Philosophie der Maurerei - Johann Gottlieb Fichte - E-Book

Philosophie der Maurerei E-Book

Johann Gottlieb Fichte

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Beschreibung

Der deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) gilt neben Schelling und Hegel als wichtigster Vertreter des deutschen Idealismus. Im April 1800 hielt er eine Reihe von Sonntagsvorträgen vor zahlreichen Freimaurern aller Systeme in Berlin. Der Redakteur der „Eleusinien des 19 Jahrhunderts“ J. C. A. Fischer erhielt von Fichte die Erlaubnis sie zu Drucken und gab ihnen den Titel Philosophie der Maurerei 16 Briefe an Constant

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Seitenzahl: 103

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JOHANN GOTTLIEB FICHTE

Philosophie der MaurereiBriefe an Konstant

Johann Gottlieb Fichte

Philosophie der Maurerei

Briefe an Konstant

Hrsg. von Thomas Zimmermann

Erste Auflage 2017

© Edition Lapis, 2017

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar.

Umschlaggestaltung und Satz: Peter Baldinger, Wien Gesamtherstellung und Druck: Aumayer Druck & Verlag, Munderfing

ISBN: 978-3-950-45431-4

JOHANN GOTTLIEB FICHTE

Philosophie der Maurerei

Briefe an Konstant

Inhalt

Vorwort des Herausgebers

Erster Brief

Zweiter Brief

Dritter Brief

Vierter Brief

Fünfter Brief

Sechster Brief

Siebenter Brief

Achter Brief

Neunter Brief

Zehnter Brief

Elfter Brief

Zwölfter Brief

Dreizehnter Brief

Vierzehnter Brief

Fünfzehnter Brief

Sechzehnter Brief

Vorwort des Herausgebers

Es ist mir eine besondere Freude allen Freunden der könig- lichen Kunst diesen ersten Band unserer neu gegründeten Edition Lapis vorstellen zu dürfen.

Die Edition Lapis hat es sich zur Aufgabe gemacht, sowohl historisch wichtige Bücher über die königliche Kunst wieder zugänglich zu machen, als auch interessante neue Ansätze zu veröffentlichen.

Der deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) gilt neben Schelling und Hegel als wichtigster Vertreter des deutschen Idealismus.

Fichte wurde 1789 in Zürich in die Loge Modesta cum Libertate aufgenommen. Seit Dezember 1794 scheint er als Mitglied der Loge Günther zum stehenden Löwen in Rudolfstadt auf. 1799 siedelte Fichte nach Berlin und verkehrte in den dortigen Freimaurerkreisen. Er wurde am 17. April 1800 in die Großloge Royal York zur Freundschaft aufgenommen, welche er aber nach einem Streit mit Aurelius Feßler schon am 7. Juli wieder verließ. Er blieb aber trotzdem in Beziehung mit der Freimaurerei.

Im April 1800 hielt er eine Reihe von Sonntagsvorträgen vor zahlreichen Freimaurern aller Systeme in Berlin. Der Redakteur der „Eleusinien des 19. Jahrhunderts“ J. C. A. Fischer erhielt von Fichte die Erlaubnis sie zu drucken und gab ihnen den Titel „Philosophie der Maurerei 16 Briefe an Constant“. Er machte speziell in den ersten Briefen einige persönliche Erweiterungen. Erst ab dem 6. Brief sind die Zusätze unbedeutend und der Text ist fast durchgehend von Fichte alleine.

Genau wie Lessing vertritt Fichte die Auffassung, der Zweck des Freimaurerbundes sei es: „die Nachteile der Bildungsweise in der größeren Gesellschaft wiederaufzuheben und die einseitige Bildung für den besonderen Stand in die gemeine menschliche Bildung zu verschmelzen“.

Thomas Zimmermann

Buchhandlung Zum rauhen Stein

Erster Brief

Ich nehme Deine Frage auf, Konstant, und will Dir mit aller mir möglichen Strenge beantworten, was Du nur fragen kannst. Du wirst entweder mich nötigen, durch eine vollständige Beleuchtung der Sache, meine Vorliebe für sie aufzugeben, oder Dich, ihr Deine Achtung zu schenken. Laß es uns beide auf diese Gefahr immer wagen; wir werden an Wahrheit gewinnen, was wir etwa an vorgefaßten Meinungen verlieren sollten. Ich werde dabei nicht vergessen, daß Du ein Ungeweihter bist, und sonach alle die kleinen Vorteile verlieren, die meine Deduktion durch Dein Gefühl haben könnte; vergiß auch Du nur Deine maurerische Gelehrsamkeit und Deine Bücher, und gib dadurch die vermeinten Vorteile auf, die Du durch etwaige historische Kenntnis über den bloß philosophierenden Maurer zu haben vermeinest.

Du kannst billigerweise nicht fordern, daß ich Dir eine andere Kenntnis vom Orden zugestehen soll, als: daß er existiert. Was Du aus Deinen Büchern von der Art seiner Existenz wissen willst, kann ich schon um deswillen nicht anerkennen, weil alle diese Lesereien kein Wissen in Dir erzeugt und Dich allein in Widersprüche und Zweifel verwickelt haben. Welchem Deiner Schriftsteller sollst Du denn auch trauen, da Du keinen Maßstab hast, sie zu prüfen, und kein Medium, sie zu vereinigen? Und so viel Du auch glauben oder, wie Du sprichst, nach historischer Kritik wahrscheinlich oder wahrscheinlicher finden magst, so berufe ich mich doch auf Dein eigenes Gefühl, wenn ich behaupte, daß Deine wahre Kenntnis der Sache, streng genommen, nicht über ihre Existenz hinausgeht.

Dies ist mir aber auch vollkommen genug, und ich lade Dich nur ein, an diese sichere Kenntnis, ebenso sichere Schlüsse anzureihen; und wir wollen doch finden, – was der Freimaurer-Orden an sich und für sich selbst ist? – Das nun wohl eben nicht, aber doch das: was er an und für sich selbst sein kann oder, wenn Du willst, sein soll.

Diese Frage wird Dich überraschen, weil Du sie noch nie getan hast, aber sie ist nach dem Obigen die einzige, die Du tun kannst. Was der Orden ist, das lerne meinetwegen aus dem „zerschmetterten Freimaurer“ , wenn es Dir genügt; was er sein kann, vermagst Du aus einer besseren Quelle zu schöpfen, aus Deiner Vernunft. Aber wenn Du es weißt, so wirst Du bei einiger Konsequenz nicht glauben, daß er an und für sich selbst wirklich so sei, als er es nach Deiner folgerichtigen Überzeugung sein kann, Du wirst es wenigstens nicht behaupten (aber auch nicht verneinen) können, weil Du um deswillen ein Eingeweihter sein müßtest. Du würdest eher mit vollem Rechte ein maurerischer Gesetzgeber sein, als diese Behauptung mit einigem Rechte wagen können.

Laß uns auf diesem Felde, wo alles schwankt, nach einem festen Punkte suchen, auf welchem unser Fuß sicher stehen kann, und [uns] von unbestrittenen Tatsachen ausgehen.

Du weißt, daß in den ersten Dezennien des achtzehnten Jahrhunderts, und zwar in London, eine Gesellschaft öffentlich hervortritt, die wahrscheinlich schon früher entstanden ist, von der aber keiner zu sagen weiß, woher sie komme, was sie sei und was sie wolle? Sie verbreitet sich, ohnerachtet dessen, unbegreiflich schnell und wandert über Frankreich und Deutschland in alle Staaten des christlichen Europa, ja selbst nach Amerika. Männer aus allen Ständen, Regenten, Prinzen, Adlige, Gelehrte, Künstler, Kaufleute treten in ihren Bund, Katholiken, Lutheraner und Kalvinisten lassen sich einweihen und nennen sich Brüder untereinander.

Die Gesellschaft, die, man weiß nicht warum, wenigstens, wie ich Dich zu glauben bitte, sehr zufällig sich Freimaurer-Gesellschaft nennt, zieht die Aufmerksamkeit der Regierungen auf sich, sie wird in den meisten Reichen, z. B. in Frankreich, in Italien, den Niederlanden, in Polen, Spanien, Portugal, Österreich, Bayern, Neapel, verfolgt, mit dem Banne zweier Päpste belegt, überall mit den widersprechendsten Beschuldigungen überhäuft und jeder Verdacht, der dem großen Haufen verhaßt ist und bei ihm verhaßt macht, auf sie geworfen. Aber sie erhält sich unter allen diesen Stürmen; sie breitet sich in neue Reiche aus und wird aus den Hauptstädten in Provinzstädte verpflanzt, wo man sie vorher kaum dem Namen nach kannte. Sie findet unerwartet an dem einen Orte Schutz und Unterstützung, wenn sie an dem anderen unterzugehen in Gefahr ist. Sie wird dort als die Feindin der Throne und die Anstifterin der Revolutionen verschrien und gewinnt hier das Vertrauen der besten Regenten.

So gelangt sie herauf bis zu unseren Tagen. Du siehst, wie in diesem Zeitalter die Mitglieder dieser Gesellschaft sich endlich einmal ernstlich fragen: Woher kommen wir doch? Was sind wir und was wollen wir? Du siehst, wie sie von allen Orten her sich versammeln, um sich diese Fragen zu beantworten; wie sie mit ernsten Mienen einander anblicken, jeder von seinem Nachbarn die Antwort erwartet, und endlich alle, entweder laut oder stillschweigend gestehen, daß keiner von ihnen, den Zusammengekommenen, es wisse. Was tun sie nun? – Sie reisen nach Hause, erklären ihren Brüdern die allgemeine Unwissenheit, entlassen sich gegenseitig ihrer Verpflichtungen und gehen mit einiger Scham auseinander? – Keineswegs! Der Orden dauert fort und verbreitet sich, nach wie vor.

Die Gesellschaft erleidet noch härtere Dinge. Die Frage nach ihrem Geheimnis wird dringender, es wird in öffentlichen Schriften, z. B. dem entdeckten Geheimnis der Freimaurer, der gestürzten, der verratenen Freimaurerei, zur allgemeinen Kenntnis gebracht; man erhebt die Absicht einiger maurerischer Sekten zur vollkommenen Gewißheit, anderer zur Wahrscheinlichkeit; man findet, daß hie und da die Maurerei nur zur Hülle verwerflicher Zwecke gedient habe und zieht diese Zwecke in ihr, sie tötendes Licht. Was wird nun geschehen? – Die Freimaurer werden sich von dem verratenen Geheimnisse lossagen und, um sich von allem Verdacht unredlicher Zwecke auf einmal zu befreien, die Logen schließen und den „zerschmetterten Freimaurer“ in ihre Bibliothek stellen. – Nein! die Gesellschaft dauert fort, als ob nie ein Wort über sie gesprochen, kein Buchstabe über sie gedruckt wäre und das Stillschweigen in ihr unverbrüchlich gehalten würde.

Endlich zerreißt die Gesellschaft selbst in ihrem Inneren, alle Einheit hört auf, sie spalten sich in Sekten, die sie Systeme nennen, verketzern sich gegenseitig, tun sich in den Bann und wiederholen das Spiel mit einer allein seligmachenden Kirche. Der ehrliche Servati fragt: Und wollte ich ein Freimaurer werden, wo sind die echten Meister zu Hause? Und weiß in seinem dicken Buche keine Antwort zu geben; indes die Maurer aller Farben und Zeichen einmütig antworten: Nirgends! Nirgends, als bei uns.

Was erfolgt nun? Der Ungeweihte, der doch sonst noch, wenigstens vor dem Brudernamen Ehrfurcht hatte, findet jetzt die sich verfolgenden und verketzernden Maurer – lächerlich, und es fällt auf die Maurerei etwas, das schlimmer ist, als alle Verfolgung – kalter Spott und Hohn der feinen Welt. Nun wird doch ohne Zweifel die Auflösung der wunderbaren Gesellschaft erfolgen? – Wiederum nein! sie erhält und verbreitet sich wie immer, und mancher feige Bruder, der über und über erröten würde, wenn man in einem feinen Zirkel sagte, er sei Freimaurer, geht nach wie vor gewissenhaft in die Loge.

Sieh, Konstant, so steht es mit dem Orden, dessen Geheimnis Du ergründen willst; über den Verfolgung und Spott, Unwissenheit und Verrat nichts vermögen. – So wie man zuweilen im Spaß gesagt hat: Das größte Geheimnis der Freimaurer ist, daß sie keins haben; so kann man mit Recht sagen: Das offenbarste und dennoch geheimste Geheimnis der Freimaurer ist, daß sie sind und fortdauern. Denn – was ist es doch, was kann es doch sein, das alle Menschen von der verschiedensten Denkart, Lebensweise und Bildung zusammen verbindet und unter tausend Schwierigkeiten, in dieser Zeit der Erleuchtung und Erkaltung, beieinander erhält?

Laß uns weiter gehen, und diese Männer selbst näher betrachten. Es sind vielleicht lauter Schwachköpfe, Schwärmer, Heuchler, Intriganten oder Herrschsüchtige, die sich untereinander verbunden haben. Nun dann, so ist es begreiflich, wie sich der unredliche Schlaukopf mit Narren verbinden kann, um sie zu seinen Absichten zu lenken oder wenigstens, sich an ihrer Torheit zu belustigen; begreiflich, wie der Herrschsüchtige den Schwärmer bei seiner Geheimnissucht fangen und seinem Stolze zu gefallen, den Mann, der sonst an Rang und Ansehen über ihm steht, unter seine Befehle nehmen kann; begreiflich, wie der Intrigant sich mit Schwachköpfen verbinden kann, um diese sagen und – zahlen zu lassen, was ihm gefällt. Aber nein! – in allen Zeitaltern finden sich die weisesten, redlichsten, durch Talent, Kenntnisse und Charakter ehrwürdigsten Männer im Orden, überall sind mehrere – ist gewiß einer – unter den Brüdern, dem Du Dich mit vollem Vertrauen als dem Führer und Leiter Deines Lebens in die Arme werfen würdest.

Doch – ich lasse keinen möglichen Einwurf zur Seite liegen – dieser weise und redliche Mann kann durch irgendeinen Zufall und in irgendeiner Jugendlaune in einen Orden geraten sein, der ihm nach seinem inneren Wesen unbekannt war. Er wird mit ihm bekannt, findet, daß es nichts sei und auf eine kindische Spielerei hinauslaufe. Er kann nicht zurück, eine gewisse Eitelkeit verhindert ihn, sich als einen Getäuschten darzustellen; seine innere Scham aber verleidet ihm, sich der leeren Sache hinzugeben, und – er zieht sich ohne Aufsehen in aller Stille zurück. – Ist dies die wahre Geschichte aller redlichen und weisen Männer im Orden, so – stehen wir hier, am Ende unserer Untersuchungen, wir schämen uns, daß wir den Orden auch nur so weit unserer Aufmerksamkeit gewürdigt haben und überlassen ihn mit bedauerndem Lächeln den gutmütigen Schwärmern und den selbstsüchtigen Intriganten.

Aber das ist sie nicht, so wahr Deine Erfahrungen sind, und die meinen. Die wahrhaft weisen und redlichen Männer, die wir kennen, sind im Orden vorwärts geschritten, haben sich ernstlich mit ihm beschäftigt, für ihn sich abgearbeitet und sogar andere wichtige Zwecke aufgeopfert.

Und nun stehe ich auf dem Punkte, den ich für Dich, den Nichtmaurer, und für jede konsequente Vernunft für fest und sicher halte:

So wahr auch nur ein ohnstreitig weiser und tugendhafter Mann sich ernsthaft mit dem Freimaurer-Orden beschäftigt, so wahr ist es kein Spiel, so gewiß hat er einen, und zwar ernsten und erhabenen Zweck.

So hätten wir denn den Standpunkt gefunden, von welchem aus wir alles übrige überblicken und unseren Fuß mit Bedacht weiter setzen können.