Professor Zamorra 1148 - Manfred H. Rückert - E-Book

Professor Zamorra 1148 E-Book

Manfred H. Rückert

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Beschreibung

Schon während der Fahrt aus Italien zurück nach Frankreich haben Zamorra und Nicole das Gefühl, beobachtet zu werden. Doch als Zamorra die unbekannte Präsenz zu orten versucht, scheitert er.
Zurück im Château Montagne stellt Zamorra fest, dass ihnen ein seltsamer Fremder gefolgt ist. Er zwingt Zamorra zu einem bizarren Spiel mit hohem Einsatz: Es geht um nichts Geringeres als Merlins Zeitringe.
Gleichzeitig ist Lilith noch immer auf der Suche nach der Elfe Kedlin, um sie zu töten. Eine Spur führt ausgerechnet zum Château ...

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Seitenzahl: 140

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Professor und der Spieler

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: FXQuadro / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6429-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Der Professor und der Spieler

von Manfred H. Rückert

Nor sah wieder das faszinierende Funkeln. Die Magie, die von den beiden Ringen ausging, zog ihn unwiderstehlich an, als wäre sie ein überstarker Magnet und er ein Stück Metall.

Der brennende Mann schob den Zylinder zurück und blickte nachdenklich auf seine glimmenden Unterarme. Das leise Zischen des ewigen Feuers und das Aufsteigen von dünnen Rauchschwaden halfen ihm, sich wieder auf seine Aufgabe zu konzentrieren.

Über seine Lippen sprudelten gutturale Beschwörungsformeln. Die Hände woben magische Muster in die Luft.

Die beiden Weißmagier waren wieder zurückgekehrt. Nun konnte er sich um die Objekte seiner Begierde kümmern …

»Wer seinen Feind nicht kennt, der wird nicht siegen.«

Aus »Die Kunst des Krieges«, dem Hauptwerk des Kriegsphilosophen Sun Zi.

Regenwald, Brasilien

Von einem Moment zum anderen begann die Luft auf einer kleinen Lichtung mitten im Urwald zu wabern. Es entstand ein dünner, senkrechter Strich, der sich schnell nach unten verbreiterte, bis er kurz über dem Boden endete.

Dahinter schimmerte es zuerst weiß, dann blaurot. Es war, als würde eine kleine Sonne eineinhalb Meter über dem Erdboden entstehen und sich ganz langsam bis fast nach unten ziehen.

Ein Jaguar, der sich nur wenige Meter entfernt auf der Suche nach Beute befand, zuckte zusammen und fauchte die Öffnung mitten in der Luft an. Er bewegte sich rückwärts und witterte. Dann ging er langsam um das Flimmern herum. In seinen dunklen Augen irrlichterte es. Von der anderen Seite war nichts zu erkennen. Einem magiebewussten Wesen bewiese das, dass es sich tatsächlich um ein Weltentor handelte und nicht nur um einen magischen Effekt. Dem Jaguar waren derlei Gedankengänge verständlicherweise fremd, aber er spürte, dass es selbst für ihn gefährlich wurde.

Mehrere Wesen, die den Durchgang wagen wollten, waren vor dem blauroten Schimmern zu erkennen.

Gleich darauf flimmerte die Luft inmitten des brasilianischen Regenwaldes stärker. Der Strich wurde schnell zu einem Kreis von annähernd zehn Metern Durchmesser. Der Jaguar wich zurück, er hob mehrmals die vorderen Pranken, als wollte er das Wabern abwehren. Er fauchte, stellte die Ohren auf und zog den Schwanz zwischen die Beine. Er bog den Rücken nach unten durch und legte den Kopf zurück. Es war unverkennbar, dass ihm das Ereignis Angst machte.

Aus dem Flimmern schälte sich eine hochgewachsene Frau mit langen schwarzen Haaren und grellweißen Augen, in denen die Pupillen fehlten. Ihre Gewandung bestand aus schwarzem Feuer. Ihre Haltung verriet, dass sie es gewohnt war zu befehlen. Gleichzeitig schien sie über irgendetwas sichtlich extrem verärgert zu sein. Es handelte sich um Lilith, die Herrscherin Avalons, die mächtigste Dämonin auf der Zeitenfähre.

Sie wurde von zehn Urdämonen begleitet, die sie weit überragten. Ihre Körper waren fast durchweg von schlanker, sehniger, fast dürrer Gestalt. Borstiges Fell bedeckte ihre Haut. Ihre grausamen Gesichter waren annähernd menschlich geformt, hatten aber absolut nichts Freundliches an sich. Die Köpfe der abstoßenden Wesen waren im Verhältnis zum Körper zu klein geraten, die Augen dagegen waren viel zu groß. Sie schienen auf den ersten Blick jeweils fünf Pupillen zu besitzen, die in Form eines Pentagramms angeordnet waren. Anstatt einer Nase besaßen sie eine Art schwarz flimmerndes Feld, unregelmäßig, aber streng abgegrenzt. Aus dem Maul ragten ihnen mächtige Hauer. Beim Verziehen der Lefzen tropfte ätzender Geifer auf die Erde. An den Stellen, wo er auftraf, schlug es Blasen und brannte Löcher in den Boden. Rauchwölkchen kringelten sich nach oben und zerfaserten im Wind.

Die Erzdämonin und ihre Begleiter materialisierten in einer Wolke aus blauem Wasserdampf. Das bedeutete, dass der Ort, von dem sie kamen, sehr heiß und feucht war. Mit den Besuchern kam stets etwas Luft von dem Planeten mit, von dem aus das Weltentor geöffnet wurde.

Diese Besucher führten in erster Linie einen penetranten Gestank nach Schwefel mit sich, ein untrügliches Zeichen, woher sie kamen.

Bevor der Dampf sich verflüchtigte, schlug sich ein bisschen davon auf dem Fell des Jaguars nieder. Er knurrte ungehalten und blickte sich nach einem Rückweg um. Angesichts der zehn Riesen verhielt er sich auf einmal leise und machte sich so klein wie möglich, in der irrigen Hoffnung, übersehen zu werden.

Lilith fixierte den Kreis, der fußbreit in der Luft schwebte. Doch anstatt sich weiter zu öffnen, verblasste das leicht geöffnete Weltentor wieder. Es schloss sich nicht etwa, sondern verschwand von einer Sekunde auf die nächste. Nichts wies darauf hin, dass sich hier noch vor Sekunden ein Durchgang zu einer anderen Welt befunden hatte.

Im Hintergrund waren deutlich die Geräusche von Tausenden von Tieren zu hören. Zumeist schien es sich um Vögel zu handeln, die anderen Wesen waren den Dämonen fremd. Lilith war es recht, solange alles seinen gewohnten Gang nahm und sie nicht auffielen. Nicht dass sie Angst davor haben müsste, denn auf diesem Planeten konnte ihr so leicht niemand widerstehen. Aber umso leichter würde es gelingen, sich an die Gesuchte heranzuschleichen und ihren Auftrag zu erfüllen.

Wobei Lilith überall im Multiversum mit ihren mehr als außergewöhnlichen Begleitern auffallen würde …

Die Erzdämonin legte Daumen und Zeigefinger der linken Hand zusammen. Im entstandenen Kreis wurde aufgrund ihrer Magie ein Bild sichtbar. Es zeigte eine goldene Frau mit Flügeln inmitten von Bäumen. Allerdings sahen sie etwas anders aus, als die hiesigen Gewächse.

»Sie ist weit weg von uns!«, zischte die Erzdämonin. Sie ging voran, ohne sich nach ihren riesigen Begleitern umzudrehen. »Wir werden sie trotzdem finden und zur Strecke bringen. Vorwärts!«

»Wir hören und gehorchen, Herrin«, rezitierte Charom, der Anführer der Urdämonen, die uralte Formel der Unterwerfung, die schon Abermillionen Wesen zum Verderben geworden war, und folgte ihr wie acht weitere Mitglieder aus seiner Truppe. Urdämonen waren die ersten Mitglieder aus LUZIFERs Albträumen, die er in der Urhölle erschuf.

»Wie weit ist weit weg von uns?«, wollte einer seiner Begleiter mit dröhnender Bassstimme wissen und blieb stehen. »Ich …«

»Hat dich hier irgendjemand um deine Meinung gebeten?«, zischte Lilith gefährlich leise. Sie drehte sich nicht zur Seite, als sie fragte: »Solltest du dich bei der Auswahl deiner Leute geirrt haben?« Die zweite Frage war zweifellos an Charom gerichtet.

»Wir hören und gehorchen, Herrin«, wiederholte der Anführer die Formel so schnell er konnte. So stark er und seine Untergebenen auch waren, gegen Lilith besaßen sie nicht den Hauch einer Chance. Er blickte den Fragesteller scharf an. Der wusste, dass er zu weit gegangen war und sich ab sofort zurückhalten musste, wollte er nicht bestraft werden. Er schaute zu Boden, um die Dämonin nicht noch mehr zu verärgern.

»Weiter!«

Lilith überlegte, während sie lief. Die magischen Schockwellen, die vom brasilianischen Tor ausgingen, hatten sie hierhergeführt. Die Erzdämonin stand unter höchstem Druck. LUZIFER persönlich hatte ihr befohlen, die goldene Elfe Kedlin zu töten.

»Es ist völlig egal, wo sich die Goldene aufhält. Sie muss auf jeden Fall sterben«, rief sie sich LUZIFERs Worte in Erinnerung. Sie waren peinigender als körperliche Gewalt. Die Eindringlichkeit seines Befehls nahm in der Reminiszenz eher noch zu. »Und du wirst die Aufgabe, die ich dir gestellt habe, zu Ende bringen, Lilith.«

Ein Versagen ihrerseits war undenkbar. Sie musste den Befehl zur Zufriedenheit des Höllen-KAISERs ausführen, oder sie würde von ihm auf eine Art bestraft werden, die sie sich nicht vorstellen wollte. Ihre Züchtigung würde sehr schmerzhaft sein und äonenlang dauern. Schlussendlich würde sie den Tod als ihren besten Freund begrüßen.

Sie musste Kedlin unter allen Umständen finden und zur Strecke bringen. Und das so schnell wie möglich. Der KAISER besaß nicht allzu viel Geduld. Er akzeptierte kein Versagen. Aus diesem Grund behandelte Lilith ihre Untergebenen noch schlechter als sonst. Sie sehnte sich nach dem Palast der Macht, ihrem Refugium.

Lilith erledigte die Aufgabe noch aus einem anderen Grund widerwillig, denn dieser Auftrag kam zur Unzeit. Sie hatte wahrlich Wichtigeres zu tun. Der Kampf gegen die Dämonenherrscherin Berith würde sicher eine Weile dauern und ihre gesamte Aufmerksamkeit fordern.

Den Jaguar, der sich nur wenige Meter von ihr entfernt auf den Boden drückte, hatte sie gesehen, aber sie beachtete ihn nicht. Sie hatte noch nicht einmal vor, ihre Magie gegen ihn einzusetzen. Für derlei Arbeiten war ihre Begleitung zuständig.

Der in Ungnade gefallene Urdämon kümmerte sich auf einen Blick seines Vorgesetzten um das Raubtier und setzte sich unverzüglich in Bewegung.

Der Jaguar reagierte sofort. Noch während der Urdämon auf ihn zugesprungen war, zuckte der Kopf der Großkatze vor, bereit, sich gegen den Höllischen zu verteidigen. Er sprang hoch und biss in den Unterarm des Höllenknechts. Der Jaguar verfügte von allen Großkatzen über das kräftigste Gebiss, dennoch nutzte ihm diese Tatsache nichts.

Der Urdämon öffnete leicht das Maul, wobei Speichel auf den Jaguar herabtropfte und große Löcher in sein Fell fraß. Das Maul der Raubkatze öffnete sich wie zu einem lautlosen Schrei, dann löste sich die Zungenspitze auf. Innerhalb weniger Sekunden verendete der Jaguar unter spastischen Zuckungen am schwarzen Blut des Dämons; der Speichel fraß schlussendlich den halben Kopf der Raubkatze weg.

Der Höllische warf den Kadaver achtlos zwischen die Bäume. Die Verletzung durch den Jaguarbiss begann durch die enormen Selbstheilungskräfte schon zu verheilen. Er folgte Lilith und seinen Artgenossen auf dem Weg durch den Dschungel.

Die Erzdämonin versuchte mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, die goldene Elfe zu finden. Sie wandte Telepathie an und ihre Art des Magischen Radars. Kein leichtes Unterfangen auf einer Welt, auf der über sieben Milliarden Menschen und eine unbestimmte Anzahl magisch begabter Wesen lebten. Dazu erfühlte sie die magischen Schwingungen des Höllentors, durch das der Erzdämon Zarkahr von seinem Kollegen Agares geschickt wurde. Sie nahm die Ausstrahlung von Agares wahr, der sich erst vor Kurzem durch das Tor in die Hölle versetzt hatte. Seine Aura überlagerte viele andere Eindrücke.

Auch wenn es eine unbestimmte Zeit dauern würde, war sie sicher, schlussendlich auf die Spur ihrer Zielperson zu kommen. Kedlin besaß eine einzigartige Ausstrahlung, die ihr nach Liliths Hoffnung zum Verhängnis werden sollte. Sie hatte sich hier befunden und war durch ein Dimensionstor gegangen, das sie direkt in die Hölle geführt hatte. Nun befand sie sich wieder auf der Erde, aber ihre Aura hier überlagerte Liliths Sondierungen.

Ihre Begleiter durchstreiften den Dschungel und ließen eine Spur der Vernichtung hinter sich. Jedes Tier, das nicht schnell genug floh, überlebte die Begegnung mit den Höllischen nicht.

***

Aokigahara, Japan

Was für eine seltsame Welt ist das« dachte die goldene Elfe. Kedlin bewegte sich elegant durch die dicht stehenden Bäume, die fremdartig auf sie wirkten. Sie war nicht sicher, ob sie verfolgt wurde und beobachtete nach allen Seiten. Sie hatte sich erst vor Kurzem schon einmal auf der Erde aufgehalten, als Vassago sie in den Regenwald geschickt hatte, um Agares zu jagen. Aber dies hier waren ganz andere Bäume, eine total andere Umgebung. Bestand die Erde etwa nur aus Dschungelgebieten?

Sie befand sich noch keine halbe Stunde in diesem Wald. Auf ihrer Flucht war sie von der Hölle über die Ebene des Hohen Himmels hierhergekommen. Die japanische Sonnengöttin Amaterasu und die anderen japanischen Götter des Hohen Himmels hatten der goldenen Elfe geholfen und sie durch ein Weltentor auf die Erde geschickt.

Plötzlich umfing sie lichter Wald. In der Ferne sah sie ein Dorf, dessen Häuser ähnliche Dächer besaßen wie ihre Gegenstücke in der Götterwelt.

Kedlin überlegte die weiteren Schritte und legte sich einen Plan zurecht. Sie hatte eine Aufgabe erhalten, die sie lösen musste. Was sollte sie in einem Dorf anfangen, dessen Bedeutung und Schutzmöglichkeiten sie nicht kannte? Womöglich befanden sich Feinde unter den Bewohnern des kleinen Ortes, die sie verraten konnten. Sie durfte hier keinem vertrauen. Bemerkte sie etwaige Verfolger nicht leichter in freier Wildbahn als im trügerischen Schutz unbekannter Bauwerke? Sicher, sie musste keine Feinde fürchten, ihre Kräfte waren überragend. Abgesehen davon besaß sie weitere Trümpfe durch ihre goldene Haut, ihren Langbogen Zerstörer und ihr Schwert Allesfresser. Und dennoch wollte sie sich so vorsichtig wie möglich verhalten.

Nach kurzem Nachdenken entschloss sie sich, tiefer in den Wald einzudringen. Er besaß eine eigene selbstmörderische Aura, so als würde es sich bei ihm um ein Lebewesen handeln. Vielleicht konnte sie diese Eigenheit für ihre Verteidigung nutzen und etwaige Verfolger in den Suizid treiben.

Ganz falsch war ihr Gefühl nicht, denn sie war in Aokigahara gelandet, dem »Selbstmord-Wald von Japan«. In verschiedenen modernen Mythen wurde behauptet, in dem Wald spuke es und der Ort sei verflucht. Der Elfe wären solche Behauptungen egal, sie war mittlerweile stark genug, um es mit den meisten Gegnern aufzunehmen. Es sei denn, es würden ebenso schwarzmagische wie schwarz leuchtende Feuerbälle aus dem Nichts erscheinen wie in der Hölle, als sie von einer Dämonin mit Kriegerinnen und riesigen Dämonen verfolgt wurde. Dagegen konnte auch sie nicht viel unternehmen. Ansonsten brauchte sie niemanden zu fürchten.

Ihre magische Kraft wuchs täglich um ein Vielfaches. Die goldene Elfe konnte es in Kürze schon mit einem Erzdämon aufnehmen. Und das, ohne Schwarze Magie zu benutzen. Dennoch hatte sie schmählich versagt.

Kedlin blieb der Triumph, es allein zurück auf die Erde geschafft zu haben, verwehrt. Sie konnte trotz ihrer Begabung selber nicht durchs Magische Universum springen oder Weltentore an beliebigen Stellen öffnen. Aber sie musste unter allen Umständen wieder zurück und ihr Versagen, den Erzdämon Agares nicht gefangen zu haben, vor ihrem Auftraggeber Vassago eingestehen.

Das fiel ihr besonders schwer, denn sie wollte ihren Befehl unbedingt erfüllen. Im Moment wusste sie jedoch nicht einmal, wo sie Agares genau finden sollte. Da er sich unsichtbar gemacht hatte und geflüchtet war, würde sie ihn so schnell nicht wiederfinden. Sie konnte höchstens versuchen, dorthin zu gelangen, wo sie Agares verloren hatte.

Vassago hatte erfahren, dass Agares ein Tor in LUZIFERS neue Hölle geöffnet und Zarkahr dorthin geschickt hatte. Da Vassago die Existenz begehbarer Tore bisher nicht bekannt war, wollte er unbedingt erfahren, wie Agares das bewerkstelligt hatte. Kedlin sah es als ihre Schuld an, dass der uralte Erzdämon spurlos entkommen war, und versuchte erst gar nicht, die Verantwortung dafür auf andere Wesen oder Umstände abzuwälzen.

Mit sich selbst ging sie weit härter ins Gericht, als sie es bei jedem anderen Wesen machen würde. Ihre eigenen Ansprüche lagen unglaublich hoch und waren nur unter großen Entbehrungen zu verwirklichen. Falls überhaupt.

Ich bin eine elende Versagerin, durchfuhr es sie. Die Erkenntnis erdrückte sie fast … Übergroße Enttäuschung war das in ihr vorherrschende Gefühl.

Sie ballte die Hände zu Fäusten und wünschte sich einen starken Dämon, gegen den sie in den Schreienden Bergen, einem Gebirgsmassiv, das sich an die weite Ebene der Avalon-Hölle anschloss, auf Leben und Tod kämpfen konnte, um ihre überstarke Aufregung zu dämpfen.

Meinetwegen auch eine Krasue, dachte sie. Gegen zwei der Kopf- und Organ-Dämoninnen hatte sie erst vor Kurzem erfolgreich einen Kampf bestanden. Aber nicht nur gegen sie. Ständig hatte Kedlin von Vassago stärkere Gegner verlangt. Und jeden hatte sie bisher besiegt.

Sie bewegte sich schnell und geschmeidig durch den Wald. Ihre hauchzarten Elfenflügel nutzten ihr hier nichts, die Bäume standen zu dicht beieinander, als dass sie die Flügel hätte entfalten können.

Mit dem Instinkt der Kriegerin spürte sie, dass etwas vor ihr lauerte. Kedlin bewegte sich langsamer. Sie starrte in das Baumgewirr. Ihr Schwert Allesfresser hielt sie mit der Klinge nach oben in der rechten Hand. Ständig schaute sie nach oben, doch sie erkannte kaum etwas vom graublauen Himmel über und dem Wald vor ihr.

Sie blieb stehen und schaute die nächsten Bäume an. Schon früher hatte sie engsten mentalen Kontakt zu Pflanzen gehabt, der beste Beweis dafür waren ihre Waffen, die hauptsächlich aus Pflanzenteilen bestanden. Sie trat vor den nächsten uralten Baum und versuchte, Kontakt mit dem Allbewusstsein der Pflanzen aufzunehmen. Sofort spürte sie, dass dieser Kontakt nicht zustande kommen würde, da der Baum sich ihr verweigerte. Warum das so war, konnte sie sich im Moment selbst nicht erklären. Möglicherweise hing es mit der elend langen Stasis zusammen, die ihr Jahrtausende, vielleicht sogar Jahrhunderttausende geraubt hatte.

Deutlich vernahm sie stattdessen die dämonische Ausstrahlung des Baumes. Ihre Anspannung wuchs, sie verkleinerte die Augen zu schmalen Schlitzen und atmete flach.

Der Baum vor ihr explodierte regelrecht. Seine Rinde blieb an Kedlins Haut haften und hüllte sie von Kopf bis Fuß ein. Sie reagierte nicht schnell genug. Zwar riss sie ihr Schwert hoch und hielt es in die Flugbahn, doch zu einer weiteren Bewegung kam sie nicht. Das Atmen fiel der goldenen Elfe schwer, sie wurde gegen den nächst stehenden Baum in ihrem Rücken geschleudert. Doch der dachte im Traum nicht daran, sich wie ein Gehölz zu benehmen, sondern beugte sich vor und schlang seine Äste um den Körper der Elfe. Andere Zweige wiederum trommelten auf die Gefangene ein, um sie besinnungslos zu schlagen.