Platz der Befreiung - Andrej Blatnik - E-Book

Platz der Befreiung E-Book

Andrej Blatnik

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Beschreibung

Zwischen Liebe, Aufbegehren und Punkrock: Eine Nahaufnahme von der Entstehung des modernen Sloweniens. Als bei einer politischen Kundgebung ein zögerlicher Konformist einer entschlossenen Rebellin auf die blauen Samtschuhe tritt, nimmt eine verzwickte Liebesgeschichte ihren Lauf. Die beiden gehen Eis essen, besuchen Punk-Konzerte und reden, reden, reden. Wortreich begleitet auch der Vater des jungen Mannes die Umwälzung der späten Achtzigerjahre. Mit skurrilen Seitengesprächen versucht er den Sohn auf die aufziehenden neuen Zeiten einzuschwören und Kapital daraus zu schlagen. Am Ende stehen die slowenische Unabhängigkeit und Ratlosigkeit.

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Seitenzahl: 361

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Foto: © Borut Krajnc

Andrej Blatnik, geboren 1963 in Ljubljana, spielte als Bassist in einer Punkband; mit zwanzig veröffentlichte er erste Erzählungen. Heute arbeitet er als Verlagslektor und unterrichtet Kreatives Schreiben. Er ist einer der beliebtesten slowenischen Autoren seiner Generation, wobei er laut eigener Aussage lieber lebt als schreibt.

Klaus Detlef Olof ist der Grandseigneur der Übersetzer südslawischer Literaturen. Früher Professor an den Unis Klagenfurt und Graz.

Er übersetzte France Prešeren, Miroslav Krleža, Drago Jančar, Goran Vojnović, Ana Schnabl u. v. a. Österreichischer Staatspreis für literarische Übersetzung.

ZWISCHEN LIEBE, AUFBEGEHREN UND PUNKROCK: EINE NAHAUFNAHME VON DER ENTSTEHUNG DES MODERNEN SLOWENIEN.

Als bei einer politischen Kundgebung ein zögerlicher Konformist einer entschlossenen Rebellin auf die blauen Wildlederschuhe tritt, nimmt eine verzwickte Liebesgeschichte ihren Lauf. Die beiden gehen Eis essen, besuchen Punkkonzerte und reden, reden, reden. Wortreich begleitet auch der Vater des jungen Mannes die Umwälzungen der späten Achtzigerjahre. Mit skurrilen Seitengesprächen versucht er den Sohn auf die aufziehenden neuen Zeiten einzuschwören und Kapital daraus zu schlagen. Am Ende stehen die slowenische Unabhängigkeit und Ratlosigkeit.

Pressestimmen zu Büchern von Andrej Blatnik:

„Einer der interessantesten jüngeren Autoren Sloweniens.“ Die Zeit

„Eine unheimliche Aura und eine filmische Unmittelbarkeit, die an Geschichten von Raymond Carver oder Patrick Roth erinnern.“ NZZ

„Die Bilder von düsterer Schönheit und ihren einsamen Helden erinnern mal an die Filme von Wim Wenders, mal an Sofia Coppolas ‚Lost in Translation‘.“ NDR

ANDREJ BLATNIK

Platz der Befreiung

Roman

Aus dem Slowenischen von Klaus Detlef Olof

Mit Beiträgen im Anhang von Mitja Velikonjaund Jagna Pogačnik

Niemand will niemand sein.Globale Weisheit

Inhalt

Platz der Revolution

Diese fernen Zeiten

Unter der Decke

Tritte

Dario Diviacchi

57

Das Mikrofon in der Wand

Blaue Wildlederschuhe

Abgänge, Zugänge

Diskontinuitäten

Stapeln

Die Überprüfung

Unterm Prešeren

Durchhaltevermögen

Entwicklungslinien

Übergangsriten

Abgeben

Zugeschnitten

Mladen Rudonja

Strategie

Auf dem Steilhang

Organisieren

Wer ist wer

Verkleidung

Ein Häuschen in Blumen

Die Explosion

Der Heimkehrer

Mit beschränkter Haftung

Natürlich

Zugehörigkeit

Verschiebung

Abspaltung

Flecken an der Wand

Das Plebiszit

Wie vorher

Weit weg

Abrechnung

Wild at Heart

Prinzessin von Dedinje

Beben

Später

Quasi

Bahrudin Kaletović

Wer hat Laura Palmer ermordet?

Ins Leere

Mit wen’ger Grauen

Wir rufen Sie an

Wiederholung

Kühe weiden

Kriegsende

Gefallene Engel

Eine Tasse Kaffee

Andere Zeiten

Vernetzung

Ich will nicht

Gottes Wille

Blutdruck

Der Moment der Unabhängigkeit

Die Tränen der Sonja Lokar

Fiktive Autobiografien

Katalog des Wandels

Aussöhnung

Glück

Beweglichkeit

Die Generation

Schmerzgewohnt

Casio

Unsrer Väter Ruhmestaten

Meister der Übernahme

Werbung

Dahinter

Wechsel

Im Hintergrund

Ich kann jetzt nicht

Ein guter Job

Auf eigenem Grund und Boden

Fünftausend Jahre

Übermalt

Rasenmähen

Unvollendet

Die Zuschüttung

Zerkaut

Die Diagnose

Im Wartestand

Im letzten Moment

Hitze

Nichts mehr

Rituale des Abschieds

Abwesenheit

Verschlossene Türen

Eingezäunt

Erinnerungen, Kameradschaft

Jedem das Seine

Zugehörigkeit

Verhalten

Allumfassend

Reinigung

Können

Wahlmöglichkeiten

Slowenische Volksweisen

Kinder des Opportunismus

Der falsche Platz

Letzte Frage

Wert

Sie kommen!

Wovon ich spreche, wenn ich über Andrej Blatnik schreibe

Anmerkungen

Platz der Revolution

Die Kundgebung war für zwei Uhr nachmittags angesagt. Er kam gut fünfzehn Minuten früher, und auf dem Platz war fast niemand. Die Organisatoren liefen nervös von einem Ende zum anderen. Die Bühnenarbeiter sahen sich fragend an: so eine Bühne, so eine Riesenbeschallung – für ein paar Dutzend Leute?

Darko lief an ihm vorüber und sah sich um, als ob es helfen würde, jeden Moment nachzusehen, ob vielleicht doch noch jemand kommt, damit die ganze Kabelei nicht umsonst ausgelegt worden war. Ein paar Dutzend Leute, das war zu wenig. Alles umsonst. Er fing seinen fragenden Blick auf und hob die Arme. Ich habe mein Bestes getan, mehr kann ich nicht tun, hieß das. Sie schienen beide gleichermaßen überrascht. In den letzten Tagen hatte es so viel Wirbel gegeben, so viele Leute hatten davon gesprochen, dass etwas getan werden müsse, und jetzt waren alle zu Hause geblieben! So kann man die Welt nicht verändern. Nicht mal die eigene Straße.

Dann ging es los. Aus allen Seitenstraßen strömten die Menschenmassen herbei. Von links, von rechts, von überall. Unaufhaltsam. Hippies, Punker, Studenten, Stadtstreicher, Gewerbetreibende, Arbeiter, Professoren, Bauern. Alle. Innerhalb weniger Minuten war der Platz bis in die letzten Ecken gefüllt. Wildfremde Menschen nickten einander zu und grüßten sich. Wir stehen zusammen, sagten sie einander ohne Worte. Wir sind nicht allein. Wir sind viele, und es kommen noch mehr. Wir werden noch mehr.

Auch auf der Bühne ging es los. Die Gitarren dröhnten. Die Pankrti, die Band aus dem Arbeiterviertel Moste, die vor sechs Monaten aufgehört hatte zu spielen, hatten extra für diesen Anlass wieder zusammengefunden. Pero rief von der Bühne herunter, dass es nicht um Politik gehe, sondern dass sie ihre Freunde aus der Fußballmannschaft zurückhaben wollten, die jetzt im Militärgefängnis säßen. Privates ist politisch. Politisches ist privat. Glück kann dem Menschen weder der Staat noch das System, noch eine politische Partei geben – sie können es ihm aber nehmen.

Diese fernen Zeiten

Die Pankrti waren mehr als zehn Jahre zuvor entstanden und hatten ihr erstes Konzert in der Turnhalle des Vorstadt-Gymnasiums gegeben. Einer Schule, die von jenen, die als künftige Stützen der Gesellschaft vorgesehen waren, nicht besucht wurde. Und doch, oder vielleicht gerade deshalb, hatte dort vieles begonnen.

Er war bei diesem Konzert einer von vielleicht zweihundert Zuhörern gewesen; später sollten mehrere Tausend behaupten, sie seien dort gewesen. Sie seien dabei gewesen. Aber sie waren es nicht. Damals nicht. Sie kamen erst später. Wie immer, wenn etwas Großes beginnt – dann sagen alle, sie seien von Anfang an dabei gewesen.

Er hatte auf ein handgeschriebenes Plakat vor dem Haus reagiert. Mehrere Mädchen, die nicht ahnten, was sie erwartete, richteten sich so her, als handelte es sich um einen der zahlreichen Tanzabende. Es war die Zeit des verordneten Vergessens der Realität mit den Disco-Hits Night Fever, You Should Be Dancing, Stayin’ Alive … Aber in der Turnhalle in Moste war es anders. Zwischen Band und Publikum lagen Turnmatten auf dem Boden, Pero warf sich abwechselnd hin und stand wieder auf. Aber zuerst warf er dem obersten Musikkritiker, der später den Rock ’n’ Roll aufgab und sich einem ruhigeren Leben widmete, Blumen zog und Esel züchtete, seinen Schuh an den Kopf. Woanders hätte das schon gereicht, um eine Schlägerei auszulösen, aber die Stimmung beim Konzert war gut. Lebhaft, kumpelhaft, ironisch. Niemand, auch nicht die Band auf der Bühne, ahnte, dass eine Geschichte begonnen hatte, die Jahrzehnte dauern würde.

Als die erste Single herauskam, empfahl der führende Hofdissident, „da müsst ihr drüber weghören“, und kam zu dem Schluss, dass der Punk ein „interessantes und relativ tragisches Phänomen von Anti-Musik“ sei. Er wurde mit einer höheren Umsatzsteuer belegt, der sogenannten Steuer auf Schund, wie sich eine andere, ähnlich geartete Band dann auch gleich nannte. Der Vorsitzende des zuständigen Ausschusses bemerkte im Scherz, das sei deshalb geschehen, weil man ihm gesagt habe, beim Punk seien die Texte die Hauptsache, er habe aber das Genuschel des Frontmanns überhaupt nicht verstehen können.

Diese fernen Zeiten. Die Musik schien zu passen, aber was ist danach, wir hüpfen noch ein paar Mal auf und ab, und alles bleibt, wie es war. Wir sind auf Linie, daran kann sich nichts ändern. Und doch änderte sich alles, Tag für Tag, und immer schneller. Vierzig Jahre später, drei Jahrzehnte nach ihrer Selbstauflösung, sangen die Pankrti, fast die gleichen, mit der Patina der Jahre, ein neues Lied: Das ist nicht mehr Slowenien. Die Gletscher schmelzen, weil uns die Tycoons bestohlen haben, lautete die kurze Zusammenfassung. Alles ist miteinander verbunden. Der Markt ist global geworden. Schmetterlingsflügel in China, Fledermausflügel in China, jeder kriegt alles frei Haus. Was du bestellt hast, das kriegst du, alles hat seinen Preis, für alles wirst du bezahlen.

Aber das erste Konzert lag mehr als zehn Jahre zurück, bevor die Pankrti, zum ersten Mal wiedervereinigt, was danach regelmäßig geschah, auf der Bühne auf der Zvezda standen, auf dem „Stern“, wie die Leute den Platz bei all den Namenswechseln gern nannten. Das war in jenen fernen Zeiten, als es noch hieß: Du darfst nichts verpassen, sonst verpasst du alles. Sonntagabends Radio Študent, wo Darko neue Musik präsentiert, wie könntest du das verpassen, wenn die Sendung doch Sei jetzt hier oder Rock fronta heißt, du willst dabei sein, an der Front, in der ersten Linie, wie könntest du das verpassen, wie so ein geiles Stück überhören, so eine geile Band, die gut klingt und auch etwas zu sagen hat? Und freitags musste man unbedingt in die Mensa des Studentendorfs, dort spielte es sich live ab. Nicht tagsüber Schlange stehen um sozialistisch schmeckende Mahlzeiten, sondern abends kommen, wenn die Gitarren von Bands mit seltsamen Namen dröhnen, Klinska pomora, Trobecove krušne peći, Termiti, Problemi, wenn verschwitzte Sänger ohne T-Shirt Schweiß und Spucke über die hüpfenden Zuhörer in den ersten Reihen sprühen.

Manche der Auftretenden sind im Laufe der Jahre in die Geschichte eingegangen, andere in persönliche Mythologien, es gab auch solche, die sich am nächsten Tag selbst vergessen hatten. Den einen wurde während des Auftritts der Strom abgedreht, weil man sie anders nicht von der Bühne herunterbrachte, andere zogen sich beim wilden Herumspringen und Fuchteln mit den Gitarren die Kabel selbst raus. Unplugged gegen ihren Willen! Auf viele Teenager warteten nach den Konzerten noch lange Fußmärsche nach Haus, bei denen sie in der Stille der Nacht das Gehörte noch einmal Revue passieren lassen und überdenken konnten. Sie kehrten zurück, zu jenen Minuten voller Energie, die von der Bühne ins Publikum und wieder zurück gesprüht war. Und wieder zurück.

Diese fernen Zeiten, in denen Musiker und Zuhörer einander so nahe, in denen sie einander in Lärm, Spucke und Schweiß verbunden waren, in denen man auf die Bühne sprang und sich von ihr herunterwarf, wo es keine Barrieren und keine Sicherheitsleute gab, um sie voneinander zu trennen. Damals hast du dich freitagabends in Klamotten geworfen, die du, wenn es einmal richtig wild wurde, auch getrost in den Müll werfen konntest.

Diese fernen Zeiten, in denen man so manches wegwerfen konnte, als es aber hieß, dass du dabei sein musst, dass du nicht wegwerfen darfst, dabei zu sein. Dass du jetzt hier sein musst, dass du nichts verpassen darfst, denn sonst verpasst du alles.

Unter der Decke

Der Dichter rezitierte von der Bühne herab, dass die Raben im Dunkeln schreien, sie werden alle Vögel erschlagen, auch die unter der Schädeldecke. Er kannte das Gedicht auswendig, viele im Publikum kannten es und lauschten ihm aufmerksam, damals wurde Poesie massenhaft gelesen, es ist schwer zu erklären, warum, Politikwissenschaftler sagen, es habe daran gelegen, dass wir keinen Staat hatten, Wirtschaftswissenschaftler sagen, es habe daran gelegen, dass es keinen Markt gab oder zumindest nichts auf dem Markt, Staatswissenschaftler sagen, es habe daran gelegen, dass man nicht nach eigenem Gutdünken wirtschaften konnte, die Geistlichkeit sagt, es habe daran gelegen, dass man heimlich glauben musste – jeder hat seine eigenen Gründe, warum damals, und noch mehr Gründe, warum heute nicht mehr.

Damals wurde Poesie gelesen und gefühlt, bis zu diesem Tag war dieses Gedicht eine ferne Metapher gewesen, aber jetzt klang es sehr wahrhaftig. Man sprach davon, dass die Armee in den Kasernen in Kampfmontur schlafe, dass sie nur auf den Befehl warte, um auf die Straße hinauszustürmen. Man sprach davon, dass es Listen mit den Namen derjenigen gab, die man sich zuerst holen werde. Und immer werde man sich zuerst jene holen, deren Beispiel zur Rebellion verleite. Jene, die zu den Massen sprechen können und von den Massen gehört werden. Ihr wisst doch von der Reichskristallnacht, wurde gesagt, leise, weil du nie wusstest, ob nicht auch jemand zuhört, der etwas weitertragen würde, in falsche Ohren. Und ihr habt doch vom armenischen Roten Sonntag gehört: Nach langen Listen wurden in einer Nacht Hunderte der einflussreichsten Personen aus ihren Betten gezerrt und in Lager gesteckt, um ihre nationale Bewegung zu stoppen. Auch bei uns gibt es solche Listen, bestimmt, es kann nicht anders sein, es war nie anders. Habt ihr keine Angst, dass ihr darauf steht und dass ihr mitten in der Nacht geweckt werdet, wenn diese Nacht kommt? Oder habt ihr Angst, dass ihr nicht auf der Liste steht und der Staat offensichtlich keine Angst vor euch hat?

Angst, der gegenseitige Austausch der Angst – ein starkes Bindemittel. Die an der Macht haben Angst, nicht mehr an der Macht zu sein und vom Volk zermalmt zu werden. Die unten haben Angst, von der Macht zermalmt zu werden. Angst ist keine Einbildung, sie zermalmt, langsam, Tag für Tag. Vorsichtig, damit es nicht an ausländische Beobachter gelangt, in ausländische Zeitungen, damit keine Diplomaten protestieren, damit die Finanzkanäle nicht austrocknen, das Ausland mischt sich immer in die inneren Angelegenheiten ein. Vorsicht ist geboten, für den Moment. Aber so kann es nicht bleiben; wenn es losgeht, wird so mancher nicht wieder aufstehen.

Mit jedem Wort von der Bühne bröckelte die Angst und wuchs die Entschlossenheit. Der Platz war voll. Unbekannte nickten einander zu: Wir sind auf dem richtigen Weg. Auf unserem Weg. Endlich.

Er drängte sich nicht in die vordersten Reihen durch, wie bei den Punkkonzerten in der Mensa des Studentendorfs. Er stand hinten und sah zu. Diesmal war es nicht so wichtig zu sehen, was die auf der Bühne taten, wichtiger war es, den Puls der vielen Menschen zu fühlen, die den Platz der Befreiung füllten.

„Das war einmal der Platz der Revolution“, sagte ein alter Mann, der sich neben ihm auf einen Stock stützte.

„Noch früher war es der Kongressplatz. Vielleicht wird er es wieder“, bemerkte ein Altersgenosse neben ihm.

„Wenn die Befreiung vorbei ist?“

Sie grinsten, sahen sich an und hielten sich die Hand vor den Mund.

Tritte

„He, pass auf, wo du hintrittst.“

Er drehte sich um.

Wütend sah ihn ein Mädchen an.

Hübsch.

Ihre blauen Wildlederschuhe waren ausgelatscht.

„Sorry. Ich habe nicht geschaut.“

„Natürlich hast du nicht geschaut. Wer schaut schon zurück? Keiner. Warum auch? Man schaut nach vorn. Pass trotzdem auf. Das sind meine blauen Wildlederschuhe. Das Symbol meiner Individualität und meines Glaubens an die persönliche Freiheit.“

Uff. Große Worte. Ist es schon Zeit für so große Worte?

„Glaubst du an die persönliche Freiheit?“

„Und an nichts anderes.“

Will sie mich provozieren? Eine Provokateurin? Vermutlich gibt es in dieser Menge viele, die zum Schnüffeln gekommen sind, was jemand denkt. Zum Horchen, wie jemand redet.

„Und hilft es? Hast du sie?“

„Wenn ich sie hätte, bräuchte ich nicht an sie zu glauben, oder? Ich würde sie einfach leben.“

„Uff. Studierst du Philosophie?“

„I wo. Das ist eine gewöhnliche Phrase. Für gewöhnliche Menschen. Du kannst mir bestimmt was Besseres sagen.“

Bestimmt will sie mich provozieren.

„Würde ich gern, aber der Lärm würde mich übertönen.“

„He, das ist der Lärm der Befreiung.“

„Wenn du es sagst. Aber es ist anstrengend, nicht wahr?“

Das Mädchen sah ihn erstaunt an.

„Anstrengend? Weichei! Du hast doch nicht etwa Dario Diviacchi auf VHS aufgenommen und hörst ihn noch immer? Und schaust ihn natürlich.“

„Dario who?“

Sie schnaubte.

„Wo bist du aufgewachsen? Ich sehe, ich muss dir mal ein paar Kassetten mitbringen.“

Sie trat einen Schritt zurück und maß ihn mit dem Blick.

„Natürlich nur, wenn du was zum Abspielen hast. Sonst musst du zu mir kommen.“

Was geht hier ab? Okkupation in kurzen Zügen?

Dario Diviacchi

Visok pritisk beziehungsweise Alta Pressione startete Ende 1979, MTV kam erst zwei Jahre später. Die Sendung wurde von Televizija Koper-Capodistria in italienischer Sprache ausgestrahlt, sie reichte auch über die damals feste und sehr reale Grenze hinaus. 1981 wurde daraus Videomix und überschwemmte ganz Italien. Da wurden Musikvideos gespielt, damals etwas völlig Neues. Duran Duran wurden zu Stars, zu ihrer Musik bewegten sich im Glitzerlicht der Bildschirme schöne, langbeinige Mädchen, Aufnahmen von sich langsam drehenden Deckenventilatoren in tropischen Restaurants brachten die Exotik sogar hinter den Eisernen Vorhang.

Jeden Donnerstagabend, wenn dieser Luxus live übertragen wurde und Dario zwischendurch etwas sagte, waren die Straßen leergefegt. Die Zuschauer riefen im Studio an, um mit dem freundlichen Moderator zu sprechen, als Gast kam der schwedische – und dank der Skier, auf denen er gewann, auch ein wenig slowenische – Ski-Hero Ingemar Stenmark und sang Waterloo, das Lied, mit dem die schwedische Gruppe ABBA 1974 den Eurovision Song Contest gewonnen hatte und an den Sternenhimmel der Berühmtheiten versetzt worden war.

Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid, in der Zeit der Triumphe praktischerweise zu zwei Paaren verbunden, vermarkteten ihren Eurovisionserfolg in der Geschichte am besten. Sie vermieden es erfolgreich, in die übliche Falle zu tappen und mit der Zeit zu den schwächsten Imitatoren ihrer selbst zu werden. Sie verstanden es, in Würde zu altern. Die anfänglich unbeschwerten Schlager nahmen immer düsterere Töne an, je mehr sich die Paare auseinanderlebten. Die Texte begannen alles offen zu benennen, die Wünsche (gebt mir einen Mann nach Mitternacht), die Verzweiflung (einer von uns beiden musste gehen und weint jetzt allein im Bett), die Feststellung des Endes (wenn der Sommer vorbei ist und dunkle Wolken die Sonne verdecken, können wir keinem von uns die Schuld geben, wenn alles gesagt und getan ist) und die Geständnisse (wir sind ein bisschen abgetragen, aber nicht würdelos und nicht zu alt für Sex).

Obwohl er Italiener war, wurde Dario Diviacchi für manche der beliebteste Slowene. Slowene? Italiener? Noch jahrelang wurde in den Kneipen darüber debattiert, dass Dario väterlicherseits Istrianer und mütterlicherseits ein Bric aus dem Collio sei, eine neue Nationalität für neue Zeiten, eine Mixtur, das ist besser so, ihr wisst ja, wie es ausgegangen ist, als sie da oben irgendwo im Norden anfingen, auf Rassenreinheit abzufahren? Dario Internazionale, das ist besser, viel besser. Ansonsten sind wir aber alle Jugoslawen, oder nicht, wer es noch nicht ist, wird es der noch werden? Nein, das sagte keiner, wenn die Kneipe abgelegen genug war, hätten wir uns schnell prügeln können, und bevor die Polizei da gewesen wäre, wäre es schon vorbei gewesen. In den Schmieden der Brüderlichkeit und Einheit war das Feuer längst erloschen.

Im Jahr 1986 lief auch Videomix aus. Ein Jahr später erschien die 57. Nummer der Nova Revija.

57

Die neue Zeitschrift kam nicht einfach zustande, das geschah auf eine Art und Weise, die einige Jahrzehnte später fast idyllisch anmutet: Einige Intellektuelle unterzeichneten 1980 eine Petition, im Namen der Demokratie eine neue Zeitschrift für Philosophie und Poesie zu gründen, die höchsten politischen Gremien diskutierten eine Zeit lang über diese Frage, Meinungen prallten aufeinander, und schließlich, zwei Jahre später, floss das Geld. Goldene Zeiten für Debatten über Philosophie und Poesie, selbst in höchsten politischen Kreisen, würde ein Zyniker sagen.

Die entscheidende Ausgabe war die Nummer 57 mit dem Leitartikel „Beiträge zum slowenischen Nationalprogramm“. Als Ausgangspunkt wurde konstatiert, dass sich die Slowenen in Jugoslawien in einer Krise befinden, die sich „in besonderem Kleinmut, in Massenauswanderung und einer hohen Selbstmordrate äußert“. Vom Unterschied im Bruttosozialprodukt, der später in das Vokabular der Sezessionisten Eingang fand, war nicht die Rede. Es waren Zeiten, als sich Denker und Dichter nicht durch die Ökonomie des Mehrwerts rechtfertigen mussten; auch andere Gerüchte waren berücksichtigenswert. Die Erlangung der staatlichen Selbstständigkeit begann mit der Selbstständigkeit des Geistes, nicht des Geldes.

Obwohl die Nova Revija über Dinge schrieb, die schon lange in der Luft lagen, kamen auf ihren Seiten diese kaum vorstellbaren Ideen wie aus allen Wolken gefallen aufs Papier. Panik brach aus. Überall in der Republik trafen sich die politisch Organisierten und interpretierten einander, was auf diesen von Hand zu Hand weitergereichten Fotokopien stand und was mit dem, was da geschrieben stand, in Wirklichkeit gemeint war. Es lasen auch jene, die sonst nicht lasen.

„Hast du diese Zeitschrift?“, fragte ihn sein Vater.

„Welche Zeitschrift?“

„Komm schon. Du weißt, was ich meine.“

Ein paar Tage später brachte er sie ihm zurück.

„Interessant“, sagte er.

„Wie fandest du es?“

„Ich sag doch.“

„Komm schon. Sag ein bisschen mehr.“

Sein Vater lächelte.

„Ich bin es nicht gewohnt, ein bisschen mehr zu sagen. Das ist etwas für euch Jungen.“

„Das heißt, du stimmst zu, dass mehr gesagt werden muss.“

„Ich sage auch, dass du die Zeiten fürchten musst, wo du alles sagen kannst. Dann wird vielleicht keiner mithören. Das ist jetzt anders.“

Er deutete zur Zimmerdecke hinauf und nickte. Damit war das Gespräch beendet.

Das Mikrofon in der Wand

Wer sich an die Achtziger erinnert, ist nicht dabei gewesen, feixten jahre- und jahrzehntelang die in den Sechzigern Geborenen. Und doch sprachen sie gern über die Achtziger, die Zeit ihrer Jugend, die, je weiter sie wegrückte, immer idealer wurde. Sie sprachen vom Auslaufen der Zeit des marxistischen Opiums fürs Volk (solange es Tito gab, gab es auch Shit, stand an der Wand eines beliebten Lokals, und Shit war der Deckname für Haschisch) und von dem zunehmenden Gefühl, dass die Welt, in die sie hineingeboren worden waren, zerfiel und eine neue aus dieser Transformation vielleicht nicht entstehen werde. Dass es das – gewesen sei. Alles, was möglich ist. Dass der Augenblick genossen werden müsse, dass es keine Vergangenheit mehr gebe, dass das Morgen zu weit weg sei.

Diejenigen, die früher geboren waren, glaubten etwas anderes: dass nichts vergessen sei, dass alles aufgezeichnet, aufgeschrieben und dokumentiert sei. Dass der Mensch nirgends, auch nicht zu Hause, zu laut denken dürfe, weil man nie wisse, wer hört, was man denkt. Der in seine Wohnung gesperrte Dichter, ein ehemaliger Minister und Parlamentspräsident, war nach der Enthüllung seiner Angst und seines Mutes zum ungewollten Pensionär geworden. Zwei Jahre nach dem erneuten Erscheinen seines Kriegstagebuchs mit dem Sehnsuchtstitel Tovarišija, Kameradschaft, den Erinnerungen eines Amateurs unter Professionellen, deretwegen er bei den Kameraden endgültig in Ungnade gefallen war, veröffentlichte er in dem Band Poročilo („Der Bericht“) ein Gedicht, in dem es heißt: „Mein Schweigen ist beredt, in ihm bist du verurteilt zum Abgrund der Wahrheit.“ Und an Berichten über ihn gab es keinen Mangel, Dutzende von Informanten produzierten Tausende Seiten von Dokumenten.

Wurden sie jemals gelesen? Oder erreichten diese Berichte ihren Zweck allein schon damit, dass sie existierten? Dass man wusste, dass sie existieren?

Blaue Wildlederschuhe

„Also?“

„Also – was?“

„Du hast mir nicht geantwortet, ob du was hast, wo du die Kassette reinschieben kannst.“

Spricht sie konkret oder metaphorisch? Wenn metaphorisch, ist sie furchtbar banal.

„He, ich steh nicht auf diesen Pop.“

Sie nickte.

„Ich hatte gehofft, dass du das sagst. Bravo.“

Sie kam näher.

Und was ist mit dem Abstand? Gibst du nichts mehr auf dein Symbol der Individualität und persönlichen Freiheit?

Sie zog Notizblock und Kuli aus der Tasche. Sie blätterte darin, und er sah, dass er vollgekritzelt war, zwischen die Notizen hatten sich Vignetten geschoben, gelegentliche Kaskaden von Zahlen, eingeklebte Zeitungsausschnitte.

Die persönliche Geschichte in einem Band?

Nachdem sie ein Blatt zweimal umgeblättert und überprüft hatte, ob es wirklich leer war, schrieb sie eine Zahl darauf und zeigte sie ihm.

„Hier findest du mich.“

„Soll ich die Nummer auswendig lernen?“

„Das wäre schön. Das würde beweisen, dass du wirklich interessiert bist!“

Sie sah ihn prüfend an.

„Aber ich weiß nicht, ob ich dir eine so schwere Prüfung zumuten kann. Gleich am Anfang, meine ich.“

Entschlossen riss sie den Zettel ab und hielt ihn ihm hin.

Ich müsste jetzt sehen, wie viele schon fehlen –

Macht sie das jeden Tag?

Oder nur an besonderen Tagen, wie es dieser einer ist?

„Du brauchst ihn nicht zu nehmen, wenn du nicht willst“, sagte sie.

„Wahlfreiheit?“

Sie nickte.

„Natürlich. Immer.“

„Deshalb sind wir hier, nicht?“

„Auch deshalb. Privates ist politisch, und Politisches ist privat, sozusagen. Du weißt schon.“

„Jetzt weiß ich, dass du wirklich Philosophie studierst.“

„Du hast keine Ahnung.“

„Und was soll ich tun, um eine zu kriegen?“

„Nimm den Zettel. Das ist ein Anfang.“

Er nahm ihn und faltete ihn sorgfältig zusammen. Er dachte, dass sie ihn absichtlich ganz am Rand gehalten hatte, damit sich ihre Finger nicht berührten – außer er hätte es versucht.

Wenn ich gezeigt hätte, dass ich es absichtlich tue.

„Wie ich sagte – meine Nummer. Aber nicht ganz meine. Ich habe mich noch nicht verselbstständigt. Du weißt ja, dass ich bei Papa und Mama wohne?“

„Wie kann ich das wissen?“

„Sehe ich für dich nicht so aus?“

„Wie sehen denn solche aus?“

„Nun – ordentlich. Zurückhaltend. Still und schüchtern.“

„Aha, ja, wirklich. Du bist so, danke, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast.“

Sie nickte zufrieden.

„Du bist nicht so ein verlorenes Exemplar, wie ich befürchtet habe. Wenn dich jemand auf den richtigen Weg bringt, verstehst du, die Richtung zu halten.“

„Ich bin froh, dass du Hoffnung in mich setzt.“

„Ich auch. Du weißt, warum ich dir ausdrücklich gesagt habe, dass ich bei Papa und Mama wohne?“

„Um mir auf Umwegen zu sagen, dass du noch nicht verheiratet bist?“

Unbändiges Lachen.

„Jetzt mach mal halblang! Ich, verheiratet? Nie. Du hast keine Beobachtungsgabe. Du hast mich nicht gesehen, als du auf mir herumgetrampelt bist, und jetzt siehst du mich noch immer nicht.“

Sie nahm seine Hand.

Will sie den Zettel mit der Nummer zurück?

„Ich sage es dir deshalb, damit du nicht sofort, wenn du mich anrufst, all das rauslässt, was du sagen willst. Versichere dich zuerst, dass du wirklich mit mir sprichst. Und nicht mit meiner Mutter.“

Abgänge, Zugänge

Das Meeting war zu Ende. Er sah ihr nach, als sie wegging. Der Platz begann sich langsam zu leeren. Als sie sich unter den anderen Weggehenden verlor, musste er sich eingestehen, dass er nicht umsonst gekommen war.

Offensichtlich dachten die Leute, die an ihm vorübergingen, dasselbe. Unbekannte nickten einander zufrieden zu.

Wir sind nicht umsonst gekommen. Auch der Wandel wird kommen. Vielleicht nicht schon morgen. Aber er kommt.

Diskontinuitäten

Auf diesem Platz haben sich Bezeichnungen, Herrscher und Paraden abgewechselt. Angelegt hatte man ihn für den Kongress der Heiligen Allianz, der Allianz gegen die Französische Revolution. 1821 trafen einander zahlreiche Staatsoberhäupter in der Stadt. Es kamen der österreichische Kaiser, der russische Kaiser, der König von Neapel und andere Herrscher.

Drei Jahre später unter Bürgermeister Hradecky als sternförmiger Park umgestaltet, war er der erste öffentliche Park der Stadt. Kosmologen sagen, er sei ein Visionär gewesen, der Stern habe bereits auf die neuen Zeiten hingewiesen, ein paar Jahre später zerfiel die Heilige Allianz.

Am schönsten geschmückt war der Platz, als Kaiser Franz Joseph seine slowenischen Untertanen gemeinsam mit der Kaiserin mit einem Besuch beehrte. Danach herrschte dort immer mehr slowenisches Treiben. Die Slovenska matica, eine Art Patriotischer Gesellschaft, wurde zu einer entscheidenden Heimstatt für slowenische Gedanken und Bücher. Das Gebäude der Slowenischen Philharmonie ersetzte das abgebrannte ständische Landestheater. Das blieb in Erinnerung, schließlich war hier Linharts Županova Micka aufgeführt worden, das erste Volksstück in slowenischer Sprache, Mäzen der Aufführung war der reichste Bürger Krains, Baron Žiga Zois.

Aber noch immer war alles zusammen österreichische Monarchie. Mit einer großen Parade wurde der hundertste Jahrestag der Schlacht von Aspern gefeiert, der Sieg der österreichischen Armee über die Truppen Napoleons. Der Wandel erfolgte langsam. Im Landespalais tagte bis zur Gründung der slowenischen Universität der Krainer Landtag.

Das Kazina-Gebäude war ein Ort der sozialen Trennung. Im Erdgeschoss gab es ein Café und ein Billardzimmer für jedermann, Wohnungen für Bedienstete, der erste Stock war Mitgliedern der Gesellschaft vorbehalten: ein großes Billardzimmer, zwei Speise- und Rauchzimmer, zwei Lesesäle, ein Saal für vierhundert Personen. Die Mitgliedschaft in der Gesellschaft diente der „Förderung des Handels“, der Bildung entsprechend dem „Geschmack unserer Zeit“ und einer „gebildeten Kreisen angemessenen Unterhaltung für repräsentable Menschen“. Diese repräsentablen Menschen waren die Laibacher Deutschen, dort gab es auch einen Offiziersklub. Die Slowenen protestierten vor dem Gebäude.

Das Kazina-Gebäude war lange Zeit der Treffpunkt der wechselnden herrschenden Schicht. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es der Gesellschaft von der neuen Regierung weggenommen und von der Jugoslawischen Demokratischen Partei übernommen, jetzt versammelte sich dort die liberale slowenische Bourgeoisie. Während des Zweiten Weltkriegs wurde es Sitz der Kommandantur des italienischen Armeekorps, nach der italienischen Kapitulation belegten es die Deutschen mit Beschlag und nach Kriegsende die Volksversammlung Sloweniens. Als dann ein neues Gebäude für die Volksversammlung, das Parlament und die Nationalversammlung gebaut wurde, stand das Kazina Tänzern, Folkloristen, Studenten, Archivaren und Historikern offen; das Treiben in den Gängen zeigte, wie die einstmals elitären Räumlichkeiten vom Volk vereinnahmt wurden. Die Statiker fragten sich, ob die tragenden Säulen einer solchen Veränderung standhalten würden.

Am 29. Oktober 1918, zu Kriegsende, sprach Bürgermeister Ivan Hribar zur Menge auf dem Platz. Bei Ausbruch des folgenden Krieges, er war mittlerweile neunzig Jahre alt, bot ihm die italienische Armee, die die Stadt besetzt hatte, erneut das Bürgermeisteramt an. Stattdessen erschoss er sich, in eine jugoslawische Fahne gehüllt, auf der Brücke über die Ljubljanica und stürzte in den Fluss. In seinem Abschiedsbrief zitiert er den Nationaldichter: Es droht der Erdenschoß mit wen’ger Grauen als Sklaventage unter heller Sonne, und fährt fort: Deshalb vereine ich mich mit dem Universum, dessen unaussprechlich kleines Teilchen ich bin.

Die Bürger gingen ins Elite-Kino Matica in der Slowenischen Philharmonie. Die Filme wurden von einem Streichquintett begleitet, sieben Jahre später gesellte sich der Ton hinzu. Das Kino wurde von Pavla Jesih betrieben, die nach dem Krieg von einem nationalen Ehrengericht mit der Beschlagnahme ihres Vermögens bestraft wurde und erst viele Jahre nach ihrem Tod zu einer berühmten Alpinistin wurde, über die Filme gedreht und Theaterstücke verfasst wurden. Sie hatte sich als Hüttenwirtin durchgeschlagen und war in Armut und Einsamkeit geendet. Ihr letzter Wunsch, dass ihre Asche vom Gipfel des Špik in den Himmel gestreut werde, wurde erst vier Jahrzehnte nach ihrem Tod erfüllt. Zur Zeit ihres Todes war die Verbrennung von Leichen nicht erlaubt, da es in Slowenien kein Krematorium gab. Oder umgekehrt.

Der Platz wartete auf Neuzugänge, auf neue Machthaber. Auf ihm wechselten sich österreichische, italienische und tschechische Architekten ab. Auf ihm baute Mitteleuropa und kämpfte um seine Gestalt. In der Zwischenkriegszeit wurde er von Plečnik neu gestaltet. Im Jahre 1940 wurde ein Denkmal für König Alexander errichtet, der sechs Jahre zuvor bei einem Attentat getötet worden war. Er hatte ein geeintes Jugoslawien gewollt, und Nationalisten der verschiedenen Völker hatten sich im gemeinsamen Wunsch zusammengefunden und ihn im Ausland erschossen. Sein Sohn, König Peter II., der die Regierung im Alter von elf Jahren übernehmen musste, kam zur feierlichen Enthüllung des Denkmals. Es ist besser, einen Vater in Bronze zu haben als gar keinen. Die gepflanzten Eichen wurden gefällt und durch Platanen ersetzt.

Im folgenden Jahr rissen die Italiener das Denkmal über Nacht ab und schmolzen es ein. Die Königliche Oper von Rom trat auf dem Platz auf, und der legendäre Beniamino Gigli sang. Die Italiener waren stolz: Wir haben für nachhaltige geistige Nahrung in Form von Hochkultur gesorgt! Da aber die tägliche Nahrung in der Stadt Mangelware war, wurde der Park umgepflügt und auf den Militäräckern Gemüse angebaut. Die Hochkultur wurde durch den Überlebenskampf von einem Tag auf den anderen unterhöhlt, man begann, Bunker zu graben.

Am Tag der Befreiung marschierte die Partisanenarmee auf den Platz, und noch im selben Monat sprach der Marschall vom Balkon der Universität herab. Er sprach voller Pathos und rechnete mit allen ab, die an ihm und seiner Vision Zweifel haben sollten. Die Hand der Gerechtigkeit, die Rachehand unseres Volkes hat schon die große Mehrheit erreicht, und nur einem kleineren Teil von Verrätern ist es gelungen, unter dem Schutz von Gönnern aus dem Ausland zu entkommen. Diese Minderheit wird nie wieder unsere herrlichen Berge, unsere blühenden Felder sehen. Sollte es aber doch geschehen, wird es nur für sehr kurze Zeit sein. Es regnete. Die Menge war selig.

Ein Denkmal in Form eines Ankers wurde auf dem Platz aufgestellt, als Primorje und Istrien offiziell ein Teil Sloweniens wurden. Den Beweis, dass auch die Slowenen Seefahrer sind, steuerte das während des Kriegs versenkte italienische Schiff Rex bei. Der Anker wirkte vereinigend – in einer Zeit ohne Mobiltelefone verabredeten sich die Menschen vor der Post, unterm Prešeren-Denkmal oder am Anker.

Ende der Sechziger protestierten die Studenten. Ende der Achtziger alle, die Zeit hatten, alle, die es nicht eilig hatten, zu den Schlussverkäufen zu kommen. Macht eine Revolution, macht eine Revolution! Nur macht sie ohne mich, ich hab heute keine Zeit!, spottete die Band Kuzle über die Gelegenheitsrevolutionäre. Auch die Ljublanski psi und die Buldogi geigten ihren Teil dazu. Viele Hundegruppen, vielleicht in Erinnerung an den Spruch, dass nur ein treuer Hund einen glatten Weg durchs Leben hat.

Auf dem Platz verlas Tone Pavček die Mai-Deklaration, dass wir in einem souveränen Staat der slowenischen Nation leben wollen, und der kann nur gegründet sein auf der Achtung der Menschenrechte und der Freiheiten, der Demokratie, die den politischen Pluralismus einschließt, und einer Gesellschaftsordnung, die das geistige und materielle Wohlergehen im Einklang mit den natürlichen Gegebenheiten und in Übereinstimmung mit den Fähigkeiten der Bürger Sloweniens gewährleistet. Die Menschen applaudierten.

Neue und immer neue Meetings, neue und immer neue Feierlichkeiten. Der amerikanische Präsident Clinton hatte Ende des Jahrtausends einen kurzen Auftritt auf dem Platz. Er setzte sich für die Zukunft eines Europas ohne Grenzen ein, für ein geeintes und demokratisches Europa. Amerika werde helfen. Das Volk applaudierte. Es regnete.

Dann schien der Platz zur Ruhe zu kommen. Er war zu einem großen Parkplatz geworden, der zeitweilig für Großveranstaltungen gesperrt wurde. Später zog der Parkplatz unter die Erde. Der Platz beherbergte Buchmessen, Zieleinläufe beim Stadtmarathon, Beach-volleyball. Alle verschieden, alle gleichberechtigt. Demonstrationen und Feiern verlagerten sich auf den Nachbarplatz, vor die Nationalversammlung. Aus dem Platz der Revolution wurde der Platz der Republik. Auch der wurde von Zeit zu Zeit für die Jedermanns gesperrt, für Feiern oder Demonstrationen.

Es wurde gebaut und abgerissen. Herrscher wechselten, und Plätze wurden umbenannt.

Das Pestdenkmal, das nach dem großen Erdbeben auf den Platz versetzt wurde, steht noch. Das Original kam ins Museum, auf dem Platz steht eine Kopie. Fast gleich. Man muss sich anpassen, die Realität akzeptieren: Originale verfallen, Kopien überdauern. Das Pestmal wartet.

Es hat keine Eile. Die Pest kommt verlässlich.

Stapeln

„Wie war es?“, fragte der Vater sofort, als er zur Tür hereinkam.

„Was?“

Der Vater faltete die Zeitung zusammen und bedeutete ihm, er solle sich setzen.

„Stell dich nicht blöd. Du weißt, dass ich weiß, dass du nicht blöd bist. Du weißt, was ich dich frage. Ich weiß doch, wo du warst.“

„Ja, also … in Ordnung.“

„Mir gefällt, dass du vorsichtig bist. Aber jetzt muss das nicht sein. Wie viele wart ihr?“

„Viele. Es war voll.“

Sein Vater erhob sich und forderte ihn auf, ebenfalls aufzustehen.

„Du willst sagen, der Platz war voll.“

„Mehr als das. Nicht nur der Platz. Auch die Seitenstraßen.“

„Aha. Komm, wir gehen in den Keller, Kartoffeln stapeln.“

Als er das gesagt hatte, öffnete er die hintere Tür und bedeutete ihm zu folgen. Er nahm sich einen Stuhl von der Terrasse, nickte und wartete, dass sein Sohn ihm folgte. Leise schloss er die Tür und trug den Stuhl ein paar Schritte hinaus in den Garten. Er sah hinüber, was die Nachbarn tun. Es war still. Die Nachbarin sprach nicht mit dem Sohn, den sie nicht hatte. Der Nachbar schliff nicht den Metallzaun, wie er es jede Woche zwei Mal tat. Nirgends ein Mensch.

„Setz dich nahe zu mir“, sagte er leise.

Was soll das jetzt, Vater, wollen wir besprechen, wen wir umbringen?

„Ich dachte, dass ich erst mal duschen gehe.“

Der Vater schüttelte ungeduldig den Kopf.

„Das kann warten. Sag mir …“

Er sprach noch leiser, kaum wahrnehmbar.

„… hat jemand von einem unabhängigen Slowenien gesprochen?“

„Das glaube ich nicht. Ich erinnere mich nicht.“

Sein Vater fasste ihn am Knie.

Papa! Wann hast du mich das letzte Mal angefasst?

Einmal vor der Grundschule, glaube ich.

Was geht hier vor?

„Daran würdest du dich doch erinnern, oder?“, sagte er langsam.

„Also gut, was ist jetzt? Arbeitest du für den Geheimdienst, dass du mich so verhörst?“

Er schüttelte den Kopf.

„Vielleicht arbeitet der Geheimdienst für mich. Oder – an mir.“

„Komm schon, Papa. Eine so wichtige Figur bist du wohl doch nicht.“

Der Vater grinste.

„Es spielt keine Rolle, was für eine Figur du bist. Sie müssen die Pläne erfüllen. Die Budgets rechtfertigen.“

„Und warum sollten sie das ausgerechnet bei dir tun?“

„Ich weiß es ja nicht. Ob sie es wirklich tun. Aber ich weiß auch nicht, ob sie es nicht tun. Das kannst du nicht wissen. Ich weiß aber, dass ich die Menschen kenne. Unterschiedliche Menschen. Das ist das Problem. Es gibt keine klare Linie. Wir hatten alle möglichen Leute bei uns. Solche, die für die alten Zeiten sind, und solche, die für andere Zeiten sind. Und wer das verfolgt, kann nur schwer beurteilen, für was für Zeiten ich bin. Deshalb ist es besser, vorsichtig zu sein.“

„Und für was für Zeiten bist du?“

Der Vater zuckte mit den Schultern.

„Für friedliche Zeiten.“

„Aber dafür sind wir doch alle.“

Der Vater griff ins Gras, zupfte einen Grashalm aus und begann darauf zu kauen.

„Ein durchaus annehmbarer Geschmack“, sagte er.

„Von Zeit zu Zeit höre ich jemanden sagen, dass wir Gras essen werden, wenn dies oder jenes passiert. Vielleicht geht es ja.“

Dann beugte er sich zu ihm hinüber.

„Natürlich wünschen wir uns alle friedliche Zeiten, nur haben wir ziemlich unterschiedliche Vorstellungen davon. Und bei diesen unterschiedlichen Vorstellungen können sich die Menschen sehr erregen.“

„Nun, heute war alles friedlich.“

„Heute war das erste Mal. Wenn es ins Rollen kommt, wird es immer größer. Und immer unaufhaltsamer.“

„Und was passiert dann?“

„Das ist die eigentliche Frage. Wir werden sehen. Aber etwas ist bereits jetzt klar. Du wirst überrascht sein. Ich auch. Und auch alle anderen. Was auch immer geschieht. Und es ist schon ins Rollen gekommen.“

Er spuckte den Grashalm aus.

„Gut, gehen wir zurück. Ich glaube, wir haben genug Kartoffeln gestapelt.“

Kartoffeln?

Ach ja, im Keller. Wir sind in den Keller gegangen.

„He, warum kann man die einen Dinge in der Küche sagen und die anderen nicht?“

„Was willst du damit sagen?“

„In der Küche hast du mich gefragt, ob ich dort war und wie es war.“

Der Vater stand auf, trat dicht an ihn heran und sah ihn an.

So viel Nähe auf einmal. Was wird das?

Er neigte sich zu ihm vor und sprach leise und langsam.

„Sollte das zu einem Problem werden, können wir uns herausreden, dass du jung bist und dich hast hinreißen lassen. Überhaupt aber wart ihr zu viele, als dass es ein Problem werden könnte. So groß sind diese Budgets doch nicht, dass jeder, der dabei war, zu einem Problem werden könnte. Aber …“

Er verstummte.

„Aber?“

„Aber vielleicht wird die Tatsache, dass du dort warst, nicht zu einem Problem, sondern zu einem Verdienst. Und dann ist es gut, dass es irgendwo verzeichnet ist.“

Er bedeutete ihm, den Stuhl zu nehmen und ihm zu folgen.

Als sie wieder in der Küche waren, sprach sein Vater wie gewöhnlich, vielleicht eine Spur lauter:

„Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe: Wenn sie zu sehr gedrückt werden, breitet sich unter ihnen Fäulnis aus.“

Wovon spricht er jetzt?

Ach ja, von den Kartoffeln.

„Vielleicht würden größere Kisten helfen?“

„Es geht nicht um die Kisten. Es geht darum, wie hoch du stapelst.“

Die Überprüfung

Es klingelte lange, dann wurde der Hörer doch abgenommen.

„Bitte?“

Ist das sie?

Die Stimme war älter, ruhiger.

Vermutlich ihre Mutter.

„Guten Tag.“

„Guten Tag. Sie wünschen?“

Sie hat mir nicht gesagt, wie sie heißt.

„Könnte ich mit … Ihrer Tochter sprechen, wenn ich mich nicht irre?“

Die Dame auf der anderen Seite begann zu lachen.

„Sie hat Ihnen nicht gesagt, wie sie heißt? Ja, das ist sie.“

Und dann, etwas ruhiger: „Ich werde nachsehen, ob die Dame schon auf ist.“

Schon? Es ist drei Uhr nachmittags!

Gestern war doch kein Konzert.

In der Ferne hörte er: „Jemand will dich sprechen.“ Und Gemurmel, das sich dem Hörer näherte.

„Bitte.“ Die Stimme war anders und doch ähnlich.

„Ich bin es.“

„Freut mich. Aber wer ist dieses Ich? Ich frage mich, nur einfach Ich oder dieses bestimmte Ich?“

Kein Zweifel, das ist sie.

Auch ich habe mich nicht vorgestellt.

Gleichstand.

„Ich, der ich dir letztens auf die Schuhe getreten bin.“

„Nun, das schränkt die Möglichkeiten ein wenig ein. Aber nicht vollständig. Du bist nicht der Einzige, weißt du. Ihr seid viele.“

Sie brach in lautes Lachen aus.

„He, fall nicht auf mich herein! Wie könnte ich dich vergessen! Du bist der, der sich nach Dario Diviacchi verzehrt!“

„In der Hinsicht bin ich mir nicht sicher. Aber du hast mir deine Nummer gegeben, damit ich dich anrufen kann. Da bin ich mir sicher. Ich habe den materiellen Beweis.“

„Hast du mit meinem Zettel unter dem Kopfkissen geschlafen? Schön. Solche Jungs gefallen mir.“

„Hm. Ist das Narzissmus?“

„Nein, Fetischismus.“

Wieder lachte sie. Klar.

„Ich habe nicht an mich gedacht, sondern an dich.“

„Ooooh, wie schön. Ich schmelze dahin.“

Sie holte für einen Moment tief Luft. Er hörte es.

„Aber das nimmst du vermutlich nicht wörtlich, oder? Willst du es mit eigenen Augen sehen?“

„Was?“

„Nun, wie ich dahinschmelze, was denn sonst. Du weißt ja, er hat begonnen. Der Sommer natürlich. Wann gedenkst du mich auf ein Eis auszuführen?“

„Auf ein Eis?“

„Oder auf etwas anderes, wenn du darauf bestehst. Aber man sagt, auf ein Eis, um die ganze Sache zu versüßen. Das sagt dir doch zu, oder? So ein freundlicher, höflicher Junge wie du …“

Was zum Teufel ist mit mir, dass ich mir das anhöre?

„Meinetwegen auch auf ein Eis. Wann und wo?“

„Wie wäre es morgen um fünf, vielleicht auf dem Prešeren-Platz?“

„Unterm Prešeren? Wie einfallsreich! Abgemacht.“

„Ich wusste, dass du dafür bist. Ich kann dich gut verstehen, dass du gern im Schatten eines der größten Männer unserer Nation stündest. Wie originell. Aber wie kann ich es dir abschlagen, wenn du darauf bestehst? Du wirst mich wohl wiedererkennen, oder? Oder soll ich für alle Fälle die Ukana in der Hand halten?“

„Ich will dir nicht zu viel zumuten. Wenn ich mich recht erinnere, sind von dieser großartigen Saga drei dicke Wälzer erschienen. Ich werde mich auf meine Intuition verlassen.“

„Wenn du ihr vertraust. Dass du nicht aus Versehen eine andere zum Schlecken ausführst? Das wäre eine Hamartia, ein Fehler, meinst du nicht auch?“

„Du hast Glück, dass ich ein belesener Mensch bin, jemand anderes wäre vor so schwierigen Wörtern schon geflüchtet.“

Sie schwieg.

„Ich weiß, mein Held, ich weiß. Bis morgen. Genieß es, wenn du kannst. Ohne mich, meine ich.“

Wieder begann sie zu lachen.

Unterm Prešeren

Er kam gut fünfzehn Minuten früher als gewöhnlich, wenn er einen Termin hatte. Auch auf dem Prešeren-Platz war alles wie gewöhnlich. Ein paar junge Leute schmusten auf den verfügbaren Flächen, die Stadtstreicher hielten sich an ihre Treppe und schickten ab und zu jemanden auf eine Runde unter die Passanten, die kein Ohr für die Litanei vom harten Leben und dem Wunsch nach Spenden für ein Sandwich oder etwas anderes hatten, was dieses Leben ein wenig erleichtern könnte. Touristen gab es keine. Sozialismus, grau und muffig, wer wollte das schon sehen? Vielleicht irgendwelche Perverslinge, aber von denen gab es nicht viele. Alle anderen wollten nur schnell durch die Stadt und weiter Richtung Süden, ans Meer, wenn überhaupt.

Die Zeit verging.

Vielleicht hätte ich die Ukana mitnehmen sollen? Wenn sie sich verspätet, hätte ich das erste Buch vielleicht schon durch?

Zumindest quergelesen.

Das ist doch eine so archetypische Geschichte, immer das Gleiche, außer in unwichtigen Details?

Wie diese: Junge wartet auf Mädchen, Mädchen kommt nicht, Junge geht enttäuscht nach Hause.

„He, träum nicht! Das Eis schmilzt noch!“

Sie stieß ihn in die Rippen.

„Au! Das tut weh!“

„Komm schon, Weichei! Was würdest du erst sagen, wenn dich Amors Pfeil träfe? Oder hat er das schon so oft, dass du ganz vernarbt bist?“

Uff.

„Redest du immer so komisch?“

„Umwelteinfluss! Wie soll ich in einer so seltsamen Zeit sprechen?“