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In der goldenen Zeit um 30.000 vor unserer Zeitrechnung erbaut die Steinzeit-Fürstenfamilie derer von Korors Valto ihr Reich. Während die Welt noch in Staunen über den Sonnenaufgang ist, klopfen bei diesen Urzeit-Promis schon die Streitigkeiten um Land, Macht und das letzte Stück Mastvieh an die Höhle. Und auch die Lieblingsbeschäftigung der Menschheit kommt bereits anno dazumal nicht zu kurz: Kriege und Scharmützel zwischen den Stämmen. Welch ein Erstaunen, dass eine Gruppe von ihnen eines Tages nach Hamburch einschwebt, als wären sie in einem großen Lurch hinübergelodert. Dort lernen einige derer aus Stounhänsch am Rinno Ziegelhütten die Zu- und Umstände derer kennen, die im 30.000sten Sonnenturn nach der Steinzeit am Leben sind, arbeiten und zupacken, wo es nur gerade geht. Was auch die Hamburcher dieser Ära zu durchleiden gelernt haben, ist der großmächtige PONG, der immer dann angebahnt wird, wenn es in der Familie, der Gemeinde und dem Volk gar nicht mehr anders läuft. Schlussendlich treffen im 30.000sten Jahr gemäß der Steinzeit-Chronologie derer von Korors Valto fünf Persönlichkeiten in Hamburg in einem Palais in der Amundsenstraße aufeinander, alle mit Namen Korors Valto - wie sich die Zeiten gleichen! Ein Roman für alle, die gern in der Vergangenheit herumstochern, um die Gegenwart besser zu verstehen. Oder um einfach nur zu lachen, weil's schon wieder so archaisch läuft.
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Seitenzahl: 674
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Foto: © privat
FRANZ SPICHTINGER wurde 1941 in Plöss, einem Dorf an der böhmisch-bayerischen Grenze, geboren. Nach der Vertreibung und Flucht aus der Heimat ließ sich die Familie in der benachbarten Oberpfalz nieder. Der Neuanfang, der Aufbau neuer Beziehungen und Lebensverhältnisse und die Vielfalt persönlicher Ereignisse in den Wirren der Nachkriegszeit haben sich auch in seinem Leben niedergeschlagen. Der Autor studierte Erziehungswissenschaften und Religionspädagogik an der Katholischen Pädagogischen Hochschule Eichstätt. Danach war er als Volksschullehrer und schließlich als Schulleiter tätig. Ein Schwerpunkt ist seit Jahrzehnten im Rahmen der Erwachsenenbildung die Auseinandersetzung mit Fragen der Gesellschaftspolitik und der Religionen. Franz Spichtinger ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Informationen zu den bereits veröffentlichten Romanen des Autors finden Sie im Anhang.
Hark war groß und stark und massig behaart
Wieder ein Fresser weniger – Gratulation
Um 30.000 vor eurer Zeitrechnung – was ist Zeit?
Take the weapon and kill the enemy, before he does
Der neue Gott ist Spezialist für Handel und Wandel
Borek der Ältere und Mali sind im Dorf – ein Friedensvertrag wird unterzeichnet
Das Leben hier taugt nichts, sagten sie großkotzig
Aber der Paterok wurde frech und anmaßend
Steinbruch, Gesetzbuch – alles hat seine Zeit, seine Ära
Wer unseren guten Ruf ruinieren wollte, fiel einem wilden Tier oder dem Geist der Fallgruben zum Opfer
Ob meiner Ergebenheit dem Großen Geist gegenüber
Die steinerne Speerspitze I. Klasse mit Rind-Sau-Lederfutteral, hinten Sau, vorne Rind
Papa geht mit dem Tablet durch den Wald
Der entscheidende Kampf – nicht gegen äußere Feinde, sondern gegen das Chaos in den eigenen Reihen
Ich werde wohl mit einem Speer im Herzen enden
Liegend und stammelnd und bittend vor dem Guten Großen Geist
Dann das große Treffen – poi la grande riunione
Einladung, Einladung, wer kommen kann, der komme
Unsere großen Anordnungen – Ethik und Moral – für vor 30.000 Jahren
Unsere großen Anordnungen – Ethik und Moral – für vor 30.000 Jahren
Besuch im Dorf – ein Youngster namens Taro
Die Fische hatten ihn zerfledert, dass es eine Sau grauste
Dann zog ich nach Pframdat
Als ich jung war, man nannte mich den Waldläufer
Zunächst habe ich einen Altenclub ins Leben gerufen
Neue Ideen waren immer schon Kennzeichen der Menschheitsgeschichte
Kurz gelebt, schnell gestorben, gut gearbeitet, nichts verdorben
Diebstahl von Frauen oder Gebrauchstieren wird mit sofortiger Liquidation geahndet
Und ich sagte, dass ich dann eine Jüngere nehmen würde, die sich um die Kinder sorgen würde
Man muss natürlich zu letztgültigen Mitteln greifen
Alles im Stamm hatte seinen Wert – Beeren, Felle, Waffen
An einem richtigen Burnout vorbeigeschrammt
Pöbel, sag ich immer, Plebejer, Lumpenproletariat
Die Korybanten bilden das Geleit der Kybele
Ich lehrte meinem Erstgeborenen, Korors-Bub Valto, meine Tricks
Wer Klugheit nicht Klugheit nennt, sondern Beschiss, der soll von seinem Beschiss leben
Die Sterne am hohen Himmelszelt hätten diese Stounhänscher betrachtet
Zu mir und meiner primitiven Hässlichkeit, ein spärlicher Abglanz deiner Macht und Heiligkeit
Die Unterkunft eines Menschen niederzubrennen, ein Unrecht
Nicht das Gesetz, sondern die Liebe ist das Maß
Er war schon verschieden
Jetzt alle Schlachten gewinnen, weil ihr Großer Geist eben auch bei ihnen ist und so richtig dreinhaut
Die Wüste prüft, aber sie belohnt auch diejenigen, die den Mut haben, ihr zu trotzen
Wenn ihr tut, was ich euch sage
Wir hatten noch einen uralten Senilen im Dorf, zahnlos, blass und mager, der sein Wasser nicht mehr halten konnte
Wir wussten auch, dass der lange Giros ein Lügner und ekelerregender Intrigant ist
Da müsste eine Art Sozialversicherung greifen
Was im Dorf wohnte, warfen wir auf einen Haufen
Beizeiten im ganzen Dorf diese Sickergruben entleeren
Großer Geist lachte, das Universum bäumte sich auf
Difficiles consequentias hic et nunc videmus
Und der Seher wünschte, im Fluss gurgelnd und um sich schlagend, uns jegliche Krankheit an den Hals
Der Große Geist hat ihn geholt, unseren lieben Tale
Glaube ich doch, dass meine Zeit angezählt ist
Ich trinke ich Alkohol, weil Mohnpräparate mir nie zusagen
Korors-Bub Valto-Iron und Donata würden, als Stammvater und Stammmutter, ein neues Genre an Mensch heranziehen
Dass ich beschloss, meinem Sohn zu empfehlen, irgendein Kulturinstitut ins Leben zu rufen
Stounhänsch am Rinno, das klingt
Die Bajus betrachten sie als unnötige Fresser.
Öffentlich nicht anonym, werden sie gerichtet werden und das soll den Schlawinern eine Lehre sein
Der Weise sprach auf dem Dorfplatz über Verzicht über das Unabgegoltene vergangenen Leids
Ein Krieger, der mit großer Tatkraft Stamm um Stamm unterworfen hätte
Im Bett frage ich nach der seelisch-religiösen Hilfe, die ich zugesprochen bekam, aber da rührt sich rein gar nichts
Den Kontrahenten zumindest zur Kenntnis nimmt
Selb Bastoka geht in die Politik, wenn’s mit den Bildern nichts wird
Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass sie bei ihrer Exaltiertheit auf dem Weg zur Beerdigung des Herrn Vaters in die Schlucht stürzt
Wehe uns, sagte er, wehe uns
Die Ably scheint beerdigt worden zu sein, aber wer weiß
Ich heulte sicherheitshalber Rotz und Wasser
Das letzte Lied des Chief-Häuptlings Frantek
Zusammenarbeit zwischen Thron und Altar ist nötig
Aber man hat nichts im Griff und der Wille und die Tat sind unterschiedliche Perspektiven
Aber Bärenzucht ist fast überall der Inbegriff des Unechten in der Einsetzung von Modulen
Locutus sum. Sententia exsequetur
Dieses unbedeutende Gerippe schrie, er wäre immer vor dem Großen Geist gestanden
Zudem durch die Familie per Vierteilung noch der Igor Strawan, der Ödon Horvortz, der Donald Trumpla
Der legendäre Intellektuelle Sokrinos
Vale-Sleisch, ein großer Impulsgeber für die uneingeschränkte Stounhänschische Vorbildwirkung
Den berüchtigten Hoimännern würde ich versuchen, aus dem Weg zu gehen, oder ich würde mich dem Kampf stellen
Wenn du selber nicht über die Klinge springst, ist das für einen Mann die entscheidende Maßgabe
Früher, als unsere Vorfahren noch auf den Bäumen saßen, da mag so was angegangen sein, aber heute?
Vielleicht braucht der gute Geist uns nicht, aber wir ihn
Der Große Geist schlägt zu, wann er will und wie er will
Ich hatte mich den Alkoholika hingegeben
Der Fischbrater, der auch die Hufe der Schweine und der Ziegen inspizierte, war in der Nacht verblichen
Auf Gefährten im Geist ist Verlass
Der Henker trennte ihm den Kopf vom Leibe
Ich bereite mich auf meinen Exitus vor. Lieber in der Höhle, etwas scharfe Tinktur plus Drogen, und das war es dann
Zufriedene Demut, verzichtende Liebe sind wichtiger für den Stamm als alles anderes
Welch eine Begeisterung und sie sprangen in den Brunnen und jubelten und wuschen sich und bespritzten einander mit gutem Wasser
Wir würden die Weiber von den Klippen werfen, wenn eine da nur einmal sich auflehnen würde
Dann sagt er, der Korors-Bub Valto, sie gefällt ihm, ob sie mit ihm in seine Höhle geht
So viel Kraft, ihm mein Messer zwischen die Rippen zu bohren, hatte ich noch
Der blühende Strauß unseres gemeinsamen Futurums
Multicolumna, contra, differt et ambiguum est
In caput lapide percussus
Eitelkeit des Bösen Geistes Kleidung
Er würde den beiden Fischbrätern das Handwerk legen
Da wird noch so mancher über die Klippen gehen müssen
Meine Lische zeichnet für die Schönheit der Hütte
Aber überall hängt ein 'aber' dran
Karjan wusste mehr, was mir bisher entgangen war
In dem Wolf und Hirsch zum Abschuss bereitstünden
Et fideles esse volumus
Aber die Mara und ihre Brut, das wäre ja praktisch ärger als lebenslang in Haft oder auf die Galeere
Die Siris würden ihresgleichen sogar noch auffressen
Viele begannen ihre private Sphäre besser zu schützen
Der Eklektizismus dieser gemeinten Art war nicht sein Ding, insofern seiner nicht würdig
Er stand also vor uns, verschmutzt, frech, ordinär, und musterte uns tückisch und voller Niedertracht
Und, dass ich sie unendlich liebe und dankbar wäre, dass sie mich damals erhört hätte, sagte ich
Auch in diesem herrlichen Land wird man den Löwen, Schakalen und den Wölfen vorgeworfen
Bub, sagte er, weniger ist mehr
Irgendwie wird’s jetzt bereits elegisch, nicht nur wenn Dummheit redet und der Hahn am Mist kräht
Ein Wind, ein Rauschen, ein Brüllen Zur Reha versammelte Halbmenschen und Halbrobobdis
Aber wer zieht die Gräten raus aus des Fisches fettem Leib
Sein Messer bohrte sich in den Stiernacken dieses Ungeheuers
Mit seiner Hilfe schlagen wir sie kurz und klein
Ich hätte einen Glanz im Gesicht, sagte der Hüne
Lische trägt ihr Herz auf der Zunge und ihre Gedanken verfügen über wegweisende Kraft
Adiuva me, simpliciter ad eam clamarem
Korors Franz Valto, ein Gentleman. Malt flächig wie seinerzeit und er lacht und schämt sich
Der Urs, Sohn vom Korors Franz Valto, eigentlich ein Individuum, als Steinmetz, Skulpteuren und Akte, weltweit
Von Franz Spichtinger sind bereits die folgenden 19 Romane erschienen
Hark stellte mich vor die Alternative, in die Fallgrube geworfen zu werden oder die Speere seiner Männer zwischen den Schultern zu spüren. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Ich fühlte mich stark und auch noch jung. Ich war innerlich nicht ungewollt zu Späßen aufgelegt. Ehedem malte ich mir den Aufprall auf einem der sieben Stäbe auf. Ich würde zappeln und brüllen bis mich die sicher unerträglichen Schmerzen in die Bewusstlosigkeit entführen würden und dann würde es zu Ende gehen. Es war keine Rettung. In Sicht. Ich sah so manchen Krieger, der von Speeren durchbohrt war. Auch diesem Gegenvorschlag vermochte ich kaum Freude abzugewinnen. Mein Urfeind Latta fiel durch drei Speere, zwei waren angemessen und wollten die Unerträglichkeit des Seins dieses Schlägers beenden, der dritte war von mir. Latta tat mir leid, der dritte Speer verkürzte seine Pein. Die Fallgruben werden nicht ausgehoben, um irgendwelche Renegaten wie mich zu liquideren. Ich war immer gut zu den Menschen. Ich wünschte jeden alles erdenklich Gute, wenn die Jungen tanzten, ich bin selbst noch in recht jungem Alter, tanzte ich mit. Ich bin ohne Übertreibung der beste Tänzer, die zweitbeste Jubilierer und wenn’s um Späße geht, kann man auf mich zählen. Warum also dieses Spectaculum?
So bat ich ihn, die Möglichkeiten kurz überprüfen zu dürfen. Vielleicht könnte ich ihm einige Entscheidungshilfen unterbreiten, wobei ich bei Hark weder mit Vernunft noch mit Barmherzigkeit rechnen konnte. Und ich sagte ihm, dass er, der große Hark, der uneingeschränkte Chef von uns allen wäre. Praktisch uneingeschränkt eine Art Primus inter Pares, wenn nicht höher, immer und auch dann, wenn wir nicht mehr auf dieser Erde weilten und er nickte. Ich erzählte dann von dieser unendlichen Geschichte, die da auf uns warten würde. Zudem möchte er doch in die Lateinklasse wechseln und ob ich ihn da zielführend unterrichten könnte?
Dass wir Pfeilspitzen für unseren gewöhnlichen Jagdbedarf schnitzten und frisches Gras für die Ziegen und fette Weiden und warme Höhlen für unsere Frauen und Kinder fänden und dass ich wüsste, wo die Richtung so liege. Eine weitere Anregung meinerseits. Daraus wurde dann ein langes und affiges Theater und schließlich nahm er mir das Versprechen ab, seine fünfte Frau endlich in Ruhe zu lassen und mich meinen Aufgaben als Fährtenleser und Schlingenleger widmen solle. Angesichts meiner überaus aussichtslosen und doch recht brisanten und gefährlichen Situation, versprach ich ihm alles. Hätte er es verlangt, hätte ich den Rinno, unseren Lebensspender im Tal zwischen den spitzen Höhen, umgeleitet. Sogar, dass ich ihm den nächsten erlegten Hirsch mittragen helfen würde, sagte ich zu.
Hark war groß und stark und massig behaart und ich dagegen war in jeder Hinsicht Normalmaß, aber vom Intellekt her war ich ihm über. Auch seine Frauen waren dieser Meinung und sie sagten mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass meine intelligenten Gene für das Überleben unserer Spezies wesentlich wertvoller wären, als die vom Blödmann Hark.
Ich sagte dem großen und starken Hark, dass ich vieles im Traum sähe und der Große Geist würde mich leiten.
Dass man einen Spaß verstehen müsste, sagte ich ihm und da wäre er unser großes Vorbild und dass er Grenzen ziehen müsste, das würden wir alle verstehen. Und dass für unseren Stamm wichtig wäre, in der Wahrheit zu leben und ehrlich zueinander zu sein.
Und der Große Geist hätte mir berichtet, dass es immer nur darum ginge, das Fleisch und die Beeren miteinander zu teilen. Und mit dem, was uns übrigbleibt, sollten wir, als Auserwählte sparsam umgehen und den künftigen Festtagsschmaus, ob Reh, ob Hirsch, ob wilde Sau oder Mammut, das wäre in den Himmel geschrieben, zum Trocknen auf die Äste hängen. Und das luftgetrocknete Fleisch wäre lange haltbar. Würden wir immer wieder einen neuen Aufbruch wagen, in die Weite ziehen, Täler durchkreuzen, Flüsse überqueren, Berge besteigen und Wüsten durchwandern, dann käme es eben auf die Solidarität an, die er, unser großer Hark uns vorlebe und deswegen wäre er der große Anführer, den ich immer unterstützen würde, solange wir leben. Alle meine und seine Kameraden, die dieses Schauspiel nun erlebten, schwitzten den Schweiß ihres Lebens.
Ich sagte ihm auch, dass wir unter seiner Leitung das neue Volk würden. Dass wir von unseren jeweiligen Aufbrüchen in fernes Land, zu neuen Jagd- und Weidegründen, den Jungen, die nach uns einmal hier in den vielen Ziegeldörfern, in Ziegelheid, Ziegeldorf, Ziegelhütten, erzählen müssten. Nur so könnten wir die Erinnerung an all das Große, was wir, die bekannten Ziegelhüttener, unter seiner Führung geschaffen hätten, in Erinnerung bewahren. Wir müssten davon in den Höhlen und auf den Spielplätzen und beim Fischen, auf der Jagd und im Kampf und wo es eben möglich und nötig ist, erzählen. Auch in den Höhlen, beim Spazierengehen oder am Abend beim Feuer. Ich sprach von meiner Bereitschaft, die Verse zu zitieren und den Nachkommen alles einzuimpfen, was er mir befiehlt. Und, wer immer auch sich um Latein bemühen will, darf und soll sich an mich wenden. Welches Dorf kann schon auf Latein als wesentliche Sprache hinweisen.
Das sah er auch so und er sagte, er wäre froh, dass er mich nicht umgebracht hätte. Manchmal macht man Dingen, welche einen ärgern. Dann gingen wir ins Dorf zurück, stießen auf unser beider Wohl an und auf das Wohl unseres Stammes und der Ziegen und beteten dann noch, dass der große Mammut in die Grube fällt.
Mein Freund, der auch ähnlich groß wie der Hark durch die Gründe und Wälder pirschte, der starke Irko, sagte zu mir, nachdem der Hark betrunken eingeschlafen war, dass wir ihn bei nächster Gelegenheit eliminieren müssten. Er wäre überheblich und rotzfrech und könnte eine Rehspur nicht von einer Fuchsfährte unterscheiden. Und er meinte, dass ich mit meinem stattlichen Kopf der beste Nachfolger wäre und er bliebe an meiner Seite. Dann überlegten wir, wie wir den Hark am besten beseitigen könnten. Da gab es nun mehrere Alternativen.
„Entweder wir stoßen ihn in die Fallgrube oder ich stoße ihm meinen Speer zwischen die Schultern“, schlug Irko vor und ich sagte ihm, dass das die üblichen Beseitigungsvariablen wären und ob er sich nicht was Neues, enorm Bedeutendes, von imposanter und exorbitanter Klasse, beispielhaft und exemplarisch eben, verständlich für jeden Irren, ausdenken könnte. Dann versuchten wir in unseren Höhlen bis in den nächsten Morgen hinein zu schlafen.
Als wir erwachten, die Sonne strahlte in die Hütten, die Kinder schrien ihr übliches Zeter und Mordio, die Frauen kreischten und wer will da schon schlafen können, außerdem steckte mir der übermäßige Alkohol in allen Gliedern, hieß es in dem Drecksdorf, dass der Hark betrunken in die Fallgrube gefallen wäre, stockbesoffen wäre er ja gewesen und warum er besoffen alleine zur Fallgrube gewandert wäre. Jeder wusste, der Hark war ein grandioser Säufer, sah sich außerstand Maß zu halten, zudem fehlten ihm Anstand und einigermaßen brauchbare Manieren und um solche Schweinehunde war nicht schade. Hat dieser elende Schlächter doch wieder einige Liter Met hinter die Binde gegossen. Ein scheußlicher Drecksack, der natürlich nicht fehlte und gut, dass er endlich aus der Unmenge der Lebenden gestrichen wurde. Wieder ein Fresser weniger. Man müsste da eine Gratulation aussprechen, logo, vermutlich ihm, dem Herrn Hark persönlich, für persönliche Einsicht in die Irrelevanz seiner Existenz. Sequitur vita.
Irko und ich weinten und klagten und warfen uns auf die Erde und schon in Ektase hoch temperiert, empfahlen wir die Seele des so plötzlich Dahingeschiedenen dem Großen Geist. Dann weinten wir drei weitere Tage und übergaben die sterblichen Überreste unseres Großen Kameraden und unseres Großen Anführers den Flammen und es war eine Not und eine Plage, denn der Stamm brauchte einen Anführer, der mit Esprit, wie der Irko sagte, uns führen und leiten könnte. „Sonst bringen uns die Norowadi von über dem Fluss drüben noch um. Sie stechen uns systematisch mit Messern in die Hälse, spießen uns mit ihren todbringenden Lanzen auf, schlagen uns die Köpfe ab und die Frauen werfen sie sich über die Schultern und nehmen sie mit und die Kinder bis zum zehnten Jahr werfen sie in die Schlucht. „Ich schlage also den Swiftar für die frei werdende Stellung als unseren Befehlshaber vor, der für uns immer die besten Fährten und die ertragreichsten Weideplätze findet. Außerdem spielt er die Lyra und zwar die dreiseitige, Freunde, wie ein Profi.“
Und er, Irko, schaute mich an und ich schüttelte den Kopf und winkte voll ab und deutete in die Runde der Männer, dass es da Größere und Stärkere gäbe und das Volk jaulte und flehte mich an, den neuen Großen Anführer zu machen. Sie warfen sich auf den Boden, suhlten sich in der kalten Asche und im Dreck, beschmierten sich in der nächsten halben Stunde mit unseren schönen Erdfarben, beige, schwarz, gelb, türkisgrün und zinnoberrot. Ich erhob mich, streckte beide Hände hoch in den Himmel zu den Göttern und dann ich zog mich jaulend und wackelnd und tanzend, jubelnd und schreiend bei Wein und wenig Brot in meine Höhle zurück. Ich betete und heulte wie ein verrückt gewordener Bartgeier und beschmierte mich desgleichen das Gesicht mit grau-schwarzer Asche und zinnoberroten Streifen von der Stirn bis zum Nabel. Als ich damit fertig war, kroch ich auf allen vieren wieder aus der Höhle. Sie zogen mich hoch und warfen sich vor mir nieder und dann konnte ich nicht mehr nein sagen und ließ mich wählen. Dann legten die Frauen einen super Nackttanz hin und die Männer drehten sich flink wie die Salamander. Die Alten und Grauen und Gebrechlichen, die bald vor dem Sprung über die Klippen standen, jaulten ebenfalls auf wie die jungen Hunde, einige wieherten und fauchten und dann sagte ich mal zu und sie soffen alle bis zum Sankt Nimmerleinstag. Nun hatte ich also mein volles Einverständnis gegeben und zog zuerst die angenehmen Konsequenzen.
Ich übernahm nun feierlich die vier Frauen und die sieben Kinder vom ehemaligen Kommandeur, dem leider und den Göttern sei die Frage nach dem WARUM erlaubt zu stellen, verblichenen Unwesentlichen Hark. Das Gegenteil von hochtalentiert, eine hirnlose Kreatur ohne Verstand für Kunst und Kultur, weiß nicht auseinanderzuhalten, was in puncto Höhlenmalerei echte Kunst oder verdammter Kitsch ist und musikalisch? Ein armer Wurm, kein Gehör, keine Stimme und die Finger nur für Speer und Steine werfen, Idiot, endlich. Kultur ist der Sieg der Überzeugung über die Gewalt (Platon). Das war der von mir ausgehende letzte philosophische Wurf und sie riefen, heulten, tanzten einen Cha-Cha-Cha und das war’s.
Dann verordnete ich ihnen einen arbeitsteiligen Tagesablauf.
Ladies and gentlemen, I have told you that life cannot function without an agenda. Sie warfen sich auf den wirklich total verdreckten Boden, schmierten wieder Asche in ihre Visagen, und wieder Tanz und Balalaika und Gitarre und Jam Session.
Das Arbeitstempo müsste gesteigert werden, sagte ich ihnen und mit der Trödelei wäre jetzt Schluss und die Männer haben sich weiterhin um die Jagd, um den Kampf um neue Weideplätze, um die Abwehr feindlich gesinnter Clans zu kümmern und um vieles andere mehr. Alles klar, Männer? Und verdammt nochmal.
Und den Weibern verordnete ich ihren angestammten Platz in der Höhle, beim Feuer, sie mussten sich um die Ziegen und die Kinder kümmern, am Fluss bei der Fischerei und an der Handmühle ihre Frau stehen. Und das gewissenhaft und anständig. Und die Schlamperei und der Dreck in der Hütte respektive Höhle müssten ein Ende haben. Und jeden Morgen ein freundlicher Gruß und den rotzigen Kindern die Nase putzen, ist ja schrecklich, pfui.
Ich hatte einen sehr unruhigen Schlaf. Ein Gespräch über die Zeiten sollte ich führen als der neue KKL oder Boss oder Chef, egal. Ein Geist brachte mich nachts auf Vordermann und alles, was um mich rumlag, heulte, tanzte, warf sich in den Dreck und man tanzte und pries ihn, mich. So stellte ich mir’s vor: Wir treffen uns. Mit einer/ einem Zeitlosen, Futurmann. Der Geist spricht in concreto: Halte dich bereit, mach keinen Schmu, sonst hau ich dir in die Fresse, also. „Sie/Er erbittet ein Interview mit dir, OK?“ Und ich sagte auch OK. „Sie/Er wohnt hinter den Östlichen, den Hohen Bergen und lässt dich mit ihrem Jeep abholen“, erklärt der Geist. Mein OK und dann war Schluss mit Geist und ich schwitzte und musste mich irgendwo waschen, Mannohmann. Sie hätte ja doch wohl auch gerne mit ins Dorf kommen können. Sagte ich später zu ihr.
Sie habe Schiss, sagte sie, und ich konnte das verstehen. Die Sache mit Hark liegt ja noch nicht allzu lange hinter mir. Wir trafen uns also dann vorerst mal in einem/ihrem Landgasthof Löwe. Zu einem riesigen Mittagessen für zwei, sagte ich immer zu Hause, wenn schwer aufgeladen wurde. Ich verzehrte nur die Hälfte, bat, mir den Rest einzupacken für daheim, für meine Familie. Wir aßen und sie betete tatsächlich zum Großen Geist, dankte für Schweinebraten und Brot und Salat und literweise Met, denn schütte ich unsinnigerweise in mich hin. Dann gingen wir zwei Stunden spazieren und erörterten familiäre Fragen und Probleme.
Und ich würde auf sie/ihn zugehen und hätte eine große Schnauze, war meine Überlegung, ich überlege zu viel. Motto: Käme also einer von euch Mitteleuropäern mit seinem Handy in der Tasche oder mit einem First-Special-Production-Team, Sound&Voice&Company, dann, ja dann, die erste Frage von ihr/ von ihm: „Sie, blutrünstiger Body-Man, Sie, höh, wie ist es denn bei euch faulen Stinkern oder: So, so, Sie leben das Leben in einem steinzeitlichen Dorf? Eine Mischung aus harter Arbeit, Gemeinschaftsgeist und gelegentlichen Missverständnissen mit Mammuts, Tanz um das Feuerchen, Saufen und dann so mit den Gefühlen.“ Folge: Die erste breite röhrende, höhnende, besserwisserische Lache, wie der verunfallte Kollege Hark.
Die Realität ähnelte, aber zumeist ähnelt irgendwas, ist jedoch dem je Geähnelten nicht gleich, also die Situation ähnelte meinem Traum. Na, bitte, then let’s go: Ich erhob mich, wusch mich unter dem Wasserfall, der einen guten Kilometer weg ist vom Dorf, achtete auf Schritt und Tritt, ob ein Wildschwein, eine Schlange oder ein Hirsch oder ein Säbelzahni unterwegs sind oder ein Spion, hatte Speer, Bogen und acht Pfeile dabei.
Dann einige hundert Meter außerhalb unseres Dorfes stand tatsächlich ein Jeep und ein Auto-Zelt anbei und darunter stand ein Tisch im schattigen Terrain. Dann erwarteten mich noch eine Dame, die ein Mikrofon rumschleppte und der 1. Kammermann, der 2. Kameramann und der Kamerakabelmann, eine Dame.
Freundlicher Gruß, Verneigung, glad to meet you, etc. pipi. Und sie bedankte sich zunächst, dass ich’s möglich machte. „OK“, sagte ich, „OK. Let’s begin.“
Ihr Gesicht war gerötet und sie schwitzte, aber sie duftete sehr gut und darüber würde ich heute Abend sprechen. Sie duftete gut. Grund eins waschen, Grund zwei und drei waschen. Bravo. Alternativlos.
Ich nun, ich ließ mich nicht lumpen. Zwei meiner Leute hatten ein riesiges Tablett aufgeschichtet mit den besten Speisen unseres Landes und die Kameraden trugen es, setzten es ab, dann klappten sie das Tragebrett auseinander, links, rechts, vorn und hinten, stabilisierten die Menagerie und ich bat Platz zu nehmen. Then the conversation between me and the boss on the other side. A lady from another Planet, from the 21st Century.
Nun betrachtete man sich, dachte: So, da hat sich im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende wenig bis gar nichts geändert.
Dann berichte ich und lade die Herrschaften ein, besten geräucherten Schinken, feines Weizenbrot. Ich: „Wir schreiben derzeit um 30.000 vor eurer Zeitrechnung – was ist Zeit?“ Dann C. Sie diktiert ihrer sie begleitenden Dame mal ins Heftchen – und das meine zusammenfassend Notiz – sagt sie! Und schreiben Sie, Dörte: „Stellen wir uns vor: Eine kleine Siedlung aus einfachen Hütten, irgendwo zwischen dichtem Wald und einem gemächlich dahinfließenden Fluss. Die Luft riecht nach Feuerholz, frischem Wild und, naja, nicht gerade nach Lavendel – Seife wurde noch nicht erfunden. HaHaHaHaHaHa. Hahahahaha.“
Ich: „Großartig, und ich habe meinen Baddy heute noch nicht gewaschen und getrocknet und riechen Sie was? Nein, nichts. Ja, was sollte man denn das riechen? Unser Geruchssinn war/ist auf Blüten und Aromen aus, von denen Sie keine Ahnung haben können. Und Gestank? Liebten wir, denn allüberall stank es wie in Mitteleuropa, eben mal so, mal so. Immer toujours pestilenzisch. Aber weder Pest noch Cholera. NB: Attribute euerer Zeit.“
Frau Dr. Henleinser schaut nach links, schaut nach rechts und geradeaus und geht mal hierhin, mal dorthin, macht mal hier ihr feines, kleines p mal Daumen, mal dort. So heißt das bei uns, Sie: „Schreiben Sie mal: „Morgens geht’s los: Unsere muskelprotzigen Jäger und die Meute kleinwüchsiger Sammler ziehen mit zwei Meter langen Speeren durch Wald und Flur und mit wunderschön geflochten Weidenkörben hinaus. Sie singen Weidenkorbsammellieder und tanzen dazu mit Blumenkränzchen im gelockten Haar. Ein exakter Speerwurf entscheidet puis über das Mittagessen – entweder ein saftiger Hirschbraten, Reh, Wildschwein ist alles vorhanden oder wieder nur trockene Wurzeln. Das Vegetarierleben war chic in unserer steinigen, kargen Zeit, geschmackvoll für alle, voila, die verhungern wollten, denn man fraß einander Kraut und Rüben aus den Händen und wir schlugen einander die Köpfe ein. Also in der Zeit, in der ich zu leben mich gezwungen sah, taten wir das – man musste ja 1) leben und 2) was tun, käme man denn doch auf ungute Gedanken. Motto: Wer frisst, tut niemandem weh. Dazu passt unser emphatischer Leitspruch mit weiterer Priorität, in diesem Fall Sekundarität, manchmal troisième chiffre, nämlich 3) fraßen wir uns und deswegen auch manchmal gegenseitig, bis nichts mehr übrig war. Gewaschen, gesotten oder gebraten, gepökelt oder geschnetzelt, comme tu le souhaites.“
Sie unterbricht: „Machen Sie einen Witz, dann ist der aber als Steinzeitwitz zu brandmarken.“
That was exactly my previous speech. She has a good memory, very nice, thank you very much. Ich, mit gewieftem Scharfblick: „Ja, so ist es, und wenn wir fertig sind mit dem Interview, fresse ich Sie beide auf.“ Gewisses peinliches Berührtsein einer Deutschen aus dem 21. Jahrhundert meiner Zeitrechnung.
Ich, notieren Sie bitte: „Die Handwerker klopfen ab fünf Uhr morgens fleißig Feuerstein zu Werkzeugen, während einige Glückliche das Feuer hüten (die heimlichen Helden, denn Feuer ist Gold wert). Und die Ältesten? Sie sitzen in der Sonne, erzählen vom „großen Sturm des letzten Mondes“ und philosophieren darüber, ob es wirklich klug war, sich nahe der Höhle des Säbelzahntigers niederzulassen.“
Sie, weil ich zu lässig dahinnuschle in Vorfreude auf ihr Fleisch, gebraten mit Senfsoße und Meerrettich und Salat. „Und bitte doch, sprechreif mal was quatschen, stonetimeman, you.“ Nun behandelt sie mich allmählich wie ein Tier. Aber Tieren fehlt die Contenance.
Also ich: „Abends wird geteilt, gelacht und geschlemmt – zumindest, wenn die Jagd erfolgreich war. Wer nichts gefangen hat, muss sich mit Beeren zufriedengeben und hoffen, dass die Nachbarn Mitleid haben. Geschichten am Feuer sind das Highlight: Und dann, Freunde, hö, ist mir der Mammut direkt vors Zelt respektive in die Höhle gelaufen!“
Sie: „Verdammt interessant, und wie lange lebten denn die Weiber und die Männer, starben früh, und wimmernde Kinder, was ist das schon, sind Steinzeitkinder, noch kaum mehr als ein Tierchen, Kinder und tot, tot, aber was machte euch schon der Tod, gab ja genug Leute, oder wie oder was?“ Ob sie das wirklich sagte, ob es passiert ist, sei dahingestellt. Tun wir mal so, als ob. „Und bitte noch ein paar Sätze“ (sie).
Ich: „Liebe, verehrte Frau Dr. Henleinser. Die, unser aller, Steinzeit war/ist kein Wellness-Urlaub – kein Warmwasser, keine bequemen Matratzen, keine WCs mit Spülung, automatisch, keine Smartphones. Aber sie hat ihre ganz eigene Magie: Die Gemeinschaft hält zusammen, jedes einzelne Mitglied zählt, und am Ende des Tages gibt es nur eines, was wirklich zählt – ein gutes Feuer und genug Mammutfleisch für alle, Met, Met, Met. Ja, das Leben war rau, aber irgendwie auch … schön. Oder?“
Sie setzte sich zu mir und wir tranken einen teuren Steinzeitwein, Met, und spielten miteinander Steinzeitspiele, weil wir Erfolg mit den Speeren hatten. Sie war das erste Mal in ihrem Leben glücklich.
Sie haben wirklich eine sehr gute und neue Masche im Ort, wenn man reingeht und sie stehen rum: Machen ein Handy, alle machen sie ein Handy. So eine Spitze von Daumen und zusammen mit Spitze von Zeigefinger und schon der volle runde Durchblick. Oder so eine blöde Sache ist das Starren vom PC. Sitze jetzt nicht schon wieder aufn PC oben und schau dumm und halte dich gerade, sonst wirst krumm am Rücken und einen Buckel haben viele. Sagte Mama früher und recht hast du Mama, sagte ich und wenn’s alle weiterhin am PC rumsitzen und dann eine bucklige Verwandtschaft, dann geht’s in die Gene. So ein PC-Stein ist erhaben, schaue runter auf die Mistgeburten, zum Wegschleimen alle, wäre mir eine Pflicht. Naja, was soll’s, ist morgen doch auch ein Tag.
Da war nun also in der Siedlung eine Unordnung eingerissen und solches durfte ich nicht mehr hinnehmen. Misswirtschaft, Liederlichkeit, nur Dreck in und vor den Hütten, ein Drunter und Drüber und wenn es anderswo ähnlich formlos zugeht, dann Gnade uns die Götter und ich werde da noch einen neuen Typus anschaffen, verdammt. Wer betet, kommt nicht auf falsche Gedanken. Stehe nun hier, einfach so, bücke mich, male im Sand. Tut er, einer so was, ist er ein Weiser. Oder. Was gräbt der im Sand? Ist er Höhlenforscher? Warum tut der das? Prüft den Grundwasserpegel. Der Fluss führt in seinem Bett immer wieder Baumstämme, tote Rehe, Wildsäue, Kinder, ertrunkene Fratzen, er gleitet dahin in achtzig Meter Entfernung. Geht’s gut, messen Männer gute 1,60 Meter, Frauen rund 1,40 Meter. Unser Stamm hat viele Frauen. Geht’s nicht gut, haben wir eine Darmgeschichte hinter uns. In der Nachbarhöhle wohnt eine Sture. Sie will die Höhle nicht verlassen, sagt sie fürchtet sich und sie springt in den Fluss. Der Gesunde hat auch seine Not. Ich liebe Schmetterlinge. Wir haben in unserem Country unübersehbar viele und schöne Raupen. Es wird erzählt, der Fluss trägt weiter unten im Winter ein Eis. Was war zuerst, Vogel oder Ei? Das Wetter wird immer wärmer, eine globale Erderwärmung, repräsentative Umfragen bringen gar nichts. Die Frau Doktorin Dr. Henleinser, die Frau aus der Zukunft, 30.000 Jahre, ist mit dem Auto in den Fluss gefahren, besser sie stürzte von einer Autobahnbrücke. Davon reden wir abends im Gesprächskreis. Erziehung und Bildung liegen mir am Herzen. Oder: Über Arbeitslosigkeit konnten sie im Dorf unten nun nicht klagen. Wer sich sonnte, während der Nachbar sich abhetzte, im Schweiße seines Angesichts und meinte, er wäre schon im Paradies, der fing eine von mir oder ich sagte dem Chef meiner kleinen aber kantigen Boygroup, ihm was zu verpassen. Männer die ihre Frauen grundlos züchtigten, bekamen am Samstag Ausgehverbot und am Sonntag hatten sie ganztägig zu heulen und zu schreien, von wegen gottlos, nicht mit mir. Was ich durchsetzte: Sechs Tage dürft ihr arbeiten, am sogenannten siebten Tag dürft ihr ruhen. Ich sage: Essen nicht vergessen und immer wieder ziehen sie aus den Höhlen die Verhungerten oder schnell an einer Krankheit Verstorbenen und werfen sie in den Fluss oder bestatten sie hinterm Wall.
Den Werkzeugmachern, von deren anständiger Arbeit oft genug unser Überleben abhängt, gehört meine besondere Wertschätzung. Schaufeln, Äxte, Spaten, Harken zum einen und: Äxte, scharf geschliffen und da muss der Schädel des Feindes auf einen Schlag vor lauter Freude von den Schultern hüpfen, dann schneidige Messer, die gezackten Pfeil- und Speerspitzen hatten beste Qualität aufzuweisen. Teamarbeit war angesagt. Zum einen brauchten wir dergleichen modernste Materialien für eine erfolgreiche Jagd, Klasseware sollte Standard werden. Nur mit guter Ware kann man auf den Märkten in den Handel einsteigen. Aber auch für die Auseinandersetzung mit renitenten Dorfbewohnern wie mit Angreifern, irregeleiteten Anarchisten und Provokateuren und von denen gibt es genug: Only the best und ich redete nicht über die Köpfe. Lange ist es her, dass Hark in die Grube stürzte. Ich mache meinen Dienst gut, ohne Falsch und Drückebergerei. My home is my Bureau. My second Bureau is outside the hole, is in the City, are the woods, the fields, is the river. Ich war immer schon der beste Schwimmer und Läufer. Was heißt hier Gene, alles liegt in den Genen, du bist dein eigenes Gen. Laufen bedeutet Übung, Berge besteigen ebenso, tauchen ist Pflicht, wer die Luft lange Zeit in der Lunge behalten kann, ohne zu ersticken, umschwimmt den Spion. Leben heißt überleben. Take the weapon and kill the enemy, before he does.
Die Iris sprach nur von Mega Pixel, von Samsung. Mein Stamm baut oder regeneriert unseren Nationalpark, gratis. Waffenhandel? Halte nichts davon. Wenn sie gut bezahlen, dann ist’s ja OK. Aber ich geben dir Speer, du geben mir Rehbock. Ohne mich. In unserer Gegend gibt’s ein Reh am anderen stehend, warten, sind bereit sich zu opfern, lassen sich abschießen. Versehentlich schossen sie, die Callos, einen Rehbock, Rehböcke schießt man, weiß ein jeder. Man lernt nicht, kauft sich lieber ein Traumhaus. Die Iris erzählte, im Nachbarland würden Leoparden in einer Nacht 25 Kilometer zurücklegen. Motto: Wer nicht läuft, dem fehlt die Fitness. Ich war und ich bin fit. Let’s go, sage ich immer, let’s go. Ich laufe jede Nacht auch meine 25 Kilometer spähe aus, neue Nachbarschaft, neuer Flussübergang, neue Fallgruben, abseits der alten, schlecht für die Tiere und schlecht für den Feind. Anzahl wehrfähiger Männer, wie viele Frauen, Kinder, schauen sie gesund aus, trinken die Männer zu viel Met oder Kartoffelschnaps, der ist gleich noch abscheulicher, schlechter als der Pflaumenschnaps.
Im Osten, hinter den Bergen, gibt es Menschen, die haben ganz schmale Augen, aber sie sind klug, vorne dran kein KK oder KKL, vornedran ein Kaiser. Obwohl Iris sagte, in China hatten! sie schon vor 5000 Jahren Kaiser. Sie muss, kann, wird sich irren. Was ich sagen wollte: Zeitbegriffe sind relativ. Wenn ich etwas behaupte, dann untermaure ich das, ziehe meine Messdaten heraus, feinsäuberlich entnehme ich der Bohrung den Bohrkern. Das ist der Beweis, Sand, weicher Lehm, Feine Erden, ich habe die Beweise. Loloku hat seit acht Tagen eine Sinusitis, kann nicht mehr durch die Nase atmen, jetzt hat er sich die entsprechende Halsentzündung dazu eingehandelt. Boosto klagt über eine sehr schwere Erkältung, ist fix und fertig, kann keinen Schritt tun. Hanno, der Bär, hat eine Knieverletzung, bei seinem Gewicht sollte er nicht immer springen. Kein Wunder, wenn ein Bänderriss daherkommt oder eine Kapsel im Knie scheuert. Und die Leila, die Blonde, die wir eingehandelt haben, klagt seit Tagen über Kopfschmerzen, dass sie nur noch sterben möchte. Es ist was los im Dorf. Morgen werden wir drei Kinder begraben, drei Mütter, die wollten alle ins Wasser geworfen werden. Lieber den Fischen zum Fraß, als von den Menschenfressern abgefieselt werden. Seit ich der Chief bin, kommen öfter mal Wanderer aus den Ostbergen vorbei, die nennen ihren Chef Kommodore, nennen sie mich ebenfalls Kommodore, das klingt und rollt und man könnte sich fürchten. Was nützen alle Weisheiten über das Spitzmaulnashorn, über den Säbelzahni, den Tiger oder den Elefanten, weil wir dergleichen gefährliche Tiere in unserem Land seit Menschengedenken nicht gesehen haben. Dem Großen Geist sei Dank. Apropos Spitzmaulnashorn, wie der Name schon sagt: Spitzes Maul, ein Horn und man nennt es Nashorn, der Weisheit letzter Schluss. Und der Tiger, ich schicke jeden Frager nach Indien oder wenn’s besonders schön sein soll, nach Sibirien, an den Amur, dort lebt der Amurtiger. Werden immer weniger, Gründe: Massive Waldrodung, Dezimierung durch Wilderei. Über unserem Dorf kreisen regelmäßig Weißkopfseeadler, kommen wohl aus Great Britain, ich war im Westen.
Einige Nachbarn: Sie griffen ständig zu den Waffen, lauerten an den unübersichtlichsten Orten. Es war also schon immer etwas zu tun. Ich nahm mir vor: Mit diesen Leute gehe ich hart zu Gericht, Anklage, Richterspruch, Vollstreckung und das in kürzester Zeit. Der Weg zur Demokratie ist mit harten Steinen, siehe Via Appia zu Rom, gepflastert. I walked up to them: Gentlemen, I shouted, I’m afraid you’re going to lose your turnip. No fight, no death. Or: Fight equals death.
Die Tage, die Wochen, ersehnten gemächlich dahinzugehen, kamen irgendwie ins Land. Ich hatte versucht, das Wirtschaftsleben auf Vordermann zu bringen. Vor allem ging es mir um die Finanzen und den Handel mit den Stämmen unterhalb und oberhalb des Rinno. Mit denen konnte man manches in die Wege leiten und ich halte einfach viel von Kooperation. Dazu kommt: Der Handel, es geht ums Fressen, also ums Überleben, bringt eine glückliche Begleiterscheinung mit sich: Wir handeln mit unseren Frauen und die gehen gerne. In Quassi fehlten durch einen unvermittelt geschehenen Übergriff derer aus Pozzi, dass die Quassianer, Männer nicht nur alle Kämpfe verloren, sie fehlten auch als Arbeiter, als kommende Väter, als Handelsleute und die Geschlechter gehen zugrunde. Kein Mann, keine Fortpflanzung, keine Frau, keine Mutterschaft. Und ich brachte ihnen das alles bei. Seither klingelts im Karton, massenhaft treffen junge Frauen aus den Nachbarregionen ein und dann geht los, Schaulauf, Schautanz, singen, lachen, tanzen. Kannst was, bist was, biste was hasste was. Zwei beherrschten Latein, das fand ich klasse, andere prima.
Handel und Wandel gab ich als Losung aus und sie wären die Grundlagen des Friedens. Fertig. Die Leute brauchen eine klare Ansage, dann parieren sie, sonst bleiben sie zeitlebens auf ihren dreckigen Steinen sitzen. Ich werde sie in die Zukunft führen, so wahr mir die Götter beistehen und der neue gute Gott ist Spezialist für Handel und Wandel, genannt der Große GuGo, Untergott von CARPE DIEM.
So hatte ich innerhalb von nunmehr acht Monden, und so lange ist unser guter Hark nun schon bei seinem Großen Geist, dafür gesorgt, dass der Muschelbestand immer weiter stieg. Teil einer, sinnvollen Zukunftsgestaltung, ernährungs- wie auch und vor allem geschichtsbewusst. Oder: Ernährung ist Mahnung und Auftrag zugleich. Erst mahnen, wenn der neue tönerne Topf ausgeleckt, der Bottich mit dem köstlichen Met geplündert und die Salzkammer mit dem Fleisch entleert ist, zeugt von dem, was den Weißkopfadler, aber nicht uns und viele andere auch nicht auszeichnet, Hellsicht und Weitsicht oder Scharfsichtigkeit und Durchblick.
Hätten wir weiter unter der Ägide des Hark dahingewurstelt, wären wir heute am Ende, hätten weder Ziegen noch Handwerkszeug und die unten am Fluss, die Norowadi, hätten uns übernommen.
Der Anführer der Norowadi stand dann plötzlich am Dorfeingang, unsere Späher hatten ihn gar nicht registriert und er hatte seine jüngste Tochter dabei. Er rief nach mir und ich lag in meiner Hütte. Nun galt es, mich frisch aufzumotzen und für den Empfang des Borek, wie er hieß, und gerade richtig staatsmännisch aufzubügeln.
Er möchte mit mir in Frieden leben, sagte er und wir könnten noch näher zusammenrücken, und er würde mir seine Kleinste mitbringen. Die könnte ich zu meiner Frau machen, sagte er und dann wäre Frieden. Ich dachte mir, könnte gut werden, muss ich erst erziehen, das Ding da. Und sie soll sich waschen, rief ich ihm zu, aber so, dass sie mich nicht verstehen konnte, weil sie mit großen Augen dem Handel und Wandel im Dorf gierig zuschaute.
Und stärker wären wir auch, sagte er, und wir könnten uns gegen die Kilos zur Wehr sitzen, denn die streichen wie die Wölfe durchs ganze Land und schauen nach Beute aus, wild und blindwütig und anarchisch noch dazu. Und er meinte, dass wir die nur gemeinsam bändigen könnten. Wie recht er hat.
Die Jüngste des Borek hieß Mali und der Name gefiel mir und ich fragte sie, ob sie bei mir bleiben möchte und sie sagte ja. Ich sagte zu ihr, sie solle sich richtig waschen. Dann bereiteten wir gemeinsam den Anbeginn unserer Familie vor.
Und Borek der Ältere sagte, ich könne dorthin ziehen, wo die Sonne aufgeht oder aber auch dahin und er zeigt nach Westen. Wichtig wäre nur, dass wir eins würden und zusammen hielten.
Wir schüttelten uns die Hände, gaben einander unser Wort und dann hofften wir, dass wir mächtig würden und reich an Nachkommen. Ich bin nimmer noch der Meinung, dass man diesen ersten mächtigen Friedensschluss im wahrsten Sinn des Wortes historisch nennen konnte. Man nannte sie späterhin die Konferenz am Fluss.
Ich sagte, nachdem die Ältesten sich eingefunden hatten und wir kultiviert, wie wir sind, mit brausigem Met angestoßen hatten, wer das erfunden hat, den möchte ich nicht treffen, ein Schlag von mir und er fällt, ich sagte also, wir stünden in Zeiten welthistorischer Probleme und die weltpolitische Lage bedürfe einer sublimen Kohärenz. Den Schreiber bat ich, folgendes zu notifizieren: Kohärenz in der Außenpolitik, bedeutet den Einklang politischer und institutioneller Schritte zur Erreichung von Vorhaben, siehe Kohärenzgebot. Uns alle gemeinsam habe auszuzeichnen, eine moderne Form der Kohäsion, im Sinne von zusammengehören, zusammenkleben, zusammenbinden und die Kleine kippte ermüdeat um, denn dass die Welt so grob sein würde, hatte sie sich in den schönsten Puppenspielen nicht gedacht.
Borek der Ältere erstaunte bis ins Grab, hatte er sich doch als Schwiegersohn einen Gimpel erwartet und dass ich die interne wie die klima- und gesellschaftspolitische Wichtigkeit der Verehelichung als Aufgabe von überdimensionalen Ausmaßen betrachtete, ehrte ihn.
„Ich, Borek der Ältere, von den Nirawadis, danke für den herzlichen Empfang und deine ungewöhnlichen Worte erachte ich als Ehre. Die Audienz zeigt hin auf die Würde und Ehre, die wir heute und in aller Zukunft, dem heutigen Tag widmen.“
So demonstrierten wir nun weitere Formen der Zusammenarbeit in Tanz, Gesang, Fressen und Saufen, und dass wir gute Steinzeitler sind.
Ich nahm meine Mali und hob sie auf meine Schultern und sagte, dass dieser Tag ein Momento ist und bleiben wird für Jung und Alt, für die Anwesenden und die Verstorbenen, für disziplinierte und engagierte Menschenmänner und Menschenweiber, ein Einsatz und Beitrag aller Generationen für das Bauen von modernen Arbeitsgeräten für Verknotungen von Teppichen, das Gestalten von Eintracht und Harmonie und schlussendlich das Eintreten für Freiheit und das in aller wertgeschätzten ethischen Autonomie von Egaller, Frattaner, Libberter. „Fassen wir uns nun in diesem Glück und in dieser modernen, steinzeitlichen Verfasstheit und grundsätzlichen Positionierung als zärtliche Frauen und wilde Hunde an den Händen“, und ich sagte zu Mali, spring Mali, spring und sie sprang und war glücklich ob der Gaudi, „und tanzen und singen wir.“
Wir fassten nun die günstigen Zeichen der Zeit am Schopf und wir gestalteten den Anfang mit einem Fischessen und unsere Frauen legten noch die besten Wurzeln dazu, gut gewürzt. Mali sagte, Fisch gibt’s immer und sie wüsste das und wenn sie hier mal was zu sagen hat, dann zwar Fisch, ja. Aber anders zubereitet und sie hätte mehr Ideen im Kopf als Haare auf dem Kopf und ich sagte, sie soll doch einmal zum Fluss laufen und sich waschen, aber nicht ersaufen.
Dann war ein Mords Hallo auf dem Dorfplatz und von drüben kamen nunc et hic einige Boote angefahren. Aber sie mussten ihr Speere und Pfeile und Bögen und Messer im Boot liegen lassen. Dann feierten und soffen wir bis gegen den frühen Morgen des kommenden Tages und sie lagen im Staub und Dreck und in der Asche und einige stelzten zum Fluss, um sich zu erfrischen und so manche von ihnen ersoffen jämmerlich, denn der Flussgott etwas hat gegen Alkoholiker und frisst sie, denn er hat ein großes Maul.
Ich zeigte dem Borek unsere Technik, Pfeilspitzen in den Flammen zu härten und er legte mir die neueste Kreation seiner Lendenschürze vor, aus Fell und Blättern gewirkt und ich führte ihn durch unser Höhlenlabyrinth und zeigte ihm die schönsten Malereien, die unsere Künstler unter der Leitung von Warf Scheman angefertigt hatten. Von dem hatte er schon gehört.
Warf Scheman von der Kunstschule erklärte uns die vielen Bilderketten und sagten, dass diese Farben Jahrzehntausende herhielten. Er gab dann einen kleinen Rückblick auf die stammesgeschichtliche Entwicklung und meinte, dass die Malereien jede Entwicklung der Vergangenheit, auch die schlimmsten Fährnisse, überstanden hätten.
Wenn man einen dergleichen historischen wie gesellschaftlichen Background vorweisen kann, macht das Eindruck.
Wir feierten sodann unsere Hochzeit und beteten, dass sich alles gut entwickelt, dass unsere Bekanntschaft keine Episode bleibe, denn die meisten unserer Frauen starben bei der Geburt ihrer Kinder regelmäßig weg und dann musste man sich an eine neue Frau gewöhnen. Aber den Genomen unserer Familie konnten so etwas nur gut tun und ich sagte immer, wenn ich mit einem Vortrag unterwegs war, dass die Evolution sich schon richtig präsentieren würde, darauf sollten sie vertrauen und sie alle sollten sich dem Großen Geist unterordnen. Ich lebe also in einer alltäglichen, aber für uns gewöhnungsarmen Ära, der sogenannten modernen Steinzeit, topaktuell verfasst, rechtlich und wirtschaftlich relativ gut abgesichert und unser Dorf heißt Ziegelwies und hier lässt es sich im eigentlich gut leben. Ich kann sagen und das freimütig, dass ich ganz nahe am Leben dran bin und auch unsere Leute hier. Im Wesentlichen sind wir eine unkomplizierte Großfamilie, ein Clan.
Manchmal treiben wir gewisse Dinge auf die Spitze und das in Wort und Tat. Der eine provoziert den anderen und schon geht’s los. Wir wissen, dass es anderenorts ähnlich zugeht, das wir alle unterschiedlichste Erfahrungen sammeln im Laufe unseres Lebens und uns geht es eben in erster Linie und darauf werde ich des Öfteren noch zu sprechen kommen, ums Essen und ums Trinken, Saufen genannt, um ein bisschen Freude, Trubel, Heiterkeit und so bestimmte Dinge. Unsere Mediziner wie die im heimischen Gebiet anwesenden Wissenschaftler anderer Doktrinen bilden sich bei ihren Konferenzen fort, dann schneiden sie in den Körpern Umgekommener rum und lernen daraus.
Heute hatten wir alle Fischsuppe im Dorf und das musste reichen. Ich habe Mali dazu eine Schüssel, gefüllt mit knusprigen Würmchen, Käferchen, Larven, Spinnen gegeben. Man kann seiner Gemahlin keine größere Freude bereiten am Hochzeitsabend.
Ich bemühe mich, auf die Vorstellungen meiner Mitbewohner, wir leben in einer recht angenehmen Höhlensystemanlage und das teilweise in sehr luftiger Höhe, einzugehen: Flexibel, familiär und unkompliziert. Jeder möchte doch ein sinnerfülltes Leben bestehen und möglichst geräuschlos und ohne zu großes Durcheinander hinter sich bringen. Zu oft noch muss ich feststellen, dass das gesamte steinzeitliche Oeuvre teilweise nicht viel taugt, trägt bei zu seiner Ver-Taugenichtse-Installierung.
Beispiele: Die Suche nach dem frühen Maximilian Padutsch dokumentiert der Komponist, unser Kolanmag immer wieder in seinem Oeuvre. So ist das Oeuvre des jetzt vierzigjährigen Autors mittlerweile sehr umfangreich geworden. Kolanmag hat seine größte Freude daran und auf dem Dorfplatz sitzen, lauschen, klatschen sie und er darf doppelt so viel essen, wie gewohnt.
Vater sagte immer, dass es gelte, diese Tage mit Anstand und ohne allzu deftigen Klamauk durchzuhalten und ansonsten wäre alles eben Bullshit. Bei uns in der Familie gab es auch und das eben zu oft, täglich Fischsuppe und einige gedünstete Wurzeln, also richtig gesundes Essen und da musste keiner zu Salussers kleiner Pizzeria auf die andere Seite des Flusses rudern, um satt zu werden. In puncto Essen kannten wir noch nie irgendwelche Vorurteile. Jeder isst, was gerade greifbar ist und das muss eben reichen. Das gilt auch für das allgemeine Zusammenleben. Die Höhlen und auch einige Hütten geben einem ein gewisses Heimatgefühl. Wir haben es uns so approximativ behaglich eingerichtet, wie nur irgendwie machbar. Heimat ist eben Heimat und durch nichts zu ersetzen. Da kennt man die Leute und das Essen und die Bräuche und Sitten und die Umgebung.
Einige von uns, junge Leute eben, wanderten aus. Das Leben hier würde nichts taugen, sagten sie, großkotzig und schon um die Welt und ihre Gefahren wissend. Gesehen hat man sie nie mehr wieder. Vermutlich sind sie in Richtung untergehende Sonne gezogen, manche, und das konnte man in den Reden schon unterscheiden, hatte es gar gegen Sonnenaufgang reingezogen. Aber es ist eben jeder für sein eigenes Leben zuständig. Einander auf die Füße zu treten ist nicht notwendig, von die Not wenden, wer keinen Platz im Dorf findet, geht unaufgefordert, wer Böses tut, muss gehen oder manchmal hakt man ihr/ihm die Hände ab, das ist Recht und Gesetz.
Viele aufgeworfene Fragen können nicht gelöst werden, lassen Rückschlüsse auf die sogenannte Bringschuld zu. So haben die uns weiterhelfende Ethik und konstitutive Moral grundsätzlich von den je neuen Generationen weitergedacht zu werden, leben wir, doch nicht alleine im Kosmos von Sternen und himmlischen Geistern. Vieles ist sogar dergestalt affirmativ, dass es eigentlich kein Randdasein zu fristen braucht. Interessant ist und für mich, der ich weit und lang genug unterwegs war, ist fortführend u. a. tonangebend zu bedenken: 1) Denn gestaltungspsychologische wie vor allen Dingen – beispielsweise – sozialethische und derzeit normativ zu akzeptierende Positionen, werden ja nicht nur bei uns, sondern auch weitab in anderen Stämmen und Völkern, pardoniert. 2) Man richtet sich demnach sozialtheisch behaglich ein und muss trotzdem wahrnehmen, dass man anderwärts bereits weiterdachte und neues Gedankengut reüssierte, von dem Französischen réussir und in die Tat umsetzte. 3) Dieses Französiche habe ich lange genug gesprochen und kann mich durch deren Lande durchbringen. Wichtig: 4) Allenthalben musste ich bestellen, dass vor allem und ich habe bereits in den abendlichen Palavern oft genug darauf verwiesen, dass die finanzpolitischen, wirtschaftlichen und finanzkapitalistischen Modernisierungsprozesse in manchen Zeiten zu entgleisen /Joogen Habamasch) drohen. Trauer: Sie entgleiten unseren Händen.
So haben manche ethische Postulate mancher Gesellschaften und in anderen Festländern, hinter dem Sonnenaufgang, den östlichen Bergen und vor dem Sonnenaufgang, keine eigenen Ideen zum Weltethos beizutragen. Das ist bedauerlich, sehr schwach, denn die, ich sagte es, welche sich ein Herrenleben machen, mit ihren dicken Bäuchen stehlen und rauben. Da drinnen das Ziel ihrer Gesellschaften sehen, vernichtet die Zukunft der ihnen nachfolgenden Generationen. Diese Gesellschaften benötigen eine harte Hand, Demokratie verzärtelt und verweichlicht sie.
Natürlich wusste ich und ich sagte das auch immer wieder nicht nur im Rat, sondern auch auf dem Dorfplatz unter der Buche, dass das Schicksal des Einzelnen dem Losglück überlassen ist und keiner sollte sich dann beschweren.
Neueste Nachrichten aus der Nähe von Stounhänsch. Die LMU schreibt: Erweitern Sie Ihren Horizont. Haben Sie Interesse daran, die unterschiedlichen Logiken des Ökonomischen, des Politischen und des Ethischen auf wissenschaftlicher Grundlage zu verstehen und zu verknüpfen? Möchten Sie als Führungskraft die üblichen Pfade verlassen und sich einer intellektuellen und persönlichkeitsbildenden Herausforderung stellen? Ganz egal in welchem Bereich Sie tätig sind: In diesem Studium treffen unterschiedliche Fächer und Branchen aufeinander, um voneinander und miteinander zu lernen.
Ich werde alle geben, um meine Söhne an die LMU zu schicken. Nichts geht über ein guten Universitätsabschluss.
Die Leute unserer beiden Stämme diesseits und jenseits des Flusses Rinno waren und sind fromm und lernten sogar, dass mildtätig sein, kein Frevel ist. Wir hatten uns sogar einen eigenen Vorbeter bestellt, den Paterok, der seine Tänze und seinen Gesang und seine Rufe gut beherrschte. Aber in der letzten Zeit benahm er sich, als wäre er der King. Lebenserfahrung: Dort, wo sich die Pateroks in das normale gewerkschaftliche Leben einmischen, dehnt sich die Karre ins Wasser. Das ist schräg und kurios gesehen, der sogenannte Parallelraum.
Dr. Irok sagte, er hat nun sein lateinisches Studium beendet, er hätte von derartigem Benehmen einiger Vorbeter auch von anderen Stämmen gehört, wäre auch er doch schon weit in der Welt herumgekommen. Ich sagte ihm, er wolle doch mit dem Paterok reden. Aber der Paterok wurde frech und anmaßend und sagte Dr. Irok, er, der Paterok wäre ja ein Gesandter des Großen Geistes und der Irok solle sich zum Teufel scheren. Dergleichen politische Lücken gestattet man sich, sobald einem die eigenen Felle davonschwimmen.
Bevor nun tatsächlich der Paterok sich zum Häuptling, Motto: König und Kaiser bin ich und niemand sonst und Schnauze, aufschwingen würde, gar die Frauen auf seine Seite brächte, Unruhe und Unfrieden anzetteln würde und das im Namen des Großen Geistes, mussten wir, Irok und ich, reden und über die Zukunft nachdenken. Es ging eben immer um das Überleben, um die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder und Leute wie dieser Paterok stören das Gleichgewicht. Wenn also einer aus der Reihe tanzt, ist gleich das ganze System tangiert. Und wie die Reise im Dorf und für den Stamm insgesamt weitergeht, das zu bestimmen, liegt in der Verantwortung des Häuptlings und des Rates. Oläoläoläolä, kann ich da nur einstimmen.
Da musste also ein machtvolles Wort gesprochen werden und Irok und ich besannen uns auf die gewohnte Strategie. Meine Frau, meine Mali und ich ließen ihn noch unser erstes Kind dem Großen Geist weihen und nannten den lieben Korors-Bub Valto, das heißt so viel, wie der große Weise.
Wir becherten nach der Taufzeremonie bis in die Nacht hinein gewaltig und bis in den frühen Morgen hinein ulterius atque ulterius donec e foro vici abducti sumus. Und die Kinder und Frauen lachten und schäkerten, hatten länger geschlafen und bereits das Beste an Wurzelgut weggefressen und die Männer tanzten und tranken gen Morgengrauen, bis sie definitiv umkippten. In der Nacht soll sich der Paterok weggeschlichen haben, um an der großen Eiche drüben im Wald zum Großen Geist zu beten und da wäre ein Ast vom Baum gefallen und hätte ihm den Schädel gespalten. Das war ein Unglück und wir nannten den Wald, in dem auch der gute Hark in die Fallgrube rauschte, den Wald der Geister. Es spielte sich vieles, vermutlich auch außerhalb meines Wirkungsgrades ab und ich beobachtete die Szenerie mit scheelen Argusaugen. Klopfte ab und an gegen meine schuldbefleckte Brust.
Experimente, gerade in gesellschaftlichen Umbruchsituationen, und gerade auch von Vorbetern indoktriniert, enden oft durchaus blutig und unsere Stammesgeschichte ist voll dieser Blutspuren und Irok deutete bei der Beisetzung des Inaners an, dass er dem Großen Geist geschworen hätte, die Verfassung des Stammes zu achten, dem Großen Anführer, also mir, zu dienen und keinen Militärputsch zu inszenieren.
Das hoffte ich auch und ich dankte meinem Freund Dr. Irok und nahm ihn an meine Brust und ernannte ihn zum Oberen Hauptmann. In dieser Position stellt er innerhalb aller Granden von Ziegelwies, Ziegelhütten und Ziegeldorf eine Kultfigur dar. Mein bester Freund, der Irok hatte nun eine schöne Frau und sie waren sozusagen frisch liiert und diese Bebas gefiel mir. Zunächst ordnete ich allerdings an, dass die Witwen nicht mehr im Wald ausgesetzt würden, um auf eigene Rechnung zu leben. Über kurz oder lang verhungern sie, werden geraubt, vom Säbelzahni gefressen und das kann nicht Sinn der Sache sein. Die Gemeinschaft des Dorfes verpflichtete ich, ihnen einen Obolus zu entrichten, damit sie über die Runden kämen.
Ich hatte nun die Witwen und deren Kinder nicht mehr gegen mich und vor allem respektierten sie meine Mali, so lange sie unter uns lebte, als ihre Große Mutter, auch wenn meine Mali nur wenige Sonnenturns überlebt hatte. Quaestio mea: Quid est? Estne ulla culpa uspiam? In der Lateinklasse rauften zwei Unreife, unter dem Mott: Ein kleines bisschen grausam sein, mag lukrativ sein, sollte denn eine persönliche Figürlichkeit zufällig auf einen Stein per Kopf aufgeschlagen sein, was in der Klasse geschah. 1) Der alte Gilg Solmer besaß viele, zu viele Muscheln. 2) Sein Sohn Gilola raubte einige davon, was man als Sakrileg bezeichnen durfte, zumindest seit ich als Kommodore recht prächtig funktionierte. 3) Gilola wiederum gestaltete sich als Prahler und zeigte das Raubwerk dem sogenannten Latein-Freund Giropanther Baldrian, dessen Vater Romoluk Baldrian als der dörfliche Erzfeind des Gilg Solmer fungierte. 4) Giropanther Baldrian wiederum gestattete sich, dem Gilola Solmer die paar Muscheln aus der Hand zu reißen, was jener sich nicht gefallen ließ. 5) Der Baldrian Romoluk nun erfuhr von seinem Sohn Giropanther über die elende Beraubung, freute sich wundervoll und bat seinen Sohn Giropanther a) diesem elenden Kind des Gilg Solmer irgendwie das Leben zu nehmen, und b) wie, das überlasse er dem Sohne. Giropanther seinerseits nun schlug heftig auf den Kopf des Lateinfreundes Gilola Solmer ein, wollte er doch die dem Gilola Solmer entrissenen Muscheln allumfassend besitzen, um sie pflichtschuldigst dem Herrn Vater Romoluk Baldrian zu überreichen, was er tat.
Die Bredouille sprach sich in den Dörfern Zielhütten, Ziegelwies und Ziegeldorf, welches als das Zentrum hinter den Palisaden steht, herum. Die Freunde des Gilg Solmer fassten nach Absprache mit mir den gerechten Entschluss, den Romoluk Baldrian und seinen jungen Sohn Giropanther über die Kante der Schlucht in dieselbe zu befördern. Mit Fesseln um Armen und Beinen, Brust und Rücken machten wir ihnen sozusagen Flügel, was bei Auffindung darauf wird schließen lassen, dass die an Lebensjahren unterschiedlichen bösen Buben sich eines gemeinsamen Frevels befleißigt hätten und schließlich und endlich darauf schließen lässt, sie wären schuldig gesprochen. Die Sache war also geritzt, wieder unter meinem Motto: Türme werden von mir eingerissen, nicht von Stürmen. Die Muscheln nun gingen als Kapitalauffrischung in die Dorfkasse ein. Der Witwe des Romoluk Baldrian und den fünf Waisenkindern überreichte mein Adlatus Dr. Irok eine Muschel und schickte sie in die tiefen Waldungen.
Mit den Männern des Stammes traf ich mich jeden ersten Mondtag in der großen Stammeshütte und wir debattierten dort wichtige Fragen unserer Gemeinschaft. Wer allerdings Zoff machte oder sich dem Suff hingab, flog raus. Bei Wiederholung musste er zwangsweise im Steinbruch arbeiten und die Steine aus dem Fels schlagen, ohne Verdienst, für den Straßen- oder Hausbau vor Ort transportieren. Er bekam zu essen und zu trinken, seine Frau durfte sich einen normalen Mann auswählen und die Kinder hatten einen neuen Papi. Im unverzeihlichen Ernstfall drohte die Klippe oder der Rinno, der frisst sie alle. Dank sei dem Flussgeist des Rinno, brav gemacht. Diktum: Politiker müssen tadellos durchs Leben gehen und dürfen sich weder im Dienst noch privat irgendetwas zuschulden kommen lassen.
Als wichtigstes Ereignis, das einmal im großen Sonnenjahr stattzufinden hätte, legten wir fest, die Dorfgemeinschaft zum intensiven großen Bad zu verpflichten und wir nannten es das Heilige Bad zu Ehren des Großen Geistes.
Zudem legte ich fest, dass alle Fressnäpfe sauber gespült werden mussten. Im heiligen Fluss habe dieses Vorgehen ritualisiert abzulaufen. Drei lange Anrufungen des Großen Geistes müssten das Ritual der Fressnapfreinigung begleiten, danach durften sie frei plantschen.
Viele Frauen hatten nach diesen Bädern plötzlich Erscheinungen und Entrückungen und lachten und tanzten und tauchten im Wasser unter. So manche entrückte in die Fluten und tauchte nie mehr wieder auf, wurde vom gütigen Flussgeist aufgenommen.
Einen Teil der Tänze instrumentalisierte ich zu Geburtstänzen, zu Totentänzen und zu Tänzen anderer Ereignisse. So wurde nach erfolgreicher Jagd ein anderer Tanz aufgeführt, als nach einer gewonnenen oder einer verlorenen kämpferischen Auseinandersetzung. Auf diese Weise wurde der Tanz, vor allem auch mit musikalischer Begleitung auf Trommeln und Stockpatschen gegen Stockpatschen, zu einem der erhebende Höhepunkte von Festivitäten, zum anderen auch als großes abschließendes Intermezzo des Lebens eingeführt und entsprechend würdig gestaltet. Es mussten also mehr Ordnung und Zucht einkehren: Familiäre Erziehung und Bildung sind entscheidend. Wer mehr kann als andere Stämme, leistet gar Epochemachendes. Ich besuche regelmäßig die Höhlen oder die Hütten der Bewohner im Dorf. Ich beglückwünschte diese oder jene Frau und Mann zur geglückten Gestaltung des gesamten Interieurs der Höhle und zum guten Umgang miteinander, für anständige Kleidung und Sauberkeit der Kinder. In anderen Höhlen wiederum verordnete ich sofortiges Ausräumen von Dreck und tagealtem Kot, umfängliches Auswaschen jeden Winkels und Mama musste ihre Kinder im Fluss waschen und auch aufmerksam sein, dass keines vom bösen Flussgeist in sein mächtiges und gieriges Maul reingehauen wird.