Professor Zamorra 1342 - Veronique Wille - E-Book

Professor Zamorra 1342 E-Book

Veronique Wille

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Beschreibung

Geheimnisvolle Steinkreise haben Professor Zamorra schon immer fasziniert. Welchem Zweck dienten sie? Wirklich nur, wie oftmals vermutet wird, für astronomische Beobachtungen? Als eine renommierte Astrophysikerin in dem englischen Dorf Newwood einen solchen Steinkreis untersucht, stößt sie dort auf okkulte Phänomene, die ihren wissenschaftlichen Verstand bei Weitem überfordern. Sie zieht den Meister des Übersinnlichen zu Rate. Und Zamorra lässt es sich nicht nehmen, persönlich den mysteriösen Steinkreis in Augenschein zu nehmen. Dass er dabei eine erstaunliche Entdeckung macht, die auch Château Montagne betrifft, stellt selbst ihn vor neue Rätsel ...

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Seitenzahl: 125

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Das Phantom der grünen Steine

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Impressum

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Das Phantomder grünen Steine

von Veronique Wille

Mit einem Aufschrei wankte Zamorra nach hinten. Der Aufprall war so gewaltig, dass er in die Knie ging.

Sofort war Nicole bei ihm. Sie wollte ihm aufhelfen, aber Za‍morra wälzte sich wie von Sinnen, sodass sie ihn nicht zu packen bekam. Der Stein klebte förmlich an Merlins Stern.

Als Nicole nach ihm griff, schrie sie auf vor Schmerz und zuckte zurück. Der Stein war glühend heiß – ebenso wie Merlins Stern.

Zamorras Gesichtshaut flatterte, als zerrten unsichtbare Kräfte an ihm.

Während sich in seinem Kopf die Tore der Hölle zu öffnen schienen ...

   

Skeptisch betrachteten Zamorra und Nicole das kleine Päckchen, das mit der Post gekommen war.

»Könnte eine Bombe sein, so schwer wie das Teil ist«, hatte der Briefträger noch gescherzt und dabei ein Auge zugekniffen, als er geklingelt und es Nicole zusammen mit weiteren Briefen übergeben hatte.

»Falls das stimmt, sind Sie ab jetzt nicht nur mehr der Überbringer schlechter Nachrichten, sondern sogar der Todesbote.«

Tatsächlich waren es selten erfreuliche Briefe, die ins Haus flatterten, allen voran die des Finanzamtes oder diverser anderer Ämter. Nicht nur als Schlossbesitzer hatten Zamorra und Nicole ein Lied davon zu singen, sondern auch als Weinbergeigentümer. Streng genommen gehörte alles Zamorra, aber seine Partnerin fühlte sich ebenso verantwortlich.

Nun standen die beiden ratlos im weiträumigen Arbeitszimmer und sahen auf das noch immer ungeöffnete Päckchen.

»Willst du es nicht endlich aufmachen?«, fragte Nicole.

»Obwohl sich Merlins Stern erwärmt hat? Wenngleich nur leicht.«

»Also gehen wir davon aus, dass sich etwas Schwarzmagisches in dem Päckchen befindet. Glaubst du, es ist eine Falle? Vielleicht eine Überraschung, die uns Stygia ins Haus geschickt hat?«

»Ich denke, die Herrin der Hölle hat im Moment ihre eigenen Sorgen. Nein, aber es gibt ja noch genug andere Erzdämonen und auch ganz gewöhnliches Kroppzeug aus der Hölle, das uns an den Kragen will. Oder es ist mal wieder ein Gruß aus der Vergessenen Hölle, wer weiß?«

»Also schön, wenn du dich nicht traust, öffne ich es! Auf meine Art«, drängte Nicole.

»Obwohl es an mich adressiert ist?« Zamorra schmunzelte.

»Es wäre ja nicht das erste Mal, dass ich die Kohlen für uns aus dem Feuer hole.«

»Also gut, was hast du vor?«

Statt zu antworten, umfasste die schöne Französin den Dhyarra genannten Sternenstein, den sie an einer Kette um den Hals trug, und schloss die Augen. Der blau funkelnde Stein war, was die Erfüllung von ausgefallenen oder auch extremen Wünschen anging, Merlins Stern sogar überlegen; im Gegensatz zum Amulett hatte er schöpferische Kraft. Der Sternenstein übertrug das Bild, solange sie es sich in Gedanken vorstellte, in die Wirklichkeit. In diesem Fall ...

... begann das Päckchen zu flimmern. Die Konturen lösen sich auf, sodass der Inhalt der Sendung zu erkennen war. Oder zumindest zu erahnen.

»Ein metallener Kubus«, entfuhr es Zamorra. »Hast du das Paket drumherum verschwinden lassen?«

Nicole hatte die Augen wieder geöffnet, konzentrierte sich aber noch immer auf ihren Wirklichkeit gewordenen »Wunsch«.

»Nein, nur das ›Drumherum, wie du es nennst, ist unsichtbar. Zumindest so lange, wie ich meine Gedanken darauf lenke.«

»Aber was kann das Ding darstellen? Merlins Stern reagiert nach wie vor darauf ...«

Nicole zuckte die Schultern. »Da du dich noch immer nicht traust, starte ich jetzt Phase zwei.«

Abermals schloss sie die Augen. Ihre Stirn legte sich in Falten, ein Zeichen dafür, wie sehr sie sich anstrengte, ihre Gedanken Wirklichkeit werden zu lassen.

»Ich ... ich schaffe es nicht!«, keuchte sie. Schließlich gab sie entnervt auf. »Es funktioniert nicht!«

Auch Zamorra runzelte nun die Stirn.

»Was genau funktioniert nicht? Ist es der Dhyarra, der sich dir verweigert? Sind es deine Gedanken, die nicht fokussiert genug sind. Ist es ...«

»Weder noch«, unterbrach ihn Nicole verärgert. »Du weißt, dass der Dhyarra sich mir nicht ›verweigern‹ kann. Er hat kein eigenes Bewusstsein wie einstmals Merlins Stern. Und das Bild, das ich vor Augen hatte, war präzise wie immer: Ich wollte den Behälter ebenfalls unsichtbar machen, damit wir sehen können, was sich darin befindet.«

Zamorra sah seine Partnerin nachdenklich an.

»Aber du weißt besser als ich, dass der Dhyarras manchmal schlicht einen Aussetzer hat, nachdem du ihn zur 9. Ordnung erhöht hast.«

»Ja, Sara sei Undank!«, zischte Nicole. »Was nutzt mir die Erhöhung, wenn kein Verlass auf das verdammte Ding ist.«

»Gräme dich nicht, jetzt bin ich an der Reihe. Von wegen Kohlen aus dem Feuer holen.«

»Mein Held. Warum nicht gleich so? Außerdem, wie du ja betont hast, ist das Paket an dich adressiert.«

Wie von Zauberhand wurde es wieder sichtbar.

Zamorra nahm ein Messer zur Hand und schnitt das Klebeband auf, mit dem es verschlossen war. Danach öffnete er es. Der Behälter war sorgfältig von Styropor umgeben, das ihn fixierte.

»Da hat sich aber jemand Mühe gemacht«, murmelte Zamorra. »Und der Kubus scheint aus Blei zu sein, wie man ihn für radioaktive Stoffe verwendet ...«

»Daher ist es so schwer. Aber glaubst du, jemand will uns verstrahlen?«

»Kann ich mir nur schwer vorstellen.«

»Du solltest trotzdem vorsichtig sein, chéri.«

»Du hast recht, Nici. Lass uns besser ins Zauberzimmer gehen. Sicher ist sicher.«

Zamorra nahm den noch immer geschlossenen Behälter an sich und begab sich mit Nicole auf schnellstem Weg ins sogenannte »Zauberzimmer«, das auf der gleichen Etage wie das Arbeitszimmer lag, allerdings nicht im Turm, sondern in dem daran angrenzenden Gebäudeteil.

Das »Zauberzimmer« war ein durch Zaubersprüche und Bannformeln besonders geschützter Raum innerhalb des Schlosses, in dem Zamorra all jene magischen Experimente durchführte, von denen zu befürchten war, dass ihnen schädliche Auswirkungen auf die Umgebung erwachsen könnten.

Aus dem gesicherten Raum drang nichts von dem, was drinnen geschah, nach draußen, und es gab auch nur zwei Personen, die autorisiert waren, ihn jederzeit zu betreten, ohne dass ihnen etwas passierte: Zamorra und Nicole. Sie wiederum konnten andere Personen legitimieren, mit ihnen in das Zimmer zu treten, allerdings bedurfte dies eines nicht unerheblichen Aufwands.

Im Zauberzimmer angekommen, schloss Nicole hinter ihnen die Tür, während Zamorra zu einem Paar Laborhandschuhen und einer Schutzbrille griff, nachdem er den Behälter auf der Tischplatte abgestellt hatte.

Beide hielten buchstäblich den Atem an, als Zamorra nun endlich die Entriegelung löste und den Bleibehälter öffnete.

Er hatte mit vielem gerechnet.

Nicht aber mit der Reaktion, die nun erfolgte!

Aus dem Behälter flog ein faustgroßer Stein auf Zamorra zu. Bevor er auch nur ansatzweise reagieren konnte, schlug er mit voller Wucht gegen seine Brust. Genauer gesagt traf er genau Merlins Stern, der an seiner Kette über dem Hemd hing.

Mit einem Aufschrei wankte Zamorra nach hinten. Der Aufprall war so gewaltig, dass er in die Knie ging.

Sofort war Nicole bei ihm. Sie wollte ihm aufhelfen, aber Zamorra wälzte sich wie von Sinnen, sodass sie ihn nicht zu packen bekam. Der Stein klebte förmlich an Merlins Stern.

Als Nicole nach ihm griff, schrie sie auf vor Schmerz und zuckte zurück. Der Stein war glühend heiß – ebenso wie Merlins Stern.

Zamorras Gesichtshaut flatterte, als zerrten unsichtbare Kräfte an ihm.

Während sich in seinem Kopf die Tore der Hölle zu öffnen schienen ...

Zamorra fand sich in eisiger Nacht wieder. Soweit er es erkennen konnte, war er nackt. Er konnte weder den Kopf bewegen, also auch nicht an sich hinabblicken, noch war er fähig, überhaupt ein Körperteil zu rühren.

Er blickte auf giftig-grün schillernde Megalithen, die ihn überragten. Sie waren von bizarrer, verwitterter Struktur, keiner der Steine glich dem anderen.

Langsam begriff er, dass er selbst an einem solchen Megalithen fixiert war. Wie und auf welche Weise vermochte er nicht zu sagen.

Eine Gestalt tauchte zwischen zwei Steinen auf und kam auf ihn zugeschritten. Es schien, als würde sie schweben, da ihre Füße in den Nebel getaucht waren, der den Boden umwallte.

Es war eine Frau. Die langen ebenholzschwarzen Haare umrahmten ihr bleiches, ebenmäßig geschnittenes Gesicht.

Es ist zu ebenmäßig, durchfuhr es Zamorra. So wie Leonardo da Vinci seine Mona Lisa nach dem Goldenen Schnitt gemalt hatte, um so ihre perfekte Schönheit zu erschaffen. Doch bei dieser Frau war es eine kalte, grausame Schönheit, die die ebenmäßigen Züge hervorriefen.

Gekleidet war die Frau in ein weißes, transparentes Gewand, sodass ihr Körper darunter mehr als nur zu erahnen war. Auch der war so vollendet, als hätte eine »Künstliche Intelligenz« den Befehl umgesetzt, einen perfekten Frauenleib zu kreieren.

Obwohl seine Lage alles andere als angenehm war, konnte sich Zamorra einer gewissen Faszination nicht entziehen, während ihn gleichzeitig ein selten gekanntes Grauen erfasste, je näher die Frau herankam.

Und sie kam nicht allein. Weitere Frauen tauchten hinter den Steinen auf. Und alle ähnelten sie der ersten. Mehr noch, erkannte Zamorra: Sie ähnelten einander nicht nur, sie alle waren exakt gleich! Als wären sie geklont worden.

Sie umringten ihn, während sich der Kreis immer enger schloss.

Und dann begannen sie zu singen.

Es war ein Gesang, der Zamorra endgültig befürchten ließ, den Verstand zu verlieren!

»Wir müssen ihn irgendwie – zurückholen!«, flehte Nicole.

Sie hatte Zamorra mit Lama Gyungo Tensöngs Hilfe auf die Liege gehievt, die sich in einer Ecke des Zauberzimmers befand. Normalerweise benutzte Zamorra sie, um zu meditieren oder sich in Trance zu versetzen, sofern es seine Experimente und Untersuchungen verlangten.

Nun lag er da, zwar nicht mehr am ganzen Körper bebend, und auch seine Schreie waren verhallt, doch seine Gesichtsmuskeln zuckten unkontrolliert, als erleide er einen fürchterlichen Albtraum. Der faustgroße Stein war noch immer mit Merlins Stern verbunden. Nicole hatte verzweifelt versucht, ihn zu lösen, war aber gescheitert.

»Ich werde versuchen, in seinen Geist einzutauchen«, entschied Gyungo.

Nicole nickte. Sie wusste um die geistigen Fähigkeiten des tibetanischen Mönchs, der seit Jahren mit ihnen im Château wohnte. Als dessen Kloster zerstört wurde, hatte Zamorra seinen vormaligen Lehrmeister eingeladen, mit ihm nach Frankreich zu kommen und im Schloss Obdach zu suchen. Seitdem verging kaum ein Tag gegenseitiger Achtung und Befruchtung.

Gyungo nahm im Lotussitz vor Zamorras Liege Platz und schloss die Augen. Seine sowieso schon stets sanften Züge entspannten sich noch mehr. Sein Brustkorb hob und senkte sich so gut wie nicht, und auch sein Atem war nicht zu hören. Mit der linken Hand umfasste er Zamorras Rechte, während er sich gleichzeitig tiefer versenkte.

Nicole konnte nur ahnen, auf welche Weise er mit seinem Geist nach dem Zamorras tastete. Und noch wusste sie nicht, ob er Erfolg haben würde. Dennoch klammerte sich all ihre Hoffnung daran. Immer wieder blickte sie abwechselnd auf Zamorra, Gyungo und den grün fluoreszierenden Stein. Das Flimmern erzeugte die Illusion, dass er pulsierte. Wie ein Herz.

Und wenn es etwas in der Art war? Kein normaler Stein, sondern etwas – Lebendiges. Oder zumindest ein Ding, dem etwas innewohnte. So wie vormals Taran, das Amulettbewusstsein, lange Zeit in Merlins Stern gehaust hatte.

Sie spann den Gedanken weiter. So fest wie der Stein an Merlins Stern hing, erinnerte er sie an eine überdimensionale vollgesogene Zecke. Vielleicht saugte das Ding ja auch etwas aus dem Amulett oder gar aus Zamorra selbst heraus und nährte sich davon. Und da Merlins Stern die Energie aus seinem Träger bezog, wäre Zamorra so oder so in großer Gefahr.

Ihr kam eine Idee. Vielleicht konnte sie doch mit dem Dhyarra etwas bewirken.

Abermals umfasste sie den Sternenstein und schloss die Augen. Sie stellte sich etwas ganz Simples vor: nämlich, dass er wie eine fette Zecke einfach abfallen würde.

Im Geiste sah sie es ganz deutlich.

Doch in der Wirklichkeit geschah – nichts.

In ihrer Verzweiflung und aus Sorge um ihren Partner griff sie zu einem letzten Mittel:

Sie rief Merlins Stern.

Dass das ein riesengroßer Fehler war, begriff sie nur einen Sekundenbruchteil später.

Zamora schrie sich die Seele aus dem Leib. Wenn er sich auch nicht rühren konnte – zumindest vermochte er zu schreien.

Der schrille Gesang der Frauen erzeugte in ihm die Panik, nicht nur sein Schädel könnte im nächsten Moment zerspringen, sondern auch sein Leib. Hätte er die Hände heben und die Finger rühren können, wäre er in Versuchung gekommen, sie sich tief in die Ohren zu stecken. Obwohl die Gesänge ihn nicht nur über die Hörorgane malträtierten. Er hatte das Gefühl, dass sie wie mit tausend glühenden Nadeln selbst in die feinsten Hautporen eindrangen.

So also blieb ihm nur die Möglichkeit, seine Schmerzen mit seinen eigenen markerschütternden Schreien zu überdecken.

Helfen tat es kaum.

Noch immer bildeten die Frauen einen Kreis um ihn. Die Augen hielten sie geschlossen, und selbst die Münder bewegten sich nicht. Dennoch erzeugten sie diesen schauerlichen Gesang.

Zamorra spürte, wie sich seine Sinne allmählich eintrübten. Tränen rannen ihm über die Wangen. Lediglich verschwommen nahm er noch seine Umgebung wahr, die nun von einem grünlichen Schimmer erfüllt war. Nur am Rande seines Bewusstseins begriff er, dass es von den Steinen ausging.

Aber dann sah er noch etwas. Eine weitere Gestalt war hinter den Frauen aufgetaucht. Sie war nicht ganz stofflich, sondern durchscheinend wie ein Geist. Gehüllt war sie in eine safranfarbene Robe. Es handelte sich um einen Mann. Er schien schon sehr alt zu sein, und dennoch schritt er in aufrechter Haltung direkt auf Zamorra zu,

Gyungo!

Der Name durchfuhr Zamorras Hirn wie ein Blitzstrahl. Obwohl er in seinem Zustand zunächst wenig mit dem Namen anfangen konnte, erfüllte er ihn mit Hoffnung.

Ohne dass die Frauen ihn daran hinderten, durchbrach er ihren Kreis und ging auf Zamorra zu. Auch sein Gang wirkte aufgrund des wallenden Bodennebels, als ob er schwebte.

Eine Handbreit vor Zamorra blieb er stehen.

Zamorra sah die Sorge in den Augen des Mönchs, aber auch das schmale Lächeln auf dessen Lippen.

»Es war ein weiter Weg, dich zu finden.«

Die Worte waren plötzlich in Zamorras Kopf. Trotz des Gesangs und seiner eigenen Schreie vernahm er sie laut und in völliger Klarheit.

Gyungo hob den Arm und berührte mit der Hand Zamorras Stirn. Dabei murmelte er etwas in einer uralten Sprache, die lange vor der Erleuchtung Siddharta Gautamas, des ersten Buddhas, vor über 2500 Jahren von Zauberkundigen und weisen Männern und Frauen weitergetragen wurde.

Zamorra spürte, wie sie den Gesang verdrängten, wie sie seinen Kopf wieder frei machten und wie sein Körper von der Pein befreit wurde.

Und auf einmal wusste er auch, wer Gyungo war.

»Mein Freund!«

Gyungo nickte.

»Versuche, dich zu entspannen. Und erinnere dich, was ich dich gelehrt habe.«

»Du hast mich vieles gelehrt.«

Das Lächeln des Mönchs wurde breiter.

»Ja, so wie ich auch von dir vieles lernte. Aber ich meine eine ganz bestimmte Weisheit. Doch du musst selbst darauf kommen, das besagt die Regel der uralten Worte.«

»Gib mir wenigstens einen Tipp, Gyungo!«, flehte Zamorra in Gedanken.

»Nun, mein Freund, vergegenwärtige dir, wo du bist. Wo du wirklich bist!«

»Ich bin ...«

Zamorra zermarterte sich den Kopf, auf welche Weisheit Gyungo mit seinen rätselhaften Worten anspielte. Es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern, bis ihm die Erkenntnis kam. Und am Ende war es ganz einfach!

Vor Erleichterung wäre Zamorra am liebsten vor Gyungo auf die Knie gefallen, als ihm endlich die Auflösung des Rätsels bewusst wurde, das der Mönch ihm gestellt hatte.

»Ich bin gar nicht hier!«, erkannte Zamorra. »Stimmt's?«

Gyungo nickte. Auch ihm war die Freude und Erleichterung nun anzusehen.