Professor Zamorra 1135 - Thilo Schwichtenberg - E-Book

Professor Zamorra 1135 E-Book

Thilo Schwichtenberg

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Beschreibung

Eigentlich haben April Hedgeson und ihre Crew der SEASTAR IV dieses seltsame Wesen, das ihnen tief im Ozean begegnete, schon wieder vergessen. Doch es scheint, als sei das ein Fehler gewesen. Denn diese Kreatur existiert noch - und nicht nur das ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Sehnsucht nach der Hölle

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Carlos Villas / Rainer Kalwitz

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5556-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Sehnsucht nach der Hölle

von Thilo Schwichtenberg

Der Uralte drückte seine Klauen auf die scheinbar steinerne Hülle.

Ja, er konnte ES spüren!

Schon umhüllte ein Netz aus Magie das gewaltige Ei, gab dem ETWAS darin Kraft – und die Schale brach auf!

Der Sohn des Nests schrie seine Freiheit an das Firmament.

»Folge dem Ruf der LEVIATHAN. Züchtige die Menschheit. Aber vor allem: Halte mir Professor Zamorra vom Leib.«

ES nahm Witterung auf und erhob sich flügelschlagend in die Lüfte.

Der Greis sah dem Urgewaltigen hinterher. Er verzog das Gesicht zu einer Fratze. »So hat das doppelte Spiel also begonnen. Verzeih, alter Freund. Aber meine Sehnsucht nach der Hölle ist einfach zu groß.«

Tibesti-GebirgszugGrenzgebiet Tschad/Libyen

Noch nicht den Kopf heben! Erst, wenn der Abgrund zu sehen ist.

George versuchte seinen Blick unten zu halten und nur auf den lehmrissigen Boden zu achten. O Mann, fiel das schwer.

Neben sich hörte er bereits die erschrockenen Ah‘s und Oh‘s seiner Gruppe, aber nein, jetzt zog er es erst recht durch. Er wollte den Anblick mit einer Entscheidung verknüpfen: Sollte das unwiderruflich seine letzte große Reise sein oder nicht? Sollte er das Leben von Freiheit gegen das einer Familiengründung eintauschen? Er liebte Mary seit nunmehr fünfzehn Jahren mit jeder Faser seines Seins. Mary war die Frau für ihn. Er wollte sie – oder keine. Aber das war leichter gesagt als wirklich die Konsequenzen zu ziehen. Sie beide waren mittlerweile Enddreißiger. »Meine biologische Uhr tickt!« Wie oft hatte er in den letzten Monaten diesen Satz von ihr gehört!

Aus diesem Grund hatte sie ihn zum ersten Mal in ihrer Beziehung alleine reisen lassen. »Ich habe mich bereits entschieden. Schatz, es ist doch nicht für immer. Und eines Tagen begleiten uns die Kinder.« Eines Tages. Jetzt hätte George doch fast aufgesehen! Bis »eines Tages« kam, konnte so viel geschehen. Gerade hatte es den zweiten Todesfall in seiner ehemaligen Klasse gegeben. Nach Selbstmord nun Krebs.

Wollte er wirklich mehr als fünfzehn Jahre aussetzen? Verstreichen lassen? Und sich mit Strandurlaub zufriedengeben? Dann war er Mitte fünfzig. Vielleicht war er dann nicht mehr für diese Art von Reisen fähig.

»Stopp!« George spürte einen leichten Druck am linken Oberarm. Er sah zur Seite. Hisséne, ihr Guide, lächelte ihn mit seinen blitzenden weißen Zähnen an. »Jetzt darfst du aufsehen.« Der junge dunkelhäutige Führer mit dem weißen Turban, der gleichzeitig auch als Schal fungierte und nur das Gesicht freiließ, streckte seine beiden Arme weit von sich – und George hob den Kopf.

»Wow.«

Mehr brachte der Engländer nicht heraus. Der Anblick war … überwältigend!

Sie standen auf einem lehmfarbenen Felsplateau. Hier würden sie auch für die Nacht ihre Zelte aufschlagen. Die vier weißen Jeeps waren von ihren Fahrern bereits ausgeladen und die benötigten Sachen wie Zelte, Wasch- und Kochgelegenheiten ausgepackt worden.

George befand sich am Rande eines gewaltigen Cañons, der sich in der Ferne öffnete und die endlose Ebene erahnen ließ. Das Ganze erinnerte ihn an eine Arena der Götter. Links und rechts türmten sich die Felsen und Berge auf und unter ihm, weit, weit unter ihm, hatten sich kleine Vulkane aus salzigem Grund gedrängt. Mehrere tadellos geformte Kegel erhoben sich wie kleine Nester. Sie waren, so schien es ihm, gigantische Eierbecher.

Die Sonne begann mittlerweile die Szenerie mit rötlichgoldenem Glanz zu überziehen und ließ die Sandsteinformationen im Hintergrund fast wie versteinerte Götter samt ihren protzigen Palästen aussehen.

In einem der einmündenden Seitentäler konnte George sogar ein paar Palmen, Lehmhütten und bunte Tupfer ausmachen, denn die einheimischen Frauen kleideten sich in dieser sand- und aschefarbenen Landschaft auffallend bunt.

Immer wieder ließ er seinen Blick über die Arena gleiten. Und das sollte er aufgeben? Auf das sollte er in Zukunft verzichten? Das hatte Mary tatsächlich von ihm verlangt!

Das Tibesti-Gebirge. Allein der Name klang schon magisch anziehend. Das Tibesti war nicht nur ein aus Vulkanen bestehender Gebirgszug im Tschad, sondern zugleich auch das höchste Gebirge der Sahara. Seine nördlichen Ausläufer reichten mehrere Hundert Kilometer weit nach Libyen hinein. Es erhob sich am Nordrand des Tschadbeckens und wuchs aus der flachen Wüstenlandschaft mit mehreren Schichtstufen hinauf. Das Hochgebirge war teilweise stark zerklüftet und präsentierte zahlreiche Vulkankrater und Schlackekegel. Das Tibesti gehörte zu den isoliertesten Regionen der Welt und wurde von den Tubu, was so viel wie »Menschen des Gebirges« oder auch »Felsenmenschen« hieß, besiedelt.

George hatte diesen weißen Fleck auf seiner Landkarte eher zufällig gefunden. Es war genau dieser Standpunkt auf einem Foto gewesen, auf das er zufällig beim Durchklicken von Gebirgsmotiven im Internet gestoßen war. Dieses Hochplateau inmitten des gewaltigen Vulkangebirges. Sofort hatte er das Ziehen in der Brust bemerkt. Hatte gleich auf ein Video geklickt und war von den Bildern und der Musik auf Anhieb berauscht gewesen.

»Mary, sieh dir das an! Das könnte der nächste weiße Fleck auf der Landkarte werden, den wir bunt färben können.« Doch Mary hatte ihn nur traurig angesehen und den Kopf geschüttelt. Für sie galt eben: Familie oder Freiheit.

Er hatte sich für die Freiheit entschieden, wieder einmal. Und da stand er nun, mit Herzklopfen und war wieder einmal überwältigt von diesem Blick und dieser unendlich scheinenden Freiheit. Er brauchte diese Reisen! Er musste immer wieder diese Freiheit spüren. Musste sich, den Winzling, in dieser grandiosen Welt stehen sehen. Immer und immer wieder. Es war wie eine Sucht, dieses Fernweh …

Der Schrei riss George aus seinen Gedanken. Was war das gewesen? Er sah sich um. Niemand aus der kleinen Gruppe war in Schwierigkeiten. Alle standen und schauten und staunten.

Da! Schon wieder schrie, oder besser röhrte, etwas in diesem Gebirge.

»Hissène, sind das Adler oder Geier?«

Der Tubu schüttelte unsicher seinen Kopf. »Der Schrei ist für einen Geier zu … laut.«

Erneut riss ein Ruf die Menschen aus ihrer Ratlosigkeit.

George hielt sich die Hand über die Augen und betrachtete die Arena. Nichts.

»Da!«, schrie plötzlich Amanda, ein Mitglied aus der Reisegruppe und wies mit der ausgestreckten Hand auf eines der Seitentäler.

Da sahen es alle. »Großer Gott, was ist das?« Amanda, die nah an George herangetreten war, flüsterte nun. Die weißblonde Waliserin, so hatte George schon längst bemerkt, schien mit fortlaufender Reise immer mehr seine Nähe zu suchen. Er hatte es geschehen lassen.

Ein geflügeltes Etwas, lehmfarben, mit gewaltigen Schwingen, drang lautstark flügelschlagend in die Arena ein. Es besaß einen keilförmigen Kopf und einen zwar langen, doch ziemlich kompakten Schnabel. Ein ebenso langer wie kräftiger Hals mündete in einen muskelbepackten Körper mit Klauen und einem langen, pfeilförmigen Schwanz.

Dieser Vogel schien urzeitlich. George konnte kein Gefieder erkennen. Eher war es lehmfarbene Lederhaut, runzlig und rissig.

Das Etwas flog eine Kurve und hielt nun direkt auf sie zu! Es schrie ohrenbetäubend.

»In die Autos! Schnell!« Hissène stupste George und Amanda an und rannte zu den Jeeps. Auch die Fahrer hatten das mächtige Etwas erspäht, hatten die Motoren angelassen und gewendet. Schon rissen die Ersten aus der Gruppe die Türen auf, schon brausten die Jeeps los, da hatten auch George, Amanda und Hissène ihr Auto erreicht. Hinein und Gas geben war eins. George wurde in den Sitz gedrückt. Der Jeep beschleunigte rasch.

Hinter ihnen schrie das Ungetüm. Der Engländer wand sich und sah nach hinten. Die geflügelte Bestie füllte bereits die gesamte Sicht aus. Er konnte die schwarzen Augen erkennen, in denen es …, war das wissend? … leuchtete!

Dann verschwand der Vogel oder besser Urzeitsaurier aus ihrem Sichtfeld. »Ist er über uns?«, stellte Amanda die überflüssige Frage.

Im nächsten Moment bohrten sich die Krallen in das Dach des Autos und hoben den Jeep an.

Amanda kreischte wie wild. Das Auto wurde gedreht und zur Arena zurück geflogen. Schon kam die Felskante in Sicht – und sie befanden sich in freiem Fall!

George spürte nur nebenbei, dass auch er schrie. Er flog! War das Freiheit?

Dann kam der Aufprall.

***

Schmerz. Überall war Schmerz.

Überall?

George konnte seine Beine nicht bewegen. Er spürte sie nicht. Etwas Heißes rann ihm über das Gesicht in die Augen. Er versuchte sich das Gesicht abzuwischen, doch konnte er seine Arme nicht herausziehen.

Woraus nicht herausziehen? Überall war Metall. Und wenn er es recht bedachte, hing er im Auto.

»Amanda? Hissène?« Er krächzte und würgte eher, als dass er sprach. Doch er erhielt keine Antwort.

Er versuchte noch einmal, sich zu befreien. Nichts. Er konnte sich nicht bewegen! Panik stieg in ihm auf. Plötzlich eine Erschütterung, gleich neben dem Jeep. Jemand war … gelandet.

Der Flugsaurier!

Im nächsten Moment hämmerte etwas gegen die Karosserie. Sie kippte um. Jetzt musste das Auto auf seinen Rädern stehen.

Das Dach bekam Einschläge. Lange spitze Zapfen stießen nach George. Dann riss das Blech auf, als sei es Alufolie! Ein Schnabel erschien, erfasste den Engländer, zog und rüttelte an ihm – und dann war er frei!

George wurde übel. Er sah an sich herunter. Da … war kein Unterleib. Ein Rachen kam auf ihn zu, ein Sog erfasste ihn. Knochen brachen. Waren es seine Knochen?

Familie, dachte George. Ich entscheide mich für die Familie.

Dann war da nichts mehr.

***

Ausläufer des Tellatlas, auch Kleiner Atlas genannt, nahe der MittelmeerküsteAlgerien

Wenn Farid den Oberkörper etwas anhob, dann konnte er in der Ferne sogar das dunkle Blau des Meeres sehen. Er konnte die weißen Wellenbänder darauf erkennen, die lautlos an die Küste rollten. Er konnte Schiffe sehen und sich an ferne Gestade träumen.

Das mit dem Oberkörper anheben unterließ er, aber das Träumen nicht. Er hatte sich bereits unter eine junge Kiefer gebettet. Der Elfjährige verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen für sein wohlverdientes Mittagsschläfchen. Alle Viecher seiner Herde weideten glücklich das spärliche Gras.

Da meckerte eine Ziege ängstlich.

Farid seufzte und öffnete die Augen. Nein, alle waren wohl nicht glücklich. Das war garantiert Zohra. Das garstige Biest hatte wieder einmal dafür Sorge getragen, dass aus seiner Träumerei nichts wurde. Diese blöde Zicke! Nicht umsonst hatte er der Ziege den Namen der Freundin seiner Schwester Rabea verpasst. Denn die nervte ihn auch immer. Mit ihren dicken schwarzen Zöpfen, an deren Enden sie immer herumkaute und ständig »Hallo, Farid!«, sagte und dabei auch noch dämlich kicherte.

Wo er war, war sie nicht weit. Egal, ob er Fußball spielte oder Hausaufgaben erledigte. Deswegen war Farid heilfroh, in den Ferien die Ziegen hüten zu dürfen. Oh ja, Zohra war anfangs mitgekommen, doch er hatte sie ignoriert. War immer weiter und weiter mit seinen Ziegen das Gebirge hinaufgeklettert. Und irgendwann war sie zurückgeblieben. Eine ganze Weile noch hatte sie ihm nachgesehen und sich dann wieder ins Dorf zurückgetrollt.

Frauen!

Für Farid stand fest, er würde nie heiraten. Er würde zur See gehen. Kapitän werden und in jedem Hafen eine Braut haben. Und wenn die jeweils aktuelle ihn zu nerven begann, dann würde er einfach mit seinem Schiff weiterfahren.

Während der überwiegende Teil der Ziegen auf irgendwelchen Ästen von Kiefern oder Korkeichen balancierte, um an die leckeren Blätter oder jungen Triebe zu gelangen, stand Zohra – die Ziege – auf einem doppelt mannshohen und garantiert ungenießbaren Felsklumpen und meckerte ängstlich.

»Komm da runter, blödes Vieh.« Farid warf ein paar Kiesel nach der Ziege. Doch die blieb stur stehen und meckerte.

»Glaub ja nicht, dass ich dich runtertragen werde.« Der elfjährige Junge begann zu klettern. »Nein, runterwerfen werde ich dich, du dummes Tier. Du hast mich das letzte Mal geärgert.«

Farid rutschte mit dem rechten Fuß ab. Wie gut, dass er mit den Händen richtig in den Fels gegriffen hatte. Er stutzte. Das Gestein fühlte sich wie … Leder an. Und wenn er den Klumpen recht betrachtete … Langsam rutschte er abwärts, trat ein paar Schritte zurück und besah sich das Steingebilde aus einiger Entfernung genauer.

»Was ist das?«, flüsterte er perplex.

»Wollen wir es zum Leben erwecken?«

Farid fuhr herum.

Vor ihm stand ein ebenso unsagbar alter wie hässlicher Greis. Er trug einen abgewetzten Anzug, der sicher in seinen besten Tagen extrem teuer gewesen war.

Der Alte besaß ein schlaffes Gesicht mit einem regelrechten Truthahnhals, denn das Kinn schlabberte bei jeder Bewegung hin und her. Hängende Wangen und Tränensäcke, Altersflecke und vereinzelte Haarsträhnen rundeten das unappetitliche Antlitz ab. Seine blauen Augen schimmerten wässrig und waren stechend zugleich.

Wo kam der Alte so plötzlich her? Hatte er sich hinter einem Felsen versteckt? Was wollte er hier?

Farid spürte mit einem Mal, dass ihm das Atmen schwerfiel. Auch fühlte er sich plötzlich so unwohl, so klein, so unbedeutend. Wie eine Fliege oder einer von den schwarzen Ölkäfern, die es hier zuhauf gab und auf die man einfach drauftreten musste, weil man nicht auf alle zugleich achten konnte.

Der Greis schritt an Farid vorbei. Dass der Junge auf die Knie fiel, bekam dieser gar nicht mit. Statt wegzulaufen, musste der Elfjährige einfach beobachten, was nun geschah.

Fast ehrfürchtig strich der alte Mann über den vermeintlichen Felsen. »Ich habe die alten Schriften sehr genau studiert, habe mich auf die Suche begeben und dich gefunden. Ich kann dein Leben bereits spüren. Soll ich dir helfen zu werden?«

Seine teigigen Finger begannen zu glühen. Lilafarbene Adern zeichneten sich auf den fast weißen Händen ab. Doch die Adern durchstießen die Handflächen, krochen über den Sandstein – oder war es doch Leder? Es zischte leise, wenn eine Ader im Gestein verschwand.

Bald hatten sich diese lila Bahnen wie zwei Spinnennetze um den Koloss gelegt. Der Stein erzitterte. Kleine Bröckchen rieselten herunter, und die Ziege darauf schrie in Panik. Doch noch immer sprang sie nicht herunter.

Das Etwas durchlief eine Welle, ein Zittern. Plötzlich erkannte Farid mächtige Vorder- und Hinterläufe. Die Stampfer waren eingeknickt und an den Körper gezogen. Schon spannten sich erste Muskeln. Versuchte der Gewaltige etwa aufzustehen? Aber wo war der Kopf des Steinwesens?

Der Alte zog seine Hände von dem steinernen Körper ab und trat zurück. Zufrieden betrachtete er, was nun weiter geschah. Der vordere Teil des Felsens wurde abgesprengt und schien sich vom Felsen langsam zu entfernen.

Nein, korrigierte sich Farid. Da war er, der Kopf des Wesens, ein flusspferdähnlicher, klobiger Kopf! Schon rieselte Lehm zu Boden und die Augen öffneten sich. Kleine graue und vor allem stechende Augen bewegten sich nach vorn und hinten. Doch auch am anderen Ende löste sich der Fels, sodass es eher an eine Fettschürze denn an einen Schwanz erinnerte.

Das Ungetüm stand vor Kraft strotzend auf. Und die Ziege schrie und blökte weiterhin.

Ein Schnapp und sie war im Rachen des Wesens verschwunden.

Wie … Farid blinzelte verwirrt. Wie hatte dieses plumpe Urtier das jetzt gerade angestellt? Er starrte das Monster an.

»Gut. Auch du bist nun erwacht.« Der Greis schien zufrieden.

»Folge dem Ruf der LEVIATHAN. Vereine dich mit deinen Artgenossen und züchtigt diese verdammte Menschheit. Aber vor allem: Haltet mir Professor Zamorra vom Leibe.«

Der Alte sah nun Farid direkt in die Augen. »Das Spiel mit einigen unbekannten Variablen hat begonnen. Doch wie heißt es bei euch Menschen so schön: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ob mein Plan aufgeht? Lassen wir uns überraschen.«

Der Greis zwinkerte Farid schelmisch zu, drehte sich dreimal blitzschnell im Kreis und verschwand. Einfach so.

Der Junge fuhr sich durch die schwarzen Haare. Wie konnte sich dieser alte Mann so schnell drehen und dann einfach weg sein?

Zurück blieb eine nach Schwefel riechende Wolke, Farid und … das Tier.

Kleine, graue und vor allem stechende Augen fixierten den Jungen. Dann schnappte etwas zu.

***

United Car Systems, Testing AreaDenver, Colorado

»Ui, hat heute jemand Geburtstag?«

Der dicke Steven hatte natürlich den Fresskorb als Erster entdeckt. Schon wühlten seine Wurstfinger in den herrlich bunten Schokoriegeln herum, denn meistens versteckten sich die wahren Leckerlis ganz unten.

Oben drauf kam die etwas billigere Ware und unten, wenn alle satt waren, kam die Markenware zum Vorschein. Und zwar für diejenigen, die ihre Leidenschaft noch etwas zügeln konnten.

»Ah, wen haben wir denn da? Wenn das nicht ein XXL-Riegel ist.« Seine Augen leuchteten in heller Vorfreude. Wer denn nun Geburtstag hatte, war schon wieder zur Nebensache geworden.

Adam schüttelte nur den Kopf. Er trat an das Infobrett heran und fuhr mit dem Zeigefinger die Liste der Teamkollegen hinab. »Ah, heute ist Blakes großer Tag. Gott, der wird nächstes Jahr auch schon fünfzig.«

Steven sah ihn an. Er kaute vergnügt, rollte mit den Augen und sprach: »Werden wir alle. Früher oder später.«

»Ey, hat heute schon wieder jemand Geburtstag?« Dex und Alex trotteten in die Küchenecke, die illegalerweise und doch geduldet vor einigen Jahren in den Werkstattbereich integriert worden war. Sie legten ihr Werkzeug schnell beiseite, und schon wühlten auch ihre Finger in den Süßigkeiten.

»Umpf«, machte Steven. »Blake.« Und schob sich Riegel Nummer drei in die Futterluke. Zum Glück waren genug Schokoriegel vorhanden.

»Sag mal …« Dex sah Steven fragend an. »Du hattest doch gerade ein nicht mal kleines und vor allem ein inoffizielles Frühstück während der Arbeitszeit. Hast du etwa schon wieder Hunger?«

»Pff. Schokolade geht immer.« Die Hände des Dicken raschelten im Korb und wurden fündig, dann platschte sein Körper auf den Stuhl. »Und außerdem. Sei du mal schön still. Du machst ja wohl bedeutend mehr Raucherpausen, als ich Brötchen verdrücken kann.«

»Schon mal an Diabetes und Bluthochdruck gedacht?« Alex schüttelte den Kopf.

»Wozu?«, knurrte Steven. »Dafür gibt’s Tabletten. Also guck woanders hin.«

»Steh auf«, konnte Adam gerade noch zischen, da war Krystle schon heran. Die Teamchefin schaute demonstrativ auf die Uhr. »Ihr habt noch fünf Minuten bis zur Pause. Ach, ist ja auch egal.« Sie schüttelte zwar missbilligend ihren Kopf, doch dann griff auch sie ins Körbchen.