Professor Zamorra 1174 - Thilo Schwichtenberg - E-Book

Professor Zamorra 1174 E-Book

Thilo Schwichtenberg

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Beschreibung

Die Rose des Gedenkens ...
Sie war die Keimzelle des Rosengartens, des mythischen Sagenreiches, das sich mitten in den Dolomiten befand.
Die Rose sollte die Bewohner stets an eine Zeit des Friedens und der Nächstenliebe erinnern.
Starb sie, so starb die Erinnerung.
Nun war ihr Herr gestorben, und die Rose des Gedenkens verkümmerte.
Denn Laurin, der König des Rosengartens, lebte nicht mehr!
War das Weltenende nah?

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Inhalt

Cover

Impressum

Kampf um den Gral

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Olga Kolbakova/shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8066-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Kampf um den Gral

von Thilo Schwichtenberg

Die Rose des Gedenkens …

Sie war die Keimzelle des Rosengartens, des mythischen Sagenreiches, das sich mitten in den Dolomiten befand.

Die Rose sollte die Bewohner stets an eine Zeit des Friedens und der Nächstenliebe erinnern.

Starb sie, so starb die Erinnerung.

Nun war ihr Herr gestorben, und die Rose des Gedenkens verkümmerte.

Denn Laurin, der König des Rosengartens, lebte nicht mehr!

War das Weltenende nah?

Südtirol, Dolomiten

Laurins Reich, Thronsaal

»Lebwohl, mein Freund.«

Ein letztes Mal strich Teri Rheken liebevoll über Laurins eingefallene Wange. Dann hauchte sie ihm einen Kuss auf die Stirn.

Professor Zamorra schluckte einmal mehr.

Erneut war ein Verbündeter im Kampf gegen die dunklen Mächte gefallen: Laurin, der König des Rosengartens, weilte nicht mehr unter den Lebenden. Ein jahrhundertealtes Leben war erloschen.

Der Parapsychologe schloss die Augen.

Anfang des Jahres hatte Teri einen Hilferuf Laurins empfangen. Eine Gruppe von Schlern-Hexen wollte unbedingt in den Rosengarten gelangen. Mit den Hexen allein wären Laurin und seine Alben sicher fertig geworden. Doch Giuseppina, die Oberhexe, hatte eine mächtige Verbündete gewinnen können: Stygia, die ehemalige Herrin der Hölle.

Diese hatte Laurin kurzerhand in eine Felsformation gebannt. Ihn sozusagen lebendig begraben.

Doch Teri Rheken, die schöne Silbermond-Druidin, der Starreporter Ted Ewigk und Professor Zamorra konnten nicht nur Laurin befreien, sondern auch noch den Zirkel der Schlern-Hexen zerschlagen. Einzig den Grund, warum die Hexen in den Rosengarten wollten, hatten sie nicht in Erfahrung bringen können.

Allerdings tauchte damals schon das Wort Gral auf. Laurin, der den heiligen Gegenstand anscheinend kannte, hatte jedoch, wie weiland Merlin, Auster gespielt und sich in Schweigen gehüllt.

Mittlerweile war Zamorra etwas schlauer geworden.

Giuseppina musste damals eines jener Amulette getragen haben, die er mit Nicole fälschlicher Weise aus der Truhe in Porte-au-Prince befreit hatte. Und dieses Amulett hatte Aldebaran, Laurins treuester Vasall, unbemerkt von allen an sich genommen.

Aldebaran, der Mutige, der im Kampf gegen die Widersacher des Rosengartens langsam aber stetig bis zum Nachfolger Laurins aufgestiegen war.

Aldebaran, dessen Amulett Laurin die Lebensenergie schleichend abgezogen hatte und der sich bereits im Umfeld des mysteriösen Grals befinden musste.

Laurin, der Schlüssel, hatte gezwungenermaßen seinem ehemaligen Schützling den Übergang ermöglicht.

Doch noch immer tappte Zamorra, was den Gral betraf, im Dunkeln.

Er wusste nur, dass der Gral vor den Menschen verborgen bleiben musste, brachte er doch den Frieden. Den ewigen Frieden. Und damit konnte Laurin nur den Tod gemeint haben.

Behütet, oder besser beschützt, wurde der Gral durch Dietrich von Bern, einem alten Recken, der schon in der Nibelungen-Saga eine bedeutende Rolle gespielt hatte.

Zamorra dachte an den Brocken im Harzgebirge. Dort hatte Teri zum ersten Mal Gedankenfetzen über Dietrich von Bern aufgefangen. Dort, auf dem Brocken, versuchte etwas unfassbar Böses den Berg zu verlassen und streckte schon jetzt seine Aggressivität verströmenden Fühler nach der Welt der Menschen aus.

Befand sich der Gral also im Inneren des Brockens?

Da der Blocksberg, so ein weiterer Name von ihm, schon immer mit Magie in Verbindung gebracht wurde, schien das gut möglich zu sein.

Teri Rheken stand plötzlich auf, drehte Laurin den Rücken zu und stieg zwei Stufen zu den Alben hinab. Dann blieb sie stehen. Mit fester Stimme verkündete sie: »König Laurin, der Herrscher über die Alben, den Rosengarten und die Dolomiten, ist tot.«

Ich selben Moment ging ein Raunen durch das Zwergenvolk.

Überrascht drehte sich Teri um und erstarrte. Sie traute ihren Augen kaum.

Auch Zamorra beobachtete das, was gerade passierte, mit überraschtem Interesse.

Laurin verblasste! Er wurde durchscheinend.

Teri sprang rasch hinzu, wollte seine kleine Gestalt festhalten, sie magisch verfestigen und griff doch ins Leere.

»Was soll das?«, murmelte Nicole neben Zamorra. Sie sah ihn an. In ihren Augen schimmerte Feuchtigkeit, aber auch die goldenen Tüpfelchen zeigten sich in den Pupillen. Ein Zeichen, dass sie äußerst angespannt war.

»Wieso verschwindet Laurin?«, zischte sie ihm zu. »Kann er nicht beerdigt werden? Ist er etwa kein normaler Albe?«

Etwas ratlos sah sich Zamorra um. Die getötete Albenwache wie auch die Überreste der zerschmetterten Riesen blieben, wo sie waren. Sie gingen nicht hinüber.

War Laurin etwa ein Ewiger, durchzuckte es Zamorra. Er schüttelte den Kopf. Nein, da musste etwas anderes dahinterstecken.

Ihm lag es auf der Zunge, doch er kam nicht darauf.

Hatte er so etwas Ähnliches nicht schon einmal gesehen? Aber wann und wo?

Er wurde bald achtzig Jahre alt, obwohl er noch immer wie ein Enddreißiger aussah –da hatte er schon etwas mehr als nur ein bisschen erlebt und gesehen.

So wie sich der achttausend Jahre alte Silbermond-Druide Gryf oder der junge Rhett, aktueller Erbfolger aus dem Clan Saris ap Llewellyn, nicht an jedes Detail in ihrem langen Leben erinnern konnten, so konnte sich auch der Meister des Übersinnlichen nicht mehr an jede Kleinigkeit haargenau erinnern.

Nicht umsonst legten Nicole und er nach jedem Abenteuer elektronische Notizen in ihrer Datenbank ab, in der sie ihre Begegnungen mit dem Übersinnlichen, der Schwarzen Familie oder der raumfahrenden DYNASTIE DER EWIGEN detailliert niederschrieben.

Er spürte die Blicke der Alben auf sich ruhen. Sollte er nun etwas sagen? Das stolze Volk besaß keinen Führer. Die Schildmaid war schon im Januar bei der Rettung Laurins verstorben und Aldebaran anscheinend durch das Amulett dem Bösen verfallen.

Der Meister des Übersinnlichen besaß keine Ahnung, wie die Thronfolge nun geregelt war. Er räusperte sich. »König Laurin ist gestorben. Und doch ist er hinübergegangen, wie ich es sonst nur von einem fernen Sternenvolk kenne.« Er sah ratlos zu den Alben.

Betroffenheit und Unverständnis spiegelte sich in ihren Augen.

»Sollte die alte Legende doch war sein?«

»Welche Legende?«, fragte Zamorra überrascht und sah sich um. Die Stimme schien alt und brüchig. Schon bildeten die Alben eine Gasse. Am Eingang des Thronsaals stand ein uralter Zwerg. Er wurde von einem deutlich jüngeren gestützt. Zamorra betrachtete für einen Moment die blinden Augen des alten Mannes. Die Pupillen waren vergilbt, und doch leuchteten sie auf geheimnisvolle, ja fast junge Weise.

»Wir müssen warten«, sagte der Alte, während er mühsam Schritt für Schritt auf Zamorra zukam. Unvermittelt blieb er stehen. »Herr Zamorra deMontagne, seine Gefährtin, Frau Nicole Duval und Frau Teri Rheken, die Silbermond-Druidin, nehme ich an.« Es war mehr Feststellung als Frage.

»So ist es«, sagte Zamorra. »Und wer seid Ihr, ehrenwerter Albe? Wollt Ihr Euch uns zu erkennen geben?«

Der Alte lächelte und entblößte einen zahnlosen Mund. »Mein Name ist nicht mehr von Bedeutung. Doch als ich jung war, nannte man mich Nithart.« Er deutete ächzend eine Verbeugung an. »Ehemaliger Kanzler der Alben des Rosengartens und langjähriger Gefolgsmann von König Laurin.«

»Es ist uns eine Ehre, Alt-Kanzler Nithart.« Zamorra verbeugte sich. Nicole und Teri folgten seinem Beispiel.

»Laurins Tod ist von wahrer Tragik«, begann der Professor. »Doch etwas Böses will von der Welt Besitz ergreifen. In deutschen Landen entartet gerade ein ganzer Berg, und auch der Gral scheint Probleme zu bereiten.«

Nithart nickte wissend.

»Wisst Ihr etwas über den Gral. Könnt Ihr uns weiterhelfen?« Hoffnung lag in Nicoles Stimme.

Abermals nickte der Uralte. »Wenn ihr mir in mein Gemach folgen wollt, können, ja müssen wir uns unterhalten. Und in der Zwischenzeit«, seine blinden Augen fuhren über die ratlos dastehenden Zwerge, »bereitet ihr den Toten hier ein würdevolles Begräbnis.«

Achtsamen Schrittes verließ er den Thronsaal. Die drei Gäste folgten ihm, während die Alben langsam aus ihrer Starre erwachten.

»Im Gegensatz zu Laurin«, flüsterte Teri, sodass es nur Zamorra und Nicole hören konnten, »ist Nithart nicht über Nacht, sondern über die Jahre gealtert. Das Ganze ist äußerst merkwürdig.«

Zamorra konnte ihr da nur beipflichten.

Hölle

»Willkommen«, sagte jemand mit spöttischem Unterton.

Vor Belial stand ein Vertreter einer ihm völlig unbekannten Dämonenrasse.

Der Erzdämon knurrte wütend. Er hatte es die ganze Zeit über geahnt. Der Übergang war eine Falle gewesen!

Das notgedrungen vereinigte Heer von Stygia und ihm wurde von einer gewaltigen und fremden Armee in Schach gehalten. Die unbekannten Dämonen schienen allerdings allesamt Brüder zu sein.

Belial betrachtete den wohlgenährten und doch kraftstrotzenden Koloss vor ihm genauer.

Dieser besaß eine weiße, teigige Haut, die ihn auf den ersten Blick tumb und flugunfähig erscheinen ließ. Doch die Kraft, die darunter lauerte, konnte Belial ganz deutlich spüren. Dazu gesellten sich krallenbewährte Pranken, Hörner und Schwingen. Ein ganzer, vierschrötiger Kerl, mit violett leuchtenden Augen.

»Ich kenne dich!«, zischte Stygia. »Du bist einer von Agares’ Söhnen!«

Belial, der uralte Erzdämon, von dem man sich erzählte, dass er schon beim Sturz LUZIFERS an dessen Seite gewesen war, horchte interessiert auf. Sollte es am Ende eine positive Falle sein?

Er hatte das Ende der Hölle nicht selbst miterleben können. Er war schon vor Jahrzehnten, kurz nachdem er Fürst der Finsternis geworden war, von Professor Zamorra getötet und in den ORONTHOS, in die Hölle der Dämonen, geschleudert worden. Leider war er zusätzlich als Fürst mit der kürzesten Amtszeit in die Chroniken der Hölle eingegangen.

Nun, eines Tages würde er sich an Zamorra und Duval für die Schmach revanchieren. Aber alles zu seiner Zeit.

Auch LUZIFERS Neubeginn hatte er so natürlich nicht miterleben können.

Doch im Zuge eines Versuchs, die Erde mit der neuen Hölle zu verbinden, war die erste Verbindung gekappt worden, als »peitschender Wasserschlauch« durch das Multiversum gesprungen und kurz in den ORONTHOS eingetaucht. Dabei konnte sich Belial befreien und in die Welt der Lebenden zurückkehren. Allerdings auf die Erde.

Der Übergang in die Hölle blieb ihm und weiteren vier Erzdämonen, die den Untergang auf der Erde überlebt hatten, bis vor Kurzem verwehrt. Wie es schien, hatten eh nur sieben Erzdämonen der alten Hölle überlebt: Asmodis und Vassago, Astaroth und Agares, Zarkahr und Stygia und er, Belial.

Während Zarkahr und später auch Agares und Astaroth bereits Wege in die neue Hölle gefunden hatten, war Stygia und ihm der Übergang noch verwehrt geblieben. Bis heute.

Nun endlich standen die beiden Erzdämonen wieder in der Heimat. Doch Zeit zum Jubeln war ihnen anscheinend nicht vergönnt.

»Ich will Agares sprechen! Sofort!« Stygia stampfte wütend mit ihrem Fuß auf.

Belial sah es dem fremden Dämon an, dass der liebend gern mit dem neu angekommenen Heer aufgeräumt hätte, doch hielt sich der Fremde unter Kontrolle. Er lächelte weiter. Tumb und dennoch äußerst gefährlich.

Das fremde Heer teilte sich. Eine Gasse entstand, an deren Ende sich drei Gestalten zeigten.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie herangekommen waren.

Stygias Schwingen klatschten immer wieder ungeduldig zusammen. »Ich fliege gleich zu ihnen, und dann werde ich sie lehren, wie man mich gebührend empfängt.«

»Du wirst nichts dergleichen tun. Wir werden sie hier empfangen.« Belial sah sie kurz an. Die schöne Teufelin schien sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Jedenfalls lächelte sie grimmig.

Er konnte es ihr im Grunde nicht verübeln. Dies war eine Machtdemonstration, im Prinzip eine Provokation. Doch als Neulinge mussten sie sie notgedrungen über sich ergehen lassen.

Endlich waren die drei heran.

»Agares«, zischte Stygia.

»Astaroth«, nickte Belial. Dann fiel sein Blick auf den dritten Dämon. Konnte es sein?

»Zarkahr?« Stygia sprach es aus. »Was ist denn aus dir geworden? Der Aufenthalt in der Hölle scheint dir nicht ganz bekommen zu sein.«

Noch bevor der Erzdämon etwas erwidern konnte, hob Agares die Hand und gebot ihnen Einhalt.

So funkelte Zarkahr Stygia nur wütend an.

Zarkahr, DER CORR. Belial schüttelte innerlich den Kopf. Was war nur aus dem kraftstrotzenden Dämon geworden? Wer hatte ihm so zugesetzt?

Eine Art Krüppel stand vor ihm. Hörner, Flügel und Schweif schienen nur rudimentär ausgebildet, die rechte Schulter stand höher als die linke. Zudem humpelte er stark und musste sich sogar auf einen mit Gold verzierten und silberummantelten Dämonenknochen stützen.

Nun, er würde dessen Geschichte schon erfahren.

Belial grinste in sich hinein. So blieben im Rennen um das Amt des Fürsten der Finsternis wohl tatsächlich nur er und Stygia übrig, da Agares und Astaroth stets als graue Eminenzen im Hintergrund standen.

Noch waren das alles überhaupt nur vage Träume. Lilith war die derzeitige Herrin der Hölle. Belial hatte sie bisher nur einmal gesehen und ihre Macht erspüren können. Es würde wohl noch länger dauern, bis sie sie vom Thron stoßen konnten.

»Es hat sich also gelohnt, das Weltentor auf unserer Seite etwas zu stabilisieren. Damit habt ihr es unwissentlich für den Übergang ausgewählt und leichter den Weg zu uns finden können.« Agares sah die Neuankömmlinge durchdringend an. Doch Belial hielt seinem Blick stand.

»Ich gehe davon aus«, sprach der Erzdämon weiter, »dass ihr in Bezug auf uns in friedlicher Absicht kommt.«

Stygia pumpte Luft in die Lungen, sodass ihre Brüste Agares regelrecht entgegensprangen.

Sie war so schön, wenn sie wütend war. Doch Belial ergriff sie hart am Oberarm. »Lass ihn ausreden. Wir stehen durch die Stabilisierung des Weltentores in seiner Schuld.«

Die schöne Teufelin entspannte sich augenblicklich. »Du hast recht«, säuselte sie. »Wir alle haben ein gemeinsames Ziel: die derzeitige Höllenhierarchie zu stürzen und die alten Strukturen vollständig wieder aufleben zu lassen.«

Agares sah Belial kurz in die Augen. Dann nickte er leicht. »Im Großen und Ganzen ist es so. Ihr und eure Heere seid uns also willkommen. Ich lade euch für ein erstes Gespräch in meine Residenz ein. Seid meine Gäste. Auch für eure Krieger wird gesorgt.«

Dann fiel sein Blick auf die Gestalt, die hinter Belial und Stygia stand und sich bisher vollständig zurückgehalten hatte. »Sieh an, wer ist denn da wieder unter den Lebenden?«

Die riesige Königskobra verschluckte sich fast an ihrer gespaltenen Zunge.

Hölle

Desturia, die Länder des Agares

Er war doch kein Hund!

Nur Hunde mussten draußen bleiben.

Diese Schmach! Wütend und erleichtert zugleich fixierte Ssacah Agares’ Palast. Er musste sein Schlangenhaupt ziemlich anheben, um bis hinauf zu den goldenen Zwiebeltürmen blicken zu können.

Das Gebäude war als protziger Prachtbau auf einem mächtigen Felsensporn errichtet worden. Zugleich schien es sich in den Berg fortzusetzen.

Wie es mit seinen Formen so prahlte und gleißte – widerlich!

Wie gern hätte sich Ssacah als Herrscher in diesem Palast gesehen. Aber eher in Indien, nicht in der Hölle. Hier wurde paktiert und intrigiert. Er jedoch wollte einfach nur träge und faul seine Macht genießen. Doch LUZIFER schien sich einen Spaß daraus zu machen, diesen Traum Ssacahs nie in Erfüllung gehen zu lassen. Jedes Mal, wenn er halbwegs am Ziel angekommen war, war dieser Professor Zamorra erschienen und hatte ihn in seine Dimension zurückgeschleudert. Manchmal glaubte Ssacah, dass sich LUZIFER höchstselbst den Meister des Übersinnlichen als Geißel für alle Dämonen ausgedacht hatte.

Die Königskobra seufzte.

Hinter ihr brodelte es.

Die Schlange drehte sich um und schlängelte sich, eskortiert von Agares’ Söhnen, bis zum Abgrund.

Ssacah betrachtete die hängenden Seen von Desturia. Das schwarzgraue Wogen wallte und waberte am Firmament nach unten. Hin und wieder tauchte ein Orkada, ein mächtig-massiges Dämonenwesen aus dem Wasser unter. Majestätisch schwebte dann seine opulente Gestalt über der Ebene. Er rief nach seiner Gefährtin. Die Töne waren disharmonisch angenehm. So kratzend, knarzend.

Ein Trichter bildete sich aus dem säurehaltigen Wasser nach unten aus, aus dem der Gesang eines weiteren Orkadas gurgelte.

Ssacah konnte die einzelnen Legionen unter den hängenden Seen gerade noch so erkennen. In die verschiedenen Lager aufgeteilt, kampierten sie auf der weiten Ebene vor dem Palast.

Ein Horn ertönte. Schaurig schön und langanhaltend. Der Kobra-Dämon sah zu seinen Kindern, die allesamt nicht ihm, sondern Belial gehorchen mussten!

Seit der Wiederkehr ging aber auch alles schief. Nur hatte diesmal die Königskobra sie nicht selbst in der Hand gehabt. Den Plan hatte Belial ausgetüftelt.

Unter den hängenden Seen zeigten sich plötzlich beide Orkadas. Sie ließen sich abwärts gleiten, bevor sie sich pfeilschnell, was er ihren mächtigen Körpern gar nicht zugetraut hatte, wieder hinauf ins Wasser fallen ließen. Die Reaktion erfolgte postwendend.

Es hagelte Meeresfrüchte auf die Legionen! Manches Getier wehrte sich heftig. Es schien ein Fest für all die Krieger, die erst ihre nassen Feinde bekämpften und sie dann genüsslich roh verspeisten.

Eine Weile sah ihnen Ssacah dabei zu. Was sollte er auch sonst tun? Die Großen Fünf hatten ihn an ihrer ach so wichtigen Besprechung natürlich nicht teilhaben lassen.

Er wurde von seinesgleichen schon immer als gering betrachtet. Jedes Mal, wenn er vor den Thron des jeweiligen Fürsten der Finsternis getreten war und den indischen Subkontinent für sich gefordert hatte, war er abgeblitzt. Zu unwichtig, zu uninteressant.

Er konnte und wollte nicht paktieren. Das lag ihm nicht, das war anstrengend. Dass auch mal jemand Ranghohes einfach nur in Ruhe angebetet werden wollte, hatte bisher keiner der Fürsten verstehen wollen. Nicht einmal Astaroth oder Agares.

Doch dieses Draußenbleibenmüssen tat ihm diesmal weh. Zum Glück mussten seine Kinder das nicht miterleben. Die lagerten weit unten und balgten sich um das Essen.

Die Schlange zischelte wütend. Vielleicht sollte er seine Strategie doch noch einmal grundlegend überdenken?

Ach, wäre er doch eine ganze Weile noch tot geblieben.

Ssacah war, im Grunde genommen, unsterblich. Hauchte er dennoch sein Leben aus, was überaus schmerzlich war, kam er nicht in den ORONTHOS, sondern wurde in seine eigene Dimension geschleudert. Dort musste er so lange verweilen, bis genug Lebensenergie für seine Rückkehr in die Menschenwelt vorhanden war.

Dazu waren seine Messing-Kobras vonnöten. Diese bissen normalerweise Menschen und übertrugen so den Ssacah-Keim. Dabei entstand eine zweite Schlange, ein sogenannter Ssacah-Ableger, mit neuer Lebensenergie. War genug Energie vorhanden, konnte Ssacah seine Dimension wieder verlassen. Ja, man konnte fast sagen, dass seine gesamte magische Substanz auf diesen Ablegern beruhte.

Doch Belial hatte seinen weiteren Tod nicht zugelassen. Er hatte dafür gesorgt, dass die auf der Erde verbliebenen Messing-Schlangen genügend, diesmal schwarzmagische, Wesen gebissen und sich dadurch dupliziert hatten.

So war in kurzer Zeit eine recht große Menge an Energie zusammengekommen, die sich zwar hauptsächlich Belial einverleibte, doch war immer noch genug übrig geblieben, dass sie auch für Ssacahs Rückkehr ausreichte. Denn Belial benötigte ihn als Bindeglied! Er, Ssacah, war die Brücke, die seine Kinder mit Belial verband. Die Kinder folgten dem Schlangen-Dämon, der wiederum Belial folgen musste. Einzig aus dem Grund weilte er wieder unter den Lebenden.