Peter Ritter übernimmt - Ralph Peter - E-Book

Peter Ritter übernimmt E-Book

Ralph Peter

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Beschreibung

Die Anzahl der gelieferten Platinen stimmt schon wieder nicht. In der Niederlassung der MemOX in Nordrhein-Westfalen tanzen die Verkäufer auf dem Tisch. Der Dienstleistungsvertrag der LOS GmbH mit einem wichtigen Kunden wird gekündigt. Für all diese Situationen gibt es nur eine Lösung: Peter Ritter muss ran! Er führt Gespräche, versteht die Beteiligten, kombiniert geschickt und realisiert Lösungen. Doch wird er es schaffen? Diese Frage stellt sich in jeder der kurzweiligen Geschichten aufs Neue! In seinen Erzählungen nimmt Ralph Peter seine Leserinnen und Leser mit in den Alltag der Geschäftswelt im oberen Management. Durch die Verflechtung von Ehrgeiz, kriminellen Machenschaften oder auch dem Einfluss des Privatlebens auf die verschiedenen Charaktere wird jede Geschichte zu einem spannenden Abenteuer.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 234

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2024 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-7116-0151-3

ISBN e-book: 978-3-7116-0152-0

Lektorat: Kristina V. Heilinger

Umschlagfoto: Rangizzz | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Widmung

Für Petra.

Über den Inhalt

Geschickt kombiniert der Autor in seinen Kurzgeschichten betriebswirtschaftliche Sachverhalte und Managementthemen aus persönlicher Erfahrung und webt so einen spannenden Handlungsstrang.

Peter Ritter behält ergebnisorientiert den Überblick. Zwischen den Handlungen aus der heutigen Zeit liegen Rückblenden zu den Anfängen und weiteren Stationen des Protagonisten. Lassen Sie sich mitnehmen in die kurzweilige Welt von Peter Ritter.

Personen und Handlungen in den jeweiligen Kurzgeschichten sind fiktiv. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

Prolog

Nach über vierzig Berufsjahren, zumeist in Management-, Vorstands- oder Geschäftsführerpositionen, schreibe ich diese Geschichten, um Achtsamkeit zu beflügeln und den Respekt vor den Mitarbeitenden zu wahren. Außerdem möchte ich die Funktion des Managers als kreativem Visionär und Organisationsentwickler, nicht nur als funktionalem Controller, untermauern.

Transition

Story

Ritter übernimmt den Auftrag zur Rettung einer Firma für Dr. Stuhlstadt.

Trotz vertrieblicher Erfolge schwindet die Ertragskraft. Kahl gelingt es, Ritter hierfür in die Schusslinie zu bringen. Über intensive Recherchearbeit kann Ritter ein Betrugsmuster aufdecken, bei dem Kahl und seine Mätresse Carmen die Hände im Spiel haben.

Personen

Peter Ritter – WirtschaftssöldnerDr. Stuhlstadt – Anwalt, GesellschafterDr. Blondage – CEO des KonzernsKarl Kahl – GeschäftsführerSandro Wagner – SeniortechnikerMaria Feuerstein – VertriebsassistentinCarmen Lacroix – Assistentin von KahlSiegfried Bayer – VertriebsmanagerJames – Leiter Einkauf DeutschlandAlfonso Lomghi – Chef der Autowerkstatt AutogarantMr. Xu – Chefeinkäufer internationalMr. Zhang – Managed Services EuropaMartin Grauheck – Vertrauter von Dr. StuhlstadtLuise Ritter – Peter Ritters Frau

Kapitel 1

Ritter schaute auf sein Handy. Es war Dr. Stuhlstadt, hochintelligent und genauso unberechenbar. „Lieber Herr Ritter“, schmeichelte er, „Sie müssen wissen, ich bin nicht nur ein nicht wenig erfolgreicher Anwalt, sondern auch Eigentümer einer Unternehmensgruppe mit mehreren tausend Mitarbeitern. Wann können Sie bei mir in der Kanzlei sein? Ich denke hier nicht an zwei bis drei Wochen. Ist klar, oder?“

Ritter sah sich als Wirtschaftssöldner – ein Übernehmer riskanter Fälle mit hohem Earn-out, wenn sie gelangen. Stuhlstadt hatte ihn im Rahmen eines Mandats kennengelernt, das Ritter ihm beschafft hatte. Nun brauchte er ihn.

Ritter traf Dr. Stuhlstadt am, auf das Telefonat folgenden Donnerstag, um 17.30 Uhr in seiner Kanzlei. „Sie werden getrennt von Ihrer Familie sein. Diese Einheit geht den Bach runter, wenn wir nicht gegensteuern. Ich brauche eine Transition. Die arbeiten für Chinesen. Was die genau machen, weiß ich nicht. Am Montag brauche ich ein Konzept“, fuhr Stuhlstadt in seiner unnachahmlichen Art fort. Samstag und Sonntag waren für ihn achtundvierzig Stunden verfügbare Arbeitszeit. „Ich lasse Ihnen Zahlen schicken. Treffen Sie sich mit Dr. Blondage.“ Dr. Blondage war CEO des Unternehmens, das Stuhlstadt erworben hatte. Stuhlstadt rief Blondage an und erteilte entsprechende Anweisungen.

Wie das Leben so spielt, kannte Ritter Blondage. Er war Produktmanager in jener Firma, in der Ritter seine berufliche Laufbahn begann. Das lag mittlerweile über dreißig Jahre zurück. Sie verstanden sich auf Anhieb.

„Hören Sie, Ritter. Diese Tochtergesellschaft ist ein wesentliches Asset des Konzerns, wir haben mit Kahl einen guten Controller als Geschäftsführer drin. Was fehlt, ist ein Vertriebsmann wie Sie. Ich möchte, dass Sie gemeinsam mit Kahl die Gesellschaft wieder zu einem ertragsstarken Teil des Konzerns entwickeln. Mit Stuhlstadt ist abgesprochen, dass wir Sie ebenfalls zum Geschäftsführer ernennen. Sie schaffen das, ich habe ein gutes Gefühl“, sagte Blondage väterlich.

In den nächsten Tagen tauschten Sie die Papiere aus. Für Ritter war es wichtig, eine attraktive Erfolgskomponente zu verhandeln. Diese wurde ihm zugestanden.

Ritters Vorstellung fand in einem Saal oberhalb eines Lagers der ICS statt. ICS stand für Intelligent Communication Services. Er betrat das Gebäude und wurde von einem jung gebliebenen Senior begrüßt: „Sandro Wagner mein Name, herzlich willkommen, Herr Ritter. Darf ich Sie in den Raum führen? Ihr Bild kenne ich von Xing.“ Sie betraten den schon gut gefüllten Veranstaltungsort, als eine laute Stimme rief: „Herr Wagner, wollen Sie mich nicht vorstellen?“ Wagner machte kehrt und führte Ritter zu Kahl: „Herr Kahl, unser Geschäftsführer.“ – „Peter Ritter, schön, Sie kennen zu lernen, hab schon viel von Ihnen gehört“, stellte sich Ritter vor. Keine Antwort, nur ein merkwürdiges Grinsen. „Kommunikations-Embryo“, dachte sich Ritter und ging weiter in die Richtung, in der er Stuhlstadt und Blondage entdeckt hatte.

„Liebe Kolleginnen und Kollegen“, legte Dr. Stuhlstadt los, „Sie kennen mich als neuen Eigentümer des Konzerns noch nicht, daher ist es mir eine besondere Freude, heute hier zu sein. Wir wollen gemeinsam mit guten Erträgen wachsen und dazu soll auch die ICS einen deutlich spürbaren Beitrag leisten. Dr. Blondage und Herr Ritter werden Ihnen die Strategie hierzu erläutern.“

Blondage war ein guter Redner, wenn auch für das hier anwesende Publikum nur begrenzt nutzbar. „Die strategische Großwetterlage“, hob er an, „ist geprägt von einer ungeheuren Dynamik. Neue Megatrends wie die Digitalisierung oder die Globalisierung fordern alternative Herangehensweisen und eine Umorientierung. Herr Ritter, der sich Ihnen gleich vorstellen wird, soll die ICS gemeinsam mit Herrn Kahl und natürlich Ihnen in die Zukunft führen. Vielen Dank.“ Keiner hatte ein Wort von dem begriffen, was Blondage sagte und insbesondere, was das nun mit jedem Einzelnen zu tun hatte.

Ritter betrat das Rednerpult: „Sehr geehrter Herr Dr. Stuhlstadt, sehr geehrter Herr Dr. Blondage, lieber Herr Kollege Kahl, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ICS. Mein Name ist Peter Ritter, ich bin 45 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder und freue mich außerordentlich, Sie heute hier zu begrüßen. Die Aufgabe als Geschäftsführer der ICS habe ich sehr gerne angenommen und ich verspreche Ihnen, jeden auf die interessante und sicher erfolgreiche Reise, die vor uns liegt, mitzunehmen. Wir werden uns um neue Kunden und Geschäftsfelder kümmern, um die Ertragskraft des Unternehmens deutlich zu stärken, entsprechend der Erwartungshaltung des Gesellschafters, Herrn Dr. Stuhlstadt. Vielen Dank und auf gute Zusammenarbeit.“

Anschließend gab es Schnittchen und kleine Gesprächsrunden. „Maria Feuerstein mein Name, ich bin Vertriebsassistentin und soll Ihnen in der Zentrale Ihr Büro zeigen. Ich würde dann warten, bis Sie hier fertig sind.“ – „Wer hat Ihnen den Auftrag gegeben?“, fragte Ritter. „Herr Kahl hat mir das aufgetragen.“ Kahl war schon verschwunden. Ritter führte noch ein paar Gespräche, verabschiedete sich von Stuhlstadt sowie Blondage und folgte Maria Feuerstein.

Kapitel 2

Ritter verließ das Appartement gegen 6:30 Uhr und steuerte sein ca. 5 Kilometer entfernt gelegenes Ziel an. Er suchte sich einen Platz, von dem er den Eingang des Gebäudes gut überblicken konnte, ohne selbst von Gästen, die das Hotel verließen, erblickt zu werden. Er wartete etwa eine halbe Stunde, dann sah er, was er vermutet hatte: Kahl und Carmen Lacroix kamen gemeinsam durch die Türen.

Er fuhr ins Büro – beide waren vor ihm da.

Seit gut einer Woche versuchte er, sich einen Überblick zu verschaffen. Die Kundenstruktur war bedingt durch das spezielle Know-how der Firma -Aufbau von Weitverkehrs-Kommunikationsinfrastrukturen-überschaubar: Große Telekommunikationsunternehmen und Hersteller entsprechender Technik, die Servicepartner benötigten. Der Rahmenvertrag mit einem der größten Hersteller weltweit lief aus. Darüber hinaus war das Portfolio stark montagelastig – dominiert von Roll-outs und Inbetriebnahmen, es fehlten höherwertige Dienstleistungen sowie signifikante Umsätze aus sogenannten Managed Services, die über mehrere Jahre wiederkehrende Erträge sichern können.

Kahl stürmte ohne Vorwarnung in sein Büro: „Die Deckungsbeiträge aus den Projekten liegen unter 20 %. Wenn Ihr Vertrieb nicht langsam Gas gibt, können wir hier dichtmachen. Meine Assistentin kann Ihnen die Zahlen geben, wenn Sie sich für so etwas interessieren.“ Dann schwirrte er wieder hinaus.

Ritters Verhältnis zu Kahl war eisig. Sie hatten sich auf eine wöchentliche Managementbesprechung mit den funktionalen Führungskräften geeinigt. Die Technik lamentierte pro Projekt, wie schwierig es sei, mit den vom Vertrieb verhandelten Preisen einen vernünftigen Rohertrag zu erwirtschaften. Der Vertrieb konterte, dass marktüblich verkauft würde, sogar teilweise besser – und die Konkurrenz konnte mit den Preisen sehr gut leben.

Stutzig wurde Ritter, als Kahl den Controller, der ihm zugeordnet war, entließ und die Aufgaben seiner Assistentin übertrug. Er begründete diese Maßnahme mit einer Reduzierung des Overheads, da die Projektmargen keinen eigenen Controller zuließen. In der Konzernzentrale kam diese Maßnahme außerordentlich gut an.

Carmen Lacroix klopfte und fragte, ob er ein paar Minuten Zeit hätte. Sie war eine äußerst attraktive Erscheinung und erinnerte ihn an die junge Brigitte Bardot, aber mit Brille, was der ganzen Erscheinung einen Business-Touch verlieh. „Klar, kommen Sie rein.“ Sie setzte sich auf den Besucherstuhl neben seinem Schreibtisch, wobei sich ihr Rock bis zum Strumpfansatz hochschob.

„Ich habe hier die Reports des Projektcontrollings für den letzten Monat – darf ich Sie Ihnen erläutern?“

Kapitel 3

„We need about 10 % off“, Ritter und sein Vertriebsmanager Siegfried Bayer saßen dem Einkäufer der Chinesen gegenüber. James nannte er sich. Die Chinesen geben sich im Ausland verständliche Aliasnamen. James verantwortete ein Budget von mehreren Hundert Millionen Dollar an Einkaufsvolumen. „James“, sagte Ritter in fließendem Englisch, „lass uns die gesamte Wertschöpfungskette betrachten!“ – „Sure“, erwiderte James, „Total Cost of Ownership“. Ritter hatte das Schlachtfeld erweitert und freute sich auf die weiteren Verhandlungen, denn das war sein Metier.

Ritters Analysen hatten ergeben, dass die Chinesen zwar im Aufbaubereich, das hieß, im Bereich der Montage Services bei ICS einkauften – und dies mit immer größerem Preisdruck –, jedoch keine Managed-Services-Leistungen beauftragten, die für ICS deutlich bessere Margen abwarfen. Darüber hinaus war die Abwicklung der Roll-out-Projekte im Aufbau hinsichtlich der Systemunterstützung unterentwickelt: Dokumentationen wurden mühevoll am Wochenende durch den Techniker anhand seiner handschriftlichen Aufzeichnungen angefertigt; die verbaute Technik war nicht sauber bestandsgeführt; mehrfache Anfahrten waren erforderlich, da die Voraussetzungen für die Inbetriebnahmen durch die Technik des Vorlieferanten nicht gegeben waren und vieles mehr.

Bayer trug vor, was derzeit Komponenten des Rahmenvertrags waren, und Ritter ergänzte, wie dieser erweitert werden sollte, um beidseitig zukünftige Vorteile aus der Zusammenarbeit zu ziehen.

James und Ritter verstanden sich, es wurde jedoch relativ schnell klar, dass der internationale Einkauf eingeschaltet werden musste, da sowohl das Volumen als auch die Inhalte der von Ritter ins Spiel gebrachten Erweiterung seine Entscheidungskompetenz überschritten.

Ritter erhielt eine Einladung ins Hauptquartier zur internationalen Partnerkonferenz, die in zwei Monaten in Shenzhen stattfinden sollte. Hier gäbe es die Gelegenheit, mit dem internationalen Einkauf und den für Managed Services verantwortlichen Entscheidern direkt ins Gespräch zu kommen.

Inzwischen konnten auf lokaler Ebene die Vorbereitungen beginnen, was Bayer in die Hand nahm. Ritter schwebte vor, dass zusätzlich zum geplanten Aufbaugeschäft, in dem er Zugeständnisse machen wollte, das in anderen Ländern bereits sehr erfolgreich eingesetzte Service-Delivery-Programm für einen Zeitraum von zwölf Monaten exklusiv durch die ICS genutzt werden konnte. Darüber hinaus wollte er einen Managed-Services-Vertrag übernehmen, den die Chinesen selbst nur sehr unzureichend erfüllen konnten.

Kapitel 4

Carmen legte ihre rechte Hand auf seinen Schritt. Ihr Kopf lag auf ihrer linken Hand, der Ellenbogen direkt neben seinem Kopf und ihre vollen Brüste wogten in der Höhe seiner Schultern. Sie genoss die Macht über ihn. So dozierte sie: „Er hat es gekauft. Meine Berichte passen. Er ist zufrieden. Die Übernahme des Projektcontrollings durch mich war ein wichtiger Schritt. Die Chinesen werden ihm Preiszugeständnisse abverlangen, damit kicken wir ihn endgültig wieder raus. Lass mich nur machen.“ Karl nickte wohlwollend und versuchte, die Augen zu schließen. Das ließ sie nicht zu. Er musste noch einmal alles geben.

Am nächsten Morgen machten sie sich auf den Weg in ein ca. 50 Kilometer südlich gelegenes Industriegebiet und besuchten eine Vertragswerkstatt der ICS, die Autogarant, wo seit mehreren Jahren die Fahrzeuge der ICS insbesondere nach dem Ende der Leasinglaufzeit repariert wurden.

Alfonso Lomghi, der Chef der Autowerkstatt, kam. Er bekam immer eine leichte Erregung, sobald er Carmen Lacroix nur sah. Sie besuchte ihn gelegentlich, wenn Karl bei seiner Familie war. „Guten Morgen ihr beiden, was kann ich für euch tun?“, begrüßte er sie. „Alfonso“, begann Carmen, „wir planen einen Kurztrip an den Gardasee – hättest du nicht ein schnuckeliges Cabrio für uns?“ Lomghi, der nebenher eine kleine Autovermietung betrieb, schaute nach. „Ein BMW 420 Cabrio hätte ich da – ist das ok?“ – „Super“, bestätigte Kahl einmal mehr grinsend. „Lasse ich euch für zwei Wochen fertig machen, könnt ihr gleich mitnehmen“, bestätigte Lomghi. „Diese Woche sollen zehn Fahrzeuge von euch reinkommen, passt das“, fragte er. „Passt“, bestätigte Kahl knapp.

Das Cabrio wurde vorgefahren, Carmen übernahm es. Sie verabschiedeten sich von Lomghi und düsten los.

Er schaute sich noch einmal den Report der aktuellen Ergebnisse mit der ICS an. Das bisherige Geschäftsjahr hatte ihm mehrere Hunderttausend Euro an Umsatz und über fünfzigtausend an persönlichem Zusatzverdienst gebracht. Es lief gut mit der ICS.

Als im Konzern der ICS das Workflowsystem eingeführt wurde, hatten sie ihre Methode der Abzweigung von Geldern aus der Reparatur von Leasingfahrzeugen der ICS verfeinert. Es funktionierte folgendermaßen: Lomghi verdoppelte schlicht die jeweiligen Reparaturaufwendungen und schickte die Rechnungen direkt an die Zentrale. Diese scannte die Rechnung in das Workflowsystem, eine Prüfung fand nicht statt. Die Zentrale unterstellte, dass die Tochtergesellschaft das erledigte. Der Einkauf der ICS wollte ebenfalls nicht beurteilen, ob beispielsweise der Ersatz einer Autotür inklusive Montage und Lackierung 1000 oder 2000 Euro kostete, und ging davon aus, dass die Geschäftsleitung das im Falle eines Fehlers schon bemerken würde. Der Einkauf schickte die Rechnung im Workflowsystem an Kahl, dem zuständigen Geschäftsführer und der gab diese zur Zahlung frei. Es funktionierte perfekt.

Sie hatten sich darauf geeinigt, dass Lomghi 30 % der zusätzlichen Erträge behalten dürfe, 70 % gingen indirekt an Carmen und Kahl. Über diesen Anteil bekam Autogarant Rechnungen einer Marketingagentur, die dem Bruder von Carmen Lacroix gehörte.

Kapitel 5

Ritter und Bayer hatten eine Reise von ziemlich genau 24 Stunden hinter sich, als sie das Interconti in Shenzhen betraten. Sie hatten einen Flug über Dubai nach Hongkong gebucht. Von Hongkong aus ging es per Shuttle nach Shenzhen. Als ein Grenzpolizist bei der Einreise nach China unvorhergesehen eine Art Waffe an ihren Kopf hielt, war Ritter kurz erschrocken – dies diente aber nur zur Messung der Körpertemperatur.

Das Hotel war äußerst modern – am Rande der Lobby, gegenüber dem Eingang, stand ein roter Flügel im Colani-Design. Ein Pianist unterhielt regelmäßig Gäste in der Lounge-Bar daneben.

Die beiden checkten ein und verabredeten sich zum gemeinsamen Frühstück am nächsten Morgen, bevor die Konferenz beginnen sollte.

Ritter hatte sich von Sandro Wagner, einem sehr erfahrenen Techniker, mit dem er sich, seitdem er ihn an seinem ersten Tag so freundlich begrüßt hatte, des Öfteren getroffen hatte, eine Analyse über Mängel in den Prozessen der Roll-outs anfertigen lassen. Die relevanten Kosten bezifferte er auf durchschnittlich 4 % des Aufwands an einzusetzenden Stunden je Projekt. Mit einem integrierten System wie dem Service-Delivery-Programm könnte die ICS diese kompensieren und darüber hinaus weitere Produktivitätsverbesserungen erzielen.

Über seine China-Mission hatte er sich ausführlich mit Dr. Blondage abgestimmt, der ihn umfänglich unterstützte. Blondage teilte ihm auch mit, dass Kahl die Kosten für diese Reise im Hintergrund als unangemessen an Stuhlstadt kommuniziert hatte. Kahl hatte sich die Flug- und Hotelkosten von Maria Feuerstein geben lassen, die die Buchungen erledigt hatte. Stuhlstadt teilte er mit, dass die Chinesen ohnehin Preisdrücker und damit Margenfresser seien und mit dieser Reise einem schlechten Geschäft gutes Geld hinterhergeworfen würde. Das sei aus seiner Sicht absolut überflüssig. Stuhlstadt entgegnete, dass dies die Angelegenheit von Dr. Blondage sei, der der China-Mission von Ritter zugestimmt hatte. Im Übrigen sei die Kontaktpflege in höhere Entscheidungsebenen hinein eine Maßnahme, die er vollkommen unterstütze.

James empfing die beiden nach dem gemeinsamen Frühstück im Eingangsbereich zur Konferenz und stellte ihnen den Chef des Einkaufs, Mr. Xu, vor. Dieser bedankte sich, dass Ritter und Bayer die Reise nach Shenzhen auf sich genommen hatten, um an dieser sehr wichtigen Konferenz teilzunehmen, und lud zum gemeinsamen Foto ein. Ritter wiederum bedankte sich für die Einladung und betonte den Wunsch nach einer Ausweitung des Geschäfts in weitere Bereiche.

Die offiziellen Redner machten die Stärke und den Anspruch des chinesischen Konzerns deutlich, die globale Technologieführerschaft weiter auszubauen – insbesondere in der Telekommunikation sowie im Endkunden-Bereich mit Smartphones, Tablets und Routern. Im Markt der Firmenkunden konzentriere man sich auf Rechenzentren und verzeichne insbesondere in der Finanzwirtschaft überdurchschnittliche Wachstumsraten. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung sei man Marktführer im Feld der Sicherheit sowie hinsichtlich Safer Cities als Teil des Smart-City-Konzepts. Smart City bezeichnet die intelligente Vernetzung aller Steuerungsaufgaben zur Beherrschung der kommunalen Infrastruktur. Safer City ermöglicht über die Mustererkennung und Echtzeitkommunikation über alle Medien und unter Einbindung aller relevanter Institutionen (etwa Polizei, Feuerwehr, Krankenhäuser und Leitstände) ein umfassendes Sicherheitsmanagement. In China kommt das zum Einsatz, in Europa sei die Durchdringung noch nicht fortgeschritten – wie der Referent betonte.

Ritter überlegte vor dem Hintergrund der Datensicherheit einerseits und der zunehmenden Bedrohung durch Terror andererseits, ob das nun gut oder schlecht sei, wurde aber aus seinen Gedanken gerissen, als James ihn ansprach.

„Mr. Ritter, darf ich Ihnen Mr. Zhang vorstellen, er ist verantwortlich für die Entscheidungen über Managed-Services-Partner in Europa“.

Ritter und Bayer folgten Zhang und James in die Lobby und bestellten Wasser. „Wir kennen die ICS als Service-Partner für Installationen in Deutschland, James teilte mir mit, dass Sie auch Managed-Services-Kapazitäten haben – das ist mir neu, erzählen Sie, was machen Sie in diesem Bereich?“

Ritter musste genau überlegen, was er sagen sollte. Der Managed-Services-Bereich der ICS war noch klein und die ICS arbeitete als Sub für ein anderes Systemhaus.

„Mr. Zhang, wir sind in diesem Bereich spezialisiert auf die Anschaltung von Geschäftskunden für einen der größten Carrier in Deutschland.“

Ritter wusste, dass die Chinesen sich bemühten, diese Dienstleistung für einen anderen Carrier zu erbringen und ein Outsourcing dieser Dienstleistung in Erwägung zogen.

„Wir bauen speziell für Sie ein solches Team auf, wenn Sie es möchten.“, setzte Ritter nach. Zhang fühlte sich ein wenig überrumpelt. Dennoch wirkte er interessiert und fragte: „Wie lange würden Sie dafür benötigen?“

„Wenn Sie uns beauftragen, steht das Team innerhalb von acht Wochen.“ Ritter lehnte sich weit aus dem Fenster. Dennoch war er überzeugt, das zu schaffen, wenn die Chinesen anbeißen würden. Zhang lächelte und verabschiedete sich: „Klingt gut – und Mr. James wird Weiteres mit Ihnen besprechen.“

„Können wir uns das mal anschauen, bei Ihnen?“ James kehrte von einem kleinen Debriefing mit Zhang zurück in die Lobby, wo Ritter und Bayer sich noch besprachen. Von einer Preisreduktion im Montagebereich war keine Rede mehr. Wenn die ICS für die Chinesen den Managed Service für einen der größten deutschen Carrier in guter Qualität erledigen konnte, war für die Chinesen deutlich mehr zu gewinnen.

„Selbstverständlich, lassen Sie uns in den nächsten Tagen einen Termin hierzu abstimmen.“

Ritters Handy vibrierte, es war Dr. Stuhlstadt: „Lieber Herr Ritter, wann darf ich Sie denn wieder in Deutschland begrüßen?“

„In zwei Tagen“, entgegnete Ritter.

„Und was machen Sie dort eigentlich? Soweit ich weiß, kosten uns die Chinesen doch eher Ergebnis, als dass sie uns welches bringen.“ Ritter wollte antworten, aber Stuhlstadt fuhr fort: „Ist ja jetzt auch egal, das erklären Sie mir, wenn Sie wieder hier sind. Bitte bereiten Sie sich doch schon mal auf das Jahrestreffen der Gruppe vor, das in vier Wochen stattfindet. Die Wertschöpfung hat sich nicht wirklich verbessert. Sie tragen die traurige Entwicklung vor. Kahl hat mir die Zahlen des letzten Monats gestern übermittelt. Von Ihnen brauche ich vier Bullet Points, aus denen glaubhaft hervorgeht, wie Sie die Situation verbessern wollen. Guten Flug.“ Er legte auf.

Ritter traf anlässlich des Abendessens noch den verantwortlichen Service Manager der Chinesen für die Einführung des Service-Delivery-Programms zur Verbesserung der Abläufe von Roll-outs und erzielte eine Übereinkunft, dass die ICS in Europa Pilotkunde würde.

Um die Einführung des Systems zu erleichtern, würde ein dediziertes Team gebildet. Die Chinesen wären darüber hinaus bereit, die Techniker der ICS in einem Training vor Ort zu zertifizieren und Smartphones sowie Tablets bereitzustellen, zur Erfassung der Technik, zur Dokumentation und zur Übermittlung in das zentrale Steuerungssystem direkt vom Standort aus.

Kapitel 6

Bayer berichtete anlässlich des nächsten Managementmeetings der ICS von den Ergebnissen der Chinareise.

Die Möglichkeit der Pilotierung des SDP-Systems wurde als deutliche Verbesserung der Prozesse bewertet und Ritter erntete hierfür das erste Mal Lob von aus dem Managementkreis.

Kahl grinste nicht, sondern fragte den zuständigen Service Manager, warum nicht er auf diese Idee gekommen sei. Wenn dieses System so hilfreich sei, unsere Wertschöpfung in der Technik zu verbessern, dann wäre er ja für die schwache Marge verantwortlich, da er versäumt habe, sich darum zu bemühen.

Für die Managed-Services-Optionen wurde eine Taskforce bestehend aus Bayer und Teamleitern jeweils aus Technik und Produktion zur Umsetzung gebildet.

Kurz nach der Sitzung rief ihn Dr. Blondage an: „Kahl hat mir mitgeteilt, dass der Service Manager entlassen werden sollte. Wie sehen Sie das?“

Grundsätzlich hatte Kahl Recht. Der Service befand sich, was die Prozesse betraf, in einem altbackenen Zustand. Frischer Wind würde hier guttun. Außerdem wollte er diese Front nicht mit Kahl.

„Ich sehe das genauso“, antwortete Ritter, „Hier ist zu lange nichts bewegt worden.“

Kurz danach rief Dr. Stuhlstadt an. „Lieber Herr Ritter, sind Sie wieder im Lande? Ihre Punkte für das Jahrestreffen hatten Sie mir geschickt. Das sind doch Worthülsen: Ausbau der Managed Services, Pilotierung des Service-Delivery-Programms und dann als mögliches neues Geschäftsfeld Data Center – laut Herrn Kahl hat die ICS dort nichts. Ich kann mir unter all dem nichts vorstellen – und die Zuhörer aus der Gruppe sicher auch nicht. Wir ändern das: Der Vertrieb verkauft ab jetzt zu besseren Preisen. Das reicht als Botschaft.“

Er rief Luise an. Durch die Chinareise war er nahezu drei Wochen nicht zu Hause gewesen. Er vermisste sie und sie ihn ebenfalls. „Sag mal, wo wollen wir heute Abend zusammen hin? Ans Wasser am Westhafen?“, fragte er. „Ich würde mich riesig freuen, mein Schatz, wann kannst du hier sein?“

„Ich bin in vier Stunden bei dir und freue mich auf uns und auf ein wunderbares Wochenende.“

Während der Fahrt durchdachte er die Situation und kam zu dem Schluss, dass etwas Grundlegendes nicht stimmte. Kahl war ein Intrigant – warum eigentlich? Die Wertschöpfung aus den Projekten fiel in den Monatsberichten nie aus, wie ursprünglich kalkuliert, sondern immer schlechter. Dr. Blondage hielt zu ihm, erwies sich aber als zu schwach und im Zweifel Opportunist. Und Stuhlstadt schien einfach gestrickt: Wenn es gut lief, waren alle seine besten Freunde, ansonsten waren die Feinde schnell ausgemacht – und im Augenblick war er, Ritter, in der Schusslinie.

Das musste sich ändern.

Kapitel 7

Das Jahrestreffen war eine Tortur für Ritter. Er erläuterte, wie von Dr. Stuhlstadt gefordert, dass der Vertrieb nun zu besseren Preisen verkaufen würde, ergänzte aber, dass dies natürlich höherwertigere Dienstleistungen und optimierte Prozesse erfordere. Er sah schon, wie Stuhlstadt nervös wurde und endete damit, dass er sich darauf freue, beim nächsten Treffen über die ersten positiven Ergebnisse der gemeinsamen Anstrengungen berichten zu dürfen.

Nach dem offiziellen Teil, wobei Dr. Stuhlstadt und Dr. Blondage auch ihre Wachstumsstrategie durch Wertschöpfung erläutert hatten, war ein Unterhaltungsteil mit verschiedenen Gruppen vorgesehen, danach ein Abendessen und die Party.

Ritter verzichtete auf den Unterhaltungsteil und zog sich mit Bayer in eine separate Ecke zurück, um die weitere Vorgehensweise mit den Chinesen zu besprechen. Der Besuch einer kleinen Delegation war in zehn Tagen vorgesehen. Ritter wollte den Manager des Bereichs instruieren sowie den besten Mann aus der Abwicklung beim Termin dabeihaben, der erklären konnte, wie systematisch und effizient das Team im noch deutlich ausbaufähigen Bereich der Managed Services der ICS vorging. Das Team sollte ebenfalls anonymisiertes Kundenlob vorbereiten.

Die Party mit einer der besten Coverbands Deutschlands begann und Ritter stellte sich abseits, um dem Treiben auf der Tanzfläche und an der Bar mit etwas Abstand zuzusehen. Von hinten schlich sich Carmen Lacroix an ihn heran: „Wie kann ich den einsamen Ritter denn etwas aufmuntern?“ Sie kam so nah, dass er ihr Parfum roch, und er spürte ihre Brust an seinem Arm. „Was für eine Bitch“, dachte er und drehte sich zu ihr um. Er sah ihr direkt in die Augen: „Wie lange geht das mit Ihnen und Kahl schon?“ Sie war einen Moment überrascht.

„Wie meinen Sie das?“

„So, wie ich es sage.“

„Gefällt Ihnen die Party, Frau Lacroix?“ Dr. Stuhlstadt war ihr Retter.

„Eine großartige Party, Herr Dr. Stuhlstadt, begleiten Sie mich zur Bar?“

„Mit allergrößtem Vergnügen“, schmeichelte er.

Sie warf Ritter noch einen sehr strengen Blick zu. Sie und Stuhlstadt schwebten in Richtung Bar.

Kapitel 8

Ritter musste sich etwas einfallen lassen.

Die Weichen für eine nachhaltige Verbesserung der Ertragsstruktur waren gestellt. Sowohl die Verbesserung des Serviceprozesses als auch die Umsetzung der Managed-Services-Strategie würden ihren positiven Beitrag leisten.

Die aktuellen Ergebnisse, anhand der er derzeit bewertet wurde, waren jedoch durch die Bank schlechter als ursprünglich kalkuliert. Das machte ihn stutzig. In den Verträgen hatte er gemeinsam mit Bayer penibel darauf geachtet, dass jegliche Zusatzleistung, die über das Vereinbarte hinausging, auch separat vergütet wurde. Wartezeiten der Techniker waren ein typisches Beispiel: Um Zugang zu den Räumlichkeiten des Kunden zu bekommen, mussten dessen Mitarbeiter kommen. Ließen die zu lange auf sich warten, geriet der komplette Einsatzplan durcheinander, was Geld kostete. Diese Wartezeiten wurden ab sofort nicht nur genau dokumentiert, sondern mussten auch vertraglich mit einem üblichen Stundensatz in Rechnung gestellt werden.

Dennoch passte es nicht.

Ritter schob eine Nachtschicht ein. Er hatte vor, intensiver in das Managementinformationssystem der ICS einzusteigen. Normalerweise waren es Kahls oder Lacroix‘ Aufgaben, die Berichte zu erarbeiten und zu bewerten. Er wollte sich ein eigenes, etwas detaillierteres Bild machen, insbesondere um festzustellen, woher die Abweichungen kamen.

Die Grundlage der Planung fußte auf der Kostenseite sowohl der Personalkosten als auch der sonstigen projektbezogenen Kosten. Da das Problem in der operativen Marge lag, konnte er die internen Personalkosten und die sonstigen betrieblichen Aufwendungen zunächst außer Acht lassen. Ritter sah sich zunächst den letzten Monat an. Er öffnete die Personalkosten, klappte die Unterlinien so weit wie möglich auf und verglich die Ist- mit den Planwerten. Da der Umsatz in diesem Monat etwas höher lag, fielen auch die Personalkosten etwas höher aus, was Sinn machte. Er betrachtete die jeweiligen relativen Anteile zum Umsatz, konnte aber keine signifikanten Abweichungen feststellen.

Dann überprüfte er die sonstigen projektbezogenen Kosten. Das war auffällig. Deutlich höhere Kosten als geplant. „Ok“, dachte er sich, „Vielleicht ein Ausreißer in diesem Monat.“ Er konnte nicht weiter aufklappen – Unterlinien waren für ihn gesperrt. Ritter wurde stutzig und schaute sich die Gesamtlinie der projektbezogenen Kosten auch für die zurückliegenden neun Monate des aktuellen Jahres an. Überall fand er den gleichen Trend: Deutlich höhere Kosten und relative Anteile zum Umsatz als geplant.

Gegen Mitternacht war er fertig mit seiner Analyse, fuhr nach Hause und ließ sich die Sache durch den Kopf gehen. Zu früh durfte er sich nicht zu erkennen geben.

Am nächsten Morgen rief er Dr. Blondage an und bat ihn, mit der zentralen IT zu sprechen, um ihm den Zugang zu den Unterlinien der sonstigen projektbezogenen Kosten im System zu ermöglichen. Kurze Zeit später rief Blondage zurück. Die IT sei erstaunt gewesen, dass Kahl diese Sicht für ihn, Ritter, nicht freigegeben hatte. Blondage teilte ihm mit: „Sie haben Zugriff, habe das gerade veranlasst. Was interessiert Sie denn hier speziell?“ – „Herr Dr. Blondage“, entgegnete Ritter bewusst ruhig, „Die aktuellen Margen entsprechen nach meiner festen Überzeugung nicht der Vertriebsleistung. Dieser Sache gehe ich auf den Grund.“ – „Tun Sie das und halten Sie mich auf dem Laufenden“, war die knappe Antwort.

Nach der nächsten Nachtschicht fand Ritter, wonach er gesucht hatte. Die Fahrzeugkosten lagen absolut und relativ zum Umsatz deutlich über dem geplanten Ausmaß. Da die ICS über eine große Flotte an Technikerfahrzeugen verfügte, fielen die Beiträge zur Marge signifikant aus.

Kapitel 9

Kahl stürmte in Ritters Büro: „Was soll das denn? Wollen Sie jetzt auch noch den Controllerjob machen? Sie sollten sich auf Ihre Aufgaben konzentrieren.“

Die Zentrale hatte ihn über die Freigabe im Informationssystem informiert. „Keine Sorge“, konterte Ritter, „Die Geschäftsentwicklung ist auf einem guten Weg. Ich denke, wir sollten Dr. Stuhlstadt zeitnah zum Update einladen.“

Ritter stand auf, ging an Kahl vorbei und verließ das Büro. Er hatte einen auswärtigen Termin. Beim Verlassen bemerkte er, dass der Platz von Carmen Lacroix leer war. Er drehte sich um und fragte Kahl: „Wo ist sie heute eigentlich?“ – „Hat sich krankgemeldet, das kann Ihnen aber doch egal sein.“