sie fuhren fort in ihren Erinnerungen.

„Das war, als ich wie ein Wirbelsturm hinein gestürmt bin, nicht wahr?“ sagte Mister Darling, sich selbst verachtend; in der Tat war er wie ein Wirbelsturm gewesen. Vielleicht kann man ihn entschuldigen. Auch er war für die Party umgezogen und es war alles gut gegangen, bis er zu seiner Krawatte kam. Es war wirklich erstaunlich, aber dieser Mann, der sich so gut mit Aktien und Anteilen auskannte, wurde nicht mit seiner Krawatte fertig. Manchmal gehorchte ihm das Ding ohne Widerstand, aber es gab Situationen, in denen es besser gewesen wäre, wenn er seinen Stolz hinunter geschluckt und eine fertig gebundene Krawatte benutzt hätte. Dies war eine solche Situation. Er stürmte ins Kinderzimmer mit einem zerknitterten kleinen Mistding von Krawatte in der Hand.

„Was ist los, lieber Vater?“

„Was los ist?“ schrie er; er schrie wirklich. „Dieser Binder, er lässt sich nicht binden.“ Er wurde gefährlich sarkastisch. „Nicht um meinen Hals! Nur um den Bettpfosten! Oh ja, zwanzig Mal habe ich ihn um den Bettpfosten gebunden, aber um meinen Hals – nein! Um keinen Preis! Er lässt sich entschuldigen!“

Er dachte, Misses Darling wäre nicht ausreichend beeindruckt, und fuhr deshalb eindringlich fort: „Ich warne dich, Mutter, bevor nicht diese Krawatte um meinen Hals gebunden ist, gehen wir heute Abend nicht aus, und wenn ich heute Abend nicht ausgehe, werde ich nie wieder ins Büro gehen, und wenn ich nicht wieder ins Büro gehe, werden du und ich hungern, und unsere Kinder werden auf der Straße landen.“

Misses Darling blieb gelassen. „Lass es mich versuchen, Lieber“, sagte sie, und in der Tat war es das, worum er sie hatte bitten wollen. Mit ihren hübschen kühlen Händen band sie die Krawatte für ihn, während die Kinder um sie herum standen, um zuzusehen, wie ihr Schicksal entschieden wurde. Manche Männer hätten es ihr übel genommen, dass es ihr so leicht fiel, das Problem zu lösen, aber Mister Darling hatte einen zu noblen Charakter für so etwas. Er dankte ihr beiläufig, vergaß schlagartig seine Wut, und tanzte im nächsten Augenblick mit Michael auf dem Rücken durch das Zimmer.

„Wie wild wir herum getobt haben!“ sagte Misses Darling jetzt, als sie sich erinnerte.

„Unsere letzte Balgerei!“ stöhnte Mister Darling.

„Oh George, erinnerst du dich, dass Michael plötzlich zu mir gesagt hat: 'Wie hast du mich kennengelernt, Mutter?'“

„Ich erinnere mich!“

„Sie waren wirklich süß, meinst du nicht auch, George?“

„Und es waren unsere, unsere! Und jetzt sind sie weg.“

Das Toben war durch das Erscheinen von Nana beendet worden, und unglücklicherweise stieß Mister Darling mit ihr zusammen, so dass seine Hose voller Haare war. Es war nicht nur eine neue Hose, es war auch seine allererste mit Verzierungen, und er musste sich auf die Lippen beißen, damit ihm nicht die Tränen kamen. Natürlich bürstete Misses Darling sie ab, aber er fing wieder davon an, dass es ein Fehler sei, einen Hund als Kindermädchen zu haben.

„George, Nana ist ein Goldstück.“

„Zweifellos, aber ich habe manchmal das unangenehme Gefühl, dass sie die Kinder als Hundebabys ansieht.“

„Oh nein, mein Lieber, ich bin ganz sicher, sie weiß, dass sie Seelen haben.“