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Eine im kalifornischen Gebirge tödlich verunglückte Frau, die zunächst verschwindet und später wieder auftaucht um ihre Mutter zu bedrohen…? Unmöglich! Das denken sich auch die drei Juniordetektive von D3D. Während sie dem Verschwinden auf den Grund gehen und auch der Frage, ob sie es hier mit einem toten oder noch lebendigen Phantom zu tun haben, taucht dieses immer wieder auf und versetzt nicht nur die Auftraggeber in Angst und Schrecken. Was aber hat eine Investorengesellschaft mit der Sache zu tun und warum werden die Jugendlichen verfolgt?
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Seitenzahl: 201
Veröffentlichungsjahr: 2025
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© 2025, Adrian Müller
3. Auflage
Selbstpublikation
Gestaltung: Adrian Müller
Copyright der Erstauflage © 2016
Adrian Müller
Geschwister-Scholl-Str. 3
D-65553 Limburg/Lahn
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ohne schriftliche Zustimmung des Autors ist unzulässig. Dies gilt für die Übersetzung, öffentliche Zugänglichmachung und insbesondere Vervielfältigung und Verbreitung in elektronischer Form.
D3D – Die drei Detektive
Knapp daneben ist auch vorbei
Doppeltes Schicksal
Besprechung zu später Stunde
Agent Shawn
Janus zieht erste Schlüsse
Neue Informationen
Spurensicherung
Ein herber Verlust
In den Santa Monica Mountains
Tot oder lebendig?
Rob berichtet
Dem Phantom auf der Spur
Janus hat den Durchblick
Letzte Vorbereitungen
Der Vorhang hebt sich
Die Auftraggeberin hat noch Fragen
D3D – Die drei Detektive
1. Detektiv, Janus Jones:
Janus ist ein leicht übergewichtiger Junge von 17 Jahren mit kurzen dunkelbraunen Haaren. Er verfügt über gutes Allgemeinwissen und ist technisch sehr interessiert. Um seine Fettpölsterchen ein wenig zu kaschieren, trägt er meist dunkle T-Shirts und zweckmäßige Cargo-Hosen. Sport ist für ihn eine Qual, mit Ausnahme von eher gemäßigten Sportarten, wie z.B. Schwimmen und Wandern. Später möchte der mittelgroße Junge, der eine Vorliebe für die Schauspielkunst und das Theater hegt, als Privatdetektiv oder Ermittler der Kriminalpolizei arbeiten. Seine Mutter starb bei seiner Geburt und sein Vater verdingt sich in Kanada, weshalb er es schon lange vorzieht bei Onkel Louis und Tante Martha auf dem Wertstoffhof in Sunny-Beach zu leben.
2. Detektiv, Pete Shawn:
Pete ist der größte Detektiv und von athletischer bis kräftiger Statur. Seine Haare sind hellbraun und etwas länger als jene von Janus. Sport liebt er über alles, weshalb es ihn auch nicht stört, dass er Brillenträger und deshalb oft auf eine Sportbrille angewiesen ist. Vor allem für die Disziplinen der Leichtathletik sowie Basketball und American Football interessiert sich der 16-Jährige. Im Winter ist Snowboardfahren seine liebste Pistensportart. Seine Mutter arbeitet in Vollzeit als Buchhalterin, sein Vater ist anerkannter Spezialist für Trickeffekte bei den „Universus-Studios“ in Hollywood. Überwiegend hört er Rockmusik und bevorzugt Shorts und Sportshirts, die er auch mal gegen Hawaiihemden und Baumwollhosen tauscht.
3. Detektiv, Rob Anderson:
Rob ist von schlanker bis normaler Statur, knapp 17 Jahre alt und in etwa so groß wie Janus. Je nach Sonnenintensität hat er hell- bis mittelblonde Haare, die er gerne wellig trägt. Bekleidet ist er meistens mit Poloshirts, die er auch mal gegen ein Hemd eintauscht und mit einer Jeanshose kombiniert. Neben Tennisspielen und Segeln, bevorzugt er an trüben Tagen eher das Lesen von Romanen. Seine Mutter arbeitet zeitweise als Medizinische Fachangestellte, sein Vater ist selbständiger Bauingenieur. Als Fan einer Buchreihe über drei fiktive Juniordetektive ist es hauptsächlich ihm zu verdanken, dass die drei Jugendlichen Spaß am Detektivsein entwickelten und sich später erfolgreich zum Unternehmen mit Firmenlogo D3D zusammenschlossen.
Knapp daneben ist auch vorbei
„Ja…! Oh.“ Pete blickte etwas ungläubig drein. Janus hingegen strahlte wie ein Honigkuchenpferd: „Ha ha, nun steht es 10:9 für mich. Noch ein Punkt und der Satz gehört mir!“
Viele kleine Schweißperlen standen auf der Stirn des ersten Detektivs und sein T-Shirt war sichtlich verschwitzt.
„Also, das muss ich sagen, Jan: Ich wundere mich, dass es eine Sportart außer Schwimmen gibt, mit der du dich noch anfreunden kannst und bei der du sogar auf Augenhöhe mit Pete bist“, sagte Rob, der entspannt an einem rostigen Eisengestell lehnte. Aus sicherer Entfernung zur Tischtennisplatte verfolgte er von dort aus das laufende Match, zu dem sich die drei Jugendlichen spontan zusammengefunden hatten.
Es war Montagnachmittag und erste Ferientag in Kalifornien. „Tja, leider gibt es nicht viele Sportarten, bei denen man fast gänzlich auf die Beinarbeit verzichten kann, und es mehr auf den Bereich oberhalb der Hüfte ankommt. Wenn wir regelmäßig spielen, könnte ich in Zukunft sogar ein Stück Apfelkuchen mehr essen und hätte dennoch dieselbe Kalorienbilanz“, stellte Janus nüchtern klingend fest.
„Ebenso gut könntest du in Zukunft ein Stück weniger essen und hättest somit eine positivere Kalorienbilanz“, entgegnete ihm Rob. Janus verzog das Gesicht und hob die Augenbrauen: „Das ziehe ich erst gar nicht in Betracht. Aber danke für deinen Ratschlag, um meiner Gesundheit Willen.“
„Leute, könnt ihr euch vielleicht später über Kalorien unterhalten? Noch ist der Satz für mich nicht verloren und nun habe ich Aufschlag…“, warf Pete etwas ungehalten ein: „Deine Theorie zur Beinarbeit wirst du gleich nochmal überdenken müssen!“ Schelmisch grinste er seinen Freund und Matchpartner an.
Janus beugte sich leicht nach vorne, stellte die Beine auseinander, in Erwartung von Petes Aufschlag. Gespannt blickte er auf den Schläger seines Stellvertreters, den dieser nun leicht anhob. Pete warf den kleinen Zelluloidball locker aus seiner linken Hand. Mit einer schnellen und gekonnten Bewegung führte er den Aufschlag aus und der Ball flog, nach dem ersten Aufprall auf der eigenen Seite, mit einem Drall über das Netz.
Janus reagierte schnell, führte seinen Schläger zum erwartenden Aufprallpunkt auf seiner Plattenseite und hielt ihn so, dass Petes Ball geblockt werden würde. Dann jedoch kam es anders: Als der Ball Janus‘ Schläger berührte, änderte er die Richtung und flog zur rechten Seite hin – immer noch mit Spin – seitlich über die Tischtennisplatte hinweg.
„Ja!“ platzte es aus Pete heraus, der seine Faust ballte zu einer Siegerpose: „Die Schonzeit ist nun vorbei für dich, Jan“, setzte er noch obendrauf.
Janus dämmerte, was die Stunde geschlagen hatte, und wollte gerade erwidern, als Rob aufhorchte und ihn unterbrach: „Hey Freunde, unser Firmentelefon in der Zentrale klingelt.“
„Geh du bitte, ich kann hier jetzt nicht weg.“ entgegnete Janus, dessen Zuversicht mit einem Mal verflogen war.
„Okay, ich gehe schon.“ Rob wandte sich vom Eisengestell ab und trabte in Richtung Zentrale, welcher er bis dato den Rücken zugewandt und das Match zwischen Janus und Pete verfolgt hatte. Er selbst war aus dem kleinen Turnier bereits vor einigen Minuten ausgeschieden.
„Echt toll, dass der Tischtennisverein von Sunny-Beach euch eine seiner ausrangierten Platten für den Schrott überlassen hat, und auch noch pünktlich zum Ferienbeginn“, meinte Pete.
„Wertstoff, bitte!“ korrigierte Janus ihn leicht gereizt: „Davon abgesehen: Wir entsorgen die Platte nicht, sondern stellen sie in das Antiquariat meiner Tante… Vielleicht kauft sie jemand.“ „Na schön“, gab Pete darauf genervt klingend zurück, bevor er beinahe singend verlauten ließ: „Und ab in die Verlängerung!“, weiter sprechend: „Es steht 10:10 – unentschieden.“
“Ach, ehrlich…?! Aber noch gebe ich mich nicht geschlagen, Zweiter. Jetzt beginnt nämlich die Aufholjagd!“
Derweil erreichte Rob das läutende Telefon in der Zentrale und nahm den Hörer von der Gabel. Die Zentrale von D3D war ein ausrangierter Wohncontainer, den Janus‘ Onkel, und zugleich Inhaber vom „Recyclingcenter L. Jones“, vor wenigen Jahren für seinen Neffen besorgt und an den linken Rand des vorderen Hofes gestellt hatte. Seitdem wurde er mit allerlei Dingen ausgestattet, wie Möbel, Telefon, TV-Gerät, Computer und einem kleinen Labor. Viele dieser Geräte hatte Louis Jones nach und nach von seinen Kunden erhalten. Waren sie defekt und Janus hatte sie später repariert, dann durfte er sie behalten.
Auch der nächste Punkt des Tischtennismatches ging an Pete und Janus überlegte, wie er mit einem Ass noch punkten könnte. Es war seine letzte Chance, um weiter im Spiel zu bleiben. Er warf gerade den Ball in die Höhe, als eine energisch weibliche Stimme quer über den Vorderhof rief: „Janus Jones!“
Vor Schreck misslang ihm der Aufschlag und Janus‘ Schläger verfehlte den Ball, was ebenfalls einen Punkt für den Gegner bedeutete. „Oh, nein…!“, rief er, in Anbetracht des verlorenen ersten Platzes. Und schon nahte seine Tante.
Tante Martha war eine stämmige Frau von fast fünfzig Jahren. Ihre halblangen Haare waren von Natur aus zu braunen Locken geformt. Und obwohl sie kleiner als ihr Mann war, sah man ihr an, dass sie ordentlich zupacken konnte: „Janus Jones! Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst zusammen mit deinen Freunden beim Abladen und Reinigen der letzten Lieferung helfen?!“
„Ja, Tante“, antwortete der Angesprochene reumütig klingend. „Und warum lungert ihr dann immer noch herum und spielt Tischtennis?“
„Na ja, wir wollten das gute Stück hier erst ausprobieren, bevor wir es dem Warenbestand zuführen. Eine Prüfung der Geräte vor dem Verkauf kommt schließlich unseren Kunden zugute.“ Tante Martha sah ihren Neffen direkt an, ohne dabei auch nur eine Miene zu verziehen: „Spar‘ dir die Ausreden Janus, macht euch an die Arbeit! Und wenn ihr fertig seid kommt rüber ins Haus, ich habe euch einen Apfelkuchen gebacken.“
„Vielen Dank, Frau Jones“, rief Pete erfreut und zwinkerte ihr zu. Tante Martha versuchte ein Lächeln zu unterdrücken und ging wieder zurück in Richtung des Wohnhauses, welches auf der schräg gegenüberliegenden Hofseite stand.
Im Bereich hinter der breiten Gebäudereihe, bestehend aus dem kleinen Lagerschuppen, der großen Werkstatt, der Waschhalle sowie des Büro- und Antiquariatsgebäudes, befanden sich u.a. ein breiter Lagerplatz, eine große und eine kleine Lagerhalle sowie Stellplätze für die beiden großen Container-LKW.
Marthas Antiquariat, im hinteren Teil des Bürogebäudes, war von ihr besonders hübsch für die Kunden hergerichtet worden. Vor der Werkstatt parkte meist der Pritschen-LKW, der aktuell, mit ringsherum offenen Bordwänden und voll beladen, vor der Waschhalle stand und im strahlenden Sonnenschein zu warten schien, bis man ihn vom Ballast befreien würde.
Gönnerhaft zog Janus seinen Stellvertreter auf: „Na, da hast du ja nochmal Glück gehabt. Ich hätte dir ansonsten erstmals eine sportliche Niederlage zugeführt.“
Der konterte gelassen: „Wenn du dich diesmal dazu noch etwas bewegt hättest, bestimmt.“
„Ach“, seufzte Janus: „ich war so knapp dran.“
In diesem Moment kam Rob aus der Zentrale. Leicht aufgeregt eilte er zu seinen Freunden: „Ich glaube, Kollegen, wir haben einen neuen Auftrag…“ Janus und Pete machten große Augen. „Eine Mrs. Cunningham hier aus Sunny-Beach war am Apparat und fragte, ob wir ihr helfen könnten. Sie bat darum, dass wir sie schnellstmöglich besuchen kommen, weshalb ich ihr für heute Abend um 19 Uhr zugesagt habe. Ich hoffe doch, ihr habt nichts dagegen?“
„Nein, natürlich nicht“, antwortete Janus und hakte interessiert nach: „Aber worum geht es denn eigentlich?“
„Ach so, ja, äh, sie sagt, sie werde von ihrer Tochter bedroht.“
„Was, von ihrer Tochter?!“, ließ Pete erstaunt verlauten.
„Hm, das klingt ja eher nach einem Fall für die Polizei“, stellte der erste Detektiv fest.
„Ja, das sagte ich ihr auch zunächst. Dann meinte sie jedoch, sie könne nicht zur Polizei gehen, weil es ihr unangenehm wäre und man ihr wahrscheinlich keinen Glauben schenken würde.“
„Hä, wieso denn nicht?“ fragte Pete.
„Na ja, sie sagt, ihre Tochter sei bereits vor über einem Jahr bei einer Bergwanderung ums Leben gekommen!“
Janus und Pete starrten sich erstaunt an. Wehklagend fand der zweite Detektiv vor dem Anführer wieder zur Sprache zurück: „Oh je, ich ahne nichts Gutes. Da wird jemand von einer Untoten bedroht und wir sind mal wieder dabei.“
„Okay:“, fuhr Janus erregt fort und blickte auf seine Armbanduhr: „Wir haben genau 15:40 Uhr. Ich schlage vor, wir räumen jetzt unverzüglich die Platte weg, beginnen mit dem Abladen und Reinigen der neu erworbenen Altwaren und fahren dann zu Mrs. Cunningham – nachdem wir etwas Apfelkuchen gegessen haben, natürlich. Die Sachen hier einräumen und kategorisieren können wir auch morgen noch in aller Ruhe.“
Janus sah Pete und Rob an, die beide nickten. „Super! Also los, Kollegen!“ Pete konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: „Gerne, das Spiel war ja eh zu Ende.“
„Zu Ende ist es noch lange nicht, ähm, nur vertagt“, gab Janus prompt Kontra.
„Also ich bin da raus, mein Fall ist Tischtennis jedenfalls nicht. Dann lieber gewöhnliches Tennis“, meinte Rob dazu.
Nachdem die drei Jungen die Tischtennisplatte vorübergehend im kleinen Lagerschuppen für die Zwischenlagerung verstaut hatten, luden sie nach und nach die vielen Gegenstände von der Pritsche des LKW, stellten sie nebenan auf den Waschplatz für die nachfolgende Reinigung.
Die kalifornische Sonne schien an diesem Augusttag intensiv, sodass die drei Jungen ordentlich ins Schwitzen kamen.
Zwei Stunden später waren sie endlich mit der Reinigung fertig und gingen rüber in das Wohnhaus der Jones.
Doch das ursprünglich geplante Kuchenessen ersetzten sie lieber durch eine kurze Dusche zum Abkühlen, was dank einer im Bürotrakt eingerichteten Duschkabine und extra mitgebrachter Wechselkleidung kein Problem war.
Direkt im Anschluss machten sie sich mit Ihren Fahrrädern auf den Weg zu Mrs. Cunningham. Sie wohnte in der Downington Street, einer Anliegerstraße direkt neben dem Stadtzentrum, in östlicher Richtung. Die Entfernung vom Wertstoffhof lag bei etwa zwei Meilen. Im Feierabendverkehr war die Adresse mit den Fahrrädern in rund zwölf Minuten zu erreichen. Ohne diese Hitze bestimmt auch in zehn.
Unterwegs auf dem Radstreifen entlang der breiten Main Street schlug Janus vor, noch in eine Bar einzukehren, um eine kalte Cola zu trinken – wurde von seinen Freunden aber überstimmt. In östlicher Richtung radelten sie an der T-Kreuzung von Petes und Robs Straße vorüber, sowie an jener großen Kreuzung zur High School, bevor sie rechts abbogen und knapp eine halbe Meile weiter gen Süden durchs Stadtzentrum fuhren.
Vorbei an diversen Läden, schicken Büro- und Wohngebäuden, erreichten sie linkerhand die Kreuzung zur Downington Street, an der das englische Stadtviertel begann. Unter verschiedensten Arten von Laubbäumen und wenigen Palmen nahmen sie Kurs auf das Einfamilienhaus der Cunninghams, das im Craftsman-Stil erbaut war, und sich auf der rechten Straßenseite zwischen zwei Kreuzungen befand.
Gegen 18:50 Uhr stellten die drei Juniordetektive ihre Räder in die kleine gepflasterte und von Unkraut befallene Einfahrt vor der Garage. Nach links in Richtung Haustür, marschierten sie hintereinander über einen von hohem Gras beinahe zugewachsenen schmalen Kiesweg.
Es handelte sich um ein älteres eingeschossiges Wohnhaus mit Schleppdach. Das Holz der schlicht gestalteten Fassade war in hellem Graubraun gehalten, was Janus gut gefiel.
Er war der erste an der Haustür und klingelte. Während drinnen ein dezentes und langgezogenes Läuten zu hören war, blickte Rob hinter sich in den kleinen Vorgarten.
Dieser war zur ruhigen Anliegerstraße hin durch einen breiten Gehweg abgegrenzt. Die letzte gründliche Pflege schien bereits eine Weile her gewesen zu sein, wie ein direkter Vergleich mit den angrenzenden Vorgärten offenbarte.
Diese waren in einem auffallend besseren Zustand, boten saftig grünes Gras, akkurat geschnittene Zierbüsche und Zierbäume. Bei den Cunninghams hingegen stand ein schattenspendender Zypressenbaum inmitten des Rasens. Grillen zirpten im hohen Gras, das trocken war bis zu den Rändern. Es schien mehrere Monate lang nicht mehr gemäht oder gesprengt worden zu sein
Doppeltes Schicksal
Kurz darauf wurde die Haustür geöffnet. „Ah, hallo. Ihr müsst die drei Detektive von D3D sein.“
Vor den Jungen stand eine mittelgroße Dame um die 60 Jahre. Sie hatte dunkelgraues Haar mit kurzer Dauerwellenfrisur. Mit ihren grauen Augen lächelte sie die Besucher sympathisch an. „Jawohl, Madam“, antwortete Janus ebenso höflich: „Ich bin Janus Jones und das sind meine beiden Kollegen, Pete Shawn und Rob Anderson.“
„Schön, dass ihr da seid. Kommt bitte herein.“
Die drei Detektive schlossen die Tür hinter sich. Durch eine für den nordamerikanischen Häuserstil eher ungewöhnliche Diele, folgten sie der Dame nach links, in ein geräumiges Esszimmer. Es grenzte unmittelbar an eine kleine Küche an. Die Küche war sowohl von der Diele als auch über eine Verbindungstür direkt vom Esszimmer aus begehbar.
Im gemütlichen Esszimmer stand ein in die Jahre gekommener runder Esstisch aus dunklem Massivholz mitsamt fünf Stühlen. „Sucht euch einfach einen Platz aus“, empfahl die Hausherrin und ging geradewegs weiter in die kleine Küche.
Die Jungen bedankten sich, setzten sich nebeneinander, sodass sie geradeaus in die Küche und rechts aus dem Fenster schauen konnten, mit direktem Blick zum Nachbarhaus.
„Möchtet ihr Eistee? Es ist doch wieder ziemlich heiß heute.“ „Oh ja, gerne“, gab zuerst Janus freudig zurück. Während Mrs. Cunningham die Getränke vorbereitete, ließen die drei Jungen ihre Blicke durch den Raum schweifen, ohne dabei ein Wort zu sagen. Er war aufgeräumt und sauber – was Rob überraschte, in Erinnerung an den Garten. Die Einrichtung und Dekoration des Esszimmers machte auf alle einen bodenständigen Eindruck.
Neben Tisch und Stühlen stand noch eine antike Vitrine vor der linken Wand, direkt neben der Tür zur Diele. Auch diese war aus dunklem Massivholz gefertigt. Hinter den Jungen stand ein Schrank mit dünnen Glastüren, hinter denen Porzellangeschirr und Gläser zu sehen waren, mutmaßlich für seltenere Anlässe. Eine alte tickende Standuhr zwischen Küche und Fenster sowie ein Ölgemälde oberhalb der Vitrine verliehen eine Atmosphäre wie bei Großeltern. Aufgelockert wurde alles durch eine hohe Vase mit luftigem Pampagras in der hinteren rechten Ecke und einem farbenfrohen Blumenstrauß auf dem Tisch.
Mrs. Cunningham kam wieder zurück ins Esszimmer mit einer Glaskanne voll Eistee: „So, da bin ich wieder.“
Sie stellte vier Gläser auf den Tisch und schenkte den Gästen und sich ein. Die Jungen sahen, dass die Dame an ihrem linken Arm eine Bandage trug.
Danach setzte sie sich gegenüber von Janus hin, den sie direkt erwartungsvoll anblickte. Rob saß zu Janus‘ rechten Seite, Pete zu seiner linken.
„Also, Mrs. Cunningham“, ergriff Janus das Wort: „Zunächst würde uns drei interessieren, wie sie auf uns gekommen sind?“ „Nun, ich habe einem alten Freund meines Mannes von dem berichtet, was uns zugestoßen ist. Albert Hitchfield heißt unser gemeinsamer Bekannter, und der hat mir euch empfohlen und mir eure Telefonnummer gegeben.“
Alle drei Jungen blickten erfreut drein, als sie den Namen des berühmten Schriftstellers und Mentor von D3D hörten.
Albert Hitchfield war zudem der Autor einer weltweit bekannten Buchserie über drei fiktive Detektive, die besonders Rob in ihren Bann gezogen hatte. Vor wenigen Jahren hatten die drei Jungen den älteren Herrn aus Los Angeles kennengelernt. Seitdem unterstützte er sie, wann immer sie seine Hilfe benötigten.
„Albert meinte, wenn mir jemand in diesem Fall weiterhelfen könne, dann wärt ihr das.“
„Was ist Ihnen denn zugestoßen, Mrs. Cunningham? Rob sagte etwas davon, dass Sie von Ihrer Tochter bedroht würden?!“
„Ja, so könnte man es ausdrücken… Aber am besten, ich fange nochmal von vorne an.“ Janus nickte zustimmend.
„Also, vor gut einem Jahr brach unsere Tochter Laura, zusammen mit zwei Freundinnen, zu einer dreitägigen Wanderung in die Santa Monica Mountains auf. Wisst ihr, sie war sehr naturverbunden und wollte dort am Gewässer des National-Parks die Landschaft genießen und den Regenbogenforellen zuschauen. Tja, und auf dem Rückweg, am zweiten Tag ihrer Wandertour, geschah das Unglück: Auf einem abschüssigen Pfad verlor sie das Gleichgewicht und stürzte den Abhang hinab. Ihre beiden Freundinnen konnten nichts weiter tun, als den Notruf zu wählen, denn es gab keinen direkten Weg hinunter. Und der Hang war wirklich sehr steil.“
Die drei Detektive hörten Mrs. Cunningham gespannt zu. Keiner gab einen Laut von sich, bis Pete räusperte. Er hatte einen ganz trockenen Hals bekommen und nahm noch einen Schluck Eistee zu sich.
„Als Rettungskräfte und Polizei später an der Stelle eintrafen, an der unsere Tochter zum Liegen gekommen sein musste, war sie spurlos verschwunden.“
„Äh!“, entfuhr es Janus leise und Rob zog den Kopf ungläubig ein Stück nach hinten.
Alle drei schauten fragend. Auch war nicht zu übersehen, dass Mrs. Cunninghams Augen feucht wurden.
„Die Polizei vermutete, dass Laura über einen querenden Weg am Fuße des Hangs hinweg in den angrenzenden Fluss gestürzt ist, wo sie von der Strömung fortgetrieben wurde.
Später kamen auch Taucher zum Einsatz, aber man hatte nichts gefunden. Seitdem haben wir sie nicht mehr gesehen und nichts mehr von ihr gehört. Oder besser gesagt, bis vor fünf Tagen.“ „Dann ist sie also wieder aufgetaucht?“ fragte Pete.
„Ja und nein… Ähm, vor drei Tagen fuhr ich zu ihrem Haus in der Hillside Road, ganzim Nordosten der Stadt, das seit ihrem Verschwinden leer steht.
Einmal pro Woche, in der Regel freitags, schaue ich dort nach dem Rechten, leere dabei den Briefkasten und lüfte ein wenig. Als ich im Begriff war das Haus wieder zu verlassen, und die Tür zu schließen, stand sie plötzlich hinter mir!
Zunächst erschrak ich, das könnt ihr euch bestimmt vorstellen. Doch schnell wich der Schrecken der Freude und Erleichterung über das Wiedersehen. Aber dann…“, Mrs. Cunningham stockte. Rob, der zwischenzeitlich einen kleinen Notizblock hervorgeholt hatte und mit einem Bleistift stichpunktartig mitschrieb, versuchte vorsichtig einen Übergang zu schaffen: „Und dann?“
„Dann stieß sie mich plötzlich um, sodass ich durch die geöffnete Haustür wieder ins Haus hinein fiel!
Dabei zog ich mir am linken Arm eine Prellung zu, was ich vor Schock zunächst gar nicht spürte.“ Mrs. Cunningham hob ihren linken Arm an: „Deshalb trage ich auch die Bandage. Nachdem ich mich wieder aufgerappelt hatte, wollte ich ihr noch nach, aber sie war verschwunden. Wie und wohin, das habe ich leider nicht mitbekommen.“
Pete schauerte ein wenig, doch er ließ es sich nicht anmerken. „Lebte ihre Tochter eigentlich allein in dem Haus?“ fragte Rob.
„Zuletzt ja. Etwa vier Monate vor ihrem Verschwinden hatte sich ihr Lebensgefährte Jeff von ihr getrennt und war aus dem Haus ausgezogen. Er verdiente gut, weshalb er komplett darauf verzichtete und es Laura überließ. Die Trennung verlief soweit ich weiß ohne Streit, trotz dass unsere Tochter tieftraurig war. Natürlich musste sie fortan die Raten für den hohen Kredit alleine aufbringen. Wir haben sie dabei unterstützt, und nun, da wir nicht wissen wie es weitergeht, überweisen mein Mann und ich monatlich einen Betrag auf ihr Konto, der die weiteren Raten abdeckt. Es ist für uns momentan zwar nicht einfach, aber wir wollen nicht, dass das Haus versteigert oder verkauft wird, bevor wir erfahren, was mit unserer Laura geschehen ist.“
„Haben Sie Ihre Tochter nach dem unerwarteten Zusammentreffen nochmal gesehen?“, wollte Janus wissen.
„O ja! Und dachte ich, das erste Aufeinandertreffen sei bereits ein großer Schock gewesen, so wurde ich gestern wieder eines besseren belehrt.“
Mrs. Cunningham nahm nun ebenfalls einen Schluck Eistee. Die Jungen konnten kaum erwarten, dass sie weiter berichtete. „Nachts stand sie unerwartet in unserem Schlafzimmer!
Während ich schlief, beugte sie sich über mich und leuchtete mit einer Taschenlampe zur Hälfte ihr Gesicht und zur Hälfte mein Gesicht an. Ich wurde wach und ließ einen Schrei los. Sie richtete sich unbeeindruckt auf und flüsterte: Lass mich bloß in Ruhe, du Rabenmutter!
Dann ging sie schnellen Schrittes zur Tür und verschwand. Ich lag noch eine Weile da wie gelähmt.“
„Nur allzu verständlich“, kommentierte Janus emotionslos und versuchte seine Gedanken zu ordnen: „Hatten Sie denn früher ein gutes Verhältnis zu Ihrer Tochter?“
„Sagen wir so: Es war weder besonders gut noch schlecht. Es war weniger herzlich, als das Verhältnis zwischen ihr und meinem Mann. Wie so oft, war es auch in unserer Familie so, dass Vater und Tochter ein innigeres Verhältnis hatten, als Mutter und Tochter. Aber einen größeren Streit hatten wir beide nie!“ Jetzt fragte Pete: „Wie geht denn eigentlich ihr Mann mit der Sache um?“, und schob gleich hinterher: „Ist er eigentlich auch zu Hause?“
„Für meinen Mann ist die ganze Sache schwieriger.“ Sie schien zu überlegen: „Kommt, ich stelle euch einander vor.“
Mrs. Cunningham erhob sich von ihrem Stuhl. Die drei Jungen sahen leicht überrascht zu ihr auf. Dann erhoben auch sie sich. Die Hausherrin betrat die Diele, ging weiter in Richtung eines Zimmers auf der gegenüberliegenden Seite. Die drei Detektive folgten ihr.
Leise öffnete sie die Zimmertür. Drinnen war es etwas dunkler als in der hellen Diele. Sie trat ein und gab den Juniordetektiven die Sicht frei. Es war ein kleineres Zimmer, das fast einer Kammer glich, und durch ein gegenüber der Tür befindliches Fenster von Tageslicht erhellt wurde.
Gedimmt durch eine Jalousie, war trotz reduziertem Lichtpegel darin alles zu erkennen. Links stand ein Bett mit Gittern an den Seiten, an der Wand neben dem Fenster ein Kleiderschrank und gegenüber dem Bett eine breite Kommode. Es war spartanisch eingerichtet, gleichwohl auch hier ein bunter Blumenstrauß auf der Kommode und gerahmte Fotos die Wände zierten.
Mrs. Cunningham trat an das Bett und stellte sich seitlich hin, damit die drei Jungdetektive ebenfalls herantreten konnten. Sie schauten alle drei etwas hilflos in das Bett.
„Paul, darf ich dir vorstellen: Das sind Janus, Pete und Rob.“ Sie zeigte auf jeden einzeln, während sie ihre Namen nannte: „Und das ist mein Mann, Paul Cunningham.“
Mr. Cunningham war offensichtlich nicht mehr in der Lage zu sprechen. Er bewegte seine Augen in Richtung der Jungen. Es wirkte auf die Umherstehenden, als versuche er nun zu lächeln. Daraufhin lächelten ihn die drei Besucher ebenfalls freudig an.
Mrs. Cunningham streichelte ihrem Mann sanft über die rechte Wange und erläuterte dabei: „Vor wenigen Wochen erlitt mein Mann einen schweren Schlaganfall. Seitdem ist er vollständig gelähmt und nicht mehr in der Lage zu sprechen… Er braucht rund um die Uhr Betreuung.“
Mrs. Cunningham wandte ihr Gesicht ab und ging wieder zur Tür, innerlich mit sich ringend.